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(Aus dem Pharmakologischen Institut der Universit~t Grei Zur Physiologie des Energieumsatzes beim Menschen. IV. Mitteilung. Zur Physiologie der ™ Voll Ernst Simonson und Otto Riesser. (Ausgefiihrt mit Hilfe der Notgen~einschaft der Deutschen Wissenschaft.) (Eingeganget~ ara 15. Xovember 1926.) ][. Wir setzen den Begriff ,,[Tbung" ira physiologischen Sinne gleich dem des Geiibtseins und bezeichnen datait einen durch wiederholte und langsame Anforderung, d.h. durch ,,L;ben" erreichten Zustand h6herer Leistungsffihigkeit. In solchem Silme ist die ~bung eine all- gemeb~, biologische Erscheinung, da jedes funktionierende Organ der Ubung f/%hig ist. Dal3 die ~bung der Gesamtleistung des K6rpers ebenso wie ja die Leistung selbst Funktion des Zustandes vieler, ja eigentlich aller Organe des K6rpers ist, weil3 man l~ngst. Man hat sogar gerade in jiingster Zeit die ~bung des Nervensystems mehr be- rficksichtigt als die der l~Iuskeln selbst. In diesem Sinne wurde beson- ders die zuerst von der Zuntzsehen Schule aufgedeckte und hervorge- hobene Tatsaehe verwertet, dal3 mit fortschreitender ~Tbung der Encrgie- verbrauch fiir eine glcichbleibcnde ~tul3ereArbeitsleistung stctig absinkt,, und man hat dies vor allem auf die fortschreitend sich verbessernde Koordination ira Sinne einer Einsparung fiberfliissiger Muskelarbeit zurilckge Die hierdurch bedingte Senkung der Milchs~urebildung und Verminderung der MilchsS~ureanh~ufung mul3 in der Ta~ ira Sinne einer Verz6gerung der Ermildung und datait einer Leistungs- steigenmg wirken. Eine weit geringere Rolle hat man daneben dem durch ~ben be- dingt, en Wachstum der Muskelmasse mit Recht zugeschrieben. Es ist in der Tat zu beriicksiehtigen, dal3 Zunahme der Muskelmasse kein unbedingt, notwendiges Korrelat~ der ~Tbung ist und daB sie selbst in den extremsten F~llen nieht in Vergleieh zu setzen is~ mit der erheb- lichen Steigerung der dur™ Uben zu erzielenden Leistung.

Zur Physiologie des Energieumsatzes beim Menschen

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Page 1: Zur Physiologie des Energieumsatzes beim Menschen

(Aus dem Pharmakologischen Institut der Universit~t Grei�9

Zur Physiologie des Energieumsatzes beim Menschen. IV. Mitteilung.

Zur Physiologie der ™ Voll

Ernst Simonson und Otto Riesser.

(Ausgefiihrt mit Hilfe der Notgen~einschaft der Deutschen Wissenschaft.)

(Eingeganget~ ara 15. Xovember 1926.)

][.

Wir setzen den Begriff ,,[Tbung" ira physiologischen Sinne gleich dem des Geiibtseins und bezeichnen datait einen durch wiederholte und langsame Anforderung, d .h . durch ,,L;ben" erreichten Zustand h6herer Leistungsffihigkeit. In solchem Silme ist die ~bung eine all- gemeb~, biologische Erscheinung, da jedes funktionierende Organ der Ubung f/%hig ist. Dal3 die ~bung der Gesamtleistung des K6rpers ebenso wie ja die Leistung selbst Funktion des Zustandes vieler, ja eigentlich aller Organe des K6rpers ist, weil3 man l~ngst. Man hat sogar gerade in jiingster Zeit die ~bung des Nervensystems mehr be- rficksichtigt als die der l~Iuskeln selbst. In diesem Sinne wurde beson- ders die zuerst von der Zuntzsehen Schule aufgedeckte und hervorge- hobene Tatsaehe verwertet, dal3 mit fortschreitender ~Tbung der Encrgie- verbrauch fiir eine glcichbleibcnde ~tul3ere Arbeitsleistung stctig absinkt,, und man hat dies vor allem auf die fortschreitend sich verbessernde Koordination ira Sinne einer Einsparung fiberfliissiger Muskelarbeit zurilckge�9 Die hierdurch bedingte Senkung der Milchs~urebildung und Verminderung der MilchsS~ureanh~ufung mul3 in der Ta~ ira Sinne einer Verz6gerung der Ermildung und datait einer Leistungs- steigenmg wirken.

Eine weit geringere Rolle hat man daneben dem durch ~ben be- dingt, en Wachstum der Muskelmasse mit Recht zugeschrieben. Es ist in der Tat zu beriicksiehtigen, dal3 Zunahme der Muskelmasse kein unbedingt, notwendiges Korrelat~ der ~Tbung ist und daB sie selbst in den extremsten F~llen nieht in Vergleieh zu setzen is~ mit der erheb- lichen Steigerung der dur™ Uben zu erzielenden Leistung.

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744 E. Simonson und O. Riesser:

Es wird, wie uns scheint, nicht genfigend berficksichtigt, dal3 selbst beide Faktoren zusammen, die Koordinationsverbessernng wie das Muskelwachstum, obwohl sie mehr oder minder wichtige Bestandteile der -0bung sein h'6nnen, in vielen, vielleicht den meisten F~illen nicht ausreichen, um die durch Ubeu zu erzielenden Leistungssteigerungen zu e�9235 Bet.raehtet man z. B. einfachste Obungsformen wie etwa dus Ge~dchtsheben oder das Drehen eines Rudes, bei denen die Ko- ordinationsschulung des K6rpers eine relativ geringe und wohl nur auf die ersten St~dien der gTbung beschr~inkte Rolle spielen kann, und be- denkt man, dal] innerhalb einiger Wochen Leistungssteigerungen bis zu 7000,'0 [Perler1)] und dariiber erzielt werden, so ist es ohne weiteres ersichtlich, da{] weder Koordinationsverbesserung noch das dabei auf- tretende geringe Wachstum der Muskeln solche Leistungssteigerung zu erkl~ren verm6gen. Auch die von Herxheimer ~) gefundene erhShte A]kalireserve des Blutes bei t, rainierten Personen, obwohl cin sicher sehr ~” Faktor in der Physiologie der ~bung, ist nicht ausreichend, derartige Leistungssteigerungen zu erkl~tren, worauf noch sp~iter aus- fiihrlieh zuriiekzukommen sein wird. Sehliel~lich muB ganz besonders betont werden, daB keine der bisherigen Theorien der Muskeliibung die Ubung als aHgemeine F~ihigkeit aller funktionierendeu Organe zu erkl~iren vermag.

Nun ist es klar, da{~ dus Wesen der Ubuug die Herabsetzung der Ermiidbarkeit ist. Ein und dieselbe Leistung, die zu Anfang stark er- m/idete, wird nach l~ngerer Ubungszeit dauernd ohne Ermiidung ge- leistet, und eine gesteigerte Arbeit selbst ermiidet nunmehr weniger als die kleine vor der Ubung. Betrachtet man die Milchs~ure als Erm(idungs- substanz, so bedeutet diese Feststellung, da~3 der Orga,dsmus gege~zfiber gleichbleibender oder gar gesteigerter Milchsii~lremenge weniger e�9 /imllich geworden ist.

Der eine von uns (R.) hat schon wiederholt darauf hingewiesena), dM3 bel solcher Betrachtung sich ein interessanter Pa.rallelismus ergibt zwischen der Ubung und der GewShnung an Gifte ira Sinne der Pharma- kologie. Genau wie bei der GiftgewShnung durch h• wiederho]te und langsam gesteigerte Zufuhr alhn~hlich eine erhShte Widerstands- f• gegen das Gift auftritt , genau so wird bel wiederholter und langsam gesteigerter Zufuhr des Ermfidungsgiftes durch wiederholte und lungsam gesteigerte Arbeit der Organismus weniger empfindlich gegen dus Ermiidungsgift, die Milchs~ure. Nun hat die Pharmakologie gelehrt, daI~ jenes Unempfindlichwerden gegen Gifte zu einem wesent- lichen Teil darauf beruht, dal3 die Vorg~inge der Giftbeseitigung oder

1) Peder, Skandinav. Arch. f. Physiol. 27, 315. 2) Herxhei~ner, Zeitschr. f. klin. Med. 103, 722. 1926. "J) Riesser, Therap. Halbmonatshefte 1920, S. 589 u. 621.

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Zur Physiologie des Energieumsatzes beim Mensehen. IV. 745

-zerst6rung an Intensitiit stfindig zunehmen, w~thrend zugleich aller- dings vielfach aueh eine ihrem Wesen nach noch ungekl/irte wachsende Giftfestigkeit der Zellen angenommen ~:erden muB. Atff die t~bung fibertragen wiirde man also annehmen k6nnen, daB die Gew6hnung an die Milehs/~ure zustande kommt durch eine allm~hliche Steigerung der Intensit5t ihrer Beseitigung, dureh ein Anwachsen aIso der oxy- daticen Restitution, des Erholungsverm5gens.

Eine solche Erklfirung des Wesens der I_™ wfirde diese so wichtige Erscheinung, zusammen mit der GewShnung an Gifte, einreihen in das Heer der als Abwehrvorgfinge gekennzeichneten ganz allgemeinen biologischen Grundreaktionen; sie w/tre zugleich anwendbar auf alle der Ubung zug~ingliehen Organfunktionen.

Die von dem anderen von uns (S.) neuerdings ausgearbeitete Me- thode der Bestimmung der Restitutionskonstanten (s. Mitt. I I I ) gab uns die M6glichkeit, die oben aufgestellte Theorie der Ubung als einer durch beschleunigte oxydative Restitution gekennzeichneten G• an Milchsfiure experimentell zu prfifen.

II.

Es mugte dazu eine Arbeitsform gew/ihlt werden, bei welcher eine Verringerung des Arbeitsualsatzes auf Grund zunehmender Geschicklich- keit bei der Ausfiihrung der Arbeit weitgehend vermieden werden konnte. Uber eine derartige Arbeitsform verfiigten wir aber; wir hatten zu Beginn dieser Untersuchungen die relativ einfache Arbeit des 10- bis 12maligen Hebens eines 12,5-kg-Gewichts fast t~tglich [(s. Mitt. V)] 18 Monate hindurch ausgeftihrt; selbst bei einer Steigerung der Arbeits- leistung mugte die bestehende GewShnung an die Arbeitsform eine Zunahme der Geschicklichkeit als dominierende Erscheinung der ~)bung ausschliegen.

Bei dœ gleiehbleibenden Arbei~ des 10--12 mahgen Hebens war eine Zunahme des Erholungsverm6gens nieht mehr festzustellen, fihnlieh wie bei dem Vorgang der Gew6hnung an manche Gifte mugte aueh hier eine Versuehsteehnik gewfihlt werden, die einer Steig'erung der Gi�9 dosis gleiehkam. Es wurde daher das Training, bei welehem die Re- stitutionskonstante bestimmt wurde, zweimal t~glieh steigend von 30 bis zuletzt zu 50--60 Hebungen ausgeftihrt, insgesamt dureh 4 Woehen. Die Restitutionskonstante (Rk) wurde bei einer gleiehbleibenden Standardarbeit von 30 (groge Arbeitsleistung) und 15 (kleine Arbeits- leistung) Hebungen ermittelt. Die Teehnik der Bestimmung der Rk und die spezielle Versuehsanordnung ist in der vorhergehenden Mit- teilung beschrieben worden.

