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(Aus der Universitits-Augenklinikzu Heidelberg. -- Direktor: Geheimrat Prof. Dr. Wagenmana.) Zur Frage des Kausalzusammenhanges zwischen Pupillenweite untl Augendruek. Von Priv.-Doz. Dr. Hermann Serf, I. Assistent der Klinik. In einer kfirzlich erschienenen Arbeit ,,Tdber den Einflul~ der Belieh- tung und Verdunkelung auf den intraokularen Druek normaler und glaukomatSser Augen" beriehtet Feigenbaum 1 fiber Untersuchungen, die er in der Berliner Klinik unter der Leitung yon Thiel in dessert Laboratorium ausgeffihrt hat. Feigenbaum gelangt dabei zu ganz iiberraschenden, zum Teil auch mit der frfiher yon Thiel vertretenen Ansehauung im vollkommenen Widersprueh stehenden Sehlul3folgerungen, wobei allerdings auf diese Fragen sieh beziehende Arbeiten anderer Autoren bzw. die in ihnen enthaltenen Beobachtungen und Sehlfisse teilweise unzutreffend wieder- gegeben, teilweise auch vSllig unberficksiehtigt geblieben sind. Da die Frage fiber die Meehanik der an manchen Glaukomaugen durch einfaehe Belichtung und Beschattung willkfirlich auslSsbaren erheblichen Augendrucksehwankungen in bezug auf das Glaukomproblem sowohl in theoretischer wie in praktischer Hinsicht yon gr58ter Bedeutung ist, so ergibt sieh die I~otwendigkeit, diese Frage --zu deren Klirung Seidel 1920 erstmals entscheidende klinische Beobaehtungen (gesetzm/~f~igeDruek- steigerung um 50ram Hg bei Dunkelaufenthalt) mitteilen konnte, welehe in den letzten Jahren yon Seidel und mir auf breiter Basis weiter aus- gebaut und erg/inzt wurden--zun/~chst noehmals im Zusammenhang und unter Berficksichtigung des gesamten jetzt vorliegenden Tatsachen- materials zu bespreehen (Teil I, S. 3--21), um dann die Arbeit Feigen- baums einer Kritik zu unterziehen (Teil II, S. 21--39) und zum SehluB (Tefl III, S. 39 <t4) noch einige allgemeine Bemerkungen anzuffigen. Tell I. Als erster hat Du]our 2 1895 darauf hingewiesen, da{t die Dunkelheit bei manchen Glaukomaugen einen schadlichen Einflul3 ausfiben kann, weswegen er gelegentlich bei Glaukompatienten mit gutem Effo]g den Rat gegeben habe, nur in einem durch eine 1Xachttischlampe erhellten i J~eigenbaum, Klin. Mbl. Augenheilk. 8@, 577 (1928). 2 Du]our, Heidelberger Xongrel~berieht 1895, 165 (Disk.). 1"

Zur Frage des Kausalzusammenhanges zwischen Pupillenweite und Augendruck

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Page 1: Zur Frage des Kausalzusammenhanges zwischen Pupillenweite und Augendruck

(Aus der Universitits-Augenklinik zu Heidelberg. -- Direktor: Geheimrat Prof. Dr. Wagenmana.)

Zur Frage des Kausalzusammenhanges zwischen Pupillenweite untl Augendruek.

V o n

Priv.-Doz. Dr. Hermann Serf, I. Assistent der Klinik.

In einer kfirzlich erschienenen Arbeit ,,Tdber den Einflul~ der Belieh- tung und Verdunkelung auf den intraokularen Druek normaler und glaukomatSser Augen" beriehtet Feigenbaum 1 fiber Untersuchungen, die er in der Berliner Klinik unter der Leitung yon Thiel in dessert Laboratorium ausgeffihrt hat.

Feigenbaum gelangt dabei zu ganz iiberraschenden, zum Teil auch mit der frfiher yon Thiel vertretenen Ansehauung im vollkommenen Widersprueh stehenden Sehlul3folgerungen, wobei allerdings auf diese Fragen sieh beziehende Arbeiten anderer Autoren bzw. die in ihnen enthaltenen Beobachtungen und Sehlfisse teilweise unzutreffend wieder- gegeben, teilweise auch vSllig unberficksiehtigt geblieben sind.

Da die Frage fiber die Meehanik der an manchen Glaukomaugen durch einfaehe Belichtung und Beschattung willkfirlich auslSsbaren erheblichen Augendrucksehwankungen in bezug auf das Glaukomproblem sowohl in theoretischer wie in praktischer Hinsicht yon gr58ter Bedeutung ist, so ergibt sieh die I~otwendigkeit, diese Frage - -zu deren Klirung Seidel 1920 erstmals entscheidende klinische Beobaehtungen (gesetzm/~f~ige Druek- steigerung um 50ram Hg bei Dunkelaufenthalt) mitteilen konnte, welehe in den letzten Jahren yon Seidel und mir auf breiter Basis weiter aus- gebaut und erg/inzt wurden--zun/~chst noehmals im Zusammenhang und unter Berficksichtigung des gesamten jetzt vorliegenden Tatsachen- materials zu bespreehen (Teil I, S. 3--21), um dann die Arbeit Feigen- baums einer Kritik zu unterziehen (Teil II, S. 21--39) und zum SehluB (Tefl III, S. 39 <t4) noch einige allgemeine Bemerkungen anzuffigen.

Tell I. Als erster hat Du]our 2 1895 darauf hingewiesen, da{t die Dunkelheit

bei manchen Glaukomaugen einen schadlichen Einflul3 ausfiben kann, weswegen er gelegentlich bei Glaukompatienten mit gutem Effo]g den Rat gegeben habe, nur in einem durch eine 1Xachttischlampe erhellten

i J~eigenbaum, Klin. Mbl. Augenheilk. 8@, 577 (1928). 2 Du]our, Heidelberger Xongrel~berieht 1895, 165 (Disk.).

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4 H. Serr: Zur Fr~ge

Raum zu sch]afen. Ein Jahr sp~ter hat P/liiger sen. 1 bei der Dis- kussion fiber die augendrueksteigernde Wirkung einer durch Coeain bzw. ~ydriatie~ erzeugten Pupillenerweiterung bei manchen Glaukom- augen an diese Ausffihrungen Du/ours erinnert.

GrSnholm 2 hat dann 1910 die ersten tonometrisehen Bestimmungen in dieser Frage an Glaukomaugen vorgenommen. Die unter den verschie- densten Bedingungen (Dunkelaufenthalt, Aufenthalt im Hellen, Lesen [Akkommodation] usw.) angestellten Untersuehungen, bei denen in einzelnen F~llen ganz ansehnliehe Augendruckschwankungen festgestellt werden konnten, batten GrSnholm zu der Schlui~folgerung gefiihrt, dab die. Ursache jener Augendruekschwankungen mit grol]er Wahrschein- lichkeit in einer mit seiner Versuchsanordnung einhergehenden Pupillen- verengerung bzw. Pupillenerweiterung zu erblicken sei. Immerhin waren die Ergebnisse seiner verschiedenen F~lle nicht regelm~fiig i~ber- einstimmend, so dab eine eindeutige Kl~rung der Frage nicht mSglich war, und deshalb seine Versuehe keine Beachtung ~anden bzw. in den ausgedehnten Diskussionen des folgenden Jahrzehntes fiber Flfissigkeits- wechsel und Glaukom fiberhaupt nieht erw~hnt wurden. Es war Gr6n- holm jedoch damals sehon aufgefallen, dai~ die gr51~ten und deutlichsten durch die erw~hnten Mal~nahmen erzielten Augendruckschwankungen bei einem Glaukomauge mit /lacher Vorder]cammer aufgetreten waren, ohne dal~ dieselben bei seinen Versuehsbedingungen gesetzm~l~ig aus- zulSsen waren bzw. ein Kausalzusammenhang zwischen Augendruck und Pupillenweite sicher naehgewiesen werden konnte.

Seidel 3 konnte dann im Jahre 1920 den Nachweis fiihren, dab es Glaukomaugen mit seiehter Vorderkammer gibt, bei welchen man dureh Dunkelaufenthalt gesetzm~i/3ig einen betr~chtliehen (bis zu 50 mm Hg be- tragenden) Druckanstieg und dureh Belichtung (Fernbliek gegen den klaren oder bewSlkten Himmel) gesetzmd[3ig innerhalb yon 1--11/~ Stun- den einen Druckabfall bis zur Norm hervorrufen kann. Auf ~hnliehe Weise land Seidel, dal~ auch durch angestrengten Akkommodations~ufwand der vorher gesteigerte Augendruck gesetzm~l~ig innerhalb yon 1--2 Stunden zur Norm gebracht werden konnte. Dabei stellte Seidel gleichzeitig lest, dal~ die Pupfllenweite bei den yon einem Druckabfall gefolgten Mal~nahmen (Belichtung, Akkommodation) an demselben G]aukomauge stets geringer war, als die bei dem, einen erhebliehen Druckanstieg (yon 25 auf 75 mm Hg) auslSsenden Dunkelau~enthalt vorhandene, mit- hin bei diesen Versuchen ein kausaler Zusammenhang zwischen den gesetzm~l~ig auftretenden Augendruckschwankungen und der jeweils iestgestellten Pupillenweite bestehen mul~te. Und da terner bei

1 P/l~ger, tteidelberger Kongrel~bericht 189G, 206. 2 Gr6nholm, Arch. Augenheilk. 66, 346 (1910). 3 Seidel, Graefes Arch. 1{}2, 415 (1920).

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des Kausalzusammenhanges zwischen Pupillenweite und Augendruck. 5

diesen dureh physiologische Reize (Dunkelheit, Licht, Akkommodation) am sonst v611ig unberiihrten Gl~ukomauge mit flacher Vorderkammer bewirkten Augendrueksehwankungen s~mtliche andere in Be- tracht kommende Faktoren (Xnderungen hinsichtlich der Blut- ffille der intraokul~ren Gef~l~e, osmotische Vorg~nge, Ver~nderungen der Bulbushfille, Xnderung des Zuflusses yon Augenflfissigkeit) auszusehlieBen sind bis auf eine bei der flachen Vorderkammer durch Pupillenerweiterung bedingte Abtl~fibehinclerung im Kammer- winkel bzw. eine mit Pupi]lenverengerung einhergehende Wiederfrei- machung der im Kammerwinkel gelegenen Hauptabflu~wege, so mug - - wie Seidel damals sehon folgerte - - der Meehanismus der an solchen Glaukomaugen gesetzmgI~ig auslSs.baren Augendrueksehwankungen not- wendigerweise hierin erblickt werden. Endlich hat Seidel - - der dama]s auch bereits festgestellt hatte, dal~ Pilocarpin bei solchen Glaukom- augen nieht nur eine au~erordent]ieh rasehe und ausgiebige Senkung des gesteigerten Augendrucks hervorruft, sondern auch den am un- beeinflut~ten Auge bei Dunkelaufenthalt regelm~l~ig auftretenden Druck- anstieg vgllig verhindert - - die Bedeutung dieser mit einer Pupillen- verengerung einhergehenden Abflul~erleiehterung beweisenden Be- liehtungs- und Besehattungsversuehe ]i~r die Erlcenntnis der Wirlcungs- weise der Miot ica hervorgehoben. Die sich aus jenen Versuchen fiber die Wirkungsweise der Miotica auf das glaukomatSse Auge ergebende zwingende SchluI~folgerung deekt sich aueh vollkommen mit derjenigen, die KSllner 1 in demselben Jahre guf Grund yon sorgfgltiger Registrierung der bei verschiedener Anwendung yon Miotica auftretenden Vergn- derungen des Augendruckes und der Pupillenweite gezogen hatte.

Diese SchluBfolgerung, sowie die Bedeutung der yon Seidel ].920 mitgeteilten Tatsachen werden in keiner Weise ersehfittert oder in Frage geste]lt durch die im selben Jahre yon Kgllner 2 auf dem Heidelberger Kongrel~ demonstrierten Beobachtungen, wonach bei Fgllen yon Gl~u- korea simplex mit tie]er Vorderlcammer die jeweils dutch Lieht, Dunkel- aufenthalt und Homatropin bewirkte Ver~nderung der Pupillenweite ohne

E~n/lufl auf die HShe des pathologiseh gesteigerten Augendrucks war. In der im folgenden Jahre erschienenen ausffihrlichen Mitteilung und Bearbeitung dieser Ergebnisse 3 erkl~rt ja auch KSllner selbst im Hinblick auf die Beobachtungen Seidels ausdriicklieh, dab es keinem Zweifel unter- liegen kSnne, dal~ der Augendruek in der Tat bei manchen F~llen yon Glaukom durch relativ geringe Ver~nderung der Pupillenweite in hohem

1 K61lner, Beobachtungen fiber die druckherabsetzende Wirkung der Miotica beim Glaucoma simplex. Z. Augenheilk. 43, 381 (1920).

2 K611ner, Heidelberger Kongrel]bericht 1920, 302. s K611ner, ~ber den Einflul~ der Pupillenweite auf den Augendruck beim

Glaucom~ simplex. Arch. Augenheilk. 88, 58 (1921). Vgl. zu den Ergebnissen K61lners auch S. 41--4~ dieser Arbeit.

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6 H. Serr z Zur Frage

5~[age beeinflugt werden kann. Dagegen wird yon Kdllner die Frage einer eventuellen Beeinflussung der yon Seidel und Grdnholm (dureh Belichtung, Beschattung usw.) erzielten Augendruckschwankungen durch die regel- miBigen Tagesdrucksehwankungen (KOllner) mit vollem Recht, als nieht ernsthaft diskutierbar, verneint. Kdllner kommt v ie lmehr- - in roller Ubereinstimmung mit Seidel - - zu dem SehluB, dab der Unterschied in dem yon beiden Autoren bei Belichtung und Beschattung (bzw. dee hierdureh bewirkten Veri~nderung der Pupillenweite) gefundenen Ver- halten des Augendruckes in einer Verschiedenheit der untersuchten Glaukomaugen erbliekt werden muG, die sieh auf die verschiedene Tie/e dee Vorderkammer bezieht. Denn gesetzrn~Big durch Belichtung und Beschattung (bzw. die hierdureh bewirkte Ver~nderung der PupiUen- weite) auslSsbare Augendrueksehwankungen waren nur bei Glaukom- augen mit /lather Vorderlcammer naehzuweisen (Seidel), w~hrend bei typischem Glaukoma simplex mit tie]er Vorderlcammer - - Fglle wie sie K6Uner mit Absicht zu seinen Untersuchungen ausgewghlt hatte - - dieser EinfluB einer durch Licht, Dunkelheit bzw. Homatropin bedingten Ver- ~.nderung der Pupillenweite auf den Augendruck nieht naehweisbar war.

Es sei noch betont, dab K5llner auch in dieser Arbeit zu der SehluB- folgerung kommt, dub man beim Glaukoma simplex nach wie vor den Kammerwinkel als den ItauptabfluBweg des Kammerwassers ansehen mtisse. Somit stehen sowohl die Ergebnisse wie die SehluBfolgerungen yon Seidel und Kdllner vollkommen miteinander im Einklang.

Die Ergebnisse Seidels i an Glaukomaugen mit flaeher Vorderkammer wurden mit tliieksicht auf ihre groBe theoretische wie praktisehe Be- deutung sparer an geeigneten F~llen der tteidelberger Klinik in zahl- reichen Versuehen best~tigt und naeh versehiedenen Richtungen er- weitert, wobei die SehluBfolgerungen, die Seidel aus seinen ersten Untersuchungen gezogen hatte, rol l and ganz aufreeht erhalten werden konnten, f iber diese in den letzten Jahren yon Seidel und. mir gemeinsam vorgenommenen Untersuchungen haben wir mehrfaeh berichtet u n d auch solche Fglle dureh Bekanntgabe von Druckkurven sowie Kurven der entsprechenden Pupillengr6Ben in alien Einzelheiten demonstriert ~.

Spi ter hat Thiel ~ 1925 fiber entspreehende Beobachtungen Mit-

1 Seidel, Tiber die Ursache dee intraokularen Drueksehwankungen am glau- komatSsen Auge. Graefes Arch. 10~, 415 (1920).

2 Seer, Zur Mechanik der Augendrucksehwankungen beim lorimiren Glaukom. I-Ieidelberger Kongrel~bericht 1925, 22--35. - - Seidel, Zur Methodik der klinisehen Glaukomforschung. tteidelberger Kongregberieht 192~, 43--50; sowie Graefes Arch. ! 119, 15--21 (1927) und Sere, Augendruekkurven (Demonstration). Heidel- berger KongreBbericht 192~, 398---408.

a ThiN, Zur medikamentSsen Behandlung des Glaukoms. Bericht fiber den Berliner Fortbildungskurs fiir Augenirzte, Oktober 1925, S. 65--95. Berlin: S. Karger. 1926. Im folgenden seien die wichtigsten Stellen aus den Aus-

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des Kausalzusammenhanges zwischen Pupillenweite nnd Augendruck. 7

~eilung gem~cht . Dabe i s tehen sowohl seine A n g a b e n t iber die jeweils fes tges te l l ten Veranderungen der Pupi l lenwei te durchaus m i t unseren Be- o b a e h t u n g e n im Eink lang , ebenso wie die yon 2'hiel ver t r e t ene Ansieht , dab es dureh Pupi l lenerwei~erung in der f laehen V o r d e r k a m m e r des Glaukomauges zu einer V erlegung der A b /lu fiwege im Kammerwinkelkommt, auf deren d rucks te ige rnde W i r k u n g bei Besprechung der Adrena l in - t he rap ie (bei der die au f t r e t ende Mydr ias is als das , , G e f a h r e n m o m e n t " beze ichnet wird) mehr faeh m i t vo l lem R e c h t hingewiesen wurde.

~'eigenbaum 1 s te l l t nun den ffir e ine bes$immte Gruppe yon G l a u k o m a u g e n m i t f laeher V o r d e r k a m m e r e indeu t ig naehgewiesenen K a u s a l z u s a m m e n h a n g zwischen Pupi l l enwei te und A u g e n d r u e k e rneu t zur Diskuss ion u n d k o m m t dabe i zu einer Ablehnung . Zum besseren Versb/~ndnis der n ight zu umgehenden kr i t i schen Besprechung der Arbe i t

fiihrungen Thiels wOrtlich wiedergegeben. Seite 76/77: ,,Als Beispiel ffir eine Augendrucksteigerung nach Besehattung des Auges (s. oben) sei folgender Fall (Abb. 5) angeffihrt. Der Augendruck des rechten Auges (Glaucoma simplex) stieg beim Ein~rit$ der Dammerung - - in den Wintermonaten etwa um 4 Uhr - - yon 18 auf 50 mm Hg in 2 Stunden steil an. Gleichzeitig erweiterte sich die Pupille um 1 mm. Wurde nun das Auge dureh eine kiins~liehe Lichbquene 10 Minuten lang hell be]eueh$e¢, so fiel der Augendruck unmittelbar wieder ab, und die Pupille verengerte sieh nm 1,5 ram. Ein/~hnlicher, schnell einsetzender und stefler Druck- anstieg konnte aber aueh wiUkiirlich ausgelOst werden. Der reehte Teil der Abb. 5 zeig$ diese Ver/~nderungen des Augendruckes und des PupiUendurchmessers. Bei der ersten Bes~immung des intraokularen Druekes um 6 Uhr 30 morgens wurden 25 mm ttg, um 10 und um 1 Uhr 18 ram Hg gemessen. I-Iielt sieh der Kranke naeh der Messung um 1 Uhr 1/2 Stunde in elnem ]iehtlosen Raum auf, so erhob sich der Augendruek yon 18 auf 45 mm Hg. Wenn nunmehr das Ange 20 Minuten lang hellem Tageslicht ausgesetz~ wurde, so sank der Augendruek wieder auf seinen Ausgangswert. Der Steigerung und dem Abfall des Augen- druckes ging die GrSBe des Pupillendurchmessers paral lel ."-- S. 79: ,,Die Adrenalin- mydriasis abet kann zur l%lge haben, dal~ durch die Verlegung der Kammerbucht dutch die geraffte Iris und dureh Verldeinerung ihrer Resorptionsfliiche alle AbfluI3wege plStzlich gesperrt werden. Es wi rd damit ein Zustand geschaffen, der im glaukomatSs erkrankten oder zu Glaukom disponierten Auge zu einer gef~hrlichen und sehwer zu beseitigenden intraokularen Drueksteigerung fiihren kann." - - S. 85: ,,Die Beobaehtung unserer Glaukoml~'anken lehrte ferner, dab die Wirksamkeit des Adrenalins bei wiederholtem Gebrauch nachlieB. Diese Er- fahrung und die Beffirchtung, es kSnnte die Adrenalinmydriasis in der flaehen Vorderkammer des Glaukomauges den Versehlufl des Kammerwinkels dureh die Anlagerung der Iris an die ~ornhauthinterflKche begiinstigen, veranlaflten uns, mit dem Gebrauch des Adrenalins in letzter Zeit etwas zuriickhaltender zu sein." S. 87: ,,Infolgedessen kann es in diesem Stadium der Adrenalinwirkung zu einer I{yper/~mie der Chorioideagef~Be kommen, und der dadureh im hinteren Bulbus- abschnitt erzeugte Uberdruek, der gleichzeitige VerschluB des Sehlemmschen Xanals dutch die inzwischen maximal gerafffte Iris und die Verkleinerung der resorbierenden Irisvorderfl/~ehe kOnnen zusammen die Drueksteigerung bedingen. Dieser fiir das Glaukomauge bedrohliche Momen~ muB durch weitere Adrenalin- gaben iiberwunden werden."

