Zur Diskussion der Grundlagen und Beweise der Ultrafiltertheorie der Permeabilität

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  • ZUR DISKUSSION DER GRUNDLAGEN UND BEWEISE DER ULTRAFILTERTHEORIE DER PERMEABILIT.9

    Von JOSEPH GICKLIIORN

    Arbeiten der biologisch-physikalischen Arbeitsgemeinschaf~ ira zoologischen Institute der ]9 Universit/~i~ Prag

    Eingegangen am 4. Febru~r 1931

    I

    Ftir Leser dieser Zeitschrift kann als bekannt werden , dag es derzeit k e in e Theorie gibt, welche das g e s a m t e, aul3ero9 umfangreiehe und versehiedenartige Material an Beobachtungen tiber die normale oder pathologisch ver~tndarta Permeabilit~tt tierischer und pflanz- licher Zallen odar Gewabe von einem ainheitlichen Gesichtspunkt aus o9 und be9 erkl~tren kann. Es gibt bis haute nur aine Anzahl untreinander konkurrierander Permeabilit die hier nicht einzeln diskutiert werden mtissan, da sie in ih9 G9 dr Art de9 Beweisftihrung und den Ergebnissen wiaderholt zusammengefal3t wurden (vgl. H0ber , St i les, CTellho9 Nur auf aine Tatsaehe soll gleich die Aufmerksamkeit galenkt werden, weil gerade si beim Lesen von Spezialarbaiten immer wiader auff~tllt: Ein groBer Teil der Publika- tionen ad" Permeabilit5tsproblem wurda offensichtlich nur in der Absicht begonnen, Baweise fiir oder gagen eine der speziallan Theorien herbei- zuschaffen; die Ergebnisse experimenteller Untersuchungen werden dann gleiah vom Standpunkt ainer bestimmtan Theorie intarpretiert, ohne dag man die @rtinde f[ir diese Bavorzugung ersieht. Auftretende Schwierig- kaiten der konsequenten Auswertung warden dabei auBerdem bewuf3t oder unbewufit dureh Zusatzhypothesen oder willktirliche Einsch9 bzw. Erweiterungen in der Geltung der Leitidaen umgangen. Man wird deshalb Ruh land und Hof Imann zustimmen miissen, wenn sic tiber diesan, die gegenw~trtige Saahlage cha9239 Zustand sagen, dal3.,,einseitige Betraahtungsweise und Parteistreit jedenlalls oit

    37*

  • 568 Gicklhorn

    an Stelle. Bines soliden ruhigen FortschrBitens gesichertBn Wissens getreten sind. WiB gering dies letztere ira L~trm der 3/[einungen geblieben ist, muB jedem auffallen, der ein einsehl~giges Handbueh zu ]~ate zieht" (S. 1).

    Die eindeutige Prttfung der V o r a u s s e t z u n g e n ak~ueller Theorien ist aber niBht bloB sehwierig, sondern (mit Biner einzigBn Ausnahme) sehleehthin anmOgliBh. Die Grundlagen und ModBllversuBhe der Re- aktions-, L(isliehkBits-, HaftdruBk-, VertBilungs-Theorien usw. sind derart, daB Bine unmi t te lbarB Anwendung der ira ~odellvBrsuehe sieher be- stehenden Beziehungen auf die unbekannten Verh~tltnissB d B r 1 e b e n d e n Zelle sehwerwiegenden, prinzipiellen Bedenken ausgesetzt ist. Die einzige Ausnahme unter den Theorien k0nnen wir in der Ultrafiltertheorie sehen, die gegentlber allen anderBn sehon den Vorzug hat, mit einem Minimum von Annahmen auszukommen und die in ihrer Beweisftihrung zu For- derungen kommt, die einBr exakten messenden Kontrolle zug~nglieh sind. Dieser entseheidend wiBhtigB Punkt ist aueh glBiBh bei ihrer Auf- stellung dureh t~uhland erkannt worden, und die vielfaehen Unter- suBhungen haben zu Ergebnissen geftihrt, auf @rund wleher behauptet wird, dal3 die experimentellB Prti 9 zugunsten der Ultra9 ausf~tllt. Diese Behauptung ist niBht ohne Widersprueh geblieben oder wurdB nur mit einsehr~tnkenden Bedingungen, besonders in bezug au8 die Yersehiedenen Stoffklassen (Salze, Farbstoffe, Kolloid- oder molekular- dispers gB10ste Anelektrol7te) anerkannt.

    In den zahlreiBhBn Auseinandersetzungen for und gegen die Ultra- ~ilterthBorie finden siBh nun bisher einige wesentliehe Punkte niBht er- w5hnt oder nieht deutliBh genug hervorgehoben, die mir einer speziellen ausftihrliehen Diskussion wert ersc.hBinen, und die ira IntBresse einer for die Biologie und Medizin gleich bedButsamen Frage kl~trend wirken kOnnten,

    II.

    Die Ultrafiltertheorie der PermeabilitSt besteht bekam~tlich aus zwei Teilen, die wir hier nur aus didaktischen Grtinden trennen: der erste Teil betrifft S t rukturprob leme des lebenden Protoplasten, der zweite Teil die phys ika l i schen E igenschaf ten permeierender oder nicht permeierender Stoffe.

    Naeh der Ultra9 mfissen wir das Protoplasma, besonders die pBripheren Hautschichten und ebenso die plasmatisehen Grenz- sehiehten gegen eventuell vorhandene Saftr~tume ira Zell9 als ein strukturiertes System von Teilehen auffassen - - gleiehgt~ltig, oh Mi-

  • Zur Diskussion der Grundlagen und Beweise der Ultrafiltertheorie der Permeabil it~t 569

    zellen oder Nolekfile die Struktur e 1 e m e n t e sind --, die in regelm51~iger Anordnung zwischen sich Interstitien freilassen, l die Form dieser Zwisehenr~tume werden kine n/theren Aussagen gemacht. Wichtiger ist die Behauptung, dal3 nur durch diese ,,Poren" die Korpuskel der auf- genommenen oder abgegebenen Stoffe transportiert werden. Uber die bewegenden Kr~tfte werden ebenfalls keine speziellen Aussagen gemacht und ihre genaue Kenntnis ist far die Ultrafiltertheorie zun~tchst von se- kund~trer Bedeutung, denn es scheint heute gleichgiiltig, ob die kinetisehe Energie der diffusen W/irmebewegung, d.h. osmotisehe Kr~ifte, oder ob chemische oder elektrische Kr/ifte in erster Linie wirksam sind. - - Wesent- lich ist demgegeniiber der Hinweis, daf3 durch die peripheren Plasma- schichten nur Teilchen ein- oder austreten kSnnen, die k le iner sind als der Durehmesser der Interstitien, d. h. also, dag die ;}ISglicbkeit und auch die @eschwindigkei t des Ein- oder Austretens verschiedener Stoffe far eine bestimmte Zelle oder Zellart e inerse i ts von dem Durch- messer der Interstitien, anderse i t s von dem der freibeweglichen Kor- puskeln jeweils transportierter Stoffe abh/ingig ist. Wenn verschiedene Zellen, eventuell in verschiedenen Zustgnden, sich gegentiber dem gleichen Stoff verschieden verhalten, so kann das sonach ira Sinne der Ultrafilter- theorie nur (oder in erster Linie) von der jeweiligen ,,Strukturdichte" des Protoplasmas, bzw. seiner Grenzschichten oder festen Membranen (Zellhaut) abh~ngen.

    FUr diese Vorstellung ist die naheliegende Annahme charakteristisch, dag das Geft~ge der Hautschichten des Protoplasmas stab i l ist. Wenn das nicht der Fall ware und sich die Durchmesser der Poren einer be- stimmten Zelle oder Zellart aus irgendwelchen Gr(inden in beliebigem Ausrnaf3 andern kOnnen, dann ware eine Erkl'arung des verschiedenen Ver- haltens permeierender und nicht permeierender Stoffe auf Grund g e- g eb e ner, bestimmter 1) Gr6ge ihrer Korpuskel hinfSllig oder nt, r in roher Ann~therung mOglich. Diese Stab i l i t / t t der Porenst ruktur plas- matischer Grenzschichten wird auch immer wieder betont und geht schon aus den Ausdrficken ,,Filter", ,,8iebwirkung" hervor. Noch deutlicher zeigen das plastisch gedachte Vergleiche zur Veranschaulichung der Grundvorstellung d er Theorie: ,,La membrane se comporte comme les barreaux d'une cage oiseaux, qui laisse entrer et sortir les mouches, mais ne laisse pas entrer ou sortir les oiseaux" (G

    1) Vorausgesetzt, dag monodisperse Systeme vorliegen; bei polydispersen ist die Gr6Be der Teilehen versehieden und die Ultrafi ltration hier sehwer beweisbar oder zu widerlegen. :

  • 570 G iek lhorn

    Nun ist leicht einzusehen, dag sieh d i e s e r Teil der Ultrafiltertheorie, n~tmlich die Aussage iiber die Peinstruktur der plasmatischen Cxrenz- sehiehten mit keiner der derzeitigen .~ethoden d i rekt pr~ifen und be- weisen 1N3t. Es ist bloB eine Annahme, die erst auf Grund vert Be- obachtungen gemacht wurde und deren Zul~tssigk oder heuristisehe9 Wert durch experimentelle Untersuchungen ja bewiesen (oder widerlegt) werden soll.

    Anders steht es mit dem zweiten Teil der Theorie, weleher die Be- deutung der Or 5 B e permeierender oder nieht permeierender ,,Korpuskel" gel5ster Stoffe betont. Die Bestimmung der TeilehengrOl3e gel5ster Stoffe ist von phys io log ischen Fragen ganz unabh~tngig und interessiert den Physiker ebenso wie rien Biologen. Letzten Endes sind serait aueh in bezug auf die Ultrafiltertheorie zwei Fragen zu beantworten, und zwar:

    1. Was ist e igent l i ch unter , ,Ti lehengr613e" und , ,Kor - puske l " zu vers tehen?

    2. Wie kann man die Te i lehengr6Be best immen und welehe Methoden kommen in e 9 L in ie daf i i r in Bet raeht?

    Es ist wohl einleuehtend und bedarf keiner weiteren Argumente, dal3 die Bestimmung der Teilehengr613e e9 m 0 g 1 i e h s t g e n a u ausgefiihrt seinmul3, undzwar fur e inen verwendeten Sto f f oder die eben verwendete Konzent 9 der LOsung, ehe man auf Grund des ve9 Verhaltens versehiedener Stoffe, bzw. Konzentrationen in sinngemfiB variierten Versuehen gesieherte gtieksehltisse auf die S t rukt ur plasmatiseher Grenzsehiehten ira Sinne der Ultrafiltertheorie ziehen kann.

    Die Variation de9 Ve9 zu9 Prtifung der Ultra9 kann sieh - - abgesehen veto Versuchsobjekt - - darauf beziehen, dag man

    1. verseh iedene Sto f fe verwendet, die sieh in bezug auf ihre Te i lehengr5Be zu e iner Re ihe mit Ext remwerten an- o rdnen lassen. - - In diesem Fall gilt es, die obere G-renze der Teilehen- gr6Be aufzusuehen und zu zeigen, daB versehiedene Stoffe von diesem Grenzwert an n ieht mehr in naehweisbarem Ausmal3 permeieren.

    2. soll gezeigt werden, dal3 aueh die Gesehwind igke i t des Durcit- trittes von Stoffen ,,passender" Teilehengr6Be eine e indeut ige Ab- hfingigkeit vert Durehmesser der Korpuskel gel6ster Stoffe erkennen l~tl3t. - - Eine Kontrolle kann aber aueh darin bestehen, dal3 man

    3. sieh L6sungen desse lben Stof Ies aber vert versehiedener TeilehengrSl3e herstellt und - - falls datait unter phys io log iseh aus-

    wertbaren Bedingungen ~berhaupt experimentiert werden kann - - den gleiehen, aus Reihenversuehen bekannten Extremwert aufsueht.

  • Zur Diskussion der Grundlagen und Beweise der Ultrafiltertheorie der Permeabilit/~t 5 71

    FOr solche Untersuehungen ira Sinne der Ultrafiltertheorie ist aber noeh immer stillschweigend vorausgesetzt, dag die Tei lchengr513e der permeierenden Korpuskelin j edem Fal l ein entsehe idender Faktor ist, dessert Bedeutung dureh die jeweiligen Versehiedenheiten der Ober- 9 der L5sliehkeit, der aktuellen Reaktion, Ladung, Vis- kosit5t, Dichte, Dielektrizit~ttskonstante, Temperatur usw. nieht ganz verdeekt wird. Wenn aber vergleiehende Versuche zeigen sollten, dag die eben genannten EigensehaRen mit den jeweiligen Versehiedenheiten ira Ausmal3 und der Gesehwindigkeit permeierender Stoffe aueh parallel gehen, dann mfissen Aussagen ira Sinne der Ultrafiltertheorie riel an Beweiskraft und Reiehweite der Gt~ltigkeit verlieren. Es bestfinde dann kein zwingender Grund mehr, gerade die Tei lchengrSl3e als besonders wiehtig hinzustellen, weil sie dann nur als ein Faktor unter v ie len andern erseheint, die unter Umst5nden sogar von gr5gerer Bedeutung sein k5nnen. Derartige Untersuehungen, in welchen alle in Betraeht kommenden Faktoren in einem Versuch ad hoe bestimmt und in ih9 jeweiligen Einflfissen vergliehen wurden, liegen zurzeit fiberhaupt nieht vor, k5nnen aueh mangels geeigneter 3/[ethoden der Untersuehung nicht vorliegen, doeh wird man sic ira weiteren Ausbau der Permeabilit~tts- studien nicht umgehen d~irfen.

    Wir wollen aber hier die vereinfaehende, den heutigen Stand eha- rakterisierende Annahme gelten lassen, dag die TeilehengrSBe de 9 ent- scheidende Faktor ist und die Ultrafiltertheorie allgemeine G-eltung hat, wobei die fiberzeugende Beweisffihrung sieh Mlerdings auf besonders ge- eignete Objekte besehrfinken kann.

    III.

    In den Studien von Ruh land und Hof fmann, von welchen wir hier 1) ausgehen wollen, ist nur e iner der 9 angedeuteten Wege eingesehlagen worden, d. h. es wurden blog Ausmafi und Geschwindigkeit der Permeation verschiedener Stoffe in wasseriger LSsung verfolgt und diese in bezug auf die in Betracht kommende physikalisehe Eigensehaft zu Biner Reihe angeordnet. Unter den 51 geprfiften Stoffen versehiedener chemiseher Klassen stellen Harnstoff und Veratrin die Extremwerte dar.

    1) Ieh ziehe es hier vor, die wesentliehen Ergebnisse und Leitideen nur weniger, in der Literatur gut bekannter Arbeiten zu behandeln statt eine vollst/~ndige Literatur- iibersieht zu geben, die doch nur Variationen zu den hier diskutierten Fragen bringen k5nnte.

  • 572 Gicklhorn

    Die beiden Autoren fanden nun, dal3 fallweise Unstimmigkeiten oder Sehwierigkeiten der Interpretation ihrer Versuchsergebnisse sich sofort beseitigen liel3en, ,,wenn man der Anordnung der Stoffe nieht wie bisher gesehehen, die Molekulargewichte, sondern die 3/[olekularvolumina zugrunde legt . . . " (8.45).

    Das wesentliehe Ergebnis wird dahin zusammengefal3t: ,,FOr die Ultrafilte9 miissen nattirlieh rein riiumliehe Ver-

    h aussehlaggebend sein. Sofern sie also n ieht nur fiir Ko l lo ide , sondern aueh f{ir mo leku lar ge l5ste Stof fe gtiltig ist, werden nicht se sehr die Molekulargewiehte, sondern vielmehr die 3/[olekular- v o lumina tiber die F5higkeit einzudringen und die Gesehwindigkeit des Eindringens in die Zelle entscheiden mtlssen. Ftir das Molekularvolumen (spezifisches Volumen Molekulargewieht) lehrt bekanntlieh die alte Koppsehe Regel, dal3 es sieh ans der Summe der Atomvolumina und bestimmter Addenden for doppelte Bindungen usw. additiv bereehnen 15fit. Die beim Siedepunkt der versehiedensten fltissigen organisehen Verbindungen tats~tchlich ermittelten 2Vlolekularvolumina stimmen se gut zur Koppschen Regel , dag ftir die Anwendung derse lben auf die ~br igen F wo eine solehe Best immung nieht mSgl ich ist, kein Bedenken besteht . Es spricht also vieles daf~ir, dag Oie wirkliehe GrOlle der Molekiile der fiir sie naeh K opp erreehneten sehr nahe liegt." (S. 4:6.)

    Ira Spezialfall is orner er Verbindungen finden die Autoren ,,dais d ie molekularen Besonderheiten k e in e n oder keinen erhebliehen Einflul3 auf die Permeabilitat haben" (S. 51), weil ,Aie Verschiedenheiten se gering sind, dag man wohl sagen darf, dag die rauml iehen Besonder - he i ten der ge l5sten 3/[olekiile deren Gesamtform (z. B. Kugel ) n ieht wesent l ieh mod i f i z ie ren d i i r f ten" (S. 52).

    Auf Grund ihrer Beobaehtungen folgern also Ruh land und t tof f - mann, dag , , . . .wir deshalb bereehtigt sind, die wohl begrtindeten Vor- s te l lungen vert der Netzmasehenst ruktur der Gele auch auf das P ro top lasma zu t iber t ragen, wobei es tibrigens ziemlieh gleich- gtiltig bleibt, ob wir dabei nur die sogenannte ,,Plasmahaut" (Pfef fer) oder (Weis 1925, Lepesehk in 1924) aueh den naeh innen angrenzenden Plasmabereieh ins Auge fassen." (S. 69.)

