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XIv. Aus dora Pharmakologischen Institut der Universit~t K~Jnigsberg. Zur Chloroformnachwirkung im Tierversuch. Von Dr. Werner Tesehendorf, Assistent am Institut. 0bwohl naoh der sehnellen Verbreitung~ die. das Chloroform zur N~rkose erfuhr~ sehr bald Todesf'~Ue akuter Art durch dieses An~s- thetikum bekannt wurden~ dauerte es dooh verhRltnism~Big sehr lange~ ehe man bemerkte~ da~ das Chloroform auoh naeh Abklingen der Narkose und anf~nglioh v~Jlliger Erhohng des narkotisierten Patienten soh~dliohe Wirkungen auf den Organismus ausUben, ja sogar weit- gehende deletRre Ver~nderungen hervorrufen k~nne. In Deutschland war es zuerst Casperl), der 1850 einen Fall besehrieb~ bei dem eine Frau 9 Tage naoh einer Untersehenkelamputation mit den Zeiehen einer Gehirnaffektion starb~ obwohl sie sich aus der Narkose zunRchst v~Jllig erholt hatte. Casper glaubte diesen Todesfall auf Reohnung des Chloroforms setzen zu mUssen, obgleioh Sine Komplikation durch Pleuritis exsudativa bestanden hatte. Die ersten sicherer beobaoh- teten FRlle von.v. Langenbeck und Fischer 2) hatten dann zur Folge~ dab eine grofle Anzahl yon Todesf~llen naoh Narkose dem Chloro- form zur Last -gelegt wurden, fur die sieh leicht bessere GrUnde naehweisen lie~en. So geriet die ganze Lehre yon der fiJdlieben Naehwirkung des Chloroforms bald in Mif~kredit und Vergessenheit. Erst 1866 nahm NothnagelS) die Forsehungen fiber Chlor6Torm- naehwirkungen wieder auf und begrUndete als erster seine Erfah- rungen dureh Tierversuehe. Kaninchen, die Chloroform subkutan oder in den ~Iagen erhielten und bald danach starben~ wiesen in den 1) Caspers Woehenschrift 1850~ S. 50. 21 Behrend~ Zur Chloroformkasuistik~ Hannover 1850~ S. 111 bzw. 118. 3) Nothnage!, Die fettige Degeneration tier 0rgane bel ~-ther- und Chloro~ formvergiftung. Berlin. klin. Woehenschr. 1866, Nr. 4.

Zur Chloroformnachwirkung im Tierversuch

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XIv. Aus dora Pharmakologischen Institut der Universit~t K~Jnigsberg.

Zur Chloroformnachwirkung im Tierversuch.

Von

Dr. Werner Tesehendorf, Assistent am Institut.

0bwohl naoh der sehnellen Verbreitung~ die. das Chloroform zur N~rkose erfuhr~ sehr bald Todesf'~Ue akuter Art durch dieses An~s- thetikum bekannt wurden~ dauerte es dooh verhRltnism~Big sehr lange~ ehe man bemerkte~ da~ das Chloroform auoh naeh Abklingen der Narkose und anf~nglioh v~Jlliger Erhohng des narkotisierten Patienten soh~dliohe Wirkungen auf den Organismus ausUben, ja sogar weit- gehende deletRre Ver~nderungen hervorrufen k~nne. In Deutschland war es zuerst Casperl), der 1850 einen Fall besehrieb~ bei dem eine Frau 9 Tage naoh einer Untersehenkelamputation mit den Zeiehen einer Gehirnaffektion starb~ obwohl sie sich aus der Narkose zunRchst v~Jllig erholt hatte. Casper glaubte diesen Todesfall auf Reohnung des Chloroforms setzen zu mUssen, obgleioh Sine Komplikation durch Pleuritis exsudativa bestanden hatte. Die ersten sicherer beobaoh- teten FRlle von.v. L a n g e n b e c k und F i scher 2) hatten dann zur Folge~ dab eine grofle Anzahl yon Todesf~llen naoh Narkose dem Chloro- form zur Last -gelegt wurden, fur die sieh leicht bessere GrUnde naehweisen lie~en. So geriet die ganze Lehre yon der fiJdlieben Naehwirkung des Chloroforms bald in Mif~kredit und Vergessenheit.

Erst 1866 nahm NothnagelS) die Forsehungen fiber Chlor6Torm- naehwirkungen wieder auf und begrUndete als erster seine Erfah- rungen dureh Tierversuehe. Kaninchen, die Chloroform subkutan oder in den ~Iagen erhielten und bald danach starben~ wiesen in den

1) C a s p e r s Woehenschrift 1850~ S. 50. 21 Behrend~ Zur Chloroformkasuistik~ Hannover 1850~ S. 111 bzw. 118. 3) N o t h n a g e ! , Die fettige Degeneration tier 0rgane bel ~-ther- und Chloro~

formvergiftung. Berlin. klin. Woehenschr. 1866, Nr. 4.

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Leberzellen sehr starke Fetttr~pfchenanfiillung, im Herzen sehwaehe feink~rnige TrUbung, in einzelnen lqierenepithelien spArliche stark liehtbreehende TrOpfehen aufi Ein Tier, dem vor der Chloroform- gabe ein Stilekehen Leber exzidiert war~ zeigte im Gegensatz zu dem normalen Befunde an diesen Leberzellen nach dem Ted dureh Chloro- form ausgesproehene fettige Degeneration der Leberzellen, sowie be- senders starke fettige Degeneration der Herzmuskulatur neben nor- malem Befund in den Nierenepithelien. Immerhin seheinen aueh diese auffallenden Befunde wenig beachtet women zu sein, denn in einer 1879 ersehienenen Dissertation yon Gad ing , ,Uber die Ur- saehen und Leiehenerseheinungen des Chloroformtodes~ (Berlin), sind die No thnage l sehen Befnnde nieht erw~hnt und die Ansieht ver- treten, dab Chloroforminhalation in den Organen yon Kaninehen mikroskopiseh keine VerAnderungen maeht, obwohl die Kaninehen ge- nUgend lange Uberlebten, dab solche Ver~nderungen zur Ausbildung hAtten kommen kSnnen.

Erst 1887 erfuhren die Nothnage lschen Befunde einen weiteren Ausbau durch U nga r 1), der 1883 gemeinschaftlich mit seinem S ehUler J u n k e r s 2) in Tierversuehen (Hunde, Kaninehen) den Nachweis ge- liefert hatte, dab dutch Inhalation in den Organismus gelangtes Chloroform sehon in verhaltnismABig kurzer Zeit (2--3 Tage) eine we~t verbreitete fettige Degeneration in der Herzmuskulatur~ der Leber, l~iere und aueh in der quergestreiften K~rpermuskulatur her- vorrufen kann und den Ted des Versuehstieres verursaeht.

In einer NaehprUfung dieser Versuche am Hunde betonte St.raB- m a n n 3), dab naeh seheinbar v~lliger Erholung aus Chloroformnarkosen Fettmetamorphose an Leber und Herz sieh einstelle, diese sich jedoeh bei nicht t~dlieher Dosis vSllig zuraekbilden k~nne. Die Herzaffektion war in vier seiner FAlle am st~rksten und bildete naeh" seiner An- nahme die nnmittelbare Todesursaehe. Gleiehzeitig aehtete er auf den Stoffwechsel und erbliekte in erh~hter EiweiBausseheidung beim Hungertier unter dem EinfluB des Chloroforms den Beweis, dab es sieh hierbei um r erh~hten Zerfall yon stiekstoffhaltiger Sub- stanz, mithin auch um eine fettige Degeneration und nieht um eine Fettinfiltration handeln mUsse. Dies fiihrte dann zur Beaehtung der

1) Ungar, Uber tSdliehe Naehwirkungen der Chloroforminhalationen. Vierteljahressehr. f. gor. Med. und 6ft. San., N. F. 1887, Bd. 47, S, 1.

2) Junkers, Uber fet~ige Entartung infolge von Chloroforminhalationen. Inaug.-Dissert. Bonn 1883.

3) StraBmann, Die t0dliehen Nachwirkungen des Chloroforms. Virchows Archly 1889, Bd. 115, S. 1.

Archiv f. experiment. P~th. u. Ph,~rmakoL B~L. 90." 19

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290 XIV. WERNERTEScHENDORF.

Stickstoffausscheidung, die sich nach S a l k o w s k i 1) und seinem Schiller T a n i g a t i : ) auch schon bei nicht narkotisehen Dosen als vermehrt erwies. Bei Ubertragung der Ergebnisse tier Tierversuehe au~ den Mensehen, glaubte S t r a B m a n n insofern zur Vorsicht mahnen zu mtissen, well er bei Katzen and Kaninehen abweichende Befande erzielt hatte. Deshalb liei~ U n g a r an einer gr~iBeren Reihe yon Tieren (Katzen, Kaninchen, l~Ieersehweinehen, Ratten) yon Stommel~) vergleichende Untersuchungen anstellen, die das Ergebnis iiberein- stimmend auftretender fettiger Degeneration, besonders an Leber and Niere, zeitigten.

In der folgenden Zeit wurde nun systematiseh auf Sehadigungen naeh Chloroformnarkosen untersueht. Es stellte sieh heraus, dab bei einem groBen Prozentsatz der Patienten nach der ~arkose Reiz. erseheinungen yon seiten der Nieren beobachtet werden konnten (Bouehard4) , DoyerS), A l e s s a n d r i 6 ) , W u n d e r l i e h ~ ) , E i s e n - drahtS) , R i n d s k o p f 9) u. a.), die sieh dutch Auftreten yon Eiwei[t und Zylindern, sowie Vermehrung der Leukoeyten im H a m kennr lieh maehten. N a c h o d ~0) stellte bei Kindern bisweilen Azidose naeh Chloroformnarkosen lest. Diese Befunde wurden gestUtzt dureh expe- rimentelle Untersuehungen yon TerrierS1), Patein12), Laborde~3)

1) Salkowski, Zur Kenntnis der Wirkung des Chloroforms. Virehows Archiv 1889, Bd~ 115, S. 339.

2) Tanigut i , Uber den Einflul~ einiger Narkotiea auf den Eiweil3zerfall. Ebenda 1890, Bd. 120, S. 121.

3) Stommel, Zur Lehre yon der fettigen Entartung naeh Chloroform~ einatmungen; Inaug.-Diss. Bonn-1889.

4) Bouchard, Gaz. hebdom. Bd. 7, S. 104 (zitiert naeh Eisendraht , s. unten).

5) Doyer, Over albuminurie na chlorof.- en aether-nare. Dissertation. Amsterdam 1894.

6) Alessandrl , I1. policlinieo 1894, Bd. 13 (zitiert naeh Eisendraht). 7) Wunderl ieh, Klinische Untersuchungen fiber die Wirkung der Ather-

und Chloroformnarkose auf die Nieren. Bruns Beitriige z. klin. Chirurg. 1894, Bd. 11, S. 534.

8) Eisendraht , Uber den Einflul3 yon Ather und Chloroform auf die Niereu. D. Zeitschr. f. klin. Chirurg. 1895, Bd. 40, S. 466.

9) Rindskopf , Klin. Beobachtuugen tiber den Einflul3 der Chloroform- narkose auf die menschlichen Nieren. Deutsche reed. Woehenschr. 1893, Nr. 40.

10) N a cho d, Harnbefunde nach Chloroformuarkosen. Langeubecks Archiv f. klin. Chirurg. 1896, Bd. 51, S. 647.

tl) Terr ier , Bull. de la Soe. de Chir. (zitiert nach Salkowski). 12) Pate in , De ralbuminurie cons~c, aux inhal, de chloroform. Th~se de

Paris 1888, Nr. 294 (nach Wun derlich). 13) Laborde, InjeCt. sous-eoutau~s de chloroforme (zit. llach Rindskopf).