Feigenbaum, Klin. Mbl. Augenheilk. 80, 577 (1928).

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8 H. Serr: Zur Frage

_Feigenbaums ist es efforderlieh, derselben das vorliegende gesamte Tat- saehenmaterial und die sieh aus ihm ergebenden zwingenden Schlu•- folgerungen im Zus~mmenhang voranzustellen, um so mehr, als Feigen- baum es unterlassen hat, sich insbesondere mit den zahlreiehen, often- sichtlieh mit seiner Theorie im Widerspruch stehenden Beobachtungen auseinanderzusetzen.

Wie Seidel sehon vor fiber Juhresfrist (Heidelberger Kongrel~ 1927) mitteilte, beziehen sich unsere Sehliisse au~ ein an 13 geeigneten Glaukom- augen in fiber 250 Einzelversuehen gewonnenes Tatsachenmaterial 1. Die betreffenden F~lle wurden sowohl in wochenlangen, t~glieh fort- gesetzten Reihenuntersuchungen wie dureh in grSl~eren Abst~nden er- folgende Naehuntersuehungen immer wieder auf ihr gesetzm~l~iges Ver- halten bin kontrolliert. Wir hat ten auch in der Zwischenzeit (d. h. im Laufe des letzten Jahres) mehrfach Gelegenheit, bei zahlreiehen F~llen solche zum Tell erg~nzende Nachpriifungen anzustellen, wodurch die Zahl unserer Einzelversuche sich auf 300 erhSht hat, wobei wir immer wieder zu denselben Ergebnissen gekommen sind.

Zun~ehst fanden wir bei unseren Untersuehungen, dal~ durchuus nicht alle Glaukomaugen diese gesetzm~il~ige Reaktion des Augen- druckes auf Beliehtung und Beschattung zeigen. Es ist vielmehr nur eine relativ kleine Gruppe yon Augen mit ehronisehem Glaukom, die als iibereinstimmendes Symptom ausnahmslos eine deutlich abgefl~chte Vorderkammer aufweisen. Die Augen w~ren dabei stets blul~ und reizlos, die Iris zeigte keinerlei krankhafte Ver~nderungen, die Pupille reagierte gut auf Lieht. Der Papillenbefund war tells v5]lig normal, tefls war eine beginnende glaukomatSse Exkavation vorhanden. Die Augen besal~en in der Regel volle Sehsch~rfe.

Solche yon uns e~ngehend untersuehten G]aukomaugen zeigten nun ausnahmslos bei den einfachen Beliehtungs- und Beschattungsversu- ehen (in sonst vSllig unbeeinflul~tem Zustand) ein ganz eharakteristi- sches und absolut gesetzm~il]iges Verhalten hinsiehtlieh des tonometr]seh gemessenen Augendruckes: durch etwa einstfindige Beschattung konnte der vorher normale Augendruck regelm~13ig betr~ehtlich in die HShe getrieben werden, wobei Druekanstiege um 40--60 mm Hg durehaus keine Seltenheit waren. Umgekehrt vermochte 1/~--1 stiindige Beliehtung den vorher durch Beschattung kiinst]ich gesteigerten Augendruek in der Regel zur Norm zu senken. (Entspreehende Augendruekkurven: tteidelberger Kongrel~berieht 1925, S. 24, Kurven 1 u: 2, S. 30, Kurve 9 ; ferner Heide]- berger Kongrel~berieht 1927, S. 398/399, Abb. 1 ~, 1 b, 2 u. 3.) Dabei ergab sich auf Grund yon zahlreiehen, am einzelnen Auge h~ufig wiederholten und unter leicht ver~nderten Bedingungen angestellten Belichtungs- und Beschattungsversuehen, dal~ zum positiven Ausfall dieser eharakteristi-

1 Vgl. Seidel, Graefes Arch. 1119, 15 (1927).

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schen Drueksehwankungen durehaus nieh~ extreme Liehtintensit~ten erforderlich waren. Um einen Druckanstieg herbeizuffihren, genfigte auch ein Aufenthalt bei D~mmerlicht oder im halbverdunkelten Raum, umgekehrt vermochte auch eine Be]ichtung der Augen dureh Blick gegen den bew61kten Himmel an sonnenlosen, trfiben Tagen oder in den Morgen- und Abendstunden einen Druekabfa]l zur Norm herbeizufiihren, ja es genfigte der Aufenthalt in einem dutch Tageslieht hell erleuchteten, mit weiBen W/~nden ausgestatteten Untersuchungsraum, ebenso wie aueh der Aufenthalt im Dunkelraum mit Blick naeh dem durch eine Tfire verbundenen, dutch Sonnenlieht erleuehteten Nebenraum. Es s~ellte sich bei diesen Versuchen heraus, dab das AusmaB der Augen- druckschwankungen bei diesen variierten Versuchen mit relativer Be- lichtung und Beschattung gegeniiber denjenigen mit vSlliger Dunkel- heir bzw. hellstem Tageslicht (B]ick gegen helle weifte Wolken an sonnigen Tagen zur Mittagszeit) durchaus nicht geringer ausfiel.

Das entscheidende Moment war vielmehr in einer durch die ver- schiedenen Liehtintensit/~ten bewirkten Vergnderung der PupiUenweite gelegen. Hierbei bedurfte es weder einer maximalen Miosis zur Er- zielung eines Druekabfal]es, noch einer maximalen Mydriasis zum Hervorrufen eines Druekanstieges. Auf Grund yon eJner an jedem einzelnen Auge angestellten, geniigend groBen Zahl yon Belichtungs- und Beschattungsversuchen mit variJerter Belichtungsst~rke liel3 sich ftir jedes Auge gleichsam ein Schwellenwert der Pupillenweite bestimmen, d .h . eine ganz bestimmte, fiir jedes einzelne Auge individuelle und charakteristisehe mittlere Pupi]lenwei~e, bei deren Uberschreiten nach oben oder unten ausnahmslos ein betr~ichtlicher I)ruekanstieg bzw. ein entsprechender Druekabfall zur Norm erfolgte. Dieser individuelle Sehwellenwert lag in der Mehrzahl der F~lle bei einem zwisehen 3 und 4 mm betragenden Pupillendurchmesser, gelegentlich aber aueh bei einem solchen yon 2,5--3 ram. Bei doppelseitigem Glaukom konnte der Sehwellenwert der Pupillenweite an beiden Augen desselben Pa- t ienten verschieden sein, wobei sich Unterschiede bis zu 1 mm fest- stellen liel3en.

Der Augendruelc war nur bei den genannten von Seidel und mir unter- suchten Glaukomaugen ganz gesetzmii/3ig vonder Beziehung der Pupillen- weite zum Schwellenwert abhiingig; lag die Pupillenweite, wenn auch nur um ein geringes w~ihrend mindestens einer Stunde iiber dem ffir das be- treffende Auge eharakteristischen Sehwellenwert, so ergab die tono- metrisehe Messung ausnahmslos einen betr~ehtlich gesteigerten Augen- druek. War die Pupillenweite umgekehrt mindestens 1/2--1 Stunde lang unter dem Schwellenwert des betreffenden Auges, so wurde stets ein innerhalb der Grenzen der Norm sich befindender Augendruck er- mittelt. Dabei liel~ sich dureh stufenf6rmige Variation der Beliehtungs-

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10 H. Serr: Zur Frage

st~rke naehweisen, dab unter best immten Verhaltnissen, d .h . dann, wenn die Pupillenweite durch entsprechend gew~hlte Beliehtungsst~rke eben fiber dem Sehwellenwert lag, womit ein Druekanstieg erzielt wurde, eine etw~ 1/2 m m betragende Pupillenverengerung - - w o d u r e h die Pupillenweite nunmehr etwas unter den Sehwellenwert des betreffenden Auges gebr~eht wurde - - bereits geniigte, um nunmehr einen prompten Abfall des Augendruckes zu erzielen. Auf analoge Weise konnte dutch eine ebenso geringe Erweiterung der Pupille der vorher normMe Augen- druek in die HShe getrieben werden, falls die Verh~ltnisse so lagen, dab die dieht unter dem Sehwellenwert liegende Pupillenweite nach der geringffigigen Erweiterung fiber den Schwellenwert hinausging (Kurven: Heidelberger KongreBbericht 1925, S. 33, Kurve 18, ferner S. 30, Kurve 10 r. Auge - - Piloearpin). Selbstverst~ndlich haben grSBere Ver~nderungen der Pupillenweite - - wie sie bei unseren Ver- suchen mit Dunkelzimmeraufenthalt und hellem Tageslieht hgufig zu verzeichnen waren - - denselben Effekt, vorausgesetzt, dab gleiehzeitig der Sehwellenwert der Pupillenweite fiberschritten wird, der allein aus- sehlaggebend ist flit die Riehtung der kfinstlieh hervorgerufenen Augen- drucksehwankungen. Dagegen haben auch betr~ehtliche Ver~nderungen der Pupillenweite, bei denen die einzelnen Werte alle deutlich iibev dem Schwellenwert oder alle un te rha lb desselben liegen, keine eharakteristische Druckschwankung zur Folge, d .h . dureh Ver~ngerung einer erheblieh fiber dem Sehwellenwert gelegenen Pupillenweite auf eine zwar wesent- lich kleinere, aber immer noeh oberhalb des Sehwellenwertes gelegene erfolgte kein Druekabfall zur Norm, der Augendruck bleibt auf patholo- giseher H6he oder steigt unter Umst~nden noch weiter an. Umgekehrt vermag eine an sieh deutliehe Pupillenerweiterung nieht zu einem Druekanstieg ffihren, wenn die Erweiterung nieht fiber den Sehwellen- wert hinausgeht 1 (Kurven: tteidelberger Kongregberieht 1925, S. 26, Kurve 3, S. 30/31, Kurve 13 und 14 r. Aug@

1 Aus diesen ErfahrungstaCsachen geht hervor, dab der an solchen Glaukom- augen festgestellte Kausalzusammenhang zwischen Pupillenweite und Augendruck nicht identiseh ist mit einer mehr oder weniger absoluten Parallelitgt zwisehen Pupillenweite und Augendruck, derart, dab eine gr6Bere Pupillenerweiterung eine st~rkere Augendrucksteigerung zur Folge h~tte als eine geringere Pupillenweite und umgekehrt. Die flit das Auftreten einer Drucksteigerung bzw. Drucksenkung maBgebende Pupillenweite ist vielmehr ein relativer Begriff, der abh~ngig ist yon dem individuellen Schwellenwert. So kann eine absolut enge Pupille wenn der Schwellenwert noch tiefer liegt - - doch relativ ,,zu welt" sein, um eine Drucksenkung herbeizufiihren, w~hrend dieselbe Pupfllenweite bei einem anderen Glaukomauge bereits unter dem SchweUenwert dieses Auges liegt und d~her relativ ,,eng genug" ist, um den Augendruck auf normaler HShe zu halten. Bei verschiedener Gr6Be des individuellen Schwellenwertes an beiden Augen desselben Patienten kann daher die absolut gleiche Pupillenweite an einem Auge eine Druek- steigerung, am anderen einen norm~len Augendruck zur Folge haben (vgl. Heidel-

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Ich betone, dab dieses durchaus gesetzm~Bige Verhalten des Augen- druckes, welches ausnahmslos yon der jewei]s vorhandenen Pupillenweite bzw. ihrer Beziehung zum Sehwellenwert des betreffenden Auges abh~ngig war, yon uns in jedem einzelnen Fall durch zahlreiche Versuehe am intakten Auge geprfift worden ist. Wir verffigen yon den in den letzten Jahren yon uns untersuehten 15 Augen meist fiber 50--60, bei einigen bis fiber 100 Einzelmessungen yon Augendruek und Pupillenweite ffir jedes einzelne Auge. Dabei konnten die erw&hnten Beziehungen ohne Ausnahme best~tigt werden. Es ist selbstverst£ndlich, dab bei so grogen Beobaehtungsreihen am einzelnen Auge und bei der ]fickenlosen (Jber- einstimmung aller V@rsuche ein Zufall ausgeschlossen ist, die absolute Gesetzmi~Ngkeit des Verhaltens uns vielmehr zweifellos zu dem SehluB bercchtigt, dab bei diesen Fdllen von chronischem Glaulcom mit /lacher Vorderlcammer ein lcausaler Zusammenhang zwischen Pupillenweite und Augendruc]c bestehen muff. Dies um so mehr, als diese dutch greBe Beobaehtungsreihen gewonnene Erkenntnis von der Bedeutung eines bei solchen Augen bestehenden Schwellenwertes der Pupillenweite es uns allein ermgglicht, die gesamten Beobachtungen restlos und ohne Zwang zu erkliiren. Wir verstehen danach nicht nur, weshalb eine dureh besondere MaBnahmen (kiinstlich) bewirkte Pupillenerweiterung jeden Druckabfall durch Belichtung verhindert, umgekehrt eine kfinstliche Pupillenverengerung den Druckanstieg im Dunkeln nicht auftreten l~Bt, sondern es wird uns aueh ohne weiteres klar, warum z. B. am un- beeinflugten Auge der sonst regelm£1]ig dureh Belichtung auftretende DruekabfM1 gelegentlich ausbleiben konnte, was dann der Fall war, wenn die zur Anwendung gelangte Lichtintensit~t nicht genfigte, um die Pupille ausreichend, d. h. bis unter den charakteristischen Sehwellenwert zu ver- engern (Kurven: tteidelberger Kongr.-Ber. 1925, S. 30/31, Kurven 13 und 14, r. Auge). Ohne die genaue Bcobachtung und Rcgistrierung der Pupillenweite weiB man eine solehe gelegentliche, nur scheinbare Aus- nahme nieht zu deuten. Nach Erkenntnis der Bedeutung des Schwellen- wertes ffigt sich jedoch aueh diese Beobachtung zwanglos unter die fibrigen ein. Dabei ergab sich weiterhin die folgende interessante Tat- sache : Es kommt bei diesen Versuchen durehaus nicht auf den absoluten Wert der angewandten, zu einem Druckabfall ffihrenden Lichtintensit~t an, derart, dab eine bestimmte Intensit~t fiir den betreffenden Einzel- fall stets zur Erzeugung eines Druckabfalles genfigend ist, eine bestimmte geringere Intensit~tt jedoch nieht. Aussehlaggebend ffir das Erzielen eines prompten Druckablalles ist stets nur diejenige (relative) Licht- berger KongreBbericht 1925, 30, Kurve 10). Beobachtungen, welche daher ohne Kenntnis eines in Frage kommenden Schwellenwertes sich einfach auf ,,enge" oder ,,weite Pupillen" bzw. auf eine ,,Pupillenverengerung" oder ,,Pupillen- erweiterung" beziehen, verm(igen keineswegs einen Kausalzusammenhang zwischen Pupillenweite und Augendruck auszuschlieBen (vgl. auch S. 41--44 dieser Arbeit).

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intensit/~t, welche geniigt, um die Pupille unter den Schwellenwert des betreffenden Auges zu verengern. Diese relative Liehtintensit~t kann, in absoluten Werten ausgedriickt, an denselben Augen zu verschiedenen Zeiten gelegentlich verschieden sein. So beobachteten wir z. B. dann, wenn wir den Dunkelzimmerversuch au/3ergew6hnlich lange, z. B. mehrere Stunden fortgestzt batten, so dal~ der Augendruck sich sehr lange auf abnormer t t5he befunden hatte, daft die Lichtintensit~t, die n5tig war, um eine Pupillenverengerung unter den Schwellenwert zu erzielen, grSl~er sein mul~te als dann, wenn der Augendruck nur kurze Zeit auf abnormer HShe belassen war.

Wiirde man bei diesen Versuchen die Pupillenweite vernachl~ssigt und nut die LichtintensitSt berficksichtigt haben, so w~re der Grund ftir die zu verschiedenen Zeiten zur Erzeugung eines Druckabfalles be- nStigte ganz verschiedene Lichtintensitgt nicht zu erkennen. Die Pu- pillenweite aber gibt uns much hiertiber zwanglose Aufklgrung, und so- wohl diese Versuche wie manche andere beweisen eindriicklich, dal~ die Pupillenweite und nicht etwa das Licht oder die Dunkelheit als solehe die Ursache der Augendruckschwankung an solchen Augen bildet.

Selbstverst~ndlich kSnnen derartige Schliisse nur an solchen Augen gewonnen werden, die ein durchaus charakteristisches und gesetzm~13iges Verhalten aufweisen. Glaukomaugen, bei denen eine Beschattungs- und Belichtungsreaktion des Augendruckes nut gelegentlich angedeutet ist, ohne dal~ dieselbe sich regelmgf~ig hervorrufen lgftt, und die insbeson- dere bei der Belichtung keinen bis zur Norm gehenden Druckabfall auf- weisen, sind ungeeignet. Solche Fglle wurdcn yon uns nieht verwertet.

Der aus den erwghnten einfachen Belichtungs- und Beschattungs- versuclien an solchen Glaukomaugen eindeutig erkennbare Kausal- zusammenhang zwischen Augendruck und Pupillenweite geht fernerhin noch aus einer Anzahl durch besondere Beobachtungsreihen festgestellten Tatsachen hervor, worfiber zum grSf~ten Tell schon berichtet wurde 1:

1. Der dutch direkte Belichtung solcher Glaukomaugen hervor- zurufende Druckabfall t r i t t in gleicher Weise ein, much wenn das Auge selbst einer direkten Lichteinwirkung dutch Anlegen eines lichtdicht- abschlief~enden Verbandes entzogen wird und man nur das andere (gesunde oder ebenfalls glaukomut6se) Auge in iiblicher Weise belichtet. Der Druckabfal] t ra t unter diesen Bedingungen ausnahmslos ein, sobald am lichtdichtverdeckten Auge eine, durch die Belichtung des anderen Auges bedingte, konsensuelle (unter den Schwellenwert gehende) Pu- pillenverengerung erzielt wurde (Kurven: Heidelberger Kongr.-Ber. 1925, S. 30/31, Kurven 12--14; ferner Heidelberger Kongr.-Ber. 1927, S. 400/401, Abb. 4--6).

1 Seidel, J~eidelberger Kongr.-Ber. 1927, 43; desgl, v. Graefes Arch. 119, 15 (1927); ferner Serf, tteidelberger Kongrel~bericht 19~, 398.

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2. Der bei Fernblick im halbverdunkelten 1%aum in die H6he ge- triebene Augendruck kann in geeigneten F~tllen trotz gleichbleibender Beleuchtungsstg@e zur Norm zurfickgeffihrt werden, dadurch, dab man die betreffende Versuehsperson veranlaI]t, w/~hrend ]~tngerer Zeit eine Akkommodationsanstrengung auszuffihren, z .B. durch Lesen yon Zei- tungsschrift. Naeh Auftreten einer den betreffenden Sehwellenwert der Pupillenweite /iberschreitenden Konvergenzverengerung geht der Augendruck innerhalb einer Stunde auf die normale HShe zuriiek.

