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Bemessung von Bauteilen aus

ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Von der Fakultät Bau- und Umweltingenieurwissenschaften der Universität Stuttgart zur Erlangung der Würde eines Doktors der Ingenieurwissenschaften

(Dr.-Ing.) genehmigte Abhandlung

Vorgelegt von

Björn Frettlöhr

aus Düsseldorf

Hauptberichter:

Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Werner Sobek

Mitberichter:

Prof. Dr.-Ing., Prof. h.c., Dr.-Ing. E.h. Hans - Wolf Reinhardt

Prof. Dr.-Ing. Karl-Heinz Reineck (außerordentlicher Professor der Universität Sarajevo)

Tag der mündlichen Prüfung:

9. Dezember 2011

Universität Stuttgart

Institut für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren

2011

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Prof. Dr.-Ing. Karl-Heinz Reineck

in Dankbarkeit gewidmet

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Vorwort

Die vorliegende Dissertation entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren (ILEK) der Universität Stuttgart. Das Thema ent-wickelte sich aus der Bearbeitung des DFG-Forschungsvorhabens „Versuche zum Maßstabseinfluss bei kombinierter Beanspruchung aus Biegung und Längskraft von dünnen Bauteilen aus ultrahochfes-tem Faserfeinkornbeton (UHFFB)“ der Antragsteller Prof. Dr.-Ing. Karl-Heinz Reineck und Prof. Dr.-Ing., Prof. h.c., Dr.-Ing. E.h. Hans - Wolf Reinhardt. Für die finanzielle Förderung dieses Vorhabens möchte ich mich bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Universität Stuttgart be-danken.

Bei Herrn Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Werner Sobek, dem Leiter des Instituts für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren (ILEK), bedanke ich mich herzlich für die Unterstützung meiner Arbeit und das mir entgegengebrachte Vertrauen, welches mir eine freie und selbstständige Bearbeitung des Themas er-möglichte. Seine Anregungen zum interdisziplinären Denken und Arbeiten sowie die konstruktiven Gespräche haben wesentlich zum Gelingen der Arbeit beigetragen.

Herrn Prof. Dr.-Ing., Prof. h.c., Dr.-Ing. E.h. Hans - Wolf Reinhardt gilt mein besonderer Dank für seine fachliche Unterstützung, die konstruktiven Gespräche und die wertvollen Anregungen während der Erstellung der Arbeit, sowie für die Übernahme des Mitberichtes.

Mein tief empfundener Dank gilt Herrn Prof. Dr.-Ing. Karl-Heinz Reineck für seine fachliche und sehr menschliche Unterstützung während meiner gesamten Zeit am Institut, für die fruchtbaren Diskus-sionen der Inhalte der Dissertation und die sehr angenehme Zusammenarbeit, die ich sehr vermissen werde.

Bei der Firma Lafarge, Paris bedanke ich mich für die großzügige Bereitstellung des ultrahochfesten Faserfeinkornbetons (UHFFB) Ductal®. Herrn Dr. Mouloud Behloul danke ich für die vielen wert-vollen fachlichen Hinweise zu UHFFB, die mir einen Einstieg in die Materie erleichtert haben.

Dem Leiter der Abteilung für Baukonstruktionen und Bauteilprüfung der MPA Stuttgart, Herrn Dr. Dieter Lotze, sowie den Mitarbeitern der Großversuchshalle danke ich für die Unterstützung bei der Vorbereitung und Durchführung der Versuche. Insbesondere Herrn Oliver Schneider bin ich hierbei für seinen unermüdlichen Einsatz zu großem Dank verpflichtet. Bei der Abteilung für Baustoffe und Brandschutz der MPA Stuttgart und deren Mitarbeitern bedanke ich mich für die großzügige Unter-stützung bei den Versuchen.

Weiterhin danke ich meinen studentischen Hilfskräften Thorsten Kuhnle und Sven Priestaff für die tatkräftige Unterstützung bei der Vorbereitung der Versuche.

Bei allen Mitgliedern des Instituts bedanke ich mich herzlich für die sehr angenehme Arbeitsatmos-phäre, die sehr schöne Zeit und für die sehr gute und kollegiale Zusammenarbeit. Besonders erwähnen möchte ich hier Frau Elfriede Schnee, die mit viel Geduld und Ausdauer die Diagramme und Zeich-nungen überarbeitet hat. Bei Frau Gabriela Metzger möchte ich mich herzlich für die Hilfe bei photo-graphischen Fragestellungen bedanken. Herrn Christian Assenbaum danke ich für Unterstützung bei der Literaturrecherche. Bei den Mitarbeitern der ILEK Werkstatt bedanke ich mich besonders für die Anfertigung der zahlreichen Versuchseinrichtungen.

Ein ganz besonderer Dank gilt meiner lieben Frau Franziska, die mir in der Schlussphase meiner Arbeit den Rücken frei gehalten hat und mich beständig ermutigt und unterstützt hat. Meinen Eltern danke ich für die Ermöglichung und die sehr großzügige Förderung meines Ausbildungswegs.

Stuttgart, im Dezember 2011 Björn Frettlöhr

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Inhaltsverzeichnis 1

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Inhaltsverzeichnis

Kurzdarstellung 5

Abstract 7

Bezeichnungen 9

1 Einleitung 15

1.1 Problemstellung 15

1.2 Zielsetzung 15

1.3 Inhaltsübersicht 16

2 Versuche zum Tragverhalten von UHFFB 19

2.1 Versuchsprogramm 19

2.1.1 Versuchsprogramm und Versuchskörpergeometrie 19

2.1.2 Versuchskörperbezeichnung 21

2.2 Herstellung der Versuchskörper 21

2.3 Versuchseinrichtungen, Instrumentierung und Versuchsdurchführung 22

2.3.1 Druckfestigkeitsversuche und E-Modul Prüfung 22

2.3.2 Biegezugversuche 24

2.3.3 Zentrische Zugversuche 26

2.4 Ergebnisse der Druck-, Biege- und Zugversuche 35

2.4.1 Vorbemerkungen 35

2.4.2 Druckfestigkeits- und E-Modul Prüfung 35

2.4.3 Biegezugtragverhalten der Kontrollprismen und Versuchskörper 36

2.4.4 Biegerandzugspannung an der Elastizitätsgrenze 39

2.4.5 Biegezugfestigkeit 41

2.4.6 Tragverhalten bei zentrischem Zug 44

2.4.7 Zentrische Zugspannung an der Elastizitätsgrenze 46

2.4.8 Zentrische Zugfestigkeit 48

2.4.9 Nachbruchverhalten der zentrischen Zugversuche 51

3 Optische Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverarbeitung 55

3.1 Einleitung 55

3.2 Verfügbare Verfahren zur Bestimmung der Faserorientierung 55

3.2.1 Computer Tomographie (CT) 55

3.2.2 Ferromagnetischen Induktion 55

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2 Inhaltsverzeichnis

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3.2.3 Optische Messung mittels digitaler Bildverarbeitung 56

3.2.4 Vergleich der verfügbaren Verfahren zur Messung der Faserorientierung 57

3.3 Kalibrierung der Messeinrichtung für die optische Messung 58

3.3.1 Imperfektionen der Messeinrichtung und des optischen Messsystems 58

3.3.2 Kalibrierung 59

3.4 Grundlagen der digitalen Bildverarbeitung 66

3.4.1 Aufbau eines digitalen Photos 66

3.4.2 Verfahren zur Objektextraktion 67

3.4.3 Vergleich der Verfahren zur Objektextraktion 69

3.5 Auswertealgorithmus zur Ermittlung der Faserorientierung und -verteilung 70

3.5.1 Definition der Messaufgabe 70

3.5.2 Algorithmus 70

3.6 Messung der Faserorientierung 80

3.6.1 Messeinrichtung zur Bestimmung der Faserorientierung 80

3.6.2 Vorbereitung der Proben 84

3.6.3 Digitalaufnahmen der Bauteilschnittflächen 85

3.6.4 Ergebnisse und Auswertung der optischen Faserorientierungsmessung 87

4 Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB 95

4.1 Einleitung 95

4.2 Faserorientierungsfaktors 95

4.2.1 Ableitung des Faserorientierungsfaktor 95

4.2.2 Einflüsse auf die Faserausrichtung 98

4.3 Korrelation zwischen Faserorientierung und einaxialer Zugfestigkeit 99

4.3.1 Einleitung 99

4.3.2 Versuchsergebnisse von Bernier und Behloul (1996) 100

4.3.3 Versuchsergebnisse von van Mier und Timmers (1991) 102

4.3.4 Nachrechnung der Versuche von Bernier und Behloul (1996) 103

4.4 Faserkennwerte 108

4.5 Verbundverhalten 109

4.5.1 Verbundgesetze 109

4.5.2 Haft- und Reibverbund zwischen Einzelfaser und Matrix 112

4.6 Stochastische Abschätzung der 1D - Zugfestigkeit 115

4.7 Theoretische Berechnung der 1D - Zugfestigkeit und der Spannungs -

Rissöffnungs-Beziehung - wr eines Einzelrisses auf Faserebene 118

4.7.1 Einleitung 118

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Inhaltsverzeichnis 3

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

4.7.2 Differentialgleichung des verschieblichen Verbundes einer Einzelfaser 118

4.7.3 Lösung der Differentialgleichung für ideal-plastisches Verbundgesetz 120

4.7.4 Herleitung der - wr Beziehung für ideal-plastisches Verbundgesetz 123

4.7.5 Lösung der Differentialgleichung für abgetreppt - plastisches Verbundgesetz 129

4.7.6 Herleitung - wr Beziehung für abgetreppt - plastisches Verbundgesetz 133

4.7.7 Parameterstudie zur eindimensionalen Zugfestigkeit fct,1D auf Faserebene 139

4.7.8 Vergleich der auf Faserebene berechneten Spannungs - Rissöffnungs -

Beziehung ct - wr mit eigenen Versuchen und anderen Vorschlägen 144

4.7.9 Approximation der auf Faserebene berechneten Spannungs - Rissöffnungs -

Beziehung ct - wr durch analytische Gleichungen 147

5 Theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabseinfluss 151

5.1 Maßstabseinfluss an der Elastizitätsgrenze 151

5.1.1 Diskussion des Maßstabeinflusses an der Elastizitätsgrenze der zentrischen Zugversuche 151

5.1.2 Probalistische Bruchmechanik nach Weibull an der Elastizitätsgrenze 154

5.1.3 Beziehung zwischen Zug- und Biegerandzugspannung nach AFGC / SETRA 160

5.2 Maßstabseinfluss an der Festigkeitsgrenze 161

5.2.1 Diskussion des Maßstabeinflusses der zentrischen Zugfestigkeit 161

5.2.2 Berechnungsmodell für den Maßstabseinfluss der Biegzugfestigkeit 169

5.2.3 Vergleich des Berechnungsmodells für den Maßstabseinfluss mit Versuchswerten 178

5.2.4 Faserorientierungsmodell 184

6 Bemessungskonzept für UHFFB 187

6.1 Überblick über vorhandene Bemessungskonzepte 187

6.1.1 AFGC/SETRA Richtlinie für ultra - hochfesten Beton 187

6.1.2 Japanische Richtlinie für ultra - hochfesten Beton 189

6.1.3 Entwurf der fib - Taskgroup 8.6 für ultra - hochfesten Beton 192

6.1.4 Bewertung der vorhandenen Bemessungskonzepte 192

6.2 Teilsicherheitsbeiwerte 194

6.3 Zugtragverhalten von UHFFB 194

6.3.1 Grundlegende Idee für die Beschreibung des Zugtragverhaltens von UHFFB 194

6.3.2 Standardversuchskörper zur Ermittlung der Materialparameter für Zugbeanspruchung 195

6.3.3 Materialkurve für einaxiale Zugbeanspruchung 199

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4 Inhaltsverzeichnis

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

6.3.4 Definition der Bemessungswerte für einaxiale Zugbeanspruchung 204

6.4 Drucktragverhalten von UHFFB 205

6.4.1 Einleitung 205

6.4.2 Bemessungswerte für einaxiale Druckbeanspruchung 205

6.5 Allgemeiner Bemessungsablauf 211

7 Zusammenfassung und Ausblick 213

7.1 Zusammenfassung 213

7.2 Ausblick für zukünftige Forschungsarbeiten 219

Schrifttum 221

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Kurzdarstellung 5

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Kurzdarstellung

Mit ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB) können sehr materialsparende, filigrane und hoch-tragfähige Tragwerke aus Beton realisiert werden. Durch die sehr hohe Undurchlässigkeit gegenüber angreifenden Stoffen ist zudem eine sehr hohe Dauerhaftigkeit der Tragwerke aus UHFFB gegeben. Ein Einsatz von UHFFB ist besonders dann wirtschaftlich, wenn im Wesentlichen auf Betonstahlbe-wehrungen verzichtet werden kann. Durch die hohe Druckfestigkeit eignet sich UHFFB zudem sehr gut für eine Kombination mit Vorspannung, um bei Tragwerken hohe Zugspannungen aufnehmen zu können. Sollen Biege- und Zugbeanspruchungen vom UHFFB abgetragen werden, so ist eine genaue Kenntnis des Tragverhaltens von besonderer Bedeutung. Dieses wird fundamental vom Fasergehalt, der Faserverteilung und Faserausrichtung beeinflusst.

Um den in früheren Forschungsprojekten festgestellten Maßstabseinfluss, also die Abnahme der Bie-gezugfestigkeit mit zunehmender Bauteilhöhe, auf das Biege- und Zugtragverhalten näher zu untersu-chen, wurde ein Versuchprogramm durchgeführt, bei dem identische Querschnitte auf Zug und Bie-gung geprüft wurden. Ein weiterer wesentlicher Parameter war das Bauteilverhältnis b/h, also der Ein-fluss der Bauteilform. Als UHFFB kam hierbei Ductal® der Firma Lafarge, Paris mit 2,0 Vol.-% Stahlfasern (df = 0,175 mm und lf = 13 mm) zum Einsatz mit einer mittleren Zylinderdruckfestigkeit von fc = 211 MPa. An der Elastizitäts- und Festigkeitsgrenze zeigten die Zugversuche überwiegend einen Maßstabs- und Formeinfluss. Die Versuchsserien für Biegung zeigten an der Elastizitätsgrenze lediglich einen Maßstabseinfluss und an der Festigkeitsgrenze einen deutlichen Maßstabs- und Form-einfluss.

Zur Messung der Faserorientierung wurde ein Algorithmus nach dem Verfahren der optischen Mes-sung mittels digitaler Bildverarbeitung entwickelt und mit der Entwicklungsumgebung HALCON 8.0 für "machine vision" (maschinelles Sehen) von MVTec programmiert. Mit diesem Algorithmus und einer neu konzipierten Messeinrichtung konnte an einer Auswahl der Zugprismen die Faserorientie-rung in Beanspruchungsrichtung ermittelt werden. Die untersