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I~ Arbeiten aus dem Pharmakologischen Institut zu Ttibingen. (Vorstaad: Prof. C. Jacob.].) 31. Zur Frage der Entstehung der Stechapfelform der roten BlutkOrperchen. V0n Dr. T.othar Loeffler, Assistent am Institut. (Eingegangen am 28. IIL 1927.) Bei experimentellen pharmakologischen wie physiologischen Unter- suchungen wird es h~ufig nStig, mit Blut, das dem KSrper ffisch ent- nommen ist, sei es in verdtinntem oder unverdtinntem Zustande, zu arbeiten, wobei die Bestandteile des Blutes mSglichst die gleiche Be- schaffenheit wie im lebenden K(irper besitzen sollen. Ganz besonders kommt dies ftir alle jene Versuehe in Frage, bei denen Untersuchungen an isolierten, dureh ktinstliche Blutzirkulation am Leben erhaltenen Organen ausgeftihrt werden sollen. Soll das Blut dieser Anforderung entsprechen, so ist zuni~chst vor allem nStig, dal~ es vor dem Gerinnungsvorgange, welcher naeh Aus- treten aus den Blutgefi~l]en des KSrpers naeh kurzer Zeit eintritt, ge- schtitzt wird. Dies ist durch Zusatz einer ganz geringen Menge Hirudins heutzutage leicht zu erreichen, ohne dal~ alas Blut dabei sonst irgendwie naehweisbare Veri~nderungen erleidet. Man betrachtete deshalb aUeh bisher solches hirudinisiertes Blut als dem im KSrper zirkulierenden normalen Blute durchaus gleichwertig. Bei Verdtinnen solchen Hirudinblutes mit SalzlSsungen sieht man, wie aueh bei nicht hirudinisiertem und defibriniertem Blute, sobald ,die zugesetzte LSsung nicht ganz isotonisch ist, eine Quellung unter Volumenzunahme oder eine Sehrumpfung unter Verkleinerung des Durehmessers der roten Blutzellen eintreten. Da es nun bei Durchblutung an isolierten Organen, mit welchen sich Prof. Jaeobj schon seit langem beschaftigt, h~ufig erwtinseht ist, die zur Verttigung stehende Blutmenge durch Verdtinnung mit indiffe- Archiv f. experiment. Path. u. Pharmakol. Bd. 123. 1

Zur Frage der Entstehung der Stechapfelform der roten Blutkörperchen

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Page 1: Zur Frage der Entstehung der Stechapfelform der roten Blutkörperchen

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Arbeiten aus dem Pharmakologischen Institut zu Ttibingen.

(Vorstaad: Prof. C. Jacob.].)

31. Zur Frage der Entstehung der Stechapfelform der roten BlutkOrperchen.

V0n Dr. T.othar Loeffler,

Ass i s t en t a m Ins t i t u t .

(Eingegangen am 28. IIL 1927.)

Bei experimentellen pharmakologischen wie physiologischen Unter- suchungen wird es h~ufig nStig, mit Blut, das dem KSrper ffisch ent- nommen ist, sei es in verdtinntem oder unverdtinntem Zustande, zu arbeiten, wobei die Bestandteile des Blutes mSglichst die gleiche Be- schaffenheit wie im lebenden K(irper besitzen sollen. Ganz besonders kommt dies ftir alle jene Versuehe in Frage, bei denen Untersuchungen an isolierten, dureh ktinstliche Blutzirkulation am Leben erhaltenen Organen ausgeftihrt werden sollen.

Soll das Blut dieser Anforderung entsprechen, so ist zuni~chst vor allem nStig, dal~ es vor dem Gerinnungsvorgange, welcher naeh Aus- treten aus den Blutgefi~l]en des KSrpers naeh kurzer Zeit eintritt, ge- schtitzt wird. Dies ist durch Zusatz einer ganz geringen Menge Hirudins heutzutage leicht zu erreichen, ohne dal~ alas Blut dabei sonst irgendwie naehweisbare Veri~nderungen erleidet. Man betrachtete deshalb aUeh bisher solches hirudinisiertes Blut als dem im KSrper zirkulierenden normalen Blute durchaus gleichwertig.

Bei Verdtinnen solchen Hirudinblutes mit SalzlSsungen sieht man, wie aueh bei nicht hirudinisiertem und defibriniertem Blute, sobald ,die zugesetzte LSsung nicht ganz isotonisch ist, eine Quellung unter Volumenzunahme oder eine Sehrumpfung unter Verkleinerung des Durehmessers der roten Blutzellen eintreten.

Da es nun bei Durchblutung an isolierten Organen, mit welchen sich Prof. Jaeob j schon seit langem beschaftigt, h~ufig erwtinseht ist, die zur Verttigung stehende Blutmenge durch Verdtinnung mit indiffe-

Arch iv f. exper iment . Pa th . u. Pha rmako l . Bd. 123. 1

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2 I. LOTHAR LOEFFLER.

renten LSsungen zu vergrS~ern, so erschien es ihm nStig, dai~ nochmals festgestellt werde, ob und unter welchen Bedingungen solch hirudini- siertes oder auch blol~ defibriniertes verdiinntes Blur hinsichtlich seiner korpuskul~ren Elemente, vor allem hinsicMlich der Erythrocyten, als wirklich unveriindert zu betrachten sei.

Dabei stiel3en wit sogleich auf die bereits seit langem bekannte Tatsache, dai~ in dem ohne FixierungslSsung (z. B. t t ayem) unter- suchten, unverdiinnten wie verdiinnten Btute sich in kiirzester Zeit an den roten BlutkSrperchen sehr erhebliche Formver~nderunge n voll- ziehen, die zu der sogenannten StechapfeL oder Maulbcerform der KSrperchen ftihren.

tiber die Entstehung dieses Vorgangs suchten wir uns in der Lite- ratur n~her zu unterrichten, konnten aber zun~tchst in den tiblichen Lehr-und Handbiichern 1) keine befriedigende Erkl~irung der Erscheinung linden. Es fanden sich nur Angaben dahingehend, da~ diese Form= veri~nderung der Erythrocyten yon den verschiedensten Seiten beob- achtet und verzeichnet worden sei, aber ohne dal~ die Ursache der Er- scheinung zu erkl~ren versucht worden wi~re. 5~ur bei S t r i cker fandea wir spi~ter an anderer Stelle nigher zu besprechende Angaben dartiber, worauf die Stechapfelbfldung zu beruhen scheine.

Tun ist klan% da,~ eine so erhebliche Formveri~nderung der roter~ BlutkSrperchen, wie es die Bildung der Stechapfelform ist, ftir die StrS- mung des Blutes in den Gefii~en, zumal in den Kapillaren, keineswegs gleichgiiltig sein kann, dal~ vielmehr bei der Durchblutung iiberlebender 0rgane durch eine solche Vergnderung der Oberflgche der BlutkSrper- chen, infolge der durch sic bedingten vergrS~erten Reibung, die Blut- strSmung in einer erheblichen Weise beeinflu6t werden mul~. So war es, wenn anders die Verhgltnisse des kiinstlichen Blutstromes denen des normalen gleich sein sollen, unerli~l~lich, zu verhindern, da6 der- artige Veri~nderungen in dem zur ktinstlichen DurchstrSmung benutzten Blute eintreten. Um sic verhindern zu kSnnen, mug man aber die eventuellen verschiedenen Bedingungen, unter denen die Bildung solcher Stechapfelform erfolgen kann, genau kennen und wissen, auf welche Weise ihr Entstehen verhindert werden kann.

Deshalb forderte reich Prof. Jacobj auf, die Frage nach dem Wesen und der Ursache des Entstehens der Stechapfelbildung der

1) Naegeli, Blutkrankheiten. Berlin 1923, S. 113. -- Rosenow, Blut- krankheiten. Berlin 1925, S. 12. -- V. Schilling', Das Blutbild usw. Jena 1926~ S. 48 und 57. -- F. Morawitz und G. Dennecke in 5Iohr-Staehelin, Handb. d. inn. 5led. Bd. 4, Teil 1, 2. Aufi., S. 43.

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Erythrocyten, sowie nach den Bedingungen einer mSglichen Reversi- bilit~,t des Vorgangs eingehender zu untersuchen. Uber die Ergebnisse dieser Untersuchungen soll im folgenden niiher berichtet werden.

Es ist bekannt, dal~, wenn man behufs Z~hlung der Blutk6rperchen das Blur sogleich bei tier Entnahme mit der Hayemschen LSsung ver- diinnt, dabei die KSrperchen fi~ert und in tier Biirkerschen Z~hl- kammer untersucht, die BlutkSrperchen in ihrer normalen Form erhalten bleiben und eine Ver/inderung derselben aueh nach 1/ingerer Zeit nicht eintritt. Dal] unter dieser Bedingung die normale Form der BlutkSrper- chen bestehen b]eibt, hat aber offenbar seinen Grund darin, da~ unter der Einwirkung des in der LSsung befiudlichen Quecksilbersalzes die Oberfl/iche der in ihrem Aufbau zarten BlutkSrperchenmembran, even- tuell auch das Protoplasma selbst, in ihren osmotisehen und Quellungs- eigenschaften so ver/indert werden, da~ die Form des KSrperchens beeinflussende Vorg/inge, wie Quellung oder Sehrumpfung, nieht mehr eintreten kSnnen.

Verdiinnt man das Blur, ohne dal] die korpuskul~.ren Elemente in dieser Weise g]eichzeitig fixiert und abgetStet werden, d.h. mit ein- facher KoehsalzlSsung, so tritt am Hirudinblute wie an gewShnlichem Blute, wenn die LSsung hypotonisch ist, eine Quellung der Erythrocyten aufl), bei welcher sieh ihr Volumen vergrSl]ert undes schliei~lich zum Austritte yon Blutfarbstoff kommt, ohne da~ indessen Stechapfelforme~l auftreten. Werden dahingegen hypertonische LSsungen zur Verdtinnung benutzt, so schrumpfen die KSrperchen, indem sie unter Verkleinerung des Durchmessers und Versehwinden des Mittelreflexes der Kugelform zustreben2), abet Stechapfelformen in merklich sehnellerer oder ver- mehrter Weise treten nieht deutlich hervor.

Am wenigsten sehnell und umf~nglich schien bei 0,8--0,9% iger C1Na-LSsung 8) die Form der roten BlutkSrperchen ver/~ndert zu werden. Indessen trat aueh bier, ebenso wie bei TyrodelSsung und I~ormosal, nach einiger Zeit bei Kaninehen- und Menschenblut ein langsames Ubergehen der BlutkSrperchen in Steehapfelform Bin.

1) Die Quellung braucht dabei nicht mit einer Vergriil3erung des Dureh- messers verbunden zu sein, da die Blutseheiben in jedem fremden Medium, selbst in mit Serum isotonischen L~sungen oder isotonisch gemachter Lymphe (Ham- burger S. 198) der Kugelform zus~reben, bei der sieh dann natiirlich aueh trotz Quellung der Durchmesser verkleinert.

2) S. aueh Hamburger, Osmotischer Druck und Ionenlehre 1902, S. 197 und 198.

3) u Hamburger, a. a. 0., S. 197. Gryns, Pfliigers Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 63 und Eykmann, Virehows Arch. f. path. Anat. u. Physiol. Bd. 43.

1.

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I. LOTHAR LOEFFLER.

So wurde denn zun~chst festzustellen gesucht, ob und welche bei der Entnahme des Blutes und Herstellung tier mikroskopischen Pr~- parate wirksam werdenden Faktoren eine Bedeutung fiir die Stech- apfelbfldung gewinnen kSnnen.

1. Blutentnahme und Yerdtinnung. Es zeigten entsprechende Versuehe, dab der Art der Entnahme

des Blutes ogenbar kein nennenswerter Einflul~ auf den u zu- kommt. Das direkt aus der Arterie oder Vene beim Kaninehen ent- nommene Blur verhielt sieh genau ebenso wie das Kapillarblut, das dureh Einsehnitt in das Ohr eines Kaninchens oder unter Anwendung des Franksehen Schneppers aus der Fingerkuppe beim Menschen er- halten wurde. Es begannen immer nach wenigen )Iinuten einzelne BlutkSrperehen in Steehapfelform iiberzugehen, worauf dann die Zahl derselben allm~hlieh betr~ehtlieh zunahm. Aueh die bei tier Entnahme in letzterer Form als Reinigungsmittel der menschlichen ttaut be- nutzten Fltissigkeiten hatten offenbar keinen das Auftreten der Steeh- apfelform begiinstigenden EinfluB, denn ein Untersehied in dem Auf- treten der F0rmver~nderung war nicht zu konstatieren, moehte die Reinigung der tIaut mit Xtherl), Xylol, Alkohol, Seife oder gewShn- lichem Wasser ausgeft~hrt sein.

Um die Umf~ngliehkeit und den zeitliehen Verlauf der Ver~nderung zahlenm~Big feststellen zu kSnnen, hatten wir yon Anfang an zur Aus- z~hlung der normalen und ver~nderten BlutkSrpereben die B i irker sehe Z~hlkammer benutzt. Da bei deren Anwendung die )ISgliehkeit vorlag, dab eine meehanische Seh~digung der BlutkSrperchen durch das Sehiit- teln in der Nisehpipette bedingt wurde, so nahmen wir die Verdiinnung in einem Versuehe mit der 0,8% igen KoehsalzlSsung auch im gewShn- lichen Ileagenzglase unter bloBem leiehtem Umsehwenken beim 5Iisehen vor, wobei das Verdiinnungsverh~ltnis 1:200 beibehalten wl~rde. Die mit dieser LSsung hergestellten Pr~parate zeigten aber das Entstehen der Steehapfelform wieder genau in gleieher Weise, wie naeh Schtitteln in der Misehpipette. Ja, es trat die Ver~nderung aueh ebenso ein, wenn man, ohne zu verdiinnen, Deekglaspr~parate herstellte, in welehen das Blut dureh leiehten Druck auf das Deekglas in feinster Sehfeht aus- gebreitet wurde, wobei dann allerdings eine Z~hlung der KSrperchen wegen zu diehter Lagerung derselben ausgesehlossen war. Selbst bei

1) )[ther und Alkohole kbnnen im gasfSrmigen Zustand, aueh mit Luft g'e- miseht, rote Blutki~rperehen aufl~sen. Sehmiedeberg, Grundril3 der Pharma- kologie, 8. Aufl, S. 23.

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Beobachtung im hi~ngenden Tropfen, wenn man eine ganz geringe Menge Blur mittels eines Glassti~bchens mit einem Tropfen der 0,8% igen physiologisehen Kochsa]zlSsung zusammenbrachte, so dal~ man bei der Verdtinnung am Rande des Tropfens die Form der einzelnen Blut- kSrperchen gut unterscheiden konnte, begann sogleich die Bildung der Stechapfelform einzutreten. Eine Ver~nderung der BlutkSrperchen dutch das Gewicht oder den mechanischen Druek des Deckglases beim Auflegen kommt also als begiinstigendes Moment gleiehfalls nieht in Frage.

~. Einflufi yon Blutserum und Zentrifugaldruek.

Da nun bei den versehiedenen zur Verdtinnung benutzten isotoni- sehen und hypertonisehen Kochsalz15sungen, sowie aueh bei Tyrode- 15sung und Normosal die Steehapfelform sieh naeh kurzer Zeit einstellte, so mu•te es yon Interesse sein, zu sehen, ob sieh der Vorgang etwa dadureh vermeiden lasse, da$ man alas Blut mit seinem doch jedenfalls osmotisCh und chemiseh absolut indifferenten eigenen Serum verdtinnte. Wir entnahmen zu diesem Zweeke einem Kaninchen Blut aus der Vena jugularis, meist etwa 2 cem, und fingen es in einem durch GlasstSpsel versehliel~baren Gl~tsehen auf. In diesem Glase befanden sieh zwei Tropfen einer I-IirudinlSsung (1 cem = 1 rag) zur Verhinderung der Ge- rinnung. Das Glaschen wurde dann sofort in die Zentrifuge gebraeht und bei 3000 Umdrehungen mehrere Minuten zentrifugiert. Auf diese Weise erhielten wit ein vollkommen erythrocyten- und leukocytenfreies Serum, in dem sieh nur noeh Thromboeyten befanden. Mit diesem Serum wurde dann Kapillarblut desselben Tieres in einer Misehpipette zu 1:200 verdiinnt und dann untersueht. Selbst in diesem >>arteigenen<< Verdtinnungsmittel trat aber in gleicher Weise und gleichem Urn- range wie bisher die Steehapfelform auf. Ja sie konnte sogar in ver- st~trktem Ma6e beobaehtet werden, als B l u t k S r p e r c h e n aus dem Z e n t r i f u g e n n i e d e r s c h l a g e entnommen und ebenfalls mit dem gleichen Serum verdtinnt wurden. Als nun aber bei diesem letzteren Versuehe dem die Stechapfelformen enthaltenden Blute eine hypo- tonisehe 0,5% ige KoehsalzlSsung zugesetzt wurde, fiel es auf, da$ nun die in Steehapfelform sieh befindenden BlutkSrperchen zu quellen anfingen und eine mehr kugelige Gestalt annahmen, wobei aber doeh oft noeh einige Zacken bestehen blieben. Dies Verhalten wies also einerseits darauf hin, da$ die Steehapfelform der Erythroeyten keines- wegs ein unbedingt bleibender unveranderlieher Zustand ist. Anderer- seits legte die letzte Beobaehtung abet den Gedanken nahe, ob es nieht vielleicht dutch das Zentrifugieren zu osmotisehen Veranderungen in

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6 I. LOTHAR LOEFFLER,

der Verteilung von LSsungsmittel und gelSsten Bestandteilen in Serum

und BlutkSrperehen kommen kSnne, indem etwa dureh die Gewa]t

des Zentrifugaldruekes aus den im Niederschlage befindlichen Blut- k~rperchen Stoffe in das Serum ausgepre6t worden seien, die nun die

Isotonie zwisehen BlutkSrperchen und umgebendem Medium stSrten

und so besonders reichliehe Steehapfe]bildung bedingten. Um den

meehanischen Einflu~ des Zentrifugierens zu vermeiden, liel~en wir

deshalb in einem weiteren Versuche die BlutkSrperchen eines dutch

Hirudinzusatz ungerinnbar gemachten Blutes sich spontan senken, und

verwendeten dann das tiber den BlutkSrperchen stehende reine Serum

zur Verdfinnung des yon demselben Tiere friseh entnommenen Ka-

ninehenblutes. Auch hier traten aber alsbald wieder die Steehapfel auf, so da~ also offenbar aueh der Zentrifugaldruck ohne Einflu6 im

vorhergehenden Versuche gewesen war1).

3. Einflufi der Temperatur.

Alle die bisher erw~hnten Versuehe waren mit Warmbl~iter-, d .h .

mit Mensehen- oder Kaninehenblut ausgeffihrt worden, und zwar, ohne

dal~ dafiir gesorgt war, dal~ das ]~lut bzw. Serum auf normaler Tem-

peratur yon 38--39 ~ whhrend der Untersuchung gehalten wurde. Es

konnte somit aueh daran gedaeht werden, dal3 die w~hrend des Versuchs

eintretende Abkfihlung des B]utes mit begfinstigend auf den Eintritt

der Ver~nderung gewirkt babe.

1) DaB an eineu Einflu~ des Zentrifugaldruckes auf die Verteilung yon LSsungsmitteln und gel~sten Substanzen in BlutkSrperchen und Serum sehr wohl gedacht werden konnte, beweist eine Betrachtung yon Gryns (Pfiiiffers Arch. f. d ges. Physiol. Bd. 109, S 298). Er ~uBert sich folgendermaSen ~iber diese Frage: >~Ers~ens mu$ man bedenken, dal~ zwar, um aus den Scheiben Wasser aus- zupressen, wenn sie sieh in reinem Wasser befinden (angenommen dies w~ire mSglich), ein Druck yon etwa 7 Atm. erforderlieh wird, dab aber, um Wasser auszupressen, wenn an der anderen Seite der halbdurehl~ssigen Wand sich eine L~sung befinde~, nur die Differenz der beiden osmotischen Drueke zur Ausbildung kommt, und da BlutkSrperehen und Serum isotoniseh, ist im Anfang nut eine versehwindend kleine Kraft erfordeflich, welche w~ichst in dem Ma~e, wie sich durch den Wasseraustritt eiu osmotiseher Untersehied zwischen beiden Flfissigkeiten einstellt.~ Gryns berechnet dann, dal~ bei 5000 Umdrehun- gen und einem Abstand yon 7 cm vom Mittelpunkt ein Druck yon 8,517 Atm., bei dem halbert Abstand 2~602 Arm. wirksam sind. >~Bei so groBen Differenzen d~irfte abet Flfissigkeitsverdr~ngung wohl kaum ausgeschlossen seim~ Wenn also danach die BlutkSrperehen w~hrend des Zentrifngierens wohl in der Tat Wasser verlieren, so erhebt sich ~ber doch die Frage, ob nicht dieser Wasser- verlust nach Aufh~ren des Zentrifugaldruckes dureh die dann wieder allein wirk- samen osmotischen Kr~fte auch wieder sogleich ausgegliehen wird.

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Zur Frage der Entstehung der Stechapfelform tier roten BlutkSrperchen. 7

Es wurde deshalb ein weiterer Versuch bei mSglichster Erhal tung des Blutes und Serums auf normaler Kiirpertemperatur yon 36--39 ~ angeste]lt.

Das zur Aufnahme des Zentrifugenblutes bestimmte Prgparatengliischen wurde, um es soweit als mOglich vor Wiirmeverlust zu schtitzen, mit einer Watteumhiillung umgeben, in welehe ein dem Glas anliegendes kleines Thermo- meter eingelegt wurde. Das so eingehtillte Prhparatengl~ischen wurde dann in ein Zentrifugenglas und mit diesem in den metallenen Zentrifugenrezipienten eingesetzt und mit diesem eine Naeht hindureh bis zum Versuche in einem Thermostaten bei 38 ~ gehalten.

Erst unmittelbar zur Blutentnahme wurde d er Rezipient mit Inhalt aus dem Thermostaten genommen und aus dem Blutgef~l~e des Tieres das k~irperwarme Blur in das Aufnahmegef~13 flie~en gelassen, sodann sofort in der Zentrifuge 3 Minuten lang bei 3000 Umdrehungen zentrifugiert. Das ttirudin wurde ngmlich in diesem Falle nieht erst dem Blute nach Austritt aus dem Blutgef~fle bei der Entnahme zugesetzt, sondern es War das Blut eines zu anderen Zwecken bereits intra vitam hirudilfisierten Tieres, so dal~ es sogleich ungerinnbar aus der Arterie desselben ausflo~. Bei Entnahme des Glases aus der Zentrifuge zeigte das Thermometer am Pr~iparatenglas nun freilieh nur noch 28 ~ Es wurde dann aber sofort wieder in einen Wi~rmekasten ~i t 38--39 ~ gebracht. In dem gleichen Kas~en befanden sieh, entsiorechend temperiert, sowohl die ftir den Versueh nStigen Deckgl~isehen, Objekttr~ger und das zur Beobaehtung dienende Mikroskop nebst Beleuehtungslampe, so dal3 alle Teile die gleiehe normale Kiirpertemperatur besal~en und ein etwas l~ngerer nennenswerter Temperaturverlust des Pr~parates nieht mehr ein- treten konnte. Auf einem im Thermostaten vorgew~rmten Objekttrager wurde nun ein Blutstropfen direkt aus der Vene eines Kaninchens entnommen und sofort in den Warmekasten gebraeht. Von diesem wurde sodann im Wiirme- kasten selbst eine minimale Menge auf einen anderen im Warmekasten vor- gewgrmten Objekttr~iger gebraeht und mit dem nun kSrperwarmen Zentri- fugenserum vermischt. Auch in diesem Prgparate ergab die mikroskopisehe Untersuchung abet wiederum das alsbaldige Auftreten yon Steehapfelformen.

Versuche mit aus der Fingerkuppe entnommenem Eigenblute, das gleiehfalls, abet unverdtinnt, im Wi~rmekasten in Deekglaspri~parat, ohne da6 Temperaturverlust eintreten konnte, untersucht wurde, zeigten ein sofortiges Auftreten yon Stechiipfeln, die sogar besonders schnell an Zahl zunahmenl). Es zeigte sieh also, da6 der Abkiihlung des Blutes ftir das Auftreten yon Stechapfelformen im Blute eine nennenswerte Bedeutung offenbar gleichfalls nicht zukommt.

1) Dies dtirfte aber wohl seinen Grund mit darin haben, dab wir allerdings iln W~h-mekasten nicht ftir geniigenden Feuchtigkeitsgehalt der Luft gesorgt haben, so dal3 Verdunstungserscheinungen nicht auszuschliel3en sind, die, wie wit sp~iter sehen werden, wohl etwas begtinstigend wirken ktinnen, denen abet doch hier keine ausschlaggebende Bedeutung zuzumessen ist.

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Auf Grund osmotischer GleiehgewichtsstSrungen konnte aber aueh offenbar die Temperatur nieht wohl einen Einflul] gewinnen, und war eine Ver~nderung der BlutkSrperehen hierdurch kaum zu erwarten, da fiir das Blutserum sowohl, wie far die darin suspendierten BlutkSrperchen die gleiehen physikaliseh-ehemischen Gesetze gelten wie far verdilnnte LSsungen, dab n~mlieh bei gleiehbleibender Konzentration der osmotische Druck mit der Temperatur gleichm~Big whchst, und zwar ft~r jeden Grad um 1/27a , so da$ also bei Isotonie zwisehen Serum und KSrperchen das Verh~ltnis der osmo- tischen Spannung in den K6rperchen zu der im Serum auBerhalb der KSrper- chen bei wechselnder Temperatur stets das gleiehe bleiben muB. Experimentell ist dies denn aueh yon t t amburge r 1) festgestellt worden, indem er naehwies, dab der Farbstoffaustritt aus den BlutkSrperehen in der gleichen Koehsalz- 16sung bei Temperaturen zwischen 0 und 34 ~ stets in der gleiehen Weise beginnt.

4. Unterschiede in der Blutart.

Sehon der Umstand, dab Vogel- und Amphibienblut die uns inter- essierende Ver~nderung der BlutkSrperehen nieht zeigt, wies darauf hin, dab die BlutkSrperehen sich offenbar bei den verschiedenen Tierarten in dieser ttinsieht versehieden verhalten. So war es auch in I-Iinblick auf die zu Durehblutungen zu verwendenden Tiere yon Interesse, zu sehen, ob eine solche versehiedene Empfindliehkeit der BlutkSrperehen etwa auch bei versehiedenen S/iugetierarten vorhanden ist. So unter- suchten wir denn im gewShnliehen Deekglaspr~Parate unverdiinntes, in feinster Schicht ausgebreitetes defibriniertes Blur yore Pferd, Rind, Hund, Schwein und Kaninchen.

Dabei ergab sieh, da$ beim Pferdeblute die Steehapfe]form sp/~ter und in wesentlich geringerem Umfange auftrat als bei den iibrigen Tieren, dabei abet eine ausgesprochene l~eigung zur Agglutination und Geldrollenbildung beim Pferdeblute besteht.

Aueh beim Hundeblute und ebenso bei dem yon Rindern war die Stechapfelbildung eine merklieh geringere, w/ihrend si~ beim Kaninchen und Sehweineblute reeht ausgesproehen war. Derartige Beobaehtungen s ind abet sehon friiher yon versehiedenen Seiten gemaeht worden.

So land Kuhl 2) beim Pferdeblut eine starke Agglutination, verbunden mit grol~er Senkungsgesehwindigkeit der KSrperchen; fiber Stechapfe]bildung sagt er indessen niehts. Beim Rinderblute gibt er dagegen in Abweichung zu unserem Befunde an, da~ die Erythrocyten desselben h~ufig nieht gut konser- viert waren, denn sie hatten sowohl in ttayemscher L6sung, als auch im Blut- ausstriche ~Neigung zur Agglutination und Steehapfelform gezeigt.

1) Hamburger, Osmotischer Druck und Ionenlehre 1902, S. 275. 2) Kuhl, Untersuehung des Pferde-, Rinder- und Hundeblutes.

Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 176. Pfliigers

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Zur Frage tier Entstehung der Steehapfelform der roten BlutkSrperchen. 9

F ri ts c h 1) erwahnt, abet nur ganz kurz, da] beim Kaninchenblute •ei- gung zur Agglutination und SteehaPfelbildung bestehe.

Eisbr ieh 2) und Welseh a) heben beide tibereinstimmend hervor, dab die Erythrocyten des Schweineblutes >)sehr weich und zeffliel~lich(< seien. Bei keinem dieser vier Autoren finder sieh eine Andeutung, was als Ursache der Bildung der Stechapfelform wohl in Frage kommen kSnnte.

Auch Str icker 4) findet, dal~ >>Steehi~pfel und deren Analoga bei ver- schiedenen Tieren, ja bei verschiedenen Blutproben desselben Tieres verschieden raseh auftreten(<. Er weist abet dabei darauf bin, dal~ besonders hiiufig die peripheren Schichten des Priiparats da, wo die Blutk6rperchen der atmosph~- rischen Luft n~her liegen, die genannten Formen zeigen, w~hrend im Zentrum Scheiben angetroffen werden.

S t r i c k e r dtirfte abet wohl der erste sein, der sieh, und zwar bereits 1868, eingehender mit der Ursache der Bildung der Stechapfelform

�9 experimentell beschi~ftigt hat. Er hat dabei ale einen sehr bedeutsamen Faktor den Einflul] der atmosphi~rischen Luft und tier Kohlensaure auf die Form der Erythroeyten im mikroskopischen Priiparate festgestellt.

5. Einflufi yon Luft, Sauerstoff und Kohlensiture in Gasform auf das Blut.

Seine Untersnchungen tiber die Wirkung der Xohlens~ure Lind atmosph~risehen Luft fiihrte S t r i c k e r mittels einer yon ihm konstru- ierten ~>Gaskammer<< durch, in der eine diinne Dlutsehicht an der Unter- sei te eines die Kammer naeh oben abschliel~enden Deekglases dem alternierenden Einflusse yon COs und atmosphgrischer Luft ausgesetzt wurde. Uber das, was er beziiglieh der Stechapfelform beobaehtete, sagt er folgendes: ~*Man kann am frischen Blute in der Gaskammer die Stechapfelformen hervorrufen und aufheben, je naehdem man atmosphgrisehe Luft und C02 weehseln lgl]t.<< Er stellte also fest, daf$ bei Durchleiten yon Luft Stechapfelformen auftreten, dahingegen bei Einleiten yon CO~ dieselben wieder verschwinden. Er ~iul~ert sieh aber nicht dartiber, warum der Einflul~ der Luft die Stechapfelform erzeugt, und warum dieser Effekt unter Einflu6 der C0z wieder rtiekg~ingig wird.

Jedenfalls zeigten aber auch seine Versuchsergebnisse, da~ die Stechapfelform eine reversible Veranderung nnd nicht als irreparable StSrung des B]ntkSrperchenbaues aufzufassen ist.

1) Fri tsch, Untersuchung des Kaninchen-, tItihner- und Taubenblutes. Pfiiigers Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 181.

2) Eisbrich, Die Verteilung des H~imoglobins auf die 0berfl~che yon Siiugetiererythrocyten. Ebenda Bd. 203.

3) Untersuchungen des Schweine-, Schaf- und Ziegenblutes. Ebenda Bd. 198. 4) Pfliigers Arch. f. d. ties. Physiol. 1868, Bd. 1, S. 590ff.

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10 I. LOT~An LOEFFLE~.

Es handelte sieh f/ir uns nun also darum, die n~heren Ursaehen

tier Erseheinung festzustellen, d.h. zu untersuehen, ob tier Sauerstoff Ms soleher oder die Luft dureh ihre Einwirkung auf die BlutkSrperehen die Formvergnderung derselben veranlassen.

Zu diesem Zweeke stellte ieh mir eine ahnliehe Gaskammer wie S t r i e k e r her.

Auf einen grogen Objekttrgger wurden vier aus einem anderen Objekt- trgger gesehnittene Glasstreifen so aufgekittet, dab sie einen reehteckigen Raum yon 1,5:6 mm Bodenflgehe einsehlossen.

In den Glasstreifen der Sehmalseiten waren Aussparungen eingesehliffen, in welehe je eine Kapillare zweeks Zu- und Ableitung des Gases eingekittet wurde. Das Zuleitungsrohr war dureh einen diinnen Fahrradventilsehlaueh mit einer aus ganz dfinn ausgezogenen GlasrShrehen hergestellten Dreiwege- gabel verbunden. Der eine Sehenkel des Gabelrohres diente zur Zuleitung yon C02, die in einem Kip p sehen Apparate erzeugt und dutch NaHCO a gewasehen wurde; dureh die beiden anderen Sehenkel konnte reiner Sauerstoff oder atmo- sph~risehe Luft dem Systeme zugefahrt werden. Der Gasweehsel und die St~rke des Zustroms konnte dureh entspreehend angebraehte Hahne und Klemmen geregelt warden. Wie bei S t r ieker wurde aueh unsere Kammer oben mit einem Deekglase abgesehlossen, doeh wurde dieses im Gegensatze zu St r ieker 1) mittels Hahnenfettes luftdieht auf die Glasstreifen aufgedrtiekt. Das R6hrehen zum Entweiehen des Gases aus der Kammer wurde ebenfalls mit einem Radventilsehlauehe verbunden, der in einem GefN~e unter Wasser endete, so dab stSrende Einflfisse dutch unkontrollierbares ZustrSmen yon atmosphgriseher Luft in die Kammer ausgesehlossen, die Konstanz der in tier Kammer befindliehen Gase gewhhrleistet war, aueh ohne dab dauernd neues Gas zugeftihrt wurde. Endlieh war es dutch diese Anordnung aueh mSg- ]ieh, aus Gr6ge und Zahl der aus dem Ableitungssehlauehe in der Zeiteinheit aufperlenden Gasblasen Rtieksehlasse zu ziehen auf die Gesehwindigkeit und St~rke des die Kammer durehstrSmenden Gases.

Das zu untersuehende Nut wurde night, wie bei St r ieker , in feinster Schieht am oberen Deekglase haftend und so frei abet dem Gasraume sehwebend beobaehtet, sondern in einem Kapillarspalte zwisehen dem oben absehliegenden Deekglase und einem ganz kleinen Deekglgsehen, das dureh die Xapillaritat der zwisehen beiden Deekglgsern befindliehen feinen Blutsehieht freischwebend erhalten wurde. Ieh glaubte, dab aueh so noeh dureh Diffusion yore Rande her ein gentigender Gasaustauseh zwisehen Blut und durehstrSmenden Gasen stattfinden w~irde und hoffte augerdem, dab dutch das damit mehr a l lm~hlieh

1) Uber Strickers Kammer s.: Str icker, Handb. der Lehre von den Ge- weben 1871. Str icker besorgt den AbschluB seiner Kammer mit Queeksilber, indem er dem Deckgli~schen die Form eines mit Rand versehenen Deckels gibt und diesen Rand in eine mit Quecksilber geftillte Rinne im 0bjekttr~ger ein- tauchen lliBt. Dieser Anordnung dtirfte es vielleicht zuznschreiben sein, dal] in- folge der sieh en~wiekelnden Quecksilberd'~mpfe die Stechapfelform endlich ))stationiir, blieb.

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Zur Frage der Entstehung der Stochapfelform der roten Blutkiirperchen. 11

effolgende Eindringen des durchstrSmenden Gases in die Blutschicht die fort: schreitenden Ver~nderungen an den Erythrocyten um so besser warden be- obachtet werden kSnnen.

Liel~ man nun zun~ehst Luft dutch die Kammer streichen, so traten in der Tat, so wie es S t r i eke r beschreibt, die Stechapfelformen auf. Lie~ man darauf aber nun C02 in die Kammer einstrSmen, so sah man a]lerdings nach einiger Zeit die in der 5T~he des Randes des kleinen h~ngenden Deekgliischens ]iegenden Steehapfelformen versehwinden. In den mittleren Teilen des Pri~parats aber liel~en sich keinerlei Wirkungen der COe nachweisen. Auch entspraehen die Veriinderungen am Ran@ keineswegs dem, was ieh erwartet hatte. Die Steehi~pfel gingen niimlich nieht wieder in die normale Scheibenform der BlutkSrperehen tiber, sondern rundeten sich unter Verk]e~nerung ihres Durchmessers und Versehwinden des bei normalen BlutkSrperchen in der Mitte vorhandenen Reflexes, der Delle, zu kleinen Kugeln ab. Und zwar ~ollzog sieh diese Veriinderung nieht nur an den vorher Stechapfelform zeigenden, sondern aueh an den vorher normal gebliebenen Erythrocyten. Bemerkenswert war ferner, dal~ die geschilderte Veritnderung sich nicht wieder, wie es S t r i c k e r angibt, beseitigen liel~, sondern sogar fortsehritt, wenn man nun start der COe wieder Sauerstoff oder atmosph~rische Luft dureh- strSmen lie~. ~all konnte aber auch beobaehten, da~ die am Ran@ liegenden BlutkSrperchen auch in die Kugelform tibergingen, wenn man gar keine C02, sondern yon Anfang an nur Sauerstoff oder atmosphiirische Luft durchstrSmen ]iel~.

Alle diese Vorghnge sprachen daftir, da~ einerseits bei unserer Anordnung eine gleichm~i~ige Durchdringung des Blutpr~parats dureh die Gase, zumal in dessert inneren Teilen, offenbar doeh nicht Stattfindet, da6 es abet andererseits am Ran@ des Priiparats zu Austroeknungs- erscheinungen kommt, auf die dann die beobachteten Ersche~nungen, als dutch Wasserverlust und ein~ache IsotoniestSrung bedingt, zurtiek- zufiihren waren. Spielte nun wirklich die Austrocknung eine so wesent- liche Rolle bei den Form~nderungen der BlutkOrperehen, so mu]ten einerseits diese Ver~nderungen ausbleiben, wenn man durch Zuftihrung von Feuchtigkeit eine solche Austrocknung vermied, andererseits mu6tea sie besonders hervortreten, wenn die Gase vor EinstrSmen in die Kammer dutch Austrocknen tiber CaCle ihres Wassergehalts vOllig beraubt waren: In der Tat zeigte sich denn auch, dal~ sehon bei Einbringen eines Tropfen Wassers auf den Boden der Kammer und weiter bei Durehleiten des Gases durch ein Rohr, das mit Fliissigkeit getr~nkte Watteb~usehe enthielt, die als Austroeknungserscheinungen angesprochenen Verhnde-

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rungen wesentlich geringer wurden oder auch ganz ausblieben. Leitete man dahingegen tiber CaC12 getrocknete Gase dutch die Kammer, so trat die Austrocknung des Pri~parats ganz besonders deutlich vor Augen. Ja man konnte sogar unter dem )fikroskop im Gesichtsfelde das kon- tinuierliehe Zuriickweiehen der Fliissigkeitsgrenze beobachten. Und in der naheren Umgebung dieser Grenze befanden sich dann aueh immer die oben beschriebenen Kugelformen, die zugleich mit der Fliissigkeits- grenze zurtickwichen, gleichsam vor ihr hergetrieben wurden. Auch am freischwebenden Tropfen traten meist sofort diese Austrocknungs- erscheinungen ein, die auch bei S t r i c k e r eine Rolle mitgespie]t haben, weshalb er denn anch zu schnellem Arbeiten ermahnt. Von solchen DurchstrSmungsversuchen mit freien Gasen konnten somit infolge der dabei leicht eintretenden besehriebenen StSrungen keine k]aren unzwei- deutigen Ergebnisse erwartet werden.

