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(Aus dem Bakteriologischcn Institu~ [Vorstand: Prof. Neschtschadymenko] und pathologisehen Institut [Vorstand: Prof. Kutscherenko] in Kiew.) Zur Morphologie des Fettes und des Eisenpigmentes bei Tumoren. Von Nikolaus Sysak und Petro Scheremet. (Einffeffanffen am 1. Oktober 1927.) Die Tumoren haben in vielen Fi~llen zweifellos einen EinfluB auf den allgemeinen Stoffwechsel. Das muff man auf die spezifische Wir. kung des Tumorgewebes durch die toxischen Substanzen oder auf die anderen Faktoren wie fieberhafte Infektion, Blutverlust oder Er- n~hrtmgsst6rung zuriicldiihren. Was das Fett in den Tumoren sowie in den Organen der Tumorkranken anbelangt, so linden wir dariiber nur sp~rliche Angaben, noch weniger fiber das Eisenpigment. Deshalb mSchten wir unsere Befunde, die an 15 F~llen yon Carcinom- und Sar- komleichen durchgeffihrt wurden, hier ver6ffentlichen. Was das Fett in den Tumoren anbelangt, so hat schon Bossart gezeig~, dal] die Tumoren mit nicht degenerierten Zellen vie] Lecethin und wenig echtes Fett haben, wenn aber das Gewebe zerf~llt und der Zelltod eintritt, so finder sich an der Stelle des Lecithins viel Fett. Ein groBer Teil der gesamten Lipoide, die aus den Tumoren dargestellt wurden, besteht aus Cholesterin. GroBe l~Iengen yon Cholesterin in Tumoren haben Loeper, Debray und Tennet sowie Wells und Wolter gefunden. 2Yawamura hat bei alien Skirren im Interstitium viel Chole- sterinester, in Carcinomzellen keine oder sehr wenig nachgewiesen. Sysak und Jurkewitsch haben auch in zwei l~ierensarkomen grol]e h[en- gen yon Cholesterinester im Interstitium gesehen. In unseren Fhllen haben die Zellen sowohl der einfachen wie auch der driisigen Carci- nome stellenweise ziemlich rein- und kleintropfiges Fett gehabt, stellen- weise waren sie ganz frei. Auch in den carcinomatSsen Zellen mancher Skirren konnte kein l~ett nachgewiesen werden. Bedeutend mehr und fast regelm~l]ig war Fett im Interstitium sowie in Makrophagen, die am Rand der Carcinomzellennester sich fanden, nachzuweisen. Was die Sarkome anbelangt, so war in Sarkomzellen wenig Fett, manchmal gar keins, im Interstitium dagegen fast immer kleintropfig, manchmal haufenwelse auch in Lymphspalten, besonders dort, wo in der N~he Nekrosen vorhanden waren, zu linden. Das Fett gehSrte meisten- teils zu den Cholesterinestern, l~etts~uren und Phosphatiden. Das

Zur Morphologie des Fettes und des Eisenpigmentes bei Tumoren

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Page 1: Zur Morphologie des Fettes und des Eisenpigmentes bei Tumoren

(Aus dem Bakteriologischcn Institu~ [Vorstand: Prof. Neschtschadymenko] und pathologisehen Institut [Vorstand: Prof. Kutscherenko] in Kiew.)

Z u r M o r p h o l o g i e des F e t t e s und des E i s e n p i g m e n t e s bei T u m o r e n .

Von Nikolaus Sysak und Petro Scheremet.

(Einffeffanffen am 1. Oktober 1927.)

Die Tumoren haben in vielen Fi~llen zweifellos einen EinfluB auf den allgemeinen Stoffwechsel. Das muff man auf die spezifische Wir. kung des Tumorgewebes durch die toxischen Substanzen oder auf die anderen Faktoren wie fieberhafte Infektion, Blutverlust oder Er- n~hrtmgsst6rung zuriicldiihren. Was das Fe t t in den Tumoren sowie in den Organen der Tumorkranken anbelangt, so linden wir dariiber nur sp~rliche Angaben, noch weniger fiber das Eisenpigment. Deshalb mSchten wir unsere Befunde, die an 15 F~llen yon Carcinom- und Sar- komleichen durchgeffihrt wurden, hier ver6ffentlichen.

