20
Zeitschrift fttr Untersuchung der Lebensmittel Heft 4. April 1930. 59. Band Zur Methodik der raschen Bestimmung des Keimgehaltes yon Fleisch- und Wurstwaren. Von Dr. Friedrich Wilhelm Bickert. Mitteilung aus dem Reichsgesundheitsamte (Zweigstiitte ,S ch arn h o r s ts tr a~ e~'). [Eingegangen am 10. Dezember 1929.] Fiir die Beurteilung yon Fleisch- und Wurstwaren sind yon den einzelnen Li~ndern die verschiedensten Verordnungen und Bestimmungen erlassen worden mit dem Ziele, nut ein in jeder Hinsicht einwandfreies Nahrungsmittel dem u zug~nglich zu machen. Die veterin~r- und nahrungsmittelpolizeilichen Aufsichtsma~- nahmen, die yon dem Tierarzt und dem ~Nahrungsmittelchemiker ausgeiibt werden, sind -- wie ja die Praxis bisher gezeigt hat-- wohl als ausreichend zu betrachten, um eine Gewi~hr far einwandfreie Beschaffenheit des Fleisches zu bieten. Von den UntersuchungsmaSnahmen stehen die chemischen und klinischen Ver- fahren nebst der tierhrztlichen Fleischbeschau in erster Linie. Bakteriologische Unter- suchungen yon Fleisch- und Wurstwaren sind im allgemeinen seltener und werden fast nur dann vorgenommen, wenn besondere Umsti~nde es erfordern. Sie erstrecken sich dann auf Feststellung der etwaigen Anwesenheit pathogener Keime oder sonstiger krankheitsverursachender 0rganismen. Um den eigentlichen Xeimgehalt des Fleisches hat man sich aber meist wenig gekammert. Dis zu einem gewissen Grade dtirfte ja auch die Frage nach dem Keimgehalt der Fleisch- und Wurstwaren kaum eine ausschlaggebende Bedeutung erlangen. Es ist bekannt, da~ an der 0berfli~che des Fleisches sich eine grol~e Zahl yon Keimen befindet, die als Saprophyten und harmlose Luftkeime keinen Anla~ geben, sie einer besonderen Kontrolle zu unterwerfen. Trotzdem ist die Frage nach dem Keimgehalt der Fleisch-nnd Wurs~waren nicht nur theoretischer Art, wie ja die verschiedenen u auf diesem Gebiete bereits gezeigt haben. So hat Fiiel~ner ~) verlangt, da~ Fleisch mit einem sehr grol~en Keimgehalt nut als bedingt tauglich zu betrachten und nur in gekochtem Zustande abzugeben sei. Nach den Vorschriften tiber die bakteriologiscbe Fleisch- untersuchung sind TierkOrper, in deren Muskelfieischproben zahlreiche, andere Bakterien -- far Fleischvergiftungsbakterien bestehen besondere Bestimmungen -- nachgewiesen wurden, als untauglich zum Genu~ far Menschen anzusehen. 1) Mitt. a. d. Kaiser Wilhelm-Institut f. Landwirtschaft 1912, 4, 224. L. 30. 23

Zur Methodik der raschen Bestimmung des Keimgehaltes von Fleisch- und Wurstwaren

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Zur Methodik der raschen Bestimmung des Keimgehaltes von Fleisch- und Wurstwaren

Z e i t s c h r i f t fttr

Untersuchung der Lebensmittel Heft 4 . Apr i l 1 9 3 0 . 59. Band

Zur Methodik der raschen Bestimmung des Keimgehaltes yon Fleisch- und Wurstwaren.

Von

Dr. Friedrich Wi lhe lm Bickert .

M i t t e i l u n g a u s d e m R e i c h s g e s u n d h e i t s a m t e ( Z w e i g s t i i t t e ,S ch a r n h o r s ts t r a~ e~').

[Eingegangen am 10. Dezember 1929.]

Fiir die Beurteilung yon Fleisch- und Wurstwaren sind yon den einzelnen Li~ndern die verschiedensten Verordnungen und Bestimmungen erlassen worden mit dem Ziele, nut ein in jeder Hinsicht einwandfreies Nahrungsmittel dem u zug~nglich zu machen. Die veterin~r- und nahrungsmittelpolizeilichen Aufsichtsma~- nahmen, die yon dem Tierarzt und dem ~Nahrungsmittelchemiker ausgeiibt werden, sind - - wie ja die Praxis bisher gezeigt h a t - - wohl als ausreichend zu betrachten, um eine Gewi~hr far einwandfreie Beschaffenheit des Fleisches zu bieten.

Von den UntersuchungsmaSnahmen stehen die chemischen und klinischen Ver- fahren nebst der tierhrztlichen Fleischbeschau in erster Linie. Bakteriologische Unter- suchungen yon Fleisch- und Wurstwaren sind im allgemeinen seltener und werden fast nur dann vorgenommen, wenn besondere Umsti~nde es erfordern. Sie erstrecken sich dann auf Feststellung der etwaigen Anwesenheit pathogener Keime oder sonstiger krankheitsverursachender 0rganismen. Um den eigentlichen Xeimgehalt des Fleisches hat man sich aber meist wenig gekammert.

Dis zu einem gewissen Grade dtirfte ja auch die Frage nach dem Keimgehalt der Fleisch- und Wurstwaren kaum eine ausschlaggebende Bedeutung erlangen. Es ist bekannt, da~ an der 0berfli~che des Fleisches sich eine grol~e Zahl yon Keimen befindet, die als Saprophyten und harmlose Luftkeime keinen Anla~ geben, sie einer besonderen Kontrolle zu unterwerfen.

Trotzdem ist die Frage nach dem Keimgehalt der F le i sch-nnd Wurs~waren nicht nur theoretischer Art, wie ja die verschiedenen u auf diesem Gebiete bereits gezeigt haben. So hat F i ie l~ner ~) verlangt, da~ Fleisch mit einem sehr grol~en Keimgehalt nut als bedingt tauglich zu betrachten und nur in gekochtem Zustande abzugeben sei. Nach den Vorschriften tiber die bakteriologiscbe Fleisch- untersuchung sind TierkOrper, in deren Muskelfieischproben zahlreiche, andere Bakterien - - far Fleischvergiftungsbakterien bestehen besondere Bestimmungen - - nachgewiesen wurden, als untauglich zum Genu~ far Menschen anzusehen.

1) Mitt. a. d. Kaiser Wilhelm-Institut f. Landwirtschaft 1912, 4, 224.

L. 30. 23

Page 2: Zur Methodik der raschen Bestimmung des Keimgehaltes von Fleisch- und Wurstwaren

3 4-6 F . W . B i c k e r t , [Zeitschr. f. Untersuchung [ der Le])ensmittel.

Zahlenm~gige Angaben aber den Keimgehalt zubereiteten Fleisehes (ttack- fleisch, Wurst) maeht J a c o b s e n ~ ) . Nach seinen Angaben ist bei einem Keimgehalt aber 3 Milliarden je ccm bei der makroskopischen Untersuchung bereits eine bakterielle Umwandlung des Fleisches wahrzunehmen, ein Keimgehalt yon 5 0 - - 1 0 0 Millionen je ccm g~be jedoch keinen Anlai{ zur Beanstandung. W a l l ~) stellte besoudere Grunds~tze fur die bakteriologisehe Beurteilung des Fleisches auf, in denen yon dem Vorhandenseiu der Yerschiedensten Bakterien in gro~er oder kleiner Anzahl die Beurteilung ,untauglich", ,bedingt tauglieh" und ,tauglich" abh~ngig gemacht wird.

B r e w e r 3) hat bei Proben Yerschiedener Fleisehsorten, die durch ihr Aussehen oft nicht auf einen grol~en Bakteriengehalt haben schliel~en lassen, die Zahl der aeroben Keime je ccm durch das Plattenverfahren festgestellt. Abgesehen yon.den weitgehenden Schwankungen der Keimzahlen bei verschiedenen Proben aus dem gleichen Fleisehsttick war der Keimgehalt in den far den Gebraueh zubereiteten Fleischwaren~ wie ttackfleiseh, frische Wurst, gekochter Schinken u. a. am h~chsten, w~hrend Rauch- waren stets sehr niedrige Zahlen zeigten. Eigentliche pathogene Keime waren selten, vorherrschend war die Coligruppe. M a r t e l 4) hat in Schlack- und Mettwurst, selbst-wenn sie yon gutem Material in einwandfreier Weise verarbeitet waren, infolge der vielen Infektionsm6glichkeiten w~hrend der Verarbeitung stets Keime gefunden.

In anderen Arbeiten wird darauf hingewiesen, welche Ver~nderungen in Fleisch- und Wurstwaren, Konserven usw. durch Keime hervorgerufen worden sind. Aus allen diesen Arbeiten geht hervor, dal~ der Z a h l d e r K e i m e fu r d ie B e u r t e i l u n g der Fleisch- und Wurstwaren ebenfalls eine gewisse B e d e u t u n g beigelegt wird, wenn auch in erster Linie pathogene Keime hierbei in Betracht k0ramen.

Ausgehend yon der Tatsache, dal~ alle Ver~nderungen yon Fleisch-und Wurst- waren auf das Engste mit mikrobi01ogischen Vorggngen verbunden sind, ist es auch durchaus berechtigt, dem Keimgehalt etwas mehr Aufmerksamkeit zt~ widmen, als es bisher der Fall war. Es unterliegt keinem Zweifel, dal~ das auf offenen Mgrkten in allern~chster Nahe des Verkehrs zum Verkauf angebotene Fleisch in einer ge- legentlich unglaublichen Weise der Verschmutzung and Bestaubung preisgegeben ist. Untersuchungen dart~ber sind in neuerer Zeit yon Z e l l e r und B e l l e r s) angestellt worden. Auch auf die in den letzten Jahren yon Ka l l e r tG) , sowie yon G r e s s e l und G r g f e 7) ver6ffentlichten Arbeiten aber den Keimgehalt sei in diesem Zusammen- hange hingewiesen.

Obgleich aus dem bisher Gesehilderten Mar hervorgeht, dal~ gerade bei der Beurteilung yon Fleisch- und Wurstwaren d ie M i k r o b e n sowohrl n a c h Z a h l a l s a u c h n a c h P a t h o g e n i t ~ t yon ausschlaggebender Bedeutung sind, werden die Untersuchungen auf die Tauglichkeit des Fleisches in erster Linie auf chemischem Wege vorgenommen. Wenn Yon seiten der Nahrungsmittelchemie Methoden aus- gearbeitet worden sind, den Gehalt an Keimen im Fleische auf chemischem Wege zu ermitteln, so massen far die Ausschaltung bakteriologiseher Arbeitsmethoden gewichtige

1) Zeitschr. f. Fleisch- u. Milchhygiene 1922, 82, 217. ~) ~lahresber. d. Stockholmer Schlachthauslaboratoriums 1913. ~) Journ. of Bact. 1925, 10, 543. ~) gev. d'Hyg, et de Yol. sanit. 1913, 85, 11. ~) Erscheint in der Zeitschr. f. Fleisch- und Milchhyg. 1930. 8) Berl. Tier~rzfl. Wochenschr. 1928, 44, 517. ~) Berl. Tier~rztl. Wochenschr. 1929, 45, 430.

