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derem mehr. Das Beispiel der uneinheitlichen Landesbasis- fallwerte, der Multiplikatoren für die Vergütung im DRG- System, macht nur allzu deutlich, wie unglücklich eigene landesrechtliche Finanzierungsvorgaben wären. Ist einzu- sehen, dass eine Blinddarmoperation im Norden Deutsch- lands weniger kostet als im Süden? Worauf sollen sich die Unterschiede gründen? Will man einen Gesundheitstouris- mus provozieren? Das kann nicht gewollt sein. Die Lebens- bedingungen sollen in Deutschland möglichst vergleichbar sein. Der Wettbewerb muss um die Qualität der Leistungen und nicht um ihre Vergütung geführt werden. Bei verbun- denen Krankenhäusern wird gerade dieser Wettbewerb nicht ausgetragen, sondern ein Szenario eröffnet, das Unwuchten in das Versorgungssystem bringt. Es geht nicht darum, den privaten Krankenhausträgern einen Wettbewerbsnachteil zu verschaffen – aber auch keinen Wettbewerbsvorteil. Jede pri- vat versicherte Person kann selbstverständlich die Angebote der Plankrankenhäuser nutzen. Aber umgekehrt ist dies nicht allen GKV-Versicherten möglich. Würden nun noch länder- spezifische Regelungen das System beherrschen, vertieften sich die Gräben und die Unterschiede würden wachsen. Insoweit ist diesem Ansinnen im derzeitigen Versorgungs- system eine Absage zu erteilen. Sinnvoller wären sektoren- übergreifende bundeseinheitliche Finanzierungsregelungen, die die Übergänge zwischen ambulanter und stationärer Versorgung, den Rehabilitations- und Pflegebereichen er- leichterten, um insoweit die Versorgung zu verbessern. Auf die Individualinteressen einzelner Träger im Gesamtversor- gungssystem kann es nur nachrangig ankommen. Das Thema Quersubventionierung ist facettenreich. Die in der Entscheidung aufgeworfene Frage, ob eine Quer- subventionierung des Plankrankenhauses durch die Privat- klinik erfolgt, hängt nicht nur an einem Vertrag, der ein Entgelt für die Mitnutzung von Ressourcen festlegt. Von Bedeutung ist – wie ausgeführt –, dass auch nicht quantifi- zierte Effekte eine große Rolle spielen. Denn der Anschein, ein Plankrankenhaus biete durch Weiterbehandlung im ver- bundenen Privatkrankenhaus quasi selbst weitere Leistun- gen an, als sein Versorgungsauftrag im Feststellungsbescheid des Krankenhausplans ausweist, ist ein geldwerter Vorteil. Patienten wird suggeriert, dass das Angebot der Privatklinik – auch wenn Zusatzkosten anfallen – gleich vor Ort in An- spruch genommen werden kann. Das ist tatsächlich der Fall. Damit erfolgt eine Patientenbindung. Bedarfsplanerisch ist sie allerdings nicht in dieser Form gewollt und konterkariert das Gesamtversorgungssystem. Das BVerfG hat in seinem ausführlichen Beschluss zu Recht die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerden ver- neint, zumal die Beschwerdeführer an entscheidenden Stel- len die Belege der behaupteten Beeinträchtigungen schul- dig geblieben sind. DOI: 10.1007/s00350-014-3648-9 Zu den Voraussetzungen des Vermögens- schadens beim Betrug StGB § 263; AMG § 18; AMPreisV § 1 Abs. 3 Die täuschungsbedingte Erzielung niedrigerer Preise begründet nicht ohne weiteres einen Vermögensscha- den i. S. von § 263 StGB. (Leitsatz des Bearbeiters) BGH, Beschl. v. 12. 6. 2013 – 5 StR 581/12 (LG Lübeck) Problemstellung: Die strafgerichtliche Recht- sprechung hatte sich in der Vergangenheit mehrfach mit Fällen zu befassen, in denen zu klären war, ob der Straftatbestand des Betruges erfüllt ist, wenn durch eine Täuschung über die beabsichtigte Verwendung einer Ware erreicht wird, dass diese zu einem besonders güns- tigen Preis abgegeben wird (vgl. z. B. BGH, Beschl. v. 14. 