    F~ir die Autoren besteht ,,das Wiehtigste in dem Sehlusse, dag, wenn aueh beim Pass ie ren der ,,Teilehen" (Molekiile) dureh die Poren vert Ge lmembranen de9 Zusammenhang zwisehen Wider- stand und Teilehengr5lle (Molekularvolumen) ira einzelnen noeh keines-

  • Zut Diskussion der Grundlagen und Beweise der Ultrafiltertheorie der Permeabilit~t 573

    wegs restlos aufgekl~rt ist und mit ihm die Wechse]b zwischen den L~sungsteflchen (gelSsten Molekiilen) und den Poren des Gels zu- mindesten in manchen F~tllen noch nicht ersehSpft sein wird, jed wie die faktischen Erg der Ultrafiltration zeigen, d e r F il t r a t i o n s - w iders tand mit der Tei lchengrSl3e (dem Mol231 w~tchst" (S. 69)1).

    So riel aus der Arbeit von l~uhland und Hof fmann ersichtlich ist, haben sie se]ber exper imente l le Best immungen der Teilellen- grSl3e n icht vorgenommen. Beziiglieh der Mo leku larvo lumina er- w~thnen sie blo13, dal3 sie ,,nach der Koppsehen Formel, wie sie sich bei N e rn s t, 1921, vorfindet", bereehnet wurde. Zut Bestimmung der Teilehen- grSl3e kolloider LSsungen weisen sie auf die Untersuehungen von B eeh- hold hin: ,,Zu Unte9 tiber die TeilihengrOl3e in kolloiden LO- sungen kSnnen rein qua litativ Dialysn, besser aber, und auch zu quan- t i ta t iven Zweeken, die Diffusion und die U l t ra f i l t ra t ion verwendet werden. Uns in teress ie r t h ier nur die le tz tgenannte . Bei der wichtigeren H o c h d r u e k f il t r a t i o n benutzt man Crallertfil~er, zu denen meist Eisessigkollodium, aber aueh ~elatine u.a. empfohlen worden ist: Die Eiehung auf die Durehl~ssigkeit dieser Filter, d.h. ihre Porenweite ist z. B. mit Hilfe der von Beehho ld gegebenen Tabelle durehzufiihren. Man hat nur darauf zu achten, dal3 die Ultrafiiterfunktion der 3/[embranen nieht dureh Adsorptionen gest6rt wird" (S. 67)1).

    Das Bedenken, ob ira Falle der verwendeten LOsungen wegen eventueller Po lymer isat ionen und Hydradat ionen fiberhaupt noeh einzelne Molekf i le vorlagen, weisen Ruh]and und Hof fmann mit folgenden Argumenten zurfick:

    ,,Dag Polymerisationen und Hydratationen, die auf die Permeier- fShigkeit natfirlieh von Einflnl3 sein mtigten und die in der Berechnung auf Grund de9 ~Iolekularformel nat~irlieh nieht zum Ausdruek k~men, bei den unte 9 S to f fen n icht anzunehmen sind, wurde aus der fibe9 seh6nen Ubereinstimmung der in den Versuchen (an Beggiatoa) gefundenen Werte mit der Ultrafiltertheorie g e s c h 1 o s s e n" (s. 46).

    Wenn wir nun aus diesen Zitaten das Wesentliche hervorheben, so ist dies:

    ~) Sperrungen von mir! Wie wird die Adsorption an Membr~nteilchen in ihrem AusmaB erk~nnt oder

    verhindert ?

  • 576 G iok lhorn

    1. Die Gleichsetzmig von Molvo]umen oder Molekular- vo lumen mit Molekii lvolumen;

    2. Die Anwendung der Koppsehen Formel zur Be- rechnung des Molvo lumens wAsseriger, sogar elektrolythaltiger L5- sungen;

    3. die Ans icht , dag die permeierenden , ,Te i l chen" oder , ,Korpuske ln" stets einzelne Molekiile sind, deren C~rSBe dureh das Mo]eku larvo lumen def in ie r t sein soll.

    4. Die Ab lehnung der Annahme, dal3 in den verwendeten wSsser igen L5sungen Hydradat ionen und Po lymer i sa t ionen i rgende ine l~olle spielen, was mit dem Hinweis auf die i iber- raschend seh5ne Ubere ins t immung der exper imente l len Be- 9 mit den Forderungen der U l t ra f i l te 9 begr f indet wird.

    Diese - - soviel ieh aus der Literatur i]ber Permeabilit~~t ersehe bisher widerspruehslos angenommenen 3/[einungen geben aber doeh zu Bedenken Anlal3, mit deren Klarstellung mit erst die Beweisffihrung ge- siehert scheint und die fi]r weitere Studien, bzw. Nachprilfungen wohl beaehtet werden mfissen.

    Di Saehlage ist doeh so: Die frit jeden Stoff in f l f issigem x) Aggregatzustand eha-

    rakteristisehe Raumerffillung ist bei gegebenen 5ul3eren Bedingungen von Druek und Temperatur dureh die Beziehungen zwisehen esewieht und Volumen definiert. Je naeh dem, ob man als Gewiehtseinheit 1 Oramm w~thlt oder ein 3/[ol, sprieht man vom spez i f i sehen Volumen oder - - ira zweiten FMI - - von Nolvolumen, gleichbedeutend mit No- lekularvolumen. Das so de f in ie r te , ,No leku larvo lumen" dar f aber nieht mit dem Volumen eines Molekiils g le iehgesetz t werden, wozu die Ahnlichkeit der Worte verleiten kann. Es drfiekt nicht einmal das Gesamtvolumen aller ~Iolekfile aus, sondern dieses plus einen entsprechenden, unbekannt groBen Anteil an ,,leerem Raton", wenn ehemiseh reine flf issige 1) Stof fe, Schmelzen oder rei~~e leste KSrper vorliegen; Das Volumen des Einzelmolekiils kann aus dem 3/[0 l volumen fiberhaupt nieht bestimmt werden, auch nieht dadurch, dag man etwa durch die Zahl der vorhandenen Molekfile (Losehmidt - sehe Zahl: 6.02 1023) dividiert.

    1) D~s mug be~chtet werden, da die Fl i iss igkeit nieht mit L6sung gleichbe- deutend ist.

  • Zur Diskussion der Grundlagen und Beweise der Ultr~filtertheorie der Permeubilit~t 575

    Wenn man nun ira Anschlul3 an die von Kopp aufgestellte Regel und seine Formel zur Berechnung des Molekularvolumens d er F lass ig - ke i ten die Verh~ltnisse n~her betrachtet, so 1513t sieh dazu etwa fol- gendes sagen :

    W~thrend das Volumen der Gase vornehmlich in hSheren Ver- dOnnungen direkt von der Molektilzahl beeinflul3t wird, also Bine so- genannte kolligative 1) Eigenschaft ist, ist das Volumen der Fffissigkeiten Bine add i t ive Eigenschaft, d. h., es lassen sieh die Eigensehaften mehr oder weniger angen~thert ausdr~icken dureh die Summen der Eigen- schaftswerte der die Verbindung zusalmnensetzenden Atome. Solche additive Eigenschaften werden nach molekularmechanisehen Auffassungen einerseits dort ara sch~rfsten zum Ausdruek kommen, wo die Zwisehen- rS.ume zwisehen den 3/[olektilen auf ein M in imum reduziert sind, also das Vo lumen des CTanzen der Summe der Vo lumina der Be- s tandte i le ara n~chsten kommt. In relativer (!) Betraehtungsweise ist dies bei fltissigen, ehemiseh reinen Stoffen im Gegensatz zu den C-asen ann~thernd erftillt. Ein s t reng add i t ives Verha l ten ist aber nur denkbar von E igenschaf ten , die von der Umgebung un- abh&ngig sind, wie die Nasse oder unter solehen Umst'~nden, bei denen der Einflul3 der Umgebung auf ein Ninimum reduzie9 ist.

    In einer ehemisehen Verb indung aber, in de9 ad Molekular- volumen doeh nur variable Abst~nde von 3/[olekt~len und nieht von Atomen mSglieh sind, ist s t renge Addit iv i t~tt in den Volum- bez iehungen von vornehere in unwahrsehe in l ieh und aueh n ieht vorhanden. Die gegenseitige Beeinflussung der Atome i st bedingt dureh die Art des Aufbaues der Verbindung, also du9 ihre Konstitution.

    ,,Das Molekularvolumen ist im wesentliehen also nieht bedingt dureh das Volum d e r A t o m e, d as gleieh ihrer Masse, als unveriinder]ieh angesehen werden k0nnte, sondern viehnehr dureh die Konflguration der Atome, auf welehe zweifellos mannigfaehe Umst~tnde einwirken kSnnen" (Kremann, S. 122).

