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Zur registrierenden Ermittlung der Molekulargewichts- verteilung von Polymeren PROF. DR. H.-J. CANTOW, DIPL.-CHEM. E. SIEFERT UND DIPL.-PHYS. R. KUHN Lehrstuhl fur physikalische Chemie der makromolekularen Substanzen, Institut fur makromolekulare Chemie der Universitat Freiburg i. Br. Herrn Prof. Dr. F. Broich zum 60. Geburtstag Mit dem Ziel, die Molekulargewichtsverteilung Polymerer registrierend zu ermitteln, wurde zuntichst eine Trennkolonne vom Baker-Williams-Typ entwickelt, die anstatt des ublichen LosungsmittellFtillungsmittel-Gemisches nur e i n kritisches Losungsmittel verwendet. Die Konzentration der nach dem Molekulargewicht aufgetrennten Poly- meren im Eluat der Kolonne wird kontinuieriich mittels eines Differentialrefrakto- meters bestimmt. - AuBerdem wurde eine Kapillarkolonne fur die Fraktionierung kleinster Polymermengen ebenfalls mit refraktometrischer Registrierung der Konzen- trationen der aufgetrennten Polymeranteile gebaut. Diese Mikrokolonne scheint dazu geeignet, mit .einer zusatzlich entwickelten kontinuierlich registrierenden Einheit ZUI Messung des molekularen Streulichts kombiniert zu werden, so daB synchron mit dem FraktionierungsprozeB die Molekulargewichtsverteilungskurve aufgezeichnet werden konnte. Durch Messung in einem pseudoidealen Losungsmittel wird bei V,erwendung einer speziellen optisch-elektronischen Anordnung eine direkte Molekulargewichts- bestimmung auch dann ermoglicht, wenn die molekulare Lichtsfreuung durch intra- partikulare Interferenzeffekte geschwacht ist. Problemstellung Die Kinetik ihrer Bildungsprozesse bringt es zwangs- laufig mit sich, daD synthetische Polymere aus Makro- molekulen uneinheitlicher Kettenlange bestehen. Ihre Molekulargewichtsverteilungskurve interessiert nicht nur vorn theoretischen Standpunkt, bezuglich der Poly- merisationskinetik, sondern auch aus der Sicht der an- wendungstechnischen Praxis; denn die physikalischen und technologischen Eigenschaften von plastischen Kunststoffen und Kautschuken werden nicht nur vom mittleren Molekulargewicht, sondern auch sehr stark von der Molekulargewichtsverteilung beeinfluDt. So werden z. B. die Schmelzviscositat') und damit die Spritzbarkeit von Kunststoffen mit breiter werdender Verteilung, also zunehmendem Anteil Niedermolekula- rer, verbessert. Es besteht also ein Interesse, Molekulargewichtsver- teilungskurven mit vertretbarem Aufwand und mog- lichst exakt zu ermitteln. Dabei ist auch fur Untersu- chungen in der industriellen Praxis eine hohe Prazi- sion und Auflosung des Trennverfahrens nach dem Molekulargewicht erforderlich; denn vielfach bewirken auch geringe Unterschiede in der Molekulargewichts- verteilung - experimentell zuweilen kaum feststell- bar - signifikante Anderungen in den anwendungs- technischen Eigenschaften der Polymeren. B isher b ekann t e V e r f ahr en Die klassische Methode zur Ermittlung der Molekular- gewichtsverteilung, die F a 1 1 u n g s f r a k t i o n i e - run g , ist zu aufwendig, urn fur Routinemessungen dis- kutabel zu sein. Die L 6 sung s f r a k t i o n i e r u n g , z. B. in ihrer Modifikation nach Fuchs?), brachte hier wesentliche Fortschritte. Auch die Auswertung von Sedimentationsdiagrammen aus der U 1 t r a z e n t r i - f u g e3) ermoglicht eine rasche Ermittlung solcher Ver- teilungen, seit man durch Verwendung pseudo-idealer Lo~ungsmittel~) auf die Messung von Konzentrations- reihen verzichten konnte. SchlieDlich trennt auch die Tr ii b un gs t i t r a t i o n ausgezeichnet nach dem Polymeri~ationsgrad~). Allerdings macht die quantita- tive Interpretation der turbidimetrischen Kurven prin- zipielle Schwierigkeiten. Das erste registrierende Verfahren zur Bestimmung der Molekulargewichtsverteilung, das sich in der Pra- xis eingefuhrt hat, ist die G e 1 p e r m e a t i o n s - C h r o m a t o g r a p h i e'). Hier wird die vom Poly- merisationsgrad abhangige Diffusionsgeschwindigkeit geloster Makromolekule in gequollene Gele hinein zur Trennung ausgenutzt. Die Polymerkonzentration im Eluat aus solchen Gelsaulen kann spektrophotome- trisch oder refraktometrisch registriert werden. Die beste Auflosung hinsichtlich der Fraktionierung nach dem Molekulargewicht brachte bisher das Verfah- ren von Baker und Williams6). Nachteile dieser Me- thode sind der erhebliche Zeit- und Arbeitsaufwand. Ziel dieser Arbelt Ziel dieser Arbeit ist es, Ansatze aufzuzeigen, wie sich eine raschere, registrierende Ermittlung der Moleku- largewichtsverteilung nach einem sich an das Baker- Williams-Prinzip anlehnenden Verfahren ermoglichen 1aRt. Es wird dabei nicht nur angestrebt, eine Methode zu finden, die bezuglich der Anwendbarkeit in der *) Vgl. a. S. M. Atlas u. H. F. Mark, diese Ztschr. 3?, 1192' 1204 [1965]. 1032 Chemie-1ng:Techn. 38. Jahrg. 1966 1 Heft 10

Zur registrierenden Ermittlung der Molekulargewichtsverteilung von Polymeren

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Page 1: Zur registrierenden Ermittlung der Molekulargewichtsverteilung von Polymeren

Zur registrierenden Ermittlung der Molekulargewichts- verteilung von Polymeren

PROF. DR. H.-J. CANTOW, DIPL.-CHEM. E. SIEFERT UND DIPL.-PHYS. R. KUHN

Lehrstuhl fur physikalische Chemie der makromolekularen Substanzen, Institut fur makromolekulare Chemie der Universitat Freiburg i. Br.