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Zur Chloroformnaehwirkung im Tierversueh. 291

und Th o t h 1) s0wie dureh Kas t und M e st er 2), die neben rascher K~rper- gewiehtsabnahme vermehrte Chlorausscheidung, vermehrte Stiekstoff- ausscheidung, Auftreten reduzierender Substanzen im Harn~ Urobilinurie und einen schwefelhaltigen zystinahnliehen K~rper im Harn naeh- wiesen, weleher naeh B e n e d i c t a) als ein intermediares Stoffweehsel- produkt der normalerweise zur Ausseheidung kommenden Sehwefelver- bindungen zu betraehten ist. Lepmann4), der diese Wirkungen des Chloroforms auf die Nieren und Stoffweehsel best~tigt, hob demgegen- fiber die geringe Wirkung des Athers hervor. Bedeutungsvoller je- doeh waren die Versuohe~ bei denen die- Organver~nderungen genauer histologiseh untersueht wurden und weitere Grundlagen far die Kennt- his der an sieh seltenen Todesl~alle im AnsehlulB an Chloroform- narkosen bildeten. Die genannten Reizerseheinungen an den Nieren waren es jedoeh nieht, die zum letalen Ausgang dieser Falle fiihrten~ wenigstens standen sie nur in den Experimenten O f f e r g e l d s 5) so s tark im Vordergrund, da~ er aus den Nierenveranderungen d e n Tod seiner Versuchstiere erklarte. Naeh der groBen Anzahl der fibrigen Autoren waren regelmaBig die Ver~nderungen am Herzen und an der Leber sowohl im Experiment wie bei den mensehlichen Todesfallen dureh Chloroformnaehwirkung am st~rksten ausgepr~gt, die yon einer Reihe yon Autoren als fettige Degeneration (Ungar und Junkers6)~ StralBmann7), StrommelS), K a s t und Mesterg)~ Bas t ianel l i l0) , Fr~nke111), Schellmann12), Bandler13), S t e i n -

1) Thoth, Versuche fiber subkutane Injektion yon Chloroform. Pester reed. chir. Presse 1887, S. 897 (zitiert nach Rindskopf).

2) Kast und Mester, Uber Stoffwechselst(irungen nach l~nger dauernder Chloroformnarkose. Zeitschr. f. klin. ~Ied. 1891, Bd. 18, S. 409.

3) Benedict, Uber Ausscheidung des Schwefels in pathologischen Zu- st~inden. Ebenda 1899, Bd. 36, S. 281.

4) Lepmann, ExperimenteUe Untersuchungen tiber die Wirkung der Ather- narkose. Mitt. a. d. Grenzgeb. 1899, Bd. 4, S. 1.

5) 0ffergeld, Experimenteller Beitrag zur toxischen Wirkung des Chloro- forms auf die l~ieren. Langenbecks Arch. 1905, Bd, 75, S. 759.

6) bis 9) a. a. O. 10) B astianelli, Sulla morte tardiva per chloroformio. ,Ref. Centrl. f. Chir.

1892, 19. Jahrg, S. 74. 11) Fr~inkel, Uber anatomische Ver~inderungen durch Chloroformnaeh-

wirkung beim i~Ienschen. Virchows Arch. 1892, Bd. 1277 S. 381. -- l)ber Chlo- roformeinwirkung beim Menschen. Ebenda 1892, Bd. 129, S. 254.

12) S chellmann (Gladbach), Beitr~ige zur Frage nach der Einwirkung der Chloroformn~arkose auf die 0rgane des Menschen. Dissertation. Berlin 1893.

13) Bandler, Uber den Einflul] der Chloroform- und Athernarkose auf die Leber. Mitteil. a. d. Grenzgeb. d. ~Ied. u. Chir. ~896, Bd. 1, S. 303.

19"

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292 XIV. WERNER TESOHENDORF.

t h a l l ) , V o r d o r b r U g g e 2 ) , T o l f o r d and F a l c o n e r 3 ) , T e l f o r d 4 ) , BrideS) , Muskens6 ) , H i l d e b r a n d t T ) , Sch~nhoffS) und vielen anderen) besehriebon ist und dureh Ents tehen yon Nekroson in +den L~berzellen 0berg~tnge his zum ausgopr~tgton Bild der akuten gelben Leberatrophie bilden kann ( B a n d l e r g ) i MarthmenlO), S a l o n and Wallis11)~ Cohn12), F ~ r s t e r l a ) , S t i l e s and McDona ld14) , G u l c k e l ~ ) , C a m p b e l l - t I o r s f a l l t 6 ) , W h i p p l e and Sporry17) , H o w l a n d and R i c h a r d s l S ) , F i s s i n g e r t g ) , Rinne20), Ansehti tz21) ,

1) S te in tha l , Corr. d. Wtirt. ~irztl. Landesvereins 1896 (res Zentralbl. f. Chirurgie 1896, S. 707).

2) Vorderbr i igge , Uber seh~idliehe Chloroformnachwirkung. D. Zeitschr. s Chirurg. 1905, Bd. 74, S. 1.

3) Te l fo rd and Fa lconer , Delayed chloroform pois. Lancet 1906, Bd. I, S. 1341.

4) T e 1 for d, Three cases of delayed chloroform pois. Ebenda 1908, Bd. I, S. 623. 5) Bride, A report on two cases of delayed chloroform toxaemia. Ebenda

1908, Bd. 1, S. 625. 6) Muskens, Klinischer und experimenteller Beitrag zur Kenntnis des

Chloroform-Sp~ttodes. Mitteil. a. d. Orenzgeb. d. Med. u. Chir. 1911, Bd. 22, S, 568. 7) Hi ldebrandt , Zur Frage der zentralen L~ppchennekrosen der Leber.

Ebenda 1912, Bd. 24. 8) S c h ~ n h off, Uber interne Chloroformvergiftung. Zieglers Beitr~ge 1914,

Bd. 58, S. 930. 9) a. a. O.

10) Marthen, U bor t~dliche Chloroformnaehwirkung. Berl. kiln. Woch, 1892, S. 204.

11) Salen and Wal l i s , Tv~ fall af s. k. sen kloroformdSd. Hygiea Bd. 61, S. 158. Zent. f. Chir. 1899, S. 923.

12) Cohn, Ein Fall yon protr. Chloroformwirkung+mit t~dliehem Ausgang. D. Zeitschr. f. Chirurg. 1902, Bd. 64, S. 189. +

13) F~rs te r , Zwei F~lle yon parenchymat~ser Degeneration im Anschlu~ an Chloroformnarkosen. Dissertation. Bonn 1902.

14) St i les and McDonald, Delayed chloroform pois. $Ied. press. 1904, 8. Junie.

15) G u 1 c k e, Akute gelbo Leberatrophle im Gefolge der Chloroformnarkose. Arch. s klin. Chir. 1907, Bd. 83, S. 602.

16) Campbel l -Hors fa l l , Acute yellow atrophy of the liver. Lancet 1907 Bd. I, S. 680.

17) Wipple and Sperry , Chloroform poisoning. Liver necrosis and repair. John Hopkins hosp. Bull. 1909, 20, Nr. 222, S. 278.

18) Howland and Richard+s, An experiment, study of the metabolisme and Pathology of delayed Chloroform poisoning in Proceedings of the New-York Pathological sgeiety. John. Howlands, Doz.-Jan. 1908/09.

19) F iss inger , zitiert naeh Beck, s. unten. 20) Rinne, Akuto Loberverfottung nach Resektion eines Loberlappens.

D. meal. Woch. 1910, Nr. 4. 21) Anschfitz, Ebenda. +

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Zur Chloroformnaehwirkung im Tierversueh. 293

St ier l in l ) , R~pke2), Hoffmann3) , Lesehopoul04)) . Klinisch be- stehen in solchen Fallen die erwahnten 2qierenerscheinungen~ die zu Dysurie his Anurie fUhren kSnnen (0ttowS)). Anatomisch sind an den Nieren besonders die Zellen der Tubuli eontorti fettig degene- riert (Bast ianel l i6) , F S r s t e r 7), AuburtinS)~ Muskensg)). Ferner ist haufig Ikterus zu beobachten ( B a s t i a n e l l i l 0 ) , Bandler~l) , v. d. BrUgge12), Auburtin~8)~ Luther '4) , OttowlS); L e s e h o - pou lo ~e) und andere), d e r sehr bald moist noeh wahrend des Sta- diums des Wohlbefindens der 'Kranken auftritt und den Anfang der mehr und mehr umgreifenden Intoxikation darstellt. Als Zeiehen einer sich entwiekelnden akuten gelben Leberatrophie ist im Ham Leuzin und Tyrbsin naehzuweisen.

Einige andere Autoren haben degenerative Prozesse, we~igstens soweit die Leber in Frage kommt, nicht beobaehtet und konnten nur Fettinfiltration an diesem Organ nachweisen. So beschreibt Os te r - t ag ~7) zwar fettige Degeneration des Herzens und der Nieren, an der Leber.aber nut Fettinfiltration in der Peripherie d~r Aeini. Er ist sogar der Ansieht, da~ die quergestreifte K~rpermuskulatur eher degeneriere als die Leberzellen. He in tz ~s) fand l~ekrosen stets in erster Linie an den lqieren. Sco t t , C a r m i c h a e l und B e a t t i e ~ ) tanden nur Fetfleber ohne weitere Veranderungen.

1) Stierlin, Uber SpRtwirkung der Chloroformnarkose. Mitteil. a. d. Grenzgeb. d. ]~Ied. u. Chir. 1911, Bd. 23, S. 408.

2) R~pke, Zentr. f. Chir. 1914, Bd. 41, S. 291. Daselbst auch Tillmann. 3) Hoffmann, Ebenda. 4) Leschopoulo, Uber prim~irenund sekund~irenNarkosetod, Dissertation.

~IUnehen 1918. 5) Ottow, Zur klinisehen Symptomatologie des protrahierten Chloroform-

todes. Petersb. reed. Zeitschr. 1912, Jahrg. 37, Nr. 17; Res Jahr. lib. d. Leist~ u. Fortsehr. in d. ges. Med. Jahrg. 47, Bd. 2, S. 258.

6) und 7) a. a. 0. 8) Auburtin, Los effets tardifs du chlorof. Th~se de Paris 1906 (z~tiert

nach Muskens). 9) bis 13) a. a. O.

14) Luther, Uber Chloroformnachwirkungen. Miineh. med.Wochenschr. 1893, Nr. 1, 8.7.

15) und 16) a. a. O. 17) Ostertag, Die t~dlichen Nachwirkungen des Chloroforms. Virehows

Arch. 1889, Bd. 118, S. 250. 18) H e i nt z, Der protrahierte Chloroformtod. Dissertation. Freiburg-Rotter-

dam 1896. 19) Scott, Carmiehael and Beattie, Delayed chloroform poisoning.

Lancet 1905, Bd. II, S. 437.

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294 XIV. WER~NER TESCHEI~DORF.

l~ach allem ist es wahrscheinlieh, da~ die fettige Infiltration der Leber ein Anfangsstadium der Leberveriinderungen darstellt. So haben T h i e m and F i s c h e r 1) fettige Infiltrationen and fettige De- generation nebeneinander beobaehtet and Boek 2) gelang es, die ver- schiedenen Stadien an demselben Versuehstier dureh geeignete Chlo- roformdosierung bei mehreren in bestimmten Zeitabstiinden verge- nommenen Probeexzisionen aus der Leber zu erhalten. Zuerst sammelten sieh in der Peripherie der Leberliippehen gr~iBere FetC- triipfehen an, so dab diese Zellen ganz damit angeftillt warden. Erst spi~ter findet man feinste Fetttriipfehen in dem Zentrum der Leber- liippehen~ die sich dann mehr und mehr mit Fett fUllen and erst spih'lich, dann immer ausgebreiteter zu degenerieren beginnen, wiih- rend die peripheren Zellen noch intakt bleiben. In diesem Stadium sieht man bereits starke Regenerationserscheinungen in Gestalt yon zahlreichen Mitosen und h~iufigen mehrkernigen Leberzellen, ein

Zeichen, dal~ der Organismus bemUht ist, den Verhst dutch degene- 'rierte Zellen dutch neuen Aufbau wieder auszugleiehen.. Sehreitet die Vergiftung weiter fort, so breiten sieh die Degenerationsersehei- nungen mehr und mehr bis in die Peripherie aus. Unter Auftreten yon l%krosen vermindert sieh das noch fanktionierende Lebergewebe stiindig, die Leber kann ihre Aufgabe nicht mehr erftillen and ihr Ausfall summiert sieh mit den Erseheinungen der Dysfunktion der anderen fettig degenerierten Organe, bis der Organismus zugrunde geht.

Einige Aatoren erblieken die Todesursaehe ihrer Versuchstiere in den degenerativen Ver~inderungen des ]tiyokards. Sehon Strain- mann 3) neigte zu dieser Ansieht and He in tz 4) glaubt trotz starker I~ierenveriinderungen den Tod seiner Kaninehen nieht aaf den urii- misohen Symptomkomplex zurUekftihren zu mUssen, sondern erbliekt die Ursaehe in den Veriinderungen der Iterzmusknlatur. Aueh Fr~inkel 5) miBt in den yon ihm besehriebenen Fi~llen die Todes- ursaehe in erster Linie der fettigen Degeneration des l~Iyokards bei. Ebenso sah Ambros iu s 6) im Ansehlu• an eine Chloroformnarkose Tod dutch fettige Degeneration der Herzmuskulatur eintreten.