3. Der Druchanstieg im Dunkelzimmer t r i t t bei diesen F£11en nnr am waehen Patienten ein. Er bleibt aus, bzw. es kommt zu einem Druek- abfall, wenn dig betreffGnden Personen w/~hrend des Dunkelzimmerver- suehes einschla/en, wie das in einigen F£llen zuf£11ig geschehen war. Durch das Eintreten einer Miosis im Schlafe findet diese Beobachtung ohne weiteres ihre Erkl~rung (Kurven: Heidelberger Kongr . -Ber . 1927, S. 402, Abb. 8).

4. Auch eine zentral dutch subcutan in]iziertes Morphium bedingte Miosis vermag an solchen unberfihrton Glaukomaugen mit typischer Bel ichtungs-und Beschattungsreaktion den sonst im Dunkelzimmer in unbeeinfluBtem Zustand stets auftretenden Druckanstieg voll- kommen zu verhindern, oder auch den vorher im Dunkelzimmer in die ttShe getriebenen Augendruek zur Norm zur/ickzuffihren, was wir bisher noch night mitgeteilt haben. Voraussetzung ist hierbei, daf die dutch Morphium zentral bedingte Pupillenverengerung auch im Dunkel- zimmer ein solches Ausmaf besitzt, daft sie den Schwellenwert des be- tre//enden Auges nach unten zu iiberschreitet. Dies konnte bei den meisten unserer Versuche erreicht werden. Nur in einem Fall bei den yon uns untersuchten 4 Patienten vermochte die Morphiuminjektion die Pupillenweite im Dunkelzimmer nieht unter den Schwellenwert zu verengern, und i n diesem Falle konnte auch der Druckanstieg im Dunkelzimmer nicht verhindert werden. Diese mit Morphium erzielten Ergebnisse zeigen wiederum aufs eindrfickliehste, dab die Beziehungen der Pupillenweite zu dem ]iir ]edes Auge charakteristischen Schwellenwert das allein ausschlaggebende Moment /iir da~ Au/treten der Augendruck- schwankungen ist (vgl. auch S. 34 Anm. 1).

5. Die an solehen Glaukdmaugen regelm~l]ig nachgewiesene Belieh- rungs- und Beschattungsreaktion des Augendruckes verschwindet dauernd, wenn die Pu,pille dutch spontane Vorgiinge im Augeninnern /ixiert w~rd.

So konnte an einem Full, den Seidel sehon 1920 genau untersucht und 1/ingere Zeit beobachtet hatte, bei einer vor 2 Jahren erneut vor- genommenen l~achuntersuchung der frfiher im Dunkelzimmer rege]- m~Big auftretende, ganz erhebliehe DruGkanstieg bei wiederholten Versuchen nicht mehr ausgel6st werden. Der Grund f/Jr dieses auff~llig

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veri~nderte Verhalten des Auges war leieht zu erkennen: Pat. hatte in der Zwischenzeit e i n e - nicht welter beachtete - - Iritis fiber- standen, welehe an mehreren Stellen kleine hintere Synechien zuriick- gelassen hatte. Hierdureh war die Beweglichkeit der Pupille fast auf- gehoben, insbesondere konnte sie nicht fiber einen Durchmesser yon 2,5 mm erweitert werden, womit sie den an jenem Auge bei einer gr6Beren Pupillenweite gelegenen Schwellenwert nicht mehr fibersohreiten und damit auch keine Verlegung des Kammerwinke]zuganges mehr bewirken konnte.

Unter diesen Verh~tltnissen vermoehten selbst Homatropin und Atropin (bei wiederholter Applikation) die Pupille nicht fiber den Sehwellenwert zu erweitern. Diese Mittel erzielten daher ebensowenig eine Augendrucksteigerung wie die Beschattung des Auges.

6. Die durch Belichtung und Beschattung an diesen Augen durch Beeinflussung der PupillengrSBe bewirkten Druckschwankungen ]assen sieh in gleicher Weiwe willkfirlieh hervorrufen, wenn man unter gleich- bleibenden Belichtungsverh~ltnissen nur die Pupillenweite dureh pharma- kologisehe Mittel kfinstlich vergndert.

So vermag eine durch Pilokarpin erzeugte, unterhalb des Sehwellen- wertes des betreffenden Auges ]iegende Pupillenverengerung nieht nur den ira Dunkelzimmer am unbeeinfluBten Auge ausnahmslos auftreten- den Druckanstieg volll~ommen zu verhindern (w~hrend er am zweiten, nieht beeinfluBten Gl~ukomauge nach wie vor auftritt), sondern man kann durch Pilokarpin trotz des gleiehzeitigen Dunkelaufentha]tes den vorher in die ttShe getriebenen Augendruck rasch zur Norm senken (wo- bei wiederum am zweiten, nicht beeinflul~ten Glaukomauge kein Druck- abfall im Dunkeln, unter Umstgnden sogar ein weiterer Druckanstieg erfolgt) (Kurven: Heidelberger Kongr.-Ber. 1925, S. 26, Kurve 3, S. 30, Kurve 10). Die Wirkungsdauer yon Pilocarpin hinsichtlich der im Dunkelzimmer v61ligen Konstanthaltung des Augendruckes auf normaler HShe entsprieht vollkommen der Zeitdauer, wi~hrend welcher die Pupillenweite im Dunkelzimmer durch das Pilokarpin unter dem Schwellenwert des betreffenden Auges gehalten werden kann. Vermag jedoch die angewandte Pilokarpindosis keine ausreiehende, d.h. dem Sehwellenwert unterlegene Pupiltenverengerung zu erzielen, so bleibt eine augendrueksenkende Wirkung im Dunkeln vollkommen aus, um so- fort aufzutreten, wenn dureh eine entslareehend st~rkere Dosierung eine ausreiehende Pupillenverengerung bewirkt werden kann. Erzeugt man anderersei~s dureh Pharmaka (Homatropin oder Cocain-Adrenalin) eine kiinstliehe, fiber den Schwellenwert des betreffenden Auges hinaus- gehende Pupillenerweiterung, so ist die vorher am intakten Auge dureh Belichtung regelmi~Big festgestellte Drueksenkung nicht nur voll- kommen ausgeschaltet, sondern man kann auf diese Weise ~ueh unter fortdauernder Anwendung derselben Belichtungsintensit~it, we]che am

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unbeeinfhtBten Auge unmittelbar vor der kiinst]iehen Pupillen- erweiterung stets einen prompten Absturz des dureh Beschattung gesteigerten Augendruckes herbeigefiihrt hatte, nunmehr dutch Pupillenerweiterung trotz Belichtung eine Drucksteigerung willkfir- lieh hervorrufen (Kurven: Heidelberger Kongr.-Ber. 1925, S. 26/27, Kurven4 und 6, S. 32, Kurve 17 ; Heidelberger Kongr.-Ber. 1927, S. 401, Abb. 7). Diese Drucksteigerung unter gleichzeitiger intensiver Belichtung t r i t t - wie man sich durch Anwendung abgestufter Dosen des pupillenerweiternden Mittels leieht fiberzeugen kann - - erst dann au/, wenn die Dosis ausreieht, um die Pupille fiber den Schwellenwert hin- aus zu erweitern, wghrend geringere Dosen trotz einer Pupillenerwei- terung, die unterhalb des Schwellenwertes bleibt, keine augendruek. steigernde Wirkung entfalten. Dabei ist es gleichgfiltig, ob man zur Pupillenerweiterung Hypergmie erzeugende Mittel wie Homatropin oder vasokonstriktorisehe Mittel wie Kokain oder Kokain-Adrenalin (in den Bindehautsaek eingetropft) anwendet. Ja selbst nach sub- konjunktivaler Adrenalininjektion kann man gelegentlich wi~hrend der ersten Stunden eine dutch die Mydriasis bedingte augendrueksteigernde Wirkung beobaehten, die trotz intensiver Belichtung nieht beseitigt werden kann (Kurven: Heidelberger Kongr.-Ber. 1927, S. 402, Abb. 9). Entspreehende Beobaehtungen fiber die drucksteigernde Wirkung der bei der Adrenalintherapie auftretenden Mydriasis sind ja auch yon anderer Seite mehrfach in der Literatur mitgeteilt, u. a. wies auch Thiel darauf hin, der diese Mydriasis direkt als das ,,Gefahrmoment" der Adrenalintherapie bezeichnet 1.

Die Dauer der augendrucksteigernden Wirkung einer kfinstlichen Pupillenerweiterung fgllt (soweit man selbstverst/~ndlich die in anderer Weise [Sekretionshemmung] angreifende Sp/~twirkung yon Adrenalin bei st/~rkerer Dosierung unberiicksiehtigt l£Bt - - vgl. S. 40 dieser Arbeit) genau zusammen mit der Dauer der fiber den Sehwellenwert hinausgehen- den Pupillenerweiterung. Dies kann man insbesondere deutlieh nach einer durch tIomatropin erzielten Pupillenerweiterung veffolgen. Dabei hat z. B. der Versuch, eine auf diese Weise, d. h. durch }tomatropinein- tr/~ufelung bedingte Augendrucksteigerung durch Eserin wieder zu be- seitigen, trotz Anwendung erheblicher Eserindosen erst dann Erfolg, wenn das Eserin die durch Homatropin erweiterte Pupille wieder unter den Sehwellenwert des betr. Auges zu verengern vermag, vcas erst nach einigen Stunden und nach wiederholter Eseringabe der Fall ist (Kurven: Heidelberger Kongr.-Ber. 1925, S. 32, Kurve 17).

Fiihrt man solche - - die Belichtungs- und Besehattungsversuche am unbeeinflul?ten Glaukomauge erg~nzende, und mit ihnen hinsichtlieh des Kausalzusammenhanges zwisehen Augendruck und Pupillenweite

1 Vg]. T-hiel, S. 6 dieser Arbeit; Anm. 3.

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(Schwellenwert !) vollkommen fibereinstimmende - - Versuche mit phar- makologischer Beeinflussung der Bupillenweite an solchen Patienten aus, bei denen beide glaukomatSsen Augen eine typische Belichtungs- und Beschattungsreaktion des Augendruckes ausweisen, so finder man ausnahmslos, dab bei nur einseitig mit Hilfe yon Pharmaka bewirkter Ver/~nderung der 1)upillenweite die t)-pische Belichtungs- und Be- schattungsre~ktion am anderen, nicht beeinfluBten Auge - - im Gegen- satz zu dem pharmakologisch beeinflul~ten - - unverindert und in ge- setzmii~iger Weise fortbesteht.

Durch entsprechend gew/~hlte Versuchsbedingungen kann man bei solchen doppelseitigen Glaukomf~llen leicht und willkiirlich an beiden Augen zur selben Zeit ein~nder entgegengesetzt vcrlaufende Augendruck- schwankungen (Abfall am einen, Anstieg am anderen) yon erheblichem AusmaBe hervorrufen (Kurven: Heidelberger Kongr.-Ber. 1925, S. 30, Kurve 10), ein deutlicher Beweis, daft /iir die au/tretenden Augendruck- schwankungen weder allgemeine Ursachen noch die direkte Wirkung des Lichtes bzw. der Dunkelheit verantwortlich gemacht werden k6nnen.

Aus unserem, aus groBen Beob~chtungsreihen gewonnenen Tatsachen- material geht vielmehr eindeutig hervor, dal~ die Ursache ffir die will- kfirlich und gesetzm~l~ig schon dutch geringe Ver~nderung der Licht- intensit~t am vSllig int~kten Glaukomauge mit seichter Kammer her- vorzurufenden Augendruckschwankungen uuf lokale Verhgltnisse im Auge zuriickge{fihrt werden mfissen. Denn die gro$en, lfickenlos fiberein- stimmenden Beobachtuhgsreihen ]assen mit Sicherheit erkennen, dal~ bei solchen Glaukomaugen ein k~usaler Zusammenhang zwischen der .Pupillenweite und dem Augendruck vorhanden ist.

Dabei deutet die Tatsache, da$ die Belichtungs- und Beschattungs- reaktion bzw. der genannte Kausalzusa.mmenhang zwischen Augendruck and Pupillenweite nur bei Glaukom~ugen mit /lacher Vorderkammer vorh~nden ist, yon vornherein darauf hin, dab in solchen Augen die mit einer Bupillenerweiterung e~nhergehende Augendrucksteigerung ]etzten Endes verursacht sein muB durch eine bei Pupiilenerweiterung durch die peripheren Iristeile erfolgende Verlegung der im Kammerwinkel gelegenen Hauptab/lu[3wege des Kammerwassers, und dab umgekehrt der mit einer Pupillenverengerung einhergehende Druckab~all auf eine hierbei erfolgende Wiederfreimachung des bei welter Pupille durch die Iri~wurzel v@rlegten Zugangs zum Kammerwinkel zuriickzufiihren ist.

Diese sich einem bei den topographischen Verh/~ltnissen der Kammer- bucht bei Glaukomaugen mit seichter Vorderkammer sofort ~ufdr/in- gende Vermutung finder ihre zweifelsfreie Bestitigung darin, d~l] man unter geeigneten Versuchsbedingungen imstande ist, alle anderen Fak- toren, welche sonst noch ~tir eine Ver~nderung des Augendruckes in Frage kommen kSnnten, mit Sicherheit auszuschlie[3en.

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Denn die Ver~nderungen des Augendruckes mfissen notwendigerweise bedingt sein durch Volumenver~nderungen des Bulbusinhaltes, d. h. es mut~ beim Druckanstieg eine Volumenzunahme, beim Druckabfall eine Volumenabnahme des Bulbusinhalte8 eintreten (der sich aus der intraokularen Blutffille, dem GlaskSrper und dem Kammerwasser zu- sammensetzt). Jede Volumen~nderung eines dieser Faktoren mug selbst- verst~ndlich zu einer Ver~nderung des Augendruckes fiihren (voraus- gesetzt, dab nicht die Volumenzunahme eines Faktors durch eine ent- sprechende Volumenabnahme eines anderen kompensiert wird).

Die am vSllig intakten, ruhenden nicht akkommodierenden Glaukom- auge mit seichter Vorderkammer lediglich durch Ver~nderung der Be- leuchtungsst~rke auftretenden Volumenver~nderungen (Volumenver- mehrung im Dunkelzimmer ~--Druckanstieg; Volumenabnahme im Hellen ~ Druckabfall) kSnnen nun ganz unmSglich auf einer vermehrten oder verminderten Blutfiille der intraokularen Gef~l~e beruhen. Sie mfisscn somit notwendigerweise auf eine Volumen~nderung der Augen- fliissigkei~ bezogen werden, wobei unter den gew~hlten Versuchsbe- dingungen als urs~chliche, die Augendruckschwankung bedingende Volumenveri~nderung nur eine solche des Kammerwassers in Frage kommen kann. Es ergibt sich also, daI~ in diesen Augen bei Be- schattung - - einhergehend mit Pupillenerweiterung - - eine Vermehrung des Kammerwasservolumens und bei Belichtung --einhergehend mit Pupillenverengerung - - eine Verminderung des Kammerwasservolumens zustande kommt.

Und da nun nicht die geringsten Anhaltspunkte vorhanden sind, dab durch Beschattung eine Vermehrung des Kammerwasserzuflusses oder durch Belichtung eine Verminderung desselben eintritt, so mug in diesen Augen durch die Pupillenerweiterung (infolge Beschattung) eine Behinderuny des Kammerwasserabflusses und dutch Pupillenverenge- rung (infolge Belichtung) eine Erleichterung des KammeruSasserab/lusses bewirkt werden. Eine solche Behinderung bzw. Erleichterung des Kammer- wasserabflusses kann unter den gew~h]ten Versuchsbedingungcn (einfache etw~ einstiindige Belichtung und Beschattung des unberfihrten Glaukom- auges) sowie unter Berficksichtigung des zweifellos bestehenden Kausal- zusummenhanges zwischen Pupillenweite (Schwellenwert!) und Augen- druck nut auf einer bei weiter Pupille auftretenden grobmechanischen Verlegung des Zuganges zum Kammerwinkel bzw auf einer bei enger Pupille effolgenden Wiedeffreimachung desselben be~ruhen, was bei solchen Augen mit ausgesprochen flacher Vorderkammer ohne weiteres vers~ndlich ist. Damit s~eht auch die Tatsache im Einklang, dai~ die typische Belichtungs- und Beschattungsreaktion des Augendruckes nur bei solchen Augen gefunden wird, w~hrend Glaukomaugen mit tie/er Vorderkammer diese Reaktion nicht aufweisen.

v. Graefes Archly fiir Ophtha lmolog ie . 121. Bd.

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18 H. Serr : Zur l~rage

Dutch die Beobachtung, da~ die Ver~nderungen des Augendruckes bei jenen Glaukomaugen mit seichter Vorderkammer ausnahmslos nur dann ein~reten, wenn die Ver~nderung der Pupillenweite einen fiir das betr. Auge charakteristischen Betrag der Pupillenweite, den Sohwellen- were, naoh oben oder un~en iiberschreite~, erfahren wir weiterhin, da$ die durch die peripheren Iristeile bewirkte Verlegung des Zuganges zum Kammerwinkel bei einer gewissen Puloillenweite ganz lolStzlioh erfolgt, ohne dab eine s~arkere oder eine maximale Mydriasis eine nennenswerte andere Wirkung erkennen liel~e. In entspreohender Weise erfolgt auch die fiir einen prompten DruckabfaH erforderliche Freigabe des Kammer- winkelzuganges bei einem ganz bestimmten Gr~d der Pupillenweite fast plStzlioh, ohne dab durch eine dariiber hinausgehende Pulofllenverenge- rung eine wesentliche weitere Abfluf~verbesserung zustande kommt bzw. naohzuweisen ist. Auoh diese Beobach~ung ist unter Beriieksiohtigung der meohanisohen Verhgl~nisse in solchen Augen mit seichter Vorder- kammer leicht verstandlioh. Die klare Erkenntnis dieser die Augen- druoksohwankungen bei solchen Glaukomaugen bedingenden meohani- sohen Verhgltnisse gib~ uns auoh Aufschlu$ dariiber, warum unter be- stimm~en Voraussetzungen bereits eine geringfiigige (den Schwellenwert nach unten iibersohreitende) Puloillenverengerung zu einem lorompten Abfall des gesteigerten Augendruckes ffihrt, wahrend andererseits an dem- selben Auge eine viel grSi~ere (den Schwellenwer~ j ed0ch nicht iibersohrei- tende) Puloillenverengerung ohne augendrucksenkende Wirkung bleib~.--

Die ~us den genunnten grol~en Beobach~ungsreihen einzig m6gliche Schlufifolgerung - - wonueh die an solchen Glaukomaugen mit seichter Vorderkammer gesetzmgBig auslSsbaren Druckschwankungen in urs~oh- lichem Zusammenhang mi~ einer je nach der vorh~ndenen Pupillen- weite einhergehenden Abflul~behinderung bzw. Abflu[~erleioh~erung stehen miissen - - finder ihre Bes~atigung durch eine zweite, an solohen Augen ~ngewgnd~e, einfaohe Un~ersuchungsme~hode ~ : I)uroh eine gleizh- lange (2 Minuten d~uernde) mi~ gleichem Gewich~ (dem mit dem 15 g- Gewicht armierten SchiStzschen Tonometer) zu versohiedenen Zeiten bei gleichem, auf normaler HShe befindlichen Ausg~ngsaugendruck an demselben Auge vorgenommenen Belastung, die das eine Mal bei enger, das andere Mal jcdoch bei welter Pupillc ~ngestell~ wurde 2, f~ndcn wir, da~ der auf gleiche Weise bei enger Pupil le durch die Belas~ung erzielte Druckab]all etwa 5real gr6fier war als der bei weiter Pulgille erhaltene (Kurven: tteidelberger Kongr.-Ber. 1927, S. 406, Abb. 16). Diese wiederhol~ festgestellte experimentelle Tatsache beweist eindeutig, dal~ die durch

1 Seidel, Zur l~Iethodik der klinischen Glaukomforschung, I-Ieidelberger Kongr. Ber. 1927, S. 43--50; ferner Graefes Arch. 119, 15--21. 1927.