Herrn Prof. Dr. F. Broich zum 60. Geburtstag

Mit dem Ziel, die Molekulargewichtsverteilung Polymerer registrierend zu ermitteln, wurde zuntichst eine Trennkolonne vom Baker-Williams-Typ entwickelt, die anstatt des ublichen LosungsmittellFtillungsmittel-Gemisches nur e i n kritisches Losungsmittel verwendet. Die Konzentration der nach dem Molekulargewicht aufgetrennten Poly- meren im Eluat der Kolonne wird kontinuieriich mittels eines Differentialrefrakto- meters bestimmt. - AuBerdem wurde eine Kapillarkolonne fur die Fraktionierung kleinster Polymermengen ebenfalls mit refraktometrischer Registrierung der Konzen- trationen der aufgetrennten Polymeranteile gebaut. Diese Mikrokolonne scheint dazu geeignet, mit .einer zusatzlich entwickelten kontinuierlich registrierenden Einheit ZUI

Messung des molekularen Streulichts kombiniert zu werden, so daB synchron mit dem FraktionierungsprozeB die Molekulargewichtsverteilungskurve aufgezeichnet werden konnte. Durch Messung in einem pseudoidealen Losungsmittel wird bei V,erwendung einer speziellen optisch-elektronischen Anordnung eine direkte Molekulargewichts- bestimmung auch dann ermoglicht, wenn die molekulare Lichtsfreuung durch intra- partikulare Interferenzeffekte geschwacht ist.

Problemstellung

Die Kinetik ihrer Bildungsprozesse bringt es zwangs- laufig mit sich, daD synthetische Polymere aus Makro- molekulen uneinheitlicher Kettenlange bestehen. Ihre Molekulargewichtsverteilungskurve interessiert nicht nur vorn theoretischen Standpunkt, bezuglich der Poly- merisationskinetik, sondern auch aus der Sicht der an- wendungstechnischen Praxis; denn die physikalischen und technologischen Eigenschaften von plastischen Kunststoffen und Kautschuken werden nicht nur vom mittleren Molekulargewicht, sondern auch sehr stark von der Molekulargewichtsverteilung beeinfluDt. So werden z. B. die Schmelzviscositat') und damit die Spritzbarkeit von Kunststoffen mit breiter werdender Verteilung, also zunehmendem Anteil Niedermolekula- rer, verbessert.

Es besteht also ein Interesse, Molekulargewichtsver- teilungskurven mit vertretbarem Aufwand und mog- lichst exakt zu ermitteln. Dabei ist auch fur Untersu- chungen in der industriellen Praxis eine hohe Prazi- sion und Auflosung des Trennverfahrens nach dem Molekulargewicht erforderlich; denn vielfach bewirken auch geringe Unterschiede in der Molekulargewichts- verteilung - experimentell zuweilen kaum feststell- bar - signifikante Anderungen in den anwendungs- technischen Eigenschaften der Polymeren.

B i s h e r b e k a n n t e V e r f a h r e n

Die klassische Methode zur Ermittlung der Molekular- gewichtsverteilung, die F a 1 1 u n g s f r a k t i o n i e - r u n g , ist zu aufwendig, urn fur Routinemessungen dis- kutabel zu sein. Die L 6 s u n g s f r a k t i o n i e r u n g , z. B. in ihrer Modifikation nach Fuchs?), brachte hier

wesentliche Fortschritte. Auch die Auswertung von Sedimentationsdiagrammen aus der U 1 t r a z e n t r i - f u g e3) ermoglicht eine rasche Ermittlung solcher Ver- teilungen, seit man durch Verwendung pseudo-idealer Lo~ungsmit te l~) auf die Messung von Konzentrations- reihen verzichten konnte. SchlieDlich trennt auch die T r ii b u n g s t i t r a t i o n ausgezeichnet nach dem Polymeri~ationsgrad~). Allerdings macht die quantita- tive Interpretation der turbidimetrischen Kurven prin- zipielle Schwierigkeiten.

Das erste registrierende Verfahren zur Bestimmung der Molekulargewichtsverteilung, das sich in der Pra- xis eingefuhrt hat, ist die G e 1 p e r m e a t i o n s - C h r o m a t o g r a p h i e'). Hier wird die vom Poly- merisationsgrad abhangige Diffusionsgeschwindigkeit geloster Makromolekule in gequollene Gele hinein zur Trennung ausgenutzt. Die Polymerkonzentration im Eluat aus solchen Gelsaulen kann spektrophotome- trisch oder refraktometrisch registriert werden.

Die beste Auflosung hinsichtlich der Fraktionierung nach dem Molekulargewicht brachte bisher das Verfah- ren von Baker und Williams6). Nachteile dieser Me- thode sind der erhebliche Zeit- und Arbeitsaufwand.

Z i e l d i e s e r A r b e l t

Ziel dieser Arbeit ist es, Ansatze aufzuzeigen, wie sich eine raschere, registrierende Ermittlung der Moleku- largewichtsverteilung nach einem sich an das Baker- Williams-Prinzip anlehnenden Verfahren ermoglichen 1aRt. Es wird dabei nicht nur angestrebt, eine Methode zu finden, die bezuglich der Anwendbarkeit in der

*) Vgl. a. S. M. Atlas u. H . F. M a r k , diese Ztschr. 3?, 1192' 1204 [1965].

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Routine mit der Gelpermeations-Chromatographie kon- kurrieren kann, sondern die auch - wie das Baker-Wil- liams-Verfahren- zusatzliche Informationen gibt. Es be- stehen namlich prinzipielle Unterschiede zwischen bei- den Trennverfahren, die dann wesentlich werden, wenn man neben Unipolymeren Copolymerisate betrachtet. Unipolymere sind aus e i n e m sich fortlaufend wieder- holenden Grundbaustein aufgebaut, Copolymere aus zwei oder mehr Arten von Grundbausteinen. Dabei kann die mittlere Sequenzlange - aus Monomeren e i n e r an der Polymerisation beteiligten Komponente aufgebaut - entsprechend der Kinetik der Bildungs- prozesse selbst bei konstanter Bruttozusammensetzung des Copolymeren verschieden sein. Die Loslichkeit der Copolymerisate wird dann durch die Verteilungen be- zuglich Zusammensetzung, Sequenzlange u n d Mole- kulargewicht beeinfluBt. Auch bei Polymeren, die aus nur e i n e m Monomeren aufgebaut sind, kann die Art der Aneinanderreihung verschieden sein. So konnen monosubstituierte Olefine in d- und I-Stellung einpoly- merisieren, also bei regelmaBiger Anordnung iso- oder ~yndiotaktische~', bei statistisher ataktische Polymere Iiefern. Der konfigurative Aufbau beeinfluBt in ahn- licher Weise wie der chemische die Loslichkeit der Copolymeren.

Parallel dazu sind die anwendungstechnischen Daten chemischer und konfigurativer Copolymerer sehr stark von der Art der Aneinanderreihung der Grundbau- steine abhangig. So ist z. B. eine Mischung (Polyblend) aus Polyathylen und Polypropylen ein hochschmelzba- rer, zaher Kunststoff, dessen Eigenschaften sehr stark vom Grad der Taktizitat des Polypropylens abhangen. Ein statistisches Copolymerisat aus gleichen Teilen Athyien und Propylen hingegen liefert einen hoch- elastischen Kautschuk.

Bei der Trennung solcher Copolymerer nach der Zu- sammensetzung versagt die Gelpermeations-Chroma- tographie weitgehend. Sie trennt im wesentlichen nur nach dem Molekulargewicht. Der Grund liegt darin, daB man hier in thermodynamisch guten Losungsmit- teln8) arbeiten muB, um eine Adsorption geloster Ma- kromolekule am GeI zu vermeiden. In solchen Solven- tien sind die Durchmesser der Knauel, die die Makro- molekule in Losung bilden, zumindest bei Copoly- nieren mit gleichem Ruckgrat praktisch nur vom Mole- kulargewicht und nicht vom Mikroaufbau der Kette abhangig. - Die Baker-Williams-Kolonne aber, deren Trennwirkung auf Loslichkeitsunterschieden der Ma- kromolekiile beruht, trennt sowohl nach Molekular- gewicht, wie nach chemischem u n d konfigurativem Aufbau.

Kolonnen in Anlehnung an das Baker-Williams-Prinzip

M i t L o s u n g s m i t t e l u n d F a l l u n g s - m i t t e l a r b e i t e n d e K o l o n n e

Bei der normalen F a 11 u n g s f r a k t i o n i e r u n g wird einer Losung des Polymeren sukzessive Fallungs- mittel zugefiigt. Zuerst scheiden sich die hochstmole- kularen Anteile ab. Nach Absetzen und Abtrennen des Niederschlages wird nach weiterer Fallungsmittel-Zu- gabe die zweite Fraktion abgetrennt und so fort. Fur die isolierten und ausgewogenen Fraktionen wird das

Molekulargewicht bestimmt. -4us den Massenanteilen und den Molekulargewichten konstruiert man dann die Molekulargewichtsverteilungskurves).

Bei der B a k e r - W i 11 i a m s - K o 1 o n n e kombiniert man den Effekt der molekulargewichtsabhangigen Fal- lung durch Variation des Verhaltnisses von Losungs- mittel und Fallungsmittel mit einem solchen durch Tem- peraturanderung.

In ein mit Glasperlen gefulltes Rohr wird am unteren Ende das zu trennende Polymere eingebracht. Der Kopf dieser Kolonne wird auf einer niedrigeren Temperatur als ihr Boden gehalten. Es stellt sich so ein lineares Temperaturgefalle ein. Ein Losungsmittel/Fallungsmit- tel-Gemisch, mit der Zeit immer losungsmittelreicher werdend, wird von unten her durch die Kolonne ge- pumpt. Werden zu Beginn des Trennprozesses nieder- molekulare Anteile aus dem Polymeren gelost, so er- folgt beim Ubergang in den kalteren Bereich Phasen- trennung. Bei ,,fetter" werdendem Gemisch erfolgt Wie- derauflosung. So kommt - ohne daB hier auf die Theo- rie des Trennprozesses und besonders die kinetischen Effekte'O) naher eingegangen werden sol1 - uber dau- ernde Prazipitation und Auflasung die fur diese Ko- lonne typische, hervorragende Trennleistung zustande.

Die Nachteile dieser Methode sind der groI3e Zeit- bedarf fur die Auftrennung und die Notwendigkeit, das Eluat in Fraktionen zu unterteilen, diese aufzuar- beiten, auszuwiegen und auf ihr Molekulargewicht hin zu untersuchen. Dabei geht Information, die die Ko- lonne effektiv wegen ihres sehr guten Auflosungsver- mogens liefert, dadurch verloren, daB zu groRe Mengen an fraktionierter Substanz zur Charakterisierung beno- tigt werden. Steile Flanken in Verteilungskurven wer- den dadurch verbreitert wiedergegeben.

AuBerdem ist eine direkte Registrierung der Polymer- konzentration am Kolonnenausgang problematisch, weil ein ternares System fur die Fraktionierung benutzt wird. Eine refraktometrische Bestimmung sollte prin- zipiell mit isorefraktiven Losungs- und Fallungsmitteln moglich sein. Die Chance, ein solches System zu finden, das gleichzeitig gute Trennfahigkeit aufweist, ist rela- tiv gering.

M a k r o - @ - K o i o n n e

Eine fraktionierte Fallung 1aOt sich nicht nur aus ter- naren, sondern - mit noch verbesserter Trennwirkung - auch aus binaren Losungssystemen erreichen. Be- kanntlich ist die Fraktionierung aus einem ternaren System gewohnlich desto besser, j e niedriger die Poly- merkonzentration und j e thermodynamisch schlechter Losungs- und Fallungsmittel sind. Der Grenzfall ist das sog. @-Losungsmitte14), bei dem sich die Phasen ent- sprechend ihrem Molekulargewicht allein durch Tem- peraturerniedrigung trennen lassen.

Auf die Baker-Williams-Kolonne angewendet, bedeu- tet das, daB nicht nur ein Temperaturgradient entlang der Saule aufrechtzuerhalten ist, sondern daB aufh die Temperaturniveaus von Kolonnenkopf und -boden mit der Zeit anzuheben sind; denn dadurch wird - ohne zusatzliche Zugabe einer dritten Komponente -- die thermodynamische Losungsgute des @-Solvens verbes- sert. Die kontinuierliche Registrierung der Polymer-

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konzentration des am Saulenkopf austretenden Eluats ist dann im Zweikomponentensystem refraktometrisch moglich.

Aufbau der Apparatur

In Abb. 1 ist die von uns aufgebaute, mit e i n e m kritischen Losungsmittel arbeitende Kolonne skizziert. Durch die mit 1 bis 6 bezeichneten Apparateteile wird das Losungsmittel zunachst entgast, da Gasblasen die Registrierung am Kolonnenausgang empfindlich storen. Mittels der Pumpe 20 (LKB-Miniflow) wird das Solvens, durch eine T-Verbindung in zwei Strome geteilt, ein- ma1 iiber den Probenbehalter 21 und die mit kleinen Glaskugeln gefiillte Kolonne in die MeDzelle und zum anderen direkt durch die Referenzsaule in die Ver- gleichszelle des die Polymerkonzentration anzeigenden Differentialrefraktometers 23 gepumpt.

Das aus der Vergleichszelle austretende Losungsmittel flieRt in den Vorratsbehalter 9 zuriidc. Mittels einer zweiten Pumpe 22 und des Uberlaufrohrs I 1 werden das Niveau im Reservoir 4 der Entgasungsanordnung und damit der Vordruck konstant gehalten.

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Abb. 1. Mit einem kritischen Losungsmittel arbeitende Makro- Kolonne 1 Calciumchlorid-Rohr, 2 Kuhler, 3 Claisen-Aufsdtz, 4 Lo- sungsmittelbehalter, 5 Heizung, 6 Dreiwegehahn, 7 Fritte, 8 Manometer, 9 Vorratsbehalter, 10 Zuleitung fur Losungs- mittel, 11 Uberlaufrohr, 12 Temperierschlangen, 13 Kolonnen- rohr, 14 Bleifullung, 15 auDeres Mantelrohr, 16 bis 18 Umgehungsleitung, 19 elektrische Heizung, 20 Pumpe, 21 Pro- benbehalter, 22 Pumpe, 23 Refraktometer, 24 Elektronik, 25 Schreiber, 26 Fraktionssammler

Uber die Apparateteile 16 bis 18 ist es moglich, unter Umgehung des Probenbehalters 21 den MeDstrom di- rekt durch die Saule zu leiten. Dies ist beim Einfahren der Saule wesentlich. Alle Leitungen der Apparatui, in denen polymer-haltige Losung flieRt, sind elektrisch beheizbar 19, um ein Ausfallen des Gelosten zu ver- meiden.

Das zu trennende Polymere wird in Lijsung mit einer Injektionsspritze in den Probenbehalter 21 (vgl. a. Abb. 2) eingebracht. In diesem befinden sich als Trdger-

Abb. 2. Probenbehalter zur Kolonne nacfi Abb. 1 1 unterer Dedtel, 2 Temperiermantel, 3 Hauptventile, 4 obc- rer Deckel, 5 Siebplatte mit VA-Netz, 6 Zu- und AbfluR, 7 AuslaDstutzen fur Temperierflussigkeit, 8 Injektionsstellr, 9 Ventil zu 8, 10 Innenrohr zur Aufnahme der Fullung.

material dienende feine Glaskugeln, auf denen sich dann bei langsamem Abkiihlen die Niederschlage ab- scheiden. Dadurch wird bereits eine Vorfraktionierung erreicht. Der Fliissigkeitsstrom tritt dann von unten in das Kolonnenrohr 13 ein. Der Temperaturgradient langs der Saule wird iiber Fliissigkeits-Thermostaten (Gebr. Haake KG) und Rohrschlangen 12, die am Boden und Kopf der Saule in den isolierten Mantel 15 einge- bettet sind, erzielt. Da der Raum zwischen Trennrohr 13 und Mantel 15 mit Blei 14 gefiillt ist, wird eine so gute Warmeleitung entlang der Kolonne erreicht, dafi der Temperaturgradient zwischen Kopf und Boden linear ist (vgl. Abb. 3). Wahrend des Trennprozesses

Temperatur 1

Abb 3 Trxmpvratur- gradient in der Kolonnc. nach Abb. 1.

