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Zur Ermittlung von Stoffubergangszahlen auf Autoren Buchholz et al. [I]" b'oigt et al. [2]') Nakanoh, Yoshida [3] Schumpe et al. [5] Nishikawu et al. [6] Deckwer et al. [4] der Basis von Gelostsauerstoff=Messungen* Adrian Schumpe** ~~ ~ ApparategroRe Methode d, m L, m I lo3 k,a/c,, ~ s-l stationar 0,14 3,91 1 30,4 stationar 0,20 0,40 1 24,O dynamisch 0,145 1,30 1 9,6 dynamisch 0,30 2,50 3,4 dynamisch 0,15 0,30 I 2,l I stationar 0,14 2,70 , 5,0 Fehlerquellen bei dynamischen und stationaren Stoffuber- gangsmessungen werden anhand experimenteller Befunde in Blasensaulen diskutiert. Insbesondere sind das Zeitverhalten der Elektrode, der Widerstand im Flussigkeits-Grenzfilm, Blasenkontakte der Elektrode und der Einflulj der in visko- sen Medien akkumulierenden sehr kleinen Blasen zu beriick- sichtigen. Determination of mass transfer coefficients on the basis of dissolved-oxygen measurements. Sources of error in the dynamic and the stationary method for determination of mass transfer coefficients are discussed on the basis of experi- mental results obtained in bubble columns. In particular, the delayed electrode response, the resistance in the liquid film, bubble contacts of the electrode, and the influence of very small bubbles encountered in viscous media have to be considered. 1 Einleitung Die volumenbezogene Stoffiibergangszahl k,a ist eine wich- tige Zielgrolje bei der Auslegung von Begasungsapparaten, insbesondere, wenn eine hohe Viskositat des Mediums kleine k,a-Werte bedingt. Beispielsweise ist bei aeroben Fermenta- tionen in viskosen Kulturbruhen eine ausreichende Sauer- stoff-Versorgung der Zellen aufrechtzuerhalten. Der Viskosi- tatseinfld auf die Stoffubergangszahlen wurde daher schon haufig untersucht. Meist dienten waljrige Polymer-Losungen als Modellmedien zur Simulation des viskosen, haufig stark pseudoplastischen FlieIjverhaltens der Kulturmedien. Die Ubereinstimmung der mitgeteilten Stoffiibergangszahlen ist allerdings sehr unbefriedigend. Tab. 1 gibt einen Vergleich fur Messungen in Blasensaulen an waBrigen Losungen von CMC (Carboxymethylcellulose), dem meist verwendeten Modellmedium. Die rheologischen Eigenschaften sind so gewahlt, dal3 sie im untersuchten Bereich aller aufgefuhrten Arbeiten liegen. Dennoch unterscheiden sich die nach den jeweils vorgeschlagenen Korrelationen berechneten k,a- Werte bis um mehr als den Faktor 10. Systematische Einflus- se der ApparategroIje oder der verwendeten MeIjmethode (stationar oder dynamisch) werden nicht deutlich. Vermutlich tragen experimentelle Fehler erheblich zur Dis- krepanz der mitgeteilten Stoffubergangszahlen bei. Fehler- trachtig ist insbesondere die Messung der Sauerstoff-Fugazi- tat der Fliissigphase rnit Hilfe polarographischer Elektroden, die bei allen angefuhrten Untersuchungen eingesetzt wurden. Es ist das Ziel dieser Arbeit, anhand experimenteller Erfah- rungen mit dynamischen und stationaren Messungen in Blasensaulen auf Fehlerquellen hinzuweisen, die bei der Ermittlung von Stoffiibergangszahlen auf der Basis von Gelostsauerstoff-Messungen zu beachten sind. 2 Stationare Methode Bei der stationaren Methode wird die bei kontinuierlichem Betrieb des Begasungsapparates in der Flussigphase erzielte Sauerstoff-Anreicherung gemessen. Das Messen allein der Ein- und Austrittskonzentrationen kann zu erheblichen Feh- lern fuhren, wenn annahernd Sattigung erzielt wird. In Bla- * Vortrag auf der internen Arbeitssitzung des GVC-Fachausschus- ** Dr. A. Schumpe, Universitat Oldenburg, Fachbereich Chemie, ses ,,Bioverfahrenstechnik", 28./30. Mai 1984 in Lindau. Technische Chemie, Postfach 25 03, 2900 Oldenburg. sensaulen empfiehlt sich daher die Aufnahme des axialen Konzentrationsprofils. Dies kann uber in verschiedenen Ho- hen eingefuhrte Sauerstoff-Elektroden erfolgen [I] oder durch Entnahme gasfreier Flussigkeitsstrome, die einer ein- zelnen Elektrode zugefuhrt werden [4]. Die letztere Anord- nung hat den Vorteil, daB Konzentrationsschwankungen, die besonders in Begasernahe auftreten, durch ein entsprechen- des Puffervolumen ausgeglichen werden konnen. Insbeson- dere sind auch die hydrodynamischen Bedingungen an der Tabelle 1. Vergleich experimenteller Untersuchungen in Turm-Fermentern zum Sauerstoff-Eintrag in CMC-Modellmedien. Fur die Bedingun- gen: n = 0,84, k = 140 mPasn, D, = 2 10-9m2/s, eL = 1000 kg/m3, o = 70 mN/m, uG = 0,4 m/s ergeben sich die aufgefiihrten Abschat- zungen zur Stoffiibergangszahl. 1) Korrelation nach Henzler [17]. Sauerstoff-Elektrode unabhangig von denen in der Disper- sion einstellbar. Die Auswertung kann durch Anpassung des Zellenmodells mit Rucklauf oder des aquivalenten axialen Dispersionsmodells erfolgen. Meist kann dabei der Molen- bruch in der Gasphase als konstant angesehen werden, wo- durch sich die Berucksichtigung der Gasphasenbilanz er- ubrigt. Buchholz et al. [l] und Deckwer et al. [4] verwendeten das Dispersionsmodell mit den Randbedingungen nach Danckwerts unter Berucksichtigung eines linearen Druck- profils') : cz = xo2 - PT (1 + @[I - z]) wobei XO, z const: H 1 ) Eine Zusammenstellung der Formelzeichen befindet sich am SchluR des Beitrages. Chem.-1ng.-Tech. 57 (1985) Nr. 6, S. 501-505 0 VCH Verlagsgesellschaft mbH, D-6940 Weinheim 1985 0009-286x/85/0606-0501$02.50/0 501

Zur Ermittlung von Stoffübergangszahlen auf der Basis von Gelöstsauerstoff-Messungen

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Zur Ermittlung von Stoff ubergangszahlen auf

Autoren

Buchholz et al. [I]" b'oigt et al. [2]') Nakanoh, Yoshida [3]

Schumpe et al. [5] Nishikawu et al. [6]

Deckwer et al. [4]

der Basis von Gelostsauerstoff =Messungen* Adrian Schumpe**

~~ ~

ApparategroRe Methode d , m L, m I lo3 k,a/c,,

~ s- l

stationar 0,14 3,91 1 30,4 stationar 0,20 0,40 1 24,O dynamisch 0,145 1,30 1 9,6

dynamisch 0,30 2,50 3,4 dynamisch 0,15 0,30 I 2,l

I

stationar 0,14 2,70 , 5,0

Fehlerquellen bei dynamischen und stationaren Stoffuber- gangsmessungen werden anhand experimenteller Befunde in Blasensaulen diskutiert. Insbesondere sind das Zeitverhalten der Elektrode, der Widerstand im Flussigkeits-Grenzfilm, Blasenkontakte der Elektrode und der Einflulj der in visko- sen Medien akkumulierenden sehr kleinen Blasen zu beriick- sichtigen.

Determination of mass transfer coefficients on the basis of dissolved-oxygen measurements. Sources of error in the dynamic and the stationary method for determination of mass transfer coefficients are discussed on the basis of experi- mental results obtained in bubble columns. In particular, the delayed electrode response, the resistance in the liquid film, bubble contacts of the electrode, and the influence of very small bubbles encountered in viscous media have to be considered.

1 Einleitung

Die volumenbezogene Stoffiibergangszahl k,a ist eine wich- tige Zielgrolje bei der Auslegung von Begasungsapparaten, insbesondere, wenn eine hohe Viskositat des Mediums kleine k,a-Werte bedingt. Beispielsweise ist bei aeroben Fermenta- tionen in viskosen Kulturbruhen eine ausreichende Sauer- stoff-Versorgung der Zellen aufrechtzuerhalten. Der Viskosi- tatseinfld auf die Stoffubergangszahlen wurde daher schon haufig untersucht. Meist dienten waljrige Polymer-Losungen als Modellmedien zur Simulation des viskosen, haufig stark pseudoplastischen FlieIjverhaltens der Kulturmedien. Die Ubereinstimmung der mitgeteilten Stoffiibergangszahlen ist allerdings sehr unbefriedigend. Tab. 1 gibt einen Vergleich fur Messungen in Blasensaulen an waBrigen Losungen von CMC (Carboxymethylcellulose), dem meist verwendeten Modellmedium. Die rheologischen Eigenschaften sind so gewahlt, dal3 sie im untersuchten Bereich aller aufgefuhrten Arbeiten liegen. Dennoch unterscheiden sich die nach den jeweils vorgeschlagenen Korrelationen berechneten k,a- Werte bis um mehr als den Faktor 10. Systematische Einflus- se der ApparategroIje oder der verwendeten MeIjmethode (stationar oder dynamisch) werden nicht deutlich. Vermutlich tragen experimentelle Fehler erheblich zur Dis- krepanz der mitgeteilten Stoffubergangszahlen bei. Fehler- trachtig ist insbesondere die Messung der Sauerstoff-Fugazi- tat der Fliissigphase rnit Hilfe polarographischer Elektroden, die bei allen angefuhrten Untersuchungen eingesetzt wurden. Es ist das Ziel dieser Arbeit, anhand experimenteller Erfah- rungen mit dynamischen und stationaren Messungen in Blasensaulen auf Fehlerquellen hinzuweisen, die bei der Ermittlung von Stoffiibergangszahlen auf der Basis von Gelostsauerstoff-Messungen zu beachten sind.

2 Stationare Methode

Bei der stationaren Methode wird die bei kontinuierlichem Betrieb des Begasungsapparates in der Flussigphase erzielte Sauerstoff-Anreicherung gemessen. Das Messen allein der Ein- und Austrittskonzentrationen kann zu erheblichen Feh- lern fuhren, wenn annahernd Sattigung erzielt wird. In Bla-

* Vortrag auf der internen Arbeitssitzung des GVC-Fachausschus-

** Dr. A . Schumpe, Universitat Oldenburg, Fachbereich Chemie, ses ,,Bioverfahrenstechnik", 28./30. Mai 1984 in Lindau.

Technische Chemie, Postfach 25 03, 2900 Oldenburg.

sensaulen empfiehlt sich daher die Aufnahme des axialen Konzentrationsprofils. Dies kann uber in verschiedenen Ho- hen eingefuhrte Sauerstoff-Elektroden erfolgen [I] oder durch Entnahme gasfreier Flussigkeitsstrome, die einer ein- zelnen Elektrode zugefuhrt werden [4]. Die letztere Anord- nung hat den Vorteil, daB Konzentrationsschwankungen, die besonders in Begasernahe auftreten, durch ein entsprechen- des Puffervolumen ausgeglichen werden konnen. Insbeson- dere sind auch die hydrodynamischen Bedingungen an der

Tabelle 1. Vergleich experimenteller Untersuchungen in Turm-Fermentern zum Sauerstoff-Eintrag in CMC-Modellmedien. Fur die Bedingun- gen: n = 0,84, k = 140 mPasn, D, = 2 10-9m2/s, eL = 1000 kg/m3, o = 70 mN/m, uG = 0,4 m/s ergeben sich die aufgefiihrten Abschat- zungen zur Stoffiibergangszahl.

1) Korrelation nach Henzler [17].

Sauerstoff-Elektrode unabhangig von denen in der Disper- sion einstellbar. Die Auswertung kann durch Anpassung des Zellenmodells mit Rucklauf oder des aquivalenten axialen Dispersionsmodells erfolgen. Meist kann dabei der Molen- bruch in der Gasphase als konstant angesehen werden, wo- durch sich die Berucksichtigung der Gasphasenbilanz er- ubrigt. Buchholz et al. [l] und Deckwer et al. [4] verwendeten das Dispersionsmodell mit den Randbedingungen nach Danckwerts unter Berucksichtigung eines linearen Druck- profils') :

cz = xo2 - P T (1 + @[I - z]) wobei XO, z const: H

1 ) Eine Zusammenstellung der Formelzeichen befindet sich am SchluR des Beitrages.

Chem.-1ng.-Tech. 57 (1985) Nr. 6, S. 501-505 0 VCH Verlagsgesellschaft mbH, D-6940 Weinheim 1985 0009-286x/85/0606-0501$02.50/0

501

z=1 , @) = o .

Vernachlassigbare Zulaufkonzentrationen ( c ~ , ~ = 0) [ 11 las- sen sich im Kreislauf der Flussigphase uber einen Desorber meist nicht erzielen. Eine optimierende Anpassung der von Langemann [7] angegebenen analytischen Losung an die gemessenen Profile liefert neben den Stoffubergangszahlen k,a auch die Flussigphase-Dispersionskoeffizienten EL. Das Modell setzt allerdings die Konstanz beider GroRen voraus, was zu Fehlinterpretationen fuhren kann. So wurden bei der Beliiftung von CMC-Losungen uber Sinterplatten ,$ache" Profile rnit groljem Konzentrationssprung am Eingang ge- messen, deren Anpassung hohe Dispersionskoeffizienten er- forderte [ l , 41, wahrend sich fur Lochplatten kleinere EL- Werte ahnlich denen in Wasser ergaben (Abb. 1). Die schein-

Erfolgt die Umschaltung ohne Pause, wirken in der Saule zirkulierende Stickstoff-Blasen als Sauerstoff-Senke; die Aufnahme der Beluftung erst nach Entgasung aller Stick- stoff-Blasen bedingt andererseits eine Startphase fur die Ausbildung der Stoffaustauschflache. Die Konzentrations- messung sollte auf halber Dispersionshohe erfolgen, um den EinfluR der Startphase und der nicht-idealen Vermischung bei ortsabhangiger Triebkraft zu minimieren [9]. Der Anstieg der Sauerstoff-Flussigphasekonzentration ent- sprechend der Massenbilanz :

dc, kLa d t zL - (cL* -cL)

wird durch das Elektrodensignal cE rnit zeitlicher Verzoge- rung wiedergegeben [lo]. Meist gilt naherungsweise ein Zeit- verhalten 1. Ordnung:

= T i (cL - cE). dc, d t

3 , - - .' 1

Sinterplatte l0.2rnrn)

kLa = 6.0 . 10-3s-' 2

-\ .;.--..j

CL.0

0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 m z

Abb. 1. Anpassung stationarer Konzentrationsprofile in CMC- Losung (n = 0,92, k = 50 mPas") bei uL = 1,8 cmjs und uG = 1,4 cm/s (Deckwer et al. [4]).

bar erhohte Vermischung bei Begasung koaleszenzfordern- der Medien uber feinporige Begaser konnte zuruckgehen auf eine koaleszenzbedingte Abnahme der Stoffubergangszahlen mit zunehmendem Abstand vom Begaser, deren Erfassung das Modell nicht vorsieht. Eine Klarung durch direkte Ver- mischungsexperimente steht bisher aus. Das Modell ist aller- dings vie1 sensitiver gegenuber den kLa- als den EL-Werten [8], so daR die erinittelten Stoffubergangszahlen grundsatz- lich eine hohe Genauigkeit beanspruchen konnen. Die statio- nare Methode ist zwar experimentell aufwendig und zeit- raubend, vermeidet aber von vornherein viele Fehlerquellen der dynamischen Methode.

3 Dynamische Methode

Bei der dynamischen Methode wird die Anderung der Sauer- stoff-Flussigphasekonzentration bei sprunghafter Anderung der Gaszusammensetzung verfolgt. Der meist verwendete Sprung ist der Ubergang von Stickstoff- auf Luft-Begasung.

Fur die Zeitabhangigkeit des Elektrodensignals folgt damit [3, 111:

Zahlreiche Arbeiten [9, 11 - 131 behandeln die Auswertung dynamischer Experimente unter Berucksichtigung auch komplexeren Zeitverhaltens. Andererseits haben Nu kanoh und Yoshida [3] und Ruchti et al. [ l l] gezeigt, daR eine Auswertung unter Vernachlassigung des Zeitverhaltens zu korrekten Stoffubergangszahlen fuhrt, wenn nur MeRwerte bei hohem Sattigungsgrad herangezogen werden. Eine halb- logarithmische Auftragung entsprechend G1. (6)

k L a In(++)= - _ t + c o n s t , c E = c E ( t - + ~ ) 6L

liefert dort Parallelen zum nicht meRbaren Verlauf von In (c: - cL). Der Minimalwert des scheinbaren Sattigungsgrades cE/ct fur diese Vereinfachung hangt ab von der Elektroden- Charakteristik und der GroBe der Stoffubergangszahl. Abb. 2 zeigt die durch Vergleich mit GI. ( 5 ) ermittelten scheinbaren Sattigungsgrade, bei denen gerade noch ein Fehler von 5 % in der lokalen Steigung der halblogarithmischen Auftragung

1 .o

0.8

2) CL min

0.6

0.4

0.2

0 0 002 0.04 0.06 0.08 0.1

m kLa , s"

Abb. 2. Minimaler scheinbarer Sattigungsgrad (Fehler der lo- kalen Steigung < 5 %) fur die Auswertung dynamischer Messungen geman GI. (6).

502 Chem.-1ng.-Tech. 57(1985) Nr. 6 , S. 501-505

auftritt. Die gewahlten Werte der Zeitkonstanten entspre- chen etwa denen der Elektroden2) WTW-EO 90 (3 s) und WTW-EO 166 (7 s) in Wasser. Abb. 3 zeigt rnit diesen Elektroden ermittelte Stoffiibergangszahlen fur Leitungs- wasser in einer Blasensaule von 30 cm Durchmesser. Fur die ,,schnellere" Elektrode erfolgte die Auswertung nach G1. (6) unter Beschrankung auf Sattigungsgrade von 0,5 bis 0,9. Fur die Jangsamere" Elektrode wurden die k,a-Werte durch

f .- a - N

6 L O &

U ? - 1 - a - W

0.08 I 1

AH

A' ,--.-.- *,-.-*- -

-. - -mHm4 60% Saccharose(58rnPas) ,.*. -.

0-

v dynarnisch. T, = 2.9s.G1.(61

0 stationar ClLI I

0 0 2 & 6 8

uo.crn s-'

Abb. 3. Vergleich dynamischer und stationarer Stoffiibergangs- messungen im System Wasser/Luft in einer Blasensaule von 3 0 ~ m Durchmesser.

Anpassung von G1. ( 5 ) an den Verlauf des Elektrodensignals ermittelt. Die Ubereinstimmung untereinander und mit den Ergebnissen stationarer Messungen im selben Reaktor [14] ist gut. Die Verwendung schneller Elektroden unter Auswer- tung nach G1. (6) kann daher empfohlen werden, zumal sich dann eine quantitative Bestimmung der - Alterungserschei- nungen unterworfenen - Zeitkonstante erubrigt. Die Ver- nachlassigung des Anfangsteils der Sattigungskurve er- scheint kaum als Nachteil, da die Modellierung der Startpha- se ohnehin problematisch ist.

4 MeBfehler bei hoher Viskositat

Gemessen wird der durch Sauerstoff-Reduktion an der Ka- thode bedingte elektrische Strom. Die Diffusion des Sauer- stoffs an die Kathode wird kontrolliert durch die Transport- widerstande in der Membran und der dazwischenliegenden dunnen Schicht an Elektrolyt-Losung. Der elektrodenspezi- fische Diffusionswiderstand, insbesondere die Membrandik- ke, bestimmen die Ansprechzeit der Sauerstoff-Elektrode. Hoherviskose Medien bedingen kleinere Anstromgeschwin- digkeiten und niedrigere Diffusionskoeffizienten des Sauer- stoffs in der Fliissigkeit. Die Fliissigkeitsgrenzschicht kann dann einen erheblichen zusatzlichen Transportwiderstand beitragen. Dies erlangt urn so eher Bedeutung, je schneller die Elektrode in niederviskosen Medien anspricht. Der EinfluB vergroBerter Ansprechzeiten auf dynamische Messungen wird allerdings meist iiberkompensiert durch eine starkere Abnahme der zu ermittelnden Stoffiibergangszahlen durch viskositatsbedingte Blasenkoaleszenz.

2) Elektroden der Fa. WTW Wissenschaftlich-Technische Werk- statten GmbH, Weilheim.

Der Grenzfilmwiderstand fuhrt aber nicht nur zu hoheren Ansprechzeiten, sondern auch die stationaren Anzeigen wer- den - entsprechend der niedrigeren Sauerstoff-Fugazitat an der AuDenseite der Membran - systematisch zu klein. Die Abweichung ist ein MaR fur den Stoffubergangskoeffizienten k , im Grenzfilm. Abb. 4 zeigt die Fehlanzeige einer horizon- tal in eine Blasensaule eingefuhrten Elektrode in Wasser und viskosen waBrigen Losungen. In den pseudoplastischen Po-

8 o t (0) CMC (130-80 rnPa sl

(01 Xanthan (200-LOmPasl

4

20 /*,***

t -I 8 0 2 L 6

m uG ,ern s

Abb. 4. EinfluB des Diffusionswiderstandes im Grenzfilm auf die Elektrodenanzeige in luftgesattigten Losungen (1 00-%-Eichung in Wasser bei uG = 8 cm/s; CMC: n = 0,80, k = 283 mPasn; Polyacryl- amid (PAA): n = 0,56, k = 1040 mPasn; Xanthan: n = 0,26, k = 3 600 mPas9.

lymer-Losungen bleiben die Abweichungen gering, da trotz der Viskositatserhohung die Diffusionskoeffizienten nahezu unverandert sind [ 151. In den konzentrierteren Newtonschen Glycerin- und Zucker-Losungen treten allerdings erhebliche MeBfehler auf. Die systematische Fehlanzeige in viskosen Medien bleibt ohne EinfluR auf k,a-Bestimmungen, wenn konstante hy- drodynamische Bedingungen alle MeBwerte um den gleichen Faktor zu klein ausfallen lassen. Bei der dynamischen Me- thode wird dies nur in einer Startphase nicht erfiillt sein, die bei der Auswertung nach G1. (6) aber ohnehin unberucksich- tigt bleibt. Bei stationaren Messungen mit in den Reaktor eingefuhrten Elektroden ist die Forderung zumindest beim Messen der Zulaufkonzentration kaum erfullbar. Eine Ei- chung aller Elektroden ,,in situ" in luftgesattigtem Medium [ I , 21 bietet einen Ausweg, ist aber umstandlich, da sie bei jeder Anderung der Durchsatze wiederholt werden muS. In Blasensaulen sind wegen des Druckgefalles bei endlicher Vermischung dabei die Eichbedingungen lokal unterschied- lich. Vorteilhafter werden daher alle Messungen rnit einer einzigen Elektrode auBerhalb des Reaktors vorgenommen [4]. Dabei kann durch Erhohen der Anstromgeschwindigkeit (z. B. senkrechtes Beaufschlagen der Membran rnit eineni Fliissigkeitsstrahl) sogar in viskosen Glycerin-Losungen der Filmwiderstand eliminiert werden.

~~ ~ ~

Chem.-1ng.-Tech. 57(1985) Nr. 6, S. 501-505 503

5 EinfluB von Blasenkontakten

Bei dynamischen Versuchen wird eine Konzentrationsmes- sung auljerhalb des Reaktors nur im Ausnahmefall (sehr kleine Stoffiibergangszahl) vertretbar sein. Wird in der Dis- persion gemessen, ist ein gelegentlicher Kontakt rnit Gasbla- sen kaum vermeidbar. Bei geringer Flussigkeits-Turbulenz konnen sogar kleine Blasen an der Membran haften bleiben, insbesondere, wenn diese aus hydrophobem Material (z. B. PTFE) besteht . Die Wahrscheinlichkeit von Blasenkontak- ten hangt entscheidend ab von der Ausrichtung der Elektro- de relativ zur Bewegungsrichtung der Blasen. Abb. 5 zeigt Konzentrationslzeit-Verlaufe, die in Leitungs- wasser in einer Blasensaule von 30 cm Durchmesser gemes- sen wurden. Eine von oben eingefiihrte Elektrode rnit dunner

1.0 I 1

0.8 -

CE - c;

0.6 -

0.4 -

TE i 3.0 S

O G 2 0 0 LL-J 10 20 30 40 50

t , s

Abb. 5 . trode (dynamische Methode, System Luft/Wasser).

Signalverlauf bei unterschiedlicher Ausrichtung der Elek-

PTFE-Membran (Zeitkonstante : 3 s) wurde zuniichst hori- zontal (a = 90") und dann senkrecht nach unten (n = 180") ausgerichtet. Die unter sonst gleichen Bedingungen aufge- nommenen Kurven zeigen, dalj bei Ausrichtung gegen die aufsteigenden Blasen durch zahlreiche Kontakte verfalschte MeRwerte erhalten werden. Bei einer systematkchen Varia- tion des Anstellwinkels wurden im Bereich CI = 0 bis 120", d . h. bis zu einer leichten Neigung nach unten, ubereinstim- mende Stoffubergangszahlen erhalten. Bei hoheren Anstell- winkeln ergaben sich zu hohe k,a-Werte, die einer erhebli- chen Streuung unterlagen.

6 Kleinblasen als Sauerstoff-Senke

Viskose Medien neigen vielfach zur Ausbildung und Akku- mulation sehr kleiner Blasen (Durchmesser < 1 mm). Dies gilt z. B. fur alle in Abb. 4 beriicksichtigten Modellmedien, fur CMC-Losungen allerdings nur in Gegenwart oberfla- chenaktiver Zusatze [5]. Unter Umstanden kann der Kleinblasenanteil den relativen Gasgehalt an groljeren Bla- sen ubersteigen. Wegen der groljen spezifischen Oberflache der Kleinblasen steht die Sauerstoff-Konzentration im Gas praktisch im Gleichgewicht zur Flussigphase, ist wegen der geringen Sauerstoff-Loslichkeit aber erheblich groBer [16]. Fur Wasser bei 20" betragt das Verhaltnis der Gleichge- wichtskon/entr~itionen etua 30. fiir Liisungen rnit vermin-

derter Sauerstoff-Loslichkeit (z. B. Glycerin-Losungen) ist es entsprechend groljer. D a die Kleinblasen auch allen Flussig- keitsstromungen folgen, stellt ihre Dispersion eine pseudo- homogene Phase rnit erheblich erhohter Sauerstoff-Kapazi- tat dar . Bei dynamischen Stoffiibergangsmessungen in Gegenwart sehr kleiner Blasen wirken diese als Sauerstoff-Senke, damp- fen also den Konzentrationsanstieg. In hochviskosen Me- dien ist dies kaum zu vermeiden, da die geringe Aufstiegsge- schwindigkeit das Entweichen der Blasen erheblich verzo- gert. Ihr EinfluB ist dann in der Massenbilanz zu berucksich- tigen [16]:

(7)

Der als quasi-stationar betrachtete Kleinblasenanteil E ~ , ~ ~

la& sich vorteilhaft uber die scheinbare Dichte der Disper- sion bestimmen. Die Gaskonzentration c,, folgt dem Henry- Gesetz :

Einfuhren in die Massenbilanz und Integration liefert :

Die im Vergleich zu G1. (6) durch den Nenner reprasentierte Korrektur kann erheblich sein. Tab. 2 zeigt experimentelle Ergebnisse in Polyacrylamid(PAA)-Losungen, wobei einmal

Tabelle 2. Dynamische Stoffiibergangsmessungen zur Demonstration des Kleinblasen-Effektes (PAA-Losung: n = 0,72, k = 156 mPasn).

10,o 0 1 17,X 10,o 0,044 2,64 7,6 20,o 14,O 0 1 20,3 14,O 0,034 2,3x 9,9 23,6

das Entweichen auch der Kleinblasen abgewartet wurde (Stehenlassen iiber Nacht), zum anderen aber die Beliiftung in Gegenwart der Kleinblasen aufgenommen wurde. Die Auswertung nach G1. (6), d .h . die Vernachlassigung des Kleinblasen-Effektes kann zu einer erheblichen Unterschat- zung des k,a-Wertes fuhren. Der bei Auswertung nach GI. (9) verbleibende Unterschied zwischen den Messungen rnit und ohne Kleinblasen mag auf nicht vollstandig eingestell- tem Gleichgewiqht entsprechend G1. (8) beruhen oder durch die bei der Beliiftung blasenfreier Flussigkeit einsetzende Akkumulation der Kleinblasen bedingt sein. Auch bei stationaren Messungen ist der EinfluB der im Flussigkeitszulauf mitgefiihrten Blasen in der Massenbilanz zu berucksichtigen. Zur Verminderung des Effektes emp- fiehlt es sich, zwischen Desorptions- und Absorptionsappa- rat eine Entgasung der Fliissigkeit vorzunehmen, mindestens durch Zwischenschalten eines Vorratsbehalters mit hoherer Verweilzeit der Flussigkeit [4]. Die auf Vernachlassigung des Kleinblasen-Einflusses zu- ruckgehenden Fehler lassen sich nur abschatzen. Verschie- dentlich wird das Auftreten solcher Blasen jedenfalls nicht erkennbar berucksichtigt [l - 31. So erwahnen Nakanoh und

504 Chem.-Ing.-Tech.57(1985) Nr. 6,s. 501-505

Yoshida [3] zahlreiche Kleinblasen in Losungen von Na- triumpolyacrylat (PA). Die nach der dynamischen Methode ermittelten Stoffiibergangszahlen sind wesentlich niedriger als fur CMC-Losungen, was den viskoelastischen FlieBeigen- schaften der PA-Losungen zugeschrieben wird, aber auch durch den Kleinblasen-Effekt bedingt sein konnte.

7 Zusammenfassung

Bei dynamischen Stoffiibergangsmessungen empfiehlt sich das horizontale Einfuhren der Sauerstoff-Elektrode auf hal- ber Dispersionshohe. Ein Ausrichten gegen die Bewegungs- richtung der Blasen fiihrt durch Blasenkontakte zu einer systematischen MeBwertverfalschung. Der Einsatz schneller Elektroden ist vorteilhaft, wobei eine Auswertung unter Beschrankung auf hohere Sattigungsgrade die quantitative Berucksichtigung des Zeitverhaltens eriibrigt. Die Erhohung der Ansprechzeit in viskosen Medien wird durch die koales- zenzbedingte Abnahme der zu ermittelnden Stoffiibergangs- zahlen uberkompensiert. Der mit der Viskositat steigende Transportwiderstand im Grenzfilm bedingt dariiber hinaus systematisch zu niedrige MeBwerte, wodurch definierte hy- drodynamische Bedingungen eingehalten werden mussen. Bei stationaren Messungen bietet sich die Konzentrations- messung auBerhalb des Reaktors bei hohen Anstromge- schwindigkeiten an. Kleinblasen-Dispersionen in viskosen Medien sind als pseu- dohomogene Phase mit erhohter Sauerstoff-Kapazitat auf- zufassen. Bei Anwesenheit solcher Blasen zu Beginn dynami- scher Messungen bzw. im Zulauf eines stationar betriebenen Begasungsappazates ist ihr EinfluB in der Massenbilanz zu beriicksichtigen, da sonst die k,a-Werte erheblich zu niedrig angesetzt wiirden. Irn Vergleich zur dynamischen Methode erscheinen stationa- re Stoffiibergangsmessungen als aufwendiger, aber weniger fehlertrachtig. Die Messung axialer Konzentrationsprofile ermoglicht auch das Erfassen von Ortsabhangigkeiten unter dem EinfluB fortschreitender Blasenkoaleszenz. Dazu sind allerdings die Kenntnis des Vermischungsverhaltens und die Anwendung verfeinerter Reaktormodelle erforderlich.

Eingegangen am 5. Dezember 1984 [B 52051

Formelzeichen

Konzentration MeBwert der Sauerstoff-Elektrode Gleichgewichtskonzentration Saulendurchmesser Diffusionskoeffizient Dispersionskoeffizient Erdbeschleunigung Henry-Konstante

Konsistenzfaktor auf das Dispersionsvolumen bezogene Stoff- ubergangszahl Stoffiibergangskoeffizient im Grenzfilm Dispersionshohe FlieBindex Druck am Kopf der Saule Gaskonstante Zeit Elektroden-Zeitkonstante Leerrohrgeschwindigkeit Sauerstoff-Molenbruch im Gas axiale Koordinate Winkel zur Blasenaufstiegsrichtung Parameter in GI. (2) (= QLELgL/PT) relativer Phasenanteil Dichte Oberflachenspannung

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