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KLINISCHE WOCHENSCHRIFT 42. JAHRGANG, HEFT 11 1. JUNI 1964 ORIGINALIEN Zur Problematik der exokrinen Pankreasreaktion nach intravenSser Tolbutamid-Belastung bei Stoffwechselgesunden und Diabetikern Von B. KmCK, H.-J. LAUGh, H. BAIn~, H. JX~, H. J6cx~n und G. tIAAs-Sc~UREX Arts der Medizinisehen Klinik (ehem. Direktor: Prof. Dr. K. YOIT) und dem Ins~i~at fiir N[edizinisel]e Statts~ik und Dokumen~ation (Direktor:Prof. Dr. Dr. S. Xo~n~) der Universit~thiainz Die ffir die Pankreas-Funktionsdiagnostik ge- br/~uchlichen Provokationsmittel nnd die Reprodu- zierbarkeit der damit erh/~ltlichen Testergebnisse sind ans teehnisehen Grfinden in der klinisehen Anwendbar- keit yon untersehiedlichem Weft. Zur Pankreas- Funktionsprfifung diiffte mit Riieksicht auf die Aussehaltung resorptionsbedingter Fehler, neuraler Me- ehanismen und enteraler StSrungen des Pankreas- reflexes ein Provokationstest mit parenteral wirksamen Pankreasstimulatoren wie den physiologisehen intesti- nalen Sekretionshormonen Pankreozymin und Sekre- tin s ffir klinische Testzwecke zu bevorzugen sein. Da es bislang wenige parenteral ~drksame Pankreassekre- tionserreger gibt und die MSglichkeit der Kombination eines endokrinen nnd exokrinen Pankreas-Funktions. tests in Hinbliek auf klinisehe Brauchbarkeit zu prfifen war, untersuchten wir den die Pankreasexkretion gra- duell untersehiedlich beeinflussenden Suifonylharn- stoffeffekt in ldinisehen Untersuehungsserien mit intravenSsen Totbntamidgaben an Diabetikern und Stoffweehselgesunden. Tolbutamid*, ein oral und parenteral wirksames Antidiabetieum der Sulfonylharnstoffreihe, wird bei intraven6ser Anwendung zur Diabetes-Diagnostik ver- wandt2, n-la. Bei der Durehftihrtmg des intravenSsen Tolbntamid-Tests zeigte sieh eine stimulative Wh'k- samkeit dieser Substanz in bezug auf die Pankreas- diastaseexkretiong, 1°. Die exkretorisehe Pankreas- aktivit/~t unter Sulfonylharnstoffgaben wurde bisher nur unzureiehend experimentell untersneht ~, wobei eine Stimulation der Amylase-Sekretion gefunden und auf eine erh6hte proteosynthetische Aktivit/~t der Driisenzellen zur/iekgef/ihrt wnrde. Experimentelle Untersuchungen an Ratten mit einer Pankreasgang- fistel ergaben, dab Tolbutamid in hypoglykfi, misieren- den Dosen die Amylase-Sekretion steigert, jedoeh in deutlieh geringerem Ausmag als vergleiehend ver- wandte Parasympathieomimetica ~. Die h6ehste Amy- laseaktiviti~t naeh Tolbutamid-Stimulation ergab sieh stets in der ersten 2-Stundenperiode. Dabei trat die st/~rkste Amylasesekretion vor tier intensivsten