1) Simo�9 Pfliigers Arch. f. d. ges. Physiol. 21-1, 380. 1926.

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746 E. Simonson und O. Riesser:

I I I . E ine Zunahme der o x y d a t i v e n Bese i t igungsgeschwindigkei t d r i i ck t

sich in einer E rh6hung der R k aus; der Nachweis einer de ra r t igen Er- h6hung der l~k ira Verlaufe der L~bung wfirde also eine Bes tg t igung der

TabeUe 1.

Vp. / tk

E . S.

O. l~.

F~ R.

Dattlnl 1926 Cal, A Cal. t

11. VL 6714 2526 15. VI. 5031 1662 18. VL 5295 1623 21. VL 5513 1628 24. VI. 4835 1376 14. VII. 5513 1082

10. \OE. 5736 2024 14. V[. 6348 2298 19. V[. 7449 1578 23. VL 5352 1182 29. VI. 4872 1482

12. VI. 4551 1242 14. VL 5079 756 23. VI. 4098 456

5. VII. 3522 516

in der E in le i tung ge~uBerten Theorie bedeuten . Zuerst, wurde die Ver~nderung der E r h o h m g naeh beende te r A r b e i t un te r -

0,33 sucht ; Tab. 1 en th~l t die Ri" bel 0,37 gro~en Arbe i t s le i s tungen im Ver- 0,39 lauf der Ubung. I n Tab. 1 be- 0,41 deu t e t Cal. A den Gesamt- 0,42 0,54 e rho lungsumsa tz (---- Erholungs-

r f ickstand, oxygen -deb t nach 0,35 Hill), Cal. t den Erholungsrf ick- 0,34 s t a n d naeh t ~ 3 Minuten. 0,52 0,50 Es f indet , wie aus der Tabel le 0,50 hervorgeht , bel al len Versuchs-

personen w~ihrend der U b u n g 0,43 eine ErhShung der R k von ziem- 0,63 0,73 lich betr~ichtl ichem AusmaB s ta t t ; 0 64 a m st.etigsten ver l i iuf t die Zu-

n a h m e der R k bel E .S . ; wie er- s ichtl ich, is t w~hrend der Versuchsper iode ein S t i l l s t and in der Zu- nahme des Erho lungsverm6gens n ich t e inget re ten . Bei O.R. und F . R . dagegen erfolgt das Anwachsen der R k mehr sp rungha f t ; nach dem Er re ichen der R k = 0,5 b i lde t die Menge der geb i lde ten Milchsaure keinen Anreiz mehr zu einer wei te ren Ste igerung des Erho lungsverm6- gens. Bel F .R . k a n n n ich t en tsch ieden werden, ob der W e r t vom 23. VI . oder 5. V I I . herausfa l l t , in l e tz te rem Fa l le wiirde der Verlauf der Stei- gerung des Erho]ungsvermSgens mehr s te t ig sein.

I n der vorhergehenden Mit te i [ung wurde gezeigt, daB bei k le inen Arbe i t s l e i s tungen die W e r t e der Rk h6her liegen, da der Quot ien t von Milchs~ure im Muskel : Milchs~ure ira Blu t gegenfiber der grol3en Arbe i t s - le is tung steigt . Es wurde daher auch die Ver~tnderung der R/c bei k le iner Arbe i t s l e i s tung (15 Hebungen) im Verlaufe der ™ un te r such t .

Tabelle 2. Kleine Arbeitsleistung.

Yp.

O~ R .

E . S .