2 Was dutch verschieden starke Beleuchmng des zweiten Auges leicht zu ermSglichen war.

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des Kausalzusammenhanges zwischen Pupillenweite und Augendruek. 19

dieselbe Belas tung in demselben Glaukomauge bei enger Pupi l le bewi rk t e Volumenverminderung eine mehr/ach gr6fiere ist als die bel weiter Pupille au/tretende, was nur da rau f be ruhen kann , d a b in d i e s e n G laukom- augen die Abf luBm6gl iehkei t des K a m m e r w a s s e r s bei wei te r Pupi l le erhebl ieh ve r r inge r t isg gegentiber der bei enger Pupi l le vo rhandenen .

Die Ergebnisse der be iden verschiedenen, a m v611ig i n t a k t e n Gl~ukom- auge angewand~en k l in isehen Un te r suchungsme thoden f i ihren somig zu

genau demselben Ergebnis . In diesem Zusammenhang mu$ noeh einer yon uns erhobenen klinisehen

Beobachtung gedaeht werden, fiber die ich auf dem Iteidelberger KongreB 1924 beriehtet habe (Heidelberger Kongrel~berieht 19~4. S. 115--118). Ein 16j~hriger junger Mann mit vorher stets gesunden Augen hatte am rechten Auge eine per- ~orierende Itornhautverletzung erlitten, die ohne entzfindliche Komplikationen geheilt war under Zurfiekbleiben einer kleinen vorderen Syneehie. Hierditreh war die ganze Iris mehr oder weniger naeh vorn gezogen, so dab die Vorderkammer deutlich abgeflacht war. Es stellte sich an dem v611ig blassea und reizlosen Auge ein Sekund~rglaukom ein, welches eine 9anz typi~che Belichtungs- und Beschattungs- reaktion des Augendruekes au/wies, d.h. das Verhalten des Auges war ein ganz analoges wie bei den yon uns genau untersuchtea P~llen yon primgrem Glaukom mit seiehter Vorderkammer. Ein Sehwellenwert der Pupillenweite war deutlieh erkennbar, und jede fiber diesen Weft hinausgehende Pupillenerweiterung (Dunkel- heir, Eintr~ufeln yon Komatropin, Adrenalin oder Cocain-Adrenalin) ffihrte rasch zu einem (bis etwa 50 mm Hg reiehenden) Anstieg dos Augendruekes. Umgekehrt vermoehte jede unter den Sehwellenwert der Pupillenweite gehende Pupillen- verengerung (Belichtung, Akkommodation, Piloearpin) den Augendruck prompt. zur Norm herabzusetzen. Bei gleichzeitig kiinstlich erweiterter Pupille war aueh intensive Belichtung ohne drueksenkenden Einflul~, andererseits vermochte Pilo- caxpin auch im Dunkelzimmer den gesteigerten Augendruck zur Norm herab- zusetzen bzw. den im Dunkelzimmer am unbeeinfluBten Auge stets auftretenden Druekansgeg vollkommer~ zu verhindern. Nachdem alle Beobachtungen offen- siehtlieh darauf hinwiesen, dab die mit Pupillenerweiterung auftretende Augen- drueksteigerung dureh eine hiermit bei der abgeflaehten Vorderkammer bedingte AbfluBbehinderung im Kammerwinkel verursaeht sein muBte, wurde der Versueh ge- macht (Prof. Seidel), die normale Kammertiefe dureh operative LSsung der vorderen Synechie wiederherzus~ellen, d. h. die Probe aufs Exempel anzustellen. Der Versuch gelang, die (0,6 mm breite) vordere Syneehie konnte mit einem Diseisionsmesserohen ohne Verletzung der Iris gel6st werden. Hierduroh erreiehte die Vorderkammer naeh kurzer Zeit wieder eine gleichmABige Tiefe wie am gesunden linken Auge, und dieintra- okulare Drueksteigerung war beseitigt, bzw. der Augendruclc liefl sich dutch die vet. *chiedenen (eine Ver/~nderung der Pupillenweite bedingenden) Ma[3nahmen, welehe vet der Operation sehr betrgchtliche Druckatei~erungen bzw. Druekschwankungen hervor- ger~]en hatten, nieht mehr beein/lussen. An sich vermag uns dieser einzigar~ige Fall yon Sekund~Lrglaukom - - wie ich 1924 ausdriicklieh hervorhob - - lediglich einen ,,~ingerzeig" zu geben, in welcher l~iehtung die Ursache der Augendrueksteigerung beim prim~ren Glaukom zu suehen ist. In Verbindang mit den yon uns in den letzten Jahren bei prim/~rem Glaukom mit flacher Vorderkammer in grol~en Unter- suehungsreihen sor~i~ltig ermitf~lten Tatsachen erh~lt jedoeh der Fall eine dariiber hinausgehende Bedeutung. Bildet er doeh gleiehsam eine (dutch den Zufall bedingte) ,,experimentelle" Best~tigung ftir die aus den klinischen Untersuehungen an primErem Glaukom mit/la~her Verderkammer mit Sieherheit zu entnehmenden, in der vor- liegenden Arbeit noehmals ausfiihrlich dargelegten SchluBfolgerungen.

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Weiter stehen damit vollkommen im Einklang Versuche, die yon uns angestellt wurden, um an solchen Gl.aukomaugen den EinfluB der gebrguehlichsten Glaukomoperationen auf die Belichtungs- und Be- sehattungsreaktion des Augendruckes bzw. auf den Ausfall des Be- lastungs-Experimentes zu prfifen. Es ergab sich, dab die Ir idektomie ebenso wie die Elliotsche Trepanat ion den dutch Beschattung am intakten Auge gesetzmgBig auftretenden, eine tI6he yon 50--60 m m Hg erreichen- den I)ruckanstieg dauernd verhinderL was beweist, dab durch die Ope- ration eine Verbesserung der AbfluBverh~ltnisse ffir das Kammerwasser geschaffen wurde, wie das auch die im Dunkelri an solchen iridekto- mier~en Glaukomaugen vorgenommenen Belastungsversuchel bestgtigen.

I)abei bringt die TrePanation die vor der Operation 30 40 m m Hg betragenden Belichtungs- und Beschattungsdruckschwankungen so gut wie voilkommen zum Verschwinden, w~hrend nach der Ir idektomie eben noch angedeu~ete (bis zu 8--10 m m Hg gehende) Augendruckschwankun- gen im I~elichtungs-Beschattungsversuch auftreten k6nnen, ohne dal~ der Augendruek im Dunkeln die obere Grenze der Norm nennenswert fiber- schreitet (Kurven: Heidelberger Kongr.-Ber. 1927, S. 405, Abb. 14 und 15).

Die Erkl~rung ftir die geringen - - gegeniiber den am intakten Auge in eharakteristischer Weise ver~nderten - - Augendruckschwankungen des iridektomierten Glaukomauges ist ohne weiteres ersichtlich: Die Ir idektomie schafft wohl einen dauernden freien Zugang zum Kammer- winkel, welcher genfigt, um auch bei welter Pupille eine fiber die Norm hinausgehende Augendrucksteigerung eben zu verhindern. I )a aber auch am iridek~omierten Auge bei welter Pupille gr6Bere Abschnit~e des Kammerwinkels auBerhalb des Kolobomgebietes dutch die peripheren Iristeile verlegt werden, so ist es leicht verst~ndlich, dab dann, wenn zu dem an umschriebener Stelle durch die Ir idektomie geschaffenen dauernd freibleibenden Zugang zum Kammerwinkel noch eine durch Pupillenverengerung im ganzen iibrigen Gebiet des Kammerwinkels be- wirk~e AbfluBerleich~erung hinzukommt, dieselbe sich in einer gewissen Herabsetzung des bei weiter Pupille am iridektomierten Auge vorhan- denen Druckes geltend machen muB 2.

1 Wurde am vorher iridektomierten Glaukomauge im Dunkeln (d. h. bei welter PupiUe) ein Belas~ungsversueh angestellt, so war der erzielte I)ruckabfall etwa 3ram gr6Ber als Me am analog belastetea intakten (d. h. nicht iridekto- mierten) I~ontrollauge, dessen Belichtungs- und Beschattungsreaktion des Augen- druckes genau dasselbe Verhalten insbesondere dasselbe AusmaB zeig4e wie das am iridek~omierten Auge vor der Operation vorhandene (vgl. I-Ieidelberger Kon- gregberich~ 19~(, 407, Abb. 17).

2 In therapeutischer I-Iinsicht lehren nns diese Beobach~ungen, dab bei solchen Glaukomaugen die Ansfiihrung einer breiten b~salen Iridek¢omie (v. Heft) gegeniiber einer *o~alen Iridektomie yon Vor~eil sein kann, da die Erhalgung des Sphincters bzw. die hierdurch bewirkte bessere Enghaltung der Pupille die reine lridektomiewirkung in zweckm~Biger Weise unterstfitzt.

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des Kausalzusammenhanges zwischen Pupfllenweite und Augendruck. 21

Die Trepanation schafft jedoch dutch Bildung einer .Dauerfistel so ausreiehende kiinstliche AbfluBbedingungen flit das Kammerwasser, dab die bei welter Pupille an solehen Glaukomaugen mit seichter Vorder- kammer auftretende Verlegung der natfirliehen Hauptabflui]wege ohne EinfluB auf den Augendruck b l e i b t . -

Das sind im wesentlichen die durch Beschattung und Belichtung an den erw~hnten Glaukomaugen his heute festgestellten Tatsachen, die alle dutch die q~ichtige Theorie erkl~irbar sein miissen.

Teil II. Wir wenden uns nunmehr der neuen The orie Feigenbaums zu. --Eeigen-

baum hat nun in seiner eingangs erw~hnten, kfirzlich erschienenenArbeit-- abgesehen davon, dab er offenbar manche unserer Ergebnisse bzw. ihre Bedeutung miBversteht - - wichtiges Tatsachenmaterial unserer wie auch ffemder Untersuchungcn, insbesondcre, wie man gleich sehen wird, soweit durch dieses das Unzutreffende seiner neuen Theorie offensicht- lich dargetan wird, vollkommen mit Stillschweigen fibergangen, Tat- sachen, die jedoeh dem Leser zur objektiven Beurteilung dieser auch in praktischer Itinsicht so wichtigen Fragen nicht vorenthalten werden dfirfen und deshalb der Kritik yon .Feigenbaums Arbeit im Zusammen- hang vorangestellt werden muBten.

Zun~tchst hat zwar Feigenbaum durch seine VerSffentlichung die Tat- sache best~tigt, dab es Glaukomaugen gibt, welche (wie die yon uns genau un~ersuchten und mitgeteilten F~lle) eine typische Beschattungs- und Be- lichtungsreaktion des Augendruckes, d.h. bei Dunkelaufenthalt einen be- tr/iehtlichen Anstieg, bei Belichtung einen entsprechenden Abfall des Augendruckes zur Norm zeigen. In Ubereinstimmung mit uns gibt Feigenbaum auch an, dab die typisehe, durch betr~ehtliche (weir fiber die Fehlergrenzcn der Tonometrie hinausgehenden) Augendruckschwan- kungen charakterisierte Reaktion bei ehronischem Glaukom mit flacher Vorderkammer gefunden wird.

Darfiber hinaus behaulotet Felgenbaum jedoch, dab nieht nur alle anderen Glaukom]ormen (einschl. Glaucoma absolutum und zum Tell aueh die Sekund~rglaukome), sondern auch die gesunden glaukomfreien Augen mit relativ groBer RegelmaBigkeit eine Belichtungs- und Be- schattungsreaktion aufwiesen, derart, dab im Dunkeln ein Druckans~ieg, im Hellen ein Druckabfall erfolgte, welch lctzterer in gleicher Weise auch an dem zweiten, w~hrend der Belichtung evtl. lichtdicht ab- geschlossenen Auge au~trete. Der kausale Zusammenhang yon Augen- druck und Pupillenweite (der yon uns bekannt]ich fiir eine bestimmte Gruppe yon Glaukomaugen einwandffei nachgewiesen wurde, ohne dab wir ihn verallgemeinernd auf alle iibrigen Glaukomformen iiber- tragen h~ttten) wird yon Feigenbaum grundsatzlich bestritten, da die hier-

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fiir yon uns vorgebrachten Argumente naeh seiner Ansicht nicht zutreffen k6nnten 1. Er n immt vielmehr an, dab es sich um eine direkte, angeblich die Ge/iifinerven der Iris und Ciliarkgrpercapillaren angrei/ende, eine GeJdi]3- reaktion aus158ende Lichteinwir]cung handle, u n d e r glaubt auf diese ~Veise such die typischen spontanen Tages- mud Naehtdrucksehwankungen (K61lner) bei gesunden und glaukomkranken Augen erkl~ren zu kSnnen.

Die gegen Seidel und reich gerichfete Beweisfiihrung Feigenbaums, welche das Niehtvorhandensein eines kausalen Zusammenhanges zwi- schen Pupillenweite und Augendruckschw~nkungen insbesondere bei den Beliehtungs- und Beschattungsversuchen dar tun soft, wird nun keineswegs etwa dadurch erh~rtet, daft Felgenbaum eine sorgf~ltige Nachprfifung unseres Tatsaehenmaterials vornimmt, wie man das in Hinbliek ~ auf unsere an groSem Beobachtungsmaterial gewonnenen und verschiedentlieh (zum Tefl mit allen Einzelheiten) verSifentlichten Er- gebnisse unbedingt erwarten und such verlangen muflte. Feigenbau m verzichtet vielmehr auf jegliche ~iitteilung der bei seineaVersuchen auf- t retenden Vergnderungen der PupiUenweite ~, welcher er anscheinend fiberhaupt keine Beachtung sehenkt, worait seine Beobachtungen und Behauptungen hinsichtlich des yon ihm bestrittenen Kausalzusammen- hanges einer objektiven Beurteilung des Lesers entzogen werden. Im fibrigen lassen such seine Mitteilungen nahere Angaben fiber andere wesentliehe Momente, z. B. Angaben fiber die Tageszeit, zu der die Untersuehungen vorgenommen wurden, Angaben fiber Dosierung und Zeitpunkt einer zur Anwendung gebrachten medikamentSsen Beein- flussung der untersuehten Augen vollkommen vermissen.

An Stelle der zur Kl~Lrung eines Kausalzusammenhanges zwischen Augendruek und Pupillenweite (bei gewissen Glaukomaugen) unerlgB- lichen, yon _Feigenba~m jedoeh vernachl/~ssigten Beobachtungen fiber die in den einzehaen Versuchsphasen vorhandene Pupillenweite bring¢ er mehrere, zum Teit aus dem Zusammenhang gerissene, seine Behaup- tung angebtich stfitzende Beweismomente, die jedoeh einer Kri t ik ebensowenig standhalten kSnnen wie seine Belege ffir die yon ibm an- genommene Ursache der Beliehtungs- und Besehattungsreaktion des Augendruckes.

1 Es mul~ darauf hingewiesen werden, dab Feigenbaum hinsiehtlieh des yon ihm bestrittenen Kausalzusammenhanges zwisehen PupillenweRe und Augendruek weder einzelne Glaukomtypen (mit flaeher und tiefer Vorderkammer usw.) noeh gesunde und glaukomatSse Augen auseinanderh/~lt, was insbesondere bei der versuehten Beweistfihrung immer wieder zum Ausdruck kommt.

2 Im Gegensatz zu frfiher yon Thlel fiber typische Belichtungs- und Be- sehattungsdrueksehwankungen bei Glaukomaugen mitgeteflten Beobaehtungem welehe - - wie aus der gleiehzeitig wiedergegebenen graphischen Darstellung yon Augendruek und Pupiltenweite zu entnehmen ist - - mit unseren Beobachtungen und den daraus gezogenen SehluBfolgerungen durchaus im Einklang stehen. VgL S. 6 dieser Arbeit.

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des Kausalzusammenhanges zwischen Pupillenweite und Augendruck. 23

Da sich Feigenbaums Beweisffihrung hgufig auf an normalen Augen angestsllte Beobaehtungen bezieht, die dana auf das Glaukomauge sin- fach fibertragen werden, und da ferner gerade sein Kardinalbeweis sieh auf Augendrueksehwankungen an normalen bzw. an sish wie normale Augen verhaltenden, pilokarpinisierten Glaukomaugen stfitzt, so mug ieh reich zun~ehst mit diesen ,,Parallelversuehen" an normalen Augen befassen. DieVersuehsanordnungFeigenbaums war dabei dieselbe wie bei Glaukom. augen: Es wurde zun~ehst eine einstiindige Beschattung im Dunkelraum vorgenommen (der in zahlreichen F~llsn mit Rficksicht auf sine im Dun- kelraum gMshzeitig angestellte Adaptationspriifung eine 10 Minuten lange Beliehtung vorausgegangen war). Danaeh folgte sine 15 Minuten dau- ernde Belichtung des einen Auges, wghrend das andere Auge gleiehzeitig dureh sinen lieh~diehten Verband abgeschlossen war. Der Augendruek wurde zu drei verschiedenen Zeitpunkten (zu Beginn des Versuches, naeh AbsehluB des Dunkelaufenthaltes und naeh Abschlug der Beliehtung) tonometriseh gemessen. Als l~esultat der yon ihm an no~malen Augen angestellten 58 Besehattungsversuehe gibt Feigenbaum an, dag der Augendruek im Dunkeln 37mal angestiegen, l lmal gleiehgebtieben und l~)mal gesunken sei. Naeh der Beliehtung sei bei 30 Versuehsn einmal ein Anstieg, einmal ein GMehbleiben und 28real ein Absinken des Augen. druekes gefunden worden. Die Gr6ge der hierbei an normalen Augen fest- gsstellten Augendrueksehwankuagen wird allgemein auf 2 his 6 mm Hg angegeben, wobei der Augendruek mit dem SehiStzsehen Tonometer ge- messen wurde.

Trotz dieser aueh nach seinen Angaben in die Fehlergrenzen der Tono- metrie fallenden geringen Ablesungsdi//erenzen mSehte sis _Feigenbaum wegen ihrer ,,relativ groBen Regelm~$igkeit" (insbesondere wegen des fast stets nach Beliehtung festgestellten Druckabfalls) Ms gesetzmgl3ige und mit der Beliehtung bzw. Beschattung ursgchlieh in Zusammenhang stehende tatsdichliche Druckschwankungen anerkannt wissen. Dabei glaubt er sich auf ghnlichs geringffigige Unterschiedswerte, die KOllner und spgter Thiel u. a. bei den tonometrisehen Untersuchungen fiber die physiologisehen Tages- drusksehwankungen beim Normalen gefunden haben, berufen zu k6nnen.

Ohne der fragiichen Zweckmg£igkeit des yon Feigenbaum angewand- ten Belichtungsvorgangs mit Hilfe einer dutch eine 1000-kerzige Lampe beleuehteten Hatbhohlkugel (wobei die Patienten dureh besondere MaIL nahmen vor der W/irmewirkung gesehiitzt werden muBten), eine zu groBe Bedeutung beizumessen 1, mug zu den gewghlten Versuehsbe-

1 Wir haben diese gleiehsam physiologischen Experimente fast nur mit solehen ~dhtintensit/iten (meist TageMicht) angestellt , welehe unter gew6hnlichen Lebens- bedingungen taggaglieh zur Ein~4rktmg gelangen, wobei dutch Blick gegen den Himmel jede Akkommodation auszuscMieBen war, was bei Feigenbau.ms Versuchs- anordnung nieht der Fall ist.