6. Einflufi der Gase bei Zufuhr derselben in isotonischer Kochsalzl{isung.

Diese Versuche ftihrten reich auf den Gedanken, die Kammer statt mit Gasen einmal mit Fltissigkeiten zu durchstrSmen, in denen die betreffenden Gase tells adsorbiert, bzw. gelSst enthalten waren. Zu diesem Zwecke wurde die Anordnung in der Kammer in einer Weise veri~ndert, wie es B r o d e r s e n 1) bei einer yon ihm ebenfalls ftir Durch- str6mung mit Fltissigkeit angegebenen Kammer besehreibt.

Die bisher yon uns benutzte Kammer a]s solehe bleibt dabei dieselbe. Der Abschlu6 naeh oben gesehieht aber bier dutch eine Glimmerplatte, in deren Mitte sieh eine reehtwinldige Aussparung yon 8 mm auf 6 mm befindet. Diese Aussparung wird tiberbriiekt durch einen aus einem Deekglase gesehnittenen schmalen Glasstreifen yon 18 mm L~nge und 4 mm Breite. Diese kleine ~) Brticke~ l~l~t also yon der Aussparung in der Glimmerplatte beiderseits nut etwa 2 mm unbedeekt. Auf die Brticke wird ganz - - als Absehlul~ des ganzen Systems - - ein grol~es Deckglas gelegt. Die Untersuchung yon BlutkSrperehen gestaltet sieh dann so, dal~ ein feiner Blutstropfen auf die Mitre eines Deckglases ge- braeht, darauf die Brtieke gelegt wird und nun diese beiden zusammen auf die vorher mit Fett gut auf die Kammer befestigte Glimmerplatte gelegt werden, und zwar so, da6 die >) Brtieke(< die Aussparung in der Glimmerplatte in der be- sehriebenen Weise iiberquert. Aueh das obere Deekglas wird mittels Fettes der Glimmerplatte gut angefiigt. Lh~t man nun Fliissigkeit in die Kammer ein- str5men, so tritt, nachdem der untere Tell der Kammer geffillt ist, Fliissigkeit dutch die Aussparung in der Glimmerplatte an der >)Brticke(< vorbei in den Raum zwischen Glimmerplatte und oberes Deckglas. Sie umsptilt dabei gleieh-

1) Brodersen~ Zeitschr. f. d. ges. Anat., Abt. 1: Zeitschr. s Anat. u. Ent- wicklungsgesch. Bd. 76, S. 104--105,

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Zur Frage der Entstehung der Stechapfelform der roten Blutk(irperchen. 13

m~l~ig die Brticke und die in den Kapillarenspalt zwischen Brticke und oberem Deckglase befindlichen Blutkiirperchen yon allen Seiten Die Zuleitung und Ableitung yon Fltissigkeiten geschieht in der gleichen Weise, wie es oben ftir die Gase beschrieben wurde. Die Fltissigkeiten fliel3en aus Mariottischen Flaschen in konstantem Strome unter konstantem Drucke, der eben lain- reicht, um die Reibung der Flfissigkeiten in den engen Rohren und Schl~uchen zu tiberwinden.

Untersucht wurden zunachst auf diese Weise 1. einfache luftha~tige 0:8% ige ~NaC1-LSsung ohne besonderen Gaszusatz, 2. mit Kohlensaure gesi~ttigte 0,8% ige NaC1-LSsung, 3. mit Sauerstoff gesiittigte 0,8~oige NaC1-LSsung.

Die mit Kohlens~ure ges~ttigte LSsung wurde hergestellt, indem bei Zimmertemperatur ein CO~-Strom unter immer wiederholtem Umschtitteln durch die LSsung hindurchgeleitet und dann dieselbe noch eine ~acht unter dem CO~-Drucke eines Kippschen Apparates konstant erhalten wurde. Sie darf also wohl als mit ~ Kohlens~ure ges~ttigt betrachtet werden. Ebenso wurde es mit der Sauerstoff enthaltenden L6sung gemacht, nut wurde bier wesentlich ]~nger geschfittelt, da Sauersoff ja nicht gelSst, sondern nur auf Grund der Diffusion adsorbiert werden kann.

Bei den in dieser Weise ausgefiihrten DurchstrOmungsversuchen konnte nun folgendes beobachtet werden: Ein mit Frankschem Schnepper aus der Fingerkuppe des Menschen entnommener kleiner Blutstropfen wurde in der oben beschriebenen Weise in die Kammer ge- bracht, 0,8~oige lufthaltige NaC1-LOsung in die Kammer eingeleitet und die BlutkSrperchen unter dem Mikroskop bei mittelstarker VergrOgerung eingestellt. Nach einigen Minuten sah man nun, vom Ran@ her be- ginnend, zuerst Maulbeerformen auftreten, welche offenbar eine Vorstufe zu den Stechi~pfeln bilden, dann diese selbst auftreten und bald recht zahlreich werden. Wurde nun die ]ufthaltige 0,8% ige 5TaC1-LSsung durct~ eine solche, die COs enthielt, verdriingt, so verschwanden, wiederum vom Rande her beginnend, die Stechi~pfel unter a]Imiihlichem Uber- gange in 5iaulbeerformen und Polygone. Wirkte die kohlensgurehaltige LSsung weiter ein, so schritt der Vorgang fort, indem sich die frtiheren Stechi~pfel nun in >> Glockenformen << umbfldeten. Diese Form nahmen auch gr56tenteils die noch nicht zu Stechgpfeln veriinderten, also bi- konkav gebliebenen Erythrocyten inzwischen an. Wurde darauf abermals die DurchstrSmungsfltissigkeit gei~ndert und die 0,8% ige ~NaCl-sauer- stoffhaltige LSsung eingeftihrt, so verschwanden, allerdings wesentlich langsamer, als sie unter C02-LSsung aufgetreten waren, die Glocken- formen wieder, um nach einem kurzen bikonkaven 5~ormalstadium abermals in Stechapfelform iiberzugehen. Einleiten COe-haltiger LSsung

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bewirkte dann abermals Umbildung zur normalen - - bikonkaven - - und dann zur Glockenform. ])as Protokoll eines solehen Versuches mOge den zeitlichen Veflauf veransehaulichen.

Versuch vom J a n u a r 1926 mit E i n w i r k u n g e n yon CO 2 und O.

11 h 15'. Einbringen des Blutes in die Kammer. 11h17 '. Zuflu] yon :NaCI 0,8% ig, lufthaltig. 11 h 23'. Reichlich Stechapfelformen im Gesichtsfelde. 11~ 24'. NaC1 0,8 % -J- CO 2. 11~ 27'. Wenige Stechapfel. 11 n 31'. An der Ausflul]seite keine Stech~pfel mehr, an der Einflu~seite

zum Teil Glockenformen, nur noch einzelne Stechhpfel und Polygone im Pr~parat. 11 n 35'..NaC1 0,8 % -j- reiner Sauerstoff. 11 n 50'. Erythrocyten nicht mehr gleich gro~. 12 h 05'. Entrundung, Buckelung und Stechapfelformen tiberall. 12 h 06'. NaC1 -j- CO 2. 12 n 14'. Nur noch in der Mitte des Pfiiparats einzelne Stech~pfel.

Urn zu sehen, ob die 0 ,8~ ige NaCl-LOsung nieht doch vielleieht etwas zu hypotonisch sei, wurde sparer der gleiche Versuch noehmals mit 0,85 %igen KoehsalzlSsungen angestellt. Er verlief aber in gleicher Weise.

7. Einflu6 sauerstofffreier, wasserstoffhaltiger Kochsalzl~isung. Nach diesen Versuchsergebnissen mu~te es zun~chst den Eindruck

machen, als ob die Bildung der Stechapfelform von der Zufuhr veto Sauerstoff der Luft, bzw. in unserem Versuche von der Einwirkung des reinen Sauerstoffs abh~ngig und die Kohlens~ture diesen Vorgang zu redressieren imstande sei. Man mu~te aber doch auch mit der MSg!ich- keit rechnen, dal~ bei DurchstrSmen mit den Luft oder reinen Sauerstoff enthaltenden LSsungen es blo~ die Austreibung der C02, das Absinken ihres Partialdruckes sein kSnnte, was die Formhnderung der KSrperchen bedingt, so dal~ dem Sauerstoff als solchem dabei gar keine spezifische Wirkung zukomme. War dies der Fall, so mu~te eine reinen indifferenten Stickstoff enthaltende LSsung denselben Effekt erzeugen. Da ganz reiner Stickstoff nieht so leicht erhfiltlich ist und Wasserstoff ebenso inaktiv sich verhalt, sich aber leicht rein erzeugen lal~t, so wurde nun eine vSllig sauerstofffl'eie 0,85% ige KochsalzlSsung, nur mit Wasserstoff impragniert und dann als DtlrchspJJlungsfliissigkeit benutzt. Die Her- stellung dieser LSsung erfolgte in folgender Weise:

In einem zur Hhlfte mit destilliertemWasser geifillten gro~en Rundkolben wurde die Luft dutch 1/2--3/~stiindiges Kochen entfernto Der Kolben war

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Zur Frage der Entstehung der Steehapfelform der roten Blutk~rperchen. 15

dabei oben mit einem doppelt durchbohrten, paraffinierten Gummistopfen verschlossen. In den Bohrungen des Stopfens befand sich ein langes, bis zum Boden des Kolbens reichendes und ein kurzes, im Halse desselben endendes Glasrohr. Die ~ul~eren Enden beider Rohre waren reehtwinklig umgebogen und trugen Druckschl~uche, die dureh Klemmen versehlossen werden konnten. Noeh w~hrend das Wasser im Sieden war, wurde unter L6sehen der Flamme der Kolben dutch Zuklemmen der Gummisehl~uche versehlossen und umge- dreht, urn, falls Luft dureh den Verschlul~ eindringen wiirde, dies am Aufsteigen der Luftblase zu erkennen, und abktihlen gelassen.

