8
Die Kenntnis über das dynamische Verhalten von Bauwerken ge- winnt immer mehr an Bedeutung. Dies trifft insbesondere auf Brücken zu, die durch den Einsatz von hochfesten Materialien so- wie komplexen Computerprogrammen schlanker und leichter denn je geplant und gebaut werden können. Dadurch wird die Berück- sichtigung dynamischer Kriterien in der Planung und Bauwerks- überwachung unumgänglich. Eine Möglichkeit der Minimierung der auftretenden Schwingungen ist die Anordnung von Schwingungs- dämpfern am Tragwerk, die bis dato hauptsächlich in der Form des Masse-Feder-Dämpfers realisiert wurden. In diesem zweiteiligen Beitrag soll der alternative Einsatz von Flüs- sigkeitsschwingungstilgern in V-Form (Liquid-V-Damper) gegen vertikale Brückenschwingungen speziell für den Einsatz bei Fach- werkbrücken dargestellt werden. Dabei wird der Schwerpunkt im vorliegenden ersten Teil des Beitrages auf die mechanische Wir- kungsweise gelegt, der zweite Teil beschäftigt sich mit den zuge- hörigen Versuchen sowie der praktischen Anwendung der Tilger. Auf die baupraktische Einsatzmöglichkeit der Liquid-V-Damper wird dabei ein besonderes Augenmerk gelegt. Development and use of the Liquid-V-Damper against vertical bridge vibrations. Part 1 – Mechanical basics and mode of ope- ration. Nowadays the acknowledgment of the dynamical behavior of structures, in special for bridges, becomes more and more im- portant because of the use of high strength materials and complex computer simulations. Due to that reasons these structures can be planed and build more slender and light weighted than ever. So the consideration of dynamical effects in the planning phase and the structure monitoring is indispensable. One possible me- thod to reduce structural vibrations is the arrangement of dampers on the structure. The common type of dampers is the mass-spring damper. In this two-part paper the alternative use of tuned liquid column damper (Liquid-V-Damper) against vertical bridge vibrations in special designed for truss bridges is presented. The presented first part concerns with the mechanical mode of operation, the second part will present the corresponding testing series and the practical tuning of the damper. Special attention is paid to the practical use of the Liquid-V-Damper. 1 Beschreibung der Liquid-V-Damper Bei dem Liquid-V-Damper handelt es sich um eine Rohr- konstruktion in V-Form, die mit einer Flüssigkeit gefüllt und mit einer Anfangsauslenkung versehen ist. Die Tilger werden mit einer Schenkelneigung von ca. 60° ausgeführt, Zur Entwicklung und zum Einsatz des Liquid-V-Dampers zur Tilgung von vertikalen Brückenschwingungen Teil 1 – Mechanische Grundlagen und Wirkungsweise Josef Fink Stefan Kuss Fachthemen DOI: 10.1002/stab.200910084 was der durchschnittlichen Neigung von Fachwerkdiago- nalen entspricht. Die Querschnittsform sollte aus strö- mungsmechanischer Sicht rund sein, kann jedoch auch mit jeder anderen Geometrie ausgeführt werden. Die Quer- schnittsfläche sowie die Schenkellänge des Tilgers ergeben sich in Abhängigkeit von den Brückeneigenschaften, vor al- lem deren Masse und Eigenfrequenz (s. Abschnitt 2.3), aber auch in Abhängigkeit des vorhandenen Platzangebots auf dem Tragwerk. Die Tilger werden direkt auf dem Brücken- tragwerk in Brückenlängsrichtung und mit vertikaler Aus- richtung montiert (Bild 1). In den Bilder 1 und 2 ist beispiel- haft ein in der Versuchsreihe 2 (s. Beitragsteil 2) eingesetzter Plexiglastilger samt zugehöriger Geometrie dargestellt. Die Enden der Rohrschenkel können, abhängig vom Befüllungsvorgang sowie der erforderlichen Eigenfrequenz der schwingenden Flüssigkeit, offen oder geschlossen aus- geführt werden. Wie dem nachfolgenden Abschnitt ent- nommen werden kann, ist ein Tilger mit V-Form aus dyna- mischer Sicht weniger effektiv als Tilger mit vertikalen Rohrschenkeln. Es ergibt sich jedoch dadurch die Möglich- keit, den Tilger in Fachwerkdiagonalen völlig „unsichtbar“ zu integrieren bzw. diese bereits in der Planungsphase als Tilgerschenkel auszubilden. Bild1. Plexiglastilger mit V-Form, montiert auf der Versuchs- brücke des Institutes für Tragkonstruktionen – Stahlbau Fig. 1. Acrylic plastic damper with V-shape, assembled on the testing bridge build by the Institut für Tragkonstruktionen – Stahlbau 698 © Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Stahlbau 78 (2009), Heft 10

Zur Entwicklung und zum Einsatz des Liquid-V-Dampers zur Tilgung von vertikalen Brückenschwingungen – Teil 1 – Mechanische Grundlagen und Wirkungsweise

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Page 1: Zur Entwicklung und zum Einsatz des Liquid-V-Dampers zur Tilgung von vertikalen Brückenschwingungen – Teil 1 – Mechanische Grundlagen und Wirkungsweise