Blutzuckersenkung eint,l°, n. Nach den ersten mitgeteflten Un~ersuehungsergebnissen e sind weitere klinische Resulmte yon Bosnia und P ~ A N ~ sowie G~LZOW ~ berichtet worden. Bereits frfiher vorliegende experimentelle Ergebnisse bei histologischer Pankreasunter- suchung nach SulfonylharnstoffbelastungS,SA 6 sowie klinische BeobachtungenS,S, is lieBen bereits vermuten, dab mit dem fiir die antidiabetischen Sulfonamide ehara, kteristischen hypo- glykEmisierenden Effekt such elne synchrone Stimulation des * Artosin® C. F. Boehringer & Soehne, lV[annheim, Rasti- non® Farbwerke Hoechst AG. Klin. Wsehr., 42. Jahrg. exkretorischen P~nkreasanteils einhergeht. Eigene, gemein- sam mit Lo~w und Rvex~s ~a durehgeffihi~e experimentelle Studien konnten eine direkte Einwirkung yon Tolbutamid auf das exokrine Pankreas im Tierversuch mit typischen, fiir die Sekretionsanregung beweisenden cellul/iren Ver/~nderungen sichern. Aufgabe der vortiegenden Untersuchung war es, die w~hrend des Tolbutamid-Tests ermittelten exokrinen Pankreas-Sekretionswerte yon 30 Stoffweehselgesun- den mit denen yon 13 Diabetikern zu vergleiehen. Beschreibung der Untersuchungsgruppen Die Untersuchungsgruppen der Stoffwechselge- sunden und Diabetikerwurden dem station/iren Kran- kengut entnommen. Wegen der relativ grogen Auf- wendigkeit der Prozedur fiir Versuehspersonen und Beobachter konnten nur Kollektive gewonnen werden, die such bei Bestehen signifikanter Untersehiede auf Grund ihrer Struktur Informationen statistisch hin- weisenden Charakters lieferten. Die Zusammensetzung der VergMehsgruppen ist aus Tabelle 1 zu entnehmen. Tabelle 1 Alter L bis 29 30~9 50 und mehr Summe Diabetiker Stoffweehselgesunde 2 -- 1 4 1 -- 3 11 4 6 3 8 7 I 6 I I 23 Sllmlne 7 15 21 43 Die Verteflung der stoffwechselgesunden Proban- den beztiglieh der Diagnosen, die w/~hrend der statio- n£ren Beobachtung gestellt wurden, gibt die Tabelle 2 wieder. Tabetle 2 Diagnose Fallzahl Gastritis ......... Ulcus ventric ........ Ulous duodeni ....... Zus~and nach Hepatitis . . . Ir~ktive chronische Hepatitis 11 2 3 10 4 Methodil~ der lclinischen Untersuchungen Den Probanden wurde bei intraduodenal ]iegender Lager- 15f- bzw. Bartelheimer-DoppelbMlonsonde vor Testbeginn in zwei Perioden yon 20 min Niichternsekret zur Messung der B~salsekretion entnommen. Der abtropfende Duodenalinhalt warde in eisgekiihlten Behg.ltern gesammelt, quantitativ ge- messen und sofort der Verarbeitung zugeffihrt. Zur Pankreas- provokation effolgte anschlieBend eine intraven5se Tolbut- amidinjektion (Standarddosis 1000 rag). Der Duodena]inhalt 34