Page 3: Zur Methodik der raschen Bestimmung des Keimgehaltes von Fleisch- und Wurstwaren

59. Band. ] April 1930.] Keimgehaltsbestimmung in Fleisch- und Wurstwaren. 347

Grtinde fahrend gewesen sein. Diese Ortinde lassen sich dahin zusammenfassen , 'dal~ die bakteriologische Untersuchung yon Fleiseh far den praktisehen Betrieb zu lang-

wier ig und zu umsthndlich ist, ferner auch wegen tier notwendigen grol~en Verdtinnungen bei u kleiner Fleischmengen als Ausgangsmaterial der Untersuchung mit erheblichen Fehlerquellen behaftet ist. Diese Nachteile der bakteriologischen Unter- suehung sollten durch chemisch-biologische Verfahren, z. B. die Sauerstoffzehrung, die Nitrat- bezw. INitritumwandlung nnd die Entfhrbung yon Methylenblau aufgehoben werden.

Den yon der Kritik angegebenen Griinden tiber die Anfeehtbarkeit tier bakterio- logischen Keimzahlbestimmung mu$ jeder, der sieh mit der Methode der kulturellen Keimzahlbestimmung lange befaf~t hat, beipfliehten. Uber meine eigenen Erfahrungen mit dieser Keimz~hlmethode werde ich im Ver]aufe dieser Arbeit noch ausftihrlich berichten.

Wenn gerade die k l e i n e n Fleischmengen beanstandet werden, yon denen man bei der bakteriologischen Untersuchung ausgeht und bisher auch ausgehen mu]te, so wird damit einer der schwhchsten Punkte des Verfahrens bertihrt. Mit welchen Mengen wird denn bei der bakteriologisehen Keimzahlbestimmung gearbeitet? In weitaus der gr61~ten Mehrzahl der F~lle wird yon einer beliebigen Stelle, z. B. eines langen Muskels mit der Platin0se ein Abstrich gemaeht. Das hierbei abgestriehene Material wird in steriler Bouillon- oder physiologischer KochsalzlOsung mehr oder weniger verdtinnt und mit 1 ccm des verdtinnten Materials eine Gelatine- oder Agar- platte gegossen.

In anderen F~tllen werden his zu bohnengroSe Fleiscllstticke far die Untersuchung benutzt, die irgendwie, z. B. durch Zupfen, zerkleinert in einem fltissigen Knlturmedium aufgeschwemmt oder in Platten mit Nhhrmaterial t~bergossen werden. Nach 24 Stunden bis 7 Tagen wird die Zhhlung der gewachsenen Kolonien, tells mit unbewaffnetem Auge, teils mit Lupe oder Mikroskop vorgenommen.

Wie sehwankend der Keimgehalt dieser willktirlich gewhhlten und verarbeiteten Proben sein l~ann, geht wohl am besten daraus hervor, daf~ man bei 10 Proben desselben Fleisehes unter Anwendung verschieden groSer Yerdiinnungen und unter Benutzung yon Gelatine- und Agarplatten far 1 g Ausgal~gsmaterial bei Zhhlung mit bewaffnetem und unbewaffnetem Auge Keimzahlen bekommen kann, die eine Zahlenreihe YOn Null bis zu einigen Milliarden bilden.

I. Methode der Fieisehzerkleinerung. 1. ~4_pp ar at ur.

Bevor die eigentlichen Keimzahlbestimmungen bei Fleisch- und Wurstwaren vorgenommen werden konnten, mu~te zun~chst eine M0glichkeit bestehen, gr01~ere F l e i s c h p r o b e n in g e e i g n e t e r W e i s e p r a k t i s c h e n B e d t i r f n i s s e n en t - s p r e c h e n d zu z e r k l e i n e r n . Gr01~ere Fleischproben miissen genommen werden, um Fehlerquellen, die in der Entnahme und Yerarbeitung des Untersuchungsmateriales beruhen, auszusehalten. Die Zerkleinerung des Ausgangsmateriales mug ferner soweit gehen, da$ shmtliehe Schlupfwinkel und Verstecke yon Bakteriennestern und Einzel- bakterien geSffnet werden, mit anderen Wor'~en, die Zerkleinerung des Untersuchungs- materiales muf~ den G r S l ~ e n v e r h ~ l t n i s s e n der B a k t e r i e n e n t s p r e c h e n d zu einer weitgehenden Sprengung der Zellverbhnde ftihren.

Hier setzen meine Versuche ein. Es kam darauf an, ein Gerht herzustellen~ das grSl3ere Fleischmengen ausreichend zerkleinert, diese Arbeit schnell leistet, leicht

23*

Page 4: Zur Methodik der raschen Bestimmung des Keimgehaltes von Fleisch- und Wurstwaren

34~ F . W . B i c k e r t, {Zeitschr. f. Untersuchuag [ der Lebensmittel.

steri l isierbar und nicht zu teuer ist. Die Versuche fiihrten yon band- und maschinell betriebenen Mt~rsern fiber die verschiedenen Systeme von Fleiseh- und Organpressen, wie sie bei tier experimentellen Tumorzfichtung Verwendung finden, zur Kugelmfihle. Es ~urde eines der vielen im Handel befindliehen Modelle benutzt und far den vorliegenden Zweek umgebaut.

M6rser, Pressen und ahnliche Zerkleinerungsmasehinen ftihrten deshalb zu keinem befriedigenden Ergebnis , weil bei ihnen teils neue InfektionsmSglichkeiten des zu untersuchenden Materiales gegeben waren, teils der Grad tier Zerkleinerung nicht ausreichte oder sonstige Schwierigkeiten in der Steril isierbarkeit , Arbeitsdauer usw. auftraten. Die Kugelmtihle dagegen ist in allen ihren Einzelheiten sehr leicht zu fibersehauen, zeiehnet sieh durch einfache Handhabung aus und bedarf w~brend tier Arbeit

K u g e l m f i h l e yon seitwSrts oben gesehen. Zylindrische Trommel zur Aufnahme yon 4 PorzellantSpfen. In der Mitte eine wasserdicht eingeftigte Muffe zur Aufnahme der .~-chse. Der mit einer Gummi-

dichtung versehene Deckel wird durch 6 einfache Versehltisse gehaltenl).

keiner besonderen Kontrolle; die eigentlichen Aufnahmegef~fle far das Untersuchungs- material sind aus Porzellan - - Ausschluf~ irgendwelcher oligodynamischer Wirkung - - leieht sterilisierbar, keimdicht abzuschliefien und schfitzen daher vor etwaiger Infektion w~hrend der Untersuchung. Das Ger~t ist auf~erdem ffir viele andere Zwecke verwendbar.

Die Zerreibung des Untersuchungsmateriales im Innern der PorzellangefhSe wird dureh Porzellankugeln bewirkt, wobei der Zerreibungseffekt noch durch Zusatz irgend- eines indifferenten scharfkantigen Materiales gesteigert werden kann.

Durch die Rotation der Kugelmiihle werden die Porzel!angef~ge um ihre eigene Achse gedreht und dadurch die Porzellankugeln gezwungen~ dauernd an der Innenwandung des Porzellantopfes entlang zu rollen.

Durch die vt}llige Absperrung des Untersuehungsmateriales in den Porzellant0pfen "con tier Au6enwelt ist eine bakteriel le Verunreinignng w~hrend des Zerkleinerungs- prozesses ausgeschlossen. Die im Innern der PorzellantSpfe vorhandenen Keime kOnnen somit nur aus dem jeweils zerkleinerten Material stammen.

1) Die Kugelmtihle wird geliefert yon t ier ,Labag", Laboratoriums-Ausrfistungs-Gesell- schaft, Berlin .NW 6, Luisenstral~e 51.

Page 5: Zur Methodik der raschen Bestimmung des Keimgehaltes von Fleisch- und Wurstwaren

59. Band. 1 Keimgehaltsbestimmung in Fleisch- und Wurstwaren. 349 April 1930.J

Der Antrieb der Kugelmtihle erfolgt durch einen Elektromotor, dessert Umdrehungs- zahl durch ein Vorgelege und einen Regulierwiderstand auf 60 bis 300 Umdrehungen je Minute reduziert werden kann.

2. A r b e i t s g a n g . Die mit diesem Geri~t nunmehr vorzunehmenden Versuche umfa6ten: 1. Die Auswahl eines geeigneten Zerkleinerungsmittels: 2. die Ermittelung des optimalen Misehungsverhaltnisses zwischen Untersuchungs-

material and Zerkleinerungsmittel, 3. die Feststellung der praktischen Bedarfnissen gerecht werdenden Zerkleine-

rungszeit and Umdrehungszahl der Kugelmtihle. An Z e r k 1 e i n e r u n g s m i t t e 1 kommen neben den Kugeln nur solche in Betracht, die

i n d i f f e r e n t gegeniiber Bakterien, s c h a r fk a n t i g (zur Sprengung der Zellverbi~nde), dureh i~u6ere Form als solches l e i c h t e r k e n n b a r sind, um Verwechslungen zu vermeiden, and durch Fliissigkeiten keine Veriinderungen erleiden, wodurcb freigemachte Bakterien infolge etwaiger Ballungs- oder Sedimentierungsvorghnge sich der Zi~hlung entziehen. Die zu diesem Zwecke benutzten, in anderen Fallen recht brauchbaren Materialien, wie Schlemmkreide, Kieselgur usw. sind ungeeignet, weil sie der einen oder anderen Forderung nicht entsprechen. Am zweckdienlichsten ist Q u a r z s a n d , der noch den Vorteil hat, dab man ihn durch Ausgltihen yon allen etwa anhaftenden chemisch wirkenden Stoffen befreien kann, sehr hart and scharfkantig ist~ sich leicht im mikroskopisehen Bilde yon anderen Bestandteilen des zerkleinerten Untersuchungs- materiales unterscheiden li~l~t nnd durch sein eigenes relativ hohes Gewicht sehr bald in einer Aufschwemmung zu Boden sinkt, ohne andere Bestandteile, insbesondere Bakterien mit sich zu reil~en.

Bei diesen Versuchen hatte sich schon gezeigt, dab ft~r die Zerkleinerung yon Fleisch nicht nur ein geeignetes Reibmittel (Quarzsand) erforderlich ist, sondern auch eine gewisse Fltissigkeitsmenge. Die Versuche zur Ermittelung des o p t i m a l e n M i s e h u n g s v e r h i ~ l t n i s s e s dehnten sich daher aus auf die Menge des dem Unter- suchungsmaterial zuzusetzenden Q u a r z s a n d e s , sowie der jeweils erforderlichen F l a s s i g k e i t .