    Wenn man die Ergebnisse eine9 sehr betrSehtliehen Anzahl von experimentellen und theoretisehen Untersuehungen zut Bestimmung und Berechnung von Molekularvolumina versehiedener Stoffe t~berbliekt, so steht man heure vor Biner Sachlage, die Kremann in seinem zusammen- fassenden Berieht folgendermagen eharakterisiert:

    i) Eine kolligutive Eigensehu9 ist in ihrem Wert dureh dus Mol bestimmt, h~t Mso fiir je ein Mol der verschiedensten Stof9 den gleiehen Wert.

  • 576 Gicklhorn

    ,,Man sieht also, wie schwer es ist, schon far die wichtigsten Elemente der organischen Verbindungen, 9 Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauer- stoff, konstante Werte des Atomvolums anzugeben, so dal~ man auch nur mit BeschrUnkung die Frage weiter verfolgen kann, welchen ver- schiedenen Anteil verschiedenartige Elemente an der Raumerftillung ihrer Verb indungen haben.. . Die ers ten e in fachen Satze, welche H. Kopp aufs te l len konnte , lassen sich nur in g r~bster NU- herung oder aber nur zum k]e ineren Tei le und mit erheb- l ichen E inschr~nkungen auf rechterha l ten , und andere, g le ich e in fache Bez iehungen k~nnen kaum an ihre Stel le gesetz t werden . . . Bei gleichen Temperaturen gelten manche einfache Regel- m~I~igkeiten mit gr~13erer Ann~.herung als bei d en Siedepunkten, die ur- spr(inglich als Vergleichstemperatur angenommen waren; andererseits st~l~t man auf Schwierigkeiten, welch bei den Siedepunkten nicht auf- treten. Vielleicht ist daraus zu schlielgen, da~ weder bei den Siede- punkten noch bei gleichen Temperaturen Verg le ichbarke i t in dem an- gestrebten Sinne besteht.

    Jedenfa l l s kommen noch andere Umst '~nde dazu, welche die Lehre von der t~aumerft i l lung fNissiger Verb indungen verwicke l te r ersche inen lassen, als man zuerst annahm. Die Molekularvolumina lassen sich nicht als Summe konstanter Atom- volumina der E lemente ansehen, weil eben bel jeder A 9 der Verg le ichung die Zusamrnensetzung al lein nicht t iber die Raumer f t i l l ung entsche idet . Die Natur der E lemente , das Mengenverh5 l tn i s derse lben , ihre B indung, Grupp ierung und gegense i t ige Lagerung in den Molekt i len, kurz alle die wechse lse i t igen Bez iehungen, welche die ungeheure Mannig- fa l t igke i t der chemischen E igenschaf ten gerade in der or- gan ischen Chemie erzeugen. . , aile diese Bez iehungen werden naturgem~l~ ~~uch auf die Raumerf~i l lung e inwi rken" (S. 122).

    9 Soweit die bisherigen Erfahrungen reichen, ist es zwar zutreffend, dal~ die re la t ive Ste l lung der Mo lekt i lbes tandte i le i somerer St of le in der t~egel nur einen geringen Einflul~ auf das Volumen austibt. Es mtissen aber die Verh~ltnisse far jewei ls gegebene Stof fe eigens beachtet werden, weil Verschiedenheiten wirklich bestehen und viele zu- verl~tssige Beobachtungen vorliegen, in welchen sogar sehr betr5chtliche Unterschiede gefunden wurden.

    Mit diesen Ausfahrungen soll gezeigt werden, da~ doch Bedenken bestehen, die ~.[olekularvolumina einfach aus der Summe der Atom-

  • Zur Diskussion der Grundlagen und Bew'eise derUltrafiltertheorie der Permeabilit~t 577

    volumina und bestimmter Addenten ftir doppelte Bindungen auf Grund der Koppsehen Formel zu berechnen, und diese Werte ira Sinne der Ultrafiltertheorie zu verwenden. Die Anwendung der bekannten Formel auf w~tgrige, eventuell sogar verdfinnte Liisungen kann unter keinen Umst~tnden mehr als roh angen~therte Giiltigkeit beanspruchen. Die oit betr/~ehtlichen Abweichungen erkl/~ren sich bei Salzen durch die ver- schiedenen Dissoziationsverh~tltnisse und durch verschiedene Hydrata- tionen der Molektile bzw. Ionen. FUr nicht dissoziierte, hochmolekulare organische Stoffe in w/~griger LSsung kann auf Grund der Berechnungen nach der Koppschen Formel, die ja tiber di Beziehung von C~elSstem zu L6sungsmittel nichts aussagen kann, mit Sicherheit fiberhaupt keine Aussage tiber das wahre Volumen der L5sungsteilch gemacht werden, wenn man nicht an der Fiktion Iesth5lt, dag in der LSsung ausschliel~lich e inze lneMolekf i levorhandensind. Nur durch Exper imentekann wahrscheinlich gemacht werden, ob Hydratationen oder Polymerisationen vorliegen oder nicht. Ira Sinne der Ultrafiltertheorie, welche ja heute einen Geltungsbereich vom molekulardispersen Zustand bis zu kolloider L5sung beansprucht, spielen auch nicht , ,Molekt i le" eine Rolle, sondern allgemein fr beweglieh Teilehen, gleichgfiltig, oh diese ,,Teilchen" Molekfilg r u p p e n oder e in z e Ine Mo]ekfile mit ihren Wasserhtillen sind, die man heute auf Grund der sicher nachgewiesenen Beziehungen zwischen gelSstem Stoff und LSsungsmittel annehmen mug. Die Ablehnung dieser Annahme durch Ruh land und Ho 9 mit dem Hinweis darauf, dag die experimentellen Befunde mit den Forderungen der U l t ra - f i l te r theor ie ~) f ibere ins t immen, ist unzul/~ssig, denn blol~ aus dieser Ubereinstimmung darf das Fehlen. von Hydratationen oder Polymeri- sationen wohl n icht werden.

    Zu rien genannten Uberlegungen kommt aber noch das Bedenken, ob man selbst bel strenger Giiltigkeit der Formeln zur Berechnung des Nolekularvolumens fiberhaupt jene Werte h~tte, welche zut Beweis- 9 ira Sinne der Ultrafiltertheorie verlangt werden. Die Beziehungen, welche sich auf Grund konstitutionschemischer Merkmal und Formehl bzw. berechnenlassen, sind ja a l lgemein gesetz l iche Zu- sammenh~inge, die nur theoret i sch erfal3t werden kSnnen. Uber die j e w e i ] ig e GrSge der W einer g e g e b e n e n L5sung und eines bestimmten L5sungszustandes lassen sich ohne Bestimmungen ad hoc ilberhaupt keine Aussagen machen. Aus theoretischen Uberlegungen kann n icht vorausgesagt werden, ob eine Zusammen]agerung einzelner .~Iolektile zu

    ~) Diese soll ja erst bewiesen und nicht als MaBstab vorausgesetzt werden!

  • 578 G ick lhorn

    Molekfilaggregaten eintreten wird oder nicht; ebensowenig kann etwas fibe9 die AbhSngigkeit der Teilchengr5Be vom L0sungsmittel, von der Konzentration der LOsung, der Vorbehandlung, dem Alter, de9 Tempe- raturusw, vorausgesagt werden. Es ist daher n ieht nur wttnschens- wert , sondern unbed ingt notwend ig , die ira Versuch jewei ls vor l iegenden Verh~tltnisse zu best immen und auBerdem das AusmaB der Yer~nderungen zu kont ro l l i e ren . Wie berechtigt diese Forderung ist, zeigen die letzten und wohl auch genauesten Versuche "con Nist ler , Ostwa ld und Quast an Farbstoffen und die voranstehende Untersuchung von St i l lmann an farblosen Verbindungen. Auf diese Arbeiten, welche eine Darstellung der theoretischen Grundlagen der Methoden, der praktischen Ausffihrung von Versuehen und der reeh- nerischen Auswertung der Beobachtungsdaten bringen, sei daher aus- dr(icklich Yerwiesen.

    Obwohl zut essung des D ispers i tS tsgrades einer L5sung, welcher ja durch die Teilehengr513e deI: gel5sten Substanz definiert ist, p9 j ede physikalische Gr513e bent]tzt werden kSnnte, welche von der Teilcheng9 abh~tngt, kommen ~[essungen der Gesehwindigkeit de9 f 9 D i f fus ion in erster Linie in Bet 9 Frit die 9239 tIyd9 diffusion sind vo 9 allem die theo9 Orundlagen gesichertl), die p9 Durchffihrung ist seit der Ausarbeitung entsprechender ~Iikr o- methoden (vgl. F f i 9 U lhnann, N is t ler , Zuber) wesentlich ver- einfacht und auBerdem ist die Zahl de9 Fehle9 auf ein 3/[inimum herabgesetzt. Auf Grund von Beobachtungsdaten, die von cirier be- stimmten Theorie un~tbh~tngig sind, wird zunSchst der Diffusions- koeffizient berechnet und aus diesent nach der E insteinschen Formel der mi t t le re Teilchenradius. Bel dieser Berechnung ist vorausgesetzt,

    1. dal3 ein monod isperses System vorliegt, 2. die Diffusion in einem homogenen L5sungsmittel erfolgt, und 3. die Teilchen Kuge l fo rm haben.