1) Thiem und Fischer , ~ber t~dliche Nachwirkung des Chloroforms. Deutsche medizin. Zeitung 1889, S. 1111.

2) Boek, Expel~mentelle Untersuchungen tiber die Folgen tier langandau- ernden Chloroformnarkose. Dissertation. Bern 1910.

3) bis 5) a. a. O. 6) Ambrosius, Ein Fall yon spilt eingetretenem Tod nach Chloroform-

inhalationen nel)st Bemerkungen zur Fragmentatio myoeardii. Virchows~-rch. 18957 Bd. 138, Suppl. S. 193.

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Zur Chloroformnachwirkung im Tierversuch. 295

Diejenigen Autoren~ die die giftige ~aehwirkung des Cloroforms im Tierversueh naehprUften~ schildern ziemlieh tibereinstimmend, dab die Versuchstiere nach einer kurzen Periode des Wohlbefindens nnter: Erscheinungen, wie mangeinder Frel~hst und zunehmender Mattlgkeit, allm~thlich zugrnnde gingen.

Veranlassnng" zu folgender Untersuchung gaben Beobaehtungen yon FUhneV)~ dab weiI~e Mituse im AnschluB an verhaltnism~Biff kurze Chloroformnarkosen leicht eingehen, w~hrend sic vergleiehend an~estellte Narkosen durch Ather und die Petroleumkohlenwasser- stoffe Pentan, Hexan, Iteptan and Oktan yon mehrstiindlieher Dauer ohne nachherige Erkrankung ertragen. Es war festzustellen~ unter welchen Bedingungen solehe Chloroformnachwirkung regelm~Big experimentell erhal~en werden kann~ wie sieh der Krankheitsverlauf der Versuehstiere im einzelnen ffestaltet~ welche pathologiseh-anato- misehen Veritnderungen die Krankheitserscheinungen hegleiten und schlieBlich zum Tode ftihren. Dazu gehSrte eine Methode, d ie die Mcnge und Konzentration des einwirkenden Narkotikums zu be- rechnen gestattet~ eine Frag% auf die in den frtiher genannten Ver- suchen Uberhaupt wenig geachtet ist. :Nut wenige Autoren, die das ~arkotikum subkutan oder in den Magen des Versuehstieres gaben, ocler wie Lattes2), der intraveniise ~arkose naeh B u r k h a r d t an- wandte, ermiiglichen aus ihren Versuchen RUeksehltisse auf das Quan- tum des ~arkotikums, welches tSdliehen Ausganff infolge seiner gif- tigen Naehwirkung herbeifUhrt. Meist war man in den Tierversuchen bestrebt, eine mSgliehst groBe Chloroformmenge dem Versnchstier beizubringen, um miiglichst sicher pathologiseh-anatomische Ver~nde- rungen zeigen zu kiinnen. Dieses Quantum, welches t(idlichen Krank- heitsverlauf nach sieh zieht, naoh unten zu begrenzen, ist meines Wissens bisher nieht nigher versucht worden, zumal bei Inhalations, narkosen die Menge des zur Einwirkung kommenden An~isthetikums schwer zu dosieren ist. Es galt also~ nachdem sich M~nse Schon in den Versuchen yon FUhner3) als recht empfindliche Versuehstiere bew~hrt hattcn, eine Methode zu wahlen, bei der man das Chloro- form nur in einmaliger Dosis auf dem Inhalationswege gibt, die Dosierungsverhliltnisse genau kennt und mit Sicherheit tSdliche :Nach- wirkung herbeizufUhren imstande ist. Far diese Zwecke konnte :die

1) Fiihner, Die narkotische Wirkung des Ben~.ins und seiner Bestandteile (Pentan, ttexan, tIeptan, Oktan). Bioch. Zeitschr. 1921, Bd. 115, S. 235.

2) Lattes, U~ber don Einflu~, den das im Blur zirkulierende Fett aaf die Gift~wirkunff des Chloroforms ausiibt. Mtinch. reed. Woch. 1910, I~r. 40, S. 2084.

3) a. a. O,

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296 XIV. WERI~ER TESCHENDORF.

sehr einfache Versuchsanordnung, wie sic bei F u h n e r 1) beschrieben worden ist, beibehalten werden. Diese Versuchsanordnung besteht in einer Flasche, die einen abgediehteten luftgefiillten Raum yon 11 1 Inhalt umfaBt, auf dessen Boden sieh das Versuehstier befindet. Im oberen Teil der Flasehe wird ein Urseh~lehen oder Papierteller eingebracht, in welchem eine beliebige Menge lqarkotikum mittels eines eingebauten Gebl~ses verdampft werden kann. Bei dleser An- ordnung ist erstens das Luftvolumen, zweitens die Narkotikummenge, drittens die Konzentration, welehe eingeatmet wird, bekannt und man hat den Vorzug jeder Inhalationsnarkose, die Einwirkung des Nar- kotikums beliebig lang auszudehnen bzw. nStigenfalls zu unterbrechen.

Wie F i ihner 1) festgestellt hat, gehen M~use sehon w~hrend oder kurz naeh einer Narkose ein, die man dutch Verdampfen yon 0,3 ccm Chloroform in der Flasehe hervorruft, wenn die Tiere 30 Minuten oder l~nger in einer solehen VerdUnnung belassen werden. "Ver- dampft man nun 0,2 ecru ChloroformS), so tritt, wie wit sehen werden, die l~arkose selten vor 1/2 Stunde ein. Man kann die Tiere dann 11/2J2 Stunden in einem solchen Gasgemiseh belassen, ohne da~ sie im Anschlul~ an die Narkose eingehen. Erst im Laufe yon 2 bis 4 Tagen treten gewisse Naehwirkungen auf, die den Tod der Tiere herbeifUhren. Wird der Aufenthalt in der Flasehe abgekUrzt, so iiberleben die M~use langer. HierfUr soll zun~ehst ein Beispiel angefUhrt werden.

Versueh 1.

Weige Maus, 1~r. 35, 18 g Gewicht, kommt am 3. XII. 1920 bei Zimmertemperatur yon 20 ~ in die Flasehe und erh~tlt

4 h 23' p.m. 0,2 ecru Chloroform (Kahlbaum) auf einem im oberen Flasehentr angebrachten Papierteller, auf dem es sofort mittels des Ge- blStses verdampft wird.

4 h 40'. Maus erregt. 4 ~ 50'. Lauft dauernd umher, Atmung nicht zu zahlen. 5 h 04'. Etwas ruhiger. Atmung 160. 5h13 '. Tier taumelt( ertr~gt aber noah nieht Seitenlage. 5 n 30'. Seitenlage. Kein~ Reflexe auf ~ul]ere Eindrileke. At-

mung 146. 5 n 32'. Tier wird aus der Flasehe genommen. Die Sensibilitgt ~st

stark abgeschw~ieht, jedoeh nieht vSlllg erlosehen. Auf die Seite geleg~, bleibt die Maus liegen. Aufgeriehtet, versueht' sie langsam fortzukriechen. Hintere Extremit~t wlrd naehgesehleppt.

1) a. a. O. 2) Das zu den Versuehen verwandte Chloroform war gr~13tenteils yon Kahl-

baum bezogen. Als reinstes verfiigbares Chloroformpr~parat kam daneben Chloro- form Anschiitz zur Anwendung.

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Zur Chloroformnachwirkung im Tierversuch. 297

6 ~ 20'. :Maus ist sehlafr|g. Seiteulage wird nicht mehr beibehalten. Reflexo auf Druck und 8chall stark abgeschw~eht. Hintere Extrem~tat unbeweglieh.

7 h 05'. Gleieher Zustand. 4. XII. 9 h 30' a.m. Maus hat niehts gefressen, sitzt schlafr~g da.

Bewegt sieh zwar auf Reize, ist abet unsicher und zieht die hintere Ex- tremit~t langsam naeh. Reflexe abgesehw~icht. Atmung etwas angestrengt. Frequenz 164. in der Minute.

5 h 15' p.m. Ein wenig lebhaf~er, beginnt zu fressen. 5. XII. Maus hat wenig gefressen~ ist recht benommen. Reflexe kr~f-

tiger als verher. Atmung ist kurz und stoBweise. 6. XII. Das Tier ist sehlafrig, etwas benommen, keine reehte FreB-

lust. Hintere Extremitat unsieher. Lauft auf Relze fort, bewegt sich aber spontan sehr wenig. Atmung erscheint angestrengt. Schleimh~ute sehen blab aus.

7. XII. Ohne wesentliehe Ver~nderung. 8. XII. FriBt wenig, ist aber munterer, Reflexe in Ordnung. 10. XII. Tier ist etwas munterer, friBt auch etwas meln.. 11. XII. Tier kann sieh anselieinend nieht erholen, Zustand scheint

sich zu versehleehtern. 12. XII. Gegen Abend gestorben. Sektion am 13. XII. Peritoneum sieht etwas f ettig gl~nzend aus.

Leber tief dunkelrot, l~ieren sind makroskopisch nieht ver~indert. Lunge fief dunkelrot. Blutungen.

Das T ie r h a t t e a lso n u t w e n i g e Minuten I~arkose gehabt und war der Menge yon 0~2 ecru Chloroform nur 70 Minuten aus- gesetzt. Trotzdem erholte es sieh nur sehwer, um naeh einer kurzen Frist, in weleher sein Zustand sieh zu bessern schien, am 9. Tage nach kurzer Versehlimmerung zugrunde zu gehen.

DaB die l~ngere Dauer des Aufenthaltes in dem Chloroform' dampf wesentlich den Verlauf der Naehwirkungserseheinungen be- einfluBt, davon sollen folgende Versuehe als Beispiele dienen. Da histologiseh l) nur frisohe Organe untersucht werden sollten, wurden die Tiere zum Teil getStet, wenn sie sich naeh den klinischen Er- scheinungen kurz ante exitum befanden.

Versuch 2.

10. XIL 1920. Graue Maus, Nr. 37, Zimmertemperatur 191/2 ~ &~ 15' p.m. 0~2 ecru Chloroform (Kahlbaum) in der Flasche. &h 35'. Tier erregt. 4 ~ 45'. Noeh erregt. Bewegungen taumelnd. Reflexe abgeschw~icht.

1) Die histologisehen Untersuehungen wurden mit freundlleher Erlaubnis yon Herrn Prof. KaiserHng im hiesigen Pathologisehen Institut vorgenommen, die Be~nde dureh Herrn Dr. Chr'isteller liebenswiirdigerweise kontro|liert.

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298 XlV. WE~Ea TESCHENDORF,

4 h 58'. Seitenlage. Auf Klopfen leiehte Reflexe. Atmung 1641 un- regelm~fiig und angestrengt.

5 h 35'. Atmung 146, ziemlieh regelm~Big, aber kurz. Keine Reflexe. 6 h 00'. Atmung 118. Ruhige tiefe Narkose. 6 h 15'. Atmung 120. Tier wir~t aus der Flasehe ffenommen. 6 ~ 28'. 8eitenlage. Exh'emitfiten zueken, best~ndig. Auf Druek

leiehte Reflexe. Atmung 140. 6 h 36'. Maus versueht sich vergeblich aufzuriehten, t Sehwanzspitze

auf Druek sehon reeht empfindlich. Atmung 164~ an~estrengt und un- regelma$ig.

7 ~ 00'. Beglnnt, wenn aueh unsicher und taumelnd~ zu kriechen. 11. XII. Maus benommen, reagiert gut auf Reflexe. 13. XIE Tier ist in der Naeht gestorben. Sektion: Leber hellgelb, blal~, mit roten Ptinktehen iibersat. Lapp-

ehenzeichnung tritt stark hervor. Nieren blaB. Lunge einige kleine Blutungen.

Der Befund sehien so ausgepragt, dab der Fall , obwohl sehon einige Stunden nach dem Tode des Tieres vergangen waren, genauer histologiseh untersucht wurde.

Es fand sieh an der Leber: Vollstandige Verfettung tier Leberzellen, besonders in .den zentralen Absehnitten unter Kernverlust. Zwisehen den gesehadigten Leberzetlen um die Kapillaren Rundzellenanhaufungen. Niere: Starke Verfettung der gewundenen Harnkanalehen, besonders 1. Ordnung, wahrscheinlieh degenerativ: aber Kerne iiberall erhalten. Keine Zell- infiltrate.

