14
BAK-Zertifizierung 1 PUNKT ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG Bluthochdruck – natürlich unterstützend regulieren 1 1 Ursachen und Symptome 1.1 Einleitung Mindestens 20 Millionen Menschen in Deutschland leiden unter einem zu hohen Blutdruck, Tendenz steigend. Sie haben damit ein erhöhtes Risiko, einen Schlaganfall, Herzinfarkt oder andere Organschäden zu erleiden (vgl. Deutsche Liga zur Bekämpfung des hohen Blutdrucks, 2015, S. 1). Der Bluthochdruck ist eine Erkrankung, welche gehäuſt in den Industrieländern vorkommt. Mit der richtigen Therapie und einer gesünderen Lebensweise lässt sich die Hypertonie gut behandeln. 1.2 Definitionen Die vorliegende Fortbildung befasst sich mit dem Krankheitsbild der arteriellen Hypertonie, daher werden im Folgenden zunächst die Begriffe Blutdruck und Hypertonie erläutert. 1.2.1 Blutdruck Als Blutdruck wird der Druck bezeichnet, mit dem das Herz das Blut durch die Blutgefäße pumpt. Er ist die Resultante aus Herzzeit- volumen und peripherem Widerstand (vgl. Mutschler et al., 2013, S. 489). Der Blutdruck ist nie konstant, sondern schwankt immer zwischen dem systolischen und dem diastolischen Druck. Der systolische Druck ist der maximale Blutdruck am Höhepunkt der Austreibungsphase, d. h. zu dem Zeitpunkt, wenn das Herz das Blut herauspumpt. Der diastolische Druck ist der minimale Blutdruck, wenn das Herz sich entspannt. Der Blutdruck wird in der Maßeinheit Millimeter Quecksilbersäule angegeben. Als optimal gilt ein Blutdruck von < 120 mm Hg sys- tolisch und < 80 mm Hg diastolisch. Als noch normal werden Werte bis 139 mm Hg bzw. 89 mm Hg angesehen (vgl. RKI, 2015). Abb. 1: Faktoren Blutdruck (vgl. Deutsche Hochdruckliga, S. 3) Herzminutenvolumen (HMV) Blutmenge, die das Herz in einer Minute pumpt Füllungszustand der Gefäße Blutmenge Salz- und Wassergehalt im Körper Gefäßweite Elastizität der Gefäße Widerstand der kleinen Arterien Höhe des Blutdrucks Zell-Kalzium, Stickstoffmonoxid (NO) Hormone, Adrenalin, Angiotensin, Endothelin Sympatisches Nervensystem

ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG Bluthochdruck – natürlich ... · • kardiovaskulär (z. B. als Folge der Aortensklerose) • neurogen (z. B. als Folge einer chronischen Erkrankung des

Embed Size (px)

Citation preview

BAK-Zertifizierung

1 PUNKT

ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG

Bluthochdruck – natürlich unterstützend regulieren

1

1 Ursachen und Symptome

1.1 EinleitungMindestens 20 Millionen Menschen in Deutschland leiden unter einem zu hohen Blutdruck, Tendenz steigend. Sie haben damit ein erhöhtes Risiko, einen Schlaganfall, Herzinfarkt oder andere Organschäden zu erleiden (vgl. Deutsche Liga zur Bekämpfung des hohen Blutdrucks, 2015, S. 1). Der Bluthochdruck ist eine Erkrankung, welche gehäuft in den Industrieländern vorkommt. Mit der richtigen Therapie und einer gesünderen Lebensweise lässt sich die Hypertonie gut behandeln.

1.2 DefinitionenDie vorliegende Fortbildung befasst sich mit dem Krankheitsbild der arteriellen Hypertonie, daher werden im Folgenden zunächst die Begriffe Blutdruck und Hypertonie erläutert.

1.2.1 Blutdruck

Als Blutdruck wird der Druck bezeichnet, mit dem das Herz das Blut durch die Blutgefäße pumpt. Er ist die Resultante aus Herzzeit-volumen und peripherem Widerstand (vgl. Mutschler et al., 2013, S. 489). Der Blutdruck ist nie konstant, sondern schwankt immer zwischen dem systolischen und dem diastolischen Druck.

Der systolische Druck ist der maximale Blutdruck am Höhepunkt der Austreibungsphase, d. h. zu dem Zeitpunkt, wenn das Herz das Blut herauspumpt. Der diastolische Druck ist der minimale Blutdruck, wenn das Herz sich entspannt.

Der Blutdruck wird in der Maßeinheit Millimeter Quecksilbersäule angegeben. Als optimal gilt ein Blutdruck von < 120 mm Hg sys-tolisch und < 80 mm Hg diastolisch. Als noch normal werden Werte bis 139 mm Hg bzw. 89 mm Hg angesehen (vgl. RKI, 2015).

Abb. 1: Faktoren Blutdruck (vgl. Deutsche Hochdruckliga, S. 3)

Herzminutenvolumen (HMV)Blutmenge, die das Herz in

einer Minute pumpt

• Füllungszustand der Gefäße• Blutmenge• Salz- und Wassergehalt im Körper

• Gefäßweite• Elastizität der Gefäße• Widerstand der kleinen Arterien

Höhe des

Blutdrucks

Zell-Kalzium, Stickstoffmonoxid (NO)

Hormone, Adrenalin,

Angiotensin, Endothelin

Sympatisches Nervensystem

2

ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG

Bluthochdruck – natürlich unterstützend regulieren

1.2.2 Hypertonie

Als Hypertonie (= Bluthochdruck) wird der dauerhaft die Norm überschreitende Anstieg des arteriellen Blutdrucks bezeichnet.