6. 1991 – 3 StR 155/91 –, NJW 1991, 2573; s. auch BGH, Beschl. v. 9. 6. 2004 – 5 StR 136/04 –, NJW 2004, 2603). Der BGH hat dabei stets hervorgehoben, dass die bloße unterlassene Vermögensmehrung noch keinen Vermögensschaden darstellt. Auf diesen Grund- satz stützte sich auch ein Beschluss des 5. Strafsenats im Zusammenhang mit der Weiterveräußerung nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel, die vorgeblich für den Klinikbetrieb geliefert werden sollten (BGH, Beschl. v. 5. 7. 2012 – 5 StR 1/12 –, MedR 2013, 172 m. Anm. Brockhaus.). Der BGH wies darin u. a. darauf hin, dass ein Vermögensschaden jedenfalls den Nach- weis voraussetzt, dass für die Arzneimittel ansonsten mit Wahrscheinlichkeit ein höherer Preis hätte erzielt wer- den können. Mit dem vorliegenden Beschluss hob der 5. Straf- senat jetzt ein landgerichtliches Urteil unter anderem deshalb auf, weil es dieser Rechtsprechung nicht hinrei- chend Rechnung getragen hatte. Zur Preisbindung ausländischer Versandapotheken vgl. GmS-OGB, Beschl. v. 22. 8. 2012 – GmS-OGB 1/10 –, BGHZ 194, 354 = MedR 2013, 520 m. Anm. Mand.; zum Vermögensschaden beim Abrechnungsbe- trug: Saliger/Tsambikakis, MedR 2013, 284. Zum Sachverhalt: Das LG hat die Angeklagten wegen Betruges in zwei Fällen, den Angeklagten H. zudem noch wegen versuchter Erpressung verurteilt und gegen beide Angeklagte Gesamtfreiheits- strafen von einem Jahr und sechs Monaten verhängt, deren Voll- streckung jeweils zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die hiergegen gerichteten Revisionen der beiden Angeklagten hatten in vollem Umfang Erfolg. Aus den Gründen: [2] 1. Das LG hat die Verurteilun- gen wegen Betruges nicht rechtsfehlerfrei begründet. [3] a) Es sieht einen (mittäterschaftlichen) Betrug darin, dass die Angeklagten als für die A. in S. tätige Beratungs- apotheker bei der Versorgung von Krebspatienten durch ermächtigte Krankenhausärzte der Abrechnung von Me- dikamenten zu Klinikpreisen zustimmten. Ebenso hätten die Angeklagten betrügerisch gehandelt, indem sie im Zusammenwirken mit der beliefernden Apotheke bei aus Fertigarzneimitteln zusammengestellten Medikamenten die Abrechnung eines hierfür nicht vorgesehenen Herstel- lerrabatts veranlassten. Beides hat das LG als jeweils selb- ständige Betrugshandlung (Verkaufs- und Rabattschaden) gewertet, welche die Angeklagten jeweils in Mittäter- schaft mit den leistenden und abrechnenden Apothekern begangen hätten. [4] b) Dies hält rechtlicher Überprüfung schon deshalb nicht stand, weil die Wirtschaftsstrafkammer nicht hinrei- chend konkret dargelegt hat, wie die beiden Angeklagten in das System der Arzneimittelbeschaffung eingebunden waren. Dies war erforderlich, weil sowohl der Bezug auf die Verschreibung der ermächtigten Ärzte als auch deren Abrechnung durch die leistenden Apotheker ohne unmit- telbare Beteiligung der Angeklagten erfolgt ist. Die For- mulierung: „Die Angeklagten wirkten mit“, ist zu flos- kelhaft, um dem Revisionsgericht eine Überprüfung der Verurteilung der Angeklagten als Mittäter zu ermöglichen. Ebenso wenig erlauben die insoweit wenig aussagekräfti- gen Urteilsgründe eine Einordnung des Handelns der An- geklagten als Tun. Es kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass der soziale Handlungsschwerpunkt auf einem Unterlassen liegt, etwa in Form einer – dann nicht ein- mal zwingend gegen eine Garantenpflicht verstoßenden – Bearbeitet von Rechtsanwalt Jürgen Pauly, Fachanwalt für Strafrecht, Wolfsgangstraße 92, 60322 Frankfurt a. M., Deutschland Rechtsprechung 164 MedR (2014) 32: 164–166

