5
306 303. Bd. 197014 Zum dlechniamua der Liialiohkeitavermittlung von Phenolen E. Ullmann, K. Thoma und 0. Fickel Zum Mechanismus der Loslichkeitsvermittlung von Phenolen durch Polyathylenglykolstearate*) Wertmindernde Wechselwirkungen von Desinfektions- und Konservierungsmittelnmit nichtionogenen Tensiden. III. Tea**) Aus der Pharmazeutisoh-technologischen Abteilung des Institutes fur Pharmazie und Lebensmittelchemie der Universitilt Munchen (Eingegangen am 14. Mai 1969) Fiillungsreaktionen und UV-spektralphotometrische Befunde beweisen, daD die Wechsel- 'wirkungen von Phenolen mit Polyiithylenglykolstearaten auf zwei sich uberlagernde Vor- giinge zuruckzufiihren sind. Primiir tritt eine Bindung zwischen der phenolischen Hydroxyl- gruppe und dem ibhersauerstoff des Polyiithylenglykolanteils uber Wasserstoffbriicken auf, welche zu einer Ausfiillung fuhren kann. Als sekundiirer Vorgang erfolgt die Losunge- vermittlung des durch primiire Komplexbildung lipophilierten Phenolderivates. Die Aus- bildung der Wasserstoffbriickenbindung fuhrt in der Regel zu keiner wesentlichen Beein- triichtigung der antibakteriellen Wirksamkeitl). Fur die starke Wirkungsverminderung ist hingegen der zweite Reaktionsvorgang von entscheidender Bedeut,ung: Mit dem Eintritt des durch Komplexbildung hydrophobierten Phenols in den hydrophoben Kern der Tensid- mizelle wird das Konservierungsmittel weitgehend der wiilrigen Phase entzogen. The Mechanism of Solubilization of Phenols with Polyogyethylene stearates Precipitation reactions and W-spectrophotometric investigations show that the inter- action between phenols and polyoxyethylene stearates results from two overlapping pro- cesses: Primarily, a hydrogen bond will be formed from the ether oxygen of the poly- ethylene glycol and the hydroxyl group of the phenol. Which can lead to precipitation. Secondarily, the lipophilic phenolderivate resulting from the complex formation will be solubilized by the micellar surfactant. While the complex formation causes almost no lose of bacterial activity, the solubilization of the lipophilic phenolderivate results in the withdrawal of the phenol from the water phase and thus in loss of activity. Die bisher durchgefiihrten Untersuchungenl) 2, wurden unter Bedingungen durch- gefuhrt, bei denen die angewandten geringen Phenolmengen (0,0005 yo bis 0,6 yo) in einem UberschuB an grenzfliichenaktiven Polyiithylenglykolstearaten (1 yo bis 5%) solubilisiert waren. Ein EinfluB der hydrophilen Polyathy lenglykolgruppe des Tensidmolekiils Ial3t sich mit den genannten Untersuchungsmethoden nicht nach- weisen. Dieser wird aber deutlich bei einer Veriinderung der Konzentrations- verhaltnisse. Ein Vergleich von Sattigungskonzentrationen der Phenole einerseits im Wasser, andererseits in Losungen der Polyiithylenglykolstearate im Bereich der cg liefert einen Einblick in die Vorgange, die der Loslichkeitsvermittlung von Phenolen durch Polyiithylenglykolstearate vorausgehen. - *) H e m Professor Dr. C. flchench zum 66. Geburtstag gewidmet. **) 2. . Mitt. iiber den EinfluB von Hilfsstoffen bei der Herstellung von Arzneizubereitungen. l) K. Thorn, E. Ullmnn und 0. Fickel, Arch. Pharmaz. 3U3, 289 (1970). 2, K. Thoma, E. Ullrnnn und 0. Pickel, Arch. Pharmaz. 303, 297 (1970). Archiv 303. Band, Heft 4 20

Zum Mechanismus der Löslichkeitsvermittlung von Phenolen durch Polyäthylenglykolstearate Wertmindernde Wechselwirkungen von Desinfektions- und Konservierungsmitteln mit nichtionogenen

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Zum Mechanismus der Löslichkeitsvermittlung von Phenolen durch Polyäthylenglykolstearate Wertmindernde Wechselwirkungen von Desinfektions- und Konservierungsmitteln mit nichtionogenen

306 303. Bd. 197014 Zum dlechniamua der Liialiohkeitavermittlung von Phenolen

E. U l l m a n n , K. T h o m a und 0. F i c k e l

Zum Mechanismus der Loslichkeitsvermittlung von Phenolen durch Polyathylenglykolstearate*)

Wertmindernde Wechselwirkungen von Desinfektions- und Konservierungsmitteln mit nichtionogenen Tensiden. III. Tea**)