Datum 1926

9. VI. 20. VI.

6. VI. 9. VI.

22. VL

Cal. A

3903 3522 3678 3765 3186

Cal. t

1164 396 564 366 (100)

Rt-

0,40 0,73 0,63 0,77 1,15

Bemerkungen

(etwas unsicher, da Cal. t = O)

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Zur Physiologie des Energieumsatzes beim Mensehen. IV. 7:~7

Bel F.R. lie[3 sich die R k bel kleiner Arbeitsleistung nicht �9 da die cal. t ~ 0 waren. Aus den Versuchen an O.R. und E.S. ist aber ersichthch, da6 auch bel kle[uer Arbeitsleistung eine Steigerung der R/c ira Verlaufe der Ubung eint,ritt, die bel E.S. bereits dazu fiihrt, dal] die Erholung schon innerhalb der ersten drei Erholungsminuten beendet ist, wobei Cal. t = 0 wird und eine genaue Bestimmung der Rk nicht, mehr m6glich ist.

IV.

In der vorhergehenden Mitteilung ist eine Methode beschrieben wor- den, die es gestat.tet, den Einflu~ der Bewegung auf die Restitutions. geschwindigkeit nachzuweisen. ]�9 Methode beruht darauf, da[~ die durch Messung der Erholung nach beendeter Arbeit festgestellte l~k dazu verwandt wird, einen theoretischen Wert des Erholungsrtick- standes (Cal. A) zu berechnen, wie er sich n~mlich ergeben wfirde, wenn bel der Arbeit die Bewegung als restitutions~ndernder Faktor fortfiele. Der Vergleich mit den ira Versuch tat, s~chlich ermittelten Cal. A ergibt einen Anhaltspunkt zut Beurteilung der Ausfiihrungsart der Arbeit.

Tabelle 3.

vp.

O.R.

no S.

F. R.

Dat, um

19~

10. VI. 23. VI. 29. VI.

ll. VL 18. VI. 21. VL 24. VL

12. VI. 14. VI. 5. VIL

Rk

0,35 (I,50 0,50

0,33 0,39 0,41 0,42

0,43 0,63 0,64

Cal. A berechnet

6596 5571 5236

8844 7260 7126 7038

6014 5978 4735

Cal. A (im Versuch gefunden)

5736 5352 4872

6714 5295 5513 4835

4511 5079 3522

Differenz

860 219 364

2130 1965 1613 2203

1463 899

1213

Aus Tab. 3 geht hervor, dal] die Differenz zwisehen dem tats~ch- lichen und dem berechneten Wert fiir Cal. A sich w~ihrend der l~bung bel E.S. und F.R. nicht gndert. Im Sinne der Ausffihrungen in Mitt. I I I kann also gesagt werden, dal3 die Ausfiihrungsart der Arbeit sich bel E.S. und F.I~. w~hrend der ~?bung nicht ~indert. Bel O.R. dagegen ist eine, wenn auch nicht sehr bedeutende Tendenz einer Abnahme der Differenz zwischen berechnetem und tats~ichlichem Wert der Cal. A vorhanden. Dies kSnnen wir vielleicht darauf zuriickfiihren, daB wir bemfiht waren, die Arbeit mSglichst ,,statisch" auszufiihren. Mit

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748 E. Simonson und O. Riesser:

zunehmender Leistungs�9 steigerte O.R. n u n (unwillkiirlich) den ans t r engenden s ta t ischen Antei l der Arbeit , da die Ermt idung bel zu- nehmender Rest i tu t ionsgeschwindigkei t zurficktrat .

V.

Es ble ibt noch der Nachweis fibrig, dai~ bel unserer Arbei ts �9 zunehmende Geschicklichkeit ira Sinne einer besseren Koord ina t ion bel der ~ b u n g keine wesentliche Rolle spielte.

I n Tab. 4 ist die H6he des gesamten Arbei tsumsatzes (spez. Arb.-Cal.) w~hrend der U b u n g angegeben.

Tabelle 4.