E i n gleieher zweiter Kolben mit genau demselben Versehlusse wurde am Halse mit einer Marke versehen, bei welcher der Inhalt 1000 ecru entspraeh. Dann wurden 8,5 g NaC1 in denselben gebraeht und der Kolben luftleer gepumpt. Naeh vS]ligem Erkalten des das luftfreie ausgekoehte Wasser enthaltenden Kotbens wurden dann beide Vakua der Kolben miteinander verbunden und nun das Wasser in den das Kochsalz enthaltenden Kolben einflieBen gelassen bis zur Marke 1000 ccm. Dann wurden die RShren beider Kolben wieder beiderseits abgesehlossen, getrennt und nun der Kolben mit der nun die 0,85 ~o NaC1 enthaltenden LSsung mit einem Kippschen Apparate, in dem Wasser- stoff erzeugt wurde, verbunden und der dureh Kalilauge gewasehene Wasser- stoff langsam dureh das kurze Rohr in das Vakuum einstr(imen gelassen, bis dasselbe mit H geftillt war, und nun die Lfsung in dem Kolben dauernd unter Wasserstoffdruck gehalten und dureb denselben aueh in die Blutkammer beim Versuche getrieben.

DurchstrSmte man nun mit einer solchen nur vSllig indifferenten Wasserstoff enthaltenden, v@ig luft- und O-freien NaC1-LSsung die das Blut enthaltende Kammer, so zeigte sieh, dab auch hierbei die Stech- apfelbfldung auftrat und auch in Gloekenformen sieh befindende KSrper- chert in Steeh@fel umgewandelt wurden. Auch bier aber lieBen sieh wieder dureh Einleiten yon COe diese Formen zu der normalen Form zuriiekfiihren. Es mSge das Protokoll eines Versuehes vom 4. VIII. 1.926, in dem dieser Wechsel im Verlaufe yon fast 2 Stunden 5real an denselben Blutkfrperehen zu erzeugen gelang, ein Bild vom zeitlichen Verlaufe der Erseheinung geben.

V e r s u e h yore 4. VIII. 1926 mi t H- und C02-ha l t i ge r , u n t e r Aus- schlu~ yon Saue r s to f f 0,85~oiger C1Na-LSsung.

Es wird ein Blutstropfen aus der Fingerkuppe entnommen, auf die Brficke in der DurchstrSmungskammer gebracht und diese sofort verschlossen. Darauf

4 n 4 n @

lassen. @

formen.

wird 24'. Mit H geS~ttigte 0,85%ige C1Na-LSsung einflie~en gelassen. 28'. Treten Stech~pfel- und Maulbeerformen im GesichtsfeIde auf. 29'. Wird mit CO 2 geshttigte NaC1-LSsung 0,85%ig einfliel3en ge-

32'. Zeigen a]le BlutkSrperehen wieder normale oder doch Glocken-

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16 I. LOTHAR LOEFFLER.

4h 32'. Wird wiederum I-I-gesiittigte luftfreie NaC1 yon 0,85 % einfliel~en gelassen.

4h 40'. Sind wieder fast lauter Stechapfel- und Maulbeerformen zu sehen. 4 h 40'. Von neuem C02-haltige NaC1 yon 0,85% einfliel~en gelassen. 4 h 42'. Sind nur noch wenige Stech~pfel zu sehen. 4 h 44'. Ist kein Stechapfel mehr vorhanden, neben einzelnen Glocken-

formen meist die bikonkave, normale Form. 4 h 45'. Wiederum H-haltige NaC1-L~sung yon 0,85 ~ luftfrei einfliel~en

gelassen. 4 h 52'. Sind wieder zahlreiche Stechapfelformen zu konstatieren. 4 h 55'. Sollte wieder C02-haltige NaCl-L~sung einfliel~en gelassen werden,

es wurde aber vergessen, die Klemme zu 5ffnen. Deshalb erfolgte kein Zuflul~ und das Bild blieb zuerst zur l~berrasehung unver~indert, worauf aber das Versehen sogleich bemerkt und damit der ~iil~erfolg erkl~rt war, denn als nun

5 h 00' C02-haltige 51aC1-LSsung eingeleitet wurde, trat die Wirkung ein and

5 ~ 03' waren keine Stech~pfel mehr, sondern fast nut noch Glocken zu sehen.

5 h 04'. Wurde dann ~vieder die luft- und O-freie, H-haltige LSsung yon 0,85% I~aC1 einflie~en gelassen.

5~07'. Traten zuerst einzelne polygonale Formen auf. 5 h 12'. Waren fast lauter Stech~tpfel und Maulbeeren vorhanden und

nur vereinzelte n0rmale Zellen. 5 ~ 15'. CO e ~ NaC1 0,85 % einfliel~en gelassen. 5 h 16'. Lauter normale Formen und Glocken. Es tIitt wegen StSrung im Apparat eine Pause in der Zuleitung ein,

so bleiben dann die Formen noch wie 5~ 16' fortbestehen, bis nun 5 h 20' ~aC1 0,85 %, mit reinem Sauerstoff ges~ittigt, eingeleitet wird. 5h34 '. Treten dann einzelne Polygonale, ~ber wenige Stechapfelbil-

dungen auf. 5 h 40'. Desgleichen. Deshalb iNaC1 mit t t impr~gnierte 0,85%ige tuft-

und O-freie LSsung wieder einfliel~en gelassen. 5 h 44'. Zunehmende Entrundung und Stechapfelbildung. 5h52 '. Zahlreiche Stech~pfel und Maulbeeren, fast keine normalen

Bhtk6rperchen. 6~ 13'. Wieder zahlreiche Stech~pfel, fast keine normalen BlutkSrperchen

mehr. 6 h 14'. COe -~ l~aCI 0~85 % einflie~en gelassen. 6 h 16'. Alle Blutk0rperchen wieder normal. Versuch beendet.

Es zeigt sich a~so, dal] normale BlutkSrperchen wie auch solche yon Glockenform in Stechapfelform iibergehen, nicht nur wenn Luft oder reinen Sauerstoff enthaltende 0,85~ I~aC1-LSsung einwirken gelassen wird, sondern da$ auch vSllig sauerstofffreie und nut indiffe- renten Wasserstoff enthaltende LSsung diese Wirkung ganz ausgesprochen auszuiiben vermag. Die S t e c h a p f e l b i l d u n g k a n n a lso a uf e i n e r s p e z i f i s c h e n S a u e r s t o f f ~ v i r k u n g n i c h t w o h l b e r u h e n . D a w i r

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Zur Frage der Entstehung der Steehapfelform der roten Blutk~3rperehen. 17

aber den Wasserstoff als ein durchaus inaktives Gas betrachten diirfen, so bleibt niehts ilbrig, als die Erkl~rung der beobachteten Erscheinungen darin zu suehen, dal~ wader der S a u e r s t o f f noah der W a s s e r s t o f f an der S t e e h a p f e l b i l d u n g a k t i v be te i ] ig t sind, v i ehnehr die W i r k u n g be ide r nur da rau f b e r u h t , dal3 sie die CO s a u s dem Blu te a u s t r e i b e n , und so den Ko h l ens / ~u repa r t i a l d ruck h e r a b s e t z e n , weleher somit offenbar ftir die Form der BlutkSrper- chert yon aussehlaggebencler Bedeutung ist, so da/3, je ha,oh dam Gehalte des Blutes an Kohlens~ure, die Blutk6rperchen ihr Volumen und damit ihre OberflVochenspannung und Form ver~ndern und u n t e r S te ige- rung des C O e - D r u e k e s que l len und sieh a b r u n d e n , be'i S inken des Druckes z u s a m m e n s e h r u m p f e n , buek l ige E n t - r undung , N a u l b e e r f o r m o d e r S t e e h a p f e l f o r m zeigen.

S. Das iiber den Einflufi der Kohlens~ure auf die osmotisehen u im Blute Bekannte.

Da~ es in der Tat ]ediglieh der absinkende CO2-Partialdruck ist, weleher in unseren Versuehen, abet aueh sonst offenbar, das Entstehen tier Stechapfel- und Maulbeerform bedingt, daftir spreehen aueh die versehiedensten Ergebnisse und [~berlegungen, welehe dureh die neuere Forschung auf physikaliseh-ehemischem Gebiete neuerdings gewonnen sind.

Sebon seit l~ngerer Zeit hat Hamburger und seine Sehule und neuer* dings aueh wieder Haffner, gestiitzt auf umfangreiche osmotisehe'Versuehs- ~eihen, gezeigt, dab unter dam Einflusse steigenden Partialdruekes der Koh]en- s~ture es infolge einer dureh diese bedingten Erh6hung der molekularen Konzentration in den Blutkfrperehen zu Wasseraufnahme in denselben und damit zu einer Quellung unter Vergr61~erung ihres Volumens komme. Sie zeigen aber auch, dab umgekehrt Absinken des Kohlens~urepartialdruekes eine Volumenverringernng unter Sehrumpfung bedingt. Diese Volumen- ~nderungen konnte Hamburger an COe-haltigem Blute direkt dureh ~essung des Volumens der beim Zentrifugieren gewonnenen Blutk6rperehennieder- sehl~ge demonstrieren.