Aus der Pharmazeutisoh-technologischen Abteilung des Institutes fur Pharmazie und Lebensmittelchemie der Universitilt Munchen

(Eingegangen am 14. Mai 1969)

Fiillungsreaktionen und UV-spektralphotometrische Befunde beweisen, d a D die Wechsel- 'wirkungen von Phenolen mit Polyiithylenglykolstearaten auf zwei sich uberlagernde Vor- giinge zuruckzufiihren sind. Primiir tritt eine Bindung zwischen der phenolischen Hydroxyl- gruppe und dem ibhersauerstoff des Polyiithylenglykolanteils uber Wasserstoffbriicken auf, welche zu einer Ausfiillung fuhren kann. Als sekundiirer Vorgang erfolgt die Losunge- vermittlung des durch primiire Komplexbildung lipophilierten Phenolderivates. Die Aus- bildung der Wasserstoffbriickenbindung fuhrt in der Regel zu keiner wesentlichen Beein- triichtigung der antibakteriellen Wirksamkeitl). Fur die starke Wirkungsverminderung ist hingegen der zweite Reaktionsvorgang von entscheidender Bedeut,ung: Mit dem Eintritt des durch Komplexbildung hydrophobierten Phenols in den hydrophoben Kern der Tensid-

mizelle wird das Konservierungsmittel weitgehend der wiilrigen Phase entzogen.

The Mechanism of Solubilization of Phenols with Polyogyethylene stearates Precipitation reactions and W-spectrophotometric investigations show that the inter- action between phenols and polyoxyethylene stearates results from two overlapping pro- cesses: Primarily, a hydrogen bond will be formed from the ether oxygen of the poly- ethylene glycol and the hydroxyl group of the phenol. Which can lead to precipitation. Secondarily, the lipophilic phenolderivate resulting from the complex formation will be solubilized by the micellar surfactant. While the complex formation causes almost no lose of bacterial activity, the solubilization of the lipophilic phenolderivate results in the

withdrawal of the phenol from the water phase and thus in loss of activity.

Die bisher durchgefiihrten Untersuchungenl) 2, wurden unter Bedingungen durch- gefuhrt, bei denen die angewandten geringen Phenolmengen (0,0005 yo bis 0,6 yo) in einem UberschuB an grenzfliichenaktiven Polyiithylenglykolstearaten (1 yo bis 5%) solubilisiert waren. Ein EinfluB der hydrophilen Polyathy lenglykolgruppe des Tensidmolekiils Ial3t sich mit den genannten Untersuchungsmethoden nicht nach- weisen. Dieser wird aber deutlich bei einer Veriinderung der Konzentrations- verhaltnisse. Ein Vergleich von Sattigungskonzentrationen der Phenole einerseits im Wasser, andererseits in Losungen der Polyiithylenglykolstearate im Bereich der cg liefert einen Einblick in die Vorgange, die der Loslichkeitsvermittlung von Phenolen durch Polyiithylenglykolstearate vorausgehen. -

*) Hem Professor Dr. C. flchench zum 66. Geburtstag gewidmet. **) 2. . Mitt. iiber den EinfluB von Hilfsstoffen bei der Herstellung von Arzneizubereitungen. l) K. Thorn , E. Ullmnn und 0. Fickel, Arch. Pharmaz. 3U3, 289 (1970). 2, K. Thoma, E. Ullrnnn und 0. Pickel, Arch. Pharmaz. 303, 297 (1970).

Archiv 303. Band, Heft 4 20

Page 2: Zum Mechanismus der Löslichkeitsvermittlung von Phenolen durch Polyäthylenglykolstearate Wertmindernde Wechselwirkungen von Desinfektions- und Konservierungsmitteln mit nichtionogenen

306 U l l m a n n , T h o m a und F i c k e l

YhenoIe

Archiv der Pharmazie

PolyiLthylenglykol-stearate

_. PAC 2200 I PAC 900

LPh/W [mol/ll LPh/T [mol/l] ILPh/W : LPh/Tl LPh/T [mol/l] ILPh/W : LPh/T

1. Fa l lungsreakt ion zwischen Phenolen u n d Polya thylenglykol - a t e a r a t e n

Wie aus Tab. 1 hervorgeht, besitzen Reaktionsprodukte, wolche sich uber eine Protonen-Donator-Akzeptor-Wechselwirkung zwischen Phenolen und dem Poly- athylenglykolanteil der Tenside bilden, geringere Wasserloslichkeit als die Phenole selbst.