Was das Fe t t in den Tumoren anbelangt, so hat schon Bossart gezeig~, dal] die Tumoren mi t nicht degenerierten Zellen vie] Lecethin und wenig echtes Fe t t haben, wenn aber das Gewebe zerf~llt und der Zelltod eintritt, so finder sich an der Stelle des Lecithins viel Fet t . Ein groBer Teil der gesamten Lipoide, die aus den Tumoren dargestellt wurden, besteht aus Cholesterin. GroBe l~Iengen yon Cholesterin in Tumoren haben Loeper, Debray und Tennet sowie Wells und Wolter gefunden. 2Yawamura hat bei alien Skirren im Inters t i t ium viel Chole- sterinester, in Carcinomzellen keine oder sehr wenig nachgewiesen. Sysak und Jurkewitsch haben auch in zwei l~ierensarkomen grol]e h[en- gen yon Cholesterinester im Inters t i t ium gesehen. I n unseren Fhllen haben die Zellen sowohl der einfachen wie auch der driisigen Carci- nome stellenweise ziemlich rein- und kleintropfiges Fe t t gehabt, stellen- weise waren sie ganz frei. Auch in den carcinomatSsen Zellen mancher Skirren konnte kein l~ett nachgewiesen werden. Bedeutend mehr und fast regelm~l]ig war Fe t t im Inters t i t ium sowie in Makrophagen, die am Rand der Carcinomzellennester sich fanden, nachzuweisen. Was die Sarkome anbelangt, so war in Sarkomzellen wenig Fett , manchmal gar keins, im Inters t i t ium dagegen fast immer kleintropfig, manchmal haufenwelse auch in Lymphspal ten, besonders dort, wo in der N~he Nekrosen vorhanden waren, zu linden. Das Fe t t gehSrte meisten- teils z u den Cholesterinestern, l~etts~uren und Phosphatiden. Das

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22 N. Sysak und 1 ). Scherement:

Fe t t in Tumoren kann man als intracellulgre Verfettung ansehen, nach Ascho]/ Steatosis regressiva: die geschwachte Zelle ist unfahig geworden, die aufgenommenen Fet te weiter zu verarbeiten und zu ver- brennen. Was die Bedeutung der Fet te in Tumoren anbelangt, so ha t sehon White ihnen eine grofle Rolle bei Wachstumsregulat ion der Zellen zugesehrieben. Die Lipoide sollen naeh Meinung anderer Wuehs- stoffe bilden, welehe spezifisehe Gewebswucherung hervorrufen; ob das wahr ist, kann man kaum glauben, eher muB man denken, dab sie ein Produkt der fett igen Dekomposition darstellen, indem im ab- sterbenden Gewebe die mehr komplizierten Lipoide, besonders die Phos- phatide, die aus Kernsubstanzen herauskommen, frei werden.

Was alas Leberfet t anbelangt, so hat schon Kawamura Cholesterin- ester in Kup/ferschen Sternzellen bei Magencareinom und Sysak nnd Jurkewitsch bei Nierensarkom gesehen.

In unseren Fallen hat die Leber wenig Fe t t gehabt und zwar in der Acinusperipherie in Form yon einigen groBen Tropfen oder aueh haufen- weise; vereinzelte kleine Tropfen fanden sieh auch in intermediarer und zentraler Zone. In einem Fall yon Mageneareinom war die Verfet- tung ziemlieh grog und zwar diffus im Acinus verteilt. Die Kup//er- sehen Sternzellen waren fast gar nieht verfettet . In 2 Sarkomfallen war die Verfettung auch ziemlieh groB, wobei die Kup/fersehen Stern- zellen mit Fe t t ausgeffillt waren, in einem Fall waren nut sie aussehliefl- lieh verfettet . Die anderen Formen der Verfettung fanden sieh bei komplizierten Fallen wie bei Zirkulationsst6rungen bei Endokardit iden, we der Typus yon zentraler Verfettung fiberwog. DaB die Leber bei Tumoren trotz groBer Inanit ion doch das Fe t t enthielt, mug man damit erkl~ren, dab sie zu denjenigen Organen geh6rt, die ihre Fettdepots, die sie bei Inani t ion raseh abgeben, ununterbrochen aus dem Unter- hautfet tgewebe erg~nzen und schlieBlich aueh bei 1/ingerem Hungern einen Tell des Fettes bis zum Tode zurfickhalten. Augenfgllig erscheint, dal~ in unseren Carcinomf/~llen die Kup//ersehen Sternzellen fast gar nieht verfet tet waren, was vol lkommen mit den letzten Befunden fiber Blutlipoide yon Klei~ und Dinkin, sowie Loeper, Debray und Vounct i ibereinstimmt, die eine Hypoeholesterinamie bei Tumoren naebgewiesen haben.