Um einen einheitlichen 0berbliek fiber diese Mischungsfrage zu erhalten, wurde bei allen ~rersuchen fett- and sehnenfreies Rindfleisch genommen, das in einer sterilen Hackmaschine zerkleinert wurde. Unter Benutzung steriler Instrumente und unter Beachtung der far keimfrei%s Arbeiten bekannten VorsichtsmaBregeln wurden Proben yon je 20 g Gewicht entnommen.

Ausgeglfihter Quarzsand wurde in jeweils verschiedenen Mengen in den Porzellan- t0pfen mitsterilisiert, desgleichen aueh je 20 Porzellankugeln far jeden Topf.

Als dem Mahlproze~ zuzusetzende F 1 ti s s i g k e i t wurde sterile physiologische Koch- salzlSsung benutzt~ well sie bei bakteriologischen Arbeiten als indifferent bekannt ist.

Untersuchungsmateri~l war stets die 20 g-Probe, der jeweils 20 4 0 - - 6 0 - - 8 0 g Quarzsand und 2 0 - - 4 0 - - 6 0 - - 8 0 ccm KochsalzlOsung zugesetzt wurden.

Als Z e r k 1 e i n e r u n g s z e i t wurde zunachst eine Stunde angenommen bei einer Umdrehungszahl yon 120 je Minute. Nach Ablauf der Zerkleinerungszeit wurde der Fltissigkeitsgehalt in allen T0pfen gleiehmii6ig auf 200 ccm Kochsalzl(~sung aufgeftillt. Darauf wurde dureh nochmalige 15 Minuten lange Rotation der Kugelmiihle eine vSllige Durchmischung des Topfinhaltes erzielt.

Page 6: Zur Methodik der raschen Bestimmung des Keimgehaltes von Fleisch- und Wurstwaren

[Zeitschr. f. Vntersuchung 350 F . W . B i c k e r t, [ der Lebensmittel.

Von dem durchmischten Material wurden je 10 ccm entnommen und in sterile Reagensgl~ser gebraeht, yon denen numnehr mit den entsprechenden u drei Gelatine- oder Agarplatten zur sphteren Keimzhhlung angelegt wurden. Die gewhhlten Verdannungen entspraehen unter Beraeksiehtigung der bereits nach Abschlul~ der Zerkleinerung in jedem Topf vorhandenen Verdt~nnung 20:200 in Wirklichkeit einer Verdt~nnung yon 1 : 1000- - 1 : 10 0 0 0 - - 1 : 100 000 ft~r 1 g Fleiseh.

Die Z ~ h l u n g der gewaehsenen Kolonien erfolgte nach 48 Stunden unter dem Mikroskop. Es wurden durchschnittlieh auf jeder Platte 100 Gesiehtsfelder gezhhlt.

Um dem Einwand einer etwaigen Keinwermehrung whhrend der Zerkleinerung in dem denkbar gt~nstigen Ng~hrboden zu begegnen, war zu der Kugelmt~hle efn besonderer Deckel angefertigt worden, der es gestattete, die ganze Trommel mit einer E i s p a e k u n g zu ~ersehen. Whhrend der ganzen Versnchsdauer konnte auf diese Weise die Temperatur yon 0 ~ konstant beibehalten werden.

In den folgenden Tabellen sind Versuehe wiedergegeben, die den Einflug yon Quarzsand und Koehsalzl6sung a u f den Zerkleinerungsgrad des Fleisehes und damit auf die Erschliegung des Gesamt-Keimgehaltes sehr deutlieh erkennen lassen.

Bei tier Betraehtung der naehstehenden Keimzahlen sowohl for ein Gesichtsfeld als aueh umgereehnet auf 1 g Fleiseh ist zu bert~cksiehtigen, dag die Ergebnisse der einzelnen Yersuche nicht direkt miteinander vergleichbar sind, weil die jeweiligen Proben immer yon einem anderen Fleisehstack stammen. Augerdem ist bei dieser Gelegenheit darauf hinzuweisen, da6 die Keimzahien mittels der kulturellen Platten- zhhlmethode gewonnen worden sind. Wieweit diese Zahlen als riehtig betrachtet werden dt~rfen, welche Einwhnde gegen die Anwendung dieser Z~hlmethode gerade bei Flt~ssigkeiten mit hohem Keimgehalt sprechen, darauf soll in einem sphteren Abschnitt ausft~hrlich eingegangen werden.

Versuch 33. A u s g a n g s m a t e r i a l : Rindfleisch in steriler Hackmaschine zerkleinert; 20 g Probe

in sterilem Porzellantopf gemahlen. Z e r k l e i n e r u n g : 1 Stunde bei 120 Umdrehungen je Minute Und 0~ nach beendeter

Zerkleinerung Aufffillen auf 200 ecm Fltissigkeit und nochmal 15 Minuten Durehmischen.

i Koch- ~3m je Keimzahlen Probe ~?aan~ z- salz- Ver- umgerechnet !lOsung dfinnungen Gesiehts- auf

g ~c 1 : feld 1 g Fleisch

129 20 20 1 000 3,91 8,2 �9 106 10 000 3,18 ~ 66,8.104

100 000 1,87 392,7 �9 106 1 000 000 0 , 6 3 1323,0- 106

130 2 0 - 1 000 2,78 5,8 �9 106 10 000 1,84 38,6 �9 106

100 000 1,12 235,2 �9 106 1 000 000 0,45 945,0 �9 106

131 6 0 ~ 1 000 2,04 4,3 �9 106 10 000 1,42 29,8 �9 106

100 000 0,70 147,0- 106 1 000 000 0,39 819,0 �9 106

13~ 8 ~ ~ - 2 ~ 0 1 000 1,37 2,9.106 10 000 0,96 20,2 �9 106

100 000 0,40 84,0 �9 10 s 1 000 000 0,21 44i,0 �9 106

Page 7: Zur Methodik der raschen Bestimmung des Keimgehaltes von Fleisch- und Wurstwaren

59. B a n d . 1 April 1930.1 Keimgehaltsbestimmung in Fleisch- und Wurstwaren. 351

Die Untersuchungsergebnisse sind ohne Ber~icksichtigung des widersprechenden u der Ergebnisse der einzelnen Verdtinnungen z u betrachten.

Das besondere Kennzeichen des Versuches 3 3 i s t ~in dem U b e r s c h u f ~ an Qua r z s a n d gegenaber der Kochsalzl0sung zu erblicken.: Yergleicht man Probe 129 und 132 miteinander, so sieht man, dal] be i g l e i e h b l e i b e n d - e r F l t i s s i g k e i t s - m e n g e und s t e i g e n d e m l )be r s c hu l ~ an Q u a r z s a n d d f ? . d u r c h d e n M a h l - prozef~ e r s c h l o s s e n e K e i m m e n g e a b n i m m t .

u 35. A u s g a n g s m a t e r i a l : Rindfleisch in steriler Hackmaschine zerkleinert; 20 g Probe

in sterilem Porzellantopf gemahlen. Z e r k l e i n e r u n g : 1 Stunde bei 120 Umdrehungen je Minute und 06; nach beendeter

Zerkleinerung Aufffillen auf 200 ccm Flfissigkeit, danach 15 Minuten Durchmischen.

Quarz- Koch- Probe sand salz-

15sung g ccm

t

137 20 80

139

140

~ e r - dfinnungen

1:

1000 10 000

100 000 1 000 000

1 000 10 0oo

100 000 1000 00o

1 000 10 OOO

100 000 1 o00 000

1 000 10 000

100 000 1 000 000

Keimzahlen

je Gesichts- feld

6,84 6,91 4,23 3,87

5,79 5,40 4,61 3,55

4,91 4,02 3,54 2,99

4,16 3,75 2,80 1,87

umgerechnet auf

i g Fleisch

14,4.106 145,1 �9 106 888,3 �9 l0 s

8127~0 �9 106

12,2 �9 I0 n 113,4- l& 968,1 �9 106

7455,0.10 ~

10,3- 106 84,4.10"

743,4.106 6279,0.106

8,7" 106 78~8- 106

588,0" 106 3927,0" 106

Auch bier haben wir bei gleichbleibender Flfissigkeitsmenge w e c h s e ln de M e n g e n Q u a r z s a n d , die jed0ch zum Unterschied mit Yersuch 33 vorwiegend kleiner sind als die Fliissigkeitsmenge. Probe 137 und 140 lassen ebenfalls erkennen. dal~ d ie E r s c h l i e g u n g d e r K e i m e n i c h t y o n d e r ~ [ e n g e des Q u a r z : s andes~ s o n d e r n yon d e r i m U b e r s c h u l ~ v o r h a n d e n e n F l t i s s i g k e i t s m e n g e a b h ~ n g t .

Zu demselben Ergebnis fiihrt auch der folgende Versuch 37 S. 352. I n diesem u ist zu zwei verschiedenen Mengen (20 und 40 g) Quarzsand

je einmal die doppelte Flassigkeitsmenge (40 and 80 ccm) und je einmal die Hhlfte (10 und 20 ccm) Koehsalz!~sUng zugesetzt worden. Da in diesem Versueh die vier Proben von demselben Fleische stammten, ist ein Vergleich tier einzelnen Keimzahlen schon eher m6glich, wenn man yon den durch die hohen u bedingten Ungenauigkeiten absieht.

Das Ergebnis auch dieses Versuches l~gt sieh dahin zusammenfassen, d a g F l t ~ s s i g k e i t im U b e r s c h u g dem Q u a r z s a n d z u g e s e t z t d i e K e i m e r - s c h l i e g u n g s t e i g e r t .

Page 8: Zur Methodik der raschen Bestimmung des Keimgehaltes von Fleisch- und Wurstwaren

352 F . W . B i c k e r t , [Zei tschr . f. Untersuchung / der Lebensmittel.

Versuch 37. A u s g a n g s m a t e r i a l : gindfleisch in steriler Hackmasehine zerkleinert; 20 g Probe

in sterilem Porzellantopf gemahlen. Z e r k l e i n e r u n g : 1 Stunde bei 120 Umdrehungen je Minute und 0~ nach beendeter

Zerkleinerung Auffrillen auf 200 ccm Fliissigkeit, danach 15 Minuten Durchmischen.

