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2262 KLINISCHE WOCHENSCHRIFT. io. JAHRGANG. Xr. 49 5. DEZEMBER I93I Perparin ist seiner Zusammensetzullg nach ein 6, 7-di~th- oxy-i-3,4-di~tthoxybenzyl-isochinolillchlorhydrat nild daher anzuilehmen, dab ihm papaverinartige Wirkungell zu- kommen. Die experimelltellen 1Reaktionen des Perparills sind yon allderer Seite geprtift wordell. Selbstverst~lldlich sind die im Experiment,gefundenen Richtlillien in geeigneten F~Lllen zu kontrollieren, dabei kommt es abet immer darauI an, taugliehe Objekte zur Prtifung heranzuziehen. Durch Nicht- beachtell dieser grunds~tzlichen Momente ist das Papaverin ffir unwirksam gehalten wordeil nnd die Eiltdeckung seiiles Wertes mir zugefallell. Nach den Ergebllissen der Tierexperimente ist die den Spasmus der Darmschlillge behebende, dessell Tonus herab- miildernde Dosis des Perparins nach STARKEI~STXlI; und LANGECKER zumindest die HMite, nach ISSEKUTZ eill Drittel derjen~gen des Papaverins, wobei auBerdem die Wirkungs- dauer wesentlich verliillgert fst. Die t6dliche Dosis ist nach einstimmiger Feststellullg die dreifache derjenigen des Papa- verills (Privatmitteilullgen). Im Sinne dieser Voraussetzungen habe ieh das Perparin in mehr als 90 F~llell peroral, subcutan, intraven6s und auch in Z~pfchenform einer Prfifullg unterzogen. Sie erstreckte sich auf das Gef~iBsystem, den Verdaullilgstrakt and den Urogeilitalapparat. Das Perpariil ist in den in /3etraeht kommeildell Gaben iiberhaupt nicht toxisch. Wenngleich auch die llsuelle Eiilzelgabe o,o 4 betr~gt, kann sie ohile Bedenken allf das Doppelte cder aucll Dreifache erh6ht werden. Bei der peroraleil Darreichung ist der Ffilluilgs- zustand des Magens zu beachten. Nach intraven6ser Verab- reiehllng ist die Vollwirkung sofort zn erreichell, vorausgesetzt, dal3 an der St6rullg die contractilen Elemente der glatten Muskeln beteiligt sind. t3ei dell anderen Anwendungsartell ist 2o-- 25 Minuten bis zum Eilltreten der 1Reaktion zu rechlleil. Irgendwelche unallgenehme Begleiterscheinungen haben sich nicht gezeigt. Was die klillische Wirkung in quailtitativer Hillsicht be- trifft; ist eiile Sch~itzuilg am krallken Menschen einwandfrei nicht m6glich. Immerhill kollnte festgestellt werden, dab die Einzeldosis des Perpariils o,o 4 g in F~llen ausreichend war, in welchen sich mindestens o,o8 g Papaverin als llotweildig zu erweiseil pflegt. Das Perparin wirkt krampfl6selld in den angiospastischell Zust~tnden und vermag ill den bekannten Grenzeil den er- h6hten Blutdruck der Hypertoniker voriibergehelld herab- zusetzen. Diese Medikation ist fiir die ]3ek~tmpfuilg des akuteil 19berdrucks solcher Kranker zweckm~tBig, da die Art der Druekseilkung weiliger yon eiller spSteren kompensatorischen Erh6hullg begleitet ist als nach dell Nitriten. Zusammen/assend l~Bt sich sagen: Das Perparin ist eine auf Gralldlage des Papaverins auf- gebaute synthetisch hergestellte Isochinolinverbindnllg. Sie wirkt wie Papaverin lllld ist ill quantitativer t3eziehung (\u und Dauer der Wirkung), soweit sich das in einwandfreien F~llen erheben lieB, dem Papaveriil fiberlegell. ])as Perparin bedeutet daher eillen bemerkens- werteil'#ortschritt auf dem Gebiete der myotropen Spasmo- lytica. WEITERE ERFAHRUNGEN tIBER DIE BEHAND- LUNG DER CHRONISCHEN SCHWERHORIGKEIT MIT HOCHFREQUENTEN SCHALLWELLEN. Von Dr. HARM, t3raunschweig. In dieser Wschr. I93O, Nr. 37 hatte ich fiber die Eriolge berichtet, die ich mit dem yon MOLWERT konstruierten Schall- wellens~rahler bei obengenannter ldrankheit erzielt hatte. I3ei dem grol3en Interesse, das diese Mitteilung gefnnden hatte, erscheint es nattirlich, weitere mit dieser Methode errungene Erfahrungen zu ver6ffentlichell. Die Behandlung der Otosklerose hatte keine befriedigenden Resultate ergeben; das hat sich aber gliicklicherweise durch geringe fi~nderullg der Methede -- am SchluB der Arbeit er- ~olgt eine Gebranetlsanweisung, wie sie sich jetzt bew~hrt hat ge~tndert und zum ]3esseren gewendet, so dab bei einer Allzahl Patienten mit Otosklerose eill Stillstalld uild Tendenz zur