Der Blutdruck kann durch die Erhöhung des Herzzeitvolumens, des peripheren Widerstandes oder durch die Erhöhung beider Kom-ponenten ansteigen (vgl. Mutschler et al., 2013, S. 501). Der Anstieg des Blutdrucks kann verschiedenste Ursachen haben: Unter anderem können Stress, Anstrengung oder auch die Einnahme bestimmter Medikamente der Auslöser sein – dieser Anstieg ist je-doch ganz normal. Laut der Deutschen Liga zur Bekämpfung des hohen Blutdrucks, wird erst ab einem Ruhewert von 140/90 mm Hg von einem erhöhten Blutdruck gesprochen:

1.3 Formen der HypertonieEs gibt zwei Formen der Hypertonie: Die primäre und die sekundäre Hypertonie. Die primäre Hypertonie wird als essentielle, genu-ine oder auch idiopathische Hypertonie bezeichnet. Es liegen keine organischen Ursachen zur Entstehung eines essentiellen Blut- hochdrucks vor und der Bluthochdruck stellt hier selbst die Erkrankung dar. Die sekundäre Hypertonie lässt sich auf eine Grunder-krankung zurückführen. Man kann sie dementsprechend unterteilen in:

• renal → renovaskulär (z. B. als Folge der Verengung der Arteria renalis) → renoparenchymal (z. B. als Folge einer Schwangerschaftsnephropathie)

• endokrin (z. B. als Folge einer Hyperthyreose)

• kardiovaskulär (z. B. als Folge der Aortensklerose)

• neurogen (z. B. als Folge einer chronischen Erkrankung des Nervensystems, wie Enzephalitis)

Auch die Einnahme von Medikamenten wie Kontrazeptiva oder auch nicht steroidale Antirheumatika kann den Blutdruck erhöhen. Auch dann spricht man von einer sekundären Hypertonie.Die essentielle Hypertonie ist die häufigste Form der Hypertonie. Es werden Fakten wie familiäre Vorbelastung, eine übermäßige Nahrungsaufnahme, Stress und zu wenig Bewegung als Ursachen diskutiert. Bei Übergewichtigen wird vermehrt ein erhöhter Blut-druck, besonders im Zusammenhang mit dem metabolischen Syndrom, beobachtet. Das metabolische Syndrom bezeichnet das Zusammenspiel von Adipositas, Hyperglykämie, Insulinresistenz, Dyslipidämie, thrombotischer Diathese und Hypertonie (vgl. Mutschler et al., 2013, S. 501 ff.).

Tab. 1: Klassifikation der Blutdruckbereiche in mm Hg (vgl. Deutsche Liga zur Bekämpfung des hohen Blutdrucks)Klassifikation Systolisch Diastolisch

Optimal < 120 < 80

Normal < 130 < 85

Hoch-normal 130 – 139 85 – 89

Milde Hypertonie 140 – 159 90 – 99

Mittelschwere Hypertonie 160 – 179 100 – 109

Schwere Hypertonie > 180 > 110

Isolierte systolische Hypertonie > 140 < 90

3

ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG

Bluthochdruck – natürlich unterstützend regulieren

1.4 Folgen der HypertonieEin andauernder Bluthochdruck belastet nicht nur die Gefäße und Organe, sondern erhöht ebenso das Risiko für Folgeschäden. Nicht nur Arteriosklerose mit all ihren Auswirkungen kann eine mögliche Folgekrankheit sein, sondern auch Herz-, Nieren- und Augenschäden können durch einen dauerhaft erhöhten Blutdruck entstehen.

Abb. 2: Ursachen des hohen Blutdrucks (vgl. Deutsche Hochdruckliga, S. 17)

Abb. 3: Folgen des hohen Blutdrucks (vgl. Deutsche Hochdruckliga, S. 21)

• Erbliche Anlage

• Übergewicht 30 %

• Alkohol 10 %

Primäre Ursachen 90 – 95 %

• Nieren- und Gefäßerkrankungen

• Hormonelle Erkrankungen

• Medikamente wie orale Kontrazeptiva (Pille), Kortikosteroide, Rheumamittel

• Schlafstörungen: obstruktive Schlafapnoe

Sekundäre Ursachen 5 –10 %

Herzmuskel- verdickung

bzw. -schwäche Schlaganfall

Bluthochdruck

Gefäßschaden

Herzinfarkt, Koronare

Herzkrankheit SchrumpfniereSchlaganfall,

Hirnerweichung

Netzhaut- schaden,

Erblindung

4

ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG

Bluthochdruck – natürlich unterstützend regulieren

Ist der Blutdruck dauerhaft erhöht, leidet auch das Herz unter der Druckbelastung. Das führt zu einer Verdickung des Herzmuskels und zu einer vermehrten Bildung von Herzmuskelfasern (Herzmuskelhypertrophie). Durch diese Faktoren wird das Herz in seiner Elastizität eingeschränkt. Dies äußert sich beim Betroffenen meist in einer Einschränkung seiner Belastbarkeit und Kurzatmigkeit. Hochdruck kann auch zu einer Verengung der Koronararterien und damit zu einer schlechten Sauerstoffversorgung des Herzens führen – eine koronare Herzkrankheit kann entstehen. Herzinsuffizienz oder gar ein Herzinfarkt können die Folgen sein.

Des Weiteren können durch den Bluthochdruck Herzrhythmusstörungen entstehen (vgl. Vaupel et al., 2015, S. 306–307).

Der Bluthochdruck ist auch für Schlaganfälle ein wichtiger Risikofaktor. Durch die Arteriosklerose in der Halsschlagader können Blutgerinnsel entstehen, welche bei Ablösung die Hirngefäße verschließen und zu einem Schlaganfall führen. Aber auch Verschlüsse und Verengungen in den Hirngefäßen selbst können zu einer verminderten Versorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen führen und im schlimmsten Fall einen Hirninfarkt auslösen (vgl. Mutschler et al., 2013, S.501).