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dingmlgen zungchst prinzipiell folgendes bemerk t werden: Zwischen der ersten und zweiten tonometrischen Augendruckmessung (Dunke]zimmer- aufenthalt) ]ieg$ ein Zei traum yon 60 bzw. 70 Minuten, zwischen der zweiten und dritten Msssung (Belichtung) jedoch sin solcher yon nur 15 Minuten. Da nun aber bekanntlieh durch die bei der Messung mi$ dem Tonometer erfolgende Gewichtsbclastung der Aug~pfel dutch Aus- pressen yon Kammerwasser etwas weiehgedrtickt wird, und es einer ge- wissen Zeit bedarf, um diesen ktinstlich bewirkten Druekverlust wieder auszugleichem, so daft man bei einer nach so kurzer Zeit (15 Minuten) wiederholten tonoraet, rischen Messung einem nur um so geringen Grad (2--6 sam IIg) gegeniiber dem vorhergehenden zm4ickbleibenden Messungs- ergebnis (wobei die Differenz ohnedies seh on in den Fehlerbereich der Tono- mett le fi~11t) unmSghch eine Beweiskraft zusprechen. Zur tonometrischen Feststellung einer solch geringffigigen, dutch evil. MaSnahmen bewirk- ten Augendrucksenkung ist ein Zwischenraum yon 15 5finuten d~rch- aus unzureichend, da man den bei der kurz vorher vorgenommenen Mes- sung kiinsflieh bewirkten Druckabfall (dutch Mass~gewirkung), der zu Trugschlfissen fiihren kann, nicht sicher auszuschalten vermag 1. Unter Beriicksichtigung dieser Umst~nde ist die yon Feigenbwttm bei seiner Ver- suchsanordnung am normMen Auge gefundene ,,relatlv grol)e Regel- mi~$igkeit" einer im Anschlu$ an die 15 Minuten dauernde Belichtung vorhandenen Augendrucksenkung ohne weiteres erkti~rt, ebenso der gleieh- sinnige Druckabfall am andern, lichtdicht verdeckten, aber hinsiehtlieh der tonometrischen Messung derselben unzweckmi~$igen Versuchsanord- nung unterworfenen normalen Auge. Die vonFeigenba~m behauptete Ana- logue beziiglich der Verwertbarkei t so kleiner, innerhalb der Fehlergrenzen der Tonometrie gelegener Druckuntersehiede mit den yon KSllner u. a. vor- genommenen Untersuchungen fiber die physiologisehe Tagesclruekschwan- kung besteht keineswegs, denn dort liegen zwischen den Einzelme88ungen meh- rere Stunden, beiFeigenbaum im Belichtungsversuch jedoch nut 15 M inuten.

Sueht man sieh iibrigens an H a n d der yon Feigenbaum seiner Arbeit beigegebenen Augendruckkurven etwas n~her fiber die I-I~ufigkeit und die (angeblich 2 - -6 m m t tg betragende) GrSl~e der in den einzelnen Beliehtungs- und Besehattungsversuchen an normalen Augen festge- stellten Drucksehwankungen zu orientieren, so erglbt sieh aus 23 Be- sehattungsversuchen folgendes Bild: 3real Druckanstieg um 3 m m Hg, 6mal Anstieg um 2 m m Hg und 3mal ein soleher um 1 m m I-Ig, 5mal bleibt der Augendruck gleieh, 2real f~llt er um 2 mm Hg und 4real um

1 Daran vermag auch der Umstand niehts zu ~ndern, da]) ~'eigenbaum-- wie er hervorheb~ - - die erste tonometrische Messung jeweils als maBgebend erachte$ hat, woraus zu sehl~eBen is~, dab er doch jeweits - - naeh Vorsehrift yon Schi6tz - - mehrere Einzelmessungen (und damit ein wiederholtes Weiehdrfickea des Bulbus) vorgengmmen ha~.

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des Kausalzusammenhanges zwischen Pupillenweite und Augendruek. 25

4 m m Hg ab. Unter 23 Dunkelversuchen findet sich somit nur 3mal ein i~ber 2 mm Hg hinausgehender Druckanstieg /

Berficksichtigt man beim B~lichtungsversuch ste~s auch die Augen- drucksehwankungen des zweiten, nieht direckt belichteten Auges 1, so erhalten wir folgendes Ergebnis : Die im Ansehlul3 an die 15 Min. dauernde Belichtung gefundenen tonometrischen Messungsresultate waren gegen- fiber den zu Beginn der Belichtung am selben Auge erhaltenen lma l um 6 m m Hg, 6real um 4 m m Hg, 3mal um 3 m m Hg, 7real um 2 m m t Ig und lma l um 1 m m Hg niedriger, 4real waren sie gleieh und lmal um 5 m m t tg hSher. Mithin /indet 8ieh unter 23 Beliehtungsversuchen 12real eine iiber 2 mm Hg hinausgehende Drucksenkung. Diese keines- wegs regelm~l~ig naehzuweisenden und in der fiberwiegenden Mehrzahl der Versuehe fiberhaupt nicht fiber 2 m m Hg hinausgehenden ,,Dunkel- anstiege" bzw. ,,Beliehtungsabfi~lle" des Augendruekes bei Normalen kSnnen somit unmdglieh als Bewei8 dienen /i~r die yon 14"eigenbaum be- hauptete, an normalen Augen regelm~i[3ig vorhanden sein sollende Be- lichtungs- und Beschattungsreaktion des Augendruckes! Dieselbe Kri t ik gilt bezfiglieh der yon _Feigenbaum vermeintlich festgestellten ebenso mini- malen Hell-Dunkelsehwankung an Glaukomaugen, bei welchen der Augen- druek vorher dureh Pilokarpin oder operative Eingri//e normalisiert war.

Man kann sich fibrigens yon der Unrlchtigkeit der Behauptung Feigen- baum8 auch dureh direkte Versuche leicht fiberzeugen. Nimmt man n/~mlich - - wie ieh das schon vor Jahren ausgefiihrt - - ans ta t t der yon Feigenbaum angestellten, zahlreiehen, jedoch stets mit derselben Fehler- quelle behafte~en Einzeluntersuehung eine grSBere Zahl yon an dem- selben und mehreren folgenden Tagen 6fter wiederholbe Beliehtungs- und Besehattungsversuche an demselben normalen Auge vor 2, so finder man, soweit f iberhaupt geringffigige, niemals fiber die Fehlergrenze der Tonometrie hinausgehende Augendrueksschwankungen vorkommen, dag dieselben regellos und atypisch sind und damit einen ursgehliehen Zusammenhang mit der vorgenommenen Belichtung bzw. Beschattung sieher ausschlieBen lassen. Dieses absolut jede Gesetzm/~gigkeit ver- missen ]assende Verhalten yon normMen Augen war auch dann stets zu erkennen, wenn gMchzeitig am anderen glaukomatSsen Auge gesetz-

1 Dies is~ durchaus gerechtfertigt, da nach Feigenbaums Behauptung diese Augen infolge einer angeblichen reflektorischen Reizfibertragung einen, dem direkt belichteten Auge par~llelen Druckabfall zeigen, und Felgenbaum insbesondere eine solehe durch Belichtung des zweiten (blinden) Auges angeblich hervorgerufene Drucksenkung bei seiner Beweisffihrung als ,,stgrkstes Gegenargumen~" gegen den yon uns bei gewissen Glaukomaugen naehgewiesenen Kausalzus~mmenhang zwisehen Augendruek und Pupillenweite ins Treffen fiihrt.

2 Wobei zwischen den einzelnen ¢onometrischen Augendruckbestimmungea jeweils eine mindestens 3/4--1 Stunde dauernde Belich¢ungs- bzw. Beschattungs- zeit lag.

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miBige und typisehe Augendruckschwankungen auf Belichtung und Besehattung nachzuweisen waren I.

Die an normalen Augen oder an druckregulierten Glaukomaugen yon ~'eigenbaum im Hell-Dmikelversueh tonometrisch festgestellten Druck- sehwankungen entbehren somit zweifellos jeglicher Beweiskraft, womit allein schon seine ganze, fast rein spekulative Theorie zusammenbricht. Es muB hervorgehoben werden, dab insbesondere aueh glle AngabenFeigenbau~ns, die sich ohne Zahlennennung auf einen,,positivenAusfa]l" des Hell-Dunkel- versuches beziehen, nicht zu verwerten sind, d~ Feiffenbaum ja, wie wit gesehen haben, bereits einen tonometrisch festgestellten Druckanstieg oder Druekabfall yon 1 mm Hg als positiv bewertet.

Xhnliche Einwinde wie gegen die Ergebnisse an normalen Augen sind aueh gegen einen Tell der yon Feigenbaum an Glaukomaugen er- haltenen Beobachtungen zu erheben. Wenn Feigenbaum bier in hohen Drucklagen yon 50, ja 70 mm Hg im Belichtungs- und Besehattungs- versuch Druckschwankungen yon etw~ 4--10 mm Hg finder, so fallen aueh diese bekanntlich in die Fehlergrenzen der Tonometrie. Und unter. sucht man (wiederum im Gegensatz zu Eeigenbaum) solehe keine typisehe Beliehtungs- and Besehattungsreaktion zeigenden Glaukomaugen zu 6fret wiederhotten Malen an demselben wie an verschiedenen Tagen, so finder man die vielteieht gelegentlieh einm~l a~ngedeutete Reaktion h~ufig nieht vorhanden oder auch geringe Druckabf$lle im Dunkeln bzw. Druckanstiege im Itellen, ohne da$ sieh irgendeine Gesetzm~Bigkeit erkennen lieBe. Das h~ufige Abweichen der in ihrem AusmaB relativ geringen Augendrueksehwankungen yore typisehen Verhalten beweist vielmehr aueh hier deutlieh, dab es sich um rein zu~illige, mit der Be- lichtung and Beschattung nicht im Zusammenhang stehende Ergebnisse handelt. Dabei kann man auch hierbei F~lle finden, bei denen das eine Auge (Glaueom~ absolutum) in hohen Drueklagen atypisehe and un- eharakteristisehe, offensichflieh yon der Belichtung und Besehattung unabhingige Augendrueksehwankungen zeigt, welche mit den am anderen Auge (chronisehes Glaukom) vorhandenen absolut gesetz- m/~Bigen Beliehtungs- und Besehattungsdruckschwankungen durehans nioht parallel verlaufen.

Die yon Feigenbaum mitgeteilten Ergebnisse, die sieh auf solehe, keine typische Beliehtungs- und Besehattungsreaktlon des Augendruckes auf- weisende Glaukom~ugen beziehen (die meist nur tin einziges M~I belichtet und beschattet warden), entbehren wiederum jeglieher Beweiskraft.

Feigenbaum, der die Beh~uptung aufstellt, dab in der IZegel alle Angen (selbst blinde) eine typische Hell.Dunkelschwankung zeigten, teilt zwar

i Ein solches Beispiel, bel dem dws eine Auge eine *~Tische Belichhtugs- and Beschattungsreaktion des Augendruckes aufwies and das andere Auge sieher gesund war, be~rifft den auf S. 19 erwihnten Fall.

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yon jeder Kategorie zu seiner Theorie passende Einzelbeispiele mit, h/~lt es im iibrigen jedoeh nicht ftir erforderlich, die Gesamtresult.ate seiner an 97 Glaukomaugen vorgenommenen Einzelversuche mitzuteilen. Denn wenn auch did zur Illustration des Verhaltens einzelner Glaukom. gruppen beigegebenen Kurven manches entnehmen lassen, so h/~tte der Leser doeh zweifellos bei der yon Feigenbaum aufgeworfenen Frage bzw. yon ibm aufgestellten Theorie erwarten diiI~en, wenigstens summariseh zu erfahren, wie viele yon den 97 Glaukomaugen eine typische, und wie viele eine abweichende Reaktion gezeigt haben, obwohl aueh eine solche Mitteilung bei der bei .Feigenbaum iibliehen Bewertung eines positiven Ausfalles nur ein bedingtes Ubersiehtsbild geben k6nnte.

Zweifellos hat Feigenbaum aueh typische F/~lle beobachtet, welche auf Beschattung einen betr/ichtlichen (bis 36 mm Hg betragenden) Druck- anstieg und auf Beliehtung einen Druekabfall zur Norm aufweisen 1. In Ubereinstimmung mit unseren l~ngst mitgeteilten Beobachtungen berich- te l anch Feigenba~m, dal~ Gla, ukomaugen mit flacher Vorderkammer am ehes~n gr5Bere Augendrucksehwankungen auf Belichtung ~md Be- schattung aufweisen. U n d e r bestatig$ ferner, da$ an solchen Augen der betr/£chtlich gesteiger~e Augendruck aueh am liehtdieht abgesehlossenen Auge bei Belichtung des anderen (sehenden) Auges gleichsinnig und in /ihnlichem Ausmaf~e abf/~llt wie am direkt beliehteSen Auge. Dagegen ver- zichtet _Feigenbaum darauf, wie erw/~hnt, an diesen geeigneten (yon uns wohl charakterisierten) Glaukomaugen eine genaue Naehpriifung unserer Ergebnisse hinsiehtlich des Kausalzusammenhanges yon Pupillenweite und Augendrueksehwankung vorzunehmen, er versueht vielmehr, seine Behauptung auf andere Weise zu stfi~zen. Dabei muB ausdriieklieh betont werden, da$ unsere, am Glaukomauge mit flaeher Vorderkammer einwandfrei ermittelten Ergebnisse nicht ohne weiteres auf andere Glau- komformen zu fibertragen sind, die allerdings auch niemals die typischen 20--60 mm Hg betragenden Belichtungs- und Beschattungs-Druck- sehwankungen zeigen.

Nun zu der Beweisfiihrung Feigenbaums fiir seine neue Theorie. Zu- nachst bemerkt er zu der yon uns gefundenen Tatsache, wonach schon eine nur x/~ mm betragende Ver/~nderung des Pupillendurehmessers geniigen kann, um eine entspreehende Drueksehwankung (erheblieher Anstieg bzw.

I Es sei ausdrfieldich bemerkt, dal~ ,Mr als typische l~ille nur diejenigen Glau- komaugen bezeichnet bzw. ffir unsere Untersuehungen verwertet haben, welehe regelmg[3ig auf Beschattung (bzw. Pupillenerweiterung) mit einem erheblichen, einwandfrei fiber die Fehlergrenzen der Tonometrie hinausgehenden Druckanstieg. und auf Belichtung (bzw. Pupillenverengerung) mit einem entspreehenden, un. bedingt bis zur Norm gehenden Druckabfall zeigten, wobei Druekschwankungen yon 4D-~0 mm Hg durch~us keine Seltenheit waren, Nur so h~$ man ein sieheres, yon willkfirlichen Momenten freies Kriterium, welches fiir die Erforschung der diese Augendruckschwankungen urs~chlieh bedingenden Faktoren unerl/~Blieh ist.

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28 t{. Serf: Zur Fr~ge

Drucka, bfall zur Norm) zu bewirken, dab man dieses Moment eines so klei- nen Unterschiedes ebensogut als gegenteiliges Argument anffihren kSnnte, n~imlich dal~ die Pupillenweite dabei keine Rolle spiele. Hiermit geht Feigenbaum an dem Kernpunkt unserer Ergebnisse/dem Nachweis eines an 8olchen Augen vorhandenen Schwellenwertes der Pupillenweite voll- kommen vorbei, obwohl yon unserer Seite wiederholt und eindriicklich an der Hand yon genau mitgeteilten Beispielen darauf hingewiesen wor- den ist, wobei auch gezeigt werden konnte, dal~ sich erst durch diese Er- kenn~nis eine absolute und ausnahmslos iibereinsbimmende Gesetzm~i~ig- keit der an solchen Augen auftretenden Augendruckschwankungen er- kennen und ginzlich ungezwungen deuten l~l~t (vgl. S. 9--12).

Gegen die wichtige Tatsache eines Druckabfalles am lichtdicht ab- geschlossenen Glaukomauge dutch Belichtung des anderen Auges - - d i e infolge der konsensuellen, unter den Schwellenwert gehenden Pupitlen- verengerung vollkommen mit den fibrigen an diesen Fi l len erhobenen Er- gebnissen in Einklang steht - - glaubt Feigenbaum ,,eine grol~e Reihe triftiger Einw~nde" vorbringen zu kSnnen, die angeblich zeigen sollen, daI~ auch dieses Argument nicht fiir einen kausalen Zusammenhang zwischen Augendruck und Pupillenweite (unserer F~i]le) spreche.

Zun~chst fibersieht Feigenbaum, dab es sich bei den yon uns mit- geteilten Versuchen durchaus nicht nur um einen ,,gleichsinnigen" Druckabfall am unbehchteten Auge, - - der nach seiner Ansicht dutch reflektorische Reiziibertragung yon Gef~i~nerven des anderen Auges zu- stande kommen solle - - zu handeln braucht. Der Druckabfall am ver- deckten Auge t r i t t bei geniigender, unter den Schwellenwert des ver- decktcn Auges gehender konsensueller Pupillenverengerung auch dann auf, wenn der Augendruck am anderen, direkt belichteten normaten oder glaukomat6sen Auge gleichbleibt oder ant glaukomatSsen Auge noch weiter ansteigt (Kurven: Heidelberger Kongr.-Ber. 1925, S. 30/31, Kurven 13 und 14). Ein solches Verhalten des direkt belichteten glauko- matSsen Auges war dann zu beobachten, wenn die angewandte Licht- intensit~t zwar am verdeckten Glaukomauge eine unter den Schwetten- weft gehende konsensuelle Pupillenverengerung zu erzielen vermochte, jedoch nicht ausreichte, um die etwas trgger reagierende Pupille des direkt belichteten Glaukomauges unter den Schwellenwert dieses Auges zu verengern i.

Beobachtungen dieser Art habe ich bereits 1925 mitgeteilt und gleichzeitig Augendruck- und Pupillenkurven verSffentlich$. Hgt te Feigenbaum sich diese an genau untersuchten Fallen erhattenen Ergeb- nisse etwas n iher angesehen, so w~re er wohl zu der Einsicht gekommen, dal~ ein solches Verhalten bei einseitiger Belichtung keineswegs yon der absolut gesetzm~$igen Abh~ngigkeit des Augendruckes yon der Pupillen--

i Vgl. auch S. 11--12.

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des Kausalzusammenhanges zwischcn Pupillenweite und Augendruck. 29

weite bzw. ihrer Beziehung zum Schwellenwert abweieht, und dal~ es auf andere Weise fiberhaupt nicht zu erkl/~ren ist. Gerade solchen Ver- suchsergebnissen steht man, wenn man die Pupillenweite (Schwellen- wert !) unberfioksiehtigt 1/~Bt, vSllig hilflos gegenfiber. Denn w/~hrend sie sieh bei Erkenntnis der Bedeutung des durch zahlreiche Versuehe er- mittelten Schwellenwertes der Pupillenweite zwanglos unter die fibrigen Versuehsergebnisse einreihen ]assen und mit diesen in vollem Einklang stehen, muI~ die Anwendung der yon l~eigenbaum vertretenen Theorie auf diese klinisch ermittelten Tatsachen geradezu paradox wirken. Denn Feigenbaum, der die Ansieht vertritt, dab der reflektorisch vom direkt belichteten Auge auf das andere (verdeekte) Auge fibertragbare positive Liehtreiz zu einer Augendrucksenkung, der negative Reiz (Dunkelheit) zu einem Druckanstieg ffihrt, mfiBte annehmen, dab der am beliehteten Auge hinsiehtlieh seiner augendrucksteigernden Wir- kung als negativ charakterisierte t~eiz reflektorisch yon den GefKB- nerven der Iriseapillaren auf diejenigen des anderen verdeckten Auges fibertragen wiirde, bier jedoch sich als entgegengesetzt wirkender, positiver (drucksenkender) Reiz auswirken sollte!

Weiter ffihrt Feigenbaum gegen den yon uns bewiesenen Kausalzu- sammenhang zwisehen Pupillenweite und Augendruck an, dab KSllner bei einem Fall yon traumatischer Aniridie ungestSrte typische Tages- druckschwdnkungen gefunden babe, und dab er sich auch ,,in einer besonderen Arbeit gegen diese Ansieht" eines Kausalzusammenhangs zwisehen Pupillenweite und Augendruek bei Glaukom wende.