Quarz- Koch-[ Keimzahlen salz- J Ver-

i diinnungen je Gesichts- umgerechnet Probe sand 15sung feld auf g ccm I 1 : 1 g Fleisch

|

145 20 40 1 1 000 4,31 9,! �9 106

I I0 000 3,69 77,5 �9 106

100 000 2,84 596,4- IO s 1 000 000 1,95 4095~0 �9 106

146 - ~ - ~ - 1 000 2,44 5,1 �9 10 B I0 000 1,99 41,8.106

100 000 1,26 264,6- 10" 1 000 000 0,75 1575,0" 106

147 40 80 1 000. 5,84 12,3 �9 10 ~ 10 000 4,97 104,4- 106

100 000 4,00 840,0.106 1 000 000 3,40 7266,0- 10 ~

148 ~ 0 ~ ~ 1 000 2,80 5,9.10 6 10 000 2,18 45,8 �9 106

100 000 1,73 363,3 �9 106 1 000 000 1,09 2289,0 �9 10"

Nunmehr mul~te noeh Aufschlul~ gesucht werden tiber den Einflug der Z e r -

k l e i n e r u n g s d a u e r und der U m d r e h u n g s g e s c h w i n d i g k e i t . U m d i e prakt isch ausreichende Zerk le inerungsdauer zu ermitteln, wurden u wie folgt, ausgefi ihrt :

Von einem Fleischstf iek wurden vier Proben entnommen, in je einen steri len

Porze l lan topf gegeben, der berei ts 20 g Quarzsand und 80 ecru KochsalzlSsung ent- hielt. Nach l/2-strindiger Zermahlung wurde aus Probe 213 Mater ia l zur Ke im-

z~hlung entnommen~ der Flf issigkeitsgehalt auf 200 ecru aufgefiillt und die Probe wieder in die Kugelmrihle zurackgestel l t . Naeh 1 - - 2 - - 3 - - 4 Stunden wurden jedes- real je 10 ecm Mater ia l zur Keimzahlung entnommen.

In entspreehender Weise wurde mit den anderen Proben verfahren, jedoch mit dem Untersehied~ dal~ die Auffrillung auf 200 cem Flrissigkeit immer zu einem

sphteren Zei tpunkte erfolgte. In der folgenden Tabel le sind nu t die Ergebnisse der u 1 : 1 0 0 0

wiedergegeben~ um die Tabel le t ibersichtl icher zu gestalten:

Versueh 54. A u s g an g s m a t e r i a 1 : Rindfleisch in steriler Hackmaschine zerkleinert. F r i l l u n g d e r T 5 p f e: Je 20 g Fteisch, 20 g Quarzsand und 80 ecru KoehsalzlSsung. Z e r k l e i n e r u n g : Bei 120 Umdrehungen und 0 ~

Keimzahlen ftir 1 g Fleisch, errechnet aus der Zerkleinerungs- Verdrinnung 1 : 1000, der Proben zeit in Stunden

Probe 213 214 215 216

�89 I 2 3 4

6,0.106 11,1 �9 106

9,6- 106 9,2 �9 106 9f t . 106

8,8 �9 106 10,8- 106

9,7 �9 106 9,7 �9 l0 s

7,9.106 10,0.106

9,5- 106 7,4- 10 6 9 , 9 . 1 0 6

Page 9: Zur Methodik der raschen Bestimmung des Keimgehaltes von Fleisch- und Wurstwaren

59. Band. ] April 1930.] Keimgehaltsbestimmung in Fleisch- und Wurstwaren. 353

Die erstgenannte Zahl jeder Probe ist der Gehalt an erschlossenen Keimen bei einer Flassigkeitsmenge von 80 ccm. Die folgenden Zahlen dagegen sind nach Auf- fiillung der Fliissigkeitsmenge auf 200 ccm gewonnen; z. B. die Probe 213 lief 112 Stunde mit der Ftillung 20 g Fleisch~ 20 g Quarzsand und 80 ccm Kochsalz- l(}sung. Feststellung des Keimgehaltes (6,0. 106). Nach Zusatz,von weiteren 120 ccm KochsalzlSsung erfolgte Fortsetzung des Zerkleinerungsprozesses. ~Nach einer Stunde~ d.h. also ~/~ Stunde nach Aufftillnng auf 200 ccm be, trug der Keimgehalt 11,1 • 106. Die Probe 215 lief mit der Ansgangsmischung 2 Stunden in der Kugelmiihle; es erfolgte Feststellung des Keimgehaltes (7 ,9 .106) und nach Auffallung auf 200 ccm Fortsetzung des Mahlprozesses (10,0. 106).

Besonders betont werden muB, dal~ im Yerlaufe des ganzen u die gleichbleibende Temperatur yon 0 ~ vorhanden war, also eine Keimvermehrung wohl auszuschliefien sein dtirfte~ wie ja auch aus den nur Igeringen Untersehieden 6,0 bis 8~8--7~9--7 ,4 �9 106 hervorgeht.

Der u lehrt: 1. dab die Keimzahl in engem Zusammenhang mit der Fliissigkeitsmenge steht,

also die Fltissigkeitsmenge yon ansschlaggebender Bedeutung far die Keimerschliei~ung ist, 2. da~ es gleichgiiltig ist, ob das Ausgangsmaterial (mit 80 ccm KochsalzlOsung)

1 / 2 - 1 - 2 oder 3 Stunden zerkleinert wird, oder ob nach Fltissigkeitsauffallnng auf 200 ccm KochsalzlOsung der Zermahlungsprozel~ auf 1 - - 2 - - 3 oder 4 Stunden aus- gedehnt wird~

3. daft bei zeitlicher Ausdehnung des Zerkleinerungsprozesses nach vollzogener Aufftillung auf 200 ccm Fltissigkeitsmenge die Keimzahl abnimmt. Es diirfte gerade diese Fests te l lung ein Beweis daftir sein~ daft eine durch Wachstum bedingte Keim- vermehrung bei dieser u nicht eintritt.

Die Umdrehungszahl der Kugelmtihle~ die sich durch entsprechende technische Einrichtungen innerhalb welter Grenzen variieren li~fit, betrug in vorstehender Ver- suchsanordnung 120 je Minute. Steigert man die Umdrehungszahl auf 300 je Minute, so wird der Zerkleinerungseffekt nicht erh6ht, reduziert man die Dreizahl auf 60 je Minute, so wird das Untersuchungsmaterial nicht mebr zerrieben, sondern durch die Kraft der zurtickfallenden Porzellankugeln auf das mit Quarzsand gemischte Fleisch zerdrtickt.

L i ~ t man in einem Versuche jede der 4 Proben mit gleicher Beschickung der Porzellant0pfe bei verschiedenen Drehungszahlen der Kuge]mtihle jeweils 1 Stunde laufen, so erhi~lt man folgendes Ergebnis:

Versuch 69. A u s g a n g s m a t e r i al : Rindfleiseh in steriler Hackmaschine zerkleinert. F t i l l u n g d e r T S p f e : Je 20 g Fleisch, 20 g Quarzsand und S0 ccm KochsalzlSsung. Z e r k 1 e i n e r u n g : Je 1 Stunde bei verschiedener Umdrehungszahl ; Temparatur 0 ~

Keimzahl, errechnet fiir 1 g Fleisch aus der Ver- Probe dfinnung 1:1000, bei den Drehungszahlen je Minute

60 120 200 300

273 274 275 276

3 , 9 . 1 0 e 1 0 , 7 . 1 0 6 m

9,9 �9 10' 9,1 �9 10 ~

Page 10: Zur Methodik der raschen Bestimmung des Keimgehaltes von Fleisch- und Wurstwaren

354 F.W. B i c k e r t, [Zeitschr. f. Untersuchuag [ der Lebensmit te l .

In diesem Versuche ist ohne weiteres der erhebliche Unterschied des Zer- kleinerungseffektes bei verschiedenen Drehungszahlen der Kugelmfihle zu ersehen. Praktischen Zwecken tri~gt am besten die Drehungszahl 120 je Minute Rechnung.

~. Zusammenfassung der Ergebnisse.

Aus den Ergebnissen der bisherigen Versuche lassen sich folgende Erfahrungen ableiten:

1. Far die Erschliel~ung des Keimgehaltes yon Fleisch mit Hilfe der Kugel- mtihle mul~ alas Mischungsverhi~ltnis so gestaltet werden, dal~ die Flfissigkeit gegen- fiber dem Untersuehungsmaterial und dem Zerkleinerungsmittel (Quarzsand) im (~ber- schul~ vorhanden ist.

2. Die Zerkleinerungsdauer yon 1 Stunde ist ausreichend.

3. Die Drehungszahl der Kugelmiilile von 120 je Minute entspricht praktischen Bedfirfnissen.

Es ergibt sich daraus ffir die weiteren Versuche folgende Anordnung:

Von dem in der sterilen Hackmaschine zerkleinerten Fleisch werden je 20 g in sterilem Porzellantopf mit 20 g sterilem Quarzsand und 80 ccm steriler physiologischer KochsalzlSsung 1 Stunde lung bei einer Drehungszahl yon 120 jr Minute und einer Temperatur yon 0 ~ zermahlen. Danach erfolgt Aufffillung auf 200 ccm Flfissigkeit mit steriler physiologischer Kochsalzl0sung und nochmalige 15 Minuten dauernde Durchmischung des Topfinhaltes in der Kugelmt~hle. iNunmehr kann Material zur Keimzi~hlung entnommen werden.

3. E n t f e t t u n g .

Es kam nun darauf an, diese Methode der Zerkleinerung auctl bei anderem )r als fe t t -und sehnenfreiem Rindfleisch auf ihre Brauchbarkeit zu prfifen. Schweine- und Hammelfleisch lassen sich~ wie entsprechend den bisher geschilderten Versuchen vorgenommene Beobachtungen ergeben haben, ebenfalls gut und hinreichend zerkleinern; dasselbe ist auch yon den verschiedenen Wurstarten, einschlie~lich Hart- wurst, zu sagen.

Da unter Umsti~nden die Leberwurst durch ihren besonders hohen Fettgehalt den ZerkleinerungsprozeS infolge Zusammenballung yon Fett mit dem Quarzsand und anderen Bestandteilen des Topfinhaltes vielleicht ungtinstig beeinflussen kOnnte, wurden Versuche unternommen, Leberwurst vor der Zerkleinerung erst zu entfetten. Als Entfettungsmittel steht ja eine Reihe bekannter Stoffe zur Verffigung, es kam jedoch darauf an, festzustellen, ob und in welchem Umfange die Mikroben in ihren Lebensi~ul~erungen durch diese Entfettungsmittel gehemmt werden.

Yon einer 24-stfindigen Colikultur wurde 1 ()se roll Keimmaterial in 1 Liter steriler physiologischer Kochsalzl0sung aufgeschwemmt und durch Schtitteln mit Glas- perlen eine gleichmht~ige Suspension erzielt.

In mehreren Reagensgli~sern wurde eine bestimmte Menge dieser Coli- aufschwemmung mit bestimmten Mengen eines Fettlbsungsmittels (Ather, Chloroform, Benzol usw.) zusammengebracht, zerstfickelt und nach bestimmten Zeiten je 1 ccm zur Herstellung yon Gelatine-Mischplatten ftir die sphtere Keimzi~hlung entnommen.