Hier auf die Frage n~ber einzugehen, wie diese Quellung auf Grund des Austausehes der Ionen zwisehen Blutk6rpereheninnerem und der umgebenden LSsung des Serums infolge ihrer ungleiehen Permeabilit~t dureh die Ober- fl~ehe der KSrioerehen sie.h erkl~ren l~gt, wie bier die versehiedene Bindung des Alkalis an Kristalloide, diffussible Salze bildende unorganisebe S~uren einerseits und an die Eiweil?kolloide andererseits, sowie die dabei mobil gemaehten und in die K6rperehen leiebt t~bergehenden Cl-Ionen die molekulare Konzentration in den Blutk6rperehen ~ndern, wfirde zu weit ft~hren und mug des Raumes wegen darauf verziehtet warden. Es kann dies aueh um so eher gesehehen, da fiber diese Fragen noah in manehen Einzelpunkten Widerspriiehe

Arehiv f. experiment. Path. u. Pharmakol. Bd, 123. 2

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bestehen. Was uns hier vor allem interessiert, ist, da6 die CO sauf den QueI- lungszustand, d.h. das Volumen der BlutkSrperehen, yon gr56tem Einflusse ist, wie dies in iiberzeugendster Weise folgendeZahlen eines yon H a m b u r g e r 1) ausgeft~hrten Versuehes lehren.

In zwei gleichgrogen Blutmengen friseh defibrinierten Mensehenblutes betrug naeh gleieher Zentrifugierdauer beim nieht mit COe-vorbehandelten Blute:

das Volumen des Serums . . 56,1%, , ~) der BlutkSrperehen 43,9 , ;

beim mit CO s vorbehandelten Blute:

das Volumen des Serums . . . 47,82 %, >) >> der BlutkSrperchen 52,18 >>

Als ein Zeiehen der Ionenverschiebung stieg im Serum der Gehalt an Trockensubstanz yon 10,59 g beim normalen Blute auf 11,56g bei CO 2- Blut, und zwar offenbar infolge des Ubertritts yon Wasser aus dem Sermn in die KSrperchen, auf Grund auftretender ttypotonie in den KSrperchen. Dabei sank die Menge des im Serum enthaltenen 2qaC1 yon normal 0,3806 g auf 0,2517 g im C02-Blute infolge l~bertritts yon Cl-Ionen aus dem Serum in die KSrperehen unter Bindung des 2~Ta an CO 2. Auch die Grenze des be- ginnenden Farbstoffaustritts aus den Blutk6rperchen lag bei C02-Blut bei 0,56% NaC1 im Gegensatze zu 0,5 ~ 2~aC1 bei normalen BlutkSrperchen.

Dabei genfigt, um die gesehilderte Kohlens~urewirkung hervorzurufen, naeh H a m b u r g e r e) 0,00311 Gewiehtsprozent oder 1,57 Vol. % C02-Gas. .Nun enthhlt aber venSses Blut 4--5 Vo]. % COs mehr als arterie]les. Es fblgt daraus, dal~ sich die C02-Wirkung auch in Gr613enuntersehieden des normalen arteriellen Blutes zum venSsen Blute geltend maehen mul~.

u Interesse far uns ist welter die ebenfalls yon H a m b u r g e r beob- aehtete Tatsaehe, da6 die geschilderten unter Einflul3 der C02 an den Blut- kSrioerchen auftretenden Vorg~inge sofort wieder rtiekg~ngig werden, wenn man 03 einleitet und dadurch die CO s verdrhngt3). Ja, der Vorgang kann sogar >>t~berkompensiert<< werden, so dal3 eine Verkleinerung, Sehrumpfung des Blutk6rperchenvolumens im Vergleiehe zur Norm, verbunden mit einer Vermehrung des C1-Gehalts des Serums eintritt4). H a m b u r g e r erkl~rt dies dadurch, dal~ das normale arterielle Blut eben stets noeh eine gewisse Menge COs enthhlt, die dann bei energiseher Verdr~ngung dutch 03 aueh noeh aus- getrieben ~drd.

Auch konnte H a m b u r g e r zeigen, dal] bei Austreibung der CO s nicht nur dutch Sauerstoff und Luft, sondern auch dureh Wasserstoff und Stiekstoff der Erfolg an den BiutkSrperchen der gleiche isti nur langsamer verl~uft.

1) Hamburger , a. a O, S. 293--294. 2) Derse lbe , a. a. O, S. 331. ,~) Derselbe, a. a. 0., S. 262. 4} ])erselbe, a. a 0., S. 264.

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Wenn wir bei unseren Versuchen beobachten konnten, dad bei der Volumenzunahme der BlutkSrperchen dieselbe Gloekenform annehmen, so li~l~t sich dies wohl jetzt damit erkliiren, da6 die Quellung der Blut- k6rperehen zuerst an der Seite auftritt, die yon der Einwirkung der Kohlensiiure zuerst getroffen wird. Damit wtirde auch unsere Beobaeh- tung in Einklang stehen, da6 die Konvexitiit der Gloekenformen sehr oft in der Durchstr5mungskammer gegen die Eintrittsstelle der ein- wirkenden kohlens~urehaltigen Fltissigkeit geriehtet ist. Greift dann die Wirkung auf die ~ibrigen Teile des Blutk6rperchens fiber, so quellen auch diese und die Gloekenformen gehen dann in Kugelformen fiber, wie wir dies ebenfalls bei unseren Versuchen beobaehten konnten.

Wird nun die C02 darauf ausgetrieben, so tritt wieder mit der Bindung der Alkalien an das Eiwei6molek[il und unter Austritt von Cl-Ionen aus den BlutkSrperehen aueh eine Abgabe von Wasser aus letzteren an ~ das Serum, und damit wieder die Volumenverminderung der BlutkSrperehen ein. Die Gloekenformen versehwinden infolgedessen. Wird der Vorgang der COe-Austreibung nun noeh welter getrieben und sehlie~lieh alle COe den BlutkSrperehen entzogen, so geht die Volumen- verminderung so welt, da~ die Blutk0rperchen jetzt ihre normale Ober- fliichenspannung nicht mehr aufreeht erhalten kSnnen und es infolge- dessert zu Maulbeerformen, d. h. Einbuchtungen der Oberfli~ehe, his zur Steehapfelform kommt.

In der Tat hat denn aueh dementspreehend H a m b u r g e r , wie bereits erwlihnt, feststellen kSnnen, dad durch energisehe Austreibung der COs das Sedimentvolumen der BlutkSrperehen beim Zentrifugieren unter die tIShe des norma!en anfiingliehen Volumens der nieht mit COs versetzten arteriellen BlutkSrperchen sank. Es steht dies durehaus in Einklang mit der altbekannten Tatsaehe, dad auch das normale arterielle Blur immer noch einen ganz betri~chtliehen Kohlensiiuregehalt besitzt. Bei diesem mittleren arteriellen Kohlensi~uregeha~te haben dann abet offenbar die BlutkSrperehen ihre normal bikonkave Seheibenform, die sieh abet bei nennenswerter ~nderung des Kohlens~iurepartial- druckes unter Zu- oder Abnahme ihres Volumens entspreehend ~tndert.

Nun kommt das Blut aber beim Verlassen des KSrpers in ein Milieu (die atmosphlirische Luft), dessen C02-Gehalt ganz erheblieh unter dem der Kiirpergewebe liegt. Die Folge davon mull also eine reiehliche Abgabe yon COs aus BlutkSrperchen und Serum an die umgebende Luft und damit eine Abnahme des Volumens tier BlutkSrperchen sein, die sehlie~lieh zu Steehapfelbildnng fiihrt. Dabei kann auch noch die Wirknng der Verdunstung und die mit dieser verbundene Konzentrations-

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zunahme des Serums als deren Folge wiedermn Wasser aus den Blut- kSrperchen austreten wird, eine Rolle spielen.

Weidenre i ch 1) deutet allerdings die in Blutprhparaten auftretenden h~Iaulbeerformen als vor allem durch Verdunstung bedingt. Indessen r~umt er doch ein, es sei >>auch denkbar, dal~ im Plasma und in den KSrperehen enthaltene und darin absorbierte Gase entweichen und mit Schuld an dem Formweehsel tragen<<. Er macht da aber doch wohl einen zu seharfen Unter- schied zwischen Maulbeer~ and Stechapfelformen. Bei den Maulbeerformen sagt er, markiert die Spitze der I-ISeker die fr~ihere Begrenzung des KSrperchens, die zwisehen den HSekern gelegenen Teile sind also eingesunken. >>Bei der Stechapfelform<<, meint er abet, >>sind die Stacheln richtige Vortreibungen nach au6en yon der begrenzenden Fl~che. Die Maulbeer~ormen sind also ein Zeichen verminderten, die Stech~pfel ein Zeichen erhShten Innendruckes gegeniiber dem jeweils umgebenden Medium.<< Maulbeeren entstehen naeh ibm stets direkt durch Sehrumpfung yon Seheiben, sind also kleinere KSrper, Steehhpfel aus Kugeln, sind also grSl~ere, aul~erdem sind bei ersteren die Fort- s~tze hie so rein wie bei letzteren. Auf Grand unserer Beobaehtungen m6chten wir uns dieser Ansicht Weidenre ichs indessen nicht anschlie~en, vielmehr die Maulbeerformen als noch nicht - - oder nicht mehr - - ausgebildete Stech- apfelform, also als eine Zwisehen~orm, ansprechen.

tt~ngt nun der Vorgang der Stechapfelbildung in der geschilderten Weise yon der Spannung der Kohlenshure im Blute ab, so erkl~irt es sich auch, weshalb die Stechapfelbfidung immer erst eine gewisse Zeit nach der Blutentnahme auftritt, und weshalb sie, wie wit sahen und es aueh schon S t r i c k e r beobachtete, immer zuerst am Rande des mikroskopischen Pr~parats auftritt. Im Gegensatze zu S t r i c k e r 2) fassen wir aber jetzt den Vorgang so auf, da~ nicht dem Sauerstoff als Bestandteil der atmosph~risehen Luft eine spezifische aktive W~r- kung zukommt, welche als die Ursache der Stechapfelbildung im Blute anzusehen ist, sondern da6 lediglich die Verdrangung der COe die Ursache der gesehilderteu stechapfel~Srmigen Ver~nderung der Blut- kSrperchen ist.