Die Kenntnis über das dynamische Verhalten von Bauwerken ge-winnt immer mehr an Bedeutung. Dies trifft insbesondere aufBrücken zu, die durch den Einsatz von hochfesten Materialien so-wie komplexen Computerprogrammen schlanker und leichter dennje geplant und gebaut werden können. Dadurch wird die Berück-sichtigung dynamischer Kriterien in der Planung und Bauwerks -überwachung unumgänglich. Eine Möglichkeit der Minimierung derauftretenden Schwingungen ist die Anordnung von Schwingungs -dämpfern am Tragwerk, die bis dato hauptsächlich in der Form desMasse-Feder-Dämpfers realisiert wurden. In diesem zweiteiligen Beitrag soll der alternative Einsatz von Flüs-sigkeitsschwingungstilgern in V-Form (Liquid-V-Damper) gegenvertikale Brückenschwingungen speziell für den Einsatz bei Fach-werkbrücken dargestellt werden. Dabei wird der Schwerpunkt imvorliegenden ersten Teil des Beitrages auf die mechanische Wir-kungsweise gelegt, der zweite Teil beschäftigt sich mit den zuge -hörigen Versuchen sowie der praktischen Anwendung der Tilger.Auf die baupraktische Einsatzmöglichkeit der Liquid-V-Damperwird dabei ein besonderes Augenmerk gelegt.

Development and use of the Liquid-V-Damper against verticalbridge vibrations. Part 1 – Mechanical basics and mode of ope-ration. Nowadays the acknowledgment of the dynamical behaviorof structures, in special for bridges, becomes more and more im-portant because of the use of high strength materials and complexcomputer simulations. Due to that reasons these structures canbe planed and build more slender and light weighted than ever.So the consideration of dynamical effects in the planning phaseand the structure monitoring is indispensable. One possible me-thod to reduce structural vibrations is the arrangement of damperson the structure. The common type of dampers is the mass-springdamper. In this two-part paper the alternative use of tuned liquid columndamper (Liquid-V-Damper) against vertical bridge vibrations inspecial designed for truss bridges is presented. The presentedfirst part concerns with the mechanical mode of operation, thesecond part will present the corresponding testing series and thepractical tuning of the damper. Special attention is paid to thepractical use of the Liquid-V-Damper.

1 Beschreibung der Liquid-V-Damper

Bei dem Liquid-V-Damper handelt es sich um eine Rohr-konstruktion in V-Form, die mit einer Flüssigkeit gefülltund mit einer Anfangsauslenkung versehen ist. Die Tilgerwerden mit einer Schenkelneigung von ca. 60° ausgeführt,

Zur Entwicklung und zum Einsatz des Liquid-V-Damperszur Tilgung von vertikalen BrückenschwingungenTeil 1 – Mechanische Grundlagen und Wirkungsweise

Josef FinkStefan Kuss

Fachthemen

DOI: 10.1002/stab.200910084

was der durchschnittlichen Neigung von Fachwerkdiago-nalen entspricht. Die Querschnittsform sollte aus strö-mungsmechanischer Sicht rund sein, kann jedoch auch mitjeder anderen Geometrie ausgeführt werden. Die Quer-schnittsfläche sowie die Schenkellänge des Tilgers ergebensich in Abhängigkeit von den Brückeneigenschaften, vor al-lem deren Masse und Eigenfrequenz (s. Abschnitt 2.3), aberauch in Abhängigkeit des vorhandenen Platzangebots aufdem Tragwerk. Die Tilger werden direkt auf dem Brücken-tragwerk in Brückenlängsrichtung und mit vertikaler Aus-richtung montiert (Bild 1). In den Bilder 1 und 2 ist beispiel-haft ein in der Versuchsreihe 2 (s. Beitragsteil 2) eingesetzterPlexiglastilger samt zugehöriger Geometrie dar gestellt.

Die Enden der Rohrschenkel können, abhängig vomBefüllungsvorgang sowie der erforderlichen Eigenfrequenzder schwingenden Flüssigkeit, offen oder geschlossen aus-geführt werden. Wie dem nachfolgenden Abschnitt ent-nommen werden kann, ist ein Tilger mit V-Form aus dyna-mischer Sicht weniger effektiv als Tilger mit vertikalenRohrschenkeln. Es ergibt sich jedoch dadurch die Möglich-keit, den Tilger in Fachwerkdiagonalen völlig „unsichtbar“zu integrieren bzw. diese bereits in der Planungsphase alsTilgerschenkel auszubilden.

Bild 1. Plexiglastilger mit V-Form, montiert auf der Versuchs-brücke des Institutes für Tragkonstruktionen – StahlbauFig. 1. Acrylic plastic damper with V-shape, assembled on thetesting bridge build by the Institut für Tragkonstruktionen –Stahlbau

698 © Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Stahlbau 78 (2009), Heft 10

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Stahlbau 78 (2009), Heft 10

2 Mechanische Grundlagen2.1 Bewegungsgleichung des Liquid-V-Dampers

Grundlage für die Ermittlung der Flüssigkeitsbewegung inAbhängigkeit der Brückenbewegung stellt die instationäreBernoulli-Gleichung für ein allgemein in der Ebene beweg-tes Bezugssystem [1], [2] dar.

(1)

Die einzelnen Terme in Gl. (1) beschreiben dabei von linksnach rechts die Geschwindigkeitsänderung des Flüssig-keitsfadens mit der Zeit (instationärer Term), die Differenzder Geschwindigkeitsquadrate, den geodätischen Höhenun-terschied und die Druckdifferenz zwischen Punkt 1‘ und 2‘(s. Bild 3) sowie die aus der Relativbewegung resultierendeFührungsbeschleunigung, projiziert in Richtung des Strom-fadens. Diese instationäre Bernoulli-Gleichung wird an -schließend auf einen Flüssigkeitsschwingungstilger mit V-Form angewendet. Dieser besteht, wie bereits erläutert,aus zwei Schenkeln mit demselben Querschnitt und ist inRichtung der Längsachse des Tragwerkes angeordnet. Da-bei wird Inkompressibilität sowie (zunächst) Reibungsfrei-heit der Flüssigkeit vorausgesetzt.

In Bild 3 ist das mechanische Modell des Liquid-V-Dampers in der Ausgangslage t = t0 sowie in der Momen -tanlage t = t1 dargestellt. Hierin bezeichnen x die Längs-und z die Vertikalachse des Brückentragwerkes, H die Längeeines Schenkels des V-förmigen Flüssigkeitsfadens in stati-scher Gleichgewichtslage zum Zeitpunkt t = ts (s. Abschnitt2.2), α die Neigung der Schenkel zur x-Achse und Δz0 dieAnfangsauslenkung der Flüssigkeitsspiegel zueinander zumZeitpunkt t = t0. Die Bewegung des Flüssigkeitsfadens er-folgt ausschließlich in der x-z-Ebene, die Neigung desTragwerks ϕ(t) wurde in [1] berücksichtigt, soll jedoch imvorliegenden Beitrag unberücksichtigt bleiben. Es wirddamit von einer rein vertikal erregten Struktur w(t) ausge-gangen.

∂ ′∂

′+ ′ − ′( ) = − −( ) − ′′

∫�ν ν ν

ρtds g z z p

1

2

22

12

2 112

122 1

1

2

− ′( )− ( ) ′′

∫p a e dsf t

� �· Mit dem in Bild 3 gegebenen mechanischen Modell

erhält man nach Auswertung von Gleichung (1) die nach-folgend angeführte Differenzialgleichung der Flüssigkeits-bewegung u(t) [1].

(2)

In Gleichung (2) wurde der zusätzliche Term ΔpV einge-führt, der, wie in der Hydromechanik üblich, die Reibungs-verluste berücksichtigt, die zunächst vernachlässigt wur-den. Für turbulente Strömungen ergibt sich dabei der vomQuadrat der Geschwindigkeit [3] abhängige, nachfolgendangeführte Druckverlust [1].

, (3)

wobei δv ein vom Rohrreibungskoeffizienten λ (abhängigvon der relativen Rauhigkeit k sowie der ReynoldszahlRe(v,ν)) sowie von eventuellen örtlichen Verlusten ζ (z. B.Rohrkrümmung, Durchflussregulierung, …) abhängigerParameter, v die Flüssigkeitsgeschwindigkeit, l die Strom-fadenlänge und d den Rohrdurchmesser darstellen.

(4)

Für weitere Untersuchungen ist es von Vorteil, den nichtli-nearen turbulenten Dämpfungsterm in eine äquivalente

δ λ ζ λ ζv dHd

= + = +∑ ∑� 2

Δpv v

v v= δρ

2

ü tH

w g u t pH

pHv( ) + ( ) +( )⎡

⎣⎤⎦ ( ) + + = −1

2 2sin α

ρ ρ�� Δ Δ ΔΔz

Hw g0

2�� +( )

Bild 2. Realisierte Geometrie der PlexiglastilgersFig. 2. Realized geometry of the acrylic plastic damper

Bild 3. Mechanisches Modell des Liquid-V-Dampers in Aus-gangslage und MomentanlageFig. 3. Mechanical model of the Liquid- V-Damper in initialand moving situation

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viskose Dämpfung umzurechnen. Dies kann durch denVergleich der dissipierten Energie der beiden Dämpfungs-terme, viskos und turbulent, in einem Schwingungszyklusermittelt werden. Die äquivalente viskose Dämpfung ζeqlautet für den Liquid-V-Damper

(5)

Darin beschreiben H die halbe Stromfadenlänge, ω die Er-regerkreisfrequenz, ωa die Eigenkreisfrequenz des Flüssig-keitsfadens (s. Abschnitt 2.3) und u0 die Amplitude derschwingenden Flüssigkeit. Die Zulässigkeit der Umrechnungdes turbulenten Dämpfungsterms in eine äquivalente vis-kose Dämpfung sowie deren Anwendungsgrenzen wurdendurch numerische Studien überprüft und ausgearbeitet [1].In Gleichung (5) erkennt man die Abhängigkeit des äquiva-lenten viskosen Dämpfungsmaßes von der maximalen Am-plitude der Flüssigkeitsbewegung, und damit von der Flüs-sigkeitsbewegung selbst. Damit erhält man trotz Einführungeiner äquivalenten viskosen Dämpfung durch das Auftretender Amplitude der Flüssigkeitsbewegung bei der Flüssigkeits-geschwindigkeit in Gleichung (2) eine nichtlineare Differen-zialgleichung.