Zu den Voraussetzungen des Vermögensschadens beim Betrug

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Page 1: Zu den Voraussetzungen des Vermögensschadens beim Betrug

derem mehr. Das Beispiel der uneinheitlichen Landesbasis-fallwerte, der Multiplikatoren für die Vergütung im DRG-System, macht nur allzu deutlich, wie unglücklich eigene landesrechtliche Finanzierungsvorgaben wären. Ist einzu-sehen, dass eine Blinddarmoperation im Norden Deutsch-lands weniger kostet als im Süden? Worauf sollen sich die Unterschiede gründen? Will man einen Gesundheitstouris-mus provozieren? Das kann nicht gewollt sein. Die Lebens-bedingungen sollen in Deutschland möglichst vergleichbar sein. Der Wettbewerb muss um die Qualität der Leistungen und nicht um ihre Vergütung geführt werden. Bei verbun-denen Krankenhäusern wird gerade dieser Wettbewerb nicht ausgetragen, sondern ein Szenario eröffnet, das Unwuchten in das Versorgungssystem bringt. Es geht nicht darum, den privaten Krankenhausträgern einen Wettbewerbsnachteil zu verschaffen – aber auch keinen Wettbewerbsvorteil. Jede pri-vat versicherte Person kann selbstverständlich die Angebote der Plankrankenhäuser nutzen. Aber umgekehrt ist dies nicht allen GKV-Versicherten möglich. Würden nun noch länder-spezifische Regelungen das System beherrschen, vertieften sich die Gräben und die Unterschiede würden wachsen. Insoweit ist diesem Ansinnen im derzeitigen Versorgungs-system eine Absage zu erteilen. Sinnvoller wären sektoren-übergreifende bundeseinheitliche Finanzierungsregelungen, die die Übergänge zwischen ambulanter und stationärer Versorgung, den Rehabilitations- und Pflegebereichen er-leichterten, um insoweit die Versorgung zu verbessern. Auf die Individualinteressen einzelner Träger im Gesamtversor-gungssystem kann es nur nachrangig ankommen.

Das Thema Quersubventionierung ist facettenreich. Die in der Entscheidung aufgeworfene Frage, ob eine Quer-subventionierung des Plankrankenhauses durch die Privat-klinik erfolgt, hängt nicht nur an einem Vertrag, der ein Entgelt für die Mitnutzung von Ressourcen festlegt. Von Bedeutung ist – wie ausgeführt –, dass auch nicht quantifi-zierte Effekte eine große Rolle spielen. Denn der Anschein, ein Plankrankenhaus biete durch Weiterbehandlung im ver-bundenen Privatkrankenhaus quasi selbst weitere Leistun-gen an, als sein Versorgungsauftrag im Feststellungsbescheid des Krankenhausplans ausweist, ist ein geldwerter Vorteil. Patienten wird suggeriert, dass das Angebot der Privatklinik – auch wenn Zusatzkosten anfallen – gleich vor Ort in An-spruch genommen werden kann. Das ist tatsächlich der Fall. Damit erfolgt eine Patientenbindung. Bedarfsplanerisch ist sie allerdings nicht in dieser Form gewollt und konterkariert das Gesamtversorgungssystem.

Das BVerfG hat in seinem ausführlichen Beschluss zu Recht die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerden ver-neint, zumal die Beschwerdeführer an entscheidenden Stel-len die Belege der behaupteten Beeinträchtigungen schul-dig geblieben sind.

DOI: 10.1007/s00350-014-3648-9

Zu den Voraussetzungen des Vermögens­schadens beim Betrug

StGB § 263; AMG § 18; AMPreisV § 1 Abs. 3

Die täuschungsbedingte Erzielung niedrigerer Preise begründet nicht ohne weiteres einen Vermögensscha-den i. S. von § 263 StGB. (Leitsatz des Bearbeiters)BGH, Beschl. v. 12. 6. 2013 – 5 StR 581/12 (LG Lübeck)

Problemstellung: Die strafgerichtliche Recht-sprechung hatte sich in der Vergangenheit mehrfach mit Fällen zu befassen, in denen zu klären war, ob der

Straftatbestand des Betruges erfüllt ist, wenn durch eine Täuschung über die beabsichtigte Verwendung einer Ware erreicht wird, dass diese zu einem besonders güns-tigen Preis abgegeben wird (vgl. z. B. BGH, Beschl. v. 14. 6. 1991 – 3 StR 155/91 –, NJW 1991, 2573; s. auch BGH, Beschl. v. 9. 6. 2004 – 5 StR 136/04  –, NJW 2004, 2603). Der BGH hat dabei stets hervorgehoben, dass die bloße unterlassene Vermögensmehrung noch keinen Vermögensschaden darstellt. Auf diesen Grund-satz stützte sich auch ein Beschluss des 5.  Strafsenats im Zusammenhang mit der Weiterveräußerung nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel, die vorgeblich für den Klinikbetrieb geliefert werden sollten (BGH, Beschl. v. 5. 7. 2012 – 5 StR 1/12 –, MedR 2013, 172 m. Anm. Brockhaus.). Der BGH wies darin u. a. darauf hin, dass ein Vermögensschaden jedenfalls den Nach-weis voraussetzt, dass für die Arzneimittel ansonsten mit Wahrscheinlichkeit ein höherer Preis hätte erzielt wer-den können.