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werden die Temperaturniveaus von Boden und Kopf, linear programmiert, mit unterschiedlicher Geschwin- digkeit in der Weise ang-ehoben, daD schlieDlich a n beiden Enden der Saule dieselbe Temperatur herrscht (vgl. auch Abb. 4). Nach einer relativ kurzen isother- men Periode ist die Fraktionierung beendet.

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Abb. 4. Mit e i n e m kritischen Losungsmittel arbeitende Mikro-Kolonne 1 Losungsmittel-Vorrat, 2 ProbeneinlaO, 3 Kapillare in Heiz- mantel, 4 Losungsmittel-Zuleitung, 5 Refraktometer, 6 Frak- tionssammler, ? Sdreiber .

Nach Durchgang durch die Kolonne wird die Konzen- tration der beziiglich des Molekulargewichts aufge- trennten Makromolekule im Eluat kontinuierlich regi- striert. Dazu dienen das Refraktometer 23, dessen Elektronik 24 und der Kompensationsschreiber 25. Der Fraktionssammler 26 erlaubt das Isolieren von Frak- tionen in voreinstellbaren Abstanden.

Leistungsfahigkeit und Moglichkeiten zur Verbesserung

Mil dieser Kolonne konnten wir storungsfreie Fraktio- nierungen von Polystyrol in Methylcyclohexan erzie- len. Dabei liefi sich allerdings nicht vermeiden, daB wahrend des Fraktionierungsprozesses ein geringer Anteil des Polymeren auf der Oberflache der Glas- kugeln im Kolonnenrohr selbst dann absorbiert wird, wenn diese vorher mit Polystyrol-Losung behandelt wurden. (Diese Absorption 1aBt sich mit der Mikro-@- Kolonne, vgl. unten, weitgehend vermeiden.)

Mit dieser Trennsaule gelang also die kontinuierliche Registrierung der Polymerkonzentration im Eluat, nicht jedoch eine fortlaufende Ermittlung der Molekular- gewichte. Prinzipiell muBten sich diese bei genauerer Kenntnis der durch den Temperaturverlauf in der Ko- lonne und die Ausgangs-Polymerkonzentration be- stimmten Loslichkeitsverhaltnisse und aus dem die Konzentration der Anteile eines bestimmten Moleku- largewichts liefernden Refraktometerdiagramm ablei- ten lassen. Versuche und Rechnungen dazu sind im

Gange. Ein EinfluD molekularer Verzweigung wurde allerdings so erhaltene Daten verfalschen. Ahnliche systematishe Abweichungen treten ja auctr dann auf. wenn man die Fraktionen nach der Auftrennung iso- liert, viscosimetrisch miBt und nach bekannten Bezie- hungen aus der Viscositatszahl die Molekulargewichte ableitet. Deshalb bleibt eine direkte Ermittlung der Molekulargewichte am Kolonnenausgang nach einer Absolutmethode erstrebenswert (vgl. S. 1036).

M i k r o - 0 - K o l o n n e

Diese Trennsaule wurde entworfen, um einerseits Ab- sorptionseffekte zu verringern und andererseits mit sehr kleinen Probenmengen arbeiten zu konnen"). Es zeigt sich namlich, daB eine Substanzmenge von N 5 mg ausreichend sein durfte, um Polymerkonzentration u n d Molekulargewicht nach der Trennung kontinuier- lich zu registrieren und die differentielle Massenvertei- lungsfunktion zu sdreiben.

Auch die iiblichen Makro-Kolonnen verarbeiten ja mit etwa 1 g eine Substanzmenge, die fur die Identifizie- rung der Fraktionen zu kleine Mengen liefert, falls man die AufIosung des Trennprozesses wirklich ausnutzen will. Es erscheint also zweckmaoig, eine analytische Mikro- u n d eine praparative Makro-Kolonne anzustre- ben. Letztere konnte dann genugend groDe Fraktionen liefern, an denen einwandfrei MoIekulargewicht u n d - bei Copolymeren - &emis&@ und konfigurative Zusammensetzungen ermittelt werden konnen. Eine solche praparative Saule wird hier ebenfalls zur Zeit entwickelt.

Mit einer Mikrokolonne hingegen lassen sich auch sehr kleine Fraktionen auf ihre molekulare Einheitlichkeit untersuchen. Andererseits kann man darin kleinste Proben auftrennen, die man Polymerisationsansatzen im Verlaufe des Umsatzes entnimmt, um die Kinetik der Bildungsbedingungen eines Polymeren aufzuklaren.

Aufbau der Apparatur

Die Mikro-Kolonne besteht aus einer leeren Kapillare an Stelle des mit Glaskugeln gefullten Rohres (vgl. Abb. 4). Bei dem geringen Innendurchmesser der Kapil- lare von 1,6 mm beeinflufit das Stromungsprofil die Auflosung nach dem Molekulargewicht hin praktisch nicht. Die niedrigen Konzentrationen, bei denen man arbeitet, fuhren andererseits bei der Phasentrennung zu so kleinen Teilchen, daD Sedimentation nicht zu be- fiirchten ist. Das wurde durch Triibungstitrationsmes- sungen belegt9. Da sich der Kapillardurchmesser nicht wesentlich unterscheidet von dem Durchmesser der Glaskugeln, wie man sie bei Makrokolonnen verwen- det, erfolgt die fur das Trennprinzip wesentli&e Reten- tion der gequollenen gegeniiber der gelosten Phase offenbar - zumindest teilweise - an der Wand.

Die zu trennenden, gelosten Polymeren werden iiber ein Probeneinlaaventil 2 wie, bei Gaschromatographen eingelassen. Dessen Schleife ist mit Glaskugeln gefullt. Beim Einbringen der Polymer-Losung wird das Proben- einlaDtei1 etwas oberhalb der @-Temperatur gehalten. Zunachst schlagt man durch langsames Abkiihlen des EinlaDteils das Polymere unter Vorfraktionierung auf den Glaskugeln nieder. Durch Umlegen des Hebels des EinlaDteiles wird die Verbindung zum Trennrohr her- gestellt. Indem seine Temperatur dann gleich der des

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unteren Kolonnenendes eingestellt wird, kann der Auf- trennungsprozefi ablaufen. Der Transport des Losungs- mittels durch die Kapillare wird dabei durch hydrosta- tischen Druck erreicht, der sich durch geeignete Wahl des Niveaus der Entgasungsanordnung 1 einstellen 1ant.

Der Verlauf der Temperaturen am Kopf und Boden der Kolonne sowie die korrespondierenden Temperaturdif- ferenzen zwischen den Extremen als Funktion der Zeit sind in Abb. 4 ebenfalls skizziert.

Zur Registrierung der Polymer-Konzentration als Funk- tion des Elutionsvolumens wird ein R e f r a k t o - m e t e r benutzt, das die Intensitat des Strahles regi- striert, der an der Grenzflache zwischen der DurchfluD- Glaskapillare und der Polymer-Losung reflektiert wird. Dieses Refraktorneter (Typ ,,Milan" der Waters Ass.) ist weniger aufwendig als das bei der Makro-Kolonne benutzte (Typ R 5 der Waters Ass.). Es arbeitet mit einer Auflosung von - 5. lop5 im Brechungsindex we- niger - jedocfi hinreichend - genau als das Differen- tialrefraktometer R 5, bei dem die Ablenkung eines Lichtbundels beim Durchgang durch die mit Losungs- mittel und Losung gefullte Doppelzelle registiert wird (Auflosung max. - 2 . lop5).

Quellungsgrad des in dem ProbeneinlaDteil befindlichen Polymeren abhangt. Bei Verwendung einer Doppel- Kolbenburette herrschen in MeD- und Vergleichszelle des Refraktometers gleiche Stromungsgeschwindigkei- ten.

Die A b s o 1 u t b e s t i m m u n g d e s M o 1 e k u 1 a r - g e w i c h t s am Kolonnenausgang soll durch konti- nuierliche Registrierung der Lichtstreuung in einer DurchfluDkuvette erreicht werden, die hinter der Re- fraktometerzelle angeordnet ist. Die Intensitat des ge- streuten Lichts, dividiert durch die Brechungsdifferenz, ist am @-Punkt ein direktes MaD fur das Molekular- gewicht, solange man Interferenzeffekte vernachlassi- gen kann, die bei relativ groaen Molekulen in Losung auftreten. Mit einem Prototyp einer Zelle, die ein Vo- lumen von nur 1/8 ml aufweist und die Messung unter einem Winkel von 90" erlaubt, konnten bereits die ersten Messungen im DurchfluD registiert werden. Da- bei wurde ein HelNe-Gas-Laser rnit einer WellenIange von 6328 A als Lichtquelle verwendet (s. u.).

Automatische Registrierung von Molekulargewichten durch Lichtstreuung

Leistungsfahigkeit und Moglichkeiten zur Verbesserung

Ein mit der Mikrokolonne registiertes Diagramm dn gegen die Zeit t , erhalten an einem Polystyrol rnit extrem breiter Molekulargewichtsverteilung, ist in Abb. 5 wiedergegeben. Als @-Solvens diente wieder- um Methylcyclohexan. Das Ternperaturprogramm wur- de am Saulenboden bei 32 'C rnit einem linearen Tern- peraturanstieg von 2"C/h und am Kopf bei 8°C rnit 3 W h gestartet. Nach 24 h wurden 80°C an beiden Enden (- 10" oberhalb der @-Temperatur) erreicht. Nach einer isotherrnen Periode von 6 h war der Trenn- prozeD abgeschlossen. Die DurchfluDgeschwindigkeit war mit 8 ml/h eingestellt.

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10 50 60 70 'C 80 isotherm I I I I I I 1

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5 10 15 20 25 h 30 ma t

Abb. 5. Fraktionierung yon Polystyrol aus Methylcyclohexan mit der Mikro-Kolonne nacb Abb. 4.

Es bestehen gute Grunde zu der Annahme, daD sich die Trenngeschwindigkeit bei geeigneter Wahl der Bedin- gungen noch wesentlich erhohen laDt. Zunachst kann man langere Kapillaren, zweckmaDig gewendelt, ver- wenden, um groDere molekulargewichtsabhangige Re- tentionsunterschiede zu erzielen. Zur Verbesserung des Kapillarinstruments sind noch Entwicklungen im Gange: 1.) Die Verwendung eines Differentialrefrakto- meters, das auf dem Reflektionsprinzip basiert. Da- durch soll eine bessere Basislinie im dnlt-Diagramm erreicht werden. 2.) Druckerzeugung mit einer elek- trisch angetriebenen Doppel-Kolbenburette statt durch hydrostatischen Druck, da dieses Prinzip den Nachteil hat, daD die Stromungsgeschwindigkeit etwas von dern wahrend des Fraktionierprozesses veranderlichen

Eine kontinuierliche Registrierung von Molekularge- wichtsverteilungskurven synchron mit dem Fraktionie- rungsvorgang erscheint auch dann wunschenswert, wenn interpartikulare Interferenzen durch relativ zur Wellenlange nicht mehr vernachlassigbar kleine Mole- kule auftreten.