Zur Problematik der exokrinen Pankreasreaktion nach intravenöser Tolbutamid-Belastung bei Stoffwechselgesunden und Diabetikern

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KLINISCHE WOCHENSCHRIFT 42. JAHRGANG, HEFT 11 1. JUNI 1964

O R I G I N A L I E N

Zur Problematik der exokrinen Pankreasreaktion nach intravenSser Tolbutamid-Belastung bei Stoffwechselgesunden und Diabetikern

Von B. KmCK, H.-J. LAUGh, H. BAIn~, H. J X ~ , H. J6cx~n und G. tIAAs-Sc~UREX

Arts der Medizinisehen Klinik (ehem. Direktor: Prof. Dr. K. YOIT) und dem Ins~i~at fiir N[edizinisel]e Statts~ik und Dokumen~ation (Direktor: Prof. Dr. Dr. S. Xo~n~) der Universit~t hiainz

Die ffir die Pankreas-Funktionsdiagnostik ge- br/~uchlichen Provokationsmittel nnd die Reprodu- zierbarkeit der damit erh/~ltlichen Testergebnisse sind ans teehnisehen Grfinden in der klinisehen Anwendbar- keit yon untersehiedlichem Weft. Zur Pankreas- Funktionsprfifung diiffte mit Riieksicht auf die Aussehaltung resorptionsbedingter Fehler, neuraler Me- ehanismen und enteraler StSrungen des Pankreas- reflexes ein Provokationstest mit parenteral wirksamen Pankreasstimulatoren wie den physiologisehen intesti- nalen Sekretionshormonen Pankreozymin und Sekre- tin s ffir klinische Testzwecke zu bevorzugen sein. Da es bislang wenige parenteral ~drksame Pankreassekre- tionserreger gibt und die MSglichkeit der Kombination eines endokrinen nnd exokrinen Pankreas-Funktions. tests in Hinbliek auf klinisehe Brauchbarkeit zu prfifen war, untersuchten wir den die Pankreasexkretion gra- duell untersehiedlich beeinflussenden Suifonylharn- stoffeffekt in ldinisehen Untersuehungsserien mit intravenSsen Totbntamidgaben an Diabetikern und Stoffweehselgesunden.

Tolbutamid*, ein oral und parenteral wirksames Antidiabetieum der Sulfonylharnstoffreihe, wird bei intraven6ser Anwendung zur Diabetes-Diagnostik ver- wandt2, n-la. Bei der Durehftihrtmg des intravenSsen Tolbntamid-Tests zeigte sieh eine stimulative Wh'k- samkeit dieser Substanz in bezug auf die Pankreas- diastaseexkretiong, 1°. Die exkretorisehe Pankreas- aktivit/~t unter Sulfonylharnstoffgaben wurde bisher nur unzureiehend experimentell untersneht ~, wobei eine Stimulation der Amylase-Sekretion gefunden und auf eine erh6hte proteosynthetische Aktivit/~t der Driisenzellen zur/iekgef/ihrt wnrde. Experimentelle Untersuchungen an Ratten mit einer Pankreasgang- fistel ergaben, dab Tolbutamid in hypoglykfi, misieren- den Dosen die Amylase-Sekretion steigert, jedoeh in deutlieh geringerem Ausmag als vergleiehend ver- wandte Parasympathieomimetica ~. Die h6ehste Amy- laseaktiviti~t naeh Tolbutamid-Stimulation ergab sieh stets in der ersten 2-Stundenperiode. Dabei t rat die st/~rkste Amylasesekretion vor tier intensivsten Blutzuckersenkung eint,l°, n.

Nach den ersten mitgeteflten Un~ersuehungsergebnissen e sind weitere klinische Resulmte yon Bosnia und P ~ A N ~ sowie G~LZOW ~ berichtet worden. Bereits frfiher vorliegende experimentelle Ergebnisse bei histologischer Pankreasunter- suchung nach SulfonylharnstoffbelastungS,SA 6 sowie klinische BeobachtungenS,S, is lieBen bereits vermuten, dab mit dem fiir die antidiabetischen Sulfonamide ehara, kteristischen hypo- glykEmisierenden Effekt such elne synchrone Stimulation des

* Artosin® C. F. Boehringer & Soehne, lV[annheim, Rasti- non® Farbwerke Hoechst AG.

Klin. Wsehr., 42. Jahrg.

exkretorischen P~nkreasanteils einhergeht. Eigene, gemein- sam mit Lo~w und Rvex~s ~a durehgeffihi~e experimentelle Studien konnten eine direkte Einwirkung yon Tolbutamid auf das exokrine Pankreas im Tierversuch mit typischen, fiir die Sekretionsanregung beweisenden cellul/iren Ver/~nderungen sichern.

Aufgabe der vortiegenden Untersuchung war es, die w~hrend des Tolbutamid-Tests ermittelten exokrinen Pankreas-Sekretionswerte yon 30 Stoffweehselgesun- den mit denen yon 13 Diabetikern zu vergleiehen.

Beschreibung der Untersuchungsgruppen Die Untersuchungsgruppen der Stoffwechselge-

sunden und Diabetikerwurden dem station/iren Kran- kengut entnommen. Wegen der relativ grogen Auf- wendigkeit der Prozedur fiir Versuehspersonen und Beobachter konnten nur Kollektive gewonnen werden, die such bei Bestehen signifikanter Untersehiede auf Grund ihrer Struktur Informationen statistisch hin- weisenden Charakters lieferten. Die Zusammensetzung der VergMehsgruppen ist aus Tabelle 1 zu entnehmen.