Durch den in Gleichung (2) angeführten zeitveränder-lichen Term w

..(t) bei der Flüssigkeitsbewegung u(t) handelt

es sich bei dieser um eine nichtlineare inhomogene Diffe-renzialgleichung mit Parametererregung. Diese sind dadurchgekennzeichnet, dass bei ungünstiger Wahl der Parameterso genannte Parameterresonanz auftreten kann, die sichdurch ein, im ungedämpften sowie im gedämpften Fall, un -beschränktes Anwachsen der Amplituden auszeichnet. Eintypisches Beispiel für ein parametererregtes System ist dasmathematische Pendel mit vertikaler Erregung des Aufhän-gepunktes [4]. In [1] konnte durch Anwendung der Stö -rungs rechnung [5] ein minimal erforderliches viskosesDämpfungsmaß des Flüssigkeitsschwingungstilgers zur Ver-meidung von Parameterresonanz wie folgt ermittelt werden

(6)

Darin beschreiben mF die Flüssigkeitsmasse, ωA die Eigen-kreisfrequenz des Flüssigkeitsfadens, H die halbe Stromfa-denlänge und w0 die Amplitude der Tragwerksbewegung.In den zugehörigen numerischen Studien sowie in den Ver-suchen konnte gezeigt werden, dass diese minimal erforder-liche viskose Dämpfung sehr gering ist und damit das Auf-treten von Parameterresonanz für die vorgestellten Flüssig-keitsschwingungstilger nahezu ausgeschlossen werden kann(siehe numerische Studien in [1]). Eine diesbezüglicheÜberprüfung ist mit den Gleichungen (5) und (6) sehr leichtmöglich, wie in Teil 2 gezeigt werden soll.

Neben der Bewegung des Flüssigkeitsfadens interes-sieren, in einem noch größeren Ausmaß als die Flüssigkeits-bewegung selbst, die durch die Flüssigkeitsbewegung re-sultierenden Kräfte und Momente. Unter Anwendung desImpuls- sowie des Drallsatzes [1], [2] auf die bewegteFlüssigkeitsmasse erhält man die aus der Flüssigkeitsbewe-gung resultierenden Kräfte und Momente, wie nachfolgendangeführt.

ζ ζα

ωeqF Am H

w≥ =( )

min

sin

2 0

ζπω

ωω

δeqa a

vHu= 1

3 0(7)

Darin beschreiben mF die Masse der Flüssigkeit und mTdie Masse der Tilgerkonstruktion (Rohre, Abschlüsse, …).Berücksichtigt man in Gleichung (7) bei der vertikalenKraftkomponente, dass die Anfangsauslenkung Δz0 viel grö-ßer ist als die Flüssigkeitsbewegung

(8)

und vernachlässigt man weiterhin den Term der Parameter-erregung

, (9)

ergibt sich, dass die Kraftwirkung des Tilgers durch die Flüs-sigkeitsbewegung in z-Richtung fast ausschließlich durchdie anfänglich ausgelenkte Flüssigkeitsmasse Δz0 A ρ erzeugtwird. Bei der Tilgerauslegung gilt es somit, die Anfangsaus-lenkung der Flüssigkeitsspiegel so groß wie möglich zu wäh -len.

2.2 Druckdifferenz Δp

In Gleichung (2) wird der Druckunterschied zwischenPunkt 1‘ und 2‘ durch die Druckdifferenz p2–p1 berück-sichtigt. Wie nachfolgend gezeigt werden soll, hängt diesersehr stark von der Art des Befüllungsvorganges sowie derArt der Ausbildung der Rohrenden, offen oder geschlos-sen, ab. Durch geschlossene Rohrenden wird ein einge-schlossenes Luftvolumen erzeugt, das durch dessen Kom-pressibilität eine rückstellende Wirkung gegen die Flüssig-keitsbewegung erzeugt. Dieser Effekt kann als Luftfederangesehen werden, die zusätzlich zur Schwerkraft eineRückstellkraft bewirkt. Die gesuchte Druckdifferenz wirdaus der Poisson- oder Adiabatengleichung

(10)

mit dem Adiabatenkoeffizient γ gewonnen [6]. Der Druckzum Zeitpunkt t1 mit dem Volumen V1 lässt sich aus demDruck zum Zeitpunkt t0 mit dem Volumen V0 wie folgt er-mitteln

(11)

Folgende fünf Fälle des Befüllvorganges – mit denen un-terschiedliche Eigenfrequenzen des Flüssigkeitsschwin-gungstilgers eingestellt werden können – sind denkbar:

p pVV1 00

1

=⎛

⎝⎜⎜

⎠⎟⎟

γ

pV

= 1γ

sin α( )H

u� 2

Δz u0 �

M m gAy F= −�

��ww z ut( ) ( )( )

+ ( )⎛

⎜⎜

⎟⎟

cos

sincos

α

αα

2 0Δ

mH

zF+ +12

20Δ uu üH

usinsin

αα

( )( ) +( )⎧

⎨⎪

⎩⎪

⎫⎬⎪

⎭⎪� 2

���F m m w gz F T t= +( ) −( ) +

�F m üx F= ( )cos α

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Fall 1: Beide Rohrenden offen – Einfüllen der Flüssigkeit –Schließen eines Rohrendes (im gezeigten Fall des linkenRohrendes) – einseitiges Einpressen eines Luftüberdrucks,bis sich das gewünschte Δz0 einstellt (Bild 4)

Die Druckdifferenz für den vorliegenden Fall lautet unterAnwendung von Gleichung (11)

(12)

Darin sind p0 der Atmosphärendruck, ρ die Dichte derFlüssigkeit, g die Erdbeschleunigung, γ der Adiabatenkoef-fizient (für Luft z. B. 1,405) und HL die Luftfederhöhe inder unausgelenkten Lage (t = ts). Zur weiteren Berücksich-tigung des nichtlinearen Dämpfungsterms und vor allem zurnäherungsweisen Ermittlung der Eigenfrequenz der schwin-genden Flüssigkeit wurde die Druckdifferenz durch eineTaylorreihe in u(t) angenähert, wobei diese nach dem li-nearen Term abgebrochen wurde. Diese lautet für dieDruckdifferenz von Fall 1 (s. Bild 5)