Hierzu ist zu sagen, dal~ das erw/~hnte Beispiel yon Aniridie gar nieht hierher geh5rt, da die bei manehen Glaukomaugen mit flacher Vorder- kammer dureh Belichtung und Besehattung gesetzmKBig auszulSsende Drueksehwankung mit den an manehen gesunden und Glaukomaugen naehweisbaren spontanen Tagesdruckschwankungen sieher nichts zu tun haben, was yon KSllner selbst klar ausgesproehen worden ist. Und aus der zitierten ,,besonderen Arbeit" yon Kgllner 1 - - die sich naeh Feigenbaum gegen die Ansieht eines yon Seidel behaupteten Kausal- zusammenhanges zwisehen Augendruck und Pupillenweite bei be- stimmten Glaukomaugen riehten solle, vermag der objektive Leser nur das absol'ttte Gegenteil yon dieser Behauptung Feigenbaums zu entnehmen. Denn, wie bereits erw/~hnt, nimmt KSllner in dieser Arbeit Stellung zu den yon Seidel 1920 erstmals mitgeteilten Ergebnissen fiber seine Versuehe, durch Belichtung, Beschattung und Akkommodation bei manchen Glaukomaugen Drucksehwankungen auszulSsen. D~bei erkennt K~llner nieht nur den Kausalzusammenhang yon Pupillenweite and Augendruckschwankungen bei solchen Glaukomaugen an, sondern seine Ansicht steht auch hinsichtlich der SchluBfolgerung fiber eine dureh

1 K611ner, Arch. Augenheilk. 88, 58 (1921).

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30 tt. Serr: Zur Frage

Pupillenerweiterung bei solchen Augen erfo]gende Verlegung des Zu- gangs zum K~mmerwinkel bzw. hierdureh bedingte Behinderung des Kammerwasserabflusses mit der yon Seidel schon darnels vertretenen, und heute dutch unsere gemeinsamen Untersuchungen der letzten Jahre framer ~deder best~itigten Anschauung vollkommen fiberein 1. Die yon Kgllner bei Glaucoma simplex mit tiefer Vorderkammer hinsiehtlieh des Augendruekes gefundene Bedeutungslosigkeit einer durch Belichtung und Beschattung bewirkten Vergnderung der Pupillenweite stimmt eben- falls mit unserer Erfahrung fiberein, wonaeh eine Beliehtung- und Be- schattungsreaktion in typischer Weise nut bei Glaukomaugen mit flacher Vorderkammer nachzuweisen ist. Und Kgllner hat - - wiederum in ~bereinstimmung mit Seidel - - die naeh seiner Ansicht unmSgtich als zufgllig aufzufassenden Untersehiede (seiner Ergebnisse gegentiber den- jenigen Seidels) zutreffenderweise auf die Verschiedenheit der unter- suehten Glaukomaugen (tiefe bzw.. flaehe Vorderkammer) bezogen.

Im fibrigen iibersieht Feigenbaum, der (mit Riieksicht auf die yon ihm angeblich bei allen - - auch normalen --- Augen gefundene positive tIell-Dunkel-Reaktion) die Bdichtungs- und BeschattungsreaI~tion des Augendruckes mit den physiologisehen Tagesdruclcschwanlcungen ira Prinzip identifiziert, dal~ K61lner nieht nut die beiden Vorggnge als zwe.i verschiedene Dings wohl auseinanderh~ilt, sondern auch lgngst den Be- weis erbraeht hat, dat~ die physiologisehen Tagesdruckschtvankungen (bei Glaukomaugen ohne Beliehtungs-und Besehattungsreaktion) weder dutch tagelange ~ydriasis (24stfindiger Aufenthalt im Dunkelzimmer bzw. Homatropin) noeh dutch eine den ganzen Tag fiber dureh Aufent- halt im Freien erfolgende Beliehtung im geringsten veri~ndert werden. Es h~tte daher einer Beweisffihrung Yeigenbau~ss gegen einen bisher yon keiner Seite behaupteten Kausalzusammenhang zwisehen den ?hysio- logischen Tagesdr~uclcschwanlcungen und der Pupillenwelte gar nieht be- durft, um so mehr, als Kdllners Versuehe an Glaukomaugen in jeder Be- ziehung eindeutig und zweekm~l~ig sind, diejenigen Feigenbaums jedoeh, wie gezeigt, infolge der unbedeutenden Druckschwankungen am nor- malen Auge (zumal bei der yon ihm gewghlten Versuehsdauer) einer Kritik nieht standhalten und jeglieher Beweiskraft entbehren. Aus der- selben Arbeit KSllners, die Yeigenbctum in unzutreffender Weise gegen den yon uns an Glaukomaugen mit flaeher Vorderkammer naehgewiesenen

1 K611ner sehreib~ auf S. 59 der zitierten Arbeit: ,,Es kann demnach keinem Zwe'ffel unterliegen, dall in vielen F~]len yon Glaukorn in der Tat dutch relativ geringe )[nderung der Pupillenweite der Augendruek in hohem Grade beeinflul~t werden kann." Ferner S. 73: ,,So sprechen aueh diese Beobachtungen dafiir, dab beim Glaucoma simplex der Kammerwinkel naeh ~de vet den liauptabflul3weg bildet, der in besonderen Fgllen, vor allem bei flacher Vorderkammer {wie aueh Seidel annimmt) dutch die infolge tier Mydriasis verdickte Iriswurzel mehr oder weniger verlegt wird."

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des I~usalzusammenhanges zwischen Pupfllenweite und Augendruck. 3 1

Kausalzusammenhang zwisehen Augendruck und Pupillenweite an- fiihrt, sind fibrigens noch weitere, gerade im Hinblick auf die Theorie Feigenbaums sehr wichtige Tatsachen zu entnehmen. Denn die genannten yon K611ner angestellten Versuche, bei denen nach 24stiindigem Dunkel- aufenthalt nicht die gerins~e Veriinderung der typischen Tagesdruck- kurven auftrat , erbringen den klaren Beweis, da$ die yon Feigenbaum vertretene Ansicht, wonach das Licht die physiologischen Tagesschwan- kungen maSgebend beeinflusse, und dal3 die physiologische allmi~hliche Druckabnahme im Laufe des Tages mit Erreichung des Minimums am Abend ebenso wie Druckzunahme im Laufe der Nacht mi t dem Maximum am Morgen auf die Kumula~ion des positiven (bzw. negat iven)Licht - reizes hinweise 1, ganz bestimmt unzutre//end ist. Mit diesen in der von Feigenbaum ganz einseitig und unrichtig zitierten Arbeit K611ner8 ent- hal~enen Tatsachen, die mit seiner Theorie in sch~rfstem Widerspruch stehen, setzt er sich nicht auseinander. Ebenso fibergeht er bei dieser Frage die von uns mitgeteilte charakteristische Tatsache, dal3 an solchen eine typische Belichtungs- und Beschattungsreaktion aufweisenden Glaukomaugen der Druckanstieg im Dunkeln nut im wachen Zustande des Patienten auftri t t , im Schlaf jedoch (infolge der bier vorhandenen Miosis) ausbleibt bzw. ein Druckabfall resultiert (vgl. S. 13).

Ein weiterer ,,triftiger Einwand" Feigenbaums gegen den Kausal . zusammenhang zwischen Augendruck und Pupillenweite soll darin be- stehen, dal3 er anffihrt, da$ bei allen F/~llen mit breiter Ir idektomie des einen Auges ,,trotz nichtvorhandener Pupil lenreaktion!" eine Be- lichtung des anderen Auges einen gleichsinnigen Druckabfall auf bei- den Augen bewirkte.

Zun~chst sind dicse, yon .Feigenbaum am iridektomierten Auge mit normalem Augendruck ebenso wie die an normalcn Augen beobachteten Druckschwankungen, wie schon gezeigt, weder an sich noch bei der yon Feigenbaum gew/~hlten ungeeigneten Versuchsanordnung zu verwerten.

1 Wenn Feigenbaum noch betont, daf3 der Druckans~ieg im Dunkelverst~ch nach einer gewissen Latenzperiode grSl~tenteils erst nach 45~60 Minuten au~- trete, was ebe~t]alls au[ eine Kumulation der Reize hinweise, so tr/~gt er den bei der Drucksteigerung obwaltenden physik~lischen Verh~ltnissen keine Rechnung. Denn der Druckanstieg kommt beim Glaukomauge nach Verlegung der Abflul3- wege (dutch Pupillenerweiterung) natiirlich erst dann zustande, wenn das naeh- rfickende, neugebfldete Kammerwasser zu einer entsprechenden Vermehrung des Bulbusvolumens gefiihrt hat, wozu es - - um zu einer meBbaren Drucksteigerung zu ffihren - - einer gewissen Zeit bedarf. Und da bei hOherem Augendruck durch dieselbe Inhaltsvermehrung bekanntlich eine viel gr5/3ere Drucksteigerung bewirk~ wird als bei niedrigerem Augendruck, so ist es ohne weiteres klar, dal] beim Be- schattungsversuch - - der bei normalem Ausgangs~ugench'uck begonnen wird der Druckanstieg erst langsam und flach beginnt, um nach einiger Zeit rasch und steil zuzunehmen. 1~eigenbaum h/~It also irrtfimlich einen physikalischen Vor- gang fiir einen physiologischen.

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Im fibrigen trifft die Behauptung Feigenbaums, dait solche Augen mit breiter Iridektomie keine Pupillenreaktion aufweisen, nicht zu, wenig- stens so welt es sich um die in Frage stehenden typisehen Glaukom- augen mit seichter Vorderkammer, unveri~nderter Iris und (vor der Operation vorhandenen) freiem Pupillenspiel handelt, die unseren Unter- suchungen und SchluBfolgerungen aussehlieftheh zugrunde gelegt sind. Auch solehe Beobachtungen yon iridektomierten Glaukomaugen dieser Art sind yon uns mitgeteilt (Pupillenkurven!) und ihre Bedeutung be- sproehen, so dab sieh Feigenbaum hierfiber leicht h/~tte Aufkl£rung holen kSnnen. Der wesentliche, yon uns ebenfalls mitgeteilte Punkt, niimlieh der, daft dutch eine Iridektomie an solchen Augen der vor der Operation ausnahmslos auftretende, his au/ 50 und 60 mm Hg reichende Druck- anstieg verhindert wird, bzw. nur noch geringffigige, fiber die Norm kaum hinausgehende Schwankungen auftreten (vgl. S. 20 ds. Arbeit), wird yon Feigenbaum iibergangen. Es dfirfte ihm allerdings bei seiner Theorie fiber das urs~chliche Zustandekommen der Beliehtungs- und Besehattungsdruckschwankungen (bzw. der glaukomat5sen Druek- steigerung) sehr schwer fallen, eine plausible Erkl~rung ffir diese durch die Iridektomie bewirkte grundlegende Ver/~nderung zu geben 1.

Wenn Feigenbaum als weiteres Gegenargument anffihrt, daft nach seinen Erfahrungen der Dunkel-Hell-Versueh bei homatropinisierten Normalen (!) nicht weniger typisch ausfalle als bei pilokarpinisierten Personen (mit normalen Augen), so ist zun£ehst gegen diese Ergebnisse Feigenbaum8 derselbe Einwand wie gegen alle yon ibm an Normalen angestellten Hell-Dunkel-Versuche zu maehen: sie sind aus bereits dar- gelegten Grfinden ohne Beweiskraft.

Im fibrigen ist es eine so altbekannte Er/ahrungstatsache, daft die auf den Augendruek erzielte Wirkung der Miotika und Mydriatika bei vielen Glaukomaugen grunds£tzlich verschieden ist yon derjenigen bei ge- sunden Augen, daft es zum mindesten unverst~ndhch bleibt, wie Feigen. baum seine an normalen Augen hieriiber gewonnenen Ergebnisse ein- faeh auf Glaukomaugen fibertr/igt, was er rut, wenn er jene Ergebnisse als Gegenbeweis ffir unsere Beobaehtungen an Glaukomaugen mit flacher Vorderkammer bzw. deren Deutung anffihrt. Dabei liegen auch hier 1/~ngst yon uns an solehen eine typische Belichtungs- und Beschattungs- reaktion zeigenden Glaukomaugen angestellte und mitgeteilte Versuche

1 Selbstverst~ndlich kann man in die durch Operation, dutch medikament6se ]3eeinflussung usw. an solchen Glaukomaugen bewirkte grundlegende ~nderung der Belichtungs- und Beschattungsreaktion bzw. deren Mechanismus nur dana Einblick gewinnen, wenn maa vorher am unberi~hrten Auge in jedem Einzelfalle das Verhalten genau untersucht und seine Gesetzmiifiigkeit durch genfigend groBe Beobach%ungsreihen sichergestellt hat. Diese Voraussetzung ist bei Feigenbaum nicht er/iillt ; in der weitaus grSl~tea Mehrzahl der F~lle hat er sich fiberhaupt mit einem einzigen Belichtungs- und Beschattungsversuch begniigt.

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des KausMzusammenhanges zwischen Pupillenweite und Augendruck. 33

fiber den EinfluB einer pharmakologisch bewirkten Pupillenerweiterung bzw. Pupillenverengerung vor, welche zu Feigenbaums Behauptung in nnfiberbriickbarem Widerspruch stehen (vgl. S. 14--16). Darfiber setzt sich Feigenbaum stillschweigend hinweg, ebenso fiber die Tatsaehe, dug Thiel die bei der AdrenMinther&pie auf~retende Mydriasis geradezu als das Gefahrmoment bezeichnete, da sie in der flachen Vorderkammer des Glaukomauges den Kammerwinkel verlegen und zur Drucksteigerung ~fihren k6nne (vgl. S. 6).

Die weitere Behauptung Feigenbaums, dab der positive AusfMl auch an Glaukomaugen, deren Pupille durch Pilocarpin verengt und dadurch immobilisiert wurde, ,,recht h/£ufig sei", widerspricht ebenfMls durch- • aus unseren - - z u m ersten MMe yon Seidel schon 1920 mi tge te i l t en- Erfahrungen, wonach Piloc~rpin in allen F/~llen den sonst regelm/~gig auftretenden Druckanstieg im Dunkelzimmer vollkommen verhinderte (vgl. S, 14-16). Ich verweise auch auf eine yon Thiel frfiher (1926) mitgeteilte anMoge Beobaehtung an einem entsprechenden GlaukomfM1, die, wie aus seiner Augendruckkurve hervorgeht, sich vollkommen mit unserer Erfahrung deckt 1.

SehlieBlich h/itte sieh .Feigenbaum anch an seinen eigenen, eine ~ypische Belichtungs- und Besehattnngsreaktion aufweisenden Glau- k6maugen yon der all solehen Augen dureh Piloearpin grundsi~tzlich veriinderten Beliehtungs-und Besehattungsreaktionen iiberzeugen k6n- nen. So wurde z.B. (Abb. 8 Fall 2, S. 585 der Arbeit t'eigenbaums) dureh Dunkelaufenthalt am unbeein/lu/3ten Glaukomauge reehts ein Druekanstieg yon 18 auf 54, links yon 13 auf 48 mm ttg erzielt, beider naehfolgenden Beliehtung am reehten Auge ein DruekabfM1 yon 54 auf 19, links yon 48 auI 17 mm IIg. An demselben Fall betrug nach Pilo- earpin der Dunkelanstieg reehts noeh 1 mm Hg (von 15 auf 16), links 2 mm Hg (yon 16 auf 18), wahrend der BeliehtungsabfM1 reehts V611ig ausblieb, links 4 mm ttg (yon 18 auf 14) betrug. Wenn allerdings ~eigen- baum hierbei an dem sinnfMligen prinzipiellen Untersehied des vo~" und nach Pilocarpindarreichung angestelIten Belichtungs- und Be- schattungsversuches einfach vorbeigeht und die naeh Piloearpin noeh 0--1 bzw. 2--4 mm Hg betragenden Druckschwanl~ungen in gleicher Weise Ms positiven Ausfall der Reaktion wertet wie die vorher (an den unbeeinflugten Augen) 31--36 mm Hg betragenden Druckschwankun. gen, so ist das eine durehaus willkfirliche Betrachtungsweise, welche ein ganz unzutreffendes Bild ergeben muB.

Dal~ weiterhin aueh eine zentrM durch subeuban injiziertes Morphium bedingte Miosis an solchen typischen Glaukomangen mit flacher Vorder- kammer den sonst im Dunkelzimmer gesetzm/~gig auftretenden erheb-

Thiel, Berliner Fortbildungskurs ffir Augen/~rzte. Berlin: S. Karger 1926, Abb. 14 (bes. Kurvento~fel).

v. Graefes grchiv Itir Ophthalmologie. 121. Bd. 3

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Hchen Druckanst ieg vol lkommen verhindert , wurde bereits erw/~hntL - - Vgl. S. 13 dieser Arbeit .

Zum Schlul~ mu$ ieh noch eingehen auf eine besondere Versuchs- reihe ~elgenbaums, die er als ,,st/£rkstes Gegenargument" ins Treffen ffihrt, welches die von Seide~ und mir vertretene Ansehauung eines bei gewissen Glaukomaugen vorhandenen kausalen Zusammenhanges zwi- schen Augendruek und Pupillenweite hinf/£11ig maehen soll. Diese Ver- suchsreihe ~eigenbaums bezieht sieh auf Belichtungs- und Beschat tungs- versuehe, die er an 9 einseitig blinden Glaukompat ien ten angestellt hat , wobei nach dem iiblichen Dunkelaufenthal t , der ,,meist °' yon einem beiderseitigen Druckanst ieg gefolgt gewesen sei, jeweils nut die blinden Augen belichtet hat. Tro tzdem hierbei eine konsensuelle Pupillenver- engerung nicht auf t re ten konnte, sei in 8 yon 9 F~llen neben dem direk- ten Druekabfal l auf dem blinden Auge aueh ein ,,konsensueller" am sehenden, l iehtdicht abgeschlossenen Auge zustande gekommen,

Be t rach te t m a n sieh diese am sehenden, (w/~hrend der Belichtung des anderen bl inden Auges) verdeckten Auge erzielten Druckabf/~lle aus den mitgetei l ten K u r v e n n~her, so finder man, d~f~ es sich entweder um nor- male Augen oder aber um dutch PiIocarpin drucknormalisierte Glaukom- augen handelt , welche dieselben g~nzlich unbedeutenden und nichts be-

1 Wenn _~eigenbaum in seiner Arbeit eine miindliche Mitteilung yon Thiel unfiihrb, wonach Morphium bei Glaukomkranken ,,trotz engster Pupille" den Druckanstieg im Dunkel-Hellversuch nicht zu verhindern vermSge, so hesagt das gar niehts aus folgenden Griinden: Denn abgesehen davon, dal3 wir, wie erw~hnt, fiber ganz eindeutige, gerade entgegengesetzte Ergebnisse yon Morphiumversuchen verffigen, lehren uns diese yon uns an Glaukomaugen mit sonst typisch vorhan- dener Belichtungs- und Beschattungsreaktion vorgenommenen Versuche, daft es auch hierbei stets darauf ~nkommt, ob die Morphiummiosis auch im Dunkeln aus- reichend is~ (d. h. die Pupille unter den Schwellenwert des betreffenden Auges verengert wird),was zwar meistens, aber nicht immer der Fallist. Die nach )[orphiuminjektion im Dunkelzimmer vorh~ndene Pupillenverengerung kann also sehr wohl geringer sein Ms die durch Belichtung erzielte, und die Morphiummiosis ist im Dunkel- zimmer an solchen Augen nach unseren Erfahrungen uuch ausnahmslos weniger stark ~ls die an denselben Glaukomaugen dutch 1 Tropfen 2proz. Pilocarpin aueh im Dunkeln bewirkte Pupillenverengerung. Man kann daher zumal ohne Kennt- his des Schwellenwertes der PupillengrSBe des untersuchten Auges und ohne genaue, im Dunkelzimmer vorgenommene Feststellung der nach Morphium- darreichung vorhandenen Pupillenweite weder einfach yon ,,engster Pupille" spreehen, noeh ein evth Versagen des Morpl~ums hinsichtlich der Verhinderung eines Druckanstieges im Dunkeln ohne weiberes als Gegenbeweis ffir einen bei Glaukomaugen mit seichter Vorderkammer vorhandenen Kausalzusammenhang zwischen Augendruck und Pupillenweite anffihren. Endlich wissen wir ja, da$ _Feigenbaum (und mit ibm anseheinend aueh Thid, in dessen Laboratorium die Untersuehungen Peigenbaums angestellt wurden) Differenzen des tono- metriseh ermiVtelten Augendruckes yon 1--2 mm I-Ig ebenso als (positive) ,Druck- anstiege" bzw. ,,Druckabfalle" wetter wie solche yon 30 mm ttg und mehr, so daft ihre ohne iVIitteilung der tats~chlichen, zahlenm~ftigen Ergebnisse erfolgenden Angaben nicht als verwertbar bzw. beweisf~hig gelten kSnnen.