Die grebe Verfettung in einem Falle bei Mageneareinom kann man analog der Verfettung bei Tuberkulose damit erkl~ren, dab das ur- sprfingliche Fe t t in der Leber langsam verbraucht wurde mid sein Platz dureh das Fet t aus Unterhautfet tgewebe, das hierher eingewandert ist, e ingenommen wurde. ]:)as Fe t t konnte nicht verbrannt werden, denn der Organismus war dazu unf~hig. Der Befund der Cholesterinester im Retieuloendothelsystem bei Tumoren, den Kawamura bei Carci- nomen erhoben hat und in unseren Fallen bei Sarkomen konstat ier t

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Zur B{orphologie des Fettes und des Eisenpigmentes bei Tumoren. 23

wurde, kann man dutch Lipimie erkl~ren, die manchmal bei Tumoren ents~eht und die nich~ anders als Htmgerlip~mie aufgefaBt werden kann. Was die Milz anbelangt, so war in ihr sehr wenig Fe t t zu finden. Nur in 4 F~llen waren Spuren in manchen Follikeln und Pulpazellen zu finden, am h/~ufigsten war Fe t t in der Wand der Follikelarterien ab- gelagert. Diese kleine Fettmenge in vereinzelten Fi l len ist uns ver- sts wenn wit in Betracht ziehen, dal3 die Milz ein intramedi~res Organ fiir Lipoidstoffwechsel bildet, und daft die Pulpazellen Blut- lipoide aufnehmen, und da bei den Tumoren, wie wir oben erws haben, Hypocholesterinimie besteht, so war auch das Fe t t in Milz nich~ oder sehr wenig abgelagert. Im Pankreas haben wir ziem- lich viel Fete in Tubularzellen, besonders aber im Inselepithel, manch- real auch in interstitiellen Zellen gefunden, ein Befund der dem normalen Zustand entsl3richt, denn wie schon S~ngl, Richter, Reitmann, Naka- ~nura u. a. gezeigt haben, enthalten die Tubularzellen sowie aueh die Inselzellen schon normalerweise Fett tropfen, wobei die Inse]n wie das Herxheimer unterstreicht, mehr Fett , sowie auch regelms be- sitzen. Auch in Hoden unserer F/~lle war m/iftig Fe t t zu finden, haupt- ss in Zwischenzellen, intratubuls bedeutend weniger, manchmal nur in den basalen Epithelschichten, manchmal in allen diffus, aber in geringer Menge

Was die Fet ta r ten anbelang~, so k6nnen wir vollkommen die Be- funde yon I, otz und R. Ja//e bests die intratubuliir hauptss Phosphatide und Cerebroside, extratubuls Cholesterinester gesehen haben. In der Nebenniere war die Fettmenge ziemlich gering, haupt- ss in der Zona glomerulosa und reticularis, bedeutend weniger auch in Zona fasciculata. Der Zustand dieses Organs bei Tumoren war durch die geringe Fettmenge so wie ihre unregelmiil~ige Verteilung charakterisiert. Die Zona glomerulosa war noch am meisten fetthaltig. In den komplizierten Fs s sich das Bild und z. B. eine grofio Verfettung aller Rindenschichten haben wir bei Endokardit iden ge- sehen. In der Niere war wenig Fort zu findon, nur in den Schaltstiicken, Schleifenschenkeln, scltener in SammelrShren, ein Befund, der nach Lubarsch nicht als Ausdruck der Nierenerkrankung aufgefal~t werden kann. Im Herzen haben wir kein Fe t t auSer Lipofuscin gefunden, nur in komplizierteren F/~llen war flecldge Veffettung zu konstatieren. Im allgemeinen kann man sagen, dab bei den Neubildungen eine Ver- minderung der Fettdepots hauptss in Nebennieren, Leber, Hoden zu konstatieren war, was als sekundare kaehektische Erscheinung auf- gefaB~ werden kann, oder auch als durch allgemeine Giftwirkung (Uberschwemmung mit peptolytischen Fermenten) hervorgerufen, nach welcher bei Hypocholesterinimie als Reaktion die Erh6hung des anti- tryptischen Titers und paralleler Lipoidschwund auftritt .