    Obwohl Diffusionsmethoden (vgl. v. Hahn, Kuhn, Ff i 9 zur qua- litativen und quantitativen Bestimmung des DispersitLttsgrades von L0sungen - - besonders Farbstof 9 - - 15ngst angewendet wurden, und namentlich von Biologen und Medizinern sehr oft die techniseh freilich leichter ausffih9 Bestimmung von sogenannten ,,Diffusionsg e- schwind igke i ten" in Agar oder @elatine vorgenommen wurde, ist die aberwiegende Mehrzahl der oit zitierten We9 einfach u n b r au c h b af und

    1) Ftir die Ultr~filtration kann mun das wohl nicht behaupten.

  • Zur Diskussion der Grundlagen und Beweise der Ultrafiltertheorie der Permeabilitat 5 7 9

    darauf gestfitzte Fo lgerungen sind daher ggenstandslos. Die Be- griindung dieser Behauptung enthalten die Ausfiihrungen von Ff i r th.

    ,,Man begegnet h~ufig in der Literatur Angaben von Nessungen der , ,D i f fus ionsgeschwind igke i t " . E ine solche Angabe bat gar ke inen Sinn, da es t tberhaupt keine best immte Geschwind ig - kei t der D i f fus ion gibt , v ie lmehr das Charakter i s t i sche der D i f fus ion dar in besteht , dag die Te i lchen in den versch iedenen Zonen der d i f fund ierenden Substanz versch iedene Ge- schwind igke i ten besitzen. Was sich feststellen lfil3t, ist nur die Konzent ra t ionsver te i lung der d i f fund ierenden Substanz als Funkt ion der Zeit , aus der man je nach der besonderen Art, in der man die Diffusion vor sieh gehen l~tl3t, mit Hilfe der Differentialgleichung der Diffusion den Dif8 b e s t im m e n k a n n , der allein die D i f fus ion eharakterisiert. Es ist weiter.., durchaus nicht gleichgtiltig, in welchen Medien man die Diffusion vor sich gehen 151R, so dag man bei Beobachtung der Diffusion in verschiedenen Medien ganz verschied Werte des Diffusionskoeffizienten erhalten kann. Es ist daher du9 unsta t tha f t , wie es h~ufig gesehieht, zwecks methodischer Verein- fachung, die Diffusion anstatt in Wasser, etwa in C~elatine vor sich gehen zu lassen und die dabei gemessenen ,,Diffusionsgeschwindigkeiten '~ als MaB fer den Dispers i t~ttsgrad zubenutzen" (S. 295).

    Mit den bere i ts vor l i sgenden genauen Untersuehungen l';tl3t sich nun zeigen, dal3 es z. B. unt den Farbs to f f l6sungen Typen von ganz versch iedenem Verha l ten in bezug auf die Teilchengr513e gibt , die wohl deut l i ch genug c rkennen lassen, dag sich mit ke iner der heure vor l i ein jewei ls bes t immtes Ve 9 voraussagen liel3e.

    Das sei an einigen Beisp ie len gezeigt :

    Tabel le I

    Teilchenradien (x.10 -s Ch1) (siehe Nist]e 9 S. 4:4)

    Farbstoffe

    Berlinerblau wasserlSsl. Kongorot 1) . . . . . . . W~sserbl~u . . . . . . . Trypuflavin . . . . . .

    0,125 %

    114,0 9 18,0

    11,8 3,5

    0,062 %

    114,0 18,0 11,8 3,5

    0,031 0,016 0,008 % % ! %

    114,0 18,0 11,8 3,5

    i 114,0 114,0 18,0 18,0 11,8 11,8 3,5 3,5

    0,004

    No

    18,0~ 11,8 3,5

    0,002 %

    11,8 3,5

  • 580 G iek lhorn

    Es gibt a]so Farbstoffe, welehe innerhalb des untersuchten Kon- zentrationsbereiches ira Durchschn i t t ~) unver~tndert gleiche Teil- ehengr6ge aufweisen. Bemerkenswert ist die Tatsache, dag sieh unter diesen Farbstoffen ausgesproehen hoehkolloide aber aueh typiseh mole- kulardisperse L5sungen finden.

    Wenn man also mit Farbstoffen Ultrafilter eiehen will, so kSnnen nur derartige L6sungen in Betraeht kommen, nicht aber solche, welche eine mehr oder minder starke Abh5ngigkeit der TeilchengrSl3e von der Konzentration zeigen (s. Tabelle II).

    Tabel le II

    Farbs~offe

    Isaminblau . . . . . . . Kongorubin . . . . . . Cyanol . . . . . . . . . Methylenblau . . . . . Magdaarot . . . . . . Rose bengale . . . . . . NeutrMrot frisehe L6-

    sung . . . . . . . . . Bismarckbraun . . . . . Safranin . . . . . . . . Aurantia 1 Jahr alte

    LSsung . . . . . . .

    0,125 0,062 0,031 !0,016 0,008 0,004 J0,002

    % % % i % 1% O/o i O/o

    20,5 16.0 13.0 12,5 11,7 16,7 12,1 10.6 9,7 9,3 8,4 8,1 14,2 10,5 8.5 8.3 8,0 - - 13,5 9,2 6.7 5,4 4,6 4.1 3,5 8,9 8,4 7.6 6,9 6.8 5,8 5,4 7,4 7,0 6.3 5.5 5,1 4.9 4,8

    7,4 5,9 5.6 5,2 5,4 5,2 - - 6,6 5,6 5,2 3.9 3,6 3,1 5,8 5,3 5.1 4.9 4,4 - -

    3,9 3,5 3.2 2.9 2,7

    Aus dieser Tabelle ist ersichtlich, dag Farbstoffe verschiedener che- mischer Klassen, und zwar sowohl saure als aueh basisehe eine Kon- zentrationsabh~tngigkeit ihrer TeilehengrOBen zeigen, welche von Farb- stoff zu Farbstoff versehieden un~er Umst~nden das Doppel te bis V ier faehe des Teilehenradius I!) ausrnaeht. Aueh bel den angefiihrten Farbstoffen ist ersichtlieh, dag relativ grob disperse ein gleiehes Ver- halten zeigen, wie molekulardispers gel6ste ~vgl. [saminblau und Au- rantia). Diese kurze (Tbersicht soll aueh zum Bewugtsein bringen, dag eine j eweils naeh ihrer Teilehengr6Be fallend oder steigend geordnete 1~ eih e bei gleieher Verdfinnung, gleiehen Ausgangskonzentrationen nieh ~ un- Yer~tndert erhalten bleiben kann.

    1) Eine relativ geringe, doch sieher mebare Abh~,ngigkeit von der Konzentration ist aueh hier vorhanden, und zwar unter Auftreten von Min ima in einer bestimmten Konzentration (Einzelheiten vgl. bel N is t ler l .

  • Zur Diskussion der Grundlagen und Beweise der Ultrafi ltertheorie der Permeabil it~t 581

    Die folg Tabelle I I I soll zeigen, welch aul3erordentliche Schwan- kung d Teilchengr613e bei verschiedenen Farbstoffen ein j e weils v e r- sch iedenes A l ter der L6sung bedingen kann. Diese V w nach mehr oder minder langer Zeit zu einer S tab i l i s ie rung der L5sung ftihrt, kann entweder ira Sinn einer Verfeinerung (Aurantia) oder einer Vergr5berung (Pyrrholblau) erfolg Auch hier f~tllt wi234 auf, dag sich unter derart labil Farbstoffl6sungen typisch molekulardisperse neben relativ grob dispersen finden.

    Tabel le I I I

    Farbstoffe

    Aurant ia frisch . . . . . Aurantia bis 1 Tag alte .

    L6sung . . . . . . . Aurantia 1 Jahr . . . . Pyrrholblau bis 17 Stdn . . Pyrrholblau 16 Tage . . Uranin bis 7 Stunden . . Uranin 11 Tuge . . . . . Uranin 2 Monate . . . .

    o~25 Yo

    11,6

    4~9 3,9

    40,0 94,0 2,5 9,1 8,7

    0,062 %

    7,7

    5,2 3,5

    23,0 39,0 3,2 5,6 6,4

    0,031 0,016 % %

    6,7 5,6

    4,9 4,7 3,2 ~ 2,9

    18,3 15,7 26,5 20,5 3,6 3,4 4,8 4,7 5,2 i 5,o

    0,008

    4,5

    4,4 2,7

    17,6 3,9 4,3 4,6

    0,004 %

    17,5

    4,2

    0,002 %

    4,07

    Wi wenig sich auf Grund der K von Atomzah l und ~o- leku largewicht ein bestimmtes Verhalten der Teilchengr0Be w'~l~riger L6sungen voraussagen lier/e, soli die folgende Zusammenstellung zeigen .(Tabelle IV).