Das Tier, welches 2 Stunden dem D a m p f yon 0,2 eem Chloro- form ausgesetzt und 4abel etwa 5/4 Stunden in Narkose gewesen war, konn t e sich iiberhaupt nicht recht erholen und ging in 2 Tagen an. ausgebreiteter fettiger Leberdegeneration und starker Nierenver- fettung zugrunde.

Versuoh 3.

13. XII. 1920. Maus, Nr. 39, 17 g Gewicht~ Zimmertemperatur 20,5~ 4 ~ 37'. 0,2 cem Chlol:oform (Kahlbaum) in der Flasche. 4 h 52'. Maus erregt. 5 h 06'. Mans wird sehl~frig. Bewegungen unsieher. 5 h 13'. Seitenlage wird noeh nieht ertragen. Reflexe abgesehw~eht. 5 h 31'. Atmung 120. Noeh nicht Seitenlage. 5 h 40'. Seitenlage. Reflexe fast erlosehen. Atmung 144. 5 h 58'. Atmung 134. Tier ist reflexlos. 6 ~ 08'. Maus wird aus der Flasehe genommen. Ist nicht voll--

standig reflexlos auf Druek 7 bleibt abet ruhig auf der Seite liegen. At- mung 100.

6h:18 '. Seitenlage, Reflexe nur schwach. Atmung 112. 6 h 30'. Atmung 108.

Page 12: Zur Chloroformnachwirkung im Tierversuch

Zur ChLoroformnaehwirkung im Tierversuch. 299

6~40 '. Maus richtet sich auf~ r noeh stark: Atmung an- gestrengt.

14. XII. Maus sitzt sehliifrig da, maeht einen benommenen Eindruek~ fr~l~t nieht. Atmung angestrengt, Reflexe vorhanden.

15. XII. Periodisehes Atmen, sehr angestrengt~ Tier ist benommen, bewegt sieh wenig and zieht die hintere Extremiti~t sehleppend naeh. Naehmittags: Hat bisher niehts gefressen, kann sich aus Seitenlage kaum aufrichten, falIt urn. Wird am 5 h 30' dureh Dekapitation getStet.

Sektion: Leber blaB, gelb, durehweg mit riifliehen Piinktehen fiber- sat. Nieren blalL Lungen hell.

Mikroskopiseh. Leber: Verfettung s~tmflieher Leberzellen~ in allen" L~ppehenabsehnitte. Zellgrenzen versehwommen, fiberall gut erhaltene Zellkerne. TrSpfchengrSBe weehselnd. Aueh eisenhaltiges Pigment (Ber- liner Blau-Reaktion) in einzelnen Kupfersehen Sternzellen, aber nieht in den Leberzellen.

~iel'en: Ausgedehnte Fettinfiltration, kleintr6pfig in den gewundenen Kanitlehea 1. Ordnung und in den Itenlesehen Schleifen. Um die Ge- faBe Lymphoidzollen-Anhiiufungen. Glomeruli intakt.

Herz: Keine Zellvermehrung. Querstreifung gut erhalten. Keine Fetttr(ipfehen.

E in Tier , das in d e r s e l b e n Chloroformmenge wie das vorige in 11/2 Stur~den 28 Minuten narkotisiert war, wurde 2 Tage SPitter gettitet. Es land sieh eine ganz auBerordentlieh starke fetfige De- generation der Leber und Fettinfiltrati0n der Niere. (Betreffs der Lymphoidzellenanhi~ufungen vgl. Kontrollen am Sehlusse der Arbeit.)

.

4 h 38'. 4 ~ 45'. 4: t~ 53'. 5 h 03'. 5 h 15'.

losehen. 5 h. 5 ~ 6 n

sibilitat 6 h

Versueh ~.

I. 1921. Maus, b~r. 40~ 19 g Gewicht, Zimmertemperatur 21 ~ 0,2 ecru Chloroform (Kahlbaum) in der Flasehe. Maus erregt. Tier taumelt, Atmung etwas unregelmat~ig. Atmung 130. Bewegungen unsieher. Reflexe abgesehwiieht. Atmung 175~ unregelmi~llig. Sei tenlage. Reflexe fast er-

36'. Atmung 96. Tier ist reflexlos. 48'. Atmung 90. 10'. Atmung 86. Tier wird aus tier Flasehe genommen. eflosehen. 30'. Noeh Seitenlage. Auf Druek sehwaehe Reflexe.

Sen-

6 h 40'. Maus sitzt aufreeht, taumelt noeh stark, ist benommen..At- mung 170.

6. I. Tier sieht noeh sehliifrig aus. Hinterhand wird etwas naeh- gezogen, die Sensibilitat ist intakt. Keine grebe Frel]lust~ Atmung ist angestrengt~ 180.

7. I. Atmung 140. Maus maeht einen benommenen Eindrnck, ist sehlafrig und bewegt sieh auf Reizung nur wenig, die Atmung wird naeh

Page 13: Zur Chloroformnachwirkung im Tierversuch

300 X~V. W:~RNER TESCHEI~DORF.

den Bewegungen sehr ersehwert. Reflexe sind etwas abgesehw~eht. Hin- terhand zeigt L~hmungserseheinungen: Keine Frel~lust.

8. I. L~hmung der hinteren Extremit~t starker ausgepr~gt. At- mung 86.

9. I. Tier bewegt sieh mtihsam~ flaehe oberfl~ehliehe Atmung. Tier zittert bei Beriihrung stark.

Wird dureh Dekapitieren getStet. Sektlon: Lungen zeigen eine gr~l~ere Blutung, ,die den grSBten Teil

eines Lappens umfaBt. Leber sieht normal aus. Nieren blab und etwas triibe.

Mikroskopisch. Leber: Nur ganz geringe Fettinfiltration in der N~he de1" L~ppehengrenzen. Zellen intakt. Einige Kerne riesenhaft vergr~l]ert.

Nieren: I~ur gerlnge Fettinfiltration in wenlgen gewundenen Harn- kan~lehem Keine u an den GiomeruU. In einzelnen Harn- kan~lchen blasse hyaline Massen. Keine Zellinfiltrate.

Herz: Fettige Degeneration der Herzmuskulatur, typiseh~ klolntrSpfig~ herdweise.

Gehirn: Keine pathologisehen Erseheinungen. Lunge: Im makroskopisehen gesundeu Tell aueh mikroskopisch keine

Ver~nderungen, im genannten Lappen Blutaustritte in die Alveolen.

Ein k r ~ f t i g e s Tier , das ll/2 Stunden im Gasgemisch yon 0,2 ccm Chloroform etwa 2/3 dieser Zeit in Narkose war, erholte sich nieht, zeigte zunehmende Krankheitserseheinungen~ u. a. L~hmung der hinteren Extremit~t und Wirkung auf die Atmung. Naeh 4 Tagen gctStet fand sieh typisehe fettige Degeneration des Herzens.

Versueh 5.

8. II. 1921. Maus i l~r. 44~ 19 g Gewich~ Zimmertemperatur 19% Erh~lt naehmittags:

5 h 02 ~ 0~2 eem Chloralehloroform (Schering)~ welches uns zwecks pharmakologischer Priifung veto hiesigen~ st~dtischen Krankenhans zugc- sandt war und sieh ehemiseh als rein erwies in der Flasche.

5 h 25 r. Atmung 82~ Reflexe abgesehw~eht. 5 h 38 ~. Seitenlage. Reflexe noch nieht vollst~ndig erlosehen. 5 h 45'. Atmung 128. 6 h 10'. Atmung 194, 6h20 r. Atmung 104~ Tier ist reflexlos. 6 h 30'.~ Aus der Flasche genommen. Tier ist reflexlos, ruhige

Seitenlage. 9. II. Malls ist noeh stark benommen, sehlafrig~ bewegt sieh anf Reizc

wenig. FriBt nicht, Atmung etwa 200~ unregelmal~ig. 10. II. Atmung 100~ das Tier maeht einen sehr kranken Eindruck,

Sensibilitat abgeschwacht. Hinterhand weist starke Lahmungserseheinungen auf. Ohren blaB. Keine Fre~hst. :Naehmittags Cyanose.

11. II. Maus hat sich in der l~acht in einem kleinen Trinkgef~l~ ertrankt.

Page 14: Zur Chloroformnachwirkung im Tierversuch

Zur Chloroformnaehwirkuag im Tierversueh. 301

Sekfion den 11. II. vormittags. Lungen: Stark diffus gerStet, l~ur an den Randern der Lappen

blasser. Leher: Gelblich~ mit steeknadelkopfgrol~en Piinktehen abersat. Lapp-

ehenzeiehnung tritt stark hervor. Nieren: BlaB. Mikroskopiseh: Herzmuskulatur ohne krankhaften Befund. Leber: Sehwere degenerative Verfettung mit vakuolarer Zerst6rung

des Protoplasmas~ fast in samtliehen LeberzeUen. Nieren: Herdf~rmige fettige Degeneration der gewundenen Harnkanal-

chen~ aneh interstitielle Fettablagerungen. Glomeruli intakt. Milz: Zeigt niehts Auffalliges. Lungen: Starke Hyperamie. Keine Blutaustritte.

Ein g l e i eh k r a f t i g e s T ie r wie im vorigen Versuch, das anter gleiehen Bedingungen in fast gleieher Zeit Narkose erhielt und im AnsehluB unter gleiehen Erseheinungen, Mattigkeit, Lahmungsersehei: nungen an der hinteren Extremit~t, verlangsamter Atmung und Cyanose erkrankte, wies bei der Sektion 3 Tage sparer sehwere degenerative Verfettung und vakuol~re ZerstSrung des Protoplasmas der Leber- zellen auf. Aueh degenerative Verfettung der gewundenen Harn- kanalehen.

Versuch 6.

8. II. 1921. Maus, Nr. 457 17 g Gewicht~ Zimmertemperatur 19~ erh~lt:

5 h 03' p. m. 0~2 ecru Chloroform (Anschiitz) in der Flasehe. 5 ~ 23'. Atmuug 130. Tier taumelt stark 7 ertragt noeh nicht Seiten-

lage. Reflexe sind stark abgesehwaeht. 5 ~ 45'. Ruhige Seitenlage. Atmung 134. 6 h 10'. Atmung 86. 6 ~ 23". Atmung 90. Tier ist reflexlos. 6 h 30'. Tier wird aus der Flasehe genommen. Ist reflexlos. 9. II. Maus sehlafrig. Auf Reizung bewegt das Tier sich. At-

mung 1907 keine Frel~lust. 10. II. Atmuug 180. Tier sitzt mit gesehlossenen Augen ruhig da.

Bewegt Sieh aber auf Reizung reeht lebhaft. Deutliehe L~hmungserschei- nungen an der hintere~i Extremit~t sind nieht zu beobaehten. Fre~lust gering.

11. lI. Leichte7 aber deutliehe L~hmung der Hinterhand. Tier ist reoht sehlafrig, keine reehte Fre~lust.

Wird zweeks anatomiseher Untersuchung dureh Dekapitation get~tet. Sektion: Lungen hell 7 keine Blutungen erkennbar. Leber gelblieh7 mit zahlreiehen steeknadelkopfgroBen roten Piinkt-

eheu iibersat. Lappchenzeiehnung stark hervortretend. Nieren blaB~ aueh bier anseheinend auf der Oberfl~ehe blasse Piinkt-

then zu erkennen~ die sieh yon der Umgebung leieht abheben. Peritoneum sieht fettig gl~nzend aus.

Page 15: Zur Chloroformnachwirkung im Tierversuch

302 XIY. WERNER TESCHENDORF.

Mikroskopisch: Periphere ausgedehnte Verfettung der Leberzellen. Infiltrate yon lymphoiden Rundzellen um die Gef~l~e.

l~ieren: Triibe Sehwellung einzelner Kan~lchen, aber keine Verfettung. Lungen: Ohne krankhaften Befand: Milz: Ebenfalls nieht ver~ndert. Gehirn: Verfettung der Endothelien einiger Gehirnkapillaren.

Ein Tier, welches 11/2 S t u n d e n im Dampf yon 0,2 ccm Chloro- form verblieb und davon 3/4 Stunden Seitenlage ertrug, konnte sich yon der Narkose night mehr erholen und wies L~hmungsersehei- nungen an der Hinterhand auf. Die Krankheitserschcinungen waren night so ausgepr~gt wie bei den vorigen Tieren. Am 4. Tag ge- tSteL fand sich hauptsaehlich Fettinfiltration der Leber.