Besserung, bei jtingereil Patienten sogar Heilung ein- getreten ist. Auch bei denen, welche ziemlich unbeeinfluBt geblieben silld, ist das fiberaus l~stige Ohreilsauseil, das ja mallchmal Hauptgegenstand der Klage ist, erheblieh ein- geschr~nkt oder g~nzlich beseitigt wordeil, soferll die Pa- tieilteil auch die genfigende Allsdauer besa/3en; wie Sich delln iiberhaupt Ilach zahlreichell Erfahruilgen gegell Ohrellsausen der verschiedeilstell chronischen Ohrellleideil die Schall- welleilbestrahlung als ein wahres Specificum bew~hrt hat. Aber bei diesen chronischell Erkrailkullgen ist auch eine chronische Behalldlnllg n6tig; mall sieht irides mehr als eiil- mal das Unglaubliche, dab Patienten, die seit 2o Jahrell nild l~tllger ohrellleidend siild, nun voraussetzell, in vielleicht eiiler Woche v611ig geheilt werden zu miisseil. Die Greilze, welche anzeigt, ob ein Fall yon Otosklerose dutch Behalldlullg mit dem Mtilwertschen Apparate gebessert werden kann oder llicht, gibt der Ausfall des Rinneschen Versuches all, den ich als bekaiiilt voraussetze. F~tllt der 1Rinllesche Versuch negativ aus, wird also die Stimmgabel vom Processus mastoideus aus l~nger geh6rt als die Luftleitung, so ist noeh Aussicht auI ]3esserung vorhallden, f~llt dagegen der 1Rinllesche Versuch absolut negativ aus, d. h. wird die Stimmgabel durch Luft- leitung iiberhaupt nicht nlehr geh6rt, ist die Luftleitung also erloschen, w~hrend die Knochellleitung lloch Ilormal oder ann~hernd llormal ist, dann ist wenig t-Ioffnung auf Besserung vorhanden, wenn auch das Ohrensausell wohl noch einge- schr~llkt oder beseitigt werdell kann. Dieses Diagnosticum hat sich mir durchaus bew~thrt. Es ist der Einwand erhoben worden, dab bei Otosklerose deshalb die Behandlullg Ilicht wirksam sein k6nne, well nach der Angabe veil MOLW~RT das Trommelfell ein Hinderllis bilde, das die hochfreqnenten Schallwellellstrahlen nicht durchlasse. MOLWERT sehreibtl: ,,Die Vergleichserscheinung der starkell Absorption dutch organische Stoffe wie Papier lehrt uns, dab das Trommelfell ein arges Itinderllis ftir das Eindringen der Bestrahlung ins Ohr bilden kailn." Diese Ailsicht mug ich auf Grund meiner Erfahruilgen berichtigeil; die Strahlen dnrchdringen nicht nut das Trommelfell, sonderll aucll die intakte tlaut; der Widerspruch zwischen diesell beiden Ansichten l~i/3t sich leicht dadurch erkl~ren, dab MOI-- WERT mit totem Material gearbeitet hat, ich abet meine Beobachtungen am lebeilden Geh6rorgan machte. Der aus- gezeichnete Erfolg bei ]3ehandlullg der AltersschwerhSrigkeit, woriiber ieh schoil in meiner vorigen Arbeit berichtete, spricht ja daffir, dab auch ein durch Alter pathologisch ver~ndertes Trommelfell kein Hiildernis bildet. Eillen schlageildell Beweis daffir, dab die Schallwellellstrahlen die illtakte Haut durch- dringen, liefert Iolgender Fall, den ieh leider nur einmal ge- sehen habe : Ein ioj~hr. Knabe kommt in die Sprechstunde, dessert Geh6r- organ ist yon Geburt an verkiimmert. Die Ohrmuscheln sind ill senkrechter 1Richtnng zusammengerollt, so dab sie wie eine dicke Zigarre aussehell; vor ihnen ist keine Andeutung eines ~ul3eren Geh6rgangs vorhallden, sondern die Haut zieht sich ganz glatt, ohne Grfibchen, fiber den Rand des kn6chernen Geh6rgangs weg, dessen scharfe 1Riinder man in der Tiefe" durchffihlen kalln. Der Knabe h/brt verl~ltnism~Big ziemlich gut, er kommt in der Schule gut mit, sitzt natiirlich auf der vordersten ]3ank; aul3erdem hat er bei einem Taubstummenlehrer Absehunterricht. Knochenleitullg fiir Stimmgabel ist vorhandell, ft~r Luftleitullg nicht. Nach einer einmaligen 13ehalldlung wird die Stimmgabel auf dem linken Ohr dutch Lllftleitung geh6rt, zugleich gibt der sehr intelligente Knabe yon selbst eine ~esserullg des GehSrs auf diesem Ollr an; es muB also doch hier eine Durchwanderullg der Schallwellen dutch die illtakte ttaut stattgefunden habell. Es w~re auBerordentlich weft- yell gewesen, den Kllaben weiterzubehandeln; infolge der elenden -h~usliclaen Verh~Itnisse (uneheliches Kind) ist das trotz aller Be- mi/hullgen llicht durchzusetzen gewesen.