Tabelle 1

Alter L

bis 29

3 0 ~ 9

50 und mehr Summe

Diabetiker Stoffweehselgesunde

2 • - - 1 4

1 - - 3 11

4 6 3 8

7 I 6 I I 23

Sllmlne

7

15

21 43

Die Verteflung der stoffwechselgesunden Proban- den beztiglieh der Diagnosen, die w/~hrend der statio- n£ren Beobachtung gestellt wurden, gibt die Tabelle 2 wieder.

Tabetle 2

Diagnose Fallzahl

Gastritis . . . . . . . . . Ulcus ventric . . . . . . . . Ulous duodeni . . . . . . . Zus~and nach Hepatitis . . . Ir~ktive chronische Hepatitis

11 2 3

10 4

Methodil~ der lclinischen Untersuchungen Den Probanden wurde bei intraduodenal ]iegender Lager-

15f- bzw. Bartelheimer-DoppelbMlonsonde vor Testbeginn in zwei Perioden yon 20 min Niichternsekret zur Messung der B~salsekretion entnommen. Der abtropfende Duodenalinhalt warde in eisgekiihlten Behg.ltern gesammelt, quantitativ ge- messen und sofort der Verarbeitung zugeffihrt. Zur Pankreas- provokation effolgte anschlieBend eine intraven5se Tolbut- amidinjektion (Standarddosis 1000 rag). Der Duodena]inhalt

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Klinische 508 B. K~TIOK et at. : Exokrine P~nkreasreaktion nach intraven6ser Tolbutamid-Belastung Wochenschrift

D/~ze~rzwl~(b 5ummen Wuchiern~#~ ~#¢MemWart a/let pozt injecbon We rl e

AOaolute Diastase 8 6 5 0 0 1 5 6 7 7 0

Relczt~ve D~ustase 3 7 0 - -

Absolute Carboxypep t f 2, 8 ? 8, 7

Re/aft/re C(z~boxypepZ O, "[ - -

~ e k r e f - l m e n g e ('LO'O 5 6 , 2

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G e s u m d e r

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40 60 801001201¢0160180 B l u t z u c k e r

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5 e k r e t m e n g e

Abb. 1. ¥erlaufskurven van Blutzucker, Duodenalsekre~menge, absoluter und relativer Diastase sowie Carboxypentidase im Zeitablauf trod gegensei~igen Beziehungen nach Tolbutamid i.v. bei

einem S~offwechseIgesunden

Abso lu te D m s t o s e 2 7 2 0 0

Re la t i ve l ) i e s t e s e I 1 9 7

A b s o / u f e C~r~oxypepf - ~, I

Re /a t [ r e Carboxype~ - O~ 1

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D~abetlker Differenzzw$~ S u m m e n ~ummedWerfe SummedWer/e NbdffernweHe #o~t~h~ecHonem ooMmjedmnem hbbhztemWert o i le r minu3 2 x minus 3x }oEhnjeciton Werte Nucht~f~werf Nuchtemwe]~

126750 65850 Z~5 750

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76,5 22,5 4,5

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Abso] ~/o~2ose

T2~Ol v 200i

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~- 1#0 1 1 3 0 3 2 0

T t20 r 110

lea 71,5 L 90

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4- 50 I T 5°,, T #0 ~ 0,5 £ 3 0

3~ ° t I

5 e k r e # n o n g e

50

- 40

- 30

- 2 0

10

0

Abb. 2. Verlaufskurven van BluCzucker, OuodenaIsekretmenge, absoluter und relaMver Diastase sowie Oarboxypentidase im Zeitablauf un4 gegenseitigen Beziehungen nach Totbutamid t.v. bei

einem Diabetiker

wurde fiber weitere drei 20 min-Perioden gesamme]t und gesondert a~ggearbeitet. In gleiehem zeitlichem Abstand wurden die Blutzuekerwerte der Probanden naeh der enzym~tischen IVIethode 6 bestimmt. In den Fraktionen des Duodenalsekrets wurden die Fermentaktivit~ten der Dia- stase (n~ch Siv~T~ und Ro~ in der Modi- fikation nach SepAL) und de.r Carboxy- peptidase nach Scz[6~# 7 gemessen.