Die angefUhrten Versuehe zeigen zun~chst, dab Chloroform ~n einer Dosis yon 0,2 ecru, deren Dampf sieh in der ~Narkoseflasehe, nach F U h n e r auf etwa 11 1 Luft verteilt, mithin nur in einer Ver- dUnnung yon etwa 0,51 Vol.O/o zur Einwirkung kommen, erst naeh verhaltnism~l~ig langer Zeit Narkose herbeizufUhren imstande ist. Weil~e M~use ertragen in dieser Verdt~nnung erst naeh 40--50 Mi- nuten Seitenlage, bei manchen setzte die Narkose etwas frtiher~ bei anderen etwas spater ein, was auf individueller Disposition beruhen mag, da Altar, Ern~hrungszustand und Gewieht hierfUr keinen An- halt botch. Auf den nachfolgenden Zustand der Tiere ist das Chloro- form in einer solehen Verdt~nnung abet sehon sehr wirksam. LaSt man n~mlieh die Tiero noch 20--50 Minuten nach Eintritt der Nar- kose waiter in der ~Narkoseflasche,,, ~ so treten regelmMfig Erschei- nungen auf, die naeh Ablauf yon 2--4 Tagen den Ted herbeifiihren. Ehe wir uns abet der Besprechung der Nachwirkung n~her zu- wenden, soil noeh tiber die Dosierung nach Chloroformmenge and Inhalationszeit einiges gesagt warden. Bei h0heren Chloroformkon- zentrationen muB man die Zeit, in weleher das Tier sieh in der Flasehe befindet, sehr abkUrzen, und kommt bei 0,3 ecru Chloroform sehon in Gefahr, primaren Narkose~od bei Mausen herbeizufiihrenl}. So muBte eine Konzentration, bei welcher 0,2 cam in der Narkose- flasehe verdamp~ wurden, als geeigneter als eine h0here Konzen- tration angesehen warden. Die Zeit~ in weIeher die M~use dam Chloroformdampf ausgesetzt waren~ bei dieser Chloroformmenge her- abzusetzen, war nieht angangig, da dann bei etwas widerstands- fi~higeren Tieren eine regelreehte Narkose unter Umst~nden kaum eingetreten ware,. Aus diesem Umstand und aus der Beobaehtung,

1) Fiihner, a. a. O.

Page 16: Zur Chloroformnachwirkung im Tierversuch

Zur Chloroformnachwirkung im Tierversuch. 303

dab individuelle Sehwankungen bis zum lqarkoseeintritt in Erschei- hung traten~ war vielleieht schon zu folgern, dab die genannte Dosis aber aueh bereits an der unteren Grenze derjenigen Ch!oroformmenge liegt, die Uberhaupt noch tSdliche ~ergiftungserseheinun~'en naeh sich zieht. Um diese Frage zu klttren und die Beobachtung zu bekr~f- tigen~ dab man mit 0,2 cem Chloroform eben gerade regelm~tBige Nachwirkung erzielen kann, wenn man die Tiere 11/2~2 Stunden dieser VerdUnnung auf 11 1 Luft aussetzt, scion einige Versuche an- geftihrt, bei denen die Chloroformmenge kleiner gew~hlt wurdc. Bei diesen Versuchen, bei denen die Tiere bereits teilweise am Leben blieben, zeigte es sieh, dab man bei geringerer Konzentration M~nse weit lttnger in dcr Iqarkoseflasche belassen mul]te, wenn man Iqar- kose erhalten und Nachwirkungen beobachten wollte.

Versueh 7.

1. III. 1920. l~Iaus~ Nr. 15, 20 g Gewieht, Zimmertemperatur 17 ~ 9 h 50' a.m. 0,1 ecru Chloroform (Kahtbaum) in der Flasehe, in

weleher sieh das Tier befindet, verdampft. 10 ~ 25'. Die Maus ist etwas ben'ommen, die Reflexo sind abge-

sehwtteht. Atmung 160. 11 ~ 40'. Die Bewegungen werden unsicher, leichte Erregnng, die

Maus lauft dauernd umher. Anf Klopfen nur schwaehe Reflexe. At- mung 170.

12 ~ 03'. Tier etwas erregt~ Bewegungen tanmelnd. Atmung 180. 12 h 15 r. Maus ertrttgt knrze Zeit Seitenlag% versueht sieh aber

immer wieder aufzuriehten~ ist etwas sehlafrig. Reflexe sind noeh wahr- zunehmen.

1 ~ 25 ~. Tier ist wieder erregt und versuoht an don Wttnden der Flasehe hochzuspringen. Atmung etwa 160, ziemlieh regelm~tl~ig.

1 h 50'. Maus wird aus der Flaseho genommen. 8ensibilitttt abge- sehwtteht~ Maus ist sonst aber munter~ keine L~hmung.

2. III. Das Tier ist nicht reeht taunter, sitzt stumpfsinnig da, blasses Aussehen, keine FreBlust. Auf Reize nur unsiehere Bewogungen. H in t e r - hand wird naehgezogen. Atmung 88.

3. III. Tier wird tot aufgefunden.

Ein Tier, welches 5 Stunden in einer Dampfkonzentration yon 0,1 ecru Chloroform keine richtige Narkose erhielt, erkrankte unter anderem mit L~hmungserseheinungen an der Hinterhand und stark verlangsamter Atmung und ging am dritten Tage ein.

Versueh 8.

2. III. 1920. Maus, Nr. 17, 13 g Gewleht~ Zimmertemperatnr 18 ~ 10 h 06' a. m: 0,15 ecru Chloroform (Kahlbaum 1 in der Flasche. 10 ~ 11 '. Maus etwas :erregt.

Page 17: Zur Chloroformnachwirkung im Tierversuch

30~ XIVo~'ER~ER TESCHE~DORF.

10 ~ 37'. Tier ist ruhig, Atmung 180. 11 h 25'. Maus ertragt fiir kurze Zeit Seitenlage. Refiexe sind stark

abgeschwiteht. Atmung 160. 12 h 40'. Durch Klopfen sind keine Reflexe auszulSsen. Die Maus

liegt auf der Seite, versueht aber yon Zeit zu Zeit sich aufzuriehten. At- mung ruhig und regelmal~ig, Fr~quenz 160.

I h 43'. Ruhigo Seitenlage, Atmung 140. 2 h 45'. Atmung' 100. 3 h 05'. Maus wird aus der Flasche genommen. 8ensibiliti~t voll-

stiindig erlosehen. Maus bleibt ruhig auf der Seit6 liegen. 3. HI. Tier schlitfrig, L i i h m u n g s e r s e h e i n u n g e n an dot hinteren

Extremit~tt~ welehe bei Bewegungen eigenttimlieh breit gesetzt und naeh- gezogen wird. Aussehen blalL Atmuug angostrengt. Keino Frei]lust.

4. III. Fortsohreitende Li~hmung, die Maus kann sieh nut mit groBer Anstrengung weiterbewogen. Sensibilit!it abgesehwaeht.- Atmung 30.

5. III. Tier 'wird tot aufgefunden.

Ein Tier, das 5 Stunden in der Narkosefiasehe war und etwa 21/2 Stunden l~arkose dutch Dampf yon 0~15 cem Chloroform 'erhalten hatte, erkrankte mit fortschreitender spastischer Li~hmung und ver- endete am dritten Tage.

Versueh 9. 3. III. 1921. Maus, Nr. 19~ 20 g Gewieht~ Zimmertemperatur 19 ~

kommt in die Fiasehe und erhalt 10 h 15' 0~1 ecru Chloroform (Ansehiitz) auf Uhrglas in der Flasche. 10 h 35 ~. Maus erregt. 11 h 00'. Erregung voriiber~ Reflexe abgeschwi~r Atmung 200. 12 h 00'. Maus ist sehlafrig. Bewegungen taumelnd. Seitenlage wird

nieht ertragen. 12 h 43'. Tier sehlaft~ bewegt sieh aufReizung. Augen geaehlossen. 2 h 00'. Tier ist lebhafter, Bewegungen sind noeh unsieher, vielleicht

leiehte Erregung. Atmung 164. 2 h 40'. Atmung 168. 2 ~ 50 r. Tier wird aus der Fiasehe genommen. Lauft gleieh taunter

umher. Sensibillti~t ist abgesohw~tcht. 4. IIL l~aus friBt nieht, zeigt ziemlieh starke L i i h m u n g s e r s e h e i -

n u n g e n , kann sleh aus der Seitenlage aufriehton, bewegt sieh abet nur miihsam welter fort. Sensibilit•t abgesehwi~eht. Atmung 84 pro Minute.

5. HI. wird das Tier tot aufgefunden.

Ein Tier~ das dem Dampfvon 0,1 ecru Chloroform iiber 31/2 Stunden ausgesetzt war, erhielt keine l~arkose~ zeigte am ni~chsten Tage Lah- mungserseheinungen, stark verlangsamte Atmung und starb in der niiehsten Naeht.

Versueh 10. 8 . III. 1920. Maus~ Nr. 237 13 g Gewieht, Zimmertemperatur 18 ~

erhalt 10 ~ 32' ,0,15 eem Chloroform (Ansehlitz) in der Flasohe.

Page 18: Zur Chloroformnachwirkung im Tierversuch

Zur Chloroformnachwirkung im Tierversuch. 305

10 ~ 45'. Tier erregt. 11 h 20'. Maus f/tilt auf die Seit% Reflexe sind abgeschw/ioht. At-

mung 190. 12 h 50'. Atmung 118. 1 h 15'. Atmung 82. Tier ist reflexlQs, ganz ruhige Seitenlage. 2 h 00'. Atmung 60, angestrengt und unregelmiiflig: Tier wird ans

der FIasche genommen~ ist danach ganz reflexlos, bleib$ ruhig auf der Seite liegen.

9. III. Maus ist benommen. Hinterhand zeigt eine ausgesproehene 7 spastisehe Liihmung. Atmung 164. Keine Frel~lust.

10. III. Tier noeh immer nicht erholt~ sieht schliifi'ig und blal~ aus~ Aemung 106. Keine reehte Frel~lust.

13. III. Ylaus nieht reeht taunter. Hinterhand wird beim Umher- laufen naehgesehleift. Reflexe sind abgeschwiieht.

15. III. Mans frii~t weniger als an den vorhergehenden Tagen, sitzt sehlafrig da, die L~thmung sehreitet welter fort. Harnblase seheint ge- I/~hmt zu sein. Blasses Aussehen. Atmung ruhig, 118.

16. HI. Tier wird tot aufgefunden.

Ein jtingeres Tier als das vorige~ welches dem Dampf yon 0~15 ecru Chloroform-31/2 Stunden a~sgesetzt war und davon etwa 2~/2 Stunden Narkose gehabt hatte, erkrankte wie das vorige~ ging aber erst naeh einer ganzcn Woehe ein.

Versueh 11. 4. III. 1920. Maus, lqr. 20, 18 g Gewieht, Zimmertemperatur 20~

erh/flt 9 ~ 57' 0,1 ecru Chloroform (Ansehlitz) in der Flasehe. 10 ~ 30'. Tier ist erregt. lh 35'. Bewegungen sehwankend, Reflexe abgesehw~eht. Atmung 180. 3 h 00'. Maus wird~ ohne riehtige l~arkose erhalten zu haben~ aus

der Flasehe genommen. L~uft taunter umber, keine L~hmungsersohei- nungen. Sensibilit~it nur wenig abgesohw~eht.

5. III. Maus ist ziemlieh munter~ keine sehr grebe Frefllust. Reflexe normal. Atmung 170.

6. III. Maus wieder ganz erholt. Bleibt aueh weiterhin gesund.

Ein weiteres Tier, das dem Dampf yon 0,1 ecru Chloroform 5 Stunden ausgesetzt war~ ze ig te bei weitem nicht so sehwere Krankheitserseheinungen wie das vorige, besonders keine L~thmungen. Es erholte sieh innerhalb 3 Tagen v~llig.

Versueh 12. 8. III. 1920. Maus, Nr. 22, 13 g Gewieht, Zimmertemperatur 18~

erh~ilt 10 ~ 16' 0,15 ecru Chloroform (pro Narkose aus Apotheke) auf Uhr-

g~as in der Flasehe. l0 b 30'. Tier erregt, Bewegungen unsieher.

Arehiv f. experiment, Path. u. Pharmakol. Bd. 90. 20

Page 19: Zur Chloroformnachwirkung im Tierversuch

306 XIV. WERI~ER TESCHENDORFo

11 ~ 00'. Seitenlage, Reflexe abgeschwacht. 11 ~ 30'. Maus liegt ganz ruhig auf der 8eite. AufKlopfen zucken

nur die Ohren. Atmung 190. 1 ~ 18'. Maus ist ganz reflexlos. Ruhige Seitenlage. Atmung 150.