Ein solcher Komplex wird ausgefallt, wenn der phenolische Reaktionspartner in ausreichender Konzentration in der waarigen Phase vorliegt :

Phenol ' 0,905 I 0,061 Kresol 0,195 0,021 o-C1-m-Kresol 0,0046 Thymol 1 :::::! 1 0,0024

15 : 1 1 0,087 I 10 : 1 9 : I 0,038 5 : 1

3 : I : l I :::;: 1 2,5: 1 2,5: 1

Page 3: Zum Mechanismus der Löslichkeitsvermittlung von Phenolen durch Polyäthylenglykolstearate Wertmindernde Wechselwirkungen von Desinfektions- und Konservierungsmitteln mit nichtionogenen

Zwn Blechaniemera der LiidichkJkvemittlung VMZ Phenolen 307 303. Bd. 197014

,0.700

0.600

0.500 Abb. 1. EinfluB verschiedener Konzentra-

auf das Absorptionsspektrum von o-C1-m- tionen von Polyiithylenglykol-900-atearat

Kresol (0,066 m Phosphatpuffer; pH 7,6)

Zuaatz von Polyiithylenglyol-900-sbarat 0.300

o.400 f W

o-C1-m-Kresol 3 10-4 m

in%

0.200 0,001

190 - . . - . . - 10,o

.................

- . - . - . - . 0.100

O -

/?$. -

-

-

-

-

-

- ; /'

'.. 2;O 2 i O 210 280 2;O 300

4) H. S. Bean, Pharmac. Acta Helvetiae 35,612 (1960). 8 ) H. 8. Bean qnd H . Berry, J. Pharmacy Pharmacol. 3, 639 (1961). 6, H . S. Bean und 61. Berry, J. Phlrsmaoy Pharmacol. 5, 632 (1963). B, H. Berry und A . Briggs, J. Pharmacy Pharmacol. 8, 1143 (1066). 7) El, Berry, A. dl. Cook und B. A. WiriuS, Pharmacy Pharmacol. 8,426 (1960).

*, 20*

Page 4: Zum Mechanismus der Löslichkeitsvermittlung von Phenolen durch Polyäthylenglykolstearate Wertmindernde Wechselwirkungen von Desinfektions- und Konservierungsmitteln mit nichtionogenen

Archiv der 308 Thoma, Ullnaann und F i c k e l Pharmazie

270 ' 270 274 ' -

276,5 ' 280,5 280,5 4 272 276 276 4

274 278 278 4

spektrum von o-Cl-m-Kresol. Tensidkonzentrationen uber 1 % lassen eine Ver- schiebung der a-Bande von 4 nm erkennen. AuBer der beobachteten Solvatochromie tritt eine Erhohung der Extinktion auf.

In iihnlicher Weise wirkt sich der EinfluD der Polyiithylenglykol-900,2200,4700- stearate auf die in unsere Untersuchungen einbezogenen Phenole aus (Tab. 2). Die drei Tenside verhalten sich bei der spektralphotometrischen Untersuchung der Wechselwirkung praktisch gleichartig.

Tabelle 2 EinfluS von Polyiithylenglykolstearat auf die Lage der Absorptionsmaxime (a-Bande)

verschiedener Phenole in wiiSriger Losung (0,066 m Phosphatpuffer ; pH 7,5)

Absorptionsmaximcl 1 [nm] A f [nm] I - -~

Zumtz von Polyiithylenglykolstearat

4 4 4 4

Phenole

278,Fi , 282,6

Phenol Kresol o-C1-m-Kresol Thymol p-C1-m-Xylenol 282,Fi 4 4

Bei Phenol tritt diese Verschiebung des Absorptionsmaximums erst bei hoherer Tensidkonzentration (10 yo) in Erscheinung.

Polyiithylenglykole verursachen erwartungsgemab keine Veriinderung der Phenol- spektren. Eine Konzentration von 7,5 yo Polyiithylenglykol-1000, welche einer 10- proz. Polyathylenglykol-900-stearatlosung iiquimolar ist, hat keinen bathochromen EinfluB auf die Phenolspektren.

Die positive Solvatochromie, der die W-Spektren aller untersuchten Phenole unterliegen, bestatigt, daD iihnlich wie im Fall des Salicylphenylesterss) den hydro- phoben Bereichen der Hilfsstoffe grobe Bedeutung zukommt. Dieae SchluDfolgepung ist naheliegend, da reines Polyiithylenglykol sowie die Variation der Polyiithylen- glykolanteile der Tenside die Phenolspektren nicht beeinflussen.

Die Verschiebung der Spektren beim Ubergang der Phenolkomplexe in den Kohlenwasserstoffkern der Mizelle wird mit der VergroDerung des Brechungsindex (nWasser < nstearinsiiure) erklart e-ll). Die Gleichheit der spektralen Veranderung aller Phenole unter Einf ld der grenzfliichenaktiven Polyiithylenglykolderivate konnte darauf zuriickzufiihren sein, daB die gebildeten Komplexe, welche lipophiler sind als die Phenole selbst, im inneren, hydrophoben Teil der Mizelle fixiert sind. Das im mikrobiologischen Versuch sowie bei den Untorsuchungen uber das Ver-

8) E. Ullnucnn, K . Thoma und R . Rombach, Pharmazie 22,700 (1967). 9) N. 8. Bayliss und 1. a. McRae, J. physic. Chem. 58,1002 (1964). 10) 61. M . Rosenberg und D. Hale, J. physic. Chem. 69, 2490 (1965). 11) H . A . Staab, Einfuhrung in die theoretische organische Chemie, Weinheim/BergstraBe 1962.