Statistische Auswertung Zur Ubersieht warden ztm&chst

van jedem Fall auf einem besonderen Blatt die Werte kurvenm/~Big dar- gestell% n&mlieh: Blutzueker, Se- kretmenge, absolute und relative Diastase sowie absolute und relative Carboxypeptidase im Zeitablauf und in ihren gegenseitigen Beziehungen. Dabei fiel eine auBerordentliehe Variabflit~t der Karvenabl/iuie i11 beiden Gruppen auf. Abb. 1 zeigt die Resultate eines Stoffweehselgesun- den und Abb. 2 die eines Diabetikers.

Trotz der grol~en individuellen VersehJedenheiten der Kurven wurde versueht, naeh Ar~ und St/irke des An- und Absteigens besondere Ver- laufstypen visuell zu erkennen. Es gelang jedoeh nicht, eine signifikante Hgufung eines Kurventyps inner- halb eines Kollektivs, so z. B. bei den Diabetikern, nsehzuweisen. Urn durch Errechnung besonderer ~lae- zahlen den Kurvenablauf und einen ibm eventuelle zugrunde liegenden Saehverh~lt zu kennzeichnen und fiber diese Ma~zahlen Gruppenunter- sehiede zu erfassen, wurden uus den Ausgangswerten weitere GrSBen ermittelt, welche die n~chste Ts,- belie enthglt (Tabelle 3).

Die Mal3zahlen wurden dureh eindimension~Ie Punktdiagramme veranschaulieht. Abb. 3 zeigt ffir die Gesamtexkretion eine grol3e Variabflitgt, aber keine Unter- sehiede in der mitt, leren Lage bdder Gruppen.

Zur Prfiiung, ob Untersehiede zwisehen GrSt~en der beiden Kol- lektive ~uBerhalb des Zufallberei- ehes lagen, zogen wir den Rang-Test naeh W ~ c o x o ~ # ~ heran, ein para- meterfreies Verfahren, dessen An- wendung an keme Voraussetzungen, z .B . beziiglieh der Vertei]ung der Ausgangswerte, gebunden ist. Ats signifikant betrachten wit ein Er- gebnis, wenn die Irrtumswahrsehein- liehkeit (P) hSchsten 0,27 % betr/~gt, und als ,,statistisch auffgllig", wenn sie fiber 0,27%, ]edoeh hTchstens bei 5% Iiegt.

Fiir die maximab exkretorisehe Einzelleistung und ffir den exkretori- sehen Uberschul~ naeh Tolbutamid-

Jg. 42, Heft 11 ]3. K~CK et a]. : Exokrine Pankreasreaktion nach intraven6ser Tolbutamid-Belastung 509 1. Jun i 1964

Tabetle 3

~qr. Ausgangswert Ma~zahl Erkl~rung der MaBzahl bzw. Erl~uterung des zu effassenden Sachverhaltes

I Sekretmenge Summe aller Wefts (also Nfiehtern- Gesamtexkretion Absolute Diastase wert und Werte post injectionem Absolute Carboxypeptidase (p. i.) nach 20, 40 und 60 rain)

2 Sekretmenge Differenz zwischen iNiichternwert GrSl~teAbweichungp.i.vomNfichtem. Absolute und relative Diastase und grSBtem Wert p.i. wertniveau als _&usdruek der maxi- Absolute und relative Caxboxypeptidase malen exkretorischen Einzetlei~tung

3 Sekretmenge Absolute Diastase Absolute Carbox)Teptidase

Summe aller Werte p.i. minus drei- fachem Niichternwert

Summe der Abweichungen p.i. veto Nfichternwertniveau als Ausdruok des exkretori~chen Uberschusses naoh Tol- butamid

Stimulat ion liel~en sich bei den absotuten Diastase- Wer ten (MaI~zahlen Zeile 2 und 3, Tabelle 3) signi- f ikante Unterschiede zwischen Diabetikern und Stoff- weehselgesunden aufzeigen, wie die graphische Dar- stellung der Differenzen zwischen l~iich- ternwert und maximalem Sekretionswert p.i. (Abb. 3) demonstr iert . Bei Stoff- weehselgesunden besteht naeh diesen Be- fm~den eine st/~rkere Tendenz zu hohen Sekretionswerten a]s bei Diabetikern.