-2 h 03' . Atmung 130. .Tier wird aus der FIasehe genommen. Ist ganz reflexlos, behalf ruhige Seitenlage bet.

3 h 00'. Maus hat sich aufgerichtet, ist aber n0eh sehr benommen. 9. IH. l~alls noch etwas benommen. Leiehte Paresen der Hinter-

hand. Blasscs Aussehen. Keine grol]e FreBlust. 13. III. Maus noeh nieht vollst~ndig erholt. Hinterhand wird beim

Umherlaufen etwas nachgezogen. Aussehen blaB. 18. III. Weniger taunter als an den vorhergehenden Tagen. 1%eh

Paresen an der Hinterhand. Blasses Aussehen. Keine reehte Fre~lust. Atmung 192.

22. III. Tier ist wieder lebhaffer. GrS~ere Fre~lust , sieht besser aus. L~uft auf Reize taunter umber, keine L~hmungsersoheinungen mehr zu beobaehten.

23. III. Maus ist ganz taunter und bleibt gesund.

Bet 4stUndigem Verweilen im Dampf yon 0,15 ccm Chloroform erhielt ein Tier zwar L~hmungserseheinungen, blieb aber am Leben.

Y e r s u c h 13.

15. IIL 1920. Maus, Nr. 2&~ 22 g Gewicht~ Zimmertemperatur 16 ~ erh~lt

11 h 25 ~ 0,1 ecru Chloroform (aus der Apotheke bezogen/ auf Uhrglas in der Flasche.

11 ~ 40'. Maus etwas errcgt. 12 h 50 r. . Tier schl~frig, taumelt, f~llt auf die Self% richter sieh aber

wieder auf und l~uft herum. Reflexe abgesehw~cht. 2 ~ 00'. Tier schl~frig~ auf Klopfcn keine Reflexe. Seitenlage wird

nieht ertragen, Bewegungen sehr unsieher. 3 h 00 r. Maus liegt auf <ter Seite. Atmung 156. 3 h 15' . Tier wird aus der Flasche genommen. Sensibilit~t ist nicht

vollstandig erloschen, Maus versueht sieh aufzuriehten. Naeh kurzer Zeit gelingt es ihr~ sieh aufrecht zu erhalten.

3 h 40' . Tier sitzt aufreeht, ist sehlafrig, bewegt sieh auf Reize nut wenig. Atmung 178.

16. HI. Tier ist benommen, hat abet gefressen und l~uft auf Reize umber. Hinterhand zeigt deufliehe, wenn aueh leiehte Paresen.

19. III. Maus hat sieh vollst~ndig erholt, keinerlei L~hmungserscheN nungen.

28. III. Maus bleibt gesund.

V e r s u e h i4. 15. HI. 1920. Ma~s 7 Nr. 25, 20 g Gewicht, Zimmertemperatm'i8~5~

erhilt 11 h 2 6 ' 0~1 eem Chloroform (aus tier Apotheke bezogen) auf Uhrglas

in der Flasehe.

Page 20: Zur Chloroformnachwirkung im Tierversuch

Zur Ch!oroformnachwirkung im Tierversuch. 307

12 ~ 00'. Maus erregt. 1 h 50'. Seitenlage. Reflexe noeh nieht vollstandig erloschen. Auf

Klopfen versueht das Tier sich aufzurichten, fallt aber immer wieder in die Seitenlage zurtlck. Atmung 134.

3 h 00'. 3 h 20'.

auf der Seite 3 r 30'.

auf, ist aber 3 ~ 50'.

unbeweglieh. 16. III.

Ganz ruhige Seitenlage. Reflexlos. Atmung 98. Tier wird aus der Flaseho genommen. Tier bleibt rahig liegen~ Sensibilit~t erlosehen. Atmung 76. Auf sensible Reize zuckt das Tier zusammen~ richter sieh noeh sehr nnsieher. Tier erholt sieh langsam. Reflexe lu'aftiger. Hinterhand

Tier s~hlafrig, hat wenig gefressen, l~uft nur auf Reize umher. Hinterhand wird ganz breit gesetzt und naehgezogen.

17. III. Tier ist ziemlieh taunter, L~hmungserseheinungen zurtiek.

19. III. Tier hat sieh vollst~ndig erholt und ist sehr lebhaft. 28. III. Maus bloibt gesund.

gehen

Versueh 15.

29. III. 1920. Maus, Nr. 29, 10 g Gewieht, Zimmertemperatur 18~ erh~lt

10 h 47' 0~15 ecru Chloroform (aus der Apotheke bezogen) auf Uhr- glas in der Flasehe.

11 ~ 15'. Maus ist sehl~frig, taumelt, h~lt sich aber aufrecht. Re- flexe abgesehw~eht. Atmung 150.

11~.29 '. Malls fallt auf die Seite~ kann sich mit vieler Mtihe auf- richten.

11 h 45'. Ruhige Seitenlage. Dureh Klopfen nur leichtes Zueken tier Ohren auszUl5sen. Atmung 150, ruhig und regelma~ig.

12 h 10'. Tier ist vollstandig reflexlos. Atmung 90. 12 ~ 38'. Atmung wird sehr oberflachlieh~ 38. 12 ~ 40'. Tier wird aus der Flasehe genommen. Vollst~i~ldig reflexlos. 12 h 44'. Noch ganz ruhige Seitenlage. Atmunff 56. Keine Reflexe. 12 ~ 50'. l~oeh derselbe Zustand. 2 n 00'. Atmung 62. Tier reflexlos. 3 n 30'. Atmung 50, Zustand unverandert. 30. III. Maus noeh nieht reeht erholt~ keine gro~e Frel~lust~ leiehte

Benommenheit. Hinterhand paretiseh. Atmung 164. 31. III. Die Maus ist wieder ziemlieh taunter, vielleicht noeh leichte

Paresen an der Hinterhand. 5. IV. Maus hat sieh vollstandig erholt und bleibt gesund:

Yersuoh 13 und 14 zeigen, dab tmch sehr kr~ftige Mause (22 bzw. 20 g) durch Dampf yon 0,1 ccm Chloroform INarkose erhalten k~nnen, danach wohl erkranken, jedoch die u liberwinden. In Versueh 15 erhielt eine Maus yon nur 10 g Gewieht 2 Stunden den Dampf yon 0,15 ecru Chloroform in der ~Narkoseflasche% hatte

20*

Page 21: Zur Chloroformnachwirkung im Tierversuch

308 X~V. WERNER TESCHENDORF.

fast 1 Stunde lang ruhige lqarkose, aus der sic sieh zun~ehst sehr laagsam erholte. Die Vergiftungserseheinungen danaeh waren nieht sehr stark und alas Tier kam mit dem Leben davon.

Die Versuche haben also ergeben, dab man beim Verdampfen yon weniger als "0,2 ecru Chloroform in der ~Narkoseflasche~ hei Miiusen nieht mehr mit Sieherheit den Tod an naehfolgenden Ver- giftungserseheinungen hewirken kann, hei der tii~lfte dieser Menge aueh schon nicht mehr in allen Fi~llen eine regelrechte Narkose herbeizuftihren imstande ist. Es ist auffi~llig, dab dabei d ie naeh- folgende Vergiftung trotzdem so sehwer sein kann, dab sie zum Tode fiihrt, andererseits bei Tieren, die durch die gleiche Dosis in l~ar- kose kamen, die naehfolgenden Vergiftungserseheinungen nieht ti/d- lich verliefen~ also ein Parallelismus zwisehen Narkosedauer oder ~tiefe und Vergiftungsgrad nicht nachzuweisen ist. So Uberlebte in Versueh 12 ein Tier yon 13 g, also bei dem guten Ern~hrungs- zustand, in welehem sieh s~tmtliehe Versuehstiere befanden, noeh ein', jtingeres Tier, welches bei einer Dampfmenge yon 0,15 ecru Chloro- form tiber 3 Stunden in Seitenlaffe in der Flasehe gehalten wurde und dem Chloroformdampf im ganzen 33/4 Stunden ausgesetzt ge- wesen war. Das Uberleben yon Maus Nr. 29 in Versueh 15, welche nut 10 g wog und bei der die Narkose bis zu starker Asphyxie ge- trieben war, ist darauf zuriiekzuftihren, dab der Aufenthalt in dieser Chloroformverdtinnung nur 2 Stunden gedauert hatte. Andererseits handelte es sieh offenbar um ein reeht junges Tier und es bestehen Beobaehtungen an jungen Hunden (Graham1)), dab jUngere Tiere den Folgen einer Chloroformnarkose leichter entrinnen als altere. Diese Angabe wird yon anderer Seite allerdings bestritten (Whipple und Sperry2)) , es ist aber wohl sehwierig auf dem Wege gewtihn- lieher Inhalationsnarkosen Aufsehlull hiertiber zn erhalten, da man bei der Tropfmethode nieht genauer dosieren kann. Ein anderes jtingeres Tier yon 13 g Gewieht, welches dem Dampf v0n 0,15 ecru Chloroform 31/2 Stunden ausgesetzt war und in dieser Zeit etwa 21/2 Stunden Narkose gehabt hatte, ging erst am 8. Tage naeh der Chloroformeinwirkung zugrunde.

Betreffs der Gri~l~e der Dosis far die Maus ist jedenfalls aus diesen Beobaehtungen zu folgern, dab es sieh bei einer Verdtinnung yon 0,2 ecru Chloroform in der Narkoseflasehe um eine verhaltnis-

1) Graham, The.resist. of pup s to late chloroform pois. in its relation of liver glycogen. II. of expel'. Yled. 1915, Bd. 21, Hft. 2, S. 185.

2) a. a. O.

Page 22: Zur Chloroformnachwirkung im Tierversuch

Zur Chloroformnachwirkung im Tierversuch. 309

m~tl~ig kleine narkotisehe Dose handelt, die eben gerade imstande ist, regelm~tl]ig den Tod der M~tuse dureh Naehwirkung dieses Nar- kotikums herbeizufiihren.

Im klinisehen Verhalten der Versuehstiere machten sieh nach der Einatmung einer solehen ChloroformverdUnnung vor allem mal~- gelnde Frel]lust~ zunehmende Mattigkeit, Teilnahmslosigkeit fur ihre Umgebung und Benommenheit starker als bei den Tieren mit klei- nerer Dosis bemerkbar, Erseheinungen, die mit den Beobachtungen der angefiihrten kutoren gut Ubereinstimmen. Auffallender jedoeh waren aueh hier die L~thmungserseheinungen~ die mehr oder weniger ausgepr~tgt an zllen diesen Versuehstiereu gesehen wurden. Diese L~thmungen wareu spastiseher Natur, traten zuerst an der hinteren Extremit~tt auf~ entweder sofort im Ansehlul~ an die lqarkose, oder meist erst am 2.--3. Tag. Der Typus war anscheinend ein aufstei- gender, da sub finem aueh die vordere Extremitat steif war und das Atemzentrum zum Schlul~ in Mitleidensehaft gezogen zu sein sehien, was sieh an verlangsamter~ zunehmend angestrengter und unregel- m~tl~iger Atmung dartat. Es stellte sieh somit d ie Frage auf~ wo- dareh diese L~thanungserseheinungen bedingt worden sind.

Pathologiseh-anatomiseh fanden sieh naeh der Chloroformeinwir- kung bei den M~tusen sehr starke Ver~tnderungen, besonders an der Leber und an den Nieren. Es bestanden ausgesproehene Ver- fettungen dieser Organe: neben starker Fettinfiltration m'eist erheb- liehe fettige Degeneration oder Zust~tnde, die den Beginn dieses letzten Stadiums erkennen liel]en. Es seheint nach den in der Lite- ratur besehriebenen Versuehen sieh mit der fettigen Degeneration so zu verhalten, dab dieser Zustand um so ausgepr~gter war, je sehwerer die Intoxikation war, der das Tier ausgesetzt wurde. Wir mtissen also auch auf Grund der vorliegenden Versuehe annehmen,, dab Uber- gangsstadien yon der fettigen Infiltration zur fettigen Degeneration vorkommen. Diese Annahme steht im Einklang mit tier modernen pathologisch-anatomischen Auffassung, w~hrend frUher fettige Infil- tration yon fettiger Degeneration in dem Sinne untersehieden wurde~ dab bei der ersten das Fett yon aul]en her in die Zellen aufge- nommen werde, bei der fettigen Degeneration das Fett dutch Zer- fall des Zelleiweil]es entstehe ~vgl. Asehoff , Pathol. Anatomie Bd. I,

3 . Aufl., Kap. yon Gierke, StSrungen des Stoffweehsels, S. 392). Wenn wir bedenkeu~ dal] es bei den Untersuehungen nieht in tier Absieht lag m~gliehst starke Chloroformvergiftung zu erzielen, sondern dal] wir mit e iner mt}gliehst kleinem Chloroformkonzentration die t~d- lichen Nachwirkungen hervorrufen wollten, um den Folgezustand'der

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310 XIV. WERNER T~SO~DORF.