Auch die Nieren bleiben bei einem dauerhaft erhöhten Blutdruck nicht unbeeinträchtigt. Das filigrane Filtersystem der Nieren, wel-ches aus feinen Adern besteht, kann durch Ablagerungen verändert werden (Nephrosklerose). Es kann zu einer Beeinträchtigung des Flüssigkeitshaushaltes kommen und Stoffwechselabbauprodukte werden nicht mehr genügend ausgeschieden. Die schlechte Durchblutung der Nieren beeinflusst somit die Ausscheidungsfunktion und greift in das blutdruckregulierende Hormonsystem (Renin-Angiotensin-Aldosteron-System) ein, was zu einer Blutdruckerhöhung führt. Unbehandelt können diese Faktoren zu einer chronischen Nierenschwäche bis hin zum Nierenversagen führen (vgl. Rosenthal et al., 2004, S. 382 ff.).

Die Ablagerungen aufgrund des zu hohen Blutdrucks können auch die Becken- und Beingefäße betreffen und somit zur peripheren arteriellen Verschlusskrankheit führen (vgl. Mutschler, 2013, S. 521). Die Blutdruckveränderung kann aber auch die Netzhaut der Augen schädigen und das Sehvermögen langfristig beeinträchtigen (hochdruckbedingte Retinopathie) (vgl. Rosenthal et al., 2004, S. 530).

Wie zuvor erläutert, schädigt ein dauerhaft erhöhter Blutdruck die Gefäße und macht diese empfänglicher für Ablagerungen und fördert somit die Entstehung weiterer Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Wenn weitere Risikofaktoren dazu kommen, steigt die Gefahr für manifeste und potentiell lebensbedrohliche Herz-Kreislauf-Erkrankungen (vgl. Mutschler et al., 2013, S. 502).

Tab. 2: .: Faktoren zur Prognose der Bluthochdruckerkrankung (vgl. Mutschler et al., 2013, S. 502)

Kardiovaskuläre Risikofaktoren FolgeschädenBeeinflussbar:

•Hypertonie

•Rauchen

•Dyslipoproteinämie

•Diabetes mellitus

•Adipositas

•körperliche Inaktivität

•erhöhtes Fibrinogen

Nicht beeinflussbar:

•positive Familienanamnese

•männliches Geschlecht

•Frauen in der Postmenopause

•Alter

•koronare Herzkrankheiten

•Linksherzhypertrophie

•Herzinsuffizienz

•zentrale Durchblutungsstörungen (u. a. transistorische ischämische Attacke, Apoplex, vaskuläre Demenz)

•periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK)

•chronische Nierenerkrankung (mit Mikro- oder Makroproteinurie)

•hypertensive Retinopathie

5

ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG

Bluthochdruck – natürlich unterstützend regulieren

2 Therapien

Zur Behandlung der Hypertonie stehen zahlreiche Möglichkeiten mit unterschiedlich wirkenden Substanzen zur Verfügung, die an verschiedenen Angriffsorten im Körper anknüpfen. Angestrebt wird eine Senkung des Blutdrucks auf einen diastolischen Wert von 90 mm Hg und einem systolischen Wert von < 140 mm Hg. Wichtig ist, die Senkung nicht rapide vorzunehmen, sondern schrittweise, da besonders bei älteren Patienten Komplikationen auftreten können. Die Auswahl geeigneter Medikamente wird unter Berücksichtigung der Gesamtanamnese getroffen, in Abhängigkeit von Alter, sonstigen Erkrankungen oder auch Medika-menten etc. Ein wichtiger Bestandteil bei der Einstellung eines blutdrucksenkenden Mittels ist die regelmäßige Überprüfung des Blutdrucks und auch die Erfassung eventueller unerwünschter Arzneimittelwirkungen (vgl. Mutschler et al., 2013, S. 503).

2.1 Antihypertensiva2.1.1 Diuretika

Die Diuretika sind eine wichtige Substanzgruppe in der Hypertonietherapie. Sie wirken in zwei Phasen. Zunächst kommt es durch eine vermehrte Ausscheidung zu einer Erniedrigung der Natriumionenkonzentration. Damit verbunden sinken sowohl das Plas-ma-, als auch das Herzzeitvolumen ab. Der periphere Widerstand nimmt in der ersten Phase zuerst etwas zu. In der zweiten Phase wird das Plasmavolumen nahezu normalisiert und die Natriumausschüttung entspricht in etwa der am Anfang des Thera-piebeginns. Dadurch kommt es zu einem verminderten Ansprechen der glatten Gefäßmuskulatur auf vasokonstriktorische Reize durch den verringerten Natriumionengehalt in der Gefäßwand. Der Blutdruck sinkt.

Diuretika werden – aufgrund ihrer wasser- und elektrolytausscheidenden Wirkung – meist in einer Kombinationstherapie verab-reicht, da andere blutdrucksenkende Mittel (z. B. Vasodilatatoren) die Natriumionen und das Wasser in den Gefäßen zurückhalten (vgl. Mutschler et al., 2013, S. 504–505).

2.1.2 β-Adrenozeptorblocker

Der Wirkmechanismus der β-Adrenozeptorblocker ist nicht vollständig geklärt. Es wird vermutet, dass das Herzzeitvolumen her-abgesetzt wird und die Reninausschüttung in den Nieren verringert wird, was zu einer Herabsetzung der Bildung von Angiotensin II und der Freisetzung von Aldosteron führt. Weiterhin sollen die präsynaptischen β-Rezeptoren blockiert werden, was die Frei-setzung von Noradrenalin einschränkt. Diskutiert wird auch eine Verringerung sympathischer Impulse durch den zentralen An-griff. β-Adrenozeptorblocker werden wegen ihrer guten Verträglichkeit (sofern die Kontraindikationen beachtet werden) und aufgrund eindeutig positiver Studienergebnisse bezüglich der Lebenserwartung eingesetzt. Zu den β-Adrenozeptorblockern ge-hören beispielsweise:

Die Diuretika werden in drei Gruppen geteilt:

Schleifendiuretika – z. B. Furosemid

Thiaziddiuretika – z. B. Hydrochlorothiazid

Kaliumsparendende Diuretika – z. B. Triamteren

6

ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG

Bluthochdruck – natürlich unterstützend regulieren

2.1.3 ACE-Hemmer

ACE-Hemmer (Angiotensin-Converting-Enzym) wirken, indem sie das Enzym hemmen, welches Angiotensin I in Angiotensin II umwandelt. Angiotensin II gehört zu den stärksten blutdrucksteigernden Substanzen. Da kein Angiotensin II gebildet wird, sinkt der periphere Widerstand und die Freisetzung von Aldosteron wird eingeschränkt. Dies hat zudem eine leicht diuretische Wir-kung. In diese Substanzklasse gehören Captopril und Lisinopril, welche selbst wirken. Die anderen Wirkstoffe, wie z. B. Enalapril, Quinalapril oder Ramipril, gehören zu den Prodrugs, d. h. die Substanz wird erst durch die Verstoffwechselung im Körper in einen aktiven Wirkstoff umgewandelt (vgl. Mutschler et al., 2013, S. 508 ff.).

2.1.4 Calciumkanalblocker

Die intrazelluläre Calciumionenkonzentration bestimmt den Kontraktilitätszustand der glatten Gefäßmuskulatur. Calciumkanal- blocker hemmen den Einstrom der Calciumionen in die Zellen und wirken vasodilatierend. Der periphere Widerstand nimmt ab und der Blutdruck wird gesenkt.

Interessant zu wissen: Diese drei Typen der Calciumkanalblocker besitzen keine strukturelle Homogenität (vgl. Mutschler et al., 2013, S. 505 ff.).

In diese Gruppe gehören drei Typen der Calciumkanalblocker:

1,4-Dihydropyridin-Typ (Nifedipin-Typ)

Verapamil-Typ

Diltiazem-Typ

Abb. 4: Strukturformel Atenolol

H2N

OO

H

OH

CH3

CH3N H

Abb. 5: Strukturformel Metoprolol

H3CO

O

H

OH

CH3

CH3N H

Abb. 6: Strukturformel Bisoprolol

H

OH

O

OO

N H

CH3

CH3

CH3

CH3

7

ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG

Bluthochdruck – natürlich unterstützend regulieren

2.1.5 AT1-Antagonisten

Die Senkung des Blutdrucks ist auch durch die Blockade der Angiotensin-II-Rezeptoren möglich. Die Wirkung von Angiotensin II wird über zwei Rezeptortypen (AT1 und AT2) vermittelt. Der AT1-Rezeptor ist für die Blutdruckerhöhung und die Zellproliferation zuständig (schnelles Wachstum von Gewebe). AT2 ist hingegen für die Proliferationshemmung verantwortlich. Daher macht es Sinn, eine Substanz einzusetzen, die am AT1-Rezeptor angreift und diesen blockiert. Zum Einsatz kommen die sogenannten Sar-tane. Dazu zählen beispielsweise Losartan, welches die erste eingeführte Substanz dieser Wirkstoffgruppe war, und auch Valsar-tan (vgl. Mutschler et al., 2013, S. 510–511).

2.1.6 Antisympathotonika

Zu den Antisympathotonika zählen die α2-Sympathomimetika bzw. Imidazolinrezeptor-Agonisten und Reserpin. Diese Gruppe kommt zum Einsatz, wenn gegen die zuvor genannten Wirkstoffgruppen Kontraindikationen vorliegen. Der Wirkmechanismus beruht auf der Herabsetzung des Sympathikustonus und der damit verbundenen Abnahme des peripheren Wiederstandes und des Herzzeitvolumens. Es kommt zur Senkung des Blutdrucks. In die Gruppe gehören z. B. Moxonidin, Clonidin oder auch Methyldopa.

Der Wirkstoff Reserpin wird nur in Kombination mit Clopamid eingesetzt (vgl. Mutschler et al., 2013, S. 331–333, 503–504).

Abb. 7: Strukturformel Nifedipin

CH3

CH3

NO2

H3C

H3C

O O

OO

N H

Abb. 8: Strukturformel Diltiazem

O

OO

H3C CH3

N

S

N

CH3

OCH3

• HCI

Abb. 9: Strukturformel Verapamil

H3CO

O

CH3

NH3C

H3C CH3

CH3

CH3

CH3

O

O

NC

8

ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG

Bluthochdruck – natürlich unterstützend regulieren

2.1.7 α-Adrenozeptorblocker

Bei den α-Adrenozeptorblockern handelt es sich vor allem um α1-selektive Substanzen. Sie wirken vasodilatierend (gefäßerwei-ternd) durch die Blockade der α-Rezeptoren. Die α-Adrenozeptorblocker sind kein Mittel der ersten Wahl, da orthostatische Ne-benwirkungen häufig auftreten und eine Lebensverlängerung nicht nachgewiesen ist. Zu den α-Adrenozeptorblockern gehören z. B. Doxazosin, Alfuzosin oder auch Urapidil.

2.1.8 Sonstige Vasodilatatoren und Reservemittel

Zu den sonstigen Vasodilatatoren gehören Minoxidil, Nitroprussidnatrium sowie Dihydralazin und Hydralazin.

Diese greifen im Allgemeinen an den kleinen Arterien und Arteriolen an und verringern dadurch den peripheren Widerstand. Manche Stoffe führen zusätzlich zu einer Erweiterung der venösen Kapazitätsgefäße.

Der Wirkmechanismus von Dihydralazin und Hydralazin ist noch weitgehend unbekannt. Nitroprussidnatrium wird in Notfällen, bei Blutdruckkrisen, eingesetzt. Der Wirkstoff setzt schnell Stickstoffmonoxid (NO) aus der glatten Muskulatur frei und führt zu einer starken Vasodilatation der Arterien und Venen. Minoxidil wirkt, indem es die Öffnungswahrscheinlichkeit der ATP-abhängi-gen Kaliumkanäle steigert, wodurch es zu einer Zunahme des Membranruhepotentials und zu einer Verringerung eines Einstroms von Calciumionen kommt. Dies führt zu einer Abnahme des Tonus und zur Blutdrucksenkung. Diese drei Gruppen der sonstigen Vasodilatatoren gehören zu den Reserveantihypertonika (vgl. Mutschler et al., 2013, S. 511 ff.).

