25
JUSTUS LIEBIG’S ANNALEN DER CHEMIE. 287. Band. Zur Geschiclite der isomereii Broiiiziiiiiiits8uren und Zimmtsainren ; voii h??tiil Edewrrieycr. Die im Folgenden mitgetheiltcn Untersuchungen wurden in der Absicht unternommen, einen besseren Einbliclr in die Isomerieverhiiltnisse der verscliiedenen Bronizimmts%uren, oder dwtlicher ausgedruclrt, Phenylbromacrylsiiuren zu gewintien und friihere Irrthiimer zu bericlitigen. Im Jahre 1882 war ich noch der Neinung, die beideri G 1 as er’schen Brornzimmtsauren seien in ihrcr Constitution derart verschieden, dass die eine, welche Glas e r a-Bromzimmt- saure genannt hatte, da.s Brom in der a-Stellung, die als @- Bromzimmtsiiure bezeichnete das Brom wirklich in der p-Stel- lung enthalte. Da nun die @-S%ure beim Erhitzen und anderen Ein- wirkungen in die a-Saure umgewandelt wird, so dachte ich mir, das konne nur so geschehen, class sich BrH ron der 8-Saure losliise und sich an die so gebildete Phenylpropiolsilure in1 um- geliehrten Sinne nieder anlagere. Daraus entsprang der meitere Gedanke, es miisse moglich sein, die GI aser’sche a-Gromzimnit- siiure durch Addition von BrH an Phenylpropiolsaure darzustellen. Ieh hatte zwar einige Zeit vorher ’) nachgewiesen, dass bei der Addition von Halogenwasserstoff an cqi- doppelt ge- l) Ber. (1. deutsch. chem. Ges. 12, 1607; 13, 303 und 14, 1318. 1 Annilen der Chemis 287. Bd.

Zur Geschichte der isomeren Bromzimmtsäuren und Zimmtsäuren

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Zur Geschichte der isomeren Bromzimmtsäuren und Zimmtsäuren

JUSTUS LIEBIG’S ANNALEN DER CHEMIE.

287. Band .

Zur Geschiclite der isomereii Broiiiziiiiiiits8uren und Zimmtsainren ;

voii h??tii l Edewrrieycr.

Die im Folgenden mitgetheiltcn Untersuchungen wurden in der Absicht unternommen, einen besseren Einbliclr in die Isomerieverhiiltnisse der verscliiedenen Bronizimmts%uren, oder dwtlicher ausgedruclrt, Phenylbromacrylsiiuren zu gewintien und friihere Irrthiimer zu bericlitigen.

Im Jahre 1882 war ich noch der Neinung, die beideri G 1 as er’schen Brornzimmtsauren seien in ihrcr Constitution derart verschieden, dass die eine, welche G l a s e r a-Bromzimmt- saure genannt hatte, da.s Brom in der a-Stellung, die als @ - Bromzimmtsiiure bezeichnete das Brom wirklich in der p-Stel- lung enthalte.

Da nun die @-S%ure beim Erhitzen und anderen Ein- wirkungen in die a -Saure umgewandelt wird, so dachte ich mir, das konne nur so geschehen, class sich BrH ron der 8-Saure losliise und sich an die so gebildete Phenylpropiolsilure in1 um- geliehrten Sinne nieder anlagere. Daraus entsprang der meitere Gedanke, es miisse moglich sein, die GI aser’sche a-Gromzimnit- siiure durch Addition von BrH an Phenylpropiolsaure darzustellen.

Ieh hatte zwar einige Zeit vorher ’) nachgewiesen, dass bei der Addition von Halogenwasserstoff an cqi - doppelt ge-

l ) Ber. (1. deutsch. chem. Ges. 12, 1607; 13, 303 und 14, 1318. 1 Annilen der Chemis 287. Bd.

Page 2: Zur Geschichte der isomeren Bromzimmtsäuren und Zimmtsäuren

2 Erl ennaeyer, Zicr Geschicltte der isomereti

bundene Kohlenstoffatome in Carbonsauren das Halogen in die p- und der Wasserstoff in die cr-St.ellting eintritt. Da aber uber das Verhalten 17on Carbonsauren mit n,!?-d;reifach, gebundenen Kohlenstoffatomen gegen Halogenwasserstoff damals noch nichts bekaunt wa.r, so konnte man es immerhin fur moglich halteu, dass hierbei die Anlagerung im unigelrehrten Yinne wie bei den Sauren mit nur (loppelt - gebundenen KohlenstoKatomen erfolge.

Der Versuch wurde angestellt und ergab das uberraschende Resultat, dass weder die eine, noch die andere G l a s e r ' s c h e Saure, sondern eine gain neue Saure, welche bei gleicher Zu- sammensetzung, wie die belrannten , ganz andere Eigenschaften besass, niit einem Worte eine dritte isomere Bromzinnntsaure entstanden war.

Aus dem Verhalten der neuen Saure gegen Alkalien, welches dem der IIalogenwasserstoffadditionsproc3ucte der Zimnitsiiure ahnlich war, musste man schliessen, dass sich in ihr clas Halogen ebenso wie in diesen in der 6-Stellung befndc.

Die in Gemeinschnft niit IIerrn H a n s S t o c k m e i e r aus- gefuhrten Untersuchungen ,,iibei- einige Derivate der Zirnmts%ure", wozu auch die oben erwdinte durcli Addition von BrII au Phenylpropiolsaure erhaltene Saure gehort, habe ich in lieiner Fachzeitschrift verXentlicht, sie sind nur in der 1naug.-Disser- tation von H a n s S t o c l i m e i c r , Nui-nberg, 1SY3 niedergelegt und deshalb nicht allgemeiu beltannt geworden. Ohlie Kenntniss unserer Untersuchung haben nun Mi c h a e 1 und B r o 1)' I I e eben- falls die Addition vou BrH an Plenylpropiolsii.ure studirt und dariiber Ber. d. detitsch. chem. Ges. 10, 1378 eine Rlittheilung gemacht. Ich habe daraufhin einerseits Herrn M i c h a e l die Dissertation von S t o c k m e i e r zugeschickt , andererseits eiue Notiz in den Berichteu 19, 1936 uber die neue Saure publicirt. Ihr wesentlich holierer Schmelzpunkt als cler der G1 a s er'schen 8-Saure veranlasste mich, sie als cine Doppelsaure anzusehen, wie sie durch folgende Formel ausge,druckt ist:

Page 3: Zur Geschichte der isomeren Bromzimmtsäuren und Zimmtsäuren

3 Brornxirnrntsduren und Zirnmtsuurem.

C,Hb-CB~CH-COH

0 0 0 CCH,-CBr=CH-COH

Darauf haben dann M i c h a e 1 und B r o w n e z, niitgetheilt, dass die von ihnen bestimmte Dampfdichte des Esters der neuen Bromzimmtsaure dem einfachen Molekulargewicht 255 ebenso wie die der Ester der beiden Glaser ' schen Bromzimmt- s h r e n entspreche. Demzufolge habe ich nicht langer an der Ansicht, dass die neue Saure eine Doppelsaure ware, festgehalten, ohne jedoch uber die Ursache der Isomerie der neuen ,6-Saure mit der G 1 a s e r 'schen P-Saure und dieser mit der G 1 a s e r 'schen a-Saure ins Klare gekommen zu sein.

Als dann spater L i e b e r m a n n 3 ) die Isozimmtsaure ent- deckt und gefunden hatte, dass dieselbe leicht in Zimmtstiure verwandelt werden kann, da kam mir der Gedanke, ob nicht die beiden Bromzimmtsauren G l a s e r ' s in einem ahnlichen Verhaltniss zu einander standen, wie die Isozimmtsaure zur Zimmtsaure. War das wirklich der Fall, so durfte die eine der beiden Samen iiicht a - und die andere 8-Bromzimnit- saure sein, sondern in beiden Sauren musste das Brom die gleiche Stellung zum Carboxyl einnehmen. Da nun, wie ich Ber. d. deutsch. chem. Ges. 23, 3 1 3 0 mitgetheilt habe, nicht nur die a-Bromzimmtsaure, sondern auch die p-&om- zimmtslure G1 a s e r ' s bei der Oxydation mit Permanganat Benzaldehyd liefert, so mussen beide Suuren das Brom in der a-Stellung enthalten

~

Ber. d. deutsch. chem. Ges. 20, 552. Ber. d. deutsch. chem. Ges. 23, 141 und 512. A. Mi ch a e 1 macht darauf in seiner Abhandlung ,,Untersuchungen iiber Alloisomerie" Journ. f. pract. Chem. N. I!. 46, 412 Fussnote 1 die Bemerkuug: Jch war nicht wenig erstaunt zu erfahren, dass E r l e n m e y e r Eer. d. deutsch. chem. Ges. 2 3 , 3 1 3 0 den Gedanken, dass die Glaser'schen p- und a-Bromzimmtsiuren beide a-Uerivate seien, als etwas Neues angeben konnte angesichts der fruheren Erorterung, die ich (Ber. d. deutsch. chem. Ges. 19, 1936 und 20, 554 nnd dieses Journ. [2] 35, 35) - er hat vergessen zu

1"

Page 4: Zur Geschichte der isomeren Bromzimmtsäuren und Zimmtsäuren

4 E r 1 e a m eyer, Zur Geschichte der &omeven

Weil nun die G l a s e r ' s c h e ,!I-Bromzimmtsaure sich in a-Saure verwandeln lasst, wie die Isozimmtsaure in gewohnliche Zimmtsaure, so dschte ich die p-Saure miisse der Isozimmtsaure und die u-Saure der gewohnlichen Zimmtsaure entsprechen.

Ich stellte deshalb in der Hoffnung, Isozimmtsaure zu erhalten, eine Reihe von Versuchen an,adas Brom in der 8-Brom- zimmtsaure G 1 as e r ' s durch Wasserstoff zu ersetzen. Nach verschiedenen hier nicht ntiher anzugebenden Versuchen mit Zinkstaub und Essigsaure oder Ammoniab, bei welchen ich ent- weder wie M i c h a e l 5 , nur gewohnliche Zimmtsaure, oder bei Anwendung von Ammoniak neben dieser auch noch Phenyl- propionsaure erhielt, kam ich zu der Einsicht, dass sich die Substitution des Broms durch Wasserstoff ohne Zusatz eines anderen Mittels in weingeistiger oder wassriger Fliissigkeit mit Zinkstaub nach folgender Gleichung vollziehen miisse :

(C,H,5-CH=CBr-COOH), + Zn, = ZnBr, $- (C,H,-bH=CH-COO).,Zn.

citiren Ber. d. deutsch. chem. Ges. 19, 1378 - gerade mit ihm iiber diese Auffassung gehabt habe."

A. BIicliael hat j a den Gedanken, dass die beiden in Rede stehenden Sauren wahrscheinlich a-Rromzimmtsauren seien, iu folgenden Satzen zuerst ausgesprochen (Ber. d. deutsch. chem. Ges. 19, 1378): ,,Obwohl Bach der jetdgen Theorie nnr zwei Bromzimmt,sauren moglich sind und die chemisclien Verschieden- heiten der Sauren sich ferner dadurcli zeigeu, dass die durch Addition van Brom eutstehenden Tribromhydrozimmtsaiuren ver- schiedene Kiirper sind, scliien uns jene Umlagerung (der P-Siiure in a-Saure) init den angenommenen Constitutionsformeln gar nicht im Einklange, vie1 wahrscheinliclier schien die Annahme, dass hier Lhnliche Verhiiltnisse obwalten, wie bei der Fumar- und Male'insaure. Darnach ware eine der Bromzimmtsauren das Derivat einer nocli nicht bekannten Zimmtsaure und da es wahrscheinlich schien, dass die beiden Sauren cr-Derivate sind, haben wir einige erfolgreiche Versuche angestellt, die wvirkliche P-Bromzimmts%uiure zu erhalten."

Was ich als etwas Neues angegebcn habe, ist aber nicht der Geclanke, dass die beiden G1 a s e r 'schen Bromzimntsauren wahr- scheidich a -Derivate seien, sondern die durch das Experiment bewiesene Thatsache, dass beide sicher a-Bromzimmtsauren sind.

') Journ. f. pract. Chem. N. F. 35, 357.

Page 5: Zur Geschichte der isomeren Bromzimmtsäuren und Zimmtsäuren

Bromzimmtsauren und Zimmtsllzven. 5

Darstellung von Isoximmtsaure aus der ,B - Bromsimmtsaure G1 a se r 's.

Zunachst wurde eine weingeistige Losung von ,@-Bromzimmt- saure mit einem Ueherschuss von Zinkstaub zusammengebracht. Die nach einigen Minuten eintretende Erwarmung des Gemisches wurde durch Eintauchen dcs Gefasses in kaltes Wasser sistirt. Schon nach kurzer Zeit Less sich in einem Tropfen der wein- geistigen Losung nach dem Verdunnen mit Wasser durch Silbernitrat Rrom nachweisen. Die Reduct,ionsniischung wurde nun unter ofterem Scbutteln und Vert,heilen der am Boden festgebackmen grauweissen Masse ins Dunlrle gestellt.

Nach einigen Tagen wurde die Fliissigkeit abfiltrirt und der Ruckstaud mit etwas Alkohol gewaschen. Das Filtrat wurde mit kohlensaurem Natron iibersattigt und die Flussigkeit sammt Niederschlag auf dem Wasserbade erhitzt ) bis der Alkohol vollstandig verjagt war. Dann wurde auf ein Saugfilter gebracht und das Zinlrcarboiiat so lange gewaschen, bis das Waschwasser nicht mehr alkalisch reagirte.

Der den uberschussigen Zinkstaub enthaltende Ruckstand wurde mehrnials mit verdiinnter Sodalosung auf dem Wasserbade ausgezogen. Die beiden so gowonnenen Natronsalzlosungen wurden getrennt behandelt. Bei der fractionirten Fallung mit verdiinnter Schwefelsaure waren die ersten Ausscheidungen immer gewohnliche Zimmtslure ) die sich sofort krystallinisch abschied. Dann folgte ein Punkt, bei welchem der einfallende Tropfen der Schwefelsaure eine milchige Trubung hervorbrachte und nach dem Umschutteln sich deutliche Oeltropfchen erkennen Lessen. Jetzt wurde vollstandig mit Schwefelsaure gefallt und die Fliissigkeit ins Dunkle gestellt, bis die Oeltropfchen fest geworden waren. Die so erhaltenen Krystalle wurden auf einem Leinwandfilter bis zum Aufhoren der Schwefelsaurereaction im Ablauf gewaschen. Die im Dunkeln uber Schwefelsaure ge- trockneten Krystalle fingen gewohnlich schon bei 38-39O an zu schmelzen.

Page 6: Zur Geschichte der isomeren Bromzimmtsäuren und Zimmtsäuren

6 Erl earneyer, Zur Gesckichte der isornel-efi

Um die noch in Losnng gebliebene SBure zu gewinnen, wurden Filtrat und Waschwasser entweder direct oder nach den1 Sattigen niit reinem Kochsalz oder Glaribersalz niit Petroleum- ather beziehungsweise alkoholfreiem Aether ausgeschuttelt. Nach dem Abdestilliren des Lfisungsmittels blieb ein Oel zuruclr, dm oft erst nach niehreren Stunden fest ivurde.

Samnitliche so erhaltenen I<ryst,zlle wurden atis Wasser uncl nachher ans Petroliither umkrystallisirt. Die &us Wasser er- haltenen Krystalle schniolzcn bei 4P0, die aus Petroletimiither zeigten den Schnielzpunkt 45,5-4fi0, der sich auch nach wiecler- holteni Schmelzen niclit anderte, wenn man die Schnielze frei- willig erstarren liess.

Obgleiclr nun die Krystalle in Ziisammensetzung, Loslichlteit, auch Schmelzpunkt, sowie in ihrem Bedialten z u Anilin und zu concentrirter Schwefelsiiure niit der von L i e b e r n i n n n ent- deckten natiirlich yorkonimenden Isozimmtsiiure ubereinstiminten, so schickte ich doch eine Anzahl derselben an Herrn Prof. K a r l H a u s h o f e r in Miinchen zur lirystallographischeii Be- stimmung.

Zu dem inir giitigst mitgetheilten, unten folgenden Messungs- resultat schrieb e r inir noch:

,,Meine Messungsergehnisse Ihrer Krystalle stimmen in keiuer Beziehung mit den Angaben, welche Dr. F o c k iiber die L i e b e r m a n n ' s c h e Isozimmtsiiure niacht. Ueberdies giebt F o c k noch besonders a n , dass eine Spaltbarkeit nicht zii be- obachten ist ; die ausgezeichnete Spaltbarlieit Ihrer Iirystalle kann aber nicht leicht iibersehen werde,n. Sie werden bei der Betrachtung der znriickl;ommendeii Krystalle finden, dass sic anscheinend melir geworden sind; es ist die sonst fabelhafte Erscheinung nur die Folge dawn, dass ich einen der Brystalle in vier fast identische Spaltungsindividuen zerlegte. Die an- scheinend mehr prismatischen Iirystalle stininien in den Winlteln, wie in der Spaltbarkeit, endlic,h in dem optischen T'erhalten vollstiindig mit den tafelfiirmigen uberein. Ich habe ferner schon gleichzeitig mit ineiiier ersten Untersnchung Ihrer Krystalle die

Page 7: Zur Geschichte der isomeren Bromzimmtsäuren und Zimmtsäuren

Bromzinamkauren und Zimmtsauren. 7

Angaben iiber die Alloziinmtsaure verglichen , und auch hier keinerlei Beziehung auffinden kiinnen."

,,Krystallsystem: Monoklin. a : b : c = 1,146 : 1 : 2,344; ,B = 79O59'.

Dicktafelformige Krystalle der Combination (Fig. 1) : OP(OO1) = c, x P ( l l O ) = p , ocCpcr- (100)=a, Fac(O11)=n.

Die Flachen a und n treten nur sehr 6--;-B , , ,.p. , \ ..-. ..._.__.__ '_ --..i untergeordnet auf und fehlen a n den '. meisten Krystallen ganz, welche deshalb

nur Tafeln von rhombischen Umrissen Q p

Fig. 1. darstellen. Gomessen : Berechiiet:

p : c = (110):(001) = * 96037' p : p = ( l l O ) : ( l Y O ) = * 830 4' n : n = ( O l l ) : ( O l i ) = *133O10'

- -

d

a : c = ( 1 O O ) : ( O O 1 ) = 1 0 0 ° l l ' 1 0 0 ° l '

Die Krystalle sind durch eine sehr vollkommene Spalt- barlteit nach der basischen Flache charakterisirt ; dunne Spaltungsblattchen zeigen die Biegsamkeit des Talkes und lassen im Konoskop den dunlden Biischel eines Axenbildes am Kande des Gesichtsfeldes erkennen ; Ebeue der Axen die Symmetrie- ebene.<'

Hiernach scheint es ausser der gewohnlichen und den beiden L i e b e r m a n n ' s c h e n noch eine vierte Zimmtshre zu geben, welche sich aber wie die L i e b e r m a n n ' s c h e Iso- zimmtsaure sowohl in Allo- als in gewbhnliche Zimmtsaure um- wandeln liisst.

Beschreibung einiger Versuche der Reduction von ,!?-Bromximmt- siiure Glaser 's wad anschliessencl ein Reductionsversuch der

ci - Bromximmtsaure.

1 g P-Saure, 20 ccm 95 procentiger Alkohol und 1,s g Zinkstaub wurden zusanimengebracht. Nach kurzer Zeit massige Erwarmung, nach Stunde liess sich in einer mit Wasser ver-

Page 8: Zur Geschichte der isomeren Bromzimmtsäuren und Zimmtsäuren

8

dunnten Probe mit Silbernitrat. Bromsilber fallen. Nach 20 stun- digem Stehen wurde eine Stunde auf dem Wasserbade erhitzt. Nach dem Erkalten hatten sich Zinkstaub und Zinksalze fest an dem Boden des Gefasses angesetzt, so daes die Fliissigkeit klar abgegossen werden konnie. Nach dem Verdunsten des Alkohols und Zersetzen mit kohlensaurem Nat,ron wurde die wassrige Flussigkeit mit verdunnter Schwefclsaure versetzt. ES ivurden 0,3 g broinfreie Krystalle gefallt vom Schmelzp. 133O. Das Filtrat wurde niit Petroleumiither ausgeschuttelt, nach dem Verdunsten desselben blieb ein lilares Oel , das zu farblosen Krystallen erstarrte = 0,l g bei ungcfiihr 38O schmelzend. Nach dem durch Bewegen init dem Platindraht bewirkten rasehen Erstarren trat erst bei 67O wieder Schmelzung ein. Aus dem zinkstaubhaltigen Riickstande wurde nur gewiihnliche Zimmtsaure gewonnen.

Bei einem zweiten Versuche (2 g ,&Saurc, 40 ccm 9;)pro- centiger Alkohol, 3,li g Zinkstaub) wurde nicht erwarmt., sondern bei Zimmertcmperatur acht Tage stehen gelassen. Aus der al- koholischen Losung wurcle nach den1 Behandeln wie oben ein schwammiger halogenfreier Niederschlag erhalten, der bei etwa 70" schmolz. Beim Schutteln desselben mit Petroleumiither blieben Krystalle vom Schmelzp. 132O zuriick. Aus der Mutterlauge schie- den sich zunachst Krystalle ab, die nnter vorherigem Erweichen bei 95O schmolzen. Aus der abgegosscnen Mutterlauge setzten sich vierseitige klare Blattchen ab, die bei etwa 380 schmolzen.

Durch Ausschutteln des wassrigen Filtrats von der bei 700 schmelzenden Ausscheidung mit Petroleumiither wurden weitere wasserklare Krystalle erhalten, welche nach den1 Umkrystallisiren bei 44O schmolzen. Die aus der Xutterlauge hiervon ange- schossenen Krystalle schmolzen schon bei 38O. Im Ganzen wurden 0,2 g der niedrig schmelzenden Saure gewonnen. Aus dem Zinkstaubriickstande wnrde nur gewohnliche Zimnitsaure erhalt en.

Bei einem weiteren Versuche wurden 6 g a-Saure, 60 ccm 96 procentiger Alkohol und 10 g Zinkstaub zehn Tage bei Zimmer-

E r l e n m e y e r , Zur Geschichte cler isonwren.

Page 9: Zur Geschichte der isomeren Bromzimmtsäuren und Zimmtsäuren

Brornxirnmtsaurelz wad Zimmtsuuren. 9

temperatur uuter ofterem Schutteln und Vertheilen der festen Masse stehen gelassen. Aus der Natronsalzlosung des alkoho- lischen Filtrats wurden zunachst 0,6: g eines bei ctwa 1 C O O schmelzenden halogenfreicn Kiederschlags erhalten. Aus dem mit Chlornatrium gesatt,igten Filtrat wurden durch Ausschutteln mit Petroleuniather nach einander 0,s g bei 42O, 0,l g ebenso schmelzendcr und 0,3 g besouders schone wasserklare , dicke Krystalle von fast quadratischem Querschnitt gewonnen, deren Schnielzpunkt bei 43,5-4G0 lag. Bei darauffolgeuder Aether- ausschuttelung ergaben sich noch 0,05 g bei etwa 40u schmelzen- der Saure.

Das Natriumsalz aus dem Zinkstaubruckstande gab zuerst auch eine Fallung vom Schmelzp. 1 OOo. Die Petroleumaus- schiittelung lieferte 0,2 g bei 42O uncl 0,1 g bei 38O schmelzende Saure. Durch wiederholtes Ausziehen des Zinlistaubruckstandes niit Sodalosung wurden noch 0,5 g Zimmtsaure vom Schmelz- punlit 120 - 1 30° und Spuren niedrig schnielzender Saure gewonnen.

Die beiden bei etwa looo schmelzenden Ausscheidungen wurden in heissem Wasser gelost und unter Schut teln erlialten gelassen. Beim Filtriren blieb reine bei 133O schmelzende Zimmtsaure zuruck. Das Filtrat wurde mit reinem Marmorpulver geschuttelt , filtrirt und xur Trockne verdanipft, der Ruckstand mit wenig Wasser behandelt und wieder filtrirt. Die so er- haltcne Kalksalzlosung gab mit Salzsaure einc olige Ausscheidung die nach einiger Zeit zu wasserlilaren, scharfkantigen, bei 44O schmelzenden Blattchen erstarrtc. I m Ganzen wurden erhalten:

2,4 g gew. Zimmtsihre, 1,25 g zwischen 38 und 46" sclimelzende Siiure.

Diese wurde in einem Becherliijlbchen mit dcr sechsfacheii Menge Pet.rolenm (Siedep. 60- T O O ) geschiittelt und die Auf- losung durch Handwarme beschleunigt. Das mit Korkstopfen versclilossene Gefass wurde ins Dunkle gestellt. Nach ciniger Zeit trubte sich die LUsnng und schied eiii wasserklares Oel am Boden Bus. Nach zwei Stnnden waren an Stelle dieses Oels

Page 10: Zur Geschichte der isomeren Bromzimmtsäuren und Zimmtsäuren

10 E r l e m n e y e r , Zzcr Geschichte der isomeren

grosse wasserklare Krystallplatten, 3/i, em lang, l/p em breit l/& cm dick vorhanden, welche bei 43-46O schmolzen. Mit Ausnahme eines Conglomerates von 0,2 g waren die Krystalle einzeln ausgebildet.. Diese habe ich Herrn Prof. H a u s h o f e r zur krystallographischen Messung iibersandt. Die Petroleum- mutterlauge schied beim allmahlichen Verdunsten kleine farblose Blattchen Bus, die durch Uebereinanderlagerung weiss erschienen, aber bei 440 schmolzen. Nachdem diese wieder in Petroleum ge- liist waren, schied sich beim Verdunsten eine grosse farblose Platte vom Schmelzp. 440 ab. Nach einigen Wochen hatto sich aber deren Schmelzpunkt auf 55 -- 65O erhoht, ohne dass an dem Krystall eine ausserliche Veranderung wahrzunehmen war. Aus der Mutterlauge von diesem Krystall, die in verschlossenem Gefass hingestelt worden war, hatten sich nach mehreren Wochen farblose Prismen abgeschieden , die bei 64-661/,0 schmolzen. Hiernach scheint es , dass die noch in Losung gebliebene Iso- zinimtsaure sich allmahlich in Allozimmtsiiure verwandelt uncl sich, weil das vorhandene Losungsmittel nicbt ausreichte sie i n Losung zu erhalten, in Krystallen ausgeschieden hat.

Zwei Versuche mit j e 10 g ,b’-Bromzimmtsaure gleichzeitig am 17. October 1890 angesetzt and nebeneinander ins Dunkle gestellt und beide nach sechs Tagen verarbeitet , verliefen aber doch uicht ganz gleich. In der alkoholischen Losung des einen, der in eineni etwas lrleineren Becher- kolben angestellt worden (Ansatz I), war nur halb soviel Siiure i n Losung, als bei dem anderen in etwas grosserem Becher- kolben (Ansatz 2) und es ha.tte sich dem entsprechend in dem Ansatz 1 eine grossere lfenge farbloser Zinksalzkrystalle aus- geschieden, als in Ansatz 2,

Aus dem Ansatz 1 wurden 1,9 g Zimmtsaure und 3,9 g Saure vom Schmelzp. 60--68O, aus dem Ansatz 2 2,2 g Zimmt- saure und 4 g ebenfalls bei 60-6S0 schmelzender Saure erhalten.

Die niedrig schmelzendeii Krystalle wurden dreimal hinter einander j e mit der sechsfachen Menge Petroleumather unter

Page 11: Zur Geschichte der isomeren Bromzimmtsäuren und Zimmtsäuren

Anwendung der Handwarme geschuttelt. Es blieb dann nur ein sehr geringer hbher schmelzender Ruckstand. Aus den sammtlichen Abgussen wurden grossere, 1 cm lange, cm breite Krystalle erhalten, deren Schmelzpunkt bei 68-69O lag. Ein Theil davon wurde zur krystallographischen Bestimmung weg- geschickt.

Noch zwei weitere mit j e G g 8-Saure angestellte Ver- suche ergaben Bhnliche Resultate, das heisst es wurde auch nur Zimmtsaure und Allozimmtsaure erhalten , hier waren die Ansatze nur fiinf Tage stehen geblieben, die sammtlichen Saureausscheidungen zeigten sich aber bromfrei. Bei der Ver- arbeitung wurde ebenso verfahren wie bei den oben naher beschriebenen Versuchen.

Unter Anwendung von Wasser statt Alkohol wurde n u r ein Versuch ausgefuhrt :

2 g ,ti’-Bromzimmtsaure wurden rnit 3,3 g Zinkstaub und 20 ccm Wasser schnell zerrieben und in ein Becherkolbchen gespiilt. Die Mischung erwarmte sich. Da sich der Zinkstaub zu einem Klumpen xusammengeballt hat te , wnrde e r aus dem Kolben herausgenommen, in einer Reibschale zerrieben und mit 10 ccm Wasser wieder zuruckgespult. Die wieder zu- sammengeballte Masse konnte mit einem Glasstabe vertheilt werden, am nachsten Tage hatte sie sich stark aufgeblaht. Nach funftagigem Stehen wurde filtrirt, Filtrat und Riickstand wurden rnit Sodalosung behandelt. Aus dem Filtrat wurde keine Zimmt- saure gefallt, sondern nur 0,14 g bei 60-G53 schmelzende, bromfreie Saure erhalten.

Aus dem Sodaauszug des Riickstandes wurden 0,35 g Zimmtsaure bei 131-132O schmelzend zuerst gefallt , dann folgten 0,3 g bei 70-100° schmelzend, ferner wurden dnrch Aetherextraction noch 0,38 g Skure vom Schmelzp. 66-67O gewonnen. Nach dem Umlirystallisiren aus Petroleumather er- gaben sich 0,52 g bei 68O schmelzeude Allozimmsaure.

Bei der im November 1890 ausgefuhrten Reduction von G1 as e r’s a-Bromzimmtsaure wurden folgende Resultate erhalten.

Page 12: Zur Geschichte der isomeren Bromzimmtsäuren und Zimmtsäuren

1.2 E'r l enwheper , Zuu. Geschiclite der isornereiz

1 g a-Bromzimmtsaure wurde in 10 ccni 95procentigem Alkohol gelost und 1,s g Zinlistaub hiiizngesetzt. Das Gemisch zeigte keiiie Erwiirniung, aber selir bald hatte sich dcr Zink- staub fest an dem Boden angesetzt, so dass e r mit dein Glasstnbe vertheilt werden musste. Die am Glasstnbe h8ngeugebliebene Masse zeigte eiue ganz minimale Erom- reaction. Die Renctioiismasse bildete daun einen dicken Brei, dessen Bromrcaction aber am nachsten Tage kauni starker war. Nach zehri Tageii wiirde filtrirt,, dns Filt,rat mit Sodslijsulig versetzt, auf den1 Wasserbade vom Alkohol befreit und die Liisuiig von der iiusserst geringeu Menge Zinkcarbouat durchs Filter getreunt. Uer Ablauf triibt.e sich durch Schwefelsaure uur wenig , nach eiuigcr Zeit schiecleii sich halogenhaltige Xadeln ab (unveriindertc u - Bromziinnitsiiure). Uer Zinkstaub- ruclistand ergab mit Sodalosung anf den1 T.VasserLa.de behandelt beiin Filtriren eine Fltissigkeit, in melclier Scliwefelsaure eiuen scliwanimigeii Niederschlag erzeugte. Nach dem Umkrystalli- siren aus heisseni Wasser wurden 0,3 g halogenfreie bei 133O schmelzenile Zinimtsiiure erhaltcn. ALIS dem Filtrat von dem schwammigen Niederschlage wurden durch Ausschiitteln niit de ther nur nocli halogenhaltige Kadeln erhalten. Es geht daraus hervor, dass die Reductiou dcr n-Bro~i~zinimtsiiure weit schwieriger yon statten geht, als die cler ,$'-Siiore und clas Reductionslrodact gewiihnliche Zirnmtsiiure ist. Vergl. aiich L i e b e r n i a n n , Ber. d. dentscli. diem. Ges. R S , 136.

I;r,,auuud,ltpny d e i kiinsiliclieii Isozimmts~iwe in Bllozinwitsiizwe.

Bis ztim September 1890 hstte icli kleiuere Mengen (1-6 g) vou G l a s e r ' s ~-BronizinimtsBure der Reduction uuterworfen und immer iicben Zinnntsiiure iiur Isozimmtsaure erhaltcn. Als ich aber am l i . Oct.ober zwci Mal 10 g P-Brom- zimnitsjlure vou demselben PrBparat wie frulier in alkoholischer Liisung niit Ziiilrstaub zusnmmenbrachte U I I ~ das Reactions- gernisch in derselben Weise wie fruher verarbeitete, .bekam icli entweder direct Allozimmtsaore, oder die anfangs ausgeschiedene

Page 13: Zur Geschichte der isomeren Bromzimmtsäuren und Zimmtsäuren

Brornzimmtsauren und Zimnztsauren. 13

Isozimmtsaure verwandelte sich beim Herausnehmen der Krystalle aus dem Krystallisationsgefass in Allosaure, indem die voll- standig klaren Krystalle porzellanartig getrubt wurden und nun den Schmelzp. 6S0 zeigten.

Nach dem Umkrystallisiren aus Petroleumather wurden einige dieser Krystalle Herrn Prof. H a u s h of e r zur krystallo- graphischen Untersuchung zugeschickt. Diese ergab, dass die Krystalle ,,mit L ie b e r m a n n ' s Allozimmtsaure so gut iiberein- stimmen, wie man es nur verlangen kann".

E s wurde nun nach L i e b e r m a n n ' s Angaben auch das Kalksalz dargestellt. Auch dieses zeigte sich mit dem von L i e b e r i n a n n beschriebenen Kalksalz der Allozimmtsaure be- ziiglich des Krystallwassergehaltes ubereinstimmend, nur konnte das Krystallwasser nicht bei 90°, wie L i e b e r m a n n angiebt, ausgetrieben werden, sondern das Salz mnsste bis 125O erhitzt werden (@uecksilberkugel in gleicher Hiihe mit dew Uhrglas).

Es sollte nun auch das Kalksalz der Isozimmtsaure dar- gestellt werden. Dazu sollten zwei etwa vier bis funf Millimeter grosse Krystalle von Isosaure benutzt werden , welche mit vier weiteren ebenso grossen, deren Krystallform bestimmt war und deren Schmelzpunkt bei 44O gelegen hatte, an einem ruhigen dunklen Orte auf einem Uhrglase im Exsiccator auf- bewahrt worden und noch vollstandig glihzend und dnrchsichtig waren. Das Uhrglas worde aus dem Exsiccator auf den Arbeitstisch gestellt, die znei Krystalle daraus entnommen und abgewogen. Wahrend des Wagens waren die zwei Krystalle in ihrer Diagonale porzellanartig geworden, die anderen waren noch klar und wurden ins Dunkle gestellt. Dann waren aber die zuerst nur diagonal getrubten Krystalle in ihrer ganzen Masse verandert und eine Probe derselben zeigte den Schmelz- punkt der Allosaure.

Die ins Dunkle gebrachten waren aber nach einigen Minuten ebenfalls triibe geworden und schmolzen bei 68O.

Die Isosaure war entweder durch die kurze Einwirkung des Lichtes an einem sehr truben Tage oder durch die Be-

Page 14: Zur Geschichte der isomeren Bromzimmtsäuren und Zimmtsäuren

14 E 1'1 en m ey er , ZZGr Geschicltte der isomeren

wegungG) oder durch beides zugleich in Allozimmtsaure ver- wandelt worden. Merkwiirdigerweise waren einige kleinere Krystalle, welche i n einem verstopften Glase im Dunlileu auf- bewahrt worden waren, iiocli zwei Monate spater unverandert. geblieben und zeigten den Schnielzp. 44O.

L i e b e r m arm?) bat aus einer benzolischen Losung der naturlichen Isozimmtsaure durch Zusatz vou Ligroin ein in Nadeln krystallisirendes bei 83O schmelzendes Anilinsalz von der Zusammensetzung C,H,N(C,H,O,), erlialten.

Als ich die Darstellung dieses Salzes mit meiner kiinst- lichen Isozimmtsaure versuchte , niachte ich folgende Beob- acbtungen: Es schieden sich zunachst die yon L i e b e r m a n n beschriebenen Nadeln rnit alleu von ihm nngegebenen Eigen- schaften aus. Als das Filtrat voii diesen der freiwilligen Verdunstung iiberlsssen wurde , scliieden sich wieder laiigc Nadeln ab, welche ebenfdls den Schnielzp. 83O zeigten. Nach- Clem das Losungsmittel vollstandig yerdunstet war, fanden sich am Boden des Gefasses einige diclrere Krystalle vom Sclimelz- punkt 68O, die kein Anilin enthielten, sie bestanden aus Allo- zimmtsaure.

Die bei 83O schmelzenden Kadeln wurden hierauf mit Sodalosung behandelt und die Fliissiglreit , nachdem sie durch Ausschiitteln mit Aether von Anilin befreit war, mit verdiinnter SchwefelsSure versetzt. Es schieden sich Oeltropfen aus, die bei starker Ablruhlung brystallinisch erstarrten. Mit Aether aufgenonimen hinterliess die Lijsung bei freiwilliger Verdunstung Krystalle vom Habitus der Allozimmts~rire, welche bei 68" schmolzen.

Nach diesen Beobachtungeu scheint die Isozimmtsaure durcli den Einfiuss des Anilins zunachst in Allozimmtsaure iiberzugehen und diese erst mit dem Anilin das nadelformige

') Beim Rewegeu der geschmnlzeiieu Isoaimmtsiiure mit dem Platin- draht wurde regelmiissig clt+l.cn Urnwandlung in Allosiiore beob- aclitet.

') Ber. d. deutscli. cliem. Ges. 23, 2515.

Page 15: Zur Geschichte der isomeren Bromzimmtsäuren und Zimmtsäuren

Bromzimm.tsauren u ~ d Zimrntsauren. 15

saure Salz zu bilden (vergl. ubrigens L i e b e r m a n n , Ber. d. deutsch. chem. Ges. 24, 1103).

Es scheint also weder von der natiirlichen, noch von der ltunstlichen Isozimmtsaure ein Anilinsalz zu existiren.

Urnwandlung der kiinstlichen Isozimmtsaure und der Allozimrnt- saure in gewdh.nliche Zirnrntsaure.

L i e b e r m a n n 8, hat die natiirliche Isozimmtsaure durch I / , stundiges Erhitzen mit dem fiinf- bis sechsfachen Gewicht concentrirter Schwefelsaure auf 50° in gewohnliche Zimmtsaure ubergefuhrt. Als genau nach L i e b e r m a n n ’ s Vorschrift die ltiinstliche Isozimmtsaure behandelt wurde, konnte ebenfalls die 1 ollstandige Umwandlung derselben in gewohnliche Zimmtsaure constatirt werden.

Kiinstliche Allozimmtsaure wurde mit dem fiinffachen Ge- wicht concentrirter Schwefelsaure 25 Minuten im Wasserbadc erhitzt. Als nach dem Ablruhlen mit Wasser vermischt wurde, schieden sich weisse, klebrige Flocken aus, die auf einem Filter gesammelt und bis zum Auf horen der Schwefelsaurereaction gewaschen wurden. Dann wurde der Filterinhalt mit siedendem Wasser behandelt und die heisse Losung filtrirt. Auf dem Filter blieb ein gelbbraunes Harz, aus dem Filtrat schieden sich 42 pC. der angewandten Allozimmtsaure an weissen Krystallen Bus, welche den Schmelzp. 130-132° besassen.

Gleichzeitig war in ganz derselben Weise ein Versuch mit einer Probe mir von L i e b e r m a n n gutigst mitgetheilter naturlicher Allozimmtsaure ausgefuhrt worden. Auch hier wurden neben Harz 40 pC. weisse Krystalle vom Schmelzp. 130-1 32O erhalten.

In beiden FBllen wurde das Harz mit Sodalosung be- handelt , die Losung rnit verdiinnter Schwefelsaure versetzt und mit Aetber ausgezogen. Nach dem Verjagen des Aethers hinter- blieb eine weisse krystallinische Masse, deren Schmelzpunkt in beiden Fallen bei 105-116° lag. Sie wurde der geringen -

*) Ber. d. deutsch. chem. Ges. 23, 512.

Page 16: Zur Geschichte der isomeren Bromzimmtsäuren und Zimmtsäuren

16 Ertenmeyer , Zur Geschichte der iso.mere+a

Menge wegen nicht naher untersucht , war aber wahrschein- lich ein Gemenge von unveranderter Allo- mit gewohnlicher Zimmtsaure.

Umwaiduizg clcr Alloximwztsdure i i z Isoainamtslizwe.

Die Erfahrung, dass bei der Reduction der p- Bromzinimt- saure neben der Iso- resp. Allosauro stets auch gewohnliche Zimmtsaurc bald in grossereni, bald in kleinerem Verhaltniss gebildet wurde, brachte mich auf die Vermuthung, dass die Beruhrung der Iso- resp. Allosaure mit dem gebildeten Brom- zink deren Uniwandlung in gewiihnliche Zimmtsauro veranlassen konnte. Es wnrde deshalb folgender Versuch so vie1 wie moglich unter Lichtabschluss ausgefuhrt.

Einer Losung von 0,5 g Allozimmtsaure vom Schmelzp. 68c in 5 ccm Alkohol wurden 0,7 g Bromzink zugefiigt. Es loste sich sofort ohne bemerkbare Erwarmung auf. Als eine am nachsten Tage entnomniene Probe mit Wasser vermischt wurde, schieden sich Oeltropfchen aus, die am folgenden Tag krumelig erstarrt waren. Eine zweite erst vier Tage spater entnommcne Probe lieferte auf Wasserzusatz wieder Oeltriipfchen , die aber nach einigen Tagen in dicke , farblose , vierseitige Krystalle verwandelt waren, welche denen der Isozimmtsaure sehr ahnlich waren und den Schmelzp. 40-45O zeigten. Nachdem die ge- schmolzene Saure am nachsten Tage freiwillig erstarrt war und wieder geschmolzen wurde, zeigte sie denselben Schmelzpunkt ; als dann aber die geschmolzene Substanz durch Bewegen mit einem Platindraht sofort zum Erstarren gebracht war, schmolz sie beim Erwarmen erst bei 65-68O.

Nun wurde der noch iibrige Theil des Ansatzes filtrirt und in einer Krystallisirscbale mit 20 ccm Wasser vermischt. Aus dem ausgeschiedenen Oel bildeten sich nach ein paar Tagen Krystalle und nach etwa 14 Tagen war das ganze Oel in solche verwandelt. Es waren farblose , stark lichtbrechende, vierseitige Platten, theils mehr quadratisch, theils mehr langlich ausgebildet. Beide Formen besassen den Schmelzp. 40-44O.

Page 17: Zur Geschichte der isomeren Bromzimmtsäuren und Zimmtsäuren

Es kam jedoch POI', dass inanche Iirystalle schon vor der Schmelz- punlrtsbestinimung beim Herausholen mit einem Platinspatel und Abpressen zwischen Leinwand und Filtrirpapier porzellanart,ig wurden und den Schmelzponlct der Allosaare annahnien, wahrend andere, aim dem Gefiiss herausgeliolt uncl dem Tageslicht aus- gesetzt, sich dagegen tagelang unverandert erhielten. Und einige Krystalle, wekhe in der Iirystallisirschale porzellanartig ge- worden waren, zeigten sich nnch einigen Tagen wieder alle gleich hell und durchsichtig , was wohl dmch die zunehmende Concentration cler Bromzinklijsung verursacht wurde.

Ich scliiclite nun am 9. Janunr 1891 eine Anzahl der bestausgebildeten Iirystalle an Ilerrn Prof. H a u s h o f e r init der Eemerkung, dass dieselbeu bei der Anlinnft in Nunchen wahrscheinlich undorchsichtig gewordeii sein niirden, dass aber doch vielleicht noch eine Eestimmung niiiglich sei. Darauf schrieb niir Herr Prof. H a u s h o f e r am 28. Jannar: ,,Die zuletzt uber- snndten Krystalle sincl allerdings in schon ganzlich getrubtem Zu- stande angelrommen, allein ihre Flachen waren uocli liinreichend glatt, uni die Identificirung derselben nach alleii Winkeln voll- ltommen sicher vornehmcn zii lassen. Sie stiinmen in der Form volllrommen mit den Iirystallen uberein, welclie Sie mir zuerst unter der Bezeichnung einer ,,neuen Isozimmtsiiure" geschickt hatten und entsprechen daniit durcliaus Ilirer Annabme."

Damit war also aucli durch die krystallographische Uuter- suchwig bewiesen, dass die dllozimnitsii,nre unter dem Einfluss des Bromzinks in Isoziinmtsaure und nicht, wie ich rermuthet hatte, iu gewGhnliche Zimmtsaure verwnudelt wird.

Ich halte es hieriiach sogar fur wahrscheinlich, dass bei der Substitution von Rrom durch Wasserstoff i n der G l a s er'schen P-Bronizimmtsaure neben gewohnlicher Zimmtsaure zuerst Allo- zinimtsiiure gebildet w i d , welche letztere aber unter dem Einfluss von Bronizink nach eiuer gewissen Zeit in Isozimmt- siiure iibergeht. Es wurcle so auch die sonst merkmiirdige Er- scheinnng verstandlich , dass ich bei nieinen ersten Versuchen Isosaure, bei spliteren meist Allosiiure erhalten habe. Isosaure

Aiinalro der Ckemie 287. Ed. 9

Page 18: Zur Geschichte der isomeren Bromzimmtsäuren und Zimmtsäuren

18 Er 1 e "rz m e y e r , Zur Geschichte der isorneren

bekani ich, a.ls ich kleinere Quantitaten (1-6 g) @-Bran:- zimmtsaure aclit bis zehii Tage mit dem Ziiikstanb, resp. dern Bronizink in Beruhrung liess. Allosaure wurde erhalten, als 6-10 g 8-Saure niir funf bis sechs Tage zur Reaction ge- staiiden hatten. Es lasst sich denken, dass zur Uinwandlung einer griissereii Menge von Allosaure in Isosiiure eiue laugere Einwirkung des Bronizinks erforderlich ist, als zur Uiiwandlung einer geringeren Quantitat.

Bei den letzteii Versuchen liess ich, um niiiglichst rasch eine griissere Nenge Isosaure zu beliommen, das Eenctionsgemisch nur so lange stehen, bis sich die abgeschiedene Saure als coll- standig bromfrei erwies und das war nach funf bis sechs Tagen der Fall.

Die letzterwahnten Reductionsversuche, welche Allozimmt- saure ergaben, waren im October und November I890 angestellt worden, die Behandlung der Allosaure mit Broinzink erfolgte aber erst Ende December 1890 und Anfaiig Januar 1891.

Jedenfalls ist die Verwandlung der Allosaure in Isosaure unter dem Einf-luss yon Bromzink ebenso inerkwurdig und schwer erkliirlich, wie die Ueberfuhrung cler Isosaure in Allo- saure unter dem Eiiiflusse des Aiiilins.

Die beidepz [j - Browhnvntsuuregz aus Plieny!propiolsiiure uiicl Brornwnssersto f.

Wie in der Inaugural - Dissertation von H a n s S t o cli m e i e r iiiitgetheilt ist, haben wir im Jahre 1882 durch Einwirkung von BrH auf Phenylpropiolsaure eine voii den beiden G l a s er'schcn yerschiedene Broinzimmtsaure bekommen, , deren Verhalten zu Allialien sie als eine wahre 18- Broinzimmtsaure erkennen liess, ihr Schmelzpunkt wurde bei 153,j0 liegend ermittelt. Eeim Behandeln dieser Saure mit einer Liisung von Bromwasserst.off in Eisessig kam eine Saure von gleicher Zusammensetzung, aber vom Schmelzp. 159-160O zum Vorschein. Wir glaubten deshalb zwei verschiedone Bromzimmtsaiuren unter den Hfndcn

Page 19: Zur Geschichte der isomeren Bromzimmtsäuren und Zimmtsäuren

zu liaben nnd hielten beide SBuren ihres hohen Schmelzpunktes wegen fur Doppelsauren.

Fiir die erste uahmeu wir die Constitution:

fur die zweite die Constitution :

an ; xir dnchten durch den Einfluss des Broniwisserstoffs in Eisessiglosung sei in der einen Hiilfte der Doppelsiture das Brom aus der 8-Stellung in die cc-Stellung gewandert..

Spiiter haben nun N i c h a e l und B r o w n e durch Einwirkung yon BrH auf PlienylpropiolsBure direct zwei /f'-Bromzinimt- sauren erhalten, von clenen eiiie bei 158,5O, die andere aber bei 133-1 84O schmolz. Sie haben ferner gezeigt, (lass der Ester der holier schinelzenden Saure das einfache Molckulargewicht 295 besitzt, also nicht der Ester einer DoppelsBrire sein kaiiu.

Bei iifterrr Viederholuug der T'crsuche von M i c h a e l uud G r o a n e habe ich mich dann iiberzeugt, dass wir uns auch bezuglich des Schnielxp. 153,5O geirrt hntten; denn ich bekani jedes Ma1 die beideii Sauren yon M i c h a e l und B r o w n e und babe tlabei mehrfacli den Sclinielzp. 153O beobachtet, wenn die holier schmelzende Snure, deren Schmelzpunkt ich zu 1 60° bestininite, noch geringe Mengen der niedriger schnielzeiiden en thielt.

Einen Theil der hiiher schmelzenden beltani ich gleich ganz rein, wenn ich das Ileactioiisprodnct voii bei Oo gesattigter BroniwasserstoffsBure auf Phenylpropiolsiiure iiach Eiitfernuiig des anhangenden Broniwasserstoffs in 96 procentigeni Alltohol loste, diese Lijsgng bis zur lsleibeiitlen Triibnxig niit Wasser verniischte und ltingere Zeit stehen liess. Die Silure schied sich dann in deutlich ausgebildeten, breitblattrigen ICrystallen ', * -

Page 20: Zur Geschichte der isomeren Bromzimmtsäuren und Zimmtsäuren

20 E r 1 e 12 m e y e r , Zur Gesclaichte der isomeren

aus, die durch Absaugen und Waschen niit 50procentigem hlkohol leicht gereinigt nerden konnten und direct den Schmelzp. 1 60° zeigten.

Bei weiterem allmahlichen Rasserzusatz zu der Mutter- lauge der ersten Ausscheidung wurden sclion Gemenge von niedrigerem Schmelzpunkt iind ofter von 153O erhalten.

Zur Trennung der beiden Sauren habe ich von den ver- schiedeiieii von M i c h a e 1 uiid 13r o w n e angegebenen Methoden die am zweckmassigsten gefunden, a-elche auf die verschiedene Loslichkeit der Barytsalze in Wasser gegriindet ist $). Das Sauregemisch wurde in einer Losung der berechneten Meiige Natriumcarbonat gelost , niit einer titrirten Chlorbaryumlhmg wrsetzt, der Niederschlag auf dem Saugfiltcr so lange mit einer gesattigten Chlornatriumlosung, worin das Barynmsalz der hoher schmelzenden Saure loslicli ist, ausgewaschen, bis der iin Ab- lauf durch Salzsaure hervorgebrachte Niederschlag sich unter deni Mikroskop frei von Elattchen zeigte. Filtrat und Wasch- flussigkeit wurden darm mit reinem Chlornatrium gesattigt und der entstandene Niederschlag wie vorher behandelt. Filtrat uud Waschflussigkeit enthielten jetzt nur nielir die hoher schmclzende Saure.

Das ungelost gebliebene Barynmsalz der niedriger schmel- zcnden Saure wurde auf den1 Wasserbnde in moglichst wenig Wasscr gelost und das heisse Filtrat init verdunnter Clilor- wasserstoffsaure gefallt,

Der in der IIitze entstandene Niederschlag bestand nus feinen Nadelchen, welchen sich beim Erkalten langere stlrkere Kadeln zngesellten. Der Schmelzpunkt dieser Nadeln lag bei 184O. Sehr merkwiirdig ist die schon von M i c h a e l nnd

9, Niedrigcr sclimelzende SBure liisst Yicli auch reiii gewinneii, wmn man die chlorofoimische Liisung dcs Gemengcs iii einem liohen cylindrisclieii Gofiiss langsam vcrdunsteii 1Lsst. Der griissere Theil sclieidet, sich dann am Hodeii in kmzen dicken Prismen aus, wAhrend der gcriiigere Tlieil mit der hiilier schmelzenden an den Winden des GeGsses eniporrankt.

Page 21: Zur Geschichte der isomeren Bromzimmtsäuren und Zimmtsäuren

Brawuimwttsuurefi wad Zinzmtsuurelz. 2 1

B r o w n e beilaufig lo) erwahnte von niir ininier wieder beobachtete Eigenschaft dieser Saure, aus Chloroform nicht in Nadeln, sondern in kurzen ,,wurfelformigen Krystallen" resp. ,,dieken rhombischen Prismen" anzuschiessen. Einmal beobachtete ich dieselben Formen, als eine sehr verdunnte wassrige Losung der Saure langere Zeit gestanden hatte, ohne Krystalle zu zeigen. Es setzten sich dann allmiihlich die kurzen Krystalle an den Gefasswanden fest an.

Bei den funf Darstellungen, welche ich im Laufe der Zeit ausfiihrte, bekam ich jedes Ma1 die beiden Sauren von X i c h a e l und B r o w n e nebeneinander, wenn auch nicht immer in dem- selben Verhiiltniss, doch stets so, dass die hiiher schmelzende in uberwiegender Menge gebildet war. Vergl. auch L i e b e r - m a n n und S c h o l z , Ber. d. deutsch. chem. Ges. 25, 951 und L i e b e r m a n n , Ber. d. deutsch. chem. Ges. 21, 135.

Dass ich die wahren 8- Bromzimmtsauren ebenfalls auf ihr Verhalten bei der Reduction prufen wiirde, war selbst- verstandlich. Nachdeni ich nun durch Iteduction der hoher schmelzenden 1- Bromzimmtsanre - vergl. auch L i e b e rni a n n und S c h o l z loc. cit. - nach der bei der Glaser ' schen P- Bromzimmtsaure angewandten Methode neben gewohnlicher Zimmtsaure auch die bekannten wasserhellen Krystalle der Isozinimtsaure Tom Schmelzp. 44-46O und mit der yon Prof. H a u s h o f e r btobachteten leichten Spaltbarlieit bekommen hatte, dachte ich, das Schmelzpunktsverhaltniss der beiden stereomeren /3-Sauren niusse das umgekehrte sein von dem der beiden stereomeren a-Bromzimmtsanren und es miisse sich demgemhs hier die hoher schmelzende durch Erhitzen in die niedriger schmelzende verwandeln lassen.

0,7 g bei 160° schmelzende p-Bromzimmts%ure wurde in einem zugeschmolzenen Rohre drei Stunden auf 164O erhitzt. Das Rohr offnete sich mit starkem Druck, durch ein Geinisch von Kohlendioxyd und Bromwasserstoff verursacht , wie durch

lo) Ber. d. deutsch. chem. Ges. 20, 552 resp. 553.

Page 22: Zur Geschichte der isomeren Bromzimmtsäuren und Zimmtsäuren

22 Erlevarneyer, Zur Geschichte der isoineie.n.

Earytwasser einerseits und anderseits durch die stark saure Reaction des Dampfes uiid durch Silbernitrat constatirt werden konnte.

Der feste Ruckstand war von einer braunen, harzartig ge- schmolzenen Masse gebildet, in der sich aber deutlich krystalli- nisches Gefiige bemerken liess. Durch umgekehrtes Aufhangen des offenen Rolires wurden die gebildeten Gase miiglichst ent- fcrnt und dann die Reactionsniasse niit alkoholfreiem Aether behandelt. Darin loste sich alles bis auf einige schwarzbraune F’locken. Die iitherische Liisung wurde nun langere Zeit mit uberschussiger Sodalosung geschuttelt nnd so eine fast farblose Katriumsalzliisung erhalten, wahrend in deni Aether das branne Harz gelost blieb. Nachdem sich i n einer Sc1ieideburett.e die wassrige Flussigkeit vollstiindig geklart hatte, wurde sie durch ein iiasses Filter abgelassen. Dn sie uberschussiges Katrium- carbonat enthielt, wurde sie mit, Salzsaure neutralisirt. und Iiochmals filtrirt, um die geringe Neiige ausgeschiedener, etwas gelblich gefarbter Saure zii entferiicn nnd dann das Filtrat mit Chlorbaryumliisung rersetzt. Die sofort entstandene Ausscheidung vermehrte sich noch betrachtlich bejm Schutteln und Abkiihlen mit Leitungswasser. Unter dem Milrroskop zeigte sie sich aus glanzenden rhombischen Blattchen bestehend. Kach dem Reinigen wie oben angegeben uiid Trocknen wog das Salz 0,53 g. Es wurde auf dein Wasserbade his auf einen minimalen Kuckstand gelost und durch starlies Abkulileii die Losung zur vollstandigen Erstarrung gebracht. Die aus Eis und krystallisirtem Salz bestehende Masse wurde bei Zimmertemperat.ur 15 Stunden stehen gelassen. Die Krystallbldttchen wurden anf einem Leinwandsaugfilter troclien gesaugt , mit lialtem Tl’asser ge- deckt und wieder troc.ken gesaugt und das mehrmals wieder- holt, dann wurde der Trichter mit Inhalt zwei Tage in den Exsiccator gestellt. Das Gcmicht des so gewonnenen aus ein- heitlichen rhombischen Blattchen bestehenden Snlzes betrug 0,47 g, Weiin man das in der ersten Ptlutterlange und in dem Declwasser noe l enthaltene Salz in Retracht zielit, ? so lrann

Page 23: Zur Geschichte der isomeren Bromzimmtsäuren und Zimmtsäuren

Bromzimmtsauren uwl Zimmtsdure!a. 23

man sagen, dass weit uber die Halfte der hoher schmelzenden SBure in die niedriger schmelzende verwandelt wurde ; denn 0,47 g Baryumsalz entsprechen schon 0,362 g Bromzimmtsaure. Durch Zersetzen des Baryumsalzes mit Salzsaure wurden die bekannten Nadeln erhalten , welche durch Aufiiisen in Chloro- form und Verdunstenlassen neben vielen kleinen zwei grossere schon ausgebildete, glanzende, rhombische Prismen lieferten, von Tvelchen das eine 5 mni laug, 4 mm breit und ebenso dick war.

Die Mcnge der unverlndert gehliebenen Saure murde nicht bestimmt , da cine grossere Menge derselben ganz zerstiirt worden war.

Aus Clem Mitgetheilten ergiebt sicb, dass die e-Bromzimmt- snuren in der That das umgelrehrte Schmelzpunktsverhaltniss zeigen , wie die a - S l u r e n ; denn bei den ersteren entspricht d i e hiiher schmelzende, bei den letzteren die niedriger schmelzende der Allo- resp. Isozimmtsaure und beide lassen 6ich durch Erhitzen in die der gewohnlichen Zimmtsaure ent- sprechende Modification verwandeln.

Sckl ussbemerkungell.

Dnrch die im Vorstehenden mitgetlieilten Untersuchungen habe ich insofern einen besseren Einblick in die Isomeriever- haltnisse der Phenylhromacrylsluren (Bromzimmtsauren) ge- wonnen, als ich jetzt sicher weiss, dass von den boiden Brom- zimmtsauren G 1 a s e r ' s nicht nur die vonihin als a-Bromzimmtsaure bezeichnete, sondern auch die mit dem Kamen 8-Rromzimmt- saure belegte das Brom in der a-Stellung enthalt. Ihre Isomerie ist eine andere, als ich fruher glaubte, es ist nicht Constitutions- oder wie man haufig sagt, Structurisomerie, sondern Raumisomerie.

Durch meine in Gemeinschaft mit H. S t o c k m e i e r und die yon M i c h a e l und B r o w n e gemachten Beobachtungen hat sich ergeben, dass auch bei der Addition von Halogenwasser- stoff an up- dreifucli - gebundene Kohlenstoflatome in Carbon- siiuren das Halogen in die @-Stellung und der Wasserstoff in die a-Stellung tritt.

Page 24: Zur Geschichte der isomeren Bromzimmtsäuren und Zimmtsäuren

24 IE:rlelznaeyer, Zzcr Gescliiclate der isornerelz

Bei mehrfacher Wiederholung der Versuche von h l i c h aeE und B r o w n e habe ich deren Angabe bestatigt gefunden, dass zwei - ebenfalls raumisomere -- P-Bromzimmtsauren ent- stehen, wenn man bei Oo gesattigte Bromwasserstoffsaure auf Phenylpropiolsaure einwirlren lasst. Dabei habe ich mich uber- zeugt, dass das fruher als eine einheitliche Saure vom Schmelz- punkt 153,5O angesehenc Bromwasserstoffadditionsproduct der PhenylpropiolsBure ein Gemenge war ron den beiden M i c h a e 1- Browne’schen Sauren.

Durch die von M i c h a e l und B r o w i i e ausgefiihrte Dampf- dichtebestimmung des Esters der 8-Bromzimmtsaure bin ich belehrt worden, dass es ein Irrthum war, das Additionsprodact von Bromwasserstoff und Phenylpropiolskure a18 Doppelsaure zu betrachten.

Die beiden Paare raumisomerer Bromzimmtsauren sind Bronisubstitutionsproducte voii zwei raumisomeren Phenylacryl- sauren, von welchen die eine gewohnliche Zimmtsaure, die andere L i e b e r n i a n n ’ s Allozinimtsaure ist.

Bei den a -Bronizininitsauren entspricht die niedriger schmelzende, bei den ,5’-Bromzimmts&uren die hoher schmelzende der AllozimmtsBure.

Durch Erhitzen lasst sich bei den a - Bromzimmts&uren, wie schon G l a s e r nachgewiesen hat, die niedriger schmelzende in die hoher schmelzende, bei den P-Rromzimmtsauren, a i e ich gefunden habe, die hoher schmelzende in die niedriger schmelzende umwandeln.

Die AllozimmtsBure wird durcli Einfuhrung von Wasser- stoff an die Stelle ron Broni sowohl aus der niedriger schiiielzenden f r - Bromzimmtsaure , als auch aus der holier sclimelzenden ,4- Bromzimmtsaure in erster Linie gebildet. Sie lasst sich einerseits in gewohnliche Zimmtsaure, andererseits in eine weitere isomere, eiiie Isozimmtsh-e verwandeln, deren krystallographische Verschiedenheit von der von L i e b e r m a n n unter den Sauren der Cocabliitter entdecbten Isozimmtsaure durch Prof. IIaus h o f e r nxchgewiesen wordcn ist. Diese

Page 25: Zur Geschichte der isomeren Bromzimmtsäuren und Zimmtsäuren

kunstliche IsozimmtsKure lasst sicli aber in gleicher Weise wie die naturlich vorliommende I, i e b e I' in a n 11 's sowohl in 9110- als in geaohuliche ZimmtsBure iiberfiihren ll).

Wir haben also jetzt die Esistenz ron Tier raumisomeren Phenylacrylshren anzunehmen: fiir welche die Construction der entsprechentlen Raumfornieln vor der Hand wohl noch ihre Schwieriglteit haben durfte, wenn man nicht zu der Bnnahme seine Znfluclit nehmeu will, (lass zwei von den 88uren - uiid zwar wahrscheinlich gewiihnliche nnd Slloziinaits%ure - die beiden zwischeu Phenyl und Carbosyl stehenden Kohlenstoff- atome wirlrlich in cloppelter Bindung enthalteu, in den zwei anderen aber - und zwar wahrscheinlich den beiden Isozininit- siiiuren - tlieselben Kohlenstoffatome nur in einfacher Bindung st.cben, ~ ~ B b r e n d an jedem Atom noch eiue freie Affinitat vor- handen ist, wie es folgende Fornieln versinnlichen :

C H C'H ri '3 H-C'-C,H,

H4 :-POOH BC-C'OOH /I

H-C-CGHJ C!,H,-CH /' /' I /

HC-COOII i /

HC-COOH

Ich begiiiige mich mit dieser ,4itdeutung untl iiberlasse es den Meistern der Stereochemie, die wahrscheinliclisten Raum- fornieln fur die vier Phenylacrylsaureu zu ronstrIiiren.

Meine Untersuchungen haben seit dem Beginn derselben im Jahre 1890 vielfach unliehsanie Unterbrechung erfahren ; deshalb siud sie erst jetzt z u dein Abschluss gediehen, welchen zii erreichen ich niir vorgesetzt hatte. Bei den Versuchen uber die Reduction der Bromzimints~uren aurde icli haupt- siichlich durch Herrn Dr. B a i t l i e r und nachher auch noc.11 durch IIerrn Dr. 1'0 l l i t z in danlienswerther Weise uaterstiitzt.