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Langenbecks Arch. u. Dtsch. Z. Chir., Bd. 273 (Kongregberieht), S. 542--545 (1953). L. Zur l~ytodiagnostik des Lungenkrebses. Von R. R~'HL-Giegen. Mit 2 Textabbildungen. Die Erkennung maligner Geschwfilste durch cytologische Unter- suchung yon Sekreten und Exsudaten hat in den letzten Jahren zu- nehmende Bedeutung gewonnen. Verbesserungen der Fixierungs- und F~rbetechnik, sowie die Anwendung der Phasenkontrastmikroskopie haben es erm6glicht mit gr6•erer Treffsicherheit als frfiher in dem zu untersuchenden Material enthaltene kleinste Geschwulstpartikel bis herab zu einzelnen Zellen zu identifizieren und damit die Diagnose zu siehern. Die Brauchbarkeit der Cytodiagnostik ffir die Erkennung des Lungenkrebses ist heute noch etwas mnstritten. Urn uns ein eigenes Bild fiber den praktischen Wert dieses Verfahrens machen zu kSnnen, haben wir bei Kranken mit Verdacht auf Lungencarcinom den Auswurf und etwa vorhandene Pleuraergiisse cytologisch untersucht. Aul~erdem haben wir in den ]etzten Monaten das vor der Bronehoskopie abge- saugte und sedimentierte Bronchialsekret auf Tumorzellen nachgesehen. Die Punktion eines Lungentumors zu diagnostischen Zweeken wird in unserer Klinik als zu gef/ihrlieh abgelehnt. Besonderen Weft legten wit auf wiederholte Untersuehungen bei dem gleiehen Patienten. Die Ausstriche wurden naeh der Vorsehrift yon PAt"A~ICOLAOU gef~rbt. In letzter Zeit haben wit augerdem ungef/~rbte Pr/~parate phasenkontrast- mikroskopisch untersueht und den Eindruek gewonnen, dag dieses optisehe Verfahren besonders bei Sehnelldiagnosen Wertvolles leistet. Wir maehten bei unseren Untersuehungen folgende Beobaehtungen. Die Careinomzellen, meist griippchenweise oder in kleinen Verbanden, seltener einzeln gelegen, heben sieh yon den fibrigen in den Sekreten anzutreffenden zelligen Bestandteilen vor allem dureh ihre Grgge ab. Tumorzellkerne besitzen im Durehsehnitt etwa den doppelten Dureh- messer eines roten Blutk6rperehens. Von groger Wiehtigkeit far die Unterseheidung der Careinomzellen von Elementen anderer Herkunft ist neben anderen Kriterien ferner das Grgl3enverh~iltnis Kern-Zell- Mb, die sog. Kern-Plasmarelation, welehe bei Geschwulstzellen stark zugunsten des Kernes versehoben zu sein pflegt. Zum Vergleich zeigen Mr bier das Bild einer Gruppe normaler Epithelien, wie man sie in den Ausstriehen fast regelmaBig antreffen kann. Im Phasenkontrastbild treten die Strukturen auch ohne F~trbung deutlieh hervor. War das zu ~ntersuehende Material vor seiner Fixierung stiirkerer Autolyse aus-

Zur Cytodiagnostik des Lungenkrebses

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Page 1: Zur Cytodiagnostik des Lungenkrebses

Langenbecks Arch. u. Dtsch. Z. Chir., Bd. 273 (Kongregberieht), S. 542--545 (1953).

L. Z u r l~ytodiagnos t ik des L u n g e n k r e b s e s .

Von R. R~'HL- Giegen.

Mit 2 Textabbildungen.

Die Erkennung maligner Geschwfilste durch cytologische Unter- suchung yon Sekreten und Exsudaten hat in den letzten Jahren zu- nehmende Bedeutung gewonnen. Verbesserungen der Fixierungs- und F~rbetechnik, sowie die Anwendung der Phasenkontrastmikroskopie haben es erm6glicht mit gr6•erer Treffsicherheit als frfiher in dem zu untersuchenden Material enthaltene kleinste Geschwulstpartikel bis herab zu einzelnen Zellen zu identifizieren und damit die Diagnose zu siehern.

Die Brauchbarkeit der Cytodiagnostik ffir die Erkennung des Lungenkrebses ist heute noch etwas mnstritten. Urn uns ein eigenes Bild fiber den praktischen Wert dieses Verfahrens machen zu kSnnen, haben wir bei Kranken mit Verdacht auf Lungencarcinom den Auswurf und etwa vorhandene Pleuraergiisse cytologisch untersucht. Aul~erdem haben wir in den ]etzten Monaten das vor der Bronehoskopie abge- saugte und sedimentierte Bronchialsekret auf Tumorzellen nachgesehen. Die Punktion eines Lungentumors zu diagnostischen Zweeken wird in unserer Klinik als zu gef/ihrlieh abgelehnt. Besonderen Weft legten wit auf wiederholte Untersuehungen bei dem gleiehen Patienten. Die Ausstriche wurden naeh der Vorsehrift yon PAt"A~ICOLAOU gef~rbt. In letzter Zeit haben wit augerdem ungef/~rbte Pr/~parate phasenkontrast- mikroskopisch untersueht und den Eindruek gewonnen, dag dieses optisehe Verfahren besonders bei Sehnelldiagnosen Wertvolles leistet.

