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(Aus der Psychia~risch-neurologischen Uifiversit~tsklinik zu Budapest [Vorstand: Prof. Karl Scha]/er].) Zur Frage des Zusammenhanges zwischen Blntgruppenkonstellation und ;~Ialariabehandlung. Von I. Somogyi und L. v. Angyah (Eingegangen arr~. 4. April 1933.) In 1931 beriehteten wit 1 fiber die Ergebnisse, zu denen wit an Hand der BlutgrupI0enuntersuehungen yon 1000 Geistes-l~'anken gekommen sind. Wit besehs mls kurz mit der Frage, ob zwisehen dem Verlauf der ImpfmMaria und der BlutgruppenzugehSrigkeit irgendehl Zusammen- hang vorhanden ist. Unsere diesbezfigliehen Untersuehungen betrafen blo13 32 mit Malaria behandelte ParMysef~lle und wit betonten sehon damals, dal] auf Grund yon so wenig F/~llen die erw/thnten Fragen nieht mit Sieherheit beantwortet werden kSnnen, und es weiteren Unter- suehungen vorbehMten bMbt, die aufgeworfenen Fragen endg/iltig zu kli~ren. In der ]~ehandlung der ParMyse erfreut sieh die iVialaria heute sehon einer allgemeinen Verbreitung; es kann sogar gesagt werden, dal3 sie fast alleinherrsehend ist. Dadurch wird es versti~ndlieh, dag einzelne Er- seheinungen der Impfmalaria, die auf eine J(nderung in der Biologie des lVialariaplasmodiums hindeuten, ein besonderes Interesse verdienen. Es erfibrigt siett diese Erseheinungen ausftihrlieh zu bespreehen, wit erws nur, dab die eharakteristisehen Eigensehaften der Anophelesmalaria sieh ~ndern k6nnen. So sehen wir z.B., dab die Fieberanfs naeh Impfung mit Tertiana einen Quotidianatyp zeigen k6nnen, ein anderesmal werden die Fieberanfalle ante- oder retroponiert, wodureh l~iebertyloen yon 28, 32, 36 usw. Stunden entstehen. Nicl~t selten kommt eine Anderung des Fiebertyps bei ein und demselben Individuum vor, oder wit linden, dal~ die Malaria bei zwei Individuen, die zur selben Zeit mit demselben Stamm, unter denselbenVerh~ltnissen geimpft wurden, versehiedene Inkubations- zeit eventuell versehiedenen Fiebertyp zeigt. Ziemlieh oft beobaehten wit im Verlaufe der Behandlung aueh spontane Entfieberungen, als naeh einer gewissen Zahl yon Fieberanf~llen weitere Anf~lle wegbleiben. 1 Arch. f. Psychi~tr. 95.

Zur Frage des Zusammenhanges zwischen Blutgruppenkonstellation und Malariabehandlung

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(Aus der Psychia~risch-neurologischen Uifiversit~tsklinik zu Budapest [Vorstand: Prof. Karl Scha]/er].)

Zur Frage des Zusammenhanges zwischen Blntgruppenkonstellation und ;~Ialariabehandlung.

Von

I. Somogyi und L. v. Angyah

(Eingegangen arr~. 4. April 1933.)

In 1931 beriehteten wit 1 fiber die Ergebnisse, zu denen wit an Hand der BlutgrupI0enuntersuehungen yon 1000 Geistes-l~'anken gekommen sind. Wit besehs mls kurz mit der Frage, ob zwisehen dem Verlauf der ImpfmMaria und der BlutgruppenzugehSrigkeit irgendehl Zusammen- hang vorhanden ist. Unsere diesbezfigliehen Untersuehungen betrafen blo13 32 mit Malaria behandelte ParMysef~lle und wit betonten sehon damals, dal] auf Grund yon so wenig F/~llen die erw/thnten Fragen nieht mit Sieherheit beantwortet werden kSnnen, und es weiteren Unter- suehungen vorbehMten bMbt , die aufgeworfenen Fragen endg/iltig zu kli~ren.

In der ]~ehandlung der ParMyse erfreut sieh die iVialaria heute sehon einer allgemeinen Verbreitung; es kann sogar gesagt werden, dal3 sie fast alleinherrsehend ist. Dadurch wird es versti~ndlieh, dag einzelne Er- seheinungen der Impfmalaria, die auf eine J(nderung in der Biologie des lVialariaplasmodiums hindeuten, ein besonderes Interesse verdienen. Es erfibrigt siett diese Erseheinungen ausftihrlieh zu bespreehen, wit erws nur, dab die eharakteristisehen Eigensehaften der Anophelesmalaria sieh ~ndern k6nnen. So sehen wir z.B., dab die Fieberanfs naeh Impfung mit Tertiana einen Quotidianatyp zeigen k6nnen, ein anderesmal werden die Fieberanfalle ante- oder retroponiert, wodureh l~iebertyloen yon 28, 32, 36 usw. Stunden entstehen. Nicl~t selten kommt eine Anderung des Fiebertyps bei ein und demselben Individuum vor, oder wit linden, dal~ die Malaria bei zwei Individuen, die zur selben Zeit mit demselben Stamm, unter denselbenVerh~ltnissen geimpft wurden, versehiedene Inkubations- zeit eventuell versehiedenen Fiebertyp zeigt. Ziemlieh oft beobaehten wit im Verlaufe der Behandlung aueh spontane Entfieberungen, als naeh einer gewissen Zahl yon Fieberanf~llen weitere Anf~lle wegbleiben.