Statistiseh atdfiillig sind die Resul ta te -~0 der relat iven Diastase a n d der absoluten Carboxypept idase (Differenzen s. Zefle 2, Tabelle 3).

Ergebnisse und Diskuss ion

Nach intravenSser Tolbutamidgabe ..

konnte flit die absoluten Diastasewerte des Duodenalsekretes ein signifikanter Untersehied zwisehen Diabet ikern and Stoffweehselgesunden gesichert werden. Statistiseh in gleieher Hinsicht atfff~tllig waren die Resul ta te der relat iven Diastase und der absoluten Carboxypeptidase. Zwi- sehen dem sekretorisehen Verhal ten der exokrinen Pankreasfunkt ion yon Diabetikern a n d Nichtdiabet ikern deuteten sieh somit faBbare Unter- schiede in Rich tung einer gesteigerten exkretorisehen Leis tung nach Tolbutamid-St imula t ion bei Stoff- weehselgesunden an. Die Sekret ionskurven beider Kollektive zeigten sine au6erordentt iehe Variabilit~t.

Die objektivierte Beeinflussung der exkretorischen Pankreasfunkt ion naeh Tolbutamid ist mSglicher- weise du tch sine endogen-reakt ive Steigerung der Selccetin- und Pankreozyminsekret ion, partielle auch als Folge einer Eigeninsulinwirkung mit Vermehrung der gastrointest inalen Saftsekretion8, ~s zu erkl~ren. Tolbu tamid regt die Pankreasenzymsekret ion an, jedoeh weniger intensiv als Pankreozymin und Sekre- t in oder Parasympath ieomimet ica . FOx die exokrine Funkt ionsprf i fung des P a n k r e a s ~ s t die intraven6se Tolbutamidbelas tung nieht gen/igend empfindlieh. Die Bes t immung der a b s o h t e n Diastaseexkret ion naeh Tolbutamidgaben weist auf eine unterschiedliehe exkre- torisehe Pankreasaktivit /~t bei Stoffweehselgesunden und Diabet ikern bin.

Zusammen~assung. Die Untersuchung der exkre- torischen Pankreasfunkt ion w~hrend des Tolbutamid- testes bei 30 Stoffweehselgesunden und 13 Diabetikern lie~ ffir die 1Y[al~zahlen der absoluten Diastasewerte signifikante Untersehiede (P ~ 0,27%) 'zwisehen bei-

den Gruppen erkennen. In gleicher Riehtung sta-

tistisch auff/~llig waren die Untersehiede der relat iven Diastase und der absoluten Carboxypeptidasewerte (0,27% ~ P ~ 5%). Die Befunde weisen atff sine

x x×x

...'..., ...

x xx x Oesunde x

1)/abefiker

I - [ I I I I I I I I I 1 - - I l --~ 0 4-10 20 30 #0 50 60 70 80 90 100 110 120 130 lqO

Maximale exkretorische Einzetieisfung der absolufen Diasfose

× V × × ×× × x × x xx x x xx x x x xx× OesuRde x ---e.×

326

• • • ~ • • • ~ • D l ' O ' ~ 3 e ] l / ~ e , ~

Gesamtexkreffon der absalufen Diastase

A b b . 3. Di f ferenzen zwischen N t i ch te rnwer t u n d m a x i m a l e n Sekret ionswer ten nach T o l b u t - a m i d i n j e k t i o n (oben) u n d S u m m e a l le r Wer te (un ten) der abso lu ten Diastase bei Stof f - wechselgesunden a n d Diabetikern. W~ihrend beim exsten Yergleich sin wesentliche~ Unter- schiefi de~ mittleren L~ge zwischen be]den Gruppen sichtbar wird, lassen sieh beim zweiten

Vergleich keine Unterschiede der mittteren Lage nachweisen

gesteigerte exkretorische Pankreasleis tung naeh Tol- bu tamid bei Gesunden gegeniiber Diabet ikern hin.