    Tabel le IV

    Farbstoff

    Methylenblau . Eosin A frisch . Eosin 1 Tag . . Erythrosin

    2 Stunden . . Erythrosin

    2 Monate . . Ros benga le . .

    Protoplasma. XIII

    Atom- Mole- kular-

    zahl g

    37 317,5 37 692 37

    37 880

    37 37 1050

    Sonderheft

    I

    0,125 %

    13,5 5,1 9,2

    0,062 0,031 %!% I 9,2 ] 6,7 5,3 5,3 6,3. 6,4

    6,2 5,5 5,6

    5,4 4,8 4,8 7,4 7,0 6,3

    I

    o,o16% O,Oo/oO8

    5,4 4,7

    5,3

    4,8 5,5

    0,004 0,002 % %

    4,6 4,1 3,5 4,5 - - - - 6,0 4,8

    - - 4 ,9 - -

    - - 4 ,3 - -

    5 ,1 4,9 4,8

    38

  • 582 G ick lhorn

    ~[an sieht, dag sieh namentlich in den sehw/ieheren Konzentrationen Untersehiede praktiseh fast ausgleiehe~i k6nnen und sieh das 3/Iethylen- blau mit einem Molekulargewieht von 317 von dem Rose bengale mit dem Molekulargewicht 1050 kaum unterseheidet, trotzdein beide Farbstoffe di gleiehe Atomzahl (37) haben.

    Diese Beispiele, welehe sieh durch weitere Untersuehungen sieher noeh um manchen interessanten Ausnahmsfall bereiehern lassen, zeigen wohl, dal3 man namentlieh bei Untersuehungen, welehe im Sinn der U l t ra f i l te r theor ie interpretiert werden sollen, kt}nftighin wird vo9 siehtiger vorgehen mfissen. - - Man wird N is t ler bedingungslos zustimmen mfissen, wenn er behauptet:

    ,,Nur dureh ad hoe vorgenommene essungen des Dispersitlits- grades, dureh kritisehe Auswahl extremer Glieder in geringer Anzahl (natiirlieh nur tiir bestimmte gleiehe Konzentrationen), dureh Kontroll- versuehsserien mit mehreren parallelen Reihen unter m6gliehster Gleieh-

    Ta-

    Teilchenradien (x-10 -a cm) farbloser

    Stoff

    Saccharose . . . . . Glukose . . . . . . . L~vulose . . . . . . Maltose . . . . . . Laktose . . . . . . Urotropin . . . . . Glyzerin . . . . . . IIarnstoff . . . . . . . .

    Molekular- Gewicht

    342,1 180,1 180,1 360 360,19 140,13 92,1 60,1

    Molekular- Volumen

    345,6 183,2 183,2

    87,8 59,2

    / % 0,125! 0,25% %~ %1 1225~o

    2,58 2,64] 2,76 2,50 2,31[ 2,43 I 3,41 3,04j ~,97 I 2,9s 3,95 410 14,56'

    i~ 2,2 2,12[ 2,22 2,68 2,66 / 2,64

    0 1,37 1,22 / 1,21

    haltung und Kontrolle aller iibrigen Faktoren, kann es mSglich sein, nach biologischen Experimenten Annahmen zu postulieren und Folgerungen zu ziehen, die auf Teilchengr013enwirkung Bezug nehmen" (S. 57).

    ,,Ieh halte daher alle bisher aufgestellten Farbstoffreihen zur Eihung von Ultrafiltern oder sonstigen Zweeken (oft ohne Angabe der Kon- zentration, des Alters u.a.!) ftir zweifelhaft. Qualitativ haben diese Reihen sieherlich wenigstens in ihren oft auseinanderliegenden Cdiedern das angegebene GefNle, da ja der Sprung von grob-dispers bzw. grob: kolloid zut molekulardispers grog genug ist, um innerhalb dieser t~eieh- weite Farbstof9 zu finden und zusammenzustellen, die aueh fiir gr613ere

  • Zur Diskussion der Grundlagen und Beweise der Ultra9 der Permeabilit~t 583

    Konzentrationst~reiten einen absoluten C~rSgenabfall aufweisen. Jedoch k6nnen solehe is sieher immer nur aus einer geringen Anzahl markant zu unterseheidender Glieder bestehen, falls Ansprueh auf absolute Riehtig- keit erhoben wird"-(S. 56).

    Ich habe an dieser Stelle die Farbstoffe nur deshalb ausffihrlieher be- handelt, weil ftir sie bereits ein gr6geres Material vorliegt, w~hrend fiir farblose Verbindungen noeh der gr5gte Teil der Bestimmungen dureh- gefiihrt werden mug. Es ist aber selbstverst5ndlieh, dag farb lose 'LS- sungen dense lben GesetzmSgigk unter]iegen und dag aueh bei ihnen nur Best immungen ad hoe beweisend sein k'5nnen, wenn sie ftir oder gegen die Ultrafiltertheorie ausgewertet werden. Die naeh- folgende Tabelle V von Sf i l lmann zeigt wohl, dag selbst innerhalb ein kleinen Sto9 Ausnahmen v0rkommen, z.B. die Laktos we]che ira Vergleieh mit der Maltose Bine unerwartet starke Konzentrations- abh~tngigkeit der TeilchengrTBe erkennen l~tgt.

    bel le V

    Stoffe (s. St i l lmann)

    2 %

    3,51

    2,52 3,16 5,47

    2,52 1,18

    2,5 %

    3,19

    3,62

    2,48 3,10 7,52

    1,28

    4 %

    3,85

    2,61 3,44

    2,48

    5 %

    3,85 3,70 2,72 3,42

    3,98 1,43

    6 %

    3,82

    2,85 3,58

    1,45

    8 %

    4,12

    2,90 3,56

    2,91 4,70 1,47

    10 %

    4,3 6,28 3,18 3,47

    1,46

    12 %

    4,0

    3,27 1,17

    Ein Blick auf diese Tabelle und ein Vergleieh mit Tabelle 14 in der 8tudie von Ruh land und I 9239 l~gt nun keineswegs derart ein- deut ige Beziehungen erkennen, wie man sie auf Grund der Molekular- volumina-Werte und ebenso der in pro Minute permeierenden Zueker-, Ita 9 und Glyzerin-Mengen erwarten mtigte.

    Als Vergleieh kOnnen wir weiterhin die von HTf ler ermittelte Zuekerpermeabilit5t heranziehen. HTf ler hat an Epidermiszellen der Stengelinternodien von Gentiana Sturmiana festgestellt, dag das Plasma pflanzlieher Zellen ira Plasmolysever'such d o eh in plasmometrisch naeh- weisbarem Grade permeabel ist und fand ffir:

    38*

  • 584 Gick lhorn

    Saccharose 60--90'10 -~ Cr.-3g. pro Stunde Glukose 60--100.10 -5 . . . . . . Fruktose 110--200-10 -5 . . . . . . Maltose 190--307"10 - 87 . . . . . . .

    Die Werte der Permeabilit~tt von Beggiatoa mirabilis sind nach Ruh land und Hof fmann

    far Saccharose ,, Glukose ,, Fruktos ,, Glyzerin ,, ttarnstoff

    0,000066 G-.-Y. pro Minute 0,000160 . . . . . . 0,000160 . . . . . . 0,014 . . . . . . 0,296 . . . . . .

    Otme auf Einzelheiten cirier Diskussion weiter einzugehen, mSchte ich daher naehdr~icklich betonen, daB sich aus dem b isher vor - l iegenden Material noch keine eindeutigen Beziehungen ergeben. Wenn man etwa vom Harnstoff ausgeht und seine Teilchengr613e mit der Ge- sehwindigkeit der Permeatiou in die Zellen in Beziehung bringt, s0 erheben sich schon beim Glyzerin, welches ira Molekularvolumen die naehste Stelle einnimmt, Schwierigkeiten, die noch grSl3er werden, wenn man z.B. Glukose oder L~tvulose mit Saccharose und weiterhin mit Laktose und Maltose ve.rgleicht.

    Noch sch~trfer treten die Sehwierigkeiten hervor, wenn man das Verhalten verschiedener Farbstoff l6sungen in Konzentrationen von annShernd derse lben Teilehengr613e vergleicht. Ebensowenig kann ausschliel31ich mit Hilfe der Ultrafiltertheorie das versehiedene Verhalten verschiedener Stoffe gleicher TeilchengrSl3e erkl~trt werden, wenn man geffirbte und ungef~trbte w~tl3rige LSsungen nebene inander in ihrem physiologischen Verhalten vergleicht.

    Den gegenw~rt igen Stand der U l t ra f i l te r theor ie m6chte ich dahin kennze ichnen, dag sic n icht e indeut ig bewiesen, aber auch n ieht e inwandf re i w ider legt ist. In keiner der bis heute vor l iegenden Arbe i ten ist der Best immung der Tei lchengrSl3e eben verwendeter L8sungen die geb~ih 9 Sorg- fa l t zugewendet worden; mit ausre ichend genau def in ie r ten L6sungen l iegen b isher noch keine verg le ichenden Versuche vor. Dazu kommt, dag die Beweise zugunsten der U l t ra - f i l te r theor ie sieh immer wieder auf Zel len st f i tzen, die in i rgende iner H ins icht a typ isch sind, was frit Begg ia toa ebenso gi lt wie far den Ery throcyten .