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des Kausalzusammenhanges zwischen Pupillenweite und Augendruck. 35

weisenden Druckschwankungen yon 0--5 mm Hg aufweisen, wie die an normalen Augcn angestellten Parallelversuche Feigenbaums, welche --wie eingchend begriindet wurde - - insbesondere hinsichtlich eines m i t d e r Belichtung urs~chlichen Zusammenhanges unmSglich zu verwerten sind. tIiermit wird aueh der Kardinalbeweis Feigenbaums schon aus dicsem Grunde hinf~llig. Im iibrigen ist gerade die yon Feigenbaum gew~hlte Ver- suchsanordnung --sowcit es sich dabei neben dem blinden Auge um ein sehendes Glaukomauge handeltc - - fiir die versuchte Beweisfiihrung volll~ommen ungeeignet und gi~nzlich vet/chit..Feigenbaum (der nach seinen eigenen Versuchsergebnissen wissen mul~, dal~ Pilocarpin die an Glaukom- augen auslSsbare Beliehtungs- und Beschattungsreakbion ,,nahezu" aufhebt - - vgl. S. 33) verzichtet dutch vorherige Pilocarpinisierung des sehendcn Glaul~omauges, welches w~hrcnd der Belichtung des anderen blinden Auges verdeekt gehalten wurde, nicht nur yon vornherein be- wurst darauf, an dem sehenden Glaukomauge evtl. gro/3e und damit auch beweislcrg]tige Augendruckschwankungen zu erzielen, sondern er vermeidet es dureh diese unverstgndliehe Mal~nahmc geradezu, seine Theorie au/ die entseheidende Probe zu stellen. Denn wenn Feigenbaum mit diesen Versuchcn den seiner Theorie entsprechcnden Beweis er- bringen will, da{~ die an (bestimmtcn) Gl~ukomaugen durch Beliehtung und Beschattung auftretenden Augendruekschwankungen in keinem urs~chliehen Zusammenhang m i t d e r Pupillenweite stehen, und ins- bcsondere auch der am verdeckten Gl~ukomauge dutch Belichtung des anderen Auges erzielte Druckabfall nicht an eine konsensuelle Pupillen- verengerung gebunden sei, so dur/te er unter gar lceinen Umstiinden hierbei die am sehenden Glau~omauge selbstversti~ndIich unter dem licht- dichten Verbande trotz der Belichtung des zweiten blinden Auges au/- tretende Pupillenerweiterung durch Pilocarpin unterdriieken! Da- durch geht Feigenbaum einer klipp und klaren Entseheidung aus dem Wege. Denn wenn der Versuch an cinem Patienten mit einem blinden und einem geeigneten (d. h. eine typische Belichtungs- und Be- schattungsreaktion des Augendruekes aufweisenden)sehenden Glaukom- auge unter Innehaltung der einzig mSglichen und sclbstverst~nd- lichen Versuchsbedingung (Unterl~ssen jeglicher pharmakologischer Beeinflussung des Auges bzw. seiner Pupillenweite) angestellt wird, so mul~ es offenbar werden, ob Feigenbaums Theorie zutrifft, d. h. ob auch am sehenden Glaukom~uge trotz der unter dem lichtdichtcn Vcrbande auftretenden Pupillenerweiterung durch die Belichtung des blinden Auges ein eindeutiger Druckabfall auftritt, odor ob unter diesen Umstgnden die weite Pupille einen Druckabf~ll verhinder~ bzw. gar zu einem (weiteren) Druekanstieg fiihrt, womit tZeigenbaums Theorie gl~tt widerlegt und der kausale Zusammenhang zwischen Pupillenweite erneut bewiesen wird, wie daB-- wie wir festste]ltcn-- tatsgch~ich der Fall ist.

3*

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Versuche dieser Art wurden yon uns nach dem Erscheinen der Arbei~ yon ~eigenbaum an zwei geeignetett Fi~llen wiederholt vorgenommen.

Es handelt sich um 2 Patienten mit j e einem bfinden Auge (Glaukoma absolutum) und je einem sehenden Glaukomauge (ehronisches Glaukom) mit flaeher Vorderkammer, bei dem eine typische Beliehtungs- und Be- schattungsreaktion des Augendruckes - - Drueksehwankungen bis zu 60 mm I-Ig - - regelm/~Big auszul6sen war 1.

Wurde bei diesen Pa~ienten das 8ehende Glaukomauge dureh einen Verband liehtdieht abgesehlossen, w/~hrend man gleichzeitig das blinde Auge intensiv belichtete, so ergab es sieh - - entgegen den Behauptunge~ Feigenbaums, wie zu erwarten war - - dab sieh das sehende Glaukom- auge bei dieser, eine Pupillenerweiterung bedingenden Versuehsanord. nung hinsichtlich des Augendruekes genau so verhielt wie im Dunkel- zimmer: Der am sehenden Auge dureh vorherigen Dunkelaufenthalt gesteigerte Augendruek blieb unter dem hehtdichten Verband trotz der Belichtung des blinden Auges unveriindert hoch, oder er stieg noch etwas weiter an. Wohl aber brachte eine anschlieBende, der vorherigen Belichtung des blinden Auges entspreehende direl~te Belichtung des sehenden Auges - - welche eine Pupillenverengerung bedingte - - den Augendruek prompt zur Norm zuriick 2. Und wurde das sehende Glau- komauge bei normMem Ausgangsaugendruck liehtdicht verbunden (Pupillenerweitertmg!), so stieg der Augendruek trotz gleichzeitiger Be- lichtung des blinden Auges prompt an, um bei nachfolgender direkter Beliehtung (Pupillenverengerung !) zur Norm zuriJckzugehen.

Diese Tatsachen - - die mit unseren friiheren Beobachtungen roll und ganz im Eink]ang stehen und sich danach voraussagen lieBen--- beweisen wiederum ganz eindeutig, daft die Pupillenweite bzw. ihre Be- ziehun 9 z~ dem Sehwellenwert der PupiIlenweite das allein entscheidende urs@hliche Moment ]iir die an solehen Glaulcomaugen mit ]lacher Vorder- kammer au[tretenden bzw. willlci~rlich a~tsldsbaren Augendruclcschwan- kungen darstellt, w~hrend die Lichtwirkung (bzw. die Dunke]heit) als solche ohne EinfluB auf die H6he des Augendruckes ist. Die auf den Augendruck an solchen Glaukomaugen sich ergebende Wirkung ver- schiedener Liehtintensit~ten ist vielmehr ~ ebenso wie diejenige der Miotica, Mydriatiea und der Morphium-Miosis - - nut eine indirekte,

1 Der eine dieser beiden F~lle war yon uns bereits vor 3 Jahren erstmals genau hinsichtlich seines VerhMtens auf Belichtung und Beschattung untersucht worden. Vgl. Heidelberger KongreBberieht 1925, 24--29 (Fall 1).

Die dutch Besehattung bzw. direkte Be]ichtung am sehenden Glaukom- auge ausgel6sten Augendruckschwankungen hatten im Einzelversueh ein Aus- mall yon mindestens 20 mm tlg. An den blinden Augen (Glaukoma absolu~um) konnte in beiden F/illen bei zahlreiehen Versuchen eine dutch Beseh~ttung oder Belichtung bewirkte Sehwankung des dauernd auf sehr hohem Niveau befind- lichen Augendruckes nicht fes~gestellt werden (vgl. S. 26 dieser Arbeit).

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welehe dann und nut dann in Erseheinung tri t t , wenn dutch sie eine entsprechende Verinderung der Pupillenweite erzielt werden kann.

Die genannten, in klinisehen Experimenten gefundenen Tatsachen demonstrieren im fibrigen nieht nur die absolute Unzulgngliehkeit sowohl der yon Feigenbaum angestellten Versuehe, ~de seiner Beweisftihrm~g, sondern sie bringen seine Theorie ifberhaulgt zum vdlligen Zusammenbrueh.

Nach diesem in meinen vorstehenden Ausftihrungen hinreichend dar- gelegten Saehverhalt eriibrigt es sieh wohI, sieh noeh eingehender mit den reinen Spekul~tionenFeigenbaums fiber den Meehanismus der dutch Licht und Dunkelheit bewirkten Augendrueksehwankungen an Glaukomaugen zu befassen, die nach seiner Theorie (wenn dieselbe zutrgfe) dahin ffihren miil3~en, dab das Lieh~ die im Gtaukomauge vorhandene Minderwertigkeit des intraokularen GefiBapparates bzw. eine angeblieh hierdurch bewirkte Anderung des osmotisehen Gleiehgewiehtes zwisehen dem Inhalt der Blu~- eapillaren und der Augenfliissigkeit vorfibergehe~ld beseitigen wfirde 1. Sehon allein die Annahme, dab spontan im lebenden OrganismuS zwisehen Blur undAugenfliissigkei~ osmotiseh wirksame Konzen~rabionsdifferenzen yon solehem AusmaBe auftreten kSnnten, dal3 sie innerhalb 1 Stunde eine nieht ganz selten bis 80 mm Hg und dariiber hinausgehende glauko- ma~Sse Augendrueksteigerung selbst nur vorfibergehend zu bewirken ver- m6chten, ist naeh allem, was wir heute fiber diese Vorg~nge wissen~, so auffallend, dab man wirklieh nieh~ ernsthaft auf soleh vage, nicht n~iher begriindete Behauptungen und Spekulationen einzugehen brauehfi.

Nur auf einen Punk~ sei noeh kurz hingewiesen. Feigenbaum be~ont, dat~ Thiel die yon ibm an Glaukomaugen festgestellte augendrueksenkende Wirkung des Gynergens als Beweis ftir eine im Glaukomauge vorhandene funktionelle Ninderwertigkeit des intraokularen GefitBapparates an- ffihren zu kSnnen glaubL ~. Wit haben die Gynergenwirkung mehrmals an einigen, eine typisehe Be]iehtungs- und BesehatLungsreaktion des Augen-

i Wie Feigenbaum unter diesen, yon ihm ge/~uBerten Gesichespunkten zu der Ansich~ kommt, dab ,,begreiflieherweise eine flache Vorderkammer ein unter- stiiCzzendes Moment" fiir die Ausl6sung einer glaukomat6sen Augendrucksteigerung darstelle, is$ schleehterdings weder ersiehtlich noch verstandlich.

Denn fiber die wichtige Frage der Bedeutung osmotischer Vorg/Lnge fiir den normalen und pathologiseben Fliissigkeitswechsel (Glaukom) haben bekann~- lieh die klinisehen und experimenfiellen Forsehungen der letzten Jahre nieht nur zu einer Klirung, sondern aueh zu einer allgemeinen Einstimmigkei$ gefikhr~ (Seidel, Baurmann, Serf, Dieter, Duke-Elder, Schmelzer).

DaB fibrigens auch die yon Thiel bei Glaukomaugen - - im Gegensatz zu normMen Augen - - fes~gestellte augendrucksteigernde Wirkung vasodilatatorischer Mit¢el (Coffein) bzw. venSser S~auung (Tieflagerung des Kopfes, S~aubinde am Hals) nicht als Zeichen einer h~nderwer¢igkeit bzw. Schidigung des intraokutaren Gefal3systems zu deuten ist, sondern sich auf einfaehe Weise phys'~katiseh erkl~rt, ha$ ScIymelzer (Graeles Arch. 120, 24 [1928]) bereits beton~. Denn dieselbe Gefi~l~.

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druckes aufwoisendon Glaukomf~llen untorsuoht. Und obwohl boi diosen schon relativ geringe Liohtintensit~ten geniigten, um den Augondruck promt zur Norm zu bringon, obwohl Pilocarpin obenso wie Morphium und dio Sohlufmiosis don Augondruok ebonfa]ls (zur Norm) horabsotzten, bzw. den sonst im Dunkelzimmer regolm/~$ig auftrotenden Druokanstiog vorhinderton - - bei diesen Augen also naoh Thiel sioher koine sohwere irreversible Gof~tBst6rung vorliogen kann, hat gerade das Gymorgen bei diesen Fallen so gut wio ¥ollkommon versagt. Moist vermoohte os trotz maximaler Dosiorung (3real t~glich 0,5 ccm einer 1/2promill. LSsung suboutan injiziert) auch bei fagelang wioderholter Anwendung weder don im Dunkolzimmer auftrotenden (t~glioh untersuchten) Druckanstieg zu vorhindern, nooh das Ausma$ dos Druckanstiegos gegentiber friihen Untersuchungen in unberi ihrtem Zustand bei entsprechend gloich langer Beschattungsdauer im geringsten herabzusetzen. Nut in einem Falle (der an sioh schon oino etwas langsamor vor sioh gohonde Behchtungs- und Beschattungsroaktion aufwies), war gelegontlich - - a b e r durchaus nicht immor - - eine kurz vortiborgohondo, wohl auf Vasokonstriktion boruhende Verringerung bzw. Verzggerung dos Dunkelanstiegs zu bo- obachten (vgl. hierzu S. 40 - - Adronalinwirkung). - -

Damit diirfte die Augfabe der vorliogenden Arbeit im wesentlichen orf/illt sein. Es handolte sioh vor allom datum, darzutun, dab die Frage nach der Genose dor gl~ukomatSson Drucksteigerung ]iir eine bestimmte Gruppe yon Augon mi t pr imgrem chronischon Gl~ukom aicher und ein- deutig beantwortet ist und ferner zu zoigen, dab die auf unzul~ngliche Vorsucho sich stiitzondon Ergebnisse und SchluBfolgorungonFeigenbaums, welcho oino Unsicherhoit und Verwirrung in diese l~ngst gekl~rto Fr~ge bringen, keineswegs dazu angotan sind, unsoro aus groBen Beobachtungs- reihen gewonneno Erkonntnis einor Revision zu unterziehen. Infolgedessen

reak~ion, d.h. dieselbe dureh Vasodilatation bzw. ven6se Stauung bewirkte Ver- mehrung der intraokularen Blutffille, we]che im glaukomat6sen Auge mit seinen ,,abgediehteten Wandungen" eine 1/~ngerdauernde, tonometriseh naehweisbare Augendrucksteigerung hervorruft, kann sich im normalen Auge mit seinen ,,po- • gsen" Wgndungen nieht odor nut in geringem, tonometrisch nieht mehr naeh- weisbarem Mal]e auswirken, da in~olge der ~9or6,sen Wandungen (intakte AbfluB- wege) die dureh vergr6Berfe Blutiiille bewirkte Vermehrung des Bulbusinhal~es sofort durch einen entspreehenden vermehr~en Kammerwasser~bflul~ kompensiert wird, w~s bei den abgediehte~en Wandungen (verlegte AbfluBwege) des Glaukom- auges nicht odor nur in viel geringerem MaBe der Fall ist (vgL Seidel, I-Ieidel- berger Kongrel]berieht 1925, 50; sowie Serf, Ibidem 22--35). Auch die osmo- tisehen ,,Trinkversuche'" yon Schmidt, die sowohl im gesunden als aueh im glau- komat6sen Auge zu einer Vermehrung des Bulbusvolumens ffihren, die sieh abet begreiflieherweise ira abgedichfeten Glankomauge ganz anders als im por6sen normalen Auge ant den Augendruck/~uBern muB, erfordern keineswegs die Hypo- these einer vorliegenden CapillarstSrung im glaukomat6sen Auge, worauf ieh an anderer Stelle sehon hingewiesen habe (tteidelberger KongreBbericht 19itS, SehluB- wor~ zu meinem Vortrag).

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bestand denn aueh meine Aufgabe in erster Linie darin, das gesamte Tatsaehenmaterial wie die sieh aus ihm ergebenden zwingenden SehuB- folgerungen im Zusammenhang vorzubringen, wodurch die objektive Beurteilung der yon ~¥igenbaum dagegen vorgebrachten Einw/£nde sowie seiner eigenen Beobaehtungen und seiner Schlfisse erleiehtert wurde, was fiir das Verstgndnis der bei der Wiehtigkeit der t~ragen nicht zu umgehenden eingehenden Kritik yon Nutzen war.

Teil III. Zum SchluI3 mSehte ich noch der Vollst~ndigkeit hMber auf die M1-

gemeine Bedeutung der in den geschilderten Idinisehen Experimenten gewonnenen Beobaehtungen an Glau~maugen mit flacher Vorde@ammer und typiseher Beliehtungs- und Beschattungsreaktion kurz einzugehen.

Denn zweifellos geht dieselbe erheblich hinaus fiber die Ta~sache, dab dureh die genannten Beobachtungen die Ursache der Augendruck- steigerung ffir eine bestimmte Gruppe yon Glaukomaugen mit roller Sieherheit nachgewiesen ist, womit auch gleichzeitig eine sichere Au]- klSrung i~ber da8 an diesen Augen wi@same druckherabsetzende Prinzip der Miotiea und der Iridektomie erhalten wurde.

Denn es ist selbstverst~ndhch, dab die am vSUig unberfihrten Glau- komauge naehgewiesene Freimaehung der im Kammerwinkel gelegenen HauptabfluBwege, welehe bereits (lurch eine auf Belichtung des Auges erfolgende Pupillenverengerung zustande komm~, in 91eicher Weise durch eine mit Piloearpin oder Eserin erzielte Pupillenverengerung auftreten bzw. wirksam sein mug. Denn wenn auch frfihere Untersuehungen fiber die an Glaukomaugen durch Miotica zu erzielende Augendrueksenkung zwar auf Grund der Tatsache, daf~ die Dauer der drueksenkenden Wir- kung mit derjenigen der erzielten Pupfllenverengerung zusammenfiillt, berei~s zu dem Schlu$ kommen mugten, daf~ die an solehen Augen be- obachtete Drucksenkung urs/~ehlich mit auf die Pupillenverengerung bzw. eine hierdurch bewirk~e ErMehterung des Kammerwasserabflusses zurfickzuffihren ist (K611ner~), so vermochten solche Beobaehtungen doch andererseits eine nicht sieher fibersehbare Wirkung der Miotiea auf die inSraokularen Gef/if~e nieht mit Sicherheit auszusehliegen. Des- halb wurde denn auch bis in die neueste Zei~ yon einigen Autoren der Versuch gemach~, die Bedeutung tier Pupfllenverengerung ffir die Wir- kung der Miotika (am Glaukomauge) zu leugnen bzw. sie in einer durch die Mittel bewirkten GefgBreaktion zu suchen, deren n~herer Mechanis- mug allerdings weder plausibet erkl~rt noch bewiesen werden konnte.

Es ist daher yon Bedeutung, dM? uns die einfachen Belichbungs- und Beschattungsversuche an geeigneten, vStlig unberiihrten Glaukomaugen

1 K611ner, Beobachtungen iiber die druckherabse~zende Wirkung der Miotica beim Gl~ukoma simplex. Z. Augenheilk. 43, 381 (1920).

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eindrficklieh beweisen, dab nieht nur die Annahme einer solehen mehr oder weniger geheimnisvollen GefgB~4rkung der Miotica hier vollkommen entbehrlieh ist, sondern eine GefgBreaktion - - wean fiberhaulot vor- handen - - nut eine vSllig nnwesentliehe Rolle fiir die Augench'uek- senknng spiett. Dasselbe ist. - - mutatis mutandis - - ffir die druek- steigernde Wirkung, welehe an solehen Glaukomaugen dutch pupillen- erweiternde Mittel erzielt wird, zu sagen bzw. dutch die Beliebtungs- und Beschattungsversuehe erwiesen.

Eine weitere Bedeutung der an bestimmten Glaukomaugen mit flacher Vorderkammer gewonnenen Beobaehtungen und Erkenntnis beruht darin, dab wir im Stande sind, mi~ Hilfe soleher gen~n untersuehter Angen eine methodische Pri~/ung des Selcretionsvorganges des Kammerwassers vor- zunehmen, wie das yon uns verschiedentlieh ausgeffihrt und gezeigt wurde. Denn wenn an solehen Augen, bei denen im unberfihrten Zustand der Kausalzusammenhang zwisehen Augendruck und Pupillenweite dureh zahlreiehe Beliehtungs- und Besehattungsversuehe nachgewiesen isb, so muB dann, wenn naeh Anwendung bestimmter Mittel im Dunked zimmer trotz Auftretens einer fiber den Sehwellenwert des betr. Anges hinausgehenden Pupillenerweiterung der am intakten Auge vorher regel- mggig axfftretende Druekanstieg ausbleibt oder wesentlich verringert ist,, notwendigerweise eine dnreh die angewandten MitteI bewirkte L~hmung oder Hemmung des Absonderungsvorganges vorliegen, welche die sons~ bei Pupillenerweiterung bzw. Abflugbehinderung ~uftretende Vermehrung des Kammerwasservolumens und dami~ den Druekanstieg verhindert.