Mit dem vorliegenden Beschluss hob der 5.  Straf-senat jetzt ein landgerichtliches Urteil unter anderem deshalb auf, weil es dieser Rechtsprechung nicht hinrei-chend Rechnung getragen hatte.

Zur Preisbindung ausländischer Versandapotheken vgl. GmS-OGB, Beschl. v. 22. 8. 2012 – GmS-OGB 1/10 –, BGHZ 194, 354 = MedR 2013, 520 m. Anm. Mand.; zum Vermögensschaden beim Abrechnungsbe-trug: Saliger/Tsambikakis, MedR 2013, 284.

Zum Sachverhalt: Das LG hat die Angeklagten wegen Betruges in zwei Fällen, den Angeklagten H. zudem noch wegen versuchter Erpressung verurteilt und gegen beide Angeklagte Gesamtfreiheits-strafen von einem Jahr und sechs Monaten verhängt, deren Voll-streckung jeweils zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die hiergegen gerichteten Revisionen der beiden Angeklagten hatten in vollem Umfang Erfolg.

Aus den Gründen: [2] 1. Das LG hat die Verurteilun-gen wegen Betruges nicht rechtsfehlerfrei begründet.

[3] a) Es sieht einen (mittäterschaftlichen) Betrug darin, dass die Angeklagten als für die A. in S. tätige Beratungs-apotheker bei der Versorgung von Krebspatienten durch ermächtigte Krankenhausärzte der Abrechnung von Me-dikamenten zu Klinikpreisen zustimmten. Ebenso hätten die Angeklagten betrügerisch gehandelt, indem sie im Zusammenwirken mit der beliefernden Apotheke bei aus Fertigarzneimitteln zusammengestellten Medikamenten die Abrechnung eines hierfür nicht vorgesehenen Herstel-lerrabatts veranlassten. Beides hat das LG als jeweils selb-ständige Betrugshandlung (Verkaufs- und Rabattschaden) gewertet, welche die Angeklagten jeweils in Mittäter-schaft mit den leistenden und abrechnenden Apothekern begangen hätten.

[4] b) Dies hält rechtlicher Überprüfung schon deshalb nicht stand, weil die Wirtschaftsstrafkammer nicht hinrei-chend konkret dargelegt hat, wie die beiden Angeklagten in das System der Arzneimittelbeschaffung eingebunden waren. Dies war erforderlich, weil sowohl der Bezug auf die Verschreibung der ermächtigten Ärzte als auch deren Abrechnung durch die leistenden Apotheker ohne unmit-telbare Beteiligung der Angeklagten erfolgt ist. Die For-mulierung: „Die Angeklagten wirkten mit“, ist zu flos-kelhaft, um dem Revisionsgericht eine Überprüfung der Verurteilung der Angeklagten als Mittäter zu ermöglichen. Ebenso wenig erlauben die insoweit wenig aussagekräfti-gen Urteilsgründe eine Einordnung des Handelns der An-geklagten als Tun. Es kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass der soziale Handlungsschwerpunkt auf einem Unterlassen liegt, etwa in Form einer – dann nicht ein-mal zwingend gegen eine Garantenpflicht verstoßenden –

Bearbeitet von Rechtsanwalt Jürgen Pauly, Fachanwalt für Strafrecht, Wolfsgangstraße 92, 60322 Frankfurt a. M., Deutschland

Rechtsprechung164 MedR (2014) 32: 164–166

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Nichtbeanstandung namens der A. gegenüber den bei die-ser geltend gemachten Abrechnungen. Schließlich genügen auch die Ausführungen zur Schadenshöhe den rechtlichen Anforderungen nicht, weil sich das LG insoweit allein auf die Ergebnisse der sachverständigen Zeugin K. stützt, ohne konkret den Rechenweg wenigstens in seinen grundlegen-den Zügen mitzuteilen. Die Schadensberechnung war hier kein lediglich einfacher Rechenschritt (vgl. BGH, Urt. v. 12. 5. 2009 – 1 StR 718/08 –, NJW 2009, 2546), bei dem die bloße Ergebnismitteilung ausreichen könnte.