3 Im Fokus: Unterstützende Therapie im Rahmen der Selbstmedikation

Neben einer schulmedizinischen Blutdrucktherapie kann es sinnvoll sein, die Behandlung durch die Einnahme homöopathischer Mittel zu ergänzen, um durch Anregung der Selbstheilungskräfte den Blutdruck sanft zu regulieren (vgl. Sommer, 2016, S. 14-15).

Um die Einsatzmöglichkeiten bestimmter homöopathischer Wirkstoffe bei Hypertonie besser zu verstehen, ist es wichtig, zunächst das Ähnlichkeitsprinzip der Homöopathie zu verstehen.

Der Begriff Homöopathie setzt sich aus den griechischen Wörtern homoios = gleich, ähnlich und pathos = Leid, Schmerz zusammen. Übersetzt bedeutet er so viel wie „ähnliches Leiden“. Diese Behandlungsmethode wurde von dem deutschen Arzt Samuel Hahne-mann 1797 begründet. In diesem Zusammenhang definierte Hahnemann das sogenannte Ähnlichkeitsprinzip, welches der Homöo-pathie zugrunde liegt: „similia similibus curentur“ (Ähnliches möge durch Ähnliches geheilt werden). Demnach wird in der Homöo-pathie ein Ausgangsstoff ausgewählt, welcher unverdünnt bzw. unpotenziert bei einem gesunden Menschen ähnliche Symptome hervorruft, wie die, die beim Erkrankten behandelt werden sollen. Es werden dabei Arzneien aus dem gesamten Bereich der Natur verwendet, wie z. B. Mineralien, Pflanzen und Tiergifte (vgl. Ammon, 2004, S. 732).

Die Ausgangsstoffe werden in einem speziellen Verfahren einer sogenannten Potenzierung unterzogen. Hierzu wird die Urtinktur entweder mit Wasser oder Ethanol stufenweise verschüttelt oder mit Milchzucker verrieben und dabei verdünnt (vgl. Wiesenauer, 2016, Band 1). Urtinkturen sind konzentrierte Zubereitungen, die durch „™“ oder „Ø“ gekennzeichnet sind. Es handelt sich dabei um Presssäfte mit Ethanol, Wasser oder Glycerol oder Auszüge von Pflanzenteilen oder Tieren, deren Absonderungen oder deren Teile. Üblicherweise werden die Stoffe in Hunderterschritten (1:100 = C-Potenz) oder in Zehnerschritten (1:10 = D-Potenz) verdünnt.

Im Folgenden werden einige homöopathische Wirkstoffe vorgestellt, die zur unterstützenden Therapie einer Hypertonie angewendet werden. Es werden dabei Symptome im Bereich der Brust und mit Wirkung auf das Herz-Kreislauf-System betrachtet.

9

ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG

Bluthochdruck – natürlich unterstützend regulieren

3.1 Arnica montana – ArnicaArnica montana, auch Bergwohlverleih genannt, hat bereits große Bekanntheit durch den Einsatz bei Blutergüssen und allgemeinen Verletzungen erlangt. Es handelt sich um rhizomartige Krautpflan-zen, welche einfache Blätter und gänseblümchenartige Blütenköp-fe besitzen (vgl. Vermeulen, 2006, S. 179).

Die Einnahme der unverarbeiteten Pflanzenteile führt bei gesun-den Menschen zu Schleimhautreizungen, Schwindel, Herzrhyth-musstörungen oder Herzmuskellähmung. Kleine Dosen verursa-chen einen Anstieg der Herztätigkeit und der arteriellen Spannung. Große Mengen wiederum verursachen zunächst eine vorüberge-hende Erregung und anschließend eine Senkung der Kreislauftä-tigkeit, der Atmung und der Körpertemperatur. Es kommt zu Kopf-schmerzen, erweiterten Pupillen und zur Lähmung bestimmter Muskelgruppen (Muskelparese). Wirkt die eingenommene Menge toxisch, kommt es zur Lähmung des Nervensystems mit Todesfol-ge (vgl. Vermeulen, 2004, S. 179). Ein Blick auf die Wirkung der unverarbeiteten Pflanzteile auf Blut und Blutgefäße, Nerven sowie Muskeln erklärt den Einsatz homöopathischer Arnicazubereitun-gen bei der Hypertonie. Homöopathisch aufbereitet findet Arnica daher Anwendung bei Angina pectoris, Herzstechen und einem schwachen Puls. Auch bei Schmerzen im linken Ellbogen wird Ar-nica verwendet. Die Urtinktur wird aus den Blüten gewonnen (vgl. Boericke, 2006, S. 93).

3.2 Barium carbonicum – BariumcarbonatBariumcarbonat – auch Baryta carbonica – ist ein Carbonatsalz des Bariums und ein Element in der Erdkruste (vgl. Vermeulen, 2006, S. 236 ff.).

Die Einnahme der Ursubstanz Bariumcarbonat in unverarbeite-ter Form führt bei gesunden Menschen zu einem Anstieg des Blutdrucks und kann zu Schwindel, Muskelzucken und -krämp-fen führen. Auch Tinnitus kann ein Symptom sein. Die Pupillen erweitern sich und es kann sowohl Verwirrtheit als auch Somno-lenz (Bewusstseinsstörung, Schläfrigkeit) auftreten. Die Einnah-me kann zu Herz- und auch Atemstillstand mit Todesfolge führen. Akute Vergiftungen mit Bariumcarbonat haben häufig Muskel-schwäche als erstes Symptom, gefolgt von vollständiger Läh-mung der Glieder und Lungen, begleitet von Herzbeschwerden. Homöopathisch aufbereitet wird Bariumcarbonat daher bei hef-tigem Herzklopfen und Beklemmungen in der Herzgegend einge-setzt. Bariumcarbonat wirkt leicht verzögert und verträgt Wie-derholungen (vgl. Boericke, 2004, S. 126 ff.).