In pseudo-idealen @-Losungen ist die durch die Kon- zentration dividierte Intensitat des seitlich gestreuten Lichts im Bereich hoher Verdiinnungen unabhangig von der MeDkonzentration c. Daher laDt sich das mittlere Molekulargewicht gw durch Einpunkt-Messung errnit- teln:

1 K C = - R, RWP, (1)

( K = optische Systemkonstante, Funktion der Wellen- lange I, des Brechungsindexes des Losungsmittels und des fur eine homologe Reihe konstanten Brechungs- inkrementes dnidc, R, = absolute Streuintensitat beim Beobachtungswinkel -9.. Der Formfaktor P,, bedingt durch die Interferenz-Aus- loschung zwischen den von verschiedenen Punkten des gelosten Molekulknauels ausgehenden Wellenzugen, ist nur fur Molekule < 1,/20 praktisch gleich 1. Fur in Losung groDere Molekule ist der Formfaktor vom Win- kel des Streulichtes abhangig in der Art, daD die Inten- sitat rnit groDer werdendem Beobachtungswinkel ab- nimmt. Gleichzeitig weicht seine Wellenlangenabhan- gigkeit vom fur kleinere Teilchen gultigen P - G e s e t z ab.

Das Molekulargewicht gronerer Molekule in @-Losun- gen laDt sich aber auch direkt durch eine optisch-elek- tronische Anordnung erfassen, die den Formfaktor P, mit praktisch ausreichender Genauigkeit eliminierti2). Wenn es auch nicht moglich ist, Form u n d Abmessun- gen der gelosten Makromolekule so zu ermitteln, so erlaubt diese Anordnung doch die Bestimrnung der mo- lekularen Dimensionen gleichzeitig rnit dem Moleku- largewicht dann, wenn die Form der Molekule bekannt ist.

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Bekanntlich ist die Abhangigkeit des Formfaktors P , vom Winkel fur die bei Fraktionierungen meist inter- essierenden monodispersen GauOschen Knauel fur Mo- lekule mit verschiedenen Fadenabstanden sehr Zhnlich (vgl. Abb. 6a). Dies gilt auch annahernd fur polydis- perse statistische Knauel (Abb. 6b). Dabei ist der Abfall des Interferenzfaktors P, bei zwei Winkeln (hier 55

55" 90"

50 100 OC 150 8

Abb. 6. Lichtstreuungs-Formfaktoren (P,) fur mono-disperse (Abb. 6a) und poiy-disperse (Abb. 6b) statistische Knauel rnit verschiedenen Fadenabstanden r bei 1 = 6328 A und n = 1,45.

und 90") annahernd unabhangig von der TeilchengroOe (sein Abfall von 0 auf 55' ist genauso groB wie der von 55 auf 90"). Da die absolute Streuintensitat R pro- portional Pg ist, konnen wir schreiben:

R o ~ 2 R 5 , - R , , (2).

Wenn es also gelingt, die 0"-Intensitat aus den bei zwei Winkeln gemessenen Intensitaten abzuleiten, dann folgt unter @-Bedingungen das Molekulargewicht di- rekt als

i"i,- = R,/Kc (3) I

wenn man die optische Konstante K und die Konzen- tration c kennt.

P r i n z i p d e r M e B a n o r d n u n g

Wir haben die Ermittlung des Molekulargewichts syn- &on mit Intensitatsmessungen bei zwei Winkeln ap- parativ folgendermaOen zu losen versucht (Abb. 7). Paralleles, streng polarisiertes und monochromatisches Licht von 6328A aus einem 1-mW-He/Ne-Gaslaser 1 (Elliott Ltd.) durchsetzt eine pentagonale Kiivette 4. Der Primarlichtstrahl und das Streulicht in Gegenrichtung der Beobachtungswinkel werden durch Schwarzglas 5 absorbiert. Die unter 55 und 90" gestreuten Intensita- ten werden alternierend mittels Photovervielfacher 11 gemessen. Dabei wird durch einen rnit 13,5 Hz rotieren- den Sektor 8 nur jeweils e i n Strahl durchgelassen. Durch entsprechende Blendenwahl 9 in der Beobach- tungsoptik wird der Strahl unter 90" gegenuber dem unter 55O um 50°/o geschwacht, wobei no& die durch die Strahlengeometrie bedingte sinus-Korrektur beruck- sichtigt wird.

Es ergibt sich so der in Abb. 8 skizzierte Verlauf der am Arbeitswiderstand des Multipliers abgreifbaren Photospannung als Funktion der Zeit. Die hohen Blodce

Abb. 7. Lichtstreuungsphotometer zur direkten Bestimmung von Molekulargewichten 1 He/Ne-Laser (6328 A), 2 ebener Resonatorspiegei, 3 Polari- sationsrotator, 4 pentagonale Kiivette im Thermostat, 5 S&warzglas, 6 Umlenkspiegel, 7 Linsen, 8 rotierender Sek- tor, 9 Blenden, I0 Analysator, 12 PhotovervieIfacher, 12 Quo- tientfaktor, 13 Refraktometer.

entsprechen 2 . R,,, die niedrigen R9,. Die Differenz zwi- schen beiden ist proportional dem gesuchten R,. Sie ist durch Aussieben der Gleichspannungskomponente zu erhalten. Das Molekulargewicht kann also laufend uber

i-

Abb. 8. Photospannung U als Funktion der Zeit t im Photo- meter nach Abb. ?.

einen Schreiber registriert werden, wenn man iiber ent- sprechend angeordnete MeBwiderstande die Division durch K . c und eine entsprechende Skalierung ausfuhrt. Gleichzeitig kann man ein unabhangiges MaO fur die Molekuldimensionen erhalten, indem man R,/R,, also den Quotienten aus Gleich- und Wechselspannungs- komponente, bildet. Das IaBt sich erreichen, indem man die R, entsprechende Spannung auf den sonst mit kon- stanter Spannung versorgten Vergleichswiderstand des Kompensationsschreibers legt.