Conclusion. The secretory pancreatic function is studied dining the intravenous tolbutamide test in 30 normal persons and 13 diabetic patients. ]?or the evaluation of the secretion rate certain measures were developed. These measures showed significant differences in both groups of the absolute values of amylase (P ~ 0,27%), of amylase in percentage of secretion- volume and of absolute carboxypeptidase secretion (0,27% < P ~ 5 %). The results indicate that the excretory pancre- atic response as tested by tolbutamide is better in normal individuals than in diabetics.

Frl. ~:ULIS $I~o~¢ t~ben wir ffir die sorgf~ltige und flei- $ige Durehfiihrung der Fermentuntersuchungen zu danken; der Leitung der C. F.. Boehringer und Soehne GmbH., Matin- helm. sind wir fiir Uberlassung der Artosin®-Test-AmpuI]en sowie Unterstfitzm~g der Arbeit zu besonderem Dank ver- bunden.

Ziteratur. 1BOW:E~A, E., e G. PER~A~: ~astinon test e funzione esocrina del pancreas nell'uomo. Gaz. med. ital. 68, 687 (1963). - - e BRAt~rAC~A~X, H. D. : Tolbutamide and pan- creas activity of guinea-pigs. Curt. Sei. 28, 214 (1959). - - 3 CR:EUTZ~LDT, W . , u . H . D . SOLING: Orals Diabetestherapie and ihre experimente]len Grund_lagen. Ergebn. inn. Med. Kinderhei[k. 15 (1960). - - ~ GeT,zow, M., K. DrvcoK u. H. J. T ~ E ~ : Zur Verwendung yon Tolbutamid fiir die Sekretions- priifung des Pankreas. Dtsch. Z. Verdau.- u. Stoffweehselkr. 28, 7 (1963). - - 5 Gvs~cK, W., u. J. K~ACHT: Elektronen- mikroskopische Befunde am Inselorgan. 7. Symposion Dtseh. Ges. Endokrinologie, Homburg (Saar). Ber]in-GSttingen- Heidelberg 196], S. 109. - - 6 HVGO]~T, A. ST. G., and D. A.

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510 J. Ross und P. B6n3~: Immunologische Charak~erismrung yon Gewebsantigenen Klinische Wochenschri f~

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Immunologische (3harakterisierung von Gewebsantigenen des menschlichen Zentralnervensystems * Von

J. R o s s und P. B 6 ~

Aus der ~Iedizinischen Universi~tsklinik ffir Innere nnd Nervenkrankheiten Bonn-Venusberg (Direktor: Prof. Dr. A. H~g~i~R)

Die Autosensibilisierung gegen k6rpereigene Zellen und Gewebsbestandteile stellt ein interessantes und in seiner Bedeutung noch nicht aufgeMgrtes gemeinsames Prinzip versehiedener chroniseher entzfindlieher Er- k rankungen dar, insbesondere des Lupus erythema- todes disseminatus, der lymphoeyt/~ren Thyreoidit is und der , , rheumatischen" Endo-Myokardi t is . Auto- immunisierungsvorg/~nge werden auch in der Pa tho- genese entz/indlieher E rk rankungen des Nerven- systems vermute t , insbesondere fiir die parainfek- tiSsen bzw. postvaceinalen Encephalomyeli t iden, die multiple Sklerose und die , , idiopathische" Poly- radikuloneuri t is Guillain-Barr~ (P~TT~ n, SCH~A- DE~I) . Der Nachweis der Autosensibilisierung gegen GewebsbestandteiIe des mensehliehen Nervensys tems konnte jedoch bisher nieht mi t einer direkten Technik geffihrt werden. G~o~GI und F I S C ~ s ha t t en im Jahre 1931 komplementb indende AntikSrper gegen t t i rngewebe bei der Lues des Mensehen beschrieben. Wenige J ah re sp/iter haben SAc~s und STEI~¢~ ~° festgestellt, dab Blutseren yon K r a n k e n mi t mult ipler Sklerose mi t alkoholischen E x t r a k t e n aus mensch- liehem Gehirn unter Komplemen tve rb rauch reagieren kSnnen. Bei Naehuntersuehungen wnrden jedoeh keine i ibereinst immenden Resut ta te erzielt: W/thrend FI~IOX 5, RO]SME~, SCI4~LD und SCH~ADE~ ~ sowie DELA~K a und RASKIN ~s diese Ergebnisse best/~tigen konnten, kamen Lu~sD]~I¢, KABAT, WOLF und B~z~a ~ sowie BAv)m und H~I¢~A~¢¢¢ ~ zu weitgehend negat iven Resul ta ten. - - Die Xomplement -Bindungs- technik besitzt allerdings in Anwendung auf diese Problemstel inng einige wesentliche Naehtei le: AIko- holische E x t r a k t e aus Hirngewebe wirken oft unspe- zifisch h/~molysehemmend. AuBerdem kann die Spe- zifit/~t der Reakt ion nicht im gleiehen Ansatz fiber- prfift werden.