  • Zur Diskussion der Grundlagen und Beweise derUltrafiltertheorie der PermeabilitKt 585

    Trotzdem der Gesamteindruek der bisherigen Erfahrnngen boi kritiseher Analyse also nieht zugunsten der Ultrafiltertheorio zu spreehon seheint, wird man aber dooh nieht vorkennen diirfon, dag nieht nur in den Arbeiten von Ruh land und Hof fmann, sondern aueh in den Studien von Col lander, Baer lund, Poij~trvi, Mond und Ho 9 und vielen andoren sieh aueh Versuehsreihen timon, die Beziohungen zeigen, welehe den EinfluB der TeilehongrOBe wahrseho in l i ch maehen, sobald sioh n ieht Besonderhe i ton der L{Ssliehkeit, ak tue l len l~eakt ion usw. domin ie rond ge l tend maehen kOnnen.

    IV.

    Wenn wir nun wied zuin ersten Teil der Ultrafilte9 zuriick- kehren, so erheben sich zwoi Fragen.

    1. Wie groB dio ,,Porenweito" lebonder Protoplasten bzw. ihrer G-renzsehichten soin k6nnte und

    2. ob sieh bei d oto dorzoitigon Stand dos Wissons Anhaltspunkte gowinnon lasson, wolehe einen erroohneten Wert plausibel er- seheinen lassen.

    Es liegt zwar oin sehr roiehes Material von Beobaehtungen an toton, k i ins t l i chen Mombranen (Ultrafilter) vor, fiir welcho sieh dio Poron- woito in reeht befriodigender Weise und iibereinstimmend mit molekular- theoretisehen Vorstollungon bereehnen lieB (vgl. Literatur bei Huber und H6fler).

    Fiir lebende Mombranon werden nun kiirzlieh von Huber und I t6f lor Berechnungon zur Diskussion vorgelegt, die zu auBerordontlich bemerkonswerten Ergebnissen fiihrton. Die Autoron haben mit Hilfo der von H6f ler ausgearbeitoten ,,plasmometrisehen Methode" zun/ichst dio Was s er p er me ab i l i t / i t versehiedener Protoplasten eingohend studiert und ihro Ergobnisse auch ira Sinne der Ultrafilterthoorio aus- gewertet. Dieser erstmalige Versueh der Boreehnung fiihrte z. B. fur das Plasma von Salvinia zu einom Porondurehmesser von 0,4 ## oder 4"10 -s cm.

    Zu dieser Berechnung, die ,,mit allom Vorbohalt" vorgonommen wird, wurdo vorausgesetzt, dag die Wasserbewegung dureh das Proto- plasma als Filtrationsvorgang aufgefal3t werden kann und dem Poiseuille- schen Gesetz entspreehend vor sieh geht (Einzelheiten der Berechnung siehe I tuber und H6f ler , S. 490). In der Diskussion der Ergobnisse bemerken dio Autoren nun folgendes: ,,Mit dieser Zahl 4.10 -8 cm stoBen wir bemerkenswerterwoise genau auf den Wert, den wir auch aus anderen

  • 586 Gieklhorn

    Grfinden erwarten miissen, wenn w~r t iberhaup~ die Permeab i l i tS t als U l t ra f i l t ra t ion au f fassen wollen. Mit der C-r613enordnung von 0,1 1 ## befinden wir uns n~tmlieh mitten ira Bereieh der Molek~tl- gr613en, und wenn die SemipermeabilitLtt. insbesondere die Undureh- l~issigkeit gegent~ber gr613eren Molekiilen auf einer Siebwirkung beruhen soll, so mtissen wir f~r die Interstitien der Plasmamembranen und anderer semipermeabler Membranen die angegebene Gr613enordnung fordei~n (S. 490).

    Allerdings ftigen Huber und H6f le r ittren Ausftihrungen aueh gleieh kritisehe, einschr/~nkende Bemerkungen hinzu, die hier in extenso zitiert seien :

    ,,Wir m6ehten nieht versehweigen, dag vr ~rotz dieser d0ppelten 0bereinstimmung, die wir zwischen Plasma und anderen semipermeablen Membranen in der Gr6Be der Wasserfiltration und der bereehneten Poren- gr0Be feststellen konnten, gewisse theoret i sche Bedenken gegen d ie Anwendung des Po iseu i l l esehen Gesetzes 1) beimSehluBvon jener auf diese nieht unterdrtteken k6nnen. Wenn aueh bel der Poren- gr6Ben von B je r rum und Manegold das Poiseuillesehe Gesetz allem Ansehein naeh noeh streng gfiltig war, so n~thern wir uns bel den Plasma- poren doeh bereits einer Dimension, in der das Poiseuillesehe Gesetz seine G~iltigkeit verlieren muB, n~tmlieh der Gr6Be der Wassermolekttle bzw. -molek~ilaggregate: da bei dieser Dimension jede Wasserfiltration auf- hOren muB,. w/ihrend das naeh der Poiseuillesehen Pormel erst bei un- endlieh feinen Poren der Fall ist, d~irften wir bereits bei der Ann~therung an diese Dimension die Kleinheit d Poren tiberseh~ttzen. Die aus der Wasserpermeab i l i t~t e r rechnete Porengr613e kann also r i cht ig sein, sie kann aber aueh zu Mein sein; sehr grog seheint der Fehler allerdings kaum zu sein, da aueh alle tibrigen Erfahrungen unbedingt fur Interst i t iengr613en nnter 1 ## spreehen. Neuestens bezeiehnet aueh Manego ld (1929, S. 373) die Gtiltigkeit des Poiseuillesehen Gesetzes ffir sehr kleine Kapillarquersehnitte als ,,sehr zweifelhafg", reehnet aber dann doeh ,,in erster Nfiherung" mit dieser G~9 (S. 492).

    Die Autoren weisen weiter darauf hin, daB naeh allen bisherigen Versuehen eeht semipermeable Membranen - - nieht nur solehe die kolloid- undurehl~tssig sind eine Porenweite unter 1.10 -7 cm besitzen. Die peripheren Plasmasehiehten einer Salvinia-Zelle mit 4:.10 -s cm k6nnen also ganz gut den dichtesten kfinstliehen, als Ultrafilter 8

    1) Von mir gesperrt!

  • Zur Diskussion der Grundlagen und Beweise derUltrafiltertheorie der Permeabilit~t 587

    Membranen zur Seite gestellt werden. ,,Es ist den kfinstlichen ~emb9 an Feinheit insoweit aber offenbar tiberlegen, als es dieselbe Dichte bei einem Yiel hSheren Wassergehalt erreicht, was eine sehr viel feinere Verteilung der In~erstitien, also kleiner Mieellen, erfordern wtirde" (Huber und HSf ler , S. 491).

    Auf Grund ihrer Uberlegungen und des reichen Beobaehtungs- materials 9 die genannten Autoren die for uns hier in Betraeht kommenden Ergebnisse dahin zusammen:

    ,,Eine Ultrafiltration dureh engste Plasmaporen ist aber nat t i r l i ch gar n ieht die einzige M0gl ichke i t , dureh die wir uns die abso lu t so geringe Wasserpermeabilit~it des Plasmas von Salvinia und unserer iibrigen wenig permeablen Objekte begreiflich machen kOnnen. 3gan kSnnte Bine Deutung aueh auf C-rund der Vors~ellungen der versehiedenen LSs l iehke i ts theor ien (etwa der Lipoidtheorie) geben. Man braueht nur anzunehmen, dag wenigstens in gewissen Sehiehten des Plasmas die w~tgrige Phase inhomogen, dispers ist, dag also das aus dem Zellsaft austretende Wasser teilweise nieht wN3rige Sehiehten zu durehsetzen hat, um so8 aueh wesentlieh gr613ere Widerst~tnde gegen den Wasserdurch- tritt m6glieh erseheinen zu lassen.

    Es mag gentigen, auf diese beiden DeutungsmOgliehkeiten hin- zuweisen, die zugleieh die beiden wiehtigsten fiir alle Permeabilit~ts- erseheinungen sind. Eine ndgiiltige Entseheidung zwisehen beiden aus unseren Erfahrungen tiber die Wasserpermeabilit~tt heraus seheint uns noeh nieht mSglieh; doeh bedeutet die Tatsaehe, daB die beobaehtete Wasserpermeabilit~tt unter Voraussetzung Biner Ultrafiltration h~ttte vorhergesagt werden k6nnen, natiirlieh Bine wesent l iehe Stt i tze fiir d iese Vors te l lung" (S. 493).