Narkose klinisch bequem demonstrieren zu k~nnen, und dab geringere Dosen nieht mehr mit Sieherheit den Tod der Versuehstiers herbei- fuhren konnten, darf es nieht wundern, dab bei einzelnen Tieren die Organver~nderungen nieht immer Bilder yon extrsmen Stadien zeigten, wie sie in der Literatur so vielfaeh besshrieben worflen sind, insbe- sondere keine nekrotisierende Prozesse nachzuweisen waren. Es kam eben die individuelle Disposition der Versuehstiere bei der ge- wEhlten Versuchsanordnung mehr zur Geltung, als wenn mit h~heren Dosen gsarbeitet worden w~re. Der Grund, warum die Vergiftung bei l~snseh und Tier starker oder sehw~eherausf~llt, ist sehon mehr- faeh Gegenstand yon Untersuehungen gewesen. ZunEehst haben Mos iman und W,hipple 1) gezeigt~ dab man in der Tierreihe weiter abw~rts gehen kann ohne die Giftwirkung des Chloroforms in Ge- stalt yon Organverfettungen zu vermissen. Sis konnten an Sehild' kr~ten sehwaehe fettige Degeneration der Leberzellen naeh Chloro- forminhalation nashweisen~ ohne allerdings die Vergiftung bis zum Eintritt yon Lebernekrossn treiben zu k~nnen. In Versuehen an Hunden suehte dann G r a h a m 2) den l~aehweis zu fiihren, dab ftir die Verfettung der Leber, ihr Glykogengehalt eine groBe Rolle spielte. Verftitterte er an Hunde Glykogen, so konnte er die Chloroformver- giftung aufhalten. Wurde das Glykogen aus der Leber entfernt, z.B. dureh Erzeugung eines Phloridzindiabetes~ so sah er im An- sehlu~] an Chloroformnarkosen schnell Nekrosen in der Leber auf- trstsn. Die Frage des Einflusses yon Kohlehydraten in der Nahrung auf den Verlauf der Chloroformvergiftung ist yon Opie und Alford~) experimentell in gleichem Sinne beantwortet und M u s k e n s 4) emp- fishlt auch flit den Mensehen kohlehydratreiehe Di~t vor Narkosen. M~use seheinen gegent~ber der Chloroformnachwirkung reeht empfind- lish zu sein, da sie trotz reiehlieher Kohlehydratzufuhr (das Futter unserer Versuehstiers bestand ~vorwiegend in Hafer, daneben Brot, ~D~rrgemUse Und nut zum Teil in Zugaben yon K~serinden) die fettigen VerEnderungen bei verh~ltnism~Big kleinen Chloroformmengen auf~viesen. Andere Autoren machten den Fettgehalt des Bhtes ftir die Giftwirkung des Chloroforms verantwortlieh. So wies Lat tesSl

1) Mosiman and Whipple, Chloroform pois. Resist. of pigeon, frog and terrapin ~o late ehlorof, pois. Bull of the John Hopkins hosp. 1912, Bd. 23, S. 323 (Ref. Zentr. f. Bioeh. u. Biophys. Bd. 14, Nr. 2][27, S. 1412/131.

2) a. a. 0 . 31 0pie and Afford, The intl. of diet on hepatic neeros. I1. Amer. Med.

Ass. 1914, Bd. 62, Hft. 12, S, 63, 2 und T1. of exp. Med. 1915, Bd. 21, S. 9. 4) und 5) a. a. 0.

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Zur Chloroformnaehwirkung im Tierversuch. 311

nach, dab bei Erhiihung des Fettgehaltes des Blutes eine Verminde- rung der zur Narkose notwendigen Chloroformmenge, jedoeh eine Steigerung der Giftwirkung des Chloroforms auftritt und erkltirt diesen Umstand dadureh, dab das Fettgowebe des KSrpers um so weniger Chloroform aufnehme, wenn ein UbersehuB yon Fett im Blur vorhanden w~tre, das Chloroform also in gri~Berer Menge an das Zentralnervensystem und die Organe, an denen seine Giftigkeit in Erseheinung trete, herangelange. Muskens t) stellt sieh den Vor- gang in den Leberzellen so vet, dab sic bestrebt in der Erftillung ihrer Aufgabe, das Blur yon Giften zu befreien, sieh mit dem Chlo- roform der Blutki~rperehen beladen und auf dies e Weise selbst zu- grundo gehen. In unseren Tierversuehen war die Beobaehtung Ztl maehen, dab die Organveriiuderungen zugleieh mit einem erhiihten Zerfall yon roten Blutkiirperehen einhergehen, was aus der Eisen- ablagerung in den Kupfersehen Sternzellen zu folgern ist, wie sie in Versuch 3 besehrieben ist und in einer groBen Mehrzahl der Fiille naehgewiesen werden konnte, Iqach G r a h a m 2) sind die genanoten Organveriinderungen nieht fUr das Chloroform allein eharakteristiseh, sondern sie sind als Grappenreaktion far siimtliehe ehlorhaltigen Derivate des Methans zu betraehten. In einer gri~Beren Reihe yon Versuehen, deren Aufziihlung bier zu weir ftihren wUrde, konnte ich reich davon Uberzeugen, dab die beiden dem Chloroform am n~tehsten stehenden Chlorprodukte des Methans, das Methylenehlorid und der Teiraehlorkohlenstoff, in isomolekularen Konzentrationen an die Gif- tigkeii des Chloroforms nieht heranreiehen. MiSuse Uberlebten noeh ffie 11/~stUndige Einwirkung der Dampfmenge yon 0,35 eem Tetra- ehlorkohlenstoff ohne t(idliehe hlaehwirkungserscheinungen. 50 Minuten lan~er Aufenthalt im Dampf yon 0,5 eem Tetraehlorkohlenstoff erzeugte ahnliehe Naehwirkungen wie Chloroform, die racist zum Tode fUhrten und sieh in sehr starken Verfettungen besonders an der Leber KuBerten. Das Methylenehlorid braehte keine hlaehwirkungserseheinungen her- vet. Tiere, die nieht so grebe Mengen erhielten, dab sie sofort im AnsehluB an die Narkoso starben~ gingen such spitterhin nieht~ein. Zwecks histologiseher Untersuehung naeh Methylenehloridnarkosen ge- tiitete Tiere lieBen wesentliehe Organver~inderungen vermissen. Fiir das Zustandekommen der Chloroformnaehwirkung nimmt Gutthr iea)

1) a. a. O. 2) Graham, Late pois. with ehlorof, and other alhyl hyalides in relat-

ionship to the halogen acids formed by their chemical dissoz. II of exper. Meal. 1915, Bd. 22, Hft. 1, S. 48--76.

3) Gutthrie, zitiert nach v. Brunn, Die Allgemeinnarkose. Stuttgart 1913 boi Ecke. (Neue D. Chir. Bd. 5.) (Daselbst siehe Literatur.)

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312 XIV. WERNER TESCHENDORF.

eine Fetts~ureintoxikation an. Nebenbei sei e~wahnt, dab De lbe t , H e r r e n s e h m i d t und B e a u v y l) Verfettung auch an den Neben- nieren sahen und die Intoxikation auf den Mangel an Adrenalin im Organismus bezogen. H a m b u r g e r glaubt, dal~ die gestei- gerte Umsetzung yon Eiweit~ nach Chloroform Folge gesteigerter SehilddrUsentlitigkeit sei, da der vermehrte Eiweil]zerfall bei sehild- drUsenlosen Tieren ausblieb. Die Ansieht Cruddens~), dab ne- phrektomiert 0 Tiere besonders leieht naeh Chloroformnarkosen fet- tige Degeneration des Herzens erhalten, dtirfte hiichstens in dem Sinne zu verwerten sein, dab das Herz erst in Mitleidensehaft ge- zogen werde, wenn die Funktion der Niere gestiirt ist. Dem wider- sprieht in unseren Versuehen nur eiu einziger Fall (4), bei welehem sehwere fettige Degeneration des Herzens neben leiehten Fettinfil- trationen der Leber undNiere bestand, die in diesem Fall kaum aIs pathologiseh angesehen werden kiinnte~ da geringe Fettinfiltrate aueh bei gesunden Tieren, die zur Kontrolle antersueht wurden, gesehen wurden. Der Fall bildet an sieh eine Ausnahme. Welehe Umsti~nde in diesem Fall dabei mitspielten, dab die Herzveriettung so stark hervorstaeh, ist natiirlieh nieht zu entseheiden. Rubow3), der den Fettgehalt der Organe ebenso wie R o s e n f e l d 4) naeh Chlorotormein- wirkung quantitativ untersuchte, fand die Nieren verh~ltnismi~Big am wenigsten geseh~digt, im Gegensatz zu 0f fergedS) , der die Nieren als das am meisten geschitdigte Organ besehreibt. Nerviisen Einfiul~ auf die Naehwirkung des Chloroforms glaubt Vorsehi i tz wahrge- nommen zu haben, der bei Quetschung des Ganglion solare Nephritis im AnsehluB an Chloroformnarkosen auftreten sah.

Fassen wir unsere histologisehen Befunde zusammeu, so sahen wit im AnschluB an die Chloroformnarkose Organverfettungen , be- sonders an der Leber, der l~iere und dem Herzen auftreten. Aui~er- dem fanden sieh Blutungen in die Lungenalveolen, die vielleieht auf einer lokalen Reizwirkung des Chloroforms beruhen, jedoeh den Tod nicht herbeizufUhren sehienen~ da sie z. B. auch uaeh Atherinhalation bei Tieren, die v~illig taunter waren und sieh aus 'der Narkose ganz erholt batten, gesehen wurden, auch vielleieht auf irgendeine Weise

1) Delbet, Herrenschmidt et Beauvy, Cloroformisation et capsules sm'r6aales. Rev. de Chir. 1912 , S. 544. Ref. Schmidts Jahrb. 1912, S. 245.

2) Cru d den~ Der EinfluB der Chloroformnarkose auf das Herz des nephrek- tomierten Kaninchens. Arch. f. exper. Pathol. u. Pharm. 1912, Bd. 68, S. 160.

3) Rubow, 0ber den Lezithingehalt des Herzens und der Nieren. Ebenda 1905~ Bd. 52, ~. 173.

4) Rosenfeld, Studien iiber 0rganverfettung/ Ebenda 1906, Bd. 55, S. ~79. 5) a. a. O.

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Zur Chloroformnachwirkung im Tierversuch. 313

bei der Dekapitation veranlaBt wurden. Am Zentralnervensystem wurde in drei F~tllen~ bei denen sehr schwere Organveranderungen bestanden (4, 5 und 6) niehts Pathologisehes wahrgenommen. Es wurde aueh im Hinblick auf die L~hmungserseheinungen an Ratten~ die i n ~thnlieher Weise mit Chloroform behandelt wurden, das Riieken- mark untersueht, jedoeh keine Ver~tnderungen nachgewiesen. Aller- dings war in den Versuchen an Ratten die Dosierung noeh nicht so- weit ausgearbeitet, dab die L~thmungserseheinungen an diesen Tieren mit Sieherheit in erhebliehem Grade erzeugt werden konnten, als eine bei unseren Ratten ausbrechende Infektion mit Sarcoptes-R~tude uns zwang~ diese Versuche einzustellen. In Versuehen an Hunden sah MUller1) fettige Entartung im Gehirn und den Gangiien. Vor allem waren die Kapillaren reiehlieh mit Fett gefiillt~ so dal~ das- selbe eine Verstopfung und damit Apoplexie erzeugen ktinne. Solche Ver~tnderungen wiesen unsere PrKparate nieht auf;, in einem Falle gelang es Verfettung der Endothelien einzelner Gehirnkapillaren naehzuweisen. Dieser Befund ist abet zur Erklarung der L~hmungs- erseheinungen nieht zureiehend, aueh gestatten die klinisehen beider- seits gleiehartig verlaufenden L~thmungserseheinungen nieht den Sehlul~ auf apoplektisehe Insulte. Es bleiben im ganzen zur Er- kl~rung der L~hmungserscheinungen' nur zwei MSglichkeiten, ent- weder bedingen Zersetzungsprodukte des Chloroforms, die durch die geseh~tdigten Nieren nieht ausgeschieden werden kSnnen~ die fort- sehreitende L~thmung, oder vielmehr sind es die dureh die Funktions- untUehtigkeit tier Niere und Leber im Organismus sich mehrenden Abbauprodukte und angeh~tuften intermedi~ren Stoffweehselprodukte~ die auf das Zentralnervensystem einwirken und Lahmungen auslSsen, Da L~thmungen oft gleieh im AnsehluB an die. Narkose auftraten, ist es yon Wiehtigkeit zu wissen~ ob zu dieser Zeit die Ver~tnde- rungen an den parenehymattisen Organen sehon vorhanden sind. Diese Frage ist u. a. naeh Sehenk2) und Boek z) schon im posi- riven Sinne zu beantworten. B o e k sah schon naeh 20 Minuten langer Narkose bei einem 3 Monate alten Hund ,eine reiehliehe Fettinfil- tration der Leberzellen und der Kupfersehen Sternzellen,. Immer- bin versuehten wir bei unserer Versuehsanordnung einen Einblick in

1) ]~tiller, Uber Fettmetamorphose in den inneren parenchymat~sen lebenswichtigen Organen nach einfachen und Mischnarkosen. Langenbecks Arch. 1904, Bd. 75, S. 896.