Nachdem die von Ovcg~sa~o~cv s angegebene Teehnik der Diffusion und Pr/ieipitation im Agargel Ms ein neues und leistungsf/~higes Verfahren zum direkten Naehweis yon Ant igen-Ant ik6rper-Reak- t ionen zur Verffigung stand, haben wir die Ouchter- lony-Technik zur Unte rsuchung yon Gewebsantigenen

* Mit Unterstiitzung durch die Deutsche Forsehungs- geraeinsch~ft.

des Nervensys tems und zirkulierenden AntikSrpern eingesetzt (Ross15). Zun/iehst ergab sieh die Notwendig- keit, E x t r a k t e aus Iff_irngewebe herzustellen, die wasser- 15slieh, im AgargeI diffusionsf/ihig und prfi.cipitierbar sind. Wir ha t ten festgestellt, dab einfaehe salinisehe Ext rak te , die durch meehanisches t tomogenisieren, Frieren- und Tau-Verfahren sowie Zentrifugierung hergestellt waren, durch Antiseren nicht in siehtbarer Weise pr/ieipitiert werden. Die Ursaehe besteht wahr- scheintieh darin, dab diese E x t r a k t e das betreffende Ant igen nicht oder in zu geringer Konzen t ra t ion ent- halten. Wir haben daraufhin eine Methode ange- wandt , die yon COLE, CI¢OMARTIE und WATSO~ ~ zur Herstel lung yon Ant igenext rakten aus Nierengewebe angegeben worden ist. Das Prinzip dieser Teehnik besteht darin, Tryps in auf Gewebshomogenate ein- wirken zu lassen. I n frfiheren VerSffentlichungen (Ross und VO~LAE~DE~ 17, R o s s 15) wurde gezeigt, dal3 organeigene Gewebsantigene aus Rat tennieren sowie aus Rat, tengehirn durch die Technik der Trypsin- spal tung freigesetzt werden kSnnen.

]in der vorliegenden VerSffentlichung wird die I ter- stellung und immunologische Charakterisierung yon Gewebsextrakten aus mensehlichem Gehirn be- sehrieben. Die ausffihrliche Besehreibung erfolgtins- besondere aus dem Grund, weil diese E x t r a k t e yon uns als Antigenpr/ iparate bei(klinischen IUntersuchungen verwendet werden. Gegenstand dieser Untersuehun- gen ist der Nachweis yon pr£cipit ierenden AntikSrpern im Serum yon Kranke n mit mult ipler Sklerose und anderen entzfindlichen E rk rankungen des Nerven- systems (R.oss16).

Material und Methodik

a) HerstelIung der AntigenprS~arate. 10 g frisches mensch- liches Hirngewebe aus dem Marklager einer ttemisph~re werden mit 10 mt physiologischer KochsalzlSsung homogeni- siert** und mit 0,1 molarer Natrium-Borat-L6sung (ca 20 ml) auf pH8,0 eingestellt. Nach Zusatz yon 100mg kristal- linem Trypsin*** wird der Ansatz fiir 3 Std im Wasserbad bei 37°C inkubiert. Der pH-Wert sinkt w~hrend dcr Beb~4itung mit Trypsin ab. Kontrollen des pH mit einem

** Homogenisator nach POTTER-EL¥~J:Ei~L Hersteller: B. Braun, Melsungen.

*** E. Merck AG, Darmstadt.