(13)

Die Zulässigkeit der angeführten Linearisierung kann nurdurch eine numerische Untersuchung der Differenzialglei-chung und einen Vergleich der Ergebnisse mit linearemund nicht linearem Druckterm gewonnen werden [1]. Ge-nerell kann jedoch festgehalten werden, dass bei großenLuftvolumina, das heißt bei großen Luftfederhöhen HLgegenüber der Anfangsauslenkung Δz0, eine Linearisie-rung der Druckdifferenz gut möglich ist. Werden hingegenhohe Eigenfrequenzen des Flüssigkeitsfadens angestrebt(s. Abschnitt 2.3) und damit einhergehend kleine Luftvo-lumina, treten starke Nichtlinearitäten auf, die nicht mehrvernachlässigt werden können.

ΔΔ

Δp

p g z

Hzapprox Fall

L

.

sin

sin1

0 0=+( ) ( )

( ) +

ρ γ α

α 000

2

2

u g z O u− + ( )ρ Δ

Δ

Δ

p g zH

zL

0 0

0

− +( )( ) +sin

ρα

22

20Hz

uL sin sinα α

γ

( ) + + ( )

⎜⎜⎜⎜

⎟⎟⎟⎟

Δ

Δp p p pFall1 2 1 11 0= − = −, ,

Bild 4. Befüllungsvorgang von Fall 1 zum Zeitpunkt der statischen Ruhelage ts, zum Ausgangszeitpunkt t0 sowie zumMomentanzeitpunkt t1Fig. 4. Filling procedure of filling case 1 at moment of equili-brium ts, initial situation t0 and moving situation t1

Bild 5. Verlauf des Druck -unterschiedes Δp exakt undlinearisiert in Abhängigkeitvon u/Δz0 und HL/Δz0Fig. 5. Developing of thedifference in pressure Δpexactly and linear approxi-mated in dependency ofu/Δz0 and HL/Δzy0

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Fall 2: Beide Rohrenden offen – Einfüllen der Flüssigkeit –Schließen eines Rohrendes – einseitiges Einpressen einesLuftüberdrucks, bis sich das gewünschte Δz0 einstellt –Schließen des zweiten Rohrendes

Nachfolgend ist auch für diesen Fall die linearisierteDruckdifferenz angeführt.

×

× (14)

Die Druckdifferenzen der restlichen Befüllungsfälle werdenhier nicht angeführt, können jedoch in [1] nachgelesenwerden.Fall 3: Beide Rohrenden offen – Einfüllen der Flüssigkeit –Schließen beider Rohrenden – einseitiges Einpressen einesLuftüberdrucks, bis sich das gewünschte Δz0 einstelltFall 4: Beide Rohrenden offen – Einfüllen der Flüssigkeit,bis der Bogenbereich gefüllt ist – Schließen eines Rohrendes– (vorsichtiges) Einfüllen weiterer Flüssigkeit im zweitenRohrschenkel, bis sich das gewünschte Δz0 einstellt (Bild 6)

Δu g− ρ zz O u02+ ( )

ΔΔ

pp

Hz

p gapprox Fall

L

.

sin

sin2

0

0

0

2

=( )

( ) −

++γ α

α

ρ ΔΔ

Δ

z

Hz

L

0

0

2

( ) ( )( ) +

⎜⎜⎜⎜

⎟⎟⎟⎟

γ α

α

sin

sin

Fall 5: Beide Rohrenden offen – Einfüllen der Flüssigkeit, bisder Bogenbereich gefüllt ist – Schließen eines Rohrendes –(vorsichtiges) Einfüllen weiterer Flüssigkeit im zweiten Rohr-schenkel, bis sich das gewünschte Δz0 eingestellt hat –Schließen des zweiten Rohrendes

Weitere Konfigurationen durch Berücksichtigung unter-schiedlicher Schenkellängen sind möglich und wurdenauch untersucht, werden jedoch an dieser Stelle nicht an-geführt. Durch die unterschiedlich vorhandenen und ab-geschlossenen Luftvolumina sowie den variablen Ausgangs-druck, also der unterschiedlichen Vorspannung der Luft,erreicht man unterschiedliche Eigenfrequenzen des schwin-genden Flüssigkeitsfadens. Diese reichen von ca. 0,5 Hzbis 7,5 Hz, wobei man bei den höheren Frequenzen schonmit hohen Drücken in den Rohrschenkeln rechnen muss.

2.3 Eigenfrequenz des Liquid-V-Dampers

Zur optimalen Abstimmung der Tilger für das jeweils vor-liegende Brückentragwerk werden Äquivalenzbeziehungenhergeleitet. Unter diese fällt als Hauptkriterium die opti-male Frequenzabstimmung, für die die Eigenfrequenz derschwingenden Flüssigkeit bekannt sein muss. Ermitteltwerden kann diese aus der homogenen linearisierten Dif-ferenzialgleichung Gleichung (2) der Flüssigkeitsbewe-gung (siehe [1]) bei Vernachlässigung der Parametererre-gung sowie der turbulenten Reibung, und lautet z. B. fürden Fall 1

(15)

sowie für den Fall 2

(16)