Abb. 11: Barium carbonicum – Bariumcarbonat

Abb. 10: Arnica montana – Arnica

© unpict/Fotolia

© jonnysek/Fotolia

10

ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG

Bluthochdruck – natürlich unterstützend regulieren

3.3 Crataegus oxyacantha – WeißdornDer Weißdorn gehört zu den Rosengewächsen und ist in ganz Eu-ropa beheimatet. Er wächst in Form von Sträuchern oder auch kleinen Bäumen in lichten Gebüschen oder an sonnigen Hängen. Seinen Namen hat der Weißdorn seinen spitzen Dornen und wei-ßen Blüten zu verdanken (vgl. Pascoe, 2016).

Weißdorn wirkt auf den Herzmuskel. Bei übermäßiger Einnahme kann Weißdorn bei gesunden Menschen zu Schwindel führen.

Die homöopathisch aufbereitete Urtinktur findet Anwendung bei extremer Atemnot, die bei geringster Anstrengung auftritt, ohne eine starke Erhöhung der Pulsfrequenz. Ebenso wird Crataegus in der Homöopathie bei Schmerzen in der Herzgegend und unter dem linken Schlüsselbein angewendet und auch bei unregelmäßi-gem, schwachem und aussetzendem Puls sowie Angina pectoris. Kalte Haut, blaue Verfärbungen der Finger und Zehen (durch An-strengungen oder Aufregungen) sind ebenfalls Symptome, bei de-nen Crataegus gelegentlich zum Einsatz kommt.

Zur Anwendung kommen flüssige Extrakte oder Urtinkturen, her-gestellt aus den reifen und frischen Früchten des Weißdorns. Die-se müssen wiederholt eingenommen werden, um ein gutes Ergeb-nis zu erzielen (vgl. Boericke, 2004, S. 275).

3.4 Glonoinum – NitroglycerinGlonoinum bezeichnet homöopathisch aufbereitetes Nitrogly-cerin. Der Name Glonoinum stammt von Constantin Hering und setzt sich aus den Anfangsbuchstaben der englischen Be-griffe Glycyl-Oxyd, Nitrogen und Oxygen zusammen.

Anmerkung: Constantin Hering (* 1. Januar 1800, † 23. Juli 1880) war ein deutsch-US-amerikanischer Arzt. Er gilt als Be-gründer der Homöopathie in Amerika.

Die unsachgemäße Einnahme von unverdünntem bzw. unverar-beitetem Nitroglycerin verursacht pulsierende und kongestive (unter Blutdrang) Kopfschmerzen. Zudem erzeugt es Hitzewal-lungen, Herzklopfen, Hypertonie und sogar Herzerkrankungen. Glonoinum besitzt eine hohe Affinität zum Kopf und den vaso-motorischen Nerven (Kreislauf und Herz) (vgl. Vermeulen, 2004, S. 739 f.). Nachdem Nitroglycerin zu homöopathischem Glonoinum weiterverarbeitet wurde, findet es Anwendung bei Herzflattern und -klopfen mit Atemnot, ebenso wenn Anstren-gungen mit Blutdrang Richtung Herz und Ohnmachtsanfällen einhergehen. Auch pulsierender Schmerz bzw. Pochen im ge-samten Körper ist eine Indikation für Glonoinum (vgl. Boericke, 2006, S. 360).

Abb. 12: Crataegus oxyacantha – Weißdorn

Abb. 13: Strukturformel Nitroglycerin

O2NO

O

O

NO2

NO2

© M.Schuppich/Fotolia

11

ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG

Bluthochdruck – natürlich unterstützend regulieren

3.5 Secale cornutum – MutterkornMutterkorn bezeichnet die Dauerform (Sklerotium) des Mutter-kornpilzes (Claviceps purpurea), der sich von lebenden Organis-men ernährt. Er befällt hauptsächlich Roggen und Weizen. Dies ist am heranwachsenden Wirt durch hängende, längliche und verhär-tete Sklerotien zu erkennen, die purpur bis dunkelbraun gefärbt sind. Ihr Aussehen erinnert an eine Kralle (vgl. Vermeulen, 2006, S. 1382). Die Einnahme von unverarbeitetem Mutterkorn führt bei gesunden Menschen zur Kontraktion (Zusammenziehen) der glat-ten Muskelfasern. Als Folge dessen kann es zu Kälte, anämischem Zustand, Petechien (stecknadelkopfgroße Blutungen aus den Ka-pillaren in die Haut), Nekrose und Gangrän (Sonderform der Nek-rose: Autolyse des Gewebes und Verfärbung) kommen.

Die Urtinktur wird aus den getrockneten Sklerotien gewonnen. Homöopathisch aufbereitet findet Secale cornutum Anwendung bei gefäßbedingten Erkrankungen und Beschwerden, die im Zu-sammenhang mit Blut und seiner Zirkulation stehen. Im Bereich der Brust wird das Homöopathikum nicht nur bei Atemnot und Beklemmung eingesetzt, sondern auch bei Angina pectoris. Eben-falls findet es Anwendung bei bohrendem Schmerz in der Brust, Herzklopfen und aussetzendem Puls (vgl. Boericke, 2004, S. 684 ff.).