Weitere Erfahrungen über die Behandlung der Chronischen Schwerhörigkeit mit Hochfrequenten Schallwellen

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2262 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . io. J A H R G A N G . Xr. 49 5. DEZEMBER I93I

Perparin ist seiner Zusammensetzullg nach ein 6, 7-di~th- oxy-i-3,4-di~tthoxybenzyl-isochinolillchlorhydrat nild daher anzuilehmen, dab ihm papaverinartige Wirkungell zu- kommen.

Die experimelltellen 1Reaktionen des Perparills sind yon allderer Seite geprtift wordell. Selbstverst~lldlich sind die im Experiment ,gefundenen Richtlillien in geeigneten F~Lllen zu kontrollieren, dabei kommt es abet immer darauI an, taugliehe Objekte zur Prtifung heranzuziehen. Durch Nicht- beachtell dieser grunds~tzlichen Momente ist das Papaverin ffir unwirksam gehalten wordeil nnd die Eiltdeckung seiiles Wertes mir zugefallell.

N a c h den Ergebllissen der Tierexperimente ist die den Spasmus der Darmschlillge behebende, dessell Tonus herab- miildernde Dosis des Perparins nach STARKEI~STXlI; und LANGECKER zumindest die HMite, nach ISSEKUTZ eill Drittel derjen~gen des Papaverins, wobei auBerdem die Wirkungs- dauer wesentlich verliillgert fst. Die t6dliche Dosis ist nach einstimmiger Feststellullg die dreifache derjenigen des Papa- verills (Privatmitteilullgen).

Im Sinne dieser Voraussetzungen habe ieh das Perparin in mehr als 90 F~llell peroral, subcutan, intraven6s und auch in Z~pfchenform einer Prfifullg unterzogen. Sie erstreckte sich auf das Gef~iBsystem, den Verdaullilgstrakt and den Urogeilitalapparat. Das Perpariil ist in den in /3etraeht kommeildell Gaben iiberhaupt nicht toxisch. Wenngleich auch die llsuelle Eiilzelgabe o,o 4 betr~gt, kann sie ohile Bedenken allf das Doppelte cder aucll Dreifache erh6ht werden. Bei der peroraleil Darreichung ist der Ffilluilgs- zustand des Magens zu beachten. Nach intraven6ser Verab- reiehllng ist die Vollwirkung sofort zn erreichell, vorausgesetzt, dal3 an der St6rullg die contractilen Elemente der glatten Muskeln beteiligt sind. t3ei dell anderen Anwendungsartell ist 2o-- 25 Minuten bis zum Eilltreten der 1Reaktion zu rechlleil. Irgendwelche unallgenehme Begleiterscheinungen haben sich nicht gezeigt.