Page 5: Zum Mechanismus der Löslichkeitsvermittlung von Phenolen durch Polyäthylenglykolstearate Wertmindernde Wechselwirkungen von Desinfektions- und Konservierungsmitteln mit nichtionogenen

309 303. Bd. 197014 Zum Mecknismua der LiiaZi&hiitsvermittlung von Phemlen

teilungsverhalten zwischen Tensidmizellen upd Wasser nachgewiesene verschieden- artige Verhalten der Phenole ist darauf mutickzufiihren, daB hierbei das in der waBrigen Phase befindliohe Phenol nach den GesetzmiiBigkeiten der Verteilung er- faBt wird. Durch die Rotverschiebung des Absorptionsmaximums wird der Phenol- anteil, welcher nach der Verteilung im inneren lipophilen Teil der Mizelle fixiert ist, nachgewiesen.

Beobachtungen uber die Einlagerung von Salicylsiiurephenylester in Polyathylen- glykolderivatmizellen8) erglinzen diese Befunde. Auch hierbei ist eine Fixierung im inneren Teil der Mizelle iiber einen Polyathylenglykol-Phenol-Komplex anzuneh- men. Eine Lokalisierung lipophiler Subatanzen in der polaren Palisadenschicht, wie sie RiegeZman und Mitarb.l2) la) fiir Naphthalin folgern, ist unwahrscheinlich.

Beschreibung der Versuche

1. Durchfiihrung von Fiillungsreaktionen zwischen Phenolen und Poly- iithylenglykolstearaten

Die Fiillung von Phenolen in wiihiger Usung wird durch Zugabe wiiDriger Losungen von Polyiithylenglykol-900 bzw. 2200-stearat vorgenommen.

Vorlage von steigenden Mengen (5 bis 20 ml) einer Stammlosung von Phenol (2proz.), Kresol (2proz.), o-C1-m-Kresol (0,tproz.) bzw. Thymol (0,lproz.) in MeDkolben von 100 ml Inhalt; Ergiinzung mit Wasser auf49,5 ml; Zugabe von 0,5 ml der 2proz. Hilfsstofflosungen (Gesamtkonzentration an Tensid 0,02%); Schutteln bei 20 & 0 , 6 O wiihrend 30 Min. (Schuttelmaschine der Fa. Edmund Biihler, Typ Sm 6; 130 Schiittelbewegungen pro Mm.; Amplitude 5 cm); Messung der Triibungswerte (Lccnge-Kolorimeter ,,J"; direkte Anzeige der Absorption unter Ausnutzung der maximalen Empfindlichkeit) 9.

2. Spektralphotometrische Untersuchungen von Phenolen in Anwesenheit

m) von Phenol. Kresol, o-C1-m-Kresol, Thymol und p-C1-m-Xylenol bm. in Lijsungen von Hexachlorophen (4 - 10-6 m) in Phosphatpuffern (0,066 m; pH 7,5) gegen die Pufferliisung. Bei Anwesenheit von Polyiithylenglykolen und Polyiithylenglykolstematen wird die Messung gegen die ge- nannten Hilfwtoffliisungen (Phosphatpuffer 0,066 m pH 7,5) vorgenommen. Spektral- photometer (Typ DK 2A) der Firma Beckman Instruments, Miinchen14).

der Tenside Die Bestimmung der Absorptionsmaxima erfolgt in Lijsungen (3 .

Der Firma At.!a9-&ki8chiclt WEI, Essen, danken wir fiir die freundliche tfberlassung von Untersuchungssubstanzen. - Dem Fonds der Chemischen Industrie sind wir fur die Unterstutzung der Arbeit durch Forschungsbeihilfen zu Dank verpfliohtet.

12) S. Riegelman, J. Amer. pharmac. Aasoo., sai. Edit. 49, 339 (1900). 18) S. Riegelman, N. A . Alkzwala, M. K . Hrenoff und L. A . Strait, J. Colloid. Sci. 13, 208 (1968). 14) 0. Fickel, Dissert. Univ. Miinchen 1968.

Anschriften: Prof. Dr. Elsa Ullmann, 8 MUnchen 2, Sophienstr. 10 Prof. Dr. Karl Thoma, 6 Xrankfurt/M., Botlintstr. 46 [Ph 7441