~~p. Da tum Grolle Kleine Arbeitsleistung Datum Arbeitsleist ung

1926 Spez. Arb.-Cal. Spez. Arb.-(al .

E~ S~

O, R~

F. R.

11. VI. 15. VI. 18. VI. 21. VI. 24. VI. 14. VIL

10. VI. 14. VI.

(19. VI. 23. VI. 29. VI.

1. VII.

12. VI. 14. VI. 23. VI.

12 134 9 740

11)484 1O 647 10 601 10 389

9 370 10 423 11 129) 9 038 8 516 9 539

8 915 10 658 8 758

8. VI. 5332 9. VI, 5948

22. VI. 5398

9. VI. 17. VI. 20. VI.

11. VI. 17. VI.

5229 4374 4720

5747 4890

Zwei Werte der Tab. 4 fallen etwas nach oben heraus, und zwar der Wer t von E.S. am l l . VI. u n d der von O.R. ara 19. VI. ; bel O.R. liegt dies daran, da• versehent l ich ara 19. VI. das Tempo der Arbei ts le is tung zu rasch war. Aus der Tabelle geht hervor, daB bei keiner Versuchs- person eine stetige Abnahme des Energieumsatzes bei der Aibe i t w~ihrend der LTbung s ta t t fand . Eine bessere Koord ina t ion als Fak to r geringerer Ermi idbarke i t bei der Arbei t k a n n also bei unserer Versuchsanordnung ausgeschlossen werden.

VI.

Es bleibt zu er6rtern, ob die von uns festgestellte Verbesserung des Res t i tu t ionsverm6gens die wesentliche Grundlage des Ubungszus tandes ist oder ob daneben oder sogar ira Vorrang andere Prozesse eine l~olle spielen. E ine Betei l igung nervSser (~bungsvorg~nge, insbesondere einer

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Koordinationsschulung, so wichtig sie in vielen F• auch ohne Zweifel ist, scheidet in unseren Versuehen, wie wir naehwiesen, aus. In Frage k~me jedoch die von Herxheimer (1. c.) festgestellte interessante Tat- sache, daB die Alkalireserve bel Sportsleuten ira Training gegeniiber der Norm ges~eigert ist. Es ist leicht einzusehen, dal] dies die M6glich- keit schafft, grSBere Mengœ von Milchsiiure zu neutralisieren und hierdurch die Arbeitsfithigkeit der Muskeln zu verbessern. Diese Ver- besserung kann aber nur eine voriibergeheude sein, da sie mit einer ge- steigerten Anh~iufung von Milehs~iure ira Blut verbunden ist. Eine v61hge Wiederherstellung der muskul'~iren Arbeitsf~thigkeit ist aber, gem~B der physiologischen Definition der Erholung, erst dann gegeben, wenn die bel der Arbeit gebildœ Milchs~iure ~-ieder v611ig beseitigt ist. Die Erh6hung der Alkalireserve des Blutes fordert also geradezu eine gesteigerte oxydative Beseitigung, weml es nicht zu einer fiir fort- dauernde Leistung sch~idlichen Milchsiiureanh~ufung im Blute kommen soli. Auf jeden Fall stellt eine Beseitig~~~g der Milchs~iure eine sehr wesentlich effektivere MaBnahme des Organismus zur t terabsetzung der Ermiidbarkeit dar als eine bloBe Neutralisation.

Wir glauben daher, daB die von uns im Zustande der l~Tbung fest- gesteltte Erh6hung des Oxydationsverm6gens das wesentliche Kenn- zeichen des Llbungszustandes ist.

VII .