Was die klillische Wirkung in quailt i tativer Hillsicht be- trifft; ist eiile Sch~itzuilg am krallken Menschen einwandfrei nicht m6glich. Immerhill kollnte festgestellt werden, dab die Einzeldosis des Perpariils o,o 4 g in F~llen ausreichend war, in welchen sich mindestens o,o8 g Papaverin als llotweildig zu erweiseil pflegt.

Das Perparin wirkt krampfl6selld in den angiospastischell Zust~tnden und vermag ill den bekannten Grenzeil den er- h6hten Blutdruck der Hypertoniker voriibergehelld herab- zusetzen. Diese Medikation ist fiir die ]3ek~tmpfuilg des akuteil 19berdrucks solcher Kranker zweckm~tBig, da die Art der Druekseilkung weiliger yon eiller spSteren kompensatorischen Erh6hullg begleitet ist als nach dell Nitriten.

Zusammen/assend l~Bt sich sagen: Das Perparin ist eine auf Gralldlage des Papaverins auf-

gebaute synthetisch hergestellte Isochinolinverbindnllg. Sie wirkt wie Papaverin lllld ist ill quanti tat iver t3eziehung (\u und Dauer der Wirkung), soweit sich das in einwandfreien F~llen erheben lieB, dem Papaveriil fiberlegell. ])as Perparin bedeutet daher eillen bemerkens- wertei l '#ortschri t t auf dem Gebiete der myotropen Spasmo- lytica.

WEITERE ERFAHRUNGEN tIBER DIE BEHAND- LUNG DER CHRONISCHEN SCHWERHORIGKEIT

MIT HOCHFREQUENTEN SCHALLWELLEN.

V o n

Dr. HARM, t3raunschweig.

In dieser Wschr. I93O, Nr. 37 hatte ich fiber die Eriolge berichtet, die ich mit dem yon MOLWERT konstruierten Schall- wellens~rahler bei obengenannter ldrankheit erzielt hatte. I3ei dem grol3en Interesse, das diese Mitteilung gefnnden hatte,

erscheint es nattirlich, weitere mit dieser Methode errungene Erfahrungen zu ver6ffentlichell.

Die Behandlung der Otosklerose hatte keine befriedigenden Resultate ergeben; das hat sich aber gliicklicherweise durch geringe fi~nderullg der Methede -- am SchluB der Arbeit er- ~olgt eine Gebranetlsanweisung, wie sie sich jetzt bew~hrt hat

ge~tndert und zum ]3esseren gewendet, so dab bei einer Allzahl Patienten mit Otosklerose eill Stillstalld uild Tendenz zur Besserung, bei jtingereil Pat ienten sogar Heilung ein- getreten ist. Auch bei denen, welche ziemlich unbeeinfluBt geblieben silld, ist das fiberaus l~stige Ohreilsauseil, das ja mallchmal Hauptgegenstand der Klage ist, erheblieh ein- geschr~nkt oder g~nzlich beseitigt wordeil, soferll die Pa- tieilteil auch die genfigende Allsdauer besa/3en; wie Sich delln iiberhaupt Ilach zahlreichell Erfahruilgen gegell Ohrellsausen der verschiedeilstell chronischen Ohrellleideil die Schall- welleilbestrahlung als ein wahres Specificum bew~hrt hat. Aber bei diesen chronischell Erkrailkullgen ist auch eine chronische Behalldlnllg n6tig; mall sieht irides mehr als eiil- mal das Unglaubliche, dab Patienten, die seit 2o Jahrell nild l~tllger ohrellleidend siild, nun voraussetzell, in vielleicht eiiler Woche v611ig geheilt werden zu miisseil. Die Greilze, welche anzeigt, ob ein Fall yon Otosklerose dutch Behalldlullg mit dem Mtilwertschen Apparate gebessert werden kann oder llicht, gibt der Ausfall des Rinneschen Versuches all, den ich als bekaiiilt voraussetze. F~tllt der 1Rinllesche Versuch negativ aus, wird also die Stimmgabel vom Processus mastoideus aus l~nger geh6rt als die Luftleitung, so ist noeh Aussicht auI ]3esserung vorhallden, f~llt dagegen der 1Rinllesche Versuch absolut negativ aus, d. h. wird die Stimmgabel durch Luft- leitung iiberhaupt nicht nlehr geh6rt, ist die Luftleitung also erloschen, w~hrend die Knochellleitung lloch Ilormal oder ann~hernd llormal ist, dann ist wenig t-Ioffnung auf Besserung vorhanden, wenn auch das Ohrensausell wohl noch einge- schr~llkt oder beseitigt werdell kann. Dieses Diagnosticum hat sich mir durchaus bew~thrt.

Es ist der Einwand erhoben worden, dab bei Otosklerose deshalb die Behandlullg Ilicht wirksam sein k6nne, well nach der Angabe veil MOLW~RT das Trommelfell ein Hinderllis bilde, das die hochfreqnenten Schallwellellstrahlen nicht durchlasse. MOLWERT sehreibtl: ,,Die Vergleichserscheinung der starkell Absorption dutch organische Stoffe wie Papier lehrt uns, dab das Trommelfell ein arges Itinderllis ftir das Eindringen der Bestrahlung ins Ohr bilden kailn." Diese Ailsicht mug ich auf Grund meiner Erfahruilgen berichtigeil; die Strahlen dnrchdringen nicht nut das Trommelfell, sonderll aucll die intakte t l au t ; der Widerspruch zwischen diesell beiden Ansichten l~i/3t sich leicht dadurch erkl~ren, dab MOI-- WERT mit totem Material gearbeitet hat, ich abet meine Beobachtungen am lebeilden Geh6rorgan machte. Der aus- gezeichnete Erfolg bei ]3ehandlullg der AltersschwerhSrigkeit, woriiber ieh schoil in meiner vorigen Arbeit berichtete, spricht ja daffir, dab auch ein durch Alter pathologisch ver~ndertes Trommelfell kein Hiildernis bildet. Eillen schlageildell Beweis daffir, dab die Schallwellellstrahlen die illtakte Haut durch- dringen, liefert Iolgender Fall, den ieh leider nur einmal ge- sehen habe :

Ein ioj~hr. Knabe kommt in die Sprechstunde, dessert Geh6r- organ ist yon Geburt an verkiimmert. Die Ohrmuscheln sind ill senkrechter 1Richtnng zusammengerollt, so dab sie wie eine dicke Zigarre aussehell; vor ihnen ist keine Andeutung eines ~ul3eren Geh6rgangs vorhallden, sondern die Haut zieht sich ganz glatt, ohne Grfibchen, fiber den Rand des kn6chernen Geh6rgangs weg, dessen scharfe 1Riinder man in der Tiefe" durchffihlen kalln. Der Knabe h/brt verl~ltnism~Big ziemlich gut, er kommt in der Schule gut mit, sitzt natiirlich auf der vordersten ]3ank; aul3erdem hat er bei einem Taubstummenlehrer Absehunterricht. Knochenleitullg fiir Stimmgabel ist vorhandell, ft~r Luftleitullg nicht. Nach einer einmaligen 13ehalldlung wird die Stimmgabel auf dem linken Ohr dutch Lllftleitung geh6rt, zugleich gibt der sehr intelligente Knabe yon selbst eine ~esserullg des GehSrs auf diesem Ollr an; es muB also doch hier eine Durchwanderullg der Schallwellen dutch die illtakte ttaut stattgefunden habell. Es w~re auBerordentlich weft- yell gewesen, den Kllaben weiterzubehandeln; infolge der elenden -h~usliclaen Verh~Itnisse (uneheliches Kind) ist das trotz aller Be- mi/hullgen llicht durchzusetzen gewesen.

5. DEZEMBER I93t

E i n e n Beweis ffir die D u r c h g ~ n g i g k e i t de r H a u t u n d des Trommel fe l l s ffir Scha I l w e l l enbes t r ah l ung k 6 n n t e v ie l l e ich t die Cap i l l a rmik re skop ie e rb r ingen . BETTMA~N 2 h a t gefunden, d a b a n de r S c h l e i m h a u t de r U n t e r l i p p e s ich sehr e indrucks - vol le cap i l l a rmik roskop i sche B e o b a c h t u n g e n a n s t e l l e n l assen ; die Cap i l l a rmik r e s kop i e l ie fer t b i e r ganz besonders Mare B i lde r ; derselbe~ h a t an f gleiche Weise s u c h die He i l ung des L u p u s c a p i t l a r m i k r o s k o p i s c h kon t ro l l i e r t . E s mi iBte s ich me ines E r a c h t e n s d u r c h eine a u s g e d e h n t e U n t e r s u c h u n g s r e i h e die E i n w i r k u n g de r S c h a l l w e l l e n b e s t r a h l u n g auf die L ippen- s c h l e i m h a u t u n d s u c h au f das T r om m el f e l l kon t ro l l i e r en lassen, n u r mfiBte e r s t e in d iesen A n f o r d e r u n g e n e n t s p r e c h e n - des T r o m m e l f e l l m i k r o s k o p g e b a u t w e r d e n ; die bis j e t z t v o r h a n - d e n e n vergrSBern n i c h t genfigend. Le ide r f eh l t m i r jede M6g- l ichkei t , solche U n t e r s u c h u n g e n anzus t e l l en ; i eh m u g re ich m i t de r A n r e g u n g zu so lchen zuf r i edengeben .

E r w ~ l m e n s w e r t i s t a u c h e in Fa l l a k u t e r ]Zr taubung , der m i t g u t e m Er fo lg b e h a n d e l t w o r d e n i s t ; er be t r i f f t , u n d das i s t ganz besonde r s i n t e r e s s a n t , e inen A r z t in l e i t ende r Ste l lung. Der - a r f ige E r t a u b u n g e n n a c h a k u t e n I n f e k f i o n s k r a n k h e i t e n s ind s c h o n l ange b e k a n n t , so n a e h P a r o t i t i s bei K i n d e r n , n a c h T y p h u s a b d o m i n a l i s usw. Vor e t w a 3o J a h r e n h a t t e ich eine a k u t e E r t a u b u n g n a c h P n e u m o n i e zu b e g u t a c h t e n ; ich e rM~rte d e n P a t i e n t e n ffir u n h e i l b a r und v611ig inva l ide , eine Ans ich t , de r s ich die n a c h f o l g e n d e n U n t e r s u c h e r anschlossen . Zu l e t z t e r w ~ h n t s ind solche FXlle in e iner S i t zung des ~ rz t l i chen Ver- .eins in Dre sden 4. Bei m e i n e m P a t i e n t e n h a n d e l t es s ich u m ] ~ r t a u b u n g n a c h Gr ippe :

Professor X, Direktor der Chirurgisch-gyn~kologischen Abtei- lung eines ~rankenhauses , leidet seit 192I an allm~hlich zurich- mender Schwerh6rigkeit; mehrfache Konsultat ionen und t3ehand- lungen ohne Erfolg. Im Februar 1931 Grippeanfall mi t akut zu- nehmender Verschl immernng des Geh6rverm/Sgens bis zu vSlliger Taubheit , die ich bei der ersten Untersuchung am 2i. IV. vorfand. Luft- und Knochenlei tung vOllig erloschen; wenn man sich mi t dem Pat . verst~ndigen wollte, mul3te man ihm ganz laut ins Ohr sprechen. Angesichts der Schwere der t tSrstSrung war die Prognose XuBerst zweifelhaft; nn r well diese Behandlungsmethode als ulti- mum refugium gait, sah ich reich mehr gezwungen als geneigt, einen Versuch zu maehen. Naeh der 3. Best rahlung t r a t eine leichte ]3esserung ein, die allmXhlich for tschri t t ; am SchluB der Behand- lung, am I i . u war folgendes Geh6rvermSgen Iestzustellen:

Taschenuhr links 2 cm, rechts o,. Flflstersprache ,, 12 . . . . . io cm, Unterha l tungssprache ,, 65 . . . . . 33 ,,

Luft- und Knoehenlei tung wieder vorhanden, Luftleitung nor- mal, Knochenlei tung beiderseits noeh ziemlich verkfirzt. Pat . ha t sein Amt wieder flbernehmen k6nnen und prakt iz ier t wieder. 5 Wochen nach Schlul3 der Behandlung schreibt er, dab das Geh6r unverminder t gut ist; anscheinend sei sogar nachtr~glich eine weitere kleine Besserung eingetreten. Das babe ich 6fter gesehen.