2) S c h e nk, Zur Ct~dlichen Nachwirkung der Chloroforms. Z eitschr, f. Heil- kunde' 1899, Bd. 19.

3) a. a. O.

Page 27: Zur Chloroformnachwirkung im Tierversuch

314 xIv. WERNER TESCHENDORF.

diese Verhiiltnisse zu gewinnen, da bei der gewiihlten verhifltnismiigig. geringen Chloroformkonzentration eine so sehnelle En twickhng sti~r- kerer Organveriinderungen zweifelhaft erseheinen konnte.

Es warden drei Versuehe gemaeht, bei denen j e eine Maus dem Dampf yon 012 ecru Chloroform 11/2 Stunden lang in der Flasehe ausgesetzt and danaeh getiitet wurde.

V e r s u e h 16.

14. IL 1921. Mans, ~r. 46, 14 g Gewieht, erh~lt bei Zimmertempe- ratur yon 16~5 ~

9 ~ 54' a .m. 0,2 ecru Chloroform (Kahlbaum) auf Papierteller in der Flasehe.

9 h 57'. 10 h 10'. 10 ~ 30'. 10 h 45'. 11 h 10'. 11 ~ 24'. "11 h 27'.

Maus erregt. Erregung vortiber. Atmung 120. Reflexe abgesehw~oht. Seitenlage. Reflexe fast erlosehen, Atmung 140. Atmung 140, reflexlos. Atmung 116. Atmung 86. Tier wird aus der Flasehe genommen und dekapitiert.

8ektion: An der Leber tritt die Li~ppehenzeiehnung stark hervor. Keine Lungenblutungen.

Mikroskopiseh. Leber: Ausgedehnte Verfettung der Leberzellen and Kupfersehen Sternzellen. Kontaren der Zellkerne gut erhalten. Reich- liche perilobulitre Zellanhitufungen, fast ganz aus lymphoiden Rundzellen bestehend.

bTieren: Geringe F ettinfilta.ate in einzelnen gewundenen Harnkaniilehen. Die Fetttr~Jpfchen sitzen ganz basal. Die Veriinderungen sind in allen Partien der Rinde naehzuweisen.

Herz: Ohne Ver~nderungen. Lunge: Keine Zellinfiltrate~ keine Blutungen. Gehirn: Ohne Veriinderungen.

Ver sueh 17.

16. II. 1921 . Maus, ~1". 56, 14 g Gewieht, erh~lt bei Zimmortempe- ratur yon 18 ~ ~ ' 4 h 08' 0,2 ecru Chloroform (Kahlbaum) in der Flasehe.

r 30'. bIaeh kurzer leiehter Erregung ~Iaus jetzt l~hig, taumelt. Reflexe auf i~uBere Eindrtieke abgesehwi~eht. Atmung 108.

4 h 45'. Maus sehli~frig, vermag sieh aus der $eitenlage noeh auf- zuriehten, bIur noeh sehwaehe Reflexe auf Klopfen. Atmung etwas un- regelmiiBig, 170.

5 h 20'. Atmung 140. Reflexlos. 5 h 35'. Atmung 126. 5 h 38'. Tier wird aus der Flasehe genommen und dekapitiert. Sektion: Lungen stark hyper~,tmiseh. Sonst an den Organen makro-

skopiseh niehts auffiilliges.

Page 28: Zur Chloroformnachwirkung im Tierversuch

Zur Chloroformnachwirkung im Tierversuch. 315

Mikroskopiseh. Leb e r: Starke infiltrative Verfottung. Milz : Ohne Befund. Nieren: Geringgradige Verfettung der Epithelien einzelner gewundenon

Harnk~n~lehen in der ganzen Rinde naehweisbar. tIerz: 0hne Ver~nderungen. Lunge~: Stark hyperamiseh. Blutungen zum Toil in die Alveolen. Gehirn: Ohne Befand.

Versueh 18.

16. II. 1921. Maus, I~r. 57~ 17 g Gewieht, erh~lt bei Zimmortempe- ratur yon 17 o

4 h 13' 0,2 ecru Chloroform (Kahlbaum) aufPapierteller in der Flasehe. Tier etwas erregt, reeht gute Reflexe. Bewegungen sehr unsieher; Reflexe abgesehwaeht. At-

4 h 30'. 4 h 45'.

mung 150. 5 h 00'. 5 h 20'. 5 ~ 40'. 5 t 45'. Sektion:

erkennbar.

Seitenlage. Atmung 160. Atmung 90. Maus reflexlos. Atmung 98. Maus wird aus der Flasehe genommen und dekapitiert: Lungen hell~ ohne Blutungen. L~ppehenzeiehnung der Leber

Mikroskopiseh: Ausgedehnte kleintr0pfige infiltrative Verfettung der Leberzellen. Lymphoidzellenanhaufungen um die GefaBo.

Nieren: Infiltrative Verfettung in den Epithelien einzelner gewundener Harnkanalehen.

Iterz~ Lunge, Gehirn und Milz: Ohne erkennbare Veranderungen.

Es ergibt sich also, dab Fettinfiltration in der Leber und ge- ringeren Grades aueh in den:Nieren schon sofort naeh lt/2stiindigem Verweilen der Tiere im Dampfe yon 0,2 ccm Chloroform in der Flasehe mit Sieherheit festzustellen ist. Zum Vergleich sollen drei Protokolle yon unbehandelt~en Mausen angefUhrt werden, die der gleiehen Zueht entstammten, wie die in den besehriebenen Versuehen verwandten, sieh in denselben Gewiehts- und AltersverhRltnissen be- fanden und sofort naeh der Dekapitation untersucht wurden.

Versueh 19. 14. II. 1921. Maus, l~r. 50, 22 g Gewieht. Kontrolle. Dekapitiert. Sektion: Lungen leieht ger0tet. Leber: L~ppehonzeiehnung erkenn-

bar. Sonst makroskopiseh nichts auff~lliges. Mikroskopiseh: Nut ganz vereinzelte Fetttr0pfehen in einzelnen Leber-

zellen. Keinerlei degenerative Prozesse. Keine entziindliehen ~rer~inde- rungen. Nieren: Ohne Besonderheiten. Desgleiehen Herz, Milz~ Lungen~ Gehirn.

Versueh 20. 16. H. 1921. Maus~ Nr. 54~ 13,5 g Gewieht. Kontrolle. Deka-

p~tiert. Sektion: Organe sehen bla~ ausgeblutet aus.

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316 XIV. WEP~NER TESCHENDORF.

Mikroskopiseh: Leber ganz vereinzeIt kleine FetttrSpfehen in perl- pheren Leberzellen. Lymphoidzellenanhaufungen um die Gefitge. tqieren, Hel'z, Lungen~ Milz nnd Gehirn ohne Ver~nderungen.

Versueh 21. 16. II. 1921. Mans~ l~r. 557 15,5 g Oewieht. KontroUe. Deka-

pitiert. Sektion: Inhere 0rgane ohne erkennbare Ver~nderungen. Mikroskopisch: Zellinfiltratr aus lymphoiden Rundzellen an einzelnen

Stellen des Pritparates~ um die Gefal~e. Vereinzelte Fetttrfpfehen in ein- zelnen peripheren Leberzellen. Andere Organe ohne Befund.

Die Tiere, die einem gesunden Material entstammten, welches sieh durehweg gut hielt und bei dem Eingehen yon Tieren nieht beobaehtet wurde, zeigten als einzig auff'allige Erseheinung peripor- tale Anhaufungen yon Lymphoidzellen, die vielleieht auf durch- gemaehte Infektion Sehliel~en liel]en. Trotz sorgFaltiger Beobaehtnng waren bei den Tieren abet hie Erseheinungen zu erkennen, die in diesem Sinne gedeutet werden konnten. FUr ~unsere 'Untersuchung kSnnen sic als nebensaehlieh ausgesehaltet werden, da die Verande- rungen naeh den Chloroformversuehen stets so stark und so plStz- lieh auftraten, dab sic ,eine Deutung in anderem Sinne nicht zu- lieBen, als dab sic als Folgen tier Chloroformeinwirkung anzusehen waren. Geringe Fetttri~pfeheneinlagerungen in den peripheren Leber- zellen kommen naeh unseren Kontrollversuehen bei Mausen physio- logiseh vor. Dementsprechend warenes aueh nut starke infiltrative und degenerative Veranderungen in der Leber und hinzutretende :Nierenveranderungen, ,auf die sieh die vorliegende Untersuehung griindet, die sehon bei flUehtigem Vergleieh der Praparate stark in die Augen springt. Das sehnelle Auftreten yon Fettinfiltration im AnsehhB an die Chloroformeinatmung steht mit den erwahnten An- gabon in der Literatur im Einklang. Es war zu erwarten, dab im Anfang nur Fettinfiltration zu beobaehten war, zu der. erst im Ver- lauf tier Erkrankung der Versuehstiere gleiehzeitig mit dem Fort- sehreiten tier Intoxikation degenerative Organverandernngen hinzu- traten, was ein Vergleieh tier Versuehsergebnisse bestatigt. Die Annahme, dab sehon sehr sehnell naeh der Chloroformeinwirkung auftretende Organveriinderungen imstande sind, Ausseheidung yon Abbauprodukten aus dem Stoffweehsel und wohl aueh yon Zer- setznngsprodukten des Chloroforms zu verhindern, finder in den Er- gebnissen der zuletzt beschriebenen Versuehe eine StUtze. Es seheint sieh mehr und mehr ein Circulus vitiosus zu entwiekeln, in d e m Chloroform und giftige Zersetzungsprodukte zu einer fortsehreitenden

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Zur Chloroformnachwirkung im Tierversueh. 317

Erkrankung yon Leber und bliere filhren, die Erkrankung dieser Organe aber die Ausscheidung yon Abbauprodukten verhindert und damit zu immer stRrkerer AnhRufung yon Giften ftihrt~ denen dcr Organismus in einiger Zeit erllegt.

Zusammenfassung.

Unter Verwendung der yon FUhner angegebenen ,Narkose- flasche~ werden an Miiusen die Verhiiltnisse klargelegt, bei welehen t~idliche Nachwirkung im AnschluB an Chloroformnarkosen regel- miiBig experimentell zu erhalten ist. Naeh ll/2--2Sttindigem Ein- wirken einer ChloroformverdUnnung~ bei tier Narkose gew(ihnlich erst im Verlauf der zweiten halbert Stunde des Aufenthaltes in der ~l~arkoseflasche, eintrat, gingen die Tiere in 2--4 Tagen ein.

Anatomisch li~Bt sieh im Ansehlul~ an die Chloroformeinwirkung anfangs reine Fettinfiltration der Leber und der Niere feststellen. Erst spiiter entwickeln sieh die bekannten degenerativen Veriinde- rungen~ die in vorliegenden Versuchen in erster Linie Leber und l'~iere, nur ausnahmsweise das Herz betrafen.

Kliniseh beobachtet man aufsteigende spastisehe Lis die dutch die fortschreitende Intoxikation zu erkliiren sin&

Beim Tetrachlorkohlenstoff traten Naehwirkungserseheinungen ersr nach Einwirkung erheblieh gr(illerer Mengen auf, als beim Chloro- form. Das Methylenehlorid war nich~ imstande t~dliehe Nachwirkungs- erscheinungen hervorzubringen.