Page 11: Zur Methodik der raschen Bestimmung des Keimgehaltes von Fleisch- und Wurstwaren

59. Band. ] Keimgeh~ltsbestimmung in Fleisch- und Wurstwaren. 355 April 1930.J

Entfettungsversuch 4.

B a k t e r i e n a u f s c h w e m m u n g : 1 0se 24-stfindige Colikultur (C.) in 1 1 physiologiscber steriler KochsalzlSsung.

F e t t l S s u n g s m i t t e h Athyl~ther.

Verdfinnung

1:10

1:100

1:1000

Ein- wirkungszeit ' des ~thers

Minuten

1 2 3 5

10 1 2 3 5

10 1 2 3 5

10

10 Tle C. + Tle. )[ther

1 490 000 1 400 000 1 410 000 1 590 000 1 500 000 2 240 000 2 100 000 2 000 000 2 300 000 2 300 000 25~ ooo

4 300 000 4 800000 5 000 000 4 000 000

Keimzahlen aus den Mischungen

9 Tie. C. + 1 T1. )~ther

1 200 000 1 000 000

750 000 180 000 22 000

1800 000 1 300 000 1 000 000

300 000 750 000

3 600 000 3 000 000 2 600 000

700 000 80 000

8Tle. G . + 5Tle. G . + 2 Tle. )~ther 5 Tle. J~ther

900 000 150 000 650 000 200 000

95 000 12 000

1 300 000 460 000 900 000 350 000 120 000 28 000

2 800 000 650 000 2 000 000 3 000 000

550 000 25 000 2 100 000 1 000

47 000

2 Tle. G . + 8 Tle.P[ther

16 000

23 000

91 000

Dieser Versuch, der aus einer Reihe yon Entfettungsversuchen heransgegriffen ist, zeigt in anschaulicher Weise, dal~ der Zusatz yon J~ther zu einer Bakterien- aufschwemmung sowohl mit zunehmender Einwirkungszeit als auch mit zunehmender Menge des Eutfettungsmittels die Lebens- bezw. Entwickelungsfhhigkeit der Keime in erheblichem Grade herabsetzt. Die bereits in der bakteriologischen Literatur ~iber den Einflul~ h0herer Kohlenwasserstoffe auf die Lebens~ul~erungen der Mikroben mit- geteilten Untersuchungen 1) lassen eine eindeutige Stellungnahme nicht erkennen. Da auch aus den Ergebnissen meiner Versuche sich ein Mares Bild aber ein unterschied- liches Yerhalten yon Ather, Chloroform, Tetrachlorkohlenstoff, Benzin und Benzol nicht erkennen lhl~t, im ~ibrigen diese Frage nur bei der Entfettung der Leberwurst in Betracht k~me, babe ich das hier angeschnittene Gebiet einer besonderen Be- arbeitung vorbehalten.

Die Versuche zur Ermittelung des Keimgehaltes bei Leberwurst ergaben o h n e E n t f e t t u n g einen Keimgehalt yon 0 ,5 .109 his 14,0- 109 je g Leberwurst. Diesen Zahlen steht bei m i t J~ther e n t f e t t e t e r Leberwurst (Entfettungsmittel im Ver- h~ltnis 1:5 zugesetzt, 2 Minuten Einwirkung) ein Keimgehalt yon 0 ,5 .103 bis 9 ,0 .109 gegent~ber. INimmt man an, dal~ durch das Entfettungsmittel entsprechend dem vorstehend gesehilderten Versuche etwa nur 50% der Keime lebensf~hig bleiben, so whre mit einem tats~chlichen Keimgehalt bei Leberwurst yon 1,0 �9 109 bis 18~0.109 ~u rechnen, der also in nicht erheblMlem Grade die Keimzahlen der nicht entfetteten Leberwurst abertrifft.

Um die Untersuchungen auf den Keimgehalt der Fleisch- und Wurstwaren nieht lurch komplizierte Entfettungsmethoden umst~ndlicher zu gestalten, babe ich in den ~eiteren Versuchen yon einer Entfettung Abstand genommen,

1) J u n g e b l u t in Zentralbl. Bakteriol. I, 1922, Orig. 88, 562.

Page 12: Zur Methodik der raschen Bestimmung des Keimgehaltes von Fleisch- und Wurstwaren

356 F . W . B i c k e r t, Zeitschr. f. Untersuchtmg der Lebensmitte[.

II. K e i m z a h l b e s t i m m u n g mit der ku l ture l l en P la t t enmethode .

Mit der auf S. 3 4 7 - - 3 5 0 geschilderten Methode wurden insgesamt 800 Fleiseh- proben, yon denen je 4 yon demselben Fleischstticke stammten, zerkleinert und das Material in den verschiedenen Yerdtinnungen auf je 2 Platten zur kulturellen Keim- zahlbestimmung ausgesht. Bei etwa 50 Versuchen erfolgte die Aussaat des zerkleiner- ten, keimhaltigen Materiales in denselben Verdiinnungen zur selben Zeit auf je 2 Gelatine- und Agrarplatten, in der Annahme, auf diesem Wege zu branchbaren Keim- zahlen zu kommen.

Versuch 163.

A u s g a n g s m a t e r i a I : 20 g Rindfleisch in steriler Hackmaschine zerkleinert. F i i l l u n g der T 5 p f e : 2 g Fleisch, 20 g Quarzsand, 80 ccm KochsalzlSsung. Z e r k l e i n e r u n g : 1 Stunde bei 120 Umdrehungen je Minute und 0~ danach Auf-

ffillen auf 200 ccm KochsalzlSsung und 15 Minuten Durchmischen.

Probe

649

650

651

652

Verdfinnungen

1:

1 000 10 000

100 000 1 000 000

10 000 000 1 000

10 000 100 000

1 000 000 10 000 000

1 000 10 000

100 000 1 000 000

10 000 000 1 000

10 000 100 000

1 000 000 10 000 000

Keimzahl 1) ffir 1 g Fleisch bei Aussaat auf

Gelatine

.~,0" 166 19,4" 106 68,0" 106

213,0" 106

10,0" 106 15,1" 106 28,1" 106

] 57,0" 106

9,9" 106 14,4" 106 31,5" 106

236,0" 106

5,2" 106 16,8" 106 29,6' 106

193,0" 106

Agar

3,0" 106 9,2" 106

37,8' 106 100,8" 106 336,0-106

5,1.106 7,4" 106

21,8" 106 84,0' 106

558,0" 106 8,0" 106 9,0" 106 9~3" 106

42,0' 106 252,0" 106

3,1" 106 5,7" 106 5,9" 106

67,8" 106 336,0" 106

Der u l i~t in eindeutiger Weise erkennen, daft das Keimwachstum und damit die Bildung yon Kolonien auf den Gelat ine-Plat ten sehr viel besser ist und rascher verli~uft als auf den Agarplatten. Nach 48 Stunden ist durchweg in der Gelatine fast die doppelte Zahl yon Kolonien (gelegentlich noch mehr) gewaehsen als auf dem Agar. Es erheben sich somit folgende Fragen:

1. Welchen Nhhrboden solI man zur Keimaussaat benutzen? 2. Warm soll man die gewachsenen Kolonien zi~hlen? 3. Wie soll man die Kolonien zi~hlen, mit unbewaffnetem Auge, mit der Lupe

oder unter dem Mikroskop? Damit ist eine Unsicherheit in der kulturellen Plattenzi~hlmethode bertihrt, die

in Verbindung mit den noch aufzufiihrenden weiteren Fehlerquellen kaum dazu bei-

J) Die Zghhng erfolgte bei beiden Plattenarten nach 48 Stunden.

Page 13: Zur Methodik der raschen Bestimmung des Keimgehaltes von Fleisch- und Wurstwaren

59. Band. ] April 1930.J Keimgehaltsbestimmung in Fleisch- und Wurstwaren. 357

tragen dtirfte, der Plattenzhhlmethode noch weiterhin die Bedeutung zum mindesten bei stark keimhaltigen Flt~ssigkeiten einzur~umen, die ihr bisher zuteil geworden ist.

Bei der Zusammenstellung der gesamten u und der Auswertung tier tiber 5000 Zhhlergebnisse babe ich folgende immer wiederkehrende Beobachtungen gemacht:

1. Mit steigenden Verdtlnnungen nehmen die ftir 1 g Fleisch errechneten Keim- zahlen zu.

2. Bei gleichzeitiger Aussaat desselben Materiales auf Gelatine- und Agarplatten stimmen die Keimzahlen for 1 g Fleisch nicht tiberein, auch nicht innerhalb derselben Verdannung.

3. Die yon einigen Autoren angegebene Schwankungsbreite der Fehler yon 30% wird weit ~iberschritten.

Im folgenden soll versucht werden, diese Erscheinung zn erklhren, h=ach mathe- matischen Regeln dtirften in einer keimhaltigen Fltissigkeit, wenn bei der Verdt~nnung 1:10 je Gesichtsfeld 20 Keime gez~hlt werden~ in der Verdtlnnung 1:100 nur 2 Keime je Gesichtsfeld zu erkennen sein. Es w/~re damit ohne Rticksicht auf den Grad der Verd~innung stets derselbe Keimgehalt je ccm bezw. je g des Ausgangsmateriales ge- whhrleistet. In Wirklichkeit ist aber bei den Verdtinnungen 1 : 1 - -1 : 10- -1 :100 bis 1:1000 das YerhMtnis der Keime je Gesichtsfeld niemals 1--0,1--0~01---0,001 vor- handen. Da jedoeh bei den sehr grol~en Yerdannungen hochkeimhaltiger Fltissigkeiten~ z.B. 1:1 000000--1 : 10000000 und mehr, die geringsten Abweichungen der Keim- zahlen je Gesichtsfeld von der mathematisch zulhssigen Zahl dureh die Multiplikation mit dem jeweiligen Verdtinnungsfaktor ins l~iesenhafte gesteigert werden, ist in der aberwiegenden Mehrzahl der FMle mit zunehmenden Verdannungen eine VergrSl~erung des Keimgehaltes je ccm des Ailsgangsmateriales zu beobachten.