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24 N. Sysak und P. Scherement: Zur lgorphologie des Fettes usw.

W a s den Eisens tof fwechsel anbe lang t , so s ind die Un te r suchungen in dieser H i n s i e h t noch gering. Muneo Yabusoe h a t im T u m o r 0,32 mg F e pro G r a m m Troekensubs t anz gefunden, l~obin wiede rum erw~hnt die E i s e n v e r m i n d e r u n g in ca rc inomat6se r Leber . I n unseren F~illen, d ie das E i s enp igmen t mikroehemisch nach Hueck un te r sueh t haben , h a b e n die Tumorze l l en ke in E i senp igmen t gezeigt , dagegen waren Spu- r en yon Eisen im I n t e r s t i t i u m , sowie in M a k r o p h a g e n besonders bei ]Vfagencarcinom u n d Melanosa rkom zu kons ta t i e ren . I n de r Milz, d ie nach unseren heutJgen Anschauungen den Eisens tof fweehsel kon t ro l - l ier t , in dem sie das Eisen, das bei Gewebszerfa l l frei wird, zusi ickh~l t , f anden wir z iemlich vie l Eisen, haup t s~ch l i ch in Re t i cu loendo the l i en , in den Fo l l ike ln m a n c h m a l nur Spuren . Bei S a r k o m e n war das P i g m e n t ger inger als be i Care inomen. I n der Leber , d ie naeh M. B. Schmidt ein E i s endepo t b i lde t , h a b e n wi t n i ch t v ie l E i s e np igme n t gesehen, nu r ger inge Mengen in Kup//erschen Sternzel len, sowie vie ler Leberzel len , m a n c h m a l in der Aeinusper ipher ie , in ve re inze l t en FEllen aueh diffus. I n e inem SarkomfaUe war ke in P i g m e n t zu sehen. W a s die Nie ren an- be lang t , so h a t sehon Lubarsch in seiner monograph i schen A r b e i t f iber pa tho log i sche Ab lage rungen der Iqiere das E i s e n p i g m e n t in Tubu- lusep i the l ien bei ca re inomat6sen An~imien erw~ihnt, wir h a b e n in de r H~l f t e unserer F~l le ke in E i s enp igmen t gefunden, in de r I-I~lfte w iede rum w a r e n Spu ren in Ep i t he l i en der Seha l t s t i i cke , sowie auch m a n c h m a l herdweise im I n t e r s t i t i u m der R i n d e und der M a r k s u b s t a n z zu sehen.

I n de r Nebenn ie re war das E i s e n p i g m e n t nu r in 2 F~l len zu kon- s t a t i e r en : in e inem F a l l auf de r Stel le der In f i l t r a t ion , im zwei ten in de r Zona fase icu la ta zwischen den Epi the lze l len . H o d e n und P a n k r e a s waren frei von E i senp igmen t . Also es l~Bt s ich bei T u m o r e n eine gewisse Ver. m e h r u n g y o n E i senp igmen t fes ts te l len, wie z. B. in de r Milz, Leber u n d Niere , was m i t Ery~hrocybenzerfa l l und A n a m i e in d iesen F/ i l len i m Z u s a m m e n h a n g s teh t .

Literatur. Aschol], Vor~r~ge fiber Pathologie. Jena 1924. - - Bossart, Inaug.-Diss.

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