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Istituto di Produzione Animale- Cattedra di Fisiologia degli Animali Domstici dell'vniversita di Udine, Instituto di Anatornia Patologica Veterinaria e Patologia Aviare della Vniversita di Milano Zusammenhang zwischen sozialer Hierarchie und Wirksamkeit des Immunitatssystems beim erwachsenen Huhn Von R. OBEROSLER, G. MANDELLI und G. VANTELLINO Eingang des Ms. 1.3.1983 Einleitung Haushuhner eignen sich besonders gut fur die Verhaltensforschung, da sie relativ stabile Sozialordnungen aufbauen (GUHL-FISCHER 1969). SCHJELDERUP-EBBE (1935) bezeichnete die Huhner als eine auf Hackordnung (,,peck order") basierende Gesellschaft. Obwohl die Hackordnung ein charakteristisches Phanomen des Sozialverhaltens darstellt, ist es doch manchmal schwierig, sie tatsachlich festzustellen. Sie scheint von komplexen raumlichen und territorialen Faktoren abzuhangen. In neu zusammengestellten Gruppen legen die einzelnen Tiere ein spezielles agonisti- sches Verhalten zutage, und zwar bis zu dem Augenblick, in dem sich eine stabile Hackordnung eingespielt hat. Eine ubergeordnete Rangstellung kann als Instrument zur Kontrolle iiber eventuelle Eindringlinge in den eigenen Lebensraum verstanden werden. In diesem Sinn stellt die Hackordnung die besondere Form einer Kontrolle der Gruppe uber ihren Lebensraum dar (GOTTIER1968). Dementsprechend werden die verschiedenen Verhaltensformen (Bewegung, Annaherung, gegenseitiges Betrachten, Behacken usw.) der einzelnen Tiere von den dominierenden Nachbarn bestimmt und hangen davon ab, ob das einzelne Tier seine Gruppenmitglieder wiedererkennt, wobei es sich an besonderen visuellen Charakteristika der Kammform orientiert (CUNDLAND 1969). Aus diesem Grund ist die Stabilitat der Rangordnung in starkem Mafie von der Zahl der Gruppenmitglieder abhangig (GUHL 1968). Sobald die Rangordnung in der Gruppe hergestellt ist, reichen einige wenige Kampfmaflnahmen zu ihrer Aufrechterhaltung aus; oft genugt ein Drohen, ohne dafl es zu einem wirklichen Angriff kommt. Ziel der vorliegenden Arbeit war festzustellen, ob eine hohe Rangstellung in Gruppen erwachsener Huhner in irgendeiner Weise mit einer erhohten Immunitat, die insbesondere bei Intensivhaltung einen Uberlebensfaktor hochster biologischer Bedeutung darstellt, in Verbindung gebracht werden kann (MANDELLI et al. 1973). Es ist anzunehmen, dai3 diejenigen Tiere, deren Immunitatssystem schneller und intensiver reagiert (humorale und zellgebundene Immunitat) einen zufriedenstellenderen Gesundheitszustand und, ganz allgemein, eine bessere korperliche Verfassung aufzuweisen haben. Das sind Eigenschaften, ohne die hohe Stellung innerhalb der Herdenordnung sicherlich nicht erreicht und gehalten werden kann. Auf einen solchen Zusammenhang weist schon die aus der Ethologie bekannte Tatsache hin, dai3 ein dominierendes Subjekt, wenn es erkrankt, sehr schnell die hierarchische Leiter hinabfallt; nach erfolgter Heilung erlangt es dann wieder eine dorninierende Stellung (FOX und CLAYTON 1960, GOTTIER 1968, DOUGLIS 1948, GUHL und FISCHEN 1969). US. Copyright Clearance Center Code Statement: 0044-3581 /84/10102-0l39 $2.50/0 Z. Tierziichtg. Ziichtgsbiol. 101 (1984) 139-142 0 1984 Verlag Paul Parey, Hamburg und Berlin ISSN 0044-3581 /Intercode: ZTZBAS

Zusammenhang zwischen sozialer Hierarchie und Wirksamkeit des Immunitätssystems beim erwachsenen Huhn

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Page 1: Zusammenhang zwischen sozialer Hierarchie und Wirksamkeit des Immunitätssystems beim erwachsenen Huhn

Istituto di Produzione Animale- Cattedra di Fisiologia degli Animali Domstici dell'vniversita di Udine, Instituto di Anatornia Patologica Veterinaria e Patologia Aviare della Vniversita d i Milano

Zusammenhang zwischen sozialer Hierarchie und Wirksamkeit des Immunitatssystems beim erwachsenen Huhn

Von R. OBEROSLER, G. MANDELLI und G. VANTELLINO

Eingang des Ms. 1.3.1983

Einleitung

Haushuhner eignen sich besonders gut fur die Verhaltensforschung, da sie relativ stabile Sozialordnungen aufbauen (GUHL-FISCHER 1969). SCHJELDERUP-EBBE (1935) bezeichnete die Huhner als eine auf Hackordnung (,,peck order") basierende Gesellschaft. Obwohl die Hackordnung ein charakteristisches Phanomen des Sozialverhaltens darstellt, ist es doch manchmal schwierig, sie tatsachlich festzustellen. Sie scheint von komplexen raumlichen und territorialen Faktoren abzuhangen.

In neu zusammengestellten Gruppen legen die einzelnen Tiere ein spezielles agonisti- sches Verhalten zutage, und zwar bis zu dem Augenblick, in dem sich eine stabile Hackordnung eingespielt hat. Eine ubergeordnete Rangstellung kann als Instrument zur Kontrolle iiber eventuelle Eindringlinge in den eigenen Lebensraum verstanden werden. In diesem Sinn stellt die Hackordnung die besondere Form einer Kontrolle der Gruppe uber ihren Lebensraum dar (GOTTIER 1968). Dementsprechend werden die verschiedenen Verhaltensformen (Bewegung, Annaherung, gegenseitiges Betrachten, Behacken usw.) der einzelnen Tiere von den dominierenden Nachbarn bestimmt und hangen davon ab, ob das einzelne Tier seine Gruppenmitglieder wiedererkennt, wobei es sich an besonderen visuellen Charakteristika der Kammform orientiert (CUNDLAND 1969). Aus diesem Grund ist die Stabilitat der Rangordnung in starkem Mafie von der Zahl der Gruppenmitglieder abhangig (GUHL 1968). Sobald die Rangordnung in der Gruppe hergestellt ist, reichen einige wenige Kampfmaflnahmen zu ihrer Aufrechterhaltung aus; oft genugt ein Drohen, ohne dafl es zu einem wirklichen Angriff kommt.

Ziel der vorliegenden Arbeit war festzustellen, o b eine hohe Rangstellung in Gruppen erwachsener Huhner in irgendeiner Weise mit einer erhohten Immunitat, die insbesondere bei Intensivhaltung einen Uberlebensfaktor hochster biologischer Bedeutung darstellt, in Verbindung gebracht werden kann (MANDELLI et al. 1973).

Es ist anzunehmen, dai3 diejenigen Tiere, deren Immunitatssystem schneller und intensiver reagiert (humorale und zellgebundene Immunitat) einen zufriedenstellenderen Gesundheitszustand und, ganz allgemein, eine bessere korperliche Verfassung aufzuweisen haben. Das sind Eigenschaften, ohne die hohe Stellung innerhalb der Herdenordnung sicherlich nicht erreicht und gehalten werden kann. Auf einen solchen Zusammenhang weist schon die aus der Ethologie bekannte Tatsache hin, dai3 ein dominierendes Subjekt, wenn es erkrankt, sehr schnell die hierarchische Leiter hinabfallt; nach erfolgter Heilung erlangt es dann wieder eine dorninierende Stellung (FOX und CLAYTON 1960, GOTTIER 1968, DOUGLIS 1948, GUHL und FISCHEN 1969).

US. Copyright Clearance Center Code Statement: 0044-3581 /84/10102-0l39 $2.50/0 Z. Tierziichtg. Ziichtgsbiol. 101 (1984) 139-142 0 1984 Verlag Paul Parey, Hamburg und Berlin ISSN 0044-3581 /Intercode: ZTZBAS

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Material und Arbeitsmethoden

Angesichts dieser Problemstellung hielten es die Autoren fur angebracht, bei zwei Gruppen von Hennen gleichen Alters und gleicher Rasse, die unter identischen Haltungs- und Futterungsbedingungen wahrend eines Beobachtungszeitraumes von acht Monaten (Mai- Dezember) standen, zu vergleichen. Bestimmt wurde die mittlere Konzentration der Antikorper, die die durch den Huhnerpestvirus (HI-NDV) hervorgerufene Blutagglutina- tion hemmen, und die durchschnittliche Rangposition der Tiere innerhalb der sozialen Hierarchie.

Alle Tiere waren dem gleichen Impfprogramm gegen die Huhnerpest unterzogen worden und hatten sich auch nie auf naturliche Weise infiziert, so daB sie wahrend und nach ihrer Entwicklungsphase vollkommen gleichen Antigenstimulationen ausgesetzt waren (BANKOWSKI et al. 1956, RAMPIN et al. 1979).

Die Konzentration der Antikorper, die die durch den Huhnerpestvirus hervorgerufene Hamoagglutination hemmen (HI-NDV), wurde anhand individueller Serumproben nach der ,,beta-procedure"-Methode berechnet, und zwar unter der Benutzung von vier Hamo- agglutinationseinheiten auf Mikrotituplattchen (LOMBARDI et COARO 1976).

Die Rangordnung wurde anhand von Auseinandersetzungen wahrend der Futterung nach einigen Stunden ohne Futterverabreichung ermittelt. Zur Unterscheidung wurden die einzelnen Tiere mit verschieden kombinierten und am FuBgelenk angebrachten Ringen gekennzeichnet. Wahrend der Versuchszeit wurden die Rangordnung und die individuellen HI-NDV-Konzentrationen sechsmal festgestellt, und zwar an je einem Tag im Mai, Juni, Juli, September, Oktober und Dezember (MANDELLI et RIZZOLA 1973).

In Anbetracht der von Monat zu Monat geringen Veranderungen innerhalb der einzelnen Rangpositionen wurde, um Fehlerquellen auszuschalten, jede der aus 20 Tieren bestehenden Gruppen noch einmal wie folgt unterteilt und gekennzeichnet: - obere dominierende Individuen (Positionen 1-5) - untere dominierende Individuen (Positionen 6-10) - obere untergeordnete Individuen (Positionen 11-15) - untere untergeordnete Individuen (Positionen 16-20)

Ant Iko iper t i te 1

IiI-mv I 1. versuch

wa OD = Ckre Dnunicrende Indivrduen

UD = ilntere Darunlcrende Indrvrdupn

CU = obere Unteqeordnete Indlvlduen

UU = UnterC Untcrgeordnete Individuen

4'-

cCC 144,w

Verlauf der Antikorpertitel HI-NDV in Abhangigkeit von den vier Ranggruppen.

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Ergebnisse

Die Durchschnittswerte der verschiedenen Untergruppen sind aus der Tabelle 1 ersichtlich. In Abbildung 1 ist die mittlere Antikorperkonzentration in Abhangigkeit der sozialen Rangordnung dargestellt. Daraus geht hervor, dai3 - entgegen der anfangs geaui3erten Hypothese - die rangtiefsten Individuen im Mittel die hochsten Antikorperkonzentrationen aufweisen.

Durchschnittliche Antikorpertitel (HI-NDV) in Abhangigkeit von Zeit und Ranggruppen in den zwei Versuchsreihen

Gruppen Tiere Ma1 Juni Jul i

1. Versuch O.D.I. 5 544 U.D.I. 5 352 O.U.I. 5 640 U.U.I. 5 512 Zeitdurch- 20 512A schnitt 2. Versuch O.D.I. 5 224 U.D.I. 5 192 O.U.I. 5 304 U.U.I. 5 448 Zeitdurch- 20 292A" schnitt

2 72 240 328 304 286"

128 96

104 224 138"'

144 256 192 208 2ooB

52 68

120 64 76BbL

120 104 160 224,O 224 104 192 228,O 160 120 224 277,3 288 152 320 297,3 198" 120' 224" - 198

112 64 288 144,O 160 44 416 162,6 152 80 256 169,3 256 64 192 221,s 170Ub 63"' 2 B A * - 134

Verschiedene Buchstaben in derselben Zeile bedeuten significante Unterschiede (A, B: P < 0,01; a, b, c: P < 0,OS) '> Restscandardabweichung rnit je 96 Freiheitsgraden. O.D.I., U.D.I. = Obere bzw. untere dorninierende Individuen O.U.I., U.U.I. = Obere bzw. untere untergeordnete Individuen

Die nach SNEDERCOR und COCHRAN (1 977) durchgefiihrte Varianzanalyse berucksich- tigte zwei Versuche, je vier Gruppen (je 3 Freiheitsgrade) und 6 Beobachtungsrnonate (je 5 FG) innerhalb der Versuche und die Interaktion zwischen beiden (je 15 FG), so dafl fur Restvarianz 96 FG verblieben. Unterschiede in Antikorperkonzentration verschiedener Monate waren statistisch hochsignifikant (F = 9.98, 10 und 192 FG), nicht aber jene zwischen Beobachtungsgruppen (F = 1.06, 6 und 192 FG). Wenn aber die lineare Komponente isoliert wurde (Koeffizienten des linearen Kontrastes 3,1, - 1, - 3) ergab sich ein F-Wert, der nahe an die Signifikanzgrenze heranreichte (F = 2.88,2 und 192 FG, 0.05 < P < 0.10), so dai3 der SchluB gezogen werden kann, daf3 nur die hohe individuelle Variabilitat zwischen Hennen bei dem gegebenen Urnfang des Versuches die Regression von Antikorperkonzentration auf hierarchische Stellung statistisch insignifikant hielt.

Schluflfolgerungen

Was die Auswertung der erhaltenen Ergebnisse betrifft, so ergibt sich keine Bestatigung der Hypothese, dai3 die dorninierende Stellung in der Gesellschaftsordnung der Huhner von einer grofieren Wirksamkeit des Immunsysterns, insbesondere der hurnoralen Irnmunitat, abhangig ist oder in irgendeiner Weise davon beeinfluflt wird. Irn Gegenteil, in zwei parallel beobachteten Huhnergruppen wurde die gleiche Beobachtung gemacht, narnlich dafl die rnittleren Konzentrationen der die Hiihnerpest-Hamoagglutination hemmenden Antikor- per, wenn auch statistisch signifikante Unterschiede nicht ganz erreicht wurden, umgekehrt

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proportional zu der Stellung in der Hierarchie waren. Dieses Ergebnis rechtfertigt die Aufstellung einer der anfanglich formulierten genau entgegengesetzten Hypothese, namlich dafl untergeordnete erwachsene Huhner dazu neigen, eine hohere humorale Immunitat aufzuweisen als dominierende Huhner. Wenn diese Hypothese endgultig bestatigt werden sollte, wozu jedoch eine Reihe weiterer Untersuchungen notig waren, so konnte das bedeuten, dafl es ausgleichenden Mechanismus gibt und damit ein Zusammenhang zwischen erhohter Frustration und starkerer Immunreaktion, zumindest auf Ebene der humoralen Immunitat.

Zusammenfassung

Auf Grund individueller serologischer Untersuchungen (Hemmung der Antipseudopest - Bluta gluti- nation) in Verbindung mit der Feststellun der sozialen Stellung einzelner Hennen innerh jb der Hierarchie der Herde wurde fest estellt, da8 diese Stellung nicht von einer hoheren Wirksamkeit des Immunitatssystems begleitet w i r f Es deutet sich sogar ein statistisch allerdings nicht ganz signifikanter umgekehrter Trend an.

Resumen Jerarquia social y eficiencia del sistema imunitario en la gallina adulta

Sobre la base de indagaciones serologicas individuales (inhibicion de la aglutinacion hemitica anti- pseudopeste), y de la posicion de cada allina en la jerarquia del f;rupo se ha podido demostrar que esta posicion no es influida y tanto menos k p e n d e de una superior e iciencia del sistema imunitario.

Summary Social hierarchy and immunity in adult chicken

An analysis carried out on a group of adult chickens in order to find out possible connection between the hierarchical system and the individual level of antibodies which prevent hemeoglutination from New Castle Disease Virus, showede that social rank is not influenced by a higher efficiency of immunization.

Literatur

CUNDLAND, D. K., 1969: Discriminability of facial regions used by the domestic chicken in maintaining

GOTTIER, R. F., 1968: The dominance-su mission hierarchy in the social behaviour of domestic

GUHL, A. M., 1968: Social inertia and social stability in chickens. Anim. Behav., 16,219-32. GUHL, A. M.; FISCHER, G. J. , 1969: The behaviour of chickens. In Hafez, E. F. E., The behaviour of

MANDELLI, G.; RIZZOLO, P., 1973: Ricerche sulla moltiplicazione del virus della pseudopeste

SCHJELDERUP, EBBE, 1935: Social behaviour in birds. In ,,Handbook of Social Physiology". Ed.

SNEDECOR, G. W.; COCHRAN, W. G., 1977: Statistical Methods. The Iowa State Univ. Pres., Ames,

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Murchison, Worchester, Mass., Clark Univ. Press.

Iowa (USA).

Anschrifr der Verfasser: R. OBEROSLER, Instituto di Produzione Animale Universita di Udine, P. le M. Kolbe 4.1-33100 Udine