Warum ist aber die Verteilung der Bakterien bei dekadischer Verdtinnung nieht entsprechend ebenfal]s eine dekadische? Diese Frage dtirfte wohl einer exakten Be- antwortung unzug~nglich sein. Als Grundtatsache der Keimzhhlung mit der kulturellen Plattenmethode wird angenommen~

1. dal] es sieh stets um lebende~ vermehrungsfhhige Keime handelt, 2. dal~ alle Keime zu Kolonien auswaehsen, ohne Rticksicht darauf, ob das

jeweilige Nhhrsubstrat auch ftir alle Keime geeignete Waehstumsbedingungen liefert, 3. da6 aus jedem Einzelkeim auch eine Kolonie entsteht und jede Kolonie auf

nur einen Keim zurtickzuftihren ist. Das sind jedoeh Voraussetzungen, die durehaus noch einer genauen Beweis-

ftihrung bedtirfen. Versetzt man sich nur in die GrSl~enordnung der Mikroben, so kann es bei einer stark keimhaltigen :Fi~issigkeit sehr wohl m~glich sein~ da6 noch so genau durchgeftih~e .u und Abmessungen nicht eine entsprechend ge- naue Verteilung tier Bakterien bedingen. Bis zu einem gewissen Grade ist der Yer- gleich zulhssig mit der theoretisch ermittelten BevSlkerungsdichte eines Landes und der tats~chlich je Fliicheneinheit vorhandenen Einwohnerzahl. Das eigenartige Ver- halten in der Keim~:erteilung d~irfte ein erneuter Hinweis darauf sein, dal3 in dem biologischen Geschehen mathematische Gesetzmh6igkeiten zu den Ausnahmen zu z~hlen sind. Ferner ist darauf hinzuweisen, dab der , ,Keimzahl" im absoluten Sinne bei den verschiedensten Beurteilungen z. B. der Milch~ des Wassers~ der Abwhsser usw. meist eine v ie l zu grol~e B e d e u t n n g beigelegt wird.

Auf das versehiedenartige Verhalten der NhhrbOden selbst, Gelatine und Agar, habe ieh bereits oben hingewiesen. Selbst wenn man die yon H e s s e und

Page 14: Zur Methodik der raschen Bestimmung des Keimgehaltes von Fleisch- und Wurstwaren

~ 5 ~ F . W . B i e k e r t , [Zeitschr. f. Un~ersuchun~ [ der Lebensmittel.

Nie d-ner ') geforderte Entwickelungszeit yon 21 .Tagen auf Agar inneh~lt und bei Zhhlungen an frt~heren Zeitpunkten die prozentualen ZUschlhge macht, ist eine l~ber- einstimmung der Keimzahlen auf Gelatine und Agarplatten selbst innerhalb derselben Verdfinnung nicht zu gewinnen.

Wenn gelegentlich Autoren yon einer Fehlerbreite yon 30% bei der Keim- z~hlung mittels der knlturellen Methode spreehen, so dfirfte das entweder darauf zurt~ckzuffihren sein, dal~ nicht ausreichende und vielseitige gersuchsergebnisse vorgelegen haben oder aber mit einem Material yon geringem Keimgehalt gearbeitet worden ist.

Immer mehr Stimmen werden laut, die die Richtigkeit der mit dieser Methode ermittelten Keimzahlen anzweifeln und vor einer zu grol3en Bewertung der ,,Keim- zahlen" warnen, z. B. Breed2) . Kfirzlich hat M u n t s c h 3) in einer Arbeit ~hnliehe Ausft~hrungen fiber die Keimzhhlung gemacht. W~hrend ich mit vOllig unbekannten Faktoren gearbeitet habe, wechselndem Keimgehalt und versehiedenen Keimarten, hat M u n t s c h mit ziemlieh konstanten GrSgen seine Versuche durchgeffihrt. Er benutzte stets dieselben Keime (Bacterium coli) in einer Aufschwemmung yon ziemlich gleich- bleibender Konzentration (eine Ose in 1 Liter steriler physiologischer KoehsalzlGsung). Auch M u n t s c h kommt zu dem Ergebnis, dab die Keimz~thlung mit der kulturellen Plattenmethode bei hoehkeimhaltigen Flfissigkeiten wegen der erforderlichen weit- gehenden Verd~innungen ungeeignet ist.

Die Berechtigung dieser Anschauung ist durch folgende z a h l e n m ~ g i g e Nach- p r t~fung seiner Versuche h i n s i c h t l i c h t ier R a u m v e r h h l t n i s s e gegeben: Die in tier Literatur 4) angegebenen GrSl~en ffir das Bact. coli, deren Bestimmungen z. B. mit Hilfe mikrophotographischer Aufnahmen sehr ]eicht m~glich ists), betragen 1- -5 # L~nge und 0~4--0,7 /~ Breite. Der Rauminhalt einer Platin~se yon 2 mm Durch- messer und 0,7 mm Drahtdicke betr~gt 2,198 cmm. Die Form eines Bact. coli gleicht einem plumpen, an beiden Enden abgerundeten Sthbehen; man kann also ohne einen wesentlichen Fehler die Gestalt eines Zylinders zugrunde legen. Aus diesen Daten ergibt sich somit eine Zahl yon 2 - -1~ Milliarden Colikeimen je 0se. Berfick- sichtigt man ferner, dal~ die Bakterien aber eher einer Spindel als einem Zylinder gleichen, und dab sie eine in gewissem Sinne deformierbare Masse sind, die sich ohne Zwischenraumbildung aneinander pressen lhl~t, so kommt man zwangslhufig auf noch hGhere Zahlen. Diese genannten Zahlen gehen weit fiber die Annahme der Keimzahl einer NormalGse hinaus, rechnet man doch mit einem Gehalt yon nut 200 Millionen Colikeimen je 0se.

Aus dem bisher fiber die K e i m z ~ h l u n g m i t de r k u l t u r e l l e n P l a t t e n - m e t h o d e auf Grund meiner auf breitester Basis ausgeft~hrten Z~thlungen Gesagten komme ich zu dem Schlug, dab die Brauchbarkeit dieser Methode b e s o n d e r s b e i h o c h k e i m h a l t i g e m M a t e r i a l sehr fraglich, wenn nicht zu verneinen ist.

III. Keimzahlbestimmung durch Vergleichsz~hlung. Wenn man aber eine Methode aus irgend einem Grunde als ungeeignet ffir den

vorliegenden Zweck erkennt, wird man versuchen, etwas anderes, besseres an deren

1) Zeitschr. f. Hygiene 1906, 53, 259. 3) Amer. Journ. of Public Health 1927, 606. a) Zentralbl. Bakteriol. [, 1929, Orig. 114, d~38. ~) Vergl. Ko l l e und He t s ch , Experimentelle Bakteriologie. 7. Aufl., Berlin 1929. 5) Vergl. L i n d n e r in Zeitschr. f. teehnische Biologie 1920, 8, 4~7.

Page 15: Zur Methodik der raschen Bestimmung des Keimgehaltes von Fleisch- und Wurstwaren

59. Band. ] April 1930.J Keimgehaltsbestimmung in Fleisch- und Wurstwaren. 359

Stelle zu setzen. Auf der Suche nach einer geeigneten Zhhlmethode mul]te man sich zunhchst fragen, welche Methoden der Keimzhhlung auf m i k r o s k o p i s c h e m Wege bereits vorhanden sind. Es kommen far diesen Zweck folgende Verfahren in Betracht:

I. D i r e k t e M e t h o d e n . 1. Zahlung tier Mikroorganismen in der Z a h l k a m m e r , entsprechend der

Zahlung yon BlutkSrperchen. 2. Methode nach Klein1) : Die auf ihren Keimgeha]t zu untersuchende

Bakteriensuspension wird zunaehst durch Zusatz yon Farben im ganzen gefarbt. Dann wird der Inhalt einer 0se auf der 0berflhche eines Deck- glases ausgestrichen, dessert Flache bekannt sein muB. Aus den GrbBen: 0seninhalt, Deekglasoberfl~che~ GrOl3e und Zahl tier durchmusterten Ge- sichtsfelder und Summe der gez/~hlten Bakterien l~i~t sich tier Keimgehalt je ccm errechnen.

lI. I n d i r e k t e M e t h o d e n . 1. Methode nach WrightS) : Von einer Flfissigkeit mit bekanntem Zellgehalt

ausgehend (z. B. an roten BlutkSrperchen) kann man aus dem Verhhltnis der gezhhlten Keime zu der Zahl der BlutkSrperchen den Keimgehalt je ccm berechnen.

2. Methode nach Fr ies2) : Der Keimgehalt wird ebenfalls dutch VerhMtnis- z~hlung mit einer Standardfltissigkeit yon bekanntem Zellgehalt ermittelt. Als Standardflassigkeit wird eine Aufschwemmung yon Hefezellen benutzt.

Ich babe mit diesen Methoden fortgesetzt Zhhlversuche gemacht mit folgendem Ergebnis : :-

1. Die Z/~hlung yon Bakterien in der Z h h l k a m m e r zeichnet sich durch einen au~erordentlichen Grad yon Genauigkeit~ besser gesagt; in tier IJbereinstimmung mehrerer Zahlungen desselben Materials aus. Ich habe zur Zi~hlung eine Aufschwemmung yon Staphylokokken benutz L die 1 Stunde bei 700 gehalten worden war. Zu 5 ccm dieser Aufschwemmung gab ich 1 Tropfen Carbolfuchsin. Nach 15 Minuten Einwirkung des Farbstoffes beschickte ich mit dem Material eine Zahlkammer nach T h o m a - Zeil~. Nach 2 Minuten begann ich mit der Zhhlung. Bei der Zhhlung derartig kleiner Objekte macht sich unangenehm bemerkbar, daft die 0bjekte in verschiedenen Ebenen liegen und bei der Tiefe der Zahlkammer yon 0,1 mm ein dauerndes Spielen der Mikrometerschraube erforderlich ist. Dadurch wird eine Unruhe in das Zellbild hineingebracht, die keineswegs zur FSrderung tier Genauigkeit beitragt. Da die Zahlung der Bakterien in der Zhhlkammer unter Zuhilfenahme sehr starker Trocken- systeme infolge der Kleinheit der zu zahlenden Gebilde immerhin eine besondere Anstlengung far das Auge bedeuteL wird diese Anstrengung des Auges durch die oben genannte Unruhe noch vergrSl3ert, sodal~ eine sehr rasche Erm~idung die Folge ist. Die Genauigkeit der Zhhlung ist also in erhebliehem Grade abhangig yon der GrOL~e und damit der Sichtbarkeit tier Bakterien.

Far e i n z e l n e Zahlungen darfte die direkte Kammerz/~hlung .geeignet, far r e g e l m h l 3 i g e Zhhlung yon Bakteriensuspensionen mit verschieden hohem und verschiedenartigem Keimgehalt aus oben genannten Grtinden jedoch nicht zu emp- fehlen sein.

~) Zentralbl. Bdk~eriol. Abt. I, Orig., 1900, 27, 834. e) Zentralbl. Bakteriol. Abt. I, 1921, Orig. 86, 90.