    Wenn wir nun demgegentiber au9 CTrund der friiher mitgeteilten Bestimmungen der Teilehengr6Ben von Zuekern, Itarnstoff, CT1yzerin (als Plasmolytiea) und versehiedenen Farbstof 9 - - darunter typisehen Vital 9 - - uns rien bereehneten Wert von 4.10 -s cm als mit t 1 e r e n Porendurehmesser lebender Plasmatiseher Grenzsehiehten vor Augen halten, dann kSnnten iiberhaupt nur Harnsto f f und Wasser die Plasmagrenzsehiehten durehdringen!! (Nach Debey 1) hat das Wasser- mo lek i i l einen Nolekulardurehmesser von etwa 2.10 -s cm, wobei man aber zu beaehten ha.t, dag Wasser in f l t iss igem Aggregatzustand poly- merisiert sein dtirfte, und vermutlieh je drei Molektile ein ,,Teilehen ~

    1) Debey, Polare Molekeln. Verlag Hirzel-Leipzig 1929.

  • 588 G iek lhorn

    bilden.) Aile anderan Stof fe k0nntan bei e inem Porendureh- messer des P ro top lasmas von 4"10 -s cm wad ain- noah aus- t re tan , vorausgesatz t , dag dureh dieselben In ters t i t ian aul3ar Wassar auch gelSsta Stof fe t ranspor t ie r t 'werden und man annahmen darf , dag annaharnd gle ieh grol3a In ters t i t ian vor l iegen, deren mi t t le rer Durchmessar eben ainar Be- raehnung zug~tnglieh ist.

    Bai diaser Saehlaga sehaint mit die neue Zusatzannahma von Struktur 5 n d e r u n g a n unter Einwirkung dar p Sto9 schon dar ]etzte Ausweg, und ieh halte as 9 wanig wahrseh dag man selbst durah dia Annahme aines Ubergangas von der isodiamatrisehen Porenstruktur zur Spaltenstruktur oder ainar Andarung der Porenzahl auf t(ostan der Porengr513a oder eines (~berganges von ungeordnater zu gaordnatar Porananordnung dia Ultrafiltarthaorie besser sttitzen k5nnta. - - Wenn wir erstens unsare Bastimmungen dar Teilahengr5Ban 9 siehar halten und zweitens ira Varsueh wirklieh ein Permeieran von Farbstoffen odar Zuakern naehweisen 1) kSnnan, dann roui3 aih Poran- durchmessar von r -s cm sieher zu k le in sain und die von Huber und It 5 f 1 a 9 ga~tuBarten Bedenken bazfiglich der PrSmissan der Beraehnung werdan wohl das l~iehtiga treffen. Dazu kommt weiter, dag dia beidan genannten Autoren an ainam aul3arordantlich umfangraiehen und ge- wissanha9 erarbeitetan ~atarial sehr bemerkenswarte Unglaichheitan dar Wassarparmaabilit~tt varschiedaner Objakte gefundan haban, wobai die ttSchstwarte um das 50faehe verschiadan sain k5nnan. ,,Die Zukunft mug lehran, wia dia Unglaiehheiten dar WassarpermaabilitSt varschiadenar Plasmen zu deutan sind und was sieh daraus far dan Fainbau des Plasmas sehliagan l~13t" (S. 495).

    Vo

    Wann wir also den Oasamteindruck hervorkahren, den ein ganaueres Studium der C~rundlagan und Beweise der versehiadanen Permaabilit5ts- theorian hinte9 so kommt man zu der gleiehen [~berzeugung, wie I lubar und H5f ler , dal3 es siah: ,,haute nieht mehr um eine Entseheidung zwisehan versahiedenen Permeabilit~tts t h e o rie n handelt, sondern dag es nur dan Ante i l varseh iedener nebeneinander w i rksaman Pr in- z ipien (der L6sliahkait, Ladung, Ultrafiltration usw.) abzugranzan gi l t , wobei frit den Durehtritt verseh iedener Substanzen va 9

    1) Selbstverst gilt dus nur ftir :Farbstoffe, die raseh ,,gesp werden.

  • Zur Diskussion der Grundlagen und Beweise der Ulgrafiltertheorie der Permeabilit~t 589

    Prinzipien raal3gebend sein kSnnenl) '' (Huber und H5f le r , S. 693, Ful3note).

    Aus d ieser E rkenntn is fo lgt aber, dag sieh bei der gegenw~irt igen Sach lag das In teresse der Zel l- und Proto - p las raa-Forseher u als es b isher der Fa] l ist , auf die Ausarbe i tung und Verbesserung von Methoden, s ta t t auf theo- r Uber ]egungen konzent r ie ren raug.

    Ira theoret i sehen Teil der Perraeabilit~tsprob]erae seheint rair heute wieder ein Frage einer Kl~irung dringend bedt~r9 und das ist Bine eindeutige und klare Forraulierung und Abgrenzung der Begriffe ,,Perraeabilit~it", ,,Penetration" und ,,Ultrafiltration", die man raeist sehleehthin als ,,Perraeabilit~tt" bezeiehnet. Die Dringliehkeit dieser Be- griffsbestiraraungen wird jedera zura Bewul3tsein koraraen, der Fragen der vitalen F~irbung in bezug auf irgend eine der Perraeabilit~itstheorien oder Hypothesen fiber ,,Strukturen" und ,,Merabranen" diskutieren will.

    Aueh die Frage, welehe Kr~ifte ara Stofftransport wirksara sind, wird erst dann einer Kl5rung zugef~ihrt werden kSnnen, wenn man in einera Versueh raSgl iehst viele Faktoren raessend kontrollieren und iii ihren Ver i inderungen verf0]gen kann. Es ist gewil3 eine Einseitigkeit der heutigen Theorien, wenn diese Frage entweder vorl~iufig iiberhaupt nieht beaehtet wird, oder wenn bisher irgendeine der Energieforraen und Krli 9 ohne Beweise als al lein wirksara hingestellt wird, z. B. die Osmose.

    Die Fiille der Arbeiten ad Perraeabilit~it in Biologie und lV[edizin w~hrend der vergangenen drei Jahrzehnte bat - - raeiner ~einung naeh - - zu einem Zustand geffihrt, der es ratsara erseheinen l~il3t, gerade wegen der verwirrenden Mannigfaltigkeit der Ergebnisse, sieh wieder den ein- faehsten und eleraentaren Fragen zuzuwenden, die noeh iraraer nieht rait der geforderten Sieherheit gekl~trt sind.

    Zusarara

    1. Es wird eine Ubersicht der Leitid der Ultrafiltertheori der P gegeben und die bereits vor]ieg Beweise, bzw. die Wege zut Priifung einer kritisehen Untersuchung unterworfem

    2. Es wird darauf hinge~viesen, dal3 die bish fibliehe Gl setzung von Molvolura rait Molekfilvoluraen unzul~tssig ist; dag weiter die Koppsche Forrael zur B des Molekularvoluraens aus den

    1) Sperrungen nicht im Original.

  • 590 Gieklhorn

    Atomvolumina auf wfil~rige L6sungen hochmolekularer Stoffe nicht an- gewendet werden kmm; dag trotz der gegenteiligen Behauptung Hydradationen und Polymerisationen bei w~LBrigen L6sungen gef5rbter und farbloser Verbindungen bestehen.

    3. In keiner der bisherigeI1 Arbeiten for oder gegen die Ultra- filtertheorie sind eindeutige und exakte Bestimmungen der Teilehengr6ge permeierender oder niehtpermeierender Stoffe vorgenommen worden.

    4. Die bisher vorliegenden Bestilnmungen von Nist ]er bzw. die von Sf i ] lmann zeigen, dal3 man ohne ad hoe ausgefiihrte Messungen des Dispersit~ttsgrades eben verwendeter LSsungen keine Aussagen fiber Teilehengr5gen maehen kann, wobei es gleiehgfiltig ist, ob die L5sung molekulardispers oder hoehkolloid ist.

    5. An Hand der Bestimmungen u H5f ler bzw. von Ruh land und Ho I 9 wird gezeigt, dag die Permeabilit~t von Zuckerl6sungen, Harnstoff, Glyzerin usw. keine eindeutige Abh~tngigkeit vom mittleren Teilehenradius dieser Stoffe erkennen lfil3t.

    6. Der auf @rund bestimmter Uberlegungen von Huber und H6f ler bereehnete Wert ffir den mittleren Porendurehmesser lebender plasmatiseher Grenzschichten wird mit den bisher vorliegenden Be- stimmungen der Teilehengr613e von Farbsto9 und farblosen Verbin- dungen vergliehen: ein Wert von 4"10 -s cm roui3 zu klein sein.

    7. Der gegenw~trtige Stand der Ultrafiltertheorie wird dahin be- ur~eilt, dag diese Theorie bis heure weder einwand9 bewiesen, noeh eindeutig widerlegt wurde, dag aber mit den derzeit bereits vorliegenden 3/Iikromethoden der Teilehengr513enbestimmung von L5sungen Bine exakte Pr~ifung m5glieh ware.

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