Auf die yon R o l l e r 3) and ~ e u m a n n ~) beobachteten, unter Ein- wirkung elektrischer StrSme an den BlutkSrperehen au~tretenden Ver- ~nderungen hier einzugehen, seheint nieht nStig, da es sieh bei ihren Versuchen um Wirkung elektriseher, also ganz besonderer Wirkungs-

1) W e i d e n r e i c h , Mcrkel and Bonne t , Zeitschr. s d. ges. Anat, Abt. 3: Ergebn. d. Anat. u. Entwieklungsgesch. Bd. 13, S. 17if., auch Arch. f. mikroskop. Anat. Bd. 61.

2) St r icker , Pfltigers Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 1. 3) Rollet , bei Str icker , ttandb, der Lehrc yon den Gcweben S. 282, auch

Pfliigers Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 82, S. 250. r Neumann, Reichert und Dubois Arch. 1865, S. 679--690.

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faktoren, handelt, die unter den uns hier interessierenden Bedingungen nieht in Betraeht kommen.

Ist nun das Absinken des Kohlensauredruckes im Blute wirklich die Ursaehe fiir das Auftreten von Steehapfelformen in demselben, so wird allerdings die For@rung Hamburgers~) , daB, wean man Blut in normalem Zustande erhalten will, es nStig sei, dasselbe mSgliehst unter LuftabschluB zu defibrinieren, als durehaus berechtigt anerkannt werden mtissen. Denn wean aueh die Stechapfelform bei kurzer Dauer ihres Bestehens durch Zufuhr entspreehender 1Vfengen C02 rtickgangig zu maehen ist, so wird doch wohl ein li~ngeres Verbleiben der KSrperehen in dieser extremen Form nieht ganz ohne dauernd sehadliehen Einflu6 auf dieselben sein, und man wird dies in manehen Fallen bei der Ver- wendung solehen Blutes zu physiologisehen und pharmakologischen Untersuehungen doch wohl zu bertieksichtigen gut tun.

Fragen wir nns nun aber zum Sehlusse im Hinbliek auf die Frage, welehe die Veranlassung zu dieser Untersuehung gab, ob bei Durch- blutungsversuchen tiberlebender Organe diese Beeinflussung der Blut- kSrperchen durch den C02-Gehalt des Blutes yon Bedeutung sein kSnne, so werden wit diese Frage dah:in beantworten mtissen, da$ allerdings, wenn die Kohlens':~urespannung des Blutes auf die Form der Blut- kiirperchen einen so erheblichen Einflu$ auszutiben vermag, es als unzweckmaf~ig zu betraehten ist, wenn man die Arterialisierung des Blutes mittels Durehleitens oder Sehtittelns desselben mit Luft oder Sauerstoff, wie es vielfaeh gesehieht, bewirkt. Ale die alas Blur am besten normal erhaltende Arterialisierungsform wird man vielmehr die Atmung des Blutes mittels DurehstrSmung dutch die Gefal3e einer nattirliehen, aber ktinstlieh geatmeten Lunge zu betraehten haben, wie sie Jaeob j -~) bei dem von ibm sehon seit 1895 angegebenen und neuerdings weiter ausgebildeten Durchblutungsverfahren verwendet. Bei dieser Art der Liiftung u~ld Arterialisierung des Blutes wird der CO.--Gehalt desselben, den normalen Verhaltnissen im T/ere entspreehend, nieht so weir ab- sinken, dal~ Gefahr besteht. Yiir die Entstehung yon Steehapfelformen, die dann, wie sehon eingangs erwahnt, bei der Passage dureh das isolierte Organ, big sie wieder die normale BlutkSrperehenform dureh die yon den iiberlebenden Geweben gebildete C02 gewonnen haben, dureh den yon ihnen bewirkten erhShten Reibungswiderstand in den Kapillaren einen sehr ungtinstigen EinfluB auf den Blutstrom haben kfnnten.

1/ H a m b u r g e r , a. a. 0., S. 272--275. 2) J a c o b j , Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. Bd. 36, S 330; Zentralbl.

f. allg. Pathol. u. pathol. Anat. Bd. 33, S. 268, Festschrift ftir M. B. S c h m i d t .

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Biickblick. Fassen wir zum 8chlul~ die Ergebnisse unserer Untersnehungen

noeh einmat kurz zusammen, Wir konnten zunfi, chst feststellen, dub fiber die Ursache des regel-

mi~l~igen Auftretens der Stechapfelform in dem dem lebenden KSrper frisch entnommenen Blute bisher noch so gut wie vSllige Unklarheit herrschte.

Im Hinblick auf die Bedeutung, welche solche Formveriinderung bei kiinstlicher Durehblutung auf den Blutstrom in den Organen ge- winnen mul~te, indem er den Reibungswiderstand in den Kapillaren wesentlieh vergrSl~erte, wurden zuni~ehst systematisch die verschiedensten Faktoren, welehe bei der Entnahme und Verdfinnung, sowie bei der Untersuchung des Blutes einen EinfluB auf die BlutkSrperchen gewinnen kSnnten, auf einen etwaigen die Stechapfelbildung begtinstigenden EinfluB gepriift.

t3insicht]ich der zur Verdiinnung des Blutes benutzten LSsungen ergab sich, da$ sowohl in a]s isotonisch nnd desM]b Ms indifferent he- traehteten LSsungen, wie 0,8--0,85 ~ C15Ta-, Tyrode-, ~ormosall~isung, und sogar bei Verwendung des Serums des gleichen Blutes die Stech- apfelbildung naeh kurzer Zeit eintritt.

gerner wurde festgestellt, dal] die Erscheinung stets in gteicher Weise auftrat, mochte das Blur aus der Arterie, Vene oder Kapillare entnommen sein.

Ebenso hatte weder das Sehfitteln in der MeBpipette,. noeh der Druck des Deckglases, noeh auch Zentrifugieren oder die Abkfihlung des Blutes einen Einflul~ auf den Vorgang. Wasserverlust des Blutes dureh Verdunstung bedingte zwar Vergnderung des Volumens des K~irperchens, aber in anderen Formen.

Indessen verhielten sich die BlutkSrperchen verschiedener Tier- arten allerdings hinsichtlich des zeitlichen Eintritts und des Umfanges der Erscheinung ungleich, wie auch schon fr~iher beobachtet war.

Unter diesen i~lteren Beobaehtern hat 8 t r i cke r als erster die Er- seheinung in ihrer Ursaehe experimentell zu erldi~ren versueht. Er land dab@ dal] Luft oder 8auerstoffgas, dem Blutpri~parat unter dem Mikroskop zugeMtet, die Steehgpfel entstehen, Einleiten yon Kohlen- si~uregas sie wieder Verschwinden li~l~t.

Bei wiederholten Versuehen konnten wir diese Angaben besti~tigen, aber auch zeigen, da~ gleichzeitig bei der Str ickersehen Anordnung dutch die Zufuhr der Gase Verdunstung mit ihrem Einflusse sich geltend mactlt.

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Deshalb wurden die Gase yon uns nun nicht mehr frei, sonderr, gei6st in isotonischer C1Na-LSsung zur Wirkung gebracht. Bei dieser Anordnung trat die Wirkung k]arer hervor. Es liel~ sich aber nun auch zeigen, da~ denselben Effekt wie Luft oder Sauerstoff der vS1]ig inaktive Wasserstoff erzeugen kann.

Es handelt sich somit nieht, wie S t r i eke r s. Z. annahm, um einen aktiven EinfluB des Sauerstoffs, sondern nur um die dutch ihn ebenso wie dutch den Wasserstoff bewirkte Verdrgngung der Kohlensgure. Das H e r a b g e h e n des K o h l e n s ~ u r e p a r t i a l d r u e k e s u n t e r eine gewisse Grenze ist es, wie wit feststellen konnten, was die S tech- ap fe lb i ldung veran laS t .

Dies steht aueh im besten Einklange mit den Ergebnissen der neueren physikaliseh-ehemischen Untersuchungen tiber den Einflu$ der Kohlen- s~ure auf'die osmotisehen und damit auf die Quellungsvorgange der Blutk0rperchen, welche eine Volumenabnahme bei sinkendem, eine Volumenzunahme bei steigendem Kohlens~uredruck zeigen.

Es handelt sieh demnach bei tier Bildung yon Stechapfel- und Maulbeerformen, ebenso wie bei der Napf- und Kugelbildung, um auf osmotisehen GMehgewiehtsst~Jrungen beruhende eigenartige Quellungs- und Sehrumpfungsvorg~nge, welche die Kohlens~ure mit wechselndem Partialdruek auslSst, indem sie zu VerI~gerung der Alkali- und Ci-Ionen fiihrt.

Zum Schlu$ wurde auf einige Konsequenzen hingewiesen, welohe sich hieraus fiir die Behandlung des Blutes bei Untersuehungen, spezM1 aueh bei Durehblutung isolierter Organe ergeben, wobei der Vorteil hervortritt, welohen die Arterialisierung des Blutes mittels natiirlioher, aber kiinstlioh geatmeter, isolierter Lunge bietet, wie sie die alte und neue daeobjsehe Methode verwendet.