Ein solehes Verhalt.en bei diesen Augen wird nun - - wie zahlreiche Versnche an 7 versehiedenen Angen iibereinstimmend ergeben haban - - tats~chlich als Spgtwirkung von intensiver Anwendung von Adrenalin (Injek~ion Yon 0,3--0,4 ecru der S~amml6sung unter die Bindehaut peri- corneal), yon Cocais (mehrmaliges Eintrgufeln einer 10%-LSsung) oder yon einem Coeain-Adrenalingemisch (Coeain 2--5%-Adrenalin 1 : 2000, ebenfalls mehrmals in dan Bindehaugsaek eingetropft) beobaehtet (Kurven: Heidelberger Kongr.-Ber. 1925, S. 26/28, Kurven &--8, ferner Heidelberger Kongr.-Ber. 1927, S. 400, 402 404, Abbo 5 und 8--13). An diesen Augen war nach der Adrenalin- bzw. Cocain- applikation ein bis mehrere T~ge (bei snbeonjunctivalet Adrenalin- anwendung bis zu 8 Tage) lang dutch Beschatt.ung trotz a, usreichender Pupillenerweiterung kein Druckanstieg mehr auslSsbar infolge des eingetretenen (reversiblen) JLghmungs- bzw. Narkosee]/e/stes i des fiber

i Diese L~hmung der sekreborisehen Tgbigkei$ der Ciliarepithelien ~ welehe natiirlieh aueh ~m gesunden Auge zu einer Drueksenkung fiihl~ - - l ~ sleh ~m Tierauge naehweisen, wie wit das bereits vor 3 Jahren z~igen konnten. Vgl. hierttber: Seidel, ~ber die Gewebsatmung im Auge und ihre klinisehe Bedeu- tung. tteidelberger KongreBberieht 19~5, 14--22; ferner Serf, Ibidem 255--259; sowie Schmdzer, Ibidem 259--264.

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dem Ciliark6rper angelegten Giftdepots; erst nach dem angegebenen Zei~absehnitte stellte sieh die friiher vorhandene Besehattungsreaktion des Augendruekes Mlmghlieh wieder her.

Wie Seidel mit vollem Reeht hervorhob, stellen die gesehilderten, an bestimmten Glaukomaugen angestellgen Beobachtungen mit die ge- sichertsten und wichtigsten Tatsache~ und Be/unde dar, welehe wit aus der pathologischen Physiologie des Augendrudces bzw. des primgren Glau- lcoms zur Zeit ~ennen, 8o daft sich ]ede Glaukomtheorie mit ihnen in erster Linie auseinanderzusetzen hat, gleichsam als Prii/stein /iir ihre Richtig- keit. Zur Zeit vermag nut dne Theorie eine hinlgngliche und befriedi- gende Erklgrung fiir sie zu liefern, n~mlich die vom Vorhandensein einer stSndigen se]cretorischen Neubildung von Kammerwasser, dessen Hauptab/lul3weg in der Vorder]cammer und zwar im Kammerwinlcel ge- legen ist, und dessen Verlegung dutch Pupillenerweiterung eine Ver- grdfierung des Kammerwasservolumens zur Folge hat, die sich ]clinisch als A ugendruclcsteigerung iiu[3ert 1.

Es bleibt noeh zu zeigen, dal~ die fiir eine relativ kleine Gruppe yon Glaukomaugen dureh die erw~hnten Beobachtungen gewonnene und ge- sicherte Erkenn~nis yon der ursgehliehen Meehanik der glaukomat6sen Augendrueksteigerung, der Wirkungsweise der Miotiea, Mydriatica und der Iridektomie uns aueh dariiber hinaus unter Vermeidung jeglicher kritiklosen Veral]gemeinerung doch einen Schritt welter bringen kann in der LSsung des Glaukomproblems. Denn sie gestatten uns nicht nur fiber manche Beobaehtungen und Erlahrungstatsaehen an- derer, mehr oder weniger benachbarter Glaukomgruppen weitgehende Sehlfisse zu ziehen, sondem sic vermSgen nicht selten aueh Klarheit zu bringen in manche Beobaehtungen, die friiher als Widersprfiehe er- scheinen mu~ten, die sich heute jedoeh Mar analysieren lassen.

So ]glJt sieh unsehwer zeigen, dal3 das Fehlen einer Beliehtungs- und Besehattungsreaktion des Augendruekes bei bestimmten Glaukomaugen mit tiefer Vorderkammer durehaus nieht einfach daffir sprieht, dag hier jegl ieher Kausalzusammenhang zwisehen Augendruek und Pupillenwei~e fehle, die urs/~chliche Meehanik der glaukomatSsen Augendrueksteigerung mithin bei diesen Augen eine prinzipiell andere sei (wie bei den Glaukom-

1 Denn an der Erkl~rung dieser Beob~ch~ungen scheiSern nicht nur alle Theorien, welche eine larim/~re Kammerwasserzirkulation (d. h. einen st/~ndigen ZufluB und einen dauernden Abflul3 des Kammerwassers im Kammerwinkel) leugnen, oder welche die Ursache der glaukomatSsen Augendrucksteigerung in einer Blutdruck- steigerung bzw. aktiven Capillardrucksteigerung, in vasomotorischen Einflfissen, chemisch-physikalischen Vorg~ngen (Osmose, Ionengleichgewicht usw.), StSrun- gen tier inneren Sekretion oder des vegetativen Nervensystems, allgemeinen StSrungen der Capillaren usw. erblicken wollen, 8ondern auch eine unseren heutigen Kenntnissert iiber die Bedeutung des osmotischen Druckes der BlutkoUoide an- gepaflte - - allerdings au/ unzutre]]ende Blutdruckwerte au/ffebaute - - Filtrations- theorie versagt dabei vollkommen.

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~ugen mit flacher Vorderkammer und typisoher Beliehtungs- und Be- schattungsreaktion) bzw. auch die Miotiea bei diesen Augen ein prinzi- piell anderes druckherabsetzendes Prinzip entfalten miiBten.

Zun~ehst weist ja sehon die Tatsache, dal~ aueh bei manchen F~llen yon Glaukoma simplex mit tiefer Vorderkammer die Dauer der druck- senkenden Wirkung der Miotica mit der Dauer der Pupillenverengerung zusammenf~llt (KSllner), darauf hin, dab offenb~r ~uch hier eine mit der Pupillenverengerung einhergehende AbfluBerleiehterung im Bereich des Kammerwinkels eine entscheidende Rolle fiir die Druekherabsetzung spielt 1, mithin auch hier ein Kausalzusammenhang zwisehen Pupillen- weite und Augendruek wahrseheinlieh ist.

Naeh unseren Er~ahrungen an Glaukomaugen mit flacher Vorder- kammer und typischer Belichtungs- und Besehattungsreaktion wissen wit nun, dab die Sehwankungen des Augendruckes nieht durch eine be- liebige Pupillenverengerung bzw. -erweiterung ausgelSst werden, son- dern ledig]ieh durch eine solehe, welche eine ganz bestimmte, ffir das betr. Auge spezifisehe Pupillenweite, den Schwellenwert fiberschreitet.

Wenn nun bei einem Glaukomauge ein soleher Sehwellenwert bei einer so geringen Pupillenweite gelegen ist, dab die Pupille durch Be- lichtung aus irgend welehen Grfinden sich nieht unter diesen Schwellen- weft zu verengern verm~g, so ist es klar, dab die Belichtung keine Senkung des (bei fiberschrittenem Schwe]lenwert stets) gesteigerten Augendruekes erzielen kann. Und es ist nach unseren Erfahrungen aueh verst/~ndlieh, dab dann, wenn die Pupillenweite (auch bei Be]iehtung) bereits fiber dem Schwellenwert liegt, eine st~rkere Pupillenerweiterung (Besehattung oder Homatropin) keinen nennenswerten EinfluB au~ die H6he des bereits gesteigerten Augendruekes ausiibt (vgl. S. 10 ds. Arbeit), so dab unter solehen Bedingungen vorgenommene Beliehtungs- und Be- sehattungsversuehe eine seheinbare Bedeutungslosigkeit der Pupillen- weite hinsiehtlieh des Augendruekes vort~usehen kSnnen.

Da nun andererseits Piloearpin und Eserin erfahrungsgem/~g stets eine st~irkere Pupillenverengerung hervorru/en als selbst die intensivste Be- lichtung, so ist es wiederum ohne weiteres einzusehen, dab die durch diese Mittel verengte Pupille auch dann noeh den evtl. sehr tier liegenden Schwellenwert tier Pupillenweite nach unten zu fibersehreiten kann, wenn Belichtung diesen Effekt nieh~ zu erzielen vermag, womit nun der vorher bei den (dureh Beliehtung und Besehattung bewirkten) versc~iedensten - - jedoch ausnehmslos i~ber dem Schwellenwert gelegenen - - Pupillen- weiten stets gesteigerte Augendruck zur Norm gebracht wird.

Ein solches Verhalten des Augendruckes auf Beliehtung, Besehat- tung bzw. Anwendung yon Miotiea liegt nun in der Tat bei den yon K6llner untersuchten F/~llen von Glaukoma simplex mit tiefer Vorder-

1 VgL KSllner, Z. Augenheilk. 43, 381 (1920).

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kammer vor 1. KSllner gibt ausdriicklieh an, da$ bei seinen F~llen, bei denen Beliehtung und Besehattung bzw. die hierdurch erzielte Ver- ~nderung der Pupillenweite ohne Einflul~ auf die HShe des bereits ge- steigerten Augendruekes war, l)ilocarpin und Eserin den Augendruck prompt her~bzusetzen vermochten. Und aus der seiner Arbeit beigege- benen Kurve 1, in welehe der Pilocarpinversueh mit eingezeichnet ist, ersehen wir, dal~ die Pupille dutch Belichtung au/ 3,0 mm, durch einen Tropfen Pilocarpin ]edoch au/ 2,5 mm verengert wurde - - wodureh der Augendruek yon 45 auf 24 mm Hg abfiel. Naeh unseren Erfahrungen wissen wit aber, dal~ eine t)upillenverengerung yon 1/2 mm vollauf ge- niigen kann, um gleichzeitig den Schwellenwert zu iiberschreiten und damit einen Druckabfall zur Norm zu bewirken.

Wenn somit an solchen Augen eine Senkung des Augendruckes dutch Belichtung nicht nachgewiesen werden konnte, so d~rf aus dieser Tatsache keineswegs gefo]gert werden, dal~ bier ein Kausalzusammen- hang zwisehen Pupillenweite und Augendruek nieht bestehe. Denn es ist sehr wohl m5glich, dal~ fiir diese Augen mit ihrem besonderen anato- misehen Bau der K~mmerbucht die dureh Beliehtung erzielbare Pu- pillenverengerung nicht geni~gt, urn den Schwellenwert der Pupillen- weite nach unten zu iiberschreiten. Hierfiir sprieht, da~ die durch Mio- tica erzielbare st~rkere Pupillenverengerung (wie K5llners Kurven zum Tell auch zeigen) zu einem Druekabfall zur Norm ftihrt.

Fiir diese Auffassung sprieht aueh Folgendes: Wenn unsere Uber- legung betr. einer bei manchen Glaukomaugen mit tiefer Vorderkammer ebenfalls vorhandenen grobmesehanisehen AbfluI~behinderung im Gebiet des Kammerwinkels zutrifft, so miissen wit erwarten, dal~ dann bei diesen Augen (bei denen klinisch Pilocarpin eine Drucksenkung bis zur Norm hervorruft) auch die Iridektomie - - welche die bei weiter Pupille auftretende grobmeehanische Verlegung des Kammerwinkelzug~nges durehbricht - - in analoger Weise in der Regel zu einem druckregulieren- den therapeutisehen Erfolg ftihren wird, wie wir das bei den Glaukom- augen mit flaeher Vorderkammer (und typischer Belichtungs- und Be- sch~ttungsre~ktion) gesehen haben. Dies i s t - -w ie die Erf~hrung zeigt ~ - - tats~ehlieh der Fall ~.

1 KSllner, Uber den Einflul~ der Pupillcnwei~e auf den Augendruck bei Glaukoma simplex. Arch. Augenheilk. 88, 58 (1921).

Vergl. Seidel, Jenaer Kongrel~bericht 1922, S. 52; desgl. Graefes Arch. 108, 293; 1922; desgl, tIeidelb. Kongr.-Ber. 1927, S. 83; ferner Schmelzer, Graefes Arch. 120, 73--87, 1928.

Im Gegensatz zu den Glaukomaugen (chronisches Glaukom), bei denen Mio~ica keine Druckherabsetzung zur Norm bewirken, und bei denen auch die Iridektomie nich~ zu einer Druckregutierung ffihrt, falls nicht einc unbeabsichtigte Kammerwasserfistel entsteht. Selbs~verst~ndlich kann man die auf Grund dcr klinischen Erfahrungstatsachen aus der Wirksamkcit der Mio¢ica am einzelnen

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Wir diirfen somit doch wohl annehmen, dab der an Glaukomaugen mit flacher Vorderkammer durch die Belichtungs- und Beschattungs. reaktion des Augendruckes eindeutig nachgewiesene Kausalzusammen- hang zwischen Pupillenweite und Augendruck in ghnlicher Weise auch bei einer Anzahl yon Glaukomaugen einer and er en Gruppe (trotz Fehlens der Belichtungs- und ]~eschattungsreaktion) vorhanden sein wird.

Diese Annahme wird auch durch d~e bekannte Tatsache, dab es Glaukomaugen gibt, bei denen die Miotica (und die Iridektomie !) keine Regulierung der glaukomat6sen Augendrucksteigerung bewirken, durch- aus nicht unwahrscheinlich gemacht. Denn es ist selbstverst~ndlich, dab in diesen Fgllen yon einem Kausalzusammenhgng zwischen Pupillen- weite und Augendruck nicht die Rede sein kann, und die Ursache der Augendrucksteigerung nicht in einer grobmechanischen Verlegung der HauptabfluBwege des Kammerwassers durch die Irisperipherie zu suchen ist. Wir miissen vielmehr annehmen, dab die zwar auch bei diesen Augen ~ls Ursache der Augendrucksteigerung erkenabare , , A b d i c h t u n g "

des Auges bzw. die AbfluBbehinderung anf ~ndere Weise (Verstopfung der ultravisiblen Wandporen der AbfluBwege) zustande gekommen ist, deren n~here ErSrterung nicht hierher geh6rt.

Diese Glaukomfglle mfissen jedoch - - was bekanntlich auch in klinisch-therapeutischer Hinsich~ zweckm~Big ist - - streng getrennt werden yon denjenigen Glaukomf~llen, bei denen ein offensichtlicher Kausalzusammenhang zwischen Pupillenweite und Augendruck besteht, wobei - - wie gezeigt - - flieBende ~berg~nge zwischen einzelnen Formen,

Glaukomauge sieh ergebende Indikationsstellung hinsichtlich der Art einer an diesem Auge vorzunehmenden Operation (Iridektomie oder Trepanation bzw. Cyklodialyse) nur dann sicher verwenden, wenn man auch die ausreiehende druek- senkende Wirkung der Miotica bzw. ihr Versagen durch entsprechende systema- tisehe Druekmessungen siehergestellt hat. Denn ffir die Frage, ob bei ehronischem Glaukom (ffir das akute Glaukom trifft das bekanntlieh nieht zu) eine Iridektomie voraussiehtlich einen Erfolg haben wird, ist es nieht yon Bedeutung, ob die Miotica (evtl. bei mehrmaliger Applikation) denAugendruck dauernd, d.h. aueh fiber Nacht auf normaler tt6he halten k6nnen - - unter welchen Umst~nden man ja yon einer Operation raeis~ Abs~and nehmen wlrd --, sondern e~ kommt darau/ an, ob Miotica imstande sind, den Augendruclc wenn aueh nur /i~r kurze Zeit zur Norm zu senken. ims~ande slnd, den Augendruek wenn aueh nur ffir kurze Zeit zur Norm zu senken. Ist ]etzteres der Fall, so kann man sieh ~ wie die ]~rfahrungen verschiedener Kliniken lehrten - - bei der unter diesen Umst~nden kaum zu umgehenden Opera- tion yon einer regelrechten Iridektomie (ohne Fistelbildung) einen befriedigenden Erfolg hinsiehtlich der t~egulierung des Augendruckes versprechen. Unter]~l~t man es jedoeh bei solehenFhllen, vor der Operation die Wirkung derMiotiea systematisch in nicht zu grol3en Abs¢~nden nach ihrer Verabreichung tonometriseh zu kon- trollieren, so kann einem die nur kurze Zeit vorhanden gewesene Drueksenkung zur Norm entgehen. Und maeh~ man dann, obwohl man bei den in zu groBen Absb~nden erfolgten $onometrischen Messungen nach Verabreichung yon Miotica nie eine Normalisierung des Augendruekes gefunden hatte, brotzdem eine Irid- ektomie, so scheln$ die dutch diese Operation erzielte gute druekregulierende Wirkung gegen die oben genannten klinischen Erfahrungen zu spreehen.

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die sich nieht auf prinzipielle, sondern nur auf graduelle Un$erschiede beziehen, ersiehtlich sind.

Und wenn auch manehe Beobachtungen daftir spreehen, dab - - wie sehlieglieh zu erwarten is~ --- aueh zwischen den Glaukomgruppen mi~ prinzipiell versehiedenem , ursgchlichem Meehanismus der Augendruek- sgeigerung (grobmeehanisehe Verlegung der tIauptabflul]wege bzw. Ver- stopfung ihrer ultramikroskopischen Wandporen) ebenfalls Ubergangs- formen vorkommen, bei welehen gleiehzeitig beide ?¢[echanismen der Augendrucksteigerung x~Srksam skin k6rmen, d. h. beidenen kliniseh dutch Pupillenvercngerung (M{otiea) eine gewisse Senkung, abet k-eine (aueh nut kurz dauernde) NormMisierung des Augendruekes beobaeh~et wird, so ist doe h gerade vom Standpunkt der wissensehaftliehen GIaukom- forschung aus zungehst eine seharfe Trennung der einzelnen kliniseh prinzipiell verschiedenen Formen erforderlich. Insbesondere sind zwischen den beiden vorkommende Ubergangsfille ffir Forsehungszweeke - - wenigstens zungchst --auszusehliegen, da solche Glaukomaugen, bei denen gleichzeitig mehrere, prinzipiell versehiedene Faktoren im Spiel sind, sich nieht eignen, um Mar fibersehbare und eindeutige Beobaeh- ~ungsergebnisse zu tiefern. Denn erst wenn man die Vorgaage bei seharI umgrenzten Typen, welche vollkommen iibersiehtliehe Vcrsuehsbedin- gungen gestatten, hinreiehend siehergestellt und gekl/~rt hat, kann man daran gehen, aueh &Imliehe Typen mit etwas komplizierteren, im wesent- lichen aber doch analogen Erseheinungen zu analysieren and zu erkliren. Ein soleher Versueh wurde im Hinbliek auf die Kdllner sehen Un~er- suehungen unternommen.

Ieh m6ehte jedoeh zum Schlul~ ausdriieklieh betonen, dab die Beob- aehtungen und Ta~saehen, welehe uns d~e gesieherte Grundlage hin- siehtlieh eines vorhandenen Kausalzusammenhanges zwisehen Pupillen- weite and Augendruek und dessert Bedeutung gcgeben haben, aus- schliefilich an solehen Glaulcomaugen mit ]lacher Vorderlcammer, welche eine gesetzm~ifiige und typische Beliehtungs- und Beschattungsreaktion des Augendruclces au/weisen, gewonnen sind. Und der danaeh erst ange. stellte Versueh, mit Itilfe dieser gesieherten Grundlage aueh andere Glau- kom~ugen auf Grund ihres genau untersuehten Verhaltens auI das Vor- handensein eines im Prinzip ~hnliehen Kausalzusammenhanges zwischen Pupillenweite und Augendruek zu ]grtifen, erstreekt sieh - - worauf eben- falls ausdr/iektieh hingewiesen sei - - nur auf solehe Augen mit primirem Glaukom, bei denen eine bestimmte Pupillenverengerung den gesteigerten Augendruek ausreiehend, d.h. bis mindestens zur oberen Grenze der Norm herabzusctzen vermag.