Die Eigenfrequenzen der restlichen drei Befüllungsvorgängeergeben sich in recht unhandlichen Formeln und werdenhier nicht angeführt (siehe [1]). In den Gleichungen (15)und (16) hat das Luftfedervolumen HL A neben der Strom-fadenlänge 2H den größten Einfluss auf die Eigenfre-quenz (s. auch Bild 7). In den nachfolgenden Frequenz-verläufen des Befüllungsfalls 2 erkennt man einerseits, dassdurch Anordnung der Luftfedern die Eigenfrequenz gegen-über dem frei schwingenden Flüssigkeitsfaden (nach Bild 7für „dp = 0“) auch bei sehr weichen Luftfedern, das heißt beieinem großen HL/Δz0-Verhältnis, in etwa eine Verdopp-lung der Eigenfrequenz erreicht werden kann. Wählt mankleinere Luftvolumina, das heißt kleine HL/Δz0-Verhält-

g

H gp

Hz

p

L

0

0

12

2

21

22

( )+

( ) −

α γρ

α

sin

sinΔ

00 0

0

2

+

( ) +

⎜⎜⎜⎜

⎟⎟⎟⎟

⎢⎢⎢⎢

⎥⎥ρ

α

g z

Hz

L

Δ

Δsin

⎥⎥⎥

fFall2 =

fg

Hg H

zFall

L

10

12

2

21

22

=( )

+

( ) +⎛

⎝⎜⎜

π

α γ

ρ α

sin

sinΔ ⎞⎞

⎠⎟⎟

+( )

⎢⎢⎢⎢⎢

⎥⎥⎥⎥⎥

p g z0 0ρ Δ

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Bild 6. Befüllungsvorgang von Fall 4 zum Zeitpunkt der statischen Ruhelage ts, zum Ausgangszeitpunkt t0 sowie zumMomentanzeitpunkt t1Fig. 6. Filling procedure of filling case 4 at moment of equili-brium ts, initial situation t0 and moving situation t1

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nisse, lässt sich die Eigenfrequenz drastisch anheben. InBild 7 ist die Abhängigkeit der Eigenfrequenzen auch vonder Stromfadenlänge 2H ersichtlich. Diese hat jedoch weitweniger Einfluss als die Luftfederhöhe.

3 Optimale Abstimmung des Liquid-V-Dampers

Wie bereits angeführt, müssen die Liquid-V-Damper für eineoptimale Wirkungsweise exakt auf das Brückentragwerkabgestimmt werden. Grundlage dazu geben die nachfol-gend angeführten und für den Zweimasseschwinger herge-leiteten Abstimmungskriterien nach Den Hartog [7].

(17)

Dabei bezeichnen f--opt,DenHartog das optimale Frequenzver-

hältnis zwischen Tilger- und Tragwerksfrequenz, μ dasMassenverhältnis zwischen Tilgermasse und modalerBrückenmasse und ζopt,∼,DenHartog die (durchschnittliche)optimale viskose Dämpfung des Liquid-V-Dampers. Die inGleichung (17) und Bild 8 angeführten Abstimmungskrite-

fopt DenHartog opt DenHartog, , ,,=+

=+

11

38 1μ

ζ μμ∼ (( )

=μm

mF

Tragwerk

Bild 7. Verlauf der Eigenfrequenzen in Abhängigkeit von H/Δz0 und Hl/Δz0 (Fall 2) mit Hl/Δz0 = min = 1/(2 sin(α))Fig. 7. Developing of the first natural frequency in dependence of H/Δz0 and Hl/Δz0 (Fall 2) with Hl/Δz0 = min = 1/(2 sin(α))

Bild 8. Vergrößerungsfunktionender Tragwerksbewegung des Zwei-masseschwingers mit optimalemFrequenzverhältnis f

--opt und opti-

maler durchschnittlicher Dämp-fung ζopt nach Den HartogFig. 8. Resonance response func-tions of the deflection of the mainmass of the two-degrees of free-dom system with optimal fre-quency relationship f

--opt and op-

timal intermediate damping ratioζopt given by Den Hartog

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rien gelten exakt nur für den viskos gedämpften Zweimas-seschwinger.

Um für den Flüssigkeitsschwingungstilger ähnliche Kri-terien zu erhalten, wurde der nachfolgend skizzierte und inBild 9 illustrierte Weg beschritten. Durch Vergleich der bei-den Differenzialgleichungssysteme, einerseits des viskos ge-dämpften Zweimasseschwingers (siehe [1]) nach Gleichung(18)

(18)

und andererseits des Einmasseschwinger-Flüssigkeitsschwin-gungstilger-Systems (siehe [1]), nach Gleichung (19)

(19)

konnten Äquivalenzbeziehungen hergeleitet werden, dieeine Abbildung des Einmasseschwinger-Flüssigkeitsschwin-gungstilger-Systems auf einen äquivalenten Zweimasse-schwinger ermöglichen. Diese lauten

(20)

mit dem einfachen Geometrieparameter

, (21)

wobei die äquivalenten Größen mit „^“ bezeichnet wer-den. In Gleichung (18) ist ersichtlich, dass einerseits dieEigenkreisfrequenz des Tragwerks Ωn sowie dessen (mo-dale) Masse M, aber auch die Flüssigkeitsmasse mF trans-formiert werden müssen. Die Eigenkreisfrequenz des Flüs-sigkeitsfadens sowie die äquivalente viskose Dämpfungbleiben dabei unverändert. Wendet man in weiterer Folgedie Abstimmungskriterien des Zweimasseschwingers aufden äquivalenten Zweimasseschwinger an, erhält man dieoptimalen Abstimmungskriterien für das Einmasseschwin-ger-Flüssigkeitsschwingungstilger-System, die wie folgt lau-ten