Wir maehten bei unseren Untersuehungen folgende Beobaehtungen. Die Careinomzellen, meist griippchenweise oder in kleinen Verbanden, seltener einzeln gelegen, heben sieh yon den fibrigen in den Sekreten anzutreffenden zelligen Bestandteilen vor allem dureh ihre Grgge ab. Tumorzellkerne besitzen im Durehsehnitt etwa den doppelten Dureh- messer eines roten Blutk6rperehens. Von groger Wiehtigkeit far die Unterseheidung der Careinomzellen von Elementen anderer Herkunft ist neben anderen Kriterien ferner das Grgl3enverh~iltnis Kern-Zell- Mb, die sog. Kern-Plasmarelation, welehe bei Geschwulstzellen stark zugunsten des Kernes versehoben zu sein pflegt. Zum Vergleich zeigen Mr bier das Bild einer Gruppe normaler Epithelien, wie man sie in den Ausstriehen fast regelmaBig antreffen kann. Im Phasenkontrastbild treten die Strukturen auch ohne F~trbung deutlieh hervor. War das zu ~ntersuehende Material vor seiner Fixierung stiirkerer Autolyse aus-

Page 2: Zur Cytodiagnostik des Lungenkrebses

Zur Cytodiagnostik des Lungenkrebses.

Tabelle 1. Cytologische Untersuchungsergebnisse bei 100 t'(illen.

543

Dutch Operation oder Autopsie gesieherte Lungenearcinome And(~re Lungenerkrankungen . . . . .

Zahl

48 52

Cytologiseher Befund

positiv I negativ [

4 J 48 i

Positiv in

Prozent

50 7,7

gesetzt, so findet man stat t kr/fftig gefi~rbter Zellen oft nur sog. Kern- schatten. Diese Gebilde lassen sieh jedoeh in den meisten Fs ohne besondere Schwierigkeiten als gesehwulstzugeh6rige Elemente identi- fizieren. Dieser Sputumausstrich beispielsweise s tammt yon einem Kranken mit einem peripheren Lungenkrebs. Der eytologisehe Befund war bei wiederholten Kontrollen stets positiv, w~hrend weder broncho- skopisch noeh bronchographisch fiir Careinom eharakteristisehe Ver- /~nderungen nachgewiesen werden konnten. Wie das folgende Sehnitt- prgparat zeigt, handeIte es sieh in diesem Falle um ein vorwiegend intraalveol/~r sieh ausbreitendes peripheres Lungeneareinom, bei dem sieh die Wandung der Bronehien bis weit in die Peripherie hinein als vSllig frei erwies.

Uber nnsere Ergebnisse im ganzen orientiert die folgende Tabelle. Unter 100 F/~llen, bei denen wir eytologische Untersuehungen dureh- fiihrten, befanden sieh 48 dureh Operation oder Autopsie bestgtigte Lungeneareinome. 24real, d.h. in 50%, war ein positiver eytologiseher Befund zu erheben. Bei 52 ebenfalls operativ gesieherten anderen Lungenerkrankungen wurde 4real die eytologisehe Diagnose Careinom gestellt, das sind 7,7 % positive Fehldiagnosen. In dieser letzten Tabelle haben wir die ey~otogischen und bronehoskopisehen Untersuchungs- befunde bei 32 Lungenearcinomen vergleiehend gegenfibergestellt und dabei operable und inoperable Krebse getrennt. In der Gruppe der operablen Careinome sind besonders hervorzuheben die 4 F~lle mit positivem eytologisehem, aber negativem bronehoskopisehem ]3efund. Es handelte sieh hierbei um periphere Careinome, die sieh bekanntlieh dem bronehoskopisehen und meist aueh bronehographischen Naehweis

Tabelle 2. Vergleichende cytoIogische und bronchoskopische Be/unde bei 321Viillen yon Lungenkrebs.

Cyt. 4- Cyt + Cyt.-- C y t , - Zahl Brsk. = " " Br~k. -- Brsk. + Brsk. --

Operable Carcinome . . . . Inoperable Carcinome . . . .

12 2 20 8 32 10

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544 R. Ri~HL:

Abb. 1. Bronehialsekretauss t r ieh bei per ipherem Lungenkrebs (Papanieolaou-F~rbur~g) a Tumorze l lkomplex; b Leukoey ten ; e rote BlutkSrperehen.

Abb. 2. H~morrhagisehes P l e u r a p u n k t a t bei Lungenkrebs . Sedimentauss t r ieh (Phasenkontras tbi ld) . a Tumorzel len; b rote Blutk6rperehen.

entziehen. Bei den inoperablen Tumoren waren unter 20 Fgllen beide Untersuehm~gen nur 3m~l negativ.

Page 4: Zur Cytodiagnostik des Lungenkrebses

Zur Cygodiagnostik des Lungenkrebses. 545

Zusammenfassend glauben wir feststellen zu k6nnen, dal? die Cyto- diagnostik aueh beim Lungenearcinom einen Fortsehritt bedeutet. Man mug sieh jedoeh fiber die Grenzen ihrer Leistungsf~higkeit im klaren sein und darf nicht in jedem Falle einen positiven Befund er- warren. Negative Resultate sehliegen das Vorhandensein eines Car- einoms nieht aus. Cytologisehe Untersuehungen k6nnen daher niemals die bew/ihrten anderen diagnostisehen Verfahren ersetzen. Sie sind abet naeh unseren Beobaehtungen geeignet, diese zu ergi~nzen und in manehen F~llen, insbesondere beim peripheren Lungenkrebs, die rich- tige Diagnose zu ermSgliehen.

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