3.6 Viscum album – MistelDie Mistel gehört zu den Mistelgewächsen und ist ein kugelförmi-ger, immergrüner Strauch, der auf Bäumen lebt und diese als Wirt benutzt. Der Name Mistel stammt in der Tat von „Mist“ ab. Grund hierfür ist die Verbreitung der Mistel: Vögel, insbesondere Mistel-drosseln, fressen die Samen, welche den Darm der Vögel unverd-aut passieren und durch die Kotabscheidung verbreitet werden. Der Mistelstrauch hat lanzettliche Blätter, gelbgrüne Blüten und klebrige weiße Beeren (vgl. Pascoe, 2016). Werden die Stängel, Blätter oder Beeren der Mistel von gesunden Menschen einge-nommen, kann dies die Blutgefäße erweitern und den Puls ver-langsamen. Infolge dessen kommt es zu einem Abfall des Blut-drucks. Auf das Kreislaufzentrum in der Medulla oblongata (Markhirn) hat Viscum album keine Wirkung.

Daher wird Viscum album homöopathisch gegen Hypertrophie bei Klappeninsuffizienz eingesetzt sowie bei schwachem Puls und niedrigem Blutdruck. Auch Dekompensation und Atemnot sind eine Indikation für Viscum album, wenn der Patient das Gefühl hat, das Herz würde beim Liegen zusammengequetscht werden. In der Homöopathie werden die Sprossen und Früchte verwendet. Zum Einsatz kommen hauptsächlich Tinkturen (vgl. Boericke, 2006, S. 795 f.).

Abb. 14: Secale cornutum – Mutterkorn

Abb. 15: Viscum album – Mistel

© cerealist/Fotolia

© Scisetti Alfio/Fotolia

12

ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG

Bluthochdruck – natürlich unterstützend regulieren

4 Beratung in der Apotheke

Konventionelle Arzneimittel haben häufig unerwünschte Arzneimittelwirkungen und gerade bei multimorbiden Patienten führt dies nicht selten zu starken Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln. Bei chronischen und arzneimittelintensiven Erkrankun-gen wie Hypertonie ist eine unterstützende Behandlung gefragt.

4.1 Kunden mit Hypertonie erkennenEine Hypertonie ist einem Kunden nicht einfach so anzusehen und zu erkennen. Erst wenn der Kunde eine Verordnung über einen Blutdrucksenker vorlegt oder dies explizit erwähnt, kann der Apothekenmitarbeiter davon Kenntnis erhalten. In einem Beratungs-gespräch lässt sich herausfinden, ob Interesse an einer zusätzlichen und sanften Regulation des Blutdrucks besteht. Auch durch die individuellen Lebensgewohnheiten lässt sich die Senkung eines erhöhten Blutdrucks regulieren und unterstützen, beispiels-weise durch eine Raucherentwöhnung oder die Umstellung der Ernährungsgewohnheiten. Kunden mit einem erhöhten Blutdruck können bestehende Zusammenhänge erklärt bekommen und ihnen kann erläutert werden, ob und warum eine Umstellung der Lebensgewohnheiten zusätzlich zu einer medikamentösen Therapie sinnvoll sein kann.

4.2 Hinweise zur Erstattungsfähigkeit zulasten der GKVPräparate, die im Rahmen einer Selbstmedikation eingesetzt werden, sind im Allgemeinen als apothekenpflichtige Arzneimittel im Handel. Apothekenpflichtige Arzneimittel können laut § 34 SGB V (Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch) zulasten der gesetzlichen Krankenkassen unter bestimmten Bedingungen abgegeben werden – die Abgabe für Kinder und Jugendliche darf bis zum 12. Lebensjahr erfolgen und für Jugendliche mit Entwicklungsstörungen bis zum 18. Lebensjahr. Für den Fall, dass eine Entwick-lungsstörung vorliegt, muss dies weder der Arzt auf der Verordnung angeben noch besteht eine Prüfpflicht für die Apotheke. Das heißt, dass ein verordnetes apothekenpflichtiges Arzneimittel bis zum 18. Geburtstag eines Patienten zulasten einer gesetzlichen Krankenkasse auf Rezept abgegeben werden kann. Ausnahme: Es handelt sich um eine nicht erstattungsfähige Jumbopackung.

Für Erwachsene gelten jedoch andere Vorschriften. Ein apothekenpflichtiges Arzneimittel, welches nicht verschreibungspflichtig ist, darf für Erwachsene nur in Ausnahmefällen zulasten der GKV abgegeben werden. Die Erstattung der GKV hängt von den Vorgaben der Anlage I der Arzneimittel-Richtlinie des G-BA (Gemeinsamer Bundesausschuss, OTC-Übersicht) ab.

Für homöopathische Arzneimittel gilt laut § 12 Arzneimittel-Richtlinie: „Arzneimittel der Anthroposophie und Homöopathie: Für die in der Anlage I aufgeführten Indikationsgebiete kann die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt bei schwerwiegenden Erkrankungen auch Arzneimittel der Anthroposophie und Homöopathie verordnen, sofern die Anwendung dieser Arzneimittel für diese Indikationsgebiete nach dem Erkenntnisstand als Therapiestandard in der jeweiligen Therapierichtung angezeigt ist. Die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt hat zur Begründung der Verordnung die zugrunde liegende Diagnose in der Pati-entendokumentation aufzuzeichnen.“

Apothekenpflichtige homöopathische Arzneimittel, die zur Behandlung von Hypertonie eingesetzt werden, erfüllen diese Voraus-setzungen nicht und können daher in der Regel nicht zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden.

Zusatzinfo: Viele gesetzliche Krankenkassen bieten die Erstattung pflanzlicher, homöopathischer und anthroposophischer Arz-neimittel als freiwillige Satzungsleistung an. In der Regel werden die Kosten bis zu einem festgelegten Jahresbetrag übernom-men. Hierfür muss das entsprechende Arzneimittel auf einem grünen Rezept verordnet sein. Der Patient bezahlt zunächst den vollen Betrag (wie bei einem Privatrezept) und kann anschließend das bedruckte grüne Rezept zusammen mit der Quittung aus der Apotheke bei der Krankenkasse einreichen.

13

ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG

Bluthochdruck – natürlich unterstützend regulieren

Eine Übersicht der OTC-Satzungsleistungen verschiedener Krankenkassen kann hier eingesehen werden:

https://www.deutschesapothekenportal.de/rezept-retax/dap-retax-arbeitshilfen/otc-arzneimittel/bpi-liste-otc-satzungsleistun-gen-der-krankenkasse/

Ist das verordnete Arzneimittel keine Satzungsleistung der Krankenkasse, kann das grüne Rezept zusammen mit der Quittung aus der Apotheke bei der Einkommenssteuererklärung des Patienten als Beleg für außergewöhnliche Belastungen eingereicht wer-den.

4.3 Wie kann man selber zur Senkung des Blutdrucks beitragen?Neben einer medikamentösen Behandlung einer Hypertonie ist es unabdingbar, auch den Lebensstil nachhaltig zugunsten der Gesundheit zu ändern. Sofern es sich um eine milde Hypertonie handelt, reichen diätetische Maßnahmen häufig aus, um den Blutdruck zu senken. Es gibt eine ganze Reihe von Maßnahmen, um die Senkung des Blutdrucks zu unterstützen (vgl. Weyers et al., 2014/2015, S. 165).

Dazu gehört eine gesunde und ausgewogene Ernährung:• viel Gemüse und Obst• Reduktion des Salzgehaltes (Verwendung von frischen Kräutern kann eine Alternative sein)• Einschränkung des Verzehrs tierischer Fette sowie gehärteter Fette• weniger Zucker und Weißmehlprodukte• bewusster Umgang mit Alkohol

Es ist besonders wichtig, dass die Nahrung bewusst aufgenommen wird, um eine gesunde Ernährungsweise zu verinnerlichen. Im Rahmen einer gesunden Ernährung wird das Idealgewicht angestrebt.

Regelmäßige Bewegung gehört ebenso zu einer gesunden Lebensweise. Hierzu ist ein leichtes Ausdauertraining sinnvoll, wie z. B. Schwimmen, Joggen oder auch Fahrradfahren. Keinesfalls sollte direkt auf Wettkampfniveau trainiert, sondern die Trainingsein-heiten sollten allmählich erhöht werden. Auch das Rauchen sollte aufgegeben werden, um die Senkung des Blutdrucks zu unter-stützen. Zudem ist Stress zu minimieren und diesem gegebenenfalls mit Entspannungsübungen entgegenzuwirken. Aktive Ent-spannungsphasen können dabei helfen.

14

ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG

Bluthochdruck – natürlich unterstützend regulieren

Quellen

Ammon, A.T. (2004). Hunnius Pharmazeutisches Wörterbuch. 9. Auflage, Berlin: Walter de Gruyter.

Boericke, W. (2004). Handbuch der homöopathischen Materiamedica. 3. Auflage, Stuttgart: Karl F. Haug Verlag.

Deutsche Gesellschaft für Kardiologie, Deutsche Liga zur Bekämpfung des hohen Blutdrucks (2013). ESC POCKET GUIDELINES. https://www.hochdruckliga.de/tl_files/content/dhl/downloads/2014_Pocket-Leitlinien_Arterielle_Hypertonie.pdf (16.01.2017).

Deutsche Liga zur Bekämpfung des hohen Blutdrucks (Erstellungsdatum nicht bekannt) https://www.hochdruckliga.de/tl_files/content/dhl/folien/Foliensatz_1.pdf (16.01.2017).

Deutsche Liga zur Bekämpfung des hohen Blutdrucks (2015). Bluthochdruck-Zahlen. https://www.hochdruckliga.de/tl_files/content/dhl/presse/Bluthochdruck-Zahlen-2015.pdf (02.02.2017).

Morrison, R. (1997). Handbuch der homöopathischen Leitsymptome und Bestätigungssymptome. 2. Auflage. Groß Wittensee: Kai Kröger Verlag für homöopathische Literatur.

Mutschler, E., Geisslinger, G., Kroemer, H. K., Menzel, S., Ruth, P. (2013). Mutschler Arzneimittelwirkungen. 10. Auflage, Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft.

Pascoe (2016). Fach-Newsletter Oktober 2016, „Bewehrt und bewährt wenn’s ums Herz geht_ Weißdorn“ https://www.pascoe.de/fachbereich/fach-newsletter-naturmedizin/detail/bewehrt-und-bewaehrt-wenns-ums-herz-geht-weissdorn.html (02.02.2017).

Pascoe (2016). Fach-Newsletter Dezember 2016, „Winterzeit ist Mistelzeit, aber: Was hat die Mistel mit dem Mist zu tun?“, https://www.pascoe.de/fachbereich/fach-newsletter-naturmedizin/detail/winterzeit-ist-mistelzeit-aber-was-hat-die-mistel-mit-dem-mist-zu-tun.html (02.02.2017).

RKI – Robert Koch-Insitut (2015). Epidemiologisches Bulletin 05/2015. http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2015/Ausgaben/05_15.pdf?__blob=publicationFile (13.01.2017).

Rosenthal, J., Kolloch, R. (2003). Arterielle Hypertonie. 4. Auflage, Berlin: Springer Verlag.

Sommer, R.-G. (2016). Was leisten naturheilkundliche Arzneimittel? Praxis Magazin – Die medizinische Fachzeitschrift für Naturheilkunde, 33 (12), S. 14–15.

Vaupel, P., Schaible, H.-G., Mutschler, E. (2015). Anatomie, Physiologie, Pathophysiologie des Menschen.7. Auflage, Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft.

Vermeulen, F. (2006). Prisma. Das Arcanum der MateriaMedica ans Licht gebracht. 1. Auflage, Haarlem: Emryss Verlag.

Weyers, W., Svejkovsky, W., Immel-Sehr, A. (2014). Beratung aktiv 2014/2015. Medizinisch-pharmazeutischer Leitfaden für die Kundenberatung in der Apotheke. 21. Auflage, Eschborn: Govi-Verlag.

Wiesenauer, M. (2016). Homöopathie für Apotheker und Ärzte. 18. Auflage, Stuttgart: Deutscher Apotheker Verlag.