κ =ΔzH0

2

ˆ

ˆ

ˆ , ˆ

Ω Ωn n

A A

M M

=+ − −( )

= + − −( )( )

=

1

1 2

1 2

2

2

μ κ κ

μ κ κ

ω ω ζζ ζ

κ μ

μ μκ μ

μ κ κ

A A

Fm m

=

= +( )

=+( )

+ − −( )

ˆ

ˆ

1

1

1 2 2

12

12

1 2

0

0

Δ

Δ

zH

zH

üwμ μ+

⎝⎜⎜

⎠⎟⎟ +

⎢⎢⎢⎢

⎥⎥⎥⎥

��⎨⎨⎩

⎫⎬⎭

+⎡

⎣⎢

⎦⎥⎧⎨⎩

⎫⎬⎭

+2 0

0 0ζ ωA A u

w��

⎬ +⎡

⎣⎢

00

2

2

ωA

nΩ⎢⎢

⎦⎥⎥

⎧⎨⎩

⎫⎬⎭

=⎧⎨⎪

⎩⎪

⎫⎬⎪

⎭⎪

uw

MF

01

1 11

2 00 0μ μ

ω ζ+

⎣⎢

⎦⎥⎧⎨⎩

⎫⎬⎭

+⎡

⎣⎢

⎦⎥⎧⎨

üw

uw

a a��

��⎩⎩

⎫⎬⎭

+⎡

⎣⎢⎢

⎦⎥⎥

⎧⎨⎩

⎫⎬⎭

=⎧⎨⎪

⎩⎪

⎫⎬⎪ωa

n

uw

MF

2

2

0

0

01

Ω⎭⎭⎪

(22)

Der in Bild 9 dargestellte äquivalente viskos gedämpfteZweimasseschwinger wird durch das nachfolgend ange-führte Differenzialgleichungssystem beschrieben

(23)

1 11

2 00 0μ μ

ω ζ+

⎣⎢

⎦⎥⎧⎨⎩

⎫⎬⎭

+⎡

⎣⎢

⎦⎥⎧⎨

üw

uw

a a��

��⎩⎩

⎫⎬⎭

+⎡

⎣⎢⎢

⎦⎥⎥

⎧⎨⎩

⎫⎬⎭

=⎧⎨⎪

⎩⎪

⎫⎬⎪ωa

n

uw

MF

2

2

0

0

01

Ω⎭⎭⎪

fopt

opt

=+ − −( )

+

=+( )

+ + −

1 2

1 2

38

1

1 2

2μ κ κ

μ

ζκμ μ

μ κμ κ22( )

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Stahlbau 78 (2009), Heft 10

Transformierte Prameter des Zweimassenschwingers

ˆ , ˆ

ˆ ˆˆ

ω ωπ

ζ ζ ζ

μκ μ

μ

A AA

A A eq

F

f

mM

mM

= = = =

= =+( )

+

2

1

1 2 −− −( )=

+ − −( )κ κ μ κ κ2 2

1

1 2,Ω̂ Ωn n

Bild 9. Ablaufschema zur Bestimmung der optimalen Ent-wurfsparameter für den Flüssigkeitsschwingungstilger mitKrafterregungFig. 9. Flow chart for the calculation of the optimal tuningparameter for the tuned liquid column damper with force erection

Rücktransformation der optima-len Abstimmungsparameter

Ermittlung der optimalen Abstimmungsparameter fürden Zweimassenschwinger

(z. B. Krafterregung)

fopt

opt

=+ − −( )

+

=+( )

+ + −

1 2

1 2

38

1

1 2

2μ κ κ

μ

ζκμ μ

μ κμ κ22( )

ˆˆ

ˆ ˆˆ

f opt

opt

=+

=+( )

11

38 1

μ

ζ μμ

Damit stehen auch für den Flüssigkeitsschwingungstilgereinfach zu handhabende Abstimmungskriterien zur Verfü-gung, die lediglich vom Masseverhältnis μ sowie vom Geo-metriefaktor κ abhängen. In Gleichung (20) ist ersichtlich,dass für eine effektive Tilgung von Brückenschwingungeneinerseits eine optimale Abstimmung der Eigenfrequenzdes Liquid-V-Dampers gegenüber der jeweiligen Eigenfre-quenz des Brückentragwerkes sowie andererseits eine op-

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J. Fink/St. Kuss · Zur Entwicklung und zum Einsatz des Liquid-V-Dampers zur Tilgung von vertikalen Brückenschwingungen – Teil 1 – Mechanische Grundlagen und Wirkungsweise

Stahlbau 78 (2009), Heft 10

Bild 10. Dynamischer Vergrößerungsfaktor des Zweimassen-schwingers bei optimaler Abstimmung in Abhängigkeit desMasseverhältnisses μFig. 10. Frequency response factor of the two-degrees of free-dom system with optimal tuning parameters in dependenceof the mass relation μ

0,00 0,01 0,02 0,03 0,04 0,05 0,06 0,07 0,08 0,09 0,10

μ = mF/M

160,00

140,00

120,00

100,00

80,00

60,00

40,00

20,00

0,00

|a1/

x st|

kose Dämpfung konnte ebenso angegeben werden wie einemindestens erforderliche Dämpfung zur Vermeidung des ne-gativen und gefährlichen Effektes der Parameterresonanz.Fünf unterschiedliche Befüllungsvorgänge wurden ausgear-beitet, die nicht nur baupraktische Unterschiede in der Be-füllung ergeben, sondern auch einen großen Einfluss auf dieEigenfrequenz der Liquid-V-Damper haben.