[5] c) Durchgreifenden Bedenken begegnet aber jeden-falls die Feststellung des Vermögensschadens i. S. des § 263 StGB. Im Ansatz zutreffend geht das LG davon aus, dass verschreibungspflichtige Arzneimittel preisgebunden sind. Für diese werden nach § 78 AMG i. V. mit der Arzneimit-telpreisverordnung Preise und Spannen durch Rechtsver-ordnung festgelegt (vgl. zur Entstehungsgeschichte Hof-mann, in: Kügel/Müller/Hofmann [Hrsg.], AMG, 2012, § 78, Rdnrn. 2 ff.). Nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 dieser Verord-nung (AMPreisV) gelten die durch die Verordnung vorge-gebenen Spannen nicht für die Abgabe an Krankenhäuser (vgl. BGH, Beschl. v. 5. 7. 2012 – 5 StR 1/12  –, NStZ 2012, 628).

[6] Das LG beschränkt sich jedoch darauf, die Preise für Fertigarzneimittel aus dem Krankenhaus- und dem Offi-zinbereich (ggf. unter Berücksichtigung zusätzlicher zu-lässiger Rabatte) gegenüberzustellen. Dies begegnet hier durchgreifenden Bedenken. Wie der BGH bereits ent-schieden hat, begründet die täuschungsbedingte Erzie-lung niedrigerer Preise nicht ohne weiteres einen Vermö-gensschaden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die erzielten Preise zumindest kostendeckend sind. Da der Betrug nicht die Vermögensmehrung schützt, sondern nur den Vermö-gensbestand, kommt eine Verurteilung wegen Betruges nur dann in Betracht, wenn die Möglichkeit des Absatzes für das liefernde Unternehmen auch zu dem höheren Preis gesichert erscheint. Nur in diesem Fall läge nämlich ein Vermögensschaden i. S. des § 263 StGB vor (BGH, Beschl. v. 9. 6. 2004 – 5 StR 136/04 –, NJW 2004, 2603; und v. 14. 6. 1991 – 3 StR 155/91 –, NJW 1991, 2573).

[7] Mit dieser Frage setzt sich die Wirtschaftsstraf-kammer hier nicht auseinander, weil sie mögliche ande-re Bezugsquellen nicht berücksichtigt. Es hätte nämlich der Erörterung bedurft, ob sich die Arzneimittel auf dem Generika-Markt oder dem Markt für Parallelimporte dann zu ähnlichen, jedenfalls günstigeren Bedingungen hätten beschaffen lassen. Die Differenz zum Offizinpreis stellt deshalb nicht zwangsläufig den Schaden dar, wenn das Arzneimittel anderweitig hätte günstiger beschafft werden können. Dies gilt im Übrigen auch für die Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln. Insoweit muss geprüft werden, ob ohne den Ansatz des Herstellerrabatts (§ 130 a SGB V) ver-gleichbar günstig Produktalternativen zur Verfügung ge-standen hätten.

[8] Die Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Bundesgerichte (Beschl. v. 22. 8. 2012 – GemS-OBG 1/10 –, BGHZ 194, 354) schließt ein solches verglei-chendes Vorgehen nicht aus. Dort ist zwar ausgeführt, dass die deutschen Vorschriften für den Apothekenabgabepreis auch für verschreibungspflichtige Arzneimittel gelten, die Apotheken mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der EU im Wege des Versandhandels nach Deutschland an Endverbraucher abgeben. In der Entscheidung wird aber auch darauf hingewiesen, dass der (Preis-)Wettbewerb auf der Ebene der pharmazeutischen Unternehmer (§ 4 Abs.  18 AMG) zulässig bleibt. Nur um diesen Beschaf-fungsvorgang von dem pharmazeutischen Unternehmer geht es hier. Daneben gilt, dass der Herstellerrabatt ebenso wenig wie das deutsche Preisrecht nach der Rechtspre-chung des BSG für eingeführte Arzneimittel gelten wür-de (BSGE 101, 161). Jedenfalls bis zur Entscheidung des

Gemeinsamen Senats der obersten Bundesgerichte ist von dieser Rechtsprechung auszugehen (vgl. dazu Hofmann, in: Kügel/Müller/Hofmann [Hrsg.], AMG, 2012, § 78, Rdnrn. 79 ff.).

