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XlX.

Anatomie des Ohres der Japaner.

I. Die Dr i i sen des ~tul~eren GehSrga~ngs. Von

I)r. K. Kishi~ Professor an der medizinischen Schule auf Formosa.

(Mit 3 Abbildungen.)

W~hrend bei den Europ/~ern das Ohrensehmalz gewShnlieh eine gelbe braunliehe, fettige Masse bildet, ist dasselbe bei Japa- nern gewShnlieh eine weil~e getroeknete, nur manehmal wenig" gelblieh gefa~bte, sehuppenf6rmige Masse. Trotz dieses bemerk- baren Untersehiedes des Ohrensehmalzes bei beiden Rassen~ kommt der Ceruminalpfropf bei den Japanern ebenso oft wie bei den Europaern vor. Und die Eigensehaften des Ceruminalpfi'opfes tier Japaner sind gleiehartig mit denen der Europaer, er besteht aus zahlreiehen Epithermissehuppen, abgestofienen mtrehen, Fett- tropfen und PigmentkSrnehen, und zwar sind letztere manehmal sehr wenig enthalten, infolgedessen sieht der Ceruminalpfropf bei den Japanern oft etwas sehwaeh gef~trbt aus.

Um die Ursaehe des Untersehiedes des Ohrensehmalzes der beiden Rassertklar zu legen, babe ieh zuerst die DrUsen des aul~eren GehSrganges der Japaner untersueht. Und dann aueh um das Verhtiltnis der Funktion der sogenanntert Ohrensehmalz- drtisen zu der Ceruminalpfropfbildung zu erlautern, habe ieh eine pathologiseh-anatomisehe Untersuehung an der Haut des aul~eren GehSrgangs angestellt, die ieh yon den Leiehen, bei denen die /tufieren OehSrgiinge noeh mit grol~em Ceruminalpfropfe fest ver- stopft waren, entnommen habe.

Uber die Knitueldrtlse tier Europiier sehrieb S e h w a l b e in B a r d e 1 e b e n s Handbueh der Anatomie des Mensehen folgendes: Wie jede Knfiueldriise, bestehen aueh die Ohrensehmalzdrasen

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aus Drtisenkn/iuel und Ausftihrungsgang. Der den ersten bil- dende Schlauch ist relativ dick, hat 0,l~mm Durchmesscr, wah- rend der etwa 0,5 mm lunge Ausflihrungsgang sich auficrordent- lich verdtinnt, nur 12/~ Dicke besitzt. Er mtindet mit triehter- fSrmiger Erweiterung (Terminaltrichter [hlzheimer]) in dieselbe grubige~ 0,18 bis 0,2 mm weite Vertiefung, welehe die Miindung eiues benachbarten Wollh~trehens mit seinen Talgdriisen auf- nimmt. Ferner schrieb er tiber den feineren Ban derselben Drtisen folgendes: Ein relativ weites Lumen ist yon einem Zylin- derepithel bcgrenzt; nach aul~en davon findet sieh eine einfaehe

Ro d,

Fig. i.

Lage longitudinal gestellter glatter Muskelfasern yon 30--90/~ Faserl~tnge, and naeh aut~cn yon dieser eine strukturlose, gins- helle Membrana propria. Die einzelnen Zellen des Zylindcr- epithels besitzen an der freien 0berflaehe einen Cutieularsaum; unter ihm folgt cine helle Zone, dann eine solche yon kSrniger Besehaffenheit, w ithrend der Kern im basalen Drittel sich be- finder, u So stimmt der B a u d e r Ohrensehmalzdrltsen fast tiber- ein mit dam tier grofien Knaueldrtisen in der AehselhShle.

Gegen obige Besehreibung ist die GrSge und Struktur der- selben Driisenschliiuehe der Japaner ganz anders. Als Unter- suchungsmaterial babe ich die Haut des iiul~eren GehSrgangs

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yon Erwaehseaen benutzt, die mit subkutanem Gewebe und Knorpel zusammen in 4 proz. FormolwasserlSsung oder in 1 proz. OsmiumwasserISsung fixiert war. Seriensehnitte babe ieh dureh die Colloidineinbettun~ gemaeht und mit H/imatoxylin und Eosin~ aueh mit van G iesons LSsung geffirbt.

Die GrSl~e der Kn~tueldriise des /iul~eren GehSrgangs der Japaner ist nicht kleiner als die der Europaer. Ihr Durehmesser in ihrer grS[Iten, sehr~ig zur Oberfl/iehe gestellten Riehtung be- tr~gt sogar manehmal fiber 1~6 ram, w~hrend dieselbe H e n l e 0~2--I mm~ S e h w a | b e 1,5 mm bei Europiiern annahm. Der

P. Z.

1:). Z,

Fig. 2.

Ausffihrung'sgang' der Drtise ist aueh ebenso dtinn und gleieh- artig geformt, wie der der Europ~ier. Dagegen ist die Dieke des Drlisensehlauehes bei Japanern sehr grog, hat sogar maneh- real einen Durehmesser yon 0,5 mm~ wiihrend dieselbe bei Euro- p/~ern naeh S e h w a l b e nur 0~lmm ist.

Eine weitere auffatlende Eigensehaft ist die Kn/iuelbildung der Driise. Dieselbe ist bei Japanern nur wenig vorhanden~ so dal~ in den groBen DrUsen, deren gr5i~ter Durehmesser fiber t,6 mm betrug, ieh nur 16 Quersehnitte des Drtlsensehlauehes zitblen konnte~ w/ihrend ieh bei Europ/iern in halb so grogen Driisen tiber 20 Quersehnitte fand (Fig. 1).

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Ferner ist ein besonders bemerkenswerter Untersehied die Struktur der Epithelzellen des Drilsensehlauehes. Die Epithel- zelten sind meistens nieht mehr zylindriseh, sondern zeigen sioh vielmehr als platte Epithelzellen (Fig. 2, P.Z.). Der Kern der Epithelzellen ist querliegend, hat eine ovale Form. Die Dieke der Epithelsohieht, also die tIBhe der Epithelzellen ist 0,018 his 0,03 ram, und die Zellen fiihren sehr wenig Protoplasma, w~th- rend dieselben der Europ~ter 0,054--0,13 mm hooh und ganz mit kBrnigem Protoplasma gefiill~ sind. Aueh in den platten Epithel- zellen findet sieh kein Cutieularsaum. Gelbbriiuuliehe gl/inzende KBrperchen finden sieh abet sehr viel an dem basalen Teile der Epithelzellen (Fig. 2, P.K.). Diese PigmentkBrnohen finden sieh in hohen protoplasmahaltigen Zellen sehr wenig oder Bar nieht. Ferner bin ioh dureh die vielfachen Untersuehungen der festen IJberzeugung, da[~ die Epithelzellen der Kn~iueldrtise des ~tul~eren GehBrgangs keine Fetttropfen enthalten.

Was nun die Funktion der Kn~ueldriise des ~iuBeren GehBr- gangs anbetrifft, so sohrieb S o h w a l b e im Jahre 1887 in sei- nero Lehrbueh der Anatomie des Ohres folgendes: Fett habe ieh innerhalb ihres Lumens und ihrer Zellen nicht wahrnehmen kBnnen, kann also nieht zugeben, dab sie die fettigen Bestand- teile des Ohrenschmalzes seeernieren. Dieses Fett wird vielmehr, wie in der tibrigen Haut, in den Talgdrtisen der Haarbiilge ge- bildet, die sieh dureh eine mehr sehlauehfBrmige Struktur aus- zeiehnen. Man kennt hier leieht die noeh innerhalb der Drtise befindliehen Fettmassen. Die Ohrensehmalzdrtisen tragen also ihren bTamen mit Unreeht; sie sind nur eigentUmlieh modifizierte SehweiBdrtisen, welehe hBehst wahrseheinlieh eine mit den gelben oder br~tunliehen FarbstoffkBrnehen des Ohrensehmalzes versehene Fltissigkeit liefern, die sieh mit dem yon den gewBhnliehen Talg- drasen gelieferten Fett vermiseht.

Der Ansieht yon S e h w a l b e entgegen behauptet M e r k e l , unterstatzt dutch die Untersuehung A l z h e i m e r s , dab die Ohren- sehmalzdrtise Fett seeerniert und das Ohrensehmalz bildet. Auch Ben d a sagte, daft in den Kniiueldrtisen des aut~eren GehBrgangs sich nur minimale Spuren yon Fett befinden. Bru n n sehrieb aueh, ~tafi in den Kniiueldrtisen des ii.ufieren GehBrgangs bei allen)iensehen sowohl Fetttropfen wie gelbe und braune PigmentkBrner sieh vor- finden. Das Vorhandensein des Fettes in den Epithelzellen, wie immer noeh yon einigen Autoren behauptet, will ieh doeb, wie ieh es sehon oben besehrieb, mit S eh w al b e absolut in Abrede stellen.

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Wenn also die Kn~tueldrtlse des iiul~erea GehSrgangs eine Funktion ftir die 0hrensehmalzbildung haben sollte, dann miil~te bet den Japanern~ be t denea die Kniiueldriisen liberhaupt eine veriinderte Form uad Struktur haben, atlerdings die Bildung" und H~ufigkeit des CcruminaIpfropfes etwas anders vorkommen. Aber unsere klinisehe Erfahrung beweisf, daf$ der Ceruminalpfropf bet Japanern ebenso oft wie bet Europ~iern vorkommen kann. Diese Tatsaehe wird auoh dureh die statistisehe Untersuchung der Sehulkinder vielfaeh konstatiert. Also es erseheint mir nun, daft die Kniiueldrtise des ~ufieren GehSrgangs tiberhaupt fiir Ohrea-

Fig. 3.

sehmalzbildung keine grol~e Bedeutung haben kann. Dennoeh bemahte ieh miob~ den Vorgang der Ceruminalpfropfbildung pa- thologiseh-anatomiseh klarzulegen. Ieh habe daher vier ~uliere GehSrgangsh~ute yon zwei Japaaern, deren beide Ohren roll Ceruminalpfropf waren~ untersucht.

Bet diesen Praparaten habe ieh zun~ehst gefanden~ dal~ die Kn~tuelitrtise tiberhaupt sehr wenig zu sehen ist. Dagegen finden sieh die Talgdrtisea sehr stark hyperplasiert, so dab in der tie- feren Gegead des auf~eren GehSrgangs das subkutane Gewebe fast durch die Talgdrlisen bedeckt ist (Fig'. 3, T. 0.), da manch- real in einen kleinen FIaarbalg' 6--7 TalgdrtisenkSrper einmUn-

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den, w/thrend bei dem normalen /iuBeren GehSrgang nur einige DrtisenkSrper bei einem Haarbalg sich befinden. Dutch diesen tatsitchlichen Befund will i6h hier mit Reeht beh~upten, dal~ der Ceruminaipfropf nicht durch die I~[ypersekretion der Kn/tueldrtisen (sogenannten Ohrenschmalzdrfisen), sondern durch die tiberm/il~ige Absonderung der hyperplasierten Talgdrtisen entsteht. Von der Funktion der Kn/iueldrtisen des /iufieren GehSrg'angs nehme ich an~ dab sie eine pigmenthaltige Fltissigkeit seeernieren, dem Ohrenschmalze die eig'enttimliehe Farbe geben und gleichzeitig das Austroeknen desselben verhindern. Ferner will ich auch mit S e h w a 1 b e behaupten, daii die Kniiueldrtise des /iu~eren GehSr- gangs ihren Namen ,,Ohrenschmalzdriise" mit Unrecht tr/tgt.

Zum SchluB mSchte ich au¢h hier bemerken, obgleich meine Untersuchung noch nioht so welt vorgeschritten ist, dal~ die Kn/tucldrtise der AchselhShle der Japaner auch ebenso wie die Kn/tueldrtlse des i~ul~ercn GehSrgangs eine ganz andere Form und Struktur wie die der Europ~ter haben mul~, well sich bei Ja- panern nur bei wenigen Leuten eine merklich riechbare SchweiiL absonderung in der AehselhShle befindet. Es ist besonders be- merkenswert, da~ letztere Individuen auch gewShnlich ein gelb- lich br/iunliches Ohrenschmalz haben.

Literaturverzeiehnis. 1) S c h w a l b e , Lehrbuch der Anatomie des Ohres. 1887. 2) A l z h e i m e r , ~ber die Ohrenschmalzdriisen. Verhandl. der Wtirzburger

physik.-med Gesellschaft Neue Folge. Bd. XXIL 1888. 3) Benda , Das Verh~.ltnis der Milchdrtise zu den ttautdriisen. Dermato-

logische Zeitschrift. 1893. 4) Brunn in B a r d e l e b e n s Handbuch der Anatomie des Menschen, Sinnes-

organe. Erste Abteilung, Haut. 1897. 5) S chwa lb e, B a r d e l e ben s ttandbuch, Sinnesorgane. Zweite Abteilung,

Das hui]ere Ohr. 1898.

Erkll/rung der Abbildungen. Fig . 1. Kni~ueidriisen des iiuBeren Geh6rgangs der Japaner. Q.D.

Querschnitte des dicken Drilsenschlauches. zelle Fig-n. P. 2. Vergr6i~ertes Bild dessetben Querschnittes P.Z. Platte Epithel-

K Pigmentk6rnchen. Fig. 3. Horizontalschnit~ der Haut des aul~eren Geh6rgangs eines Ja-

paners, der Ceruminalpfropf im 0hr enth~lt. T.D. Hyperplasierte Talg- driisen.


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