Durch die unterschiedlichen Befüllungsvorgänge erge-ben sich unterschiedlich vorgespannte und abgeschlosseneLuftvolumina, die durch ihre Wirkung als Luftfeder eineeinfache Frequenzeinstellung der Tilger ermöglichen. Diefür die Abstimmung der Flüssigkeitsschwingungstilger not-wendige Eigenfrequenz des schwingenden Flüssigkeitsfa-dens konnte aus der linearisierten Bewegungsgleichung un-ter Vernachlässigung der Parameterresonanz sowie unterBerücksichtigung der unterschiedlichen Befüllungsvor-gänge abgeleitet werden. Für eine optimale Wirkungsweiseder Liquid-V-Damper ist eine optimale Abstimmung der Til-ger auf das jeweilige Tragwerk erforderlich. Dafür müssendie Eigenfrequenz sowie die Dämpfung der Tilger nach mo-difizierten Abstimmungskriterien nach Den Hartog, die invorliegender Arbeit präsentiert wurden, eingestellt werden.Darin ist die Eigenfrequenz des schwingenden Flüssigkeits-fadens in Abhängigkeit des Masseverhältnisses, das im Be-reich zwischen 1 und 5 % gewählt werden sollte, sowie ei-nes Geometriefaktors einzustellen. Das optimale Dämp-fungsmaß, das durch die Wahl der Flüssigkeit sowie durcheventuell eingebaute lokale Widerstände (z. B. Schieber)eingestellt werden könnte, ist von denselben Parameternabhängig. Damit sind für den Einsatz der Liquid-V-Damperalle erforderlichen mechanischen Kenngrößen gegeben.

Im zweiten Teil des vorliegenden Beitrages werdendiese mechanischen Beziehungen sowie die Effektivitätder Liquid-V-Damper durch aufwendige Versuchsserienverifiziert. Des Weiteren wird durch ein praktisches Bei-spiel einer Eisenbahnbrücke die einfache Abstimmung derLiquid-V-Damper präsentiert.

Literatur

[1] Kuss, S.: Sonderuntersuchungen zu Flüssigkeitsschwin-gungstilgern im Brückenbau. Technische Universität Wien,Institut für Tragkonstruktionen – Stahlbau, Dissertation, 2008.

[2] Ziegler, F.: Technische Mechanik der festen und flüssigenKörper. Wien: Springer Verlag Wien 1998.

[3] Bollrich, G.: Technische Hydromechanik – Band 1 – Grund -lagen. Berlin: Verlag Bauwesen 2000.

[4] Klotter, K.: Einfache Schwinger – Teil B: Nichtlineare Schwin-gungen. Berlin: Springer Verlag 1980.

[5] Nayfeh, A., Mook, D.: Nonlinear Oscilations. New York:Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KgaA 1979.

[6] Meschede, G. (Hrsg.): Gerthsen Physik. Berlin: SpringerVerlag Berlin 2006.

[7] Den Hartog, J. P.: Mechanical Vibrations. New York: DoverPublic 1985.

Autoren dieses Beitrages:Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. Josef Fink, Institut für Tragkonstruktionen –Stahlbau, Technische Universität Wien, Karlsplatz 13, 1040 Wien,[email protected]. Dr. techn. Stefan Kuss, Stahlbau Haslinger GmbH, Villacherstrasse 20, 9560 Feldkirchen, [email protected]

timale Einstellung der viskosen Dämpfung zu erfolgen hat.Der theoretische maximale dynamische Vergrößerungs-faktor der Amplituden des Tragwerks a1 bezogen auf diestatische Auslenkung xst lautet bei optimaler Abstimmung[7]

(24)

und ist in Abhängigkeit des äquivalenten Masseverhältnis-ses in Bild 10 dargestellt.

Darin ist ersichtlich, dass bereits ab ca. 5 %-Massen-verhältnis kein signifikanter Mehrgewinn an Effektivitätdes Tilgers zu erzielen ist und dass das Brückentragwerkdurch zusätzliches statisches Gewicht unnötig belastet wer-den würde.

Die praktische Auslegung der Liquid-V-Damper erfolgtnach Festlegung des Masseverhältnisses in den zuvor ange-führten Grenzen sowie den meist durch die Brückengeo-metrie vorgegebenen geometrischen Parametern Lges = H +HL, AF (Querschnittsfläche) und α mit der Bestimmung derAnzahl der notwendigen Tilger sowie der iterativen Bestim-mung der Parameter HL und Δz0. Diese ist bis zur Gleich-heit der ersten Tilgereigenfrequenz f1,Tilger mit der, mittelsden Abstimmungskriterien ermittelten optimalen ersten Til-gereigenfrequenz f1,opt durchzuführen. Wie in [1] angeführt,sind dafür wenige Iterationsschritte erforderlich.

4 Zusammenfassung

Im vorliegenden ersten Teil des zweiteiligen Beitrages überden Einsatz von Flüssigkeitsschwingungstilgern gegen verti-kale Brückenschwingungen konnte das mechanische Ver-halten der Liquid-V-Damper präsentiert werden. Alle für denEinsatz dieses Dämpfungssystems notwendigen Größensind damit bekannt. Darunter fallen die Bewegungsglei-chung des Flüssigkeitsfadens sowie die aus dieser Bewegungresultierenden Kräfte und Momente. Eine äquivalente vis-

axst1 1 2⎛

⎝⎜⎜

⎠⎟⎟ = +max

μ