In der ersten lX[itteilung dieser Reihe hat der eine von uns (S.) darauf aufmerksam gemacht, daB bel verschiedenen Versuchspersonen eine gleichsinnige Beziehung besteht zwischen der Intensit~it des Grund- umsatzes, ausgedriickt durch den Quotienten Grundumsatz/kg K6rper- ge~dcht und dem individuellen Erholungsverm6gen. Diese Bœ wurde damals zuriiekgefiihrt auf den verschiedenen relativen Anteil der Muskulatur am KSrpergewicht bei den verschiedenen Versuchspersonen. Ferner zeigten Be~zedict und Smithl), da B bel .,athletischen'" Versuchs- personen der G.U. relativ hoch ist ; aueh dies wird zumeist erkl~rt dureh den h6heren Anteil der Muskulatur am K6rpergewicht bel derartigen Personen. Aus unserell Versuchen darf aber geschlossen werden, daB bel derartigen Personen auch das ErholungsvermSgen gegeniiber der Norm erh6ht ist. Vor allem ist darauf hinzuweisen, daB die er- 6rterte Beziehung zwischen der H6he der Rk und der H6he des G.U. aueh beim gleichen Individuum festzustellen ist. In einer an anderem Orte erscheinenden Arbeit zeigt der eine von uns [S.~)], daB unter Alkohol wie unter Thyraden beim Menschen sowohl die Rk wie der G.U.

1) Be~~edict und Smith, Journ. of biol. ehem. 20. 1915. 2) Simonson, Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 1927.

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750 E. Simonson und O. Riesser:

gesteigert ist. (Da• bel der [~Tbung trotz ErhShung der Rk keine Ver~nderung des G.U. eintrat, war von vornherein zu erwarten, da das Ausma[~ der bel unserer Arbeitsleistung beteiligten Muskulatur hierfiir zu gering war.) Die angefiihrten Beobachtungen ddingen zu der Frage, ob nicht zwischen beiden GrSBen, ErholungsvermSgen und Grund- umsatz, ein gesetzm~iBiger, urs~ichlicher Zusammenh~ng besteht.

Durch Meyerlto/s Untersuchungen ist bekannt, daB die GrSl~e der Oxydation ira Muskel von der Bildungsgeschwindigkeit der Milchs~ure bestimmt wird; er spricht von einer Koppelung der Oxydationen mit der Milchs~urebildung. Es liegt nahe, in Analogie zu anderen gekoppelten biologischen Reaktionen eine gegenseitige Abh~ingigkeit anzunehmen, so dal~ aueh umgekehrt die Intensit~t der Milchs~urebildung von der OxydationsgrSBe abh~ngt. Fiir eine solche Beziehung lassen sich manche Anhaltspunkte finden.

Gehen wir von der Betrachtung des Grundumsatzes aus, dem ira Muskel die stetige Bildung von Milehs~ure zugrunde liegt, so mul~ eine Herabsetzung der eelluli~reu Oxydationsf~higkeit notwendig zu einer Milchs~iureanh~tufung, zu einer ErhShung des Milchs~urespiegels fiihren. Anh~ufung von Milchs~iure muB aber nach bekannten Gesetzen eine Hemmung des Spaltprozesses naeh sich ziehen, durch den aus Kohlen- hydrat Milchs~iure entsteht. Herabsetzung der Oxydationsf~higkeit setzt also auch die Milchs'~urebildung und datait den G.U. herab. Umgekehrt muB eine primaire Steigerung des OxydationsvermSgens der Muskelzelle den Milehs~urespiegel in Muskel und Blut dem ~'Verte Null amlahern. Sinken der Milchs~urekonzentration wird aber im Sinne einer gesteigerten Milchs~urespaltung ~~irken; der G.U. wird a nwaehsen. Auf der anderen Seite sind die Beobacbtungen von O]y 1) anzu- ffihren, der am durchstrSmten Froschpr~iparate zeigen konnte, da[~ Anhi~ufung von Milchs~ture die Restitution hemmt (auch Meyerho/ zeigte, da[t Anh~iufung von Milchs~ure oxydationshemmend wirkt), dagegen verbesserte Milehs~iurebeseitigung die Restitution fSrdert.