1 Arch. f. Psychi~tr. 95.

112 I. Somogyi und L. v. Angyal: Zur Frage des Zusammenhanges

Diese Erseheinungen sind nicht die sts Eigenschaiten eines bestimmten Malariastammes, sie k6nnen auch nieht dureh die Abnahme der Virulenz des Plasmodiums erkls werden, da wit h~ufig sehen, dal3 die Vh'ulenz eines scheinbar ganz sehwachen Stammes bei ~ber- tragung auf einen anderen Patienten plStzlich aufflaekert. E. Blum gelang sogar einmal 3, ein anderes ~ a l 8 Tage nach dem spontanenWeg- bleiben der Fieberanfs die Malaria auf einen anderen Patienten zu iibertragen.

Aus obigen Beobaehtungen geht hervor, da6 im Verlaufe der Impf- malaria die entscheidende Rolle nieht das Plasmodium, sondem die Charakteristika des geimpften Individuums spielen. Solche sind z. B. : Ob und wann das geimpfte Individuum vorher eine lVialariabehandlung iiberstanden hat, wann die letzte Salvarsankur erfolgte usw. Aul~er diesen exogenen Faktoren spielen zweifellos auch die endogenen, immun- biologisehen Eigensehaften des Blutes des geimpften Individuums eine Rolle, ebenso aueh die Blutgruppen als Reprs gewisser iso- agglutininen und agglutinogenen Sto~fe. Die vorliegende Arbeit bezweckt gerade diese Frage zu kl~tren. Wir untersuchten die Blutgruppen yon 100 Paralysef~tllen vor und nach der ~alariaimpfung, die Blutgruppen der Blutspender, beobachteten den Verlauf der Impfmalaria, um auf folgende Fragen Antwort zu bekommen.

1. Ist irgendein Zusammenhang zwischen der Blutgruppenzugeh6rig- keit und dem Verlauf der ~alariakur festzustellen ?

2. Wieweit beeinflul~t die Blutgruppenidentits oder -verschiedenheit des geimpften Individuums bzw. des Spenders die Impfmalaria ?

3. Ist zwischen der Agglutination bzw. dem Ausbleiben der Agglu- tination des /ibertragenen Blutes im Serum des geimpften Individnums und der Inkubationszeit cter Malaria ein Zusammenhang festzustellen ?

4. Hat die Blutgruppenkonstellation irgendwelehen EinfluB auf den Fiebertyp der Impfmalaria, auf den Verlauf der Fieberanf~lle bzw. auf die eventuell erfolgende spontane Entfieberung ?

Bevor wir unsere eigenen Untersuehungen besprechen, mSehten wir zu obigen Fragen iolgende Literaturangaben mitteilen. Naeh Heeht- Eleda ist die Inkubationszeit der Impfmalaria im Falle einer Gruppen- identit~t des Donator und des Receptor mit 1--2 Tagen ktirzer, als im Falle einer Gruppenversehiedenheit. Herrmann und Hlisnikowski fanden naeh intraven6ser Impfung von 6--9 ecru M.alariablut bei Gruppenidenti- t~tt 3, bei Gruppenverschiedenheit 4--5 Tage Inkubationszeit und ihrer Anffassung naeh verl/Luft die Infektion bei gleiehen Blutgruppen im all- genleinen virulenter; so folgen z. ]~. die Fieberanf/~lle durehVerkfirzung der fieberfreien Phasen rascher naeheinander. Charlotte Kliir fand zwischen Fiebertyp und Blutgruppenkonstellation keinen Zusammenhang, doeh kam sie betreffs der Inkubationszeit zum se]ben Resultat als die er- wghnten Autoren. Sie berichtet aueh dartiber, dab bei versehiedenen

zwischen Blutgruppenkonstella~ion und Malariabehandlung. 113

Blutgruppen die Inkubationszeit kiirzer ist, wenn das eingeimpfte Blur nicht agglutiniert wird, 1anger, wenn eine Agglutination erfolgt. Poni- sovskaja und Miniovi~ sprechen in ihrer jfingsten Arbeit fiber gfinstige und ungfinstige Konstellation zwischen Donator und Receptor, je nach- den] das geimpfte Blur in] Serum des Receptors agglutiniert wird oder nieht; sie fanden, dab das spontane AufhSren der Fieberanfalle ira Falle einer ungfinstigen Konstellation 2--3n]al haufiger erfolgt und aueh die Inkubationszeit etwa zwein]al so lang ist als in] Falle einer gfinstigen Blutgruppenkonstellation.