Page 16: Zur Methodik der raschen Bestimmung des Keimgehaltes von Fleisch- und Wurstwaren

360 F . W . B i c k e r t , Zeitschr. f. Untersuchung der Lebensmittel.

Kt~rzlich hat S t e i n e r 1) eine neue, gerade fftr die Z~hlung yon Bakterien ge- eignete Kammer angegeben. Der u dieser Kammer gegent~ber den bereits vor- handenen zur Blutk6rperehenz~hlung benutzten Kammern ist die geringere Tiefe, die nur 0~01 mm betr~gt. Dadurch ist das ZMfien yon Bakterien wesentlich erleichtert, well die Objekte nieht mehr in so vielen, ~ibereinander gelegenen Bildebenen verteilt sind.

Die Ansicht S t e i n e r ' s jedoch, da~ die Z~hlung yon Bakterien nunmehr sehr erleichtert sei und keine Ermt~dung ft~r das Auge bedeute, kann ich allerdings nicht ganz teilen. Zweifellos ist ein gewisser Fortschritt gegen~ber der alten Z~hlkamraer zu verzeichnen, aber die Ausftihrung regelm~Biger Z~hlungen eines nmfangreichen Materiales ist damit noch nieht wesentlich vereinfacht. Auf die Genauigkeit der Z~hlungen komme ieh unten (S. 363) noch zu sprechen.

2. Die yon K l e i n angegebeue Methode der Keimz~hlung auf dem Deckglase yon bekannter 0berfl~che birgt eine geihe yon Fehlerquellen in sich, die dutch das Zusammenspiel der einzelnen Faktoren: 0seninhalt, Deckglasoberfl~che, Gr61]e und Zahl der durehmusterten Gesichtsfelder und Summe der gez~hlten Bakterien sehr leieht zu erheblichen Ungenauigkeiten fahren.

Ich habe diese Methode in der Ab~nderung yon B e a t t i e 2) benutzt, die auf einen 0bjekttr~ger zun~chst ein Feld yon 3 qcm abgrenzt und darauf 0701 ecm des Untersuchungsmaterials auftragt und naeh erfolgter Fixierung f~rbt.

Diese u die ieh im Zusammenhange mit der Frage der f~rberischen Differenzierung toter und lebender Bakterien angestellt babe, ergaben zahlenm~13ig keine so gute Ubereinstimmung der Z~hlergebnisse wie bei der direkten Z~hlung mit der Kammer.

3.Die M e t h o d e n n a c h W r i g h t und F r i e s kt~nnen gemeinsam behandelt werden, da beide auf dem Prinzip der u beruhen. W r i g h t benutzt als Standard- flt~ssigkeit eine Suspension yon roten Blutk6perehen, F r i e s eine solche yon Hefezellen.

Die Herstellung der BlutkSrperchensuspensionen ist zun~chst technisch sehr um- stg, ndlich, die fertige Suspension ist in ihrer Haltbarkeit zeitlich sehr begrenzL und, um genaue Ergebnisse zu erhalten~ ist eine jedesmalige Ermittelung der Blutk~rperchen- zahl in der Raumeinheit erforderlich.

Die u einer Suspension yon Hefezellen ist dagegen schon zweck- mhfiiger. Ihre Herstellung ist einfach und die Haltbarkeit der Suspension durch Zusatz yon Carbols~ure sehon wesentlich verlhngert. Beide Yergleichszellen (BlutkSrperchen und Hefe) sind aber im VerhMtnis zu den zu z~hlenden Bakterien sehr grofi. Es ist leicht mSglich, daft sieh die kleinen Keime unter der gro~en Yergleichsstelle ver- steckt der Z~hlung entziehen. Aufierdem haben beide Methoden den Nachteil~ da~ sie die Z~hlung am fixierten Prhparat vornehmen. Sowohl bei vor als auch nach der Fixierung erfolgender Fhrbung ist ein Niederschlag yon Farbsubstanzen nicht mit Sicherheit auszuschliel~en. Bei der dann sp~ter vorgenommenen Zhhlung kann es zu unangenehmen Verweehselungen kommen, wobei Farbniederschl~ge entweder mitgezhhlt oder Bakterien irrtamlich ausgelassen werden.

IV. Eigene Methode der Keimzahlbestimmung. Diese versehiedenen M~ngel der genannten Z~hlmethoden gaben Veranlassung,

die Vergleichszhhlung mit wesentliehen Ab~nderungen vorzunehmen~ namlich

~) Zentralbl. Bakteriol. I, 1929, Orig. 113, 306. ~) Americ. Journ. of Public Health 1927, 1031.

Page 17: Zur Methodik der raschen Bestimmung des Keimgehaltes von Fleisch- und Wurstwaren

59. Band. ] April 1 9 3 0 . ] Ke imgeha l t sbes t immung in F le i sch- und Wurs twa ren . 361

1. mit einer Vergleichszelle, die in ihrer Gr61]e nicht allzusehr yon den zu z~hlenden Objekten abweicht, und

2. nicht mit dem fixierten, sondern dem fl•ssigen Pr~parat zu arbeiten. Die Yersuche, eine Standardfl~ssigkeit mit einem der BakteriengrS~e nahe kom-

menden Testmaterial zu schaffen, begannen damit, Staphylokokken wegen tier charak- teristischen Form des einzelnen Individuums irgendwie so zu f~rben~ da~ sie, z. B. schwarz, den vielleicht rot zu f~rbenden Keimen der Untersuchungsflassigkeit gegen- ~ibertreten. Alle Versuche, dieses Ziel mit Farbstoffen zu erreichen, selbst nach vor- ausgegangener Beizung, schlugen fehl~ well bei l~ngerem Stehen der Standardfl~ssigkeit den gef~rbten Testkeimen der Farbstoff entzogen wurde, sodal] bei der Kontrasffarbung mit Fuchsin die Testkeime ebenfalls rot erschienen,

~unmehr versuchte ich, an Stelle yon Staphylokokken saprophytische Sporen zu benutzen. Sporen haben anderen Bakterien gegenaber den u dal3 sie schon durch ihre Form und Gestalt im mikroskopischen Bilde leicht zu erkennen sind. Um das Auslaugen tier Farbe bei l~ngerem Stehen zu vermeiden, versuchte ich, die Sporen mit Metallverbindungen zu impr~gnieren und durch nachfolgende Reduktion eine gewisse ,Metallisierung" der Sporen zu erzielen.

Zu diesem Zwecke benutzte ich eine mehrere Tage alte Kultur saprophytischer Sporen~ die auf Abwesenheit yon Wuchsformen gepraft worden war. Auf den auf dem Schr~gagar befindlichen Kulturrasen wurde vorsichtig eine kalt ges~ttigte Silber- nitratli)sung aufgegossen~ und nach 3 - -5 Minuten langer Einwirkung wieder entfernt. W~hrend der Einwirkung des Silbernitrats nehmen die oberen Schichten des Agars eine well'lithe Farbe an. Es d~rfte dieser Farbumschlag auf die Einwirkung ~r im ~hrboden enthaltenen Chloriden auf das Silbernitrat zur~ickzufahren sein. ~ach erfolgter Behandlung des Kulturrasens mit Silbernitrat mu~ ein mehrmaliges (6--8-real) Abspfile n mit sterilem, zweimal destilliertem Wasser vorgenommen werden~ um letzte Spuren yon Silbernitrat, welche nicht in die Mikroorganismen oder in den ~hrboden selbst eingedrungen sind, zu entfernen. Diese V~orsichtsmal~nahme ist deshalb efforderlich, well Reste yon Silbernitrat mit dem nachfolgenden Reduktions- mittel einen Niederschlag ergeben kSnnten~ der sich bei der sp~teren Z~hlung uriah- genehm bemerkbar machen w~irde.

Die Reduktion des in die Mikroorganismen eingedrungenen Silbernitrats erfolgt durch eine L6sung ~on 2 - - 4 g Pyrogalluss~ure und 5 ccm Formalin (40%) zu 100 ccm sterilem doppelt destilliertem Wasser. Unmittelbar nach dem Zusatz dieser wasser- hellen Reduktionsfl~ssigkeit zu dem mit Silbernitrat angereicherten Sporenrasen tritt eine tiefschwarze Verf~rbung ein, die bei l~ngerem Einwirken der Reduktionsflfissigkeit auch die vorher durch Chlorsilber wei~lich gefarbten Schichten des Agars umlaut.

Auch die Reduktionsflassigkeit ist durch nochmaliges SpOlen mit sterilem doppeltdestilliertem Wasser zu entfernen, um alle freien Bestandteile der chemischen Agenzien unwirksam zu machen.

Da~ die tIerstellung yon Silbernitrat- und Reduktionsl6sungen, ferner das Ab- sp~len der Kultur am zweckm~igsten mit z w e i m a l destilliertem sterilem Wasser erfolgt~ ist darin begrandet, da~ in gew0hnlichem destilliertem Wasser gelegentlich doch noch Spuren irgendwelcher st6render Stoffe enthalten sein k6nnen.

Die Behandlung der Sporen nach vorstehender Methode auf dem Kultursubstrat hat den Vorteil, dal~ man das Sporenmaterial, da es mit einer gewissen Festigkeit an dem Nahrboden haftet~ ohne allzugrol~e Verluste zusammenhalten kann, was bei einer

L. ~o. 24

Page 18: Zur Methodik der raschen Bestimmung des Keimgehaltes von Fleisch- und Wurstwaren

362 F .W. B i e k e r t, [Zeitschr. ~. Untersuchung [ der J~ebensmittel.

Behandlung des abgesehwemmten Kulturrasens auf ~Filtern nieht so gut mSglieh ist. Der ,metallisierte" Sporenrasen kann dann mit einer Platinnadel vorsiehtig abgenom- men werden. In einer mit Glasperlen geftillten Schtittelflasche erfolgt sodann die Umwandlung des zusammenh~ngenden Sporenrasens zu einer gleiehm~13igen Suspension.

In Ausstrichpr~paraten sind die Sporen sehr deutlich zu erkennen, sowohl dureh ihre Form, als auch dureh die tiefsehwarze Konturierung. Bei Misehprhparaten mit Staphylokokken und Colibakterien, die mit den verschiedensten Farbstoffen behandelt wurden, heben sich in dem z. B. mit Fuehsin rot gef~rbten Pr~parat zwischen den Kokken nnd Sthbehen die versilberten Sporen sehr deutlieh und einwandfrei erkennbar hervor. Eine u mit irgendwelehen Bakterien oder Fremdk0rpern ist nicht mSglieh.