Dieser Fa l l h a t e in groBes pr inz ip ie l les In teresse . K o m m e n d e r a r t i g e schwere S t 6 r u n g e n i m m e r h i n se l t en vor , so w a r die T h e r a p i e z ieml ich uns i ehe r u n d die P rognose d a h e r zweifel- ha f t . J e t z t s che i n t es n a c h d e m Ver laufe dieses Fal les ge- bo ten , solche P a t i e n t e n m 6 g l i e h s t ba ld de r Schal lwel len- b e s t r a h l u n g zuzu~iihren, ehe n o c h der v o r h a n d e n e funk t ions - f~hige R e s t de r H 6 r n e r v e n z u g r u n d e gegangen ist. D a z u g e h 6 r t abe r vo r a l len Dingen , daft das a l le rd ings sehr l ebha I t e t h e o r e t i s c h e In t e re s se der A r z t e w e l t s ich in e in p r ak t i s ches u m w a n d e l t . I ch h a b e eine A n z a h l y o n P a t i e n t e n , die se i t f iber 2 J a h r e n o h n e B e h a n d l u n g s ind u n d n i c h t rfickf/~ltig wurden . T r i t t e in Rf icMal l ein, so k a n n er d u r c h rech tze i t ige B e h a n d l u n g bese i t ig t werden , wobei s ich e f t zeigt, d a b die zwei te B e h a n d l u n g s r e i h e bei w e i t e m n i c h t so l ange Zei t er- fo rde r t als die erste . Die a l lgemeine E i n f f i h r u n g dieser Me- rhode in die oh r en~ r z t l i che P rax i s l ieg t abe r n i c h t n u r i m In t e re s se de r zahl losen, b i she r u n h e i l b a r e n Schwerh6r igen , s o n d e r n ebensosehr i m e igens t en In t e r e s se der Ohren~rz te . Diese B e h a n d l u n g s w e i s e wi rd s ich s icher du rchse t zen , well h ier in der T h e r a p i e n o c h eine f u r c h t b a r e Lficke ist, welche d n r e h die S c h a t l w e t l e n b e s t r a h l u n g e rheb l i ch v e r l d e i n e r t wird .

K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . io. J A H R G A N G . N r . 49 2263

Ratschliige ]i~r die BehandIung. �9 soll n lcht weniger als 4 Wochen bis zu 2 Mortaten dauern;

bei Besserung erscheint es r a t s am, diesen Gewinn 'dutch weitere Behandlnng aufrechtzuerhal ten mittels einer w6chentli~li ein- maligen 13ehandlung oder alle 2 W0chen einmal ft~r nochmalige i - - 2 Monate. Im allgemeinen gent~gt eine 2- -3mal ige ]3ehandlung in der Woche; wenn es irgend m6glich ist, soll man naeh jeder Behandlung einen Tag pausieren. Es ist wfinschenswert, dal3 die Behandlung nach einem halbert J ah r oder sp~.ter ~iederh01t wird; einige Male sah ich bei der zweiten ]3ehandlung eine weitere ]3esserung, einmal sogar eme t3esserung bel eme m in der ersten Behandlung erfolglos behandel ten Pat . Naeh der t3ehandlung soil ausnahmslos fflr eine Stunde W a t t e ira Ohr getragen werden; wengstens gilt das unbedingt ft%r Norddeutschland.