[9] d) Die Feststellungen zum subjektiven Tatbestand reichen hier ebenfalls nicht aus. Das LG schließt aus dem Gespräch der Angeklagten mit dem Apotheker B. wie auch aus der Höhe der abgerechneten Preise, dass die beiden An-geklagten den Einsatz von Klinikware kannten. Gleichfalls folgert es aus den Bekundungen des Zeugen B. auch ihr Wissen um die unberechtigte Inanspruchnahme des Her-stellerrabatts. Die Wirtschaftsstrafkammer verhält sich je-doch nicht zu der Frage, ob die Angeklagten auch die vor-gelagerte rechtliche Bewertung in ihrer (als Nichtjuristen) jedenfalls partiell laienhaften Sphäre zutreffend gewürdigt haben.

[10] Die Regelung des § 14 Abs. 4 ApoG lässt nicht ohne weiteres den Schluss zu, dass die Belieferung der ermäch-tigten Krankenhausärzte zwingend zu Offizinpreisen zu erfolgen hätte. Ebenso wenig ergibt sich eine solche Rechtsfolge aus § 1 Abs.  3 AMPreisV. Insoweit hat das LG diesen Normbefehl, auf den sich die Betrugsstrafbar-keit bezog, nicht deutlich herausgearbeitet (vgl. BVerfG [Kammer], NJW 2002, 3693). Insbesondere hätte sich das LG mit der Frage befassen müssen, welche Vorstellung die Angeklagten hatten. Der bloße Bezug auf ein Schreiben, in dem diese Auffassung vertreten wird, vermag isoliert keine Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Belieferung mit Krankenhausware [zu] begründen. Auch insoweit kommt es auf den – vom LG nicht näher beleuchteten – Gesamtkontext der Bestellungen an. Hielten die Ange-klagten nämlich eine Versorgung der von ermächtigten Krankenhausärzten in den Räumen des Krankenhauses ambulant behandelten Patienten für rechtlich möglich, dann könnte ihnen gegenüber den beliefernden pharma-zeutischen Unternehmen der Täuschungsvorsatz i. S. des § 263 StGB fehlen.

[11] Zudem arbeitet das LG in diesem Teil der Urteils-gründe mit Verweisungen auf im Selbstleseverfahren ein-geführte Urkunden. Dies ist nicht zulässig (§ 267 Abs.  1 S.  3 StPO – vgl. hierzu BGH, Beschl. v. 26. 2. 2013 – KRB 20/12 –, Rdnr. 41, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt).

[12] 2. Soweit der Angeklagte H. wegen versuchter Er-pressung verurteilt wurde, hat schon der Generalbundesan-walt gemäß § 349 Abs. 4 StPO die Aufhebung beantragt. Er hat zutreffend ausgeführt, dass eine Drohung i. S. der §§ 240, 253 StGB nicht hinreichend belegt ist, zudem die Ausführungen im Urteil zum Vermögensnachteil unzurei-chend sind.

[13] 3. Die Aufhebung der Schuldsprüche zieht auch die umfassende Aufhebung der Feststellungen nach sich, weil die bislang getroffenen Feststellungen lückenhaft sind. Das Verfahren gibt Anlass zu dem Hinweis, dass gegen nicht geständige Angeklagte eine Verständigung nach § 257 c StPO allenfalls in – hier nicht in Betracht kommenden – Ausnahmekonstellationen möglich sein kann (§ 257 c Abs.  2 S.  3 StPO), weil in solchen Fällen eine nicht hinnehmbare Beschränkung der unbedingten Pflicht zur umfassenden Wahrheitsermittlung zu besor-gen sein könnte (vgl. BVerfG, Urt. v. 19. 3. 2013 – 2 BvR 2628/10  –, NJW 2013, 1058, 1068 f.). Im Hinblick auf die Vielzahl der Strafmilderungsgründe und die lange zurückliegenden Tatzeiten wird eine Sachbehandlung nach § 153 StPO, allenfalls nach § 153 a StPO naheliegen. Gänzlich fernliegend erscheint es allerdings, bei den An-geklagten im Verurteilungsfalle erneut den Regelstraf-rahmen des besonders schweren Falles nach § 263 Abs. 3 StGB zugrunde zu legen.

[14] Mit der Urteilsaufhebung erledigt sich die Kosten-beschwerde des He.

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