Aus alledem geht hervor, dal~ der Milchs~uresi)iegel im Muskel und wahrscheinlich auch der Spiegel ira Blut die Intensiti~t der Milch- s~ureabspaltung uud der oxydativen Restitution reguliert, und daI~ au�9 dem Wege iiber die Beeinflussung des Milchsi~urespiegels Ver~nde- rungen der Milchs'~urebildung die OxydationsgrS~e, Ver~nderungen der OxydationsgrS~e die Milchs~iurebildung jeweils gleichsinnig beein- flussen. Ira Zusammenhang dieser Betraehtungen sel besonders darauf hingewiesen, da~ der Milchs~iurespiegel ira Blute des nicht arbeitenden Menschen innerhalb enger Grenzen konstant gehalten wird. Schon hieraus ergibt sich die zwingende Folgerung, da{~ jede Oxydations- steigerung, die den Milchs~urespiegel ira Sinne einer Abnahme beein-

~) Oly171171 Pfliigers Arch. f. d. ges. Physiol. 2H, 577. 1926.

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fluBt, durch vermehrte Milchs~urebildung; und jede vermehrtœ Milch- s/~urebildung durch vermehrte Oxydation ausgeglichen werden muB, wenn anders iiberhaupt eine Konstanz des Milchs~urespiegels erhalten bleiben soll.

Diese Betrachtungen erweisen sich aueh bel der Analyse pharma- kologiseher und vielleicht auch pathologischer Ver~nderungen des Stoffwechsels fruehtbar. Simonson und Richter 1) haben gezeigt, da• unter der Wirkung einer chronischen Vergiftung mit kleinen Schwefel- dosen der G.U. ansteigt, aber das ErholungsvermSgen stark beeintr~eh- tigt wird. Hier t r i t t also unter der Wirkung des Giftes eine StSrung der normalen Koppelung von Milchs~iurebildung und Oxydation ein, und man versteht es, daI~ die hierdurch bedingte Anh~iufung unvollst~indig abgebauter Stoffwechselprodukte zu Sch'~digungen fiihren muB, wie sie im subjektiven Befinden bel der chronischen Schwefe[vergiftung sehr deutlieh zutage traten.

Zusa~nmen/ass~~ng.

1. An drei Versuchspersonen wird der EinfluI~ des LTbungszustandes auf die l~estitutionsgesch~dndigkeit bei gleichbleibender ~iuSerer Arbeits- leistung untersucht.

2. Im Zust~nd der Ubung ist bei allen Versuchspersonen das Er- holungsvermSgen, d .h . die Beseitigungsgesch~~~indigkeit der Milch- saure, erh6ht.

3. Aus der Differenz des gefundenen Erholungsrfickstandes und des berechneten (s. Mitt. III) wird geschlossen, dal3 sich die Ausfiihrungs- art der Arbeit im Ubungszustande nicht oder nur wenig ~ndert.

4. Der Verbrauch pro Einheit geleisteter /iul]erer Arbeit blieb im Verlauf der L~bung bel allen Versuchspersonen konstant, ein Beweis, dal~ eine verbesserte Koordination kein unbedingt notwendiger Be- standteil des Ubungszustandes ist.

5. Die gefundene Restitutionsverbesserung ist ein Beweis far die Riehtigkeit der von Riesser gefiuI~erten Hs~pothese der "oEhnlichkeit oder Idendit~t des Vorgangs der Ubung mit dem Vorgang der Gift- gewShnung.

6. �9 normale gesetzmg{~ige Beziehung zwisehen der H6he des Grundumsatzes und der HShe des Erholungsverm6gens erscheint w~hrseheinlich.

Der Rockefeller-Foundation ist der eine von uns (S.) wegen der Ge- w/~hrung des Rockefellerstipendiums, wodurch das Zustandekommen dieser Arbeit erm6glicht wurde, zu Dank verpflichtet.

~) Si~~totzson und Richter, Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 116, 272. 1926.