Man behandle jedes Ohr jedesmM eine Viertelsfunde,-ein Ohr nach dem andern; lXngere Dauer der Behandlung ist zwecMos. Der ~,uBere Geh6rgang ist vor der l~ehandlung sorgfMtig zu,reinigen, auch yon Epithelfetzen, am besten %rocken; bei noeh bestehender Ei terung ist der E i t e r wegzutupfen. Sonstige medikament6se Be- handlung bei noch vorhandener Ei terung (Bors~ure, Argentum ni tr icum usw.) ffihre man nach der Bestrahlung aus. Man benutze das gr6Btm6gliche Ohrspeculum, da s man ohne Anwendung yon Gewalt m6glichst welt an das Trommelfell, resp. Mittelohr, heran- drehen muB. Am besten bewXhrt sich die h6chs t e Frequenz (25oooo Hertz), die nachhal t iger zu wirken scheint als die niedri- geren; nur in einem Fall bei einem vor langen Jahren doppelseitig radikal operierten Pat . t r a t vori~bergehend verst~.rktes Oh~ensausen und Neigung zu Schwindel auf, die bei niederer Frequenz ver- schwanden; sonst haben such I~2inder die h6ehste Frequenz ohne jede ReaMion vertragen. Bei Kindern sind Rachenmandeln usw. vor Beginn j ede r Behandlung zu entfernen; ist das bei unverst~n- digen El tern nicht durchzusetzen, dann lehne man die ]3ehandlung ab, da bei der n~chsteu Erk~l tung (Infektion) eine bereits erzielte Besserung wieder verlorengeht.

An~erkung: Der Mfllwertsche Appara t ist zu beziehen yon Erns t Mfilwert in Wiesbaden, Frankfur te r Str. 31, sowie F . L . Fischer in Freiburg i. Br., nnd Fischer-Markgraf in ]3erlin NW 6, Luisenstr. 64. Preis 2oo0 Mark.

L i t e r a t u r : ~ Arch. Ohrenheilk. xI 9. -- ~ Klin. Wschr. I93o, 43. _ a Dtsch. med. Wschr. I931, 3. -- r Klin. Wschr. x93x, 17 .

Z U R F R A G E D E R S O G E N A N N T E N R E V E R S I O N D E R H ~ M O L Y S E .

Bemerkung zur Arbeit yon W . Stafl inger in Jg. I 9 3 I , S. z39 I dieser Wochenschr i f t

Von

JULIUS B$.RON, B u d a p e s t .

In einer friiheren Arbeit 1 konnte ich nachweisen, dab die sog. Reversion der t t~molyse keine echte Reversion ist. Die Ersehei- nung kann -- wie das schon STEWART ~ behaup te t ha t - - dureh die Sehrumpfung der Blutk6rperehen, welehe aus einer hypo- tonischen L6sung in eine isotonische gelangen, erkl~rt werden. Hingegen meint STARLINGER, in einer neueren Arbeit ~ naehgewiesen zu haben, dab es eine echte Reversion der hypotonisehen I-I~mo- lyse doch gibt.

In einer vor kurzem erschienenen Arbeit 4 besch~ftigte ich mich mit den neueren Versuchen STARLINGE~S und faflte meine Ergebnisse folgendermaBen zusammen: ,,Da den netle~sten Angaben STARLINGERS methodische Fehler anhaf ten und seine Versuchs- ergebnisse falsch gedeutet sind, k6nnen diese Angaben nicht als Beweise far die Existenz der Reversion der hypotonischen H~molyse anerkannt werden. Did Versuche und Folgerungen STARLINGERS widerlegen nicht die Versuchsergebnisse, durch die ich bewiesen habe, dab es eine echte Reversion nicht gibt,'~

Hierdurch verlieren die vor kurzem mitgete~l~en Daten 5 STAR- LINGERS, welche sich auf das , ,ReversionsausmaB" yon Gesunden und Kranken beziehen, ihre }3edentung. Es ist j e d o c h vielleicht yon Interesse, dab STARLINGERS Daten auch unabh~ngig v0n der Frage der Reversion einer Deutung zng~nglich sind.

S T A R L I N G E R best immt das , ,Reversionsausmag" folgender- weise: eine i5proz. , mi t destitliertem Wasser verdfinnte Blut- kOrperchensuspension wird tells mi t einer i ,Sproz. NaC1-L6s}mg, tells aber mi t destilliertem Wasser welter anf das Doppeke verdflnnt. Beide Verdflnnungen werden zentrifugiert und die HXmoglobin- konzentrat ion der flberstehenden Flgssigkeiten im Colorimeter