L e i s t u n g s f a h i g k e i t d e r M e t h o d e

Die systematishen Abweichungen in so erhaltenen mittleren Molekulargewichten Ew sind natiirlich urn so geringer, je besser GI. (2) erfullt ist. Die Beobachtungs- winkel sollten also moglichst klein, die Lichtwellen- Iange moglichst grol3 sein. Hies zeigt zunachst der Laser mit 6328 A erhebliche Vorteile, zumal die hochempfind. lime Messung kleiner Photostrome bei Verwendung von Multipliern mit Tri-Alkali-Kathode keine Schwie-

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rigkeiten macht. Der kleinste wahlbare MeDwinkel ist durch die dann zunehmende Empfindlichkeit gegen optische Verunreinigungen begrenzt. Wir wahlten des- halb 55 und go", weil auch bei 90" eine kritische Kon- trolle auf Verunreinigungen aus der Depolarisation moglich ist. Die Verwendung eines Lasers mit 2 mm Strahlungsquerschnitt linearer Polarisation und ausge- zeichneter Monomromasie und Parallelitat bringt no& den Vorteil, daD keine Optik im Primarstrahl benotigt wird. Storendes Fremdlicht wird vermieden, Mikro- kuvetten konnen fur registierende Messungen benutzt werden. Die Messung der Depolarisation ist einfach durch Drehen der Polarisationsebene mittels des hinter dem Laser angeordneten Polarisationsrotators (3) (Spectra-Physics) moglich.

Mit der gewahlten Anordnung sind die Voraussetzun- gen zur Anwendung von G1. (2) im gesamten praktisch interessierenden Molekulargewichtsbereich nicht nur fur monodisperse und polydisperse statistische Knauel gut erfullt. Ahnliches gilt - bei den g 1 e i c h e n Beobachtungswinkeln fur Stabchen und isotrope Ku- geln. Man sieht dies gut in der Auftragung 2 P, - P,, gegen 8 in Abb. 9. Die Streuung der Schnittpunkte um den Ordinatenwert Po = 1 und den der Abszisse von

c ; 5no 700 6 6

Abb. 9. Winkelabhangigkiet des gestreuten Lichtes fur ver- schiedene Molekulmodelle A) fur Kugeln rnit 1000 und 2000 A Dmr.: B) fur Stabchen mit 1000 und 2000 A Lange; C) fur monodisperse Knauel mit r = 500. 1000 und 1500 A : D) fur polydisperse Knauel mit r = 500, 1000 und 1250 A.

55" herum gibt den systematischen Fehler. Vinylpoly- mere in @-Losung weisen bei einem Molekulargewicht von loE einen mittleren Fadenendenabstand von etwa 650 A a ~ f ' ~ , . Die Abweichungen von einer exakten Extrapolation des gestreuten Lichts auf den Winkel null sind dann beim vorgeschlagenen Verfahren fur poly- und monodisperse statistische Knauel geringer als 2 O i o . Mit einem noch diskutablen Fehler ist die Naherung bis herauf zu Molekulargewichten im Be- reich von lo7 anwendbar. Eine no& hessere Uberein- stimmung mit den extrapolierten Werten IaDt si& er- reichen, wenn man spitzere Beobachtungswinkel wahlt. Die diskutierten Vorteile der Beobachtung bei 90" ge- hen dabei allerdings verloren.

Auch der EinfluD von Kettenverzweigung bei geknau- elten Molekulen ist nicht kritisch. Denn die mittlere Dichteverteilung in solchen Knaueln verschiebt sich

dann etwas von der GauBschen her zu der einer iso- tropen Kugel.

Prinzipiell bleibt es moglich, durch Wahl anderer Kom- binationen von Beobachtungswinkeln die Methode an andere Molekulmodelle zu adaptieren.

Die vorgeschlagene Anordnung erscheint auRer fur Routinemessungen des Molekulargewichts fur die Untersuhung des thermodynamischen Losungsverhal- tens von Unipolymeren und von statistischen Copoly- meren geeignet.

Es ist geplant, dieses Gerat zur direkten Registrierung von Molekulargewichtsverteilungskurven aus der Mi- kro-@-Kolonne auszunutzen. Aus der Streulichtanord- nung (Abb. 7) erhalten wir, nach dem elektronisch un- problematischen Abziehen der Losungsmittelstreuung und Multiplikation mit einer Konstanten, die absolute Streuintensitat. Das Differentialrefraktometer liefert die Konzentration c, die ja proportional dem Brechungs- unterschied zwischen Losungsmittel und Losung ist. Da M, gleich R,/Kc ist, brauchen wir nur den Quotienten aus Streulichtphotometer- und Differentialrefraktome- ter-Ausgang zu bilden, um die Abszisse der Molekular- gewichtsverteilungs-Funktion zu erhalten. Das Refrak- tometer allein liefert den Ordinatenwert. Der gleichzei- tig registrierbare Quotient R,,/R, gibt Informatiuneii bezuglich eventueller Verzweigungen.

Die Chance, das den @-Kolonnen eigene ausgezeichnete Auflosungsvermogen hinsichtlich des Molekularge- wichts voll auszunutzen, dabei die systematischen Feh- ler zu vermeiden, die der iiblichen Ableitung des Mole- kulargewichts aus der Liisungsviscositat innewohnen, und die erzielbare Verminderung an Zeit- und Ar- beitsaufwand durften intensive Beschaftigung mit den noch zu Iosenden Problemen lohnen. Daruber hinaus bestehen no& zusatzliche Moglichkeiten zur Erfassung von Verteilungen der chemischen und der konfigurati- ven Zusammensetzung in Copolymeren.

-

Fraulein I . Riemer und Herrn U . Westphal danken wir fur ihre stets zuverlassige Unterstutzung bei den appa- rativen Entwicklungen und den Messungen. Unser Dank gilt ebenfalls dem Wirtschaftsministerium Baden-Wurt- temberg fur die Unterstutzung der Arbeit.

Eingegangen am 5. Juli 1966 [B 2165)

Literatur

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