Da bei gew6hnliehen Ausstriehpr~paraten die F~rbung entweder vor oder naeh der Fixierung vorgenommen wird, kann bei der Troeknung ttberstehenden Farbstoffes gelegentlieh eine Ausf~llung vorkommen. Derartige Parbniedersehl~ge, besonders die kleinen und dann reeht zahlreiehen, geben sehr leieht zu Verweehselungen Anlag, da sie nnter Umst~nden als Bakterien mitgez~hlt werden k0nnen. Da auch bei der Her- stellung -con derartigen Troekenpr~paraten der Objektgrnnd meist aueh den ent- spreehenden Farbton zeigt, und dadureh sowohl die Z~hlung tier Keime, als aueh die Differenzierung yon etwaigen Farbniedersehl~gen ersehwert, habe ieh reich ent- sehlossen, das flt~ssige Prg.parat in folgender Weise zu verwenden:

Die auf ihren geimgehalt zu untersuehend~e Flt~ssigkeit (9 Teile) wird mit tier Standardflt~ssigkeit (1 Teil) gemiseht. Dieses Gemiseh wird dureh Zusatz tines Tropfens Carbolfuehsin gef~rbt: Naehdem die Farbe einig~.; Minuten eingewirkt hat, wobei die Sporen unver~ndert sehwarz und alle anderen Bakterien rot erseheinen, wird naeh tt~ehtigem Durehmisehen mit der Pipette 1 Tropfen der gef~rbten Flassigkeit auf einen gut gereinigten Objekttr~ger gebraeht und mit einem Deekglase bedeekt. Unter An- drtwken des Deekglases auf den Objekttr~ger wird ersteres raseh mit Waehs umrandet. In dieser allseits gesehlossenen Kammer ist der Inhalt "~or irgendwelehen Fltissigkeits- bewegungen und Austroeknungserseheinungen geseht~tzt. Da die Fl~issigkeit nur in einer tiberaus dt~nnen Schieht sieh zwisehen Deekglas und Objekttr~tger befindet, wird trotz des Farbzusatzes die Durehsiehtigkeit in keiner Weise beeintr~ehtigt. Ein Aus- fallen yon Farbstoff ist wegen der vorhandenen Flassigkeit nieht m0glieh. Die zu z~hlenden Bakterien und Testsporen sind klar und eindeutig erkennbar.

Die Erreehnung des Keimgehaltes (x) der zu untersuehenden Flt~ssigkeit erfolgt naeh folgender Formel:

u tier Testflfissigkeit Summe tier gez~hlten Bakterien x~ X xK. Volumen der Bakterienflfissigkeit Summe der gez~hlten Testkeime

In dieser Formel bedeutet K eine Konstante, nhmlieh den Keimgehalt der Testflassigkeit je eem.

Da es sehr leieht ist, dureh entspreehende Verdtmnungen sieh eine Test- bezw. Standardflassigkeit mit weehelndem Gehalt an Testkeimen herzustellen und den tat- s~ehliehen Gehalt in der Z~hlkammer zu ermittelm ist man stets in der Lage, das Misehungsverhhltnis der Test- und der zu untersuehenden Bakterienflassigkeit so zu gestalten, dal~ auf einen Testkeim etwa 5 - -8 Bakterien kommen. Kommen bei der Zahlung in dem flassigen Praparat mehr a l s 15 Bakterien anf einen Testkeim, so besteht die Gefahr, dag beide Z~hlobjekte nicht gleiehm~fiig verteilt sind.

Page 19: Zur Methodik der raschen Bestimmung des Keimgehaltes von Fleisch- und Wurstwaren

59. Band. ] April 1 9 3 0 . J Keimgehaltsbestimmung in Fleisch- und Wurstwaren. 363

Die Standardfltissigkeit wurde an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen in der S te ine r ' schen Zghlkammer gez~hlt, ebenso auch zum Vergleich in der T h o m a s - Zeig 'schen Kammer. Die Zahlen in der Ste iner ' sehen und der T h o m a s - Z e i B - schen Kammer verhalten sieh wie 3 :1 . Diese seheinbare Mehrzghlung bei tier S te iner ' sehen Kammer l~gt sich darauf zurt~ckft~hren, dab bei der geringen Tiefe dieser Kammer yon nur 0,01 mm die zu z~hlenden 0bjekte nicht in so vielen Ebenen abereinander !iegen kOnnen wie in der T h o m a s - Z e i 6 - K a m m e r mit ihrer Tiefe yon 0,1 ram. Abgesehen yon diesem Untersehied stimmen die Z~hlergebnisse in der S te ine r ' schen und Thomas-Zeif l ' sehen Kammer anter sich t~berein. Die Z~hlung der Testflt~ssigkeit ergab einen Gehalt yon durchschnittlich 1 Milliarde Sporen je ecru.

Als Kontrollversnch far die praktische Verwertbarkeit dieser indirekten Bakterien- zghlung habe ich fortlaufend den Keimgehalt yon Typhusimpfstoff ermittelt. Die Ergebnisse dieser Zghlungen schwankten innerhalb einer Breite yon + 5 • s bei einem Keimgehalt yon 80X 106 je ccm; das entspricht einem Fehler yon + 6%.

Selbst wenn der Fehler das Doppelte oder sogar das Dreifaehe betragen wtirde, so ist dennoch die b a k t e r i o s k o p i s c h e Zgh lung wenigstens bei hochkeimhaltigen Flassigkeiten der k u l t u r e l l e n Pla t t e n z a h l m e t h o d e t lber legen .

Unter Beraeksichtigung der Tatsache, dab die Bestimmung des Keimgehaltes hoehkeimhaltiger Flassigkeiten nur eine mehr oder weniger brauchbare Schgtzung ist und die Bedeutung der meist im absoluten Sinne betrachteten Keimzahl dadurch aberbewertet wird, darfte far o.der gegen die Benntznng der einen oder anderen Methode selbst bei gleichbleibender Oenauigkeit ausschlaggebend sein:

1. die bis znm Erhalt des Ergebnisses erforderliche Wartezeit und 2. der Materialverbraueh.

Auf der einen Seite sind mindestens 48 Stunden Wartezeit und ein gewisser Aufwand an Material (Nghrb6den, IIeizung far Brutschranke nsw.) erforderlich, um die gewachsenen K o l o n i e n zu zhhlen, auf der anderen Seite dagegen ist das Untersuchungsergebnis lgngstens nach einer Stunde mit weit geringerem Materialauf- wand und einer wesentlieh gr6~eren Ge- nauigkeit durch direkte Zghlung derK e i m e zu erhalten.

Die hier besehriebene Methode der bakterioskopischen Ermittelung des Keim- gehaltes findet ihr Anwendungsgebiet beson- tiers bei Fltissigkeiten mit hohem Keim- gehalt, z. B. Milch, Abw~ssern, Impfstoff usw. In Verbindung mit der eingangs be- sehriebenen N6gliehkeit~ gr61]ere Fleisehproben raseh und ausreiehend zu zerkleinern , dt~rfte sie die M6gliehkeit er6ffnen, den Keimgehalt yon Fleiseh- und Wurstwaren innerhalb kurzer Zeit zuverl~ssiger als bisher zu ermitteln.

Da bei ausgedehnten Z~hlungen eines umfangreiehen Untersuehungsmateriales das Addieren der versehiedenen Z~hlobjekte z. B. Bakterien, Blutk6rperehen, Kolonien sowohl je Gesiehtsfeld als aueh im u zu~inander bisher meist naeh Auf- sehreiben der einzelnen Beobaehtungen auf Papier oder abwasehbarer Glastafel erfolgt, dt~rfte die Benutzung der im IIandel in den mannigfaltigsten Ausft~hrungen

24*

Page 20: Zur Methodik der raschen Bestimmung des Keimgehaltes von Fleisch- und Wurstwaren

364 W. H a r t m a n n [ Zeitschr. f. Untersuehung [ der Lebensmittel.

vorhandenen Z~hler geeignet sein, die Zi~hlungen bis zu einem gewissen Grade zu erleiehtern 1).

Auch eine Kombination yon zwei Z~hlern, die durch e in e n ttebel bedient werden, ist geeignet, bei der kulturellen Plattenmethode die Zahl der Kolonien und Gesichts- felder, sowie bei der bakterioskopischen Zi~hlung das Verhi~ltnis der Testkeime zu den in dem Untersuchungsmaterial enthaltenen Bakterien zu ermitteln.

Far die versehiedensten Zweeke lassen sich dutch Zusammenstellung weiterer Zi~hler und durch entsprechende ttebelverbindung untereinander einfaehe, preiswerte Z~hlmaschinen 2) herstellen, die zur Erleichterung der Z~hlarbeit beitragen. Dureh Beti~tigung der Druckplatte oder Bewegung des Hebels selbst wird je einer der beiden Z~hler in Betrieb gesetzt. Nach beendeter Zahlung erfolgt automatische Nulleinstellung.

Z u s a m m e n f a s s u n g .

1. Es wird eine Methode beschrieben, um gr~51~ere Fleischproben so zu zerkleinern~ daJ3 eine Bestimmung des Keimgehaltes mOglich wird.

2. 1)ie Bestimmung des Keimgehaltes mit der kulturellen Plattenmethode bei hochkeimhaltigen Flassigkeiten, insbesondere auch bei Fleisch~ wird wegen ihrer Ungenauigkeiten abgelehnt und dafter eine einfache, rasch arbeitende bakterioskopische Zahlung vorgeschlagen.

7) Ein derartiges Modell rnit zwei Ziihlmaschinchen mit getrennten Druckhebeln ist bereits yon K o n r i c h (Zentralbl. Bakteriol. I- Abt. 1929, Orig. 115, 110) beschrieben worden.

2) Zu beziehen dureil ,Labag", Laboratoriums-Ausrtistungs-Gesellschaff, ]~erlin NW 6, LuisenstraGe 51.

Uber den Nachweis des Alters bei ~Iehlen. Yon

Wilh e lm Hartmann.

M i t t e i l u n g aus de r S t a a t l i c h e n U n t e r s u c h u n g a n s t a l t ftir N a h r u n g s = und Genul~mi t te l in E r l a n g e n .

[Eingegangen am 13. JOczember 1929.]

Der Hauptzweck der Yorliegenden Arbeit ging dahin~ zu untersuchen, ob nach dem Aufbrechen des Getreidekorns bei normaler Aufbewahrung eine anni~hernde Be- stimmung des Alters eines Mehles mSglich ist.

Neben sonstigen Sch~digungen erleidet bekanntlich in ganz bedingter Weise Getreide und in besonderem Mal~e Mehl eine Ver~nderung beim Lagern infolge der Einwirkung -con Luftsauerstoff und Feuchtigkeit, ferner yon Enzymen und Mikro- organismen, die schon yon der Ernte her dem Getreidekern anhafteten.

Die nachfolgenden u in welchen vor allem der Einflul~ des Alterns auf $i~uregrad und LichtbrechungsvermiSgen der ausziehbaren fettartigen Stoffe des Mehles behandelt ist~ wurden zuni~chst "an Roggen- und Weizenmehl wie auch am Roggen- und Weizenkorn angestellt. Die Feststellung des Alters eines Mehles erfolgte auf Grund der Annahme, dal~ bei der durch das Mahlen des Kornes bewirkten Blol~legung