Bei unseren Fallen erfolgte die Malariain]pfung imn]er in gleicher Weise und unter gleichen Verhaltnissen. Aus der Vena cubitalis des Spenders entnahn]en wit in] Beginn des Fieberanfalls, als die Temperatur bereits auf 39 o C gesteigen ist, 5 ccn] Blur und diese Blutmenge in]pften wir intravenSs auf den Patienten fiber. Die Blutgruppenuntersuchungen ffihrten wh" n]it den] Standardserun] , ,Serotyp" der Phylaxia AG. mittels der Objekttragern]ethode und verdfinnten Bintes aus. Zur Ver- dfinnung gebrauchten wit die bereits angewandte und sich bewahrte ~ischung yon 0,5%iger Natr. cirt. und 0,9%iger KochsalzlSsung, urn das st6rende Phanon]en der Pseudoagglutination" vSllig auszuschalten. Die yon uns angewandte Methodik haben wir in unserer vorigen Nit- teilung ausffihrlich besprochen. Anstatt die einzelnen Blutgruppen n]it Ziffern zu bezeictmen, gebrauchen wir in unseren Tabellen nach v. Dungern und Hirschfeld zwecks Vern]eidung yon MiBverstandnissen die fiblichen Bezeiehnungen der in den betreffenden Gruppen vorkon]n]enden Agglu- tinogene und zwar AB, A, B und O, die in der Moflschen Einteflung der Reihe nach den Blutgruppen I - - I V entsprechen.

Unsere erste Tabelle stellt die Verteilung unserer Falle nach Blut- gruppen wie auch den Einflul] der einzelnen ]31utgruppenzugeh6rigkeit auf die ~alariainfektion dar. Zwecks eines Vergleichs teilen wit auch die aus samtlichen Fallen gewonnenen Durchschnittswerte mit.

Blu~- I Zahl gruppe der Falle

A 4 B 19 0 3~

Zusammen [ 10O

Tabe l l e 1.

Inkubationszeit Fieber~yp

76 St. (36--144) 38 St. 121 St. (36--432) 35 St. 134 St. (27--456) 36 St. 137 St. (48--264) 36 St. 122 St. (27--456)]35 St. 30M.

Die Kur beendet

67 % 52,3% 55,5% 55 % 54 %

Spontane Entfieberung

33 % 47,7 % 44,5 % 45 % 46 %

Wir ffigen noch zur Erlauterung zu, da2 sowohl in dieser wie auch in den folgenden Tabellen in der Kolonne der Inkubationszeit die erste Ziffer der durehsehnittlichen Inkubationszeit, die in Klan]n]ern stehenden Ziffern den beiden extren]en Werten entsprechen.

Archiv ffir Psyehiatrie. Bd. 100. 8

114 I. Somogyi und L. v. Angya]: Zur Frage des Zusammenhanges

Betrachten wit die in der Tabelle rnitgeteflten Werte, so f~llt es auf, dal] die Inkubationszeit bei den FKllen der Gruppe AB bedeutend ki~rzer als bei den fibrigen Gruppen und die spontane Entfieberung am seltensten ist. Da jedoch zu dieser Gruppe blol~ 3 Patienten gehSren, sind die Resultate nicht zu verwerten. In den fibrigen 3 Gruppen weichen die Zahlenwerte voneinander nicht wesentlieh ab, so k6nnen wit auch sagen, da$ die ZugehSrigkeit zu verschiedenen Blutgruppen weder auf die Inkubationszeit, noch auf den Fiebertyp, noch auf den Verlau~ der Malaria bzw. auf die prozentualen Verh~ltniszahlen der spontanen Ent- fieberung einen nennenswerten EinfluB ausgeiibt hut.

Unsere zweite Tabelle refit unsere F~lle naeh Blutgruppenidentit~t und -verschiedenheit ein.

Tabelle 2.

Blur- Zahl Inkubationszeit Fiebert~p Die Kur Spontane gruppe beendet Ent~ieberung

gleich 36 94 St. (36--168) 35 St. 47% 53% verschieden 64 144 St. (27--456) 36 St. 58 % 42 %

Aus der Tabelle ist es ohne weiteres ersiehtlieh, da$ irn Falle einer Gruppenidentit•t die durehsehnittliehe Inkubationszeit bedeutend, d.i. urn 50 Stunden kiirzer ist, als irn Falle einer Gruppenversehiedenheit. Noch auffallender ist die Verkiirzung bzw. Verlangerung der Inkubations- zeit, wenn wir unsere F~lle danach gruppieren, ob hn Serum des Receptors die roten Blutk6rperehen des Donators agglutiniert werden oder nicht. Bekanntlieh besitzt das Serum eines Individuurns der Gruppe AB keine agglutinierenden Eigenschaften (universaler Receptor), dagegen aggin- tiniert das Serum eines Individuurns der Gruppe 0 die roten Blutk6rper- ehen der Individuen s/~rnflicher anderer Gruppen (universaler Donator), das Serum der Gruppe A agglutiniert die roten BlutkSrperchen der Gruppe AB und B, das der Gruppe B diejenigen der Gruppe AB und A. Dernentsprechend gebraucht P o n i s o v s k a j a und M i n i o v i v den Ausdruck: giinstige Blutgruppenkonstellation, wenn keine Agglutination erfolgt und die Bezeichnung: ungihnstige Blutgruppenkonstellation, wenn die Agglutination positiv ausfallt.

Bei der Zusamrnenstellung der Tabelle 3 hielten wh. diese Gesiehts- punkte vor Augen.

Es sei noeh erw~hnt, dal~ in den 43 F/s der positiven Agglutination die Inkubationszeit in einem Falle 36 Stunden, in einern Falle 72 Stunden,

Tabelle 3.

Die Kxtr Spontane Agglutination ] Zahl Inkubationszeit Fiebertyp beendet Entfieberung

negat iv 57 87 St. (27--168) 36 St. 5 1 % 49 % positiv 43 180 St, (36--456) 35 St. 58,5% 41,5%

zwisehen Blutgruppenkonstellation und Malariabehand]ung. 115

in 4 F~llen 96 Stunden betrug; in den iibrigen 37 F~llen zeigte sie einen Wert yon fiber 120 Stunden.

Vergleiehen wir die Werte der Tabellen 2 und 3, so sehen wir, dab in den l%esultaten kein qualitativer Unterschied, sondern nur eine gewisse quantitative Verschiebung zum Vorschein kommt, indem die Tabe]le 3 die Werte der Tabelle 2 ausgeprggter in Erscheinung treten lgl~t. Wesent- lich ist, dal~ sowohl bei Gruppenidentitgt wie auch bei einer durch nega- tive Agglutination gekennzeiehneten Blutgruppenkonstellation die In- kubationszeit bedeutend (urn 50 bzw. 93 Stunden) kfirzer ist, als bei Gruppenverschiedenheit bzw. positiver Agglutination, weiterhin, dab die Blutgruppenkonstellation bei intravenSser ~berimpfungstechnik weder den Fiebertyp, noch den Verlauf des Fiebers, noch die prozen- tualen Zahlenwerte der spontanen Entfieberungen in nennenswerterWeise beeinflu~t hat. Die Blutgruppenidentitgt bzw. -verschiedenheit ist als eine Untergruppe der durch die negative oder positive Agglutination bestimmten Blutgruppenkonstellation zu betrachten, wodurch ihnen eine selbstgndige :Bedeutung im Verlaufe der ~alariainfektion nieht beigemessen werden kann.

Fassen wir die Ergebnisse unserer Untersuchungen zusammen, so lgl3t sich folgendes sagen:

1. Die ZugehSrigkeit zu verschiedenen Blutgruppen beeinfluBt den Verlauf der ~alariainfektion nicht.

2. Die Gruppenidentitgt bzw. -verschiedenheit besitzt yore Stand- punkte der Malariainfektion keine selbst/~ndige ]3edeutung.

3. Die durch die negative oder positive Agglutination besthnmte Blutgruppenkonstellation fibt auf die Inkubationszeit der Malaria- infektion einen deutlichen Einflu]~ aus, insofern Ms die In]~ubationszeit im ersteren Falle durchschnittlich um 93 Stunden kiirzer ist als im letzteren.

4. Zwischen der Blutgruppenkonstellation und dem Fiebertyp wie auch dem Verlauf der l~ieberan~/ille weiterhin den Verh/~ltniszahlen der eventue]l erfolgten spontanen Entfieberung war kein Zusammenhang festzustellen.

Literaturverzeichnis.

Bezfiglich der Literatur verweisen wir auf die Arbeit: Somogyi, I. u. L. v. AngyaI: Untersuchungen fiber Blutgruppenzugeh6rigkeit bei Geisteskranken. Arch. f. Psychiatr. 95 (1931). AuBerdem seien noch angefiihrt: Blum, E.: Arch. f. Psychiatr. 86 (1929). - - KlSr, Ch.: Inaug.-Diss. Erlangen 1931. - - Ponisovskaja u. Miniovi'c: Zbl. Neur. 64 (1932).

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