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10 U. MIELKE, Wandel des Hygienesch~idlingspektrums in einem Universit~itsklinikum Anz. Sch~idlingskde., Pflanzenschutz,Umweltschutz 69, 10 (1996) 1996,BlackwellWissenschafts-Verlag,Berlin ISSN 0340-7330 Otto-von-Guericke-Universitlit Magdeburg, Medizinische Fakultlit, Institut fiir Arbeitsmedizin und Hygiene, Deutschland Wandel des Hygieneschiidlingsspektrums in einem UniversitiRsklinikum Von U. MIELKE Abstract Change of spectrum of hygienic pests in an university clinic The spectrum of hygienic pests of university clinics in the new eastern districts of Germany has fundamen- tally changed. During the time of DDR and some years after it the German cock roach and the Oriental cock roach dominated. Since about three years way ants (Lasius niger) enter massively the houses. By applying modern control measures the cock roaches were nearly eliminated. For controlling ants sprays of rapid effect must be used in the medicine areas in contrast to the conventional bait methods. Nach dreifli@ihriger Beobachtung und Ausarbeitung yon Bek~npfungsstrategien beim Befall mit Gesund- heitssch~idlingen in einem Universit~itsklinikum der neu- en Bundesl~inder (1.314 Betten) lassen sich einige interes- sante Entwicklungen feststellen. Zu DDR-Zeiten domi- nierten in der Befallsskala die Deutsche Schabe, die Orientalische Schabe (nur in Keller- und Erdgeschossen) und die Pharaoameise. Gelegentlich traten auch Wander- ratten und Hausm~iuse auf, w~ihrend Heimchen, F16he, Wespen und Fliegen nie eine wesentliche Rolle spielten. Der Pharaoameisenbefall wirkte sich oft verheerend aus, konnte aber mit dem in der DDR vorhandenen Arsen- Fretglack-Pr~iparat nach Jahrzehnten mit betr~ichtlichem Aufwand fast beseitigt werden. Gegen die Deutsche Schabe mugten mit den wenigen zur Verfiigung stehen- den Bek~impfungspr~iparaten immer wieder neue Be- k~impfungsaktionen gestartet werden. Sehr h~iufig wurde ein Dichlorvos-Pr~iparat eingesetzt, welches auf Zei- tungspapier getr~iufeltwurde und dann verdampfte. Ende der achtziger Jahre konnte beobachtet werden, daf~ sich Deutsche Schaben in den entwesten R~iumlichkeiten un- ter dem insektizidpr~iparierten Zeitungspapier nach Ab- schluf~ der Entwesung versteckt hatten. Das war ein deut- licher Hinweis auf die sich abzeichnenden Resistenzpro- bleme. Nach der deutschen Wiedervereinigung konnten auch an unserem Universit~itsklinikum Mittel und Me- thoden eingesetzt werden, die national bzw. international im Angebot sind. Dutch die abgestimmte Kombination von prophylaktischen Ma~nahmen, Mittelrotation, In- sektenwachstums-Regulatoren, Fraf~giftkfderverfahren (Kfderdosen, Schabengel) wurde jetzt ein Zustand er- reicht, bei dem die Deutsche Schabe praktisch nicht mehr existent ist. Selbst die Orientalische Schabe mit ihrem Rfickzugsgebiet in einem ausgedehnten Heizungskanal- system scheint nicht mehr aufzutreten. Dieser Zustand bedarf durch regelm~ii~ige Befallsfiberwachung der st~in- digen Stabilisierung, denn Einschleppungen sind jeder- zeit m6gleich. Erst kfirzlich stellten wir fest, daft in der Holzwolleverpackung von ESbestecken und Geschirr ffir die Groi~kfiche des Klinikums aduhe Orientalische Scha- ben ihr Vesteck hatten. Seit drei Jahren k6nnen wir in den Geb~iuden des Klinikums ein immer st~irkeres Eindringen der Schwarz-grauen Wegameise (Lasius niger) registrie- ren. Die Zahl der befallenen H~iuser und auch die Massi- vit~it des Eindringens steigen st~indig an. Stellt auch diese Ameisenart keinen Hygienesch~idling im eigentlichen Sinn dar, so ist eine Keimverschleppung nachgewiesen. Dieser Mechanismus ist abet kein vordergrfindiger Vor- gang. Entscheidend ist der Bel~istigungsfaktor ffir Mitar- beiter und Patienten. Daher kommt auch die kategorische Forderung, die Ameisen unverziiglich zu beseitigen. Fiir bestimmte medizinische Bereiche wie OP-S/ile, Kranken- zimmer usw. ist diese Forderung nachvollziehbar. In ei- nen OP-Saal und auch in Krankenbetten gehfren nun einmal keine Wegameisen. So bleibt oft nichts weiter ~ibrig, als zu einer Vergr~imungsspritzung zu greifen, in voller Kenntnis der Sachlage, datg nur mit dem K6derver- fahren das Ubel an der Wurzel zu packen w~ire. Daher wird trotz der Ungeduld der Betroffenen versucht, ver- mehrt mit dem K6derverfahren zu arbeiten. Weiterhin wird praktiziert, die Nester an den Auf~enw~inden der H/iuser ausfindig zu machen, um insektizide Gietgmittel gezielt in die Nester einzubringen. Oft werden die Nester nicht gefunden, zum anderen bleibt bei der Gietgmethode es dem Zufall iiberlassen, ob die Kfnigin getroffen und damit abget6tet wird. Eine Auflockerung der Boden- struktur im Grundmauerbereich ist kaum m6glich, zumal die Bfden oft bis an die H~iuser heran versiegelt sind. Wertvolle Hinweise zur Lebensweise und Bek~impfung der Ameisen hat IGmSCH (1994) gegeben, der u. E. zu Recht feststellt: ,,Die systematische Entwicklung alterna- tiver Mittel und Verfahren zur Vergr~imung von Ameisen wie auch zur Tilgung von Ameisen-V61kern hat im Grunde noch gar nicht begonnen, so daf~fiber die Kom- bination aller praktizierbaren M6glichkeiten im Sinne ei- ner ,Integrierten Bek~impfung' von Ameisen-Vflkern im Hygienebereich noch kaum diskutiert werden kann." Die Griinde f/ir diese bisher nicht gekannte Ameiseninvasion in den letzten Jahren sind ffir uns nicht erkennbar, viel- leicht spielen die warmen Winter und eine aut~ergewfhn- liche rege Baut~itigkeit im Klinikumsbereich eine Rolle. Literatur IGLISCH, I., 1994:Regulierungyon Ameisenvflkernim Hygiene- bereich. Tell 1 und 2. Der praktische Sch~idlingsbek~impfer 46, 132-143 und 46, 318-327. Anschrift des Verfassers: Krankenhaushygieniker Dr. rer. nat. ULRICH MIELKE,Otto-von-Guericke-Universit/itMagdeburg, Medizinische Fakultiit, Institut fiir Arbeitsmedizin und Hygie- ne, LeipzigerStra~e 44, 39120 Magdeburg U.S.Copyright Clearance Center Code Statement: 0340-7330/96/6901-0010511.00/0

Wirksubstanzen der Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmittel

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Page 1: Wirksubstanzen der Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmittel

10 U. MIELKE, Wandel des Hygienesch~idlingspektrums in einem Universit~itsklinikum

Anz. Sch~idlingskde., Pflanzenschutz, Umweltschutz 69, 10 (1996) �9 1996, Blackwell Wissenschafts-Verlag, Berlin ISSN 0340-7330

Otto-von-Guericke-Universitlit Magdeburg, Medizinische Fakultlit, Institut fiir Arbeitsmedizin und Hygiene, Deutschland

Wandel des Hygieneschiidlingsspektrums in einem UniversitiRsklinikum Von U. MIELKE

Abstract

Change of spectrum of hygienic pests in an university clinic

The spectrum of hygienic pests of university clinics in the new eastern districts of Germany has fundamen- tally changed. During the time of D D R and some years after it the German cock roach and the Oriental cock roach dominated. Since about three years way ants (Lasius niger) enter massively the houses. By applying modern control measures the cock roaches were nearly eliminated. For controlling ants sprays of rapid effect must be used in the medicine areas in contrast to the conventional bait methods.

Nach dreifli@ihriger Beobachtung und Ausarbeitung yon Bek~npfungsstrategien beim Befall mit Gesund- heitssch~idlingen in einem Universit~itsklinikum der neu- en Bundesl~inder (1.314 B etten) lassen sich einige interes- sante Entwicklungen feststellen. Zu DDR-Zeiten domi- nierten in der Befallsskala die Deutsche Schabe, die Orientalische Schabe (nur in Keller- und Erdgeschossen) und die Pharaoameise. Gelegentlich traten auch Wander- ratten und Hausm~iuse auf, w~ihrend Heimchen, F16he, Wespen und Fliegen nie eine wesentliche Rolle spielten. Der Pharaoameisenbefall wirkte sich oft verheerend aus, konnte aber mit dem in der DDR vorhandenen Arsen- Fretglack-Pr~iparat nach Jahrzehnten mit betr~ichtlichem Aufwand fast beseitigt werden. Gegen die Deutsche Schabe mugten mit den wenigen zur Verfiigung stehen- den Bek~impfungspr~iparaten immer wieder neue Be- k~impfungsaktionen gestartet werden. Sehr h~iufig wurde ein Dichlorvos-Pr~iparat eingesetzt, welches auf Zei- tungspapier getr~iufelt wurde und dann verdampfte. Ende der achtziger Jahre konnte beobachtet werden, daf~ sich Deutsche Schaben in den entwesten R~iumlichkeiten un- ter dem insektizidpr~iparierten Zeitungspapier nach Ab- schluf~ der Entwesung versteckt hatten. Das war ein deut- licher Hinweis auf die sich abzeichnenden Resistenzpro- bleme. Nach der deutschen Wiedervereinigung konnten auch an unserem Universit~itsklinikum Mittel und Me- thoden eingesetzt werden, die national bzw. international im Angebot sind. Dutch die abgestimmte Kombination von prophylaktischen Ma~nahmen, Mittelrotation, In- sektenwachstums-Regulatoren, Fraf~giftkfderverfahren (Kfderdosen, Schabengel) wurde jetzt ein Zustand er- reicht, bei dem die Deutsche Schabe praktisch nicht mehr existent ist. Selbst die Orientalische Schabe mit ihrem Rfickzugsgebiet in einem ausgedehnten Heizungskanal- system scheint nicht mehr aufzutreten. Dieser Zustand bedarf durch regelm~ii~ige Befallsfiberwachung der st~in- digen Stabilisierung, denn Einschleppungen sind jeder- zeit m6gleich. Erst kfirzlich stellten wir fest, daft in der

Holzwolleverpackung von ESbestecken und Geschirr ffir die Groi~kfiche des Klinikums aduhe Orientalische Scha- ben ihr Vesteck hatten. Seit drei Jahren k6nnen wir in den Geb~iuden des Klinikums ein immer st~irkeres Eindringen der Schwarz-grauen Wegameise (Lasius niger) registrie- ren. Die Zahl der befallenen H~iuser und auch die Massi- vit~it des Eindringens steigen st~indig an. Stellt auch diese Ameisenart keinen Hygienesch~idling im eigentlichen Sinn dar, so ist eine Keimverschleppung nachgewiesen. Dieser Mechanismus ist abet kein vordergrfindiger Vor- gang. Entscheidend ist der Bel~istigungsfaktor ffir Mitar- beiter und Patienten. Daher kommt auch die kategorische Forderung, die Ameisen unverziiglich zu beseitigen. Fiir bestimmte medizinische Bereiche wie OP-S/ile, Kranken- zimmer usw. ist diese Forderung nachvollziehbar. In ei- nen OP-Saal und auch in Krankenbetten gehfren nun einmal keine Wegameisen. So bleibt oft nichts weiter ~ibrig, als zu einer Vergr~imungsspritzung zu greifen, in voller Kenntnis der Sachlage, datg nur mit dem K6derver- fahren das Ubel an der Wurzel zu packen w~ire. Daher wird trotz der Ungeduld der Betroffenen versucht, ver- mehrt mit dem K6derverfahren zu arbeiten. Weiterhin wird praktiziert, die Nester an den Auf~enw~inden der H/iuser ausfindig zu machen, um insektizide Gietgmittel gezielt in die Nester einzubringen. Oft werden die Nester nicht gefunden, zum anderen bleibt bei der Gietgmethode es dem Zufall iiberlassen, ob die Kfnigin getroffen und damit abget6tet wird. Eine Auflockerung der Boden- struktur im Grundmauerbereich ist kaum m6glich, zumal die Bfden oft bis an die H~iuser heran versiegelt sind.

Wertvolle Hinweise zur Lebensweise und Bek~impfung der Ameisen hat IGmSCH (1994) gegeben, der u. E. zu Recht feststellt: ,,Die systematische Entwicklung alterna- tiver Mittel und Verfahren zur Vergr~imung von Ameisen wie auch zur Tilgung von Ameisen-V61kern hat im Grunde noch gar nicht begonnen, so daf~ fiber die Kom- bination aller praktizierbaren M6glichkeiten im Sinne ei- ner ,Integrierten Bek~impfung' von Ameisen-Vflkern im Hygienebereich noch kaum diskutiert werden kann." Die Griinde f/ir diese bisher nicht gekannte Ameiseninvasion in den letzten Jahren sind ffir uns nicht erkennbar, viel- leicht spielen die warmen Winter und eine aut~ergewfhn- liche rege Baut~itigkeit im Klinikumsbereich eine Rolle.

Literatur IGLISCH, I., 1994: Regulierung yon Ameisenvflkern im Hygiene-

bereich. Tell 1 und 2. Der praktische Sch~idlingsbek~impfer 46, 132-143 und 46, 318-327.

Anschrift des Verfassers: Krankenhaushygieniker Dr. rer. nat. ULRICH MIELKE, Otto-von-Guericke-Universit/it Magdeburg, Medizinische Fakultiit, Institut fiir Arbeitsmedizin und Hygie- ne, Leipziger Stra~e 44, 39120 Magdeburg

U.S. Copyright Clearance Center Code Statement: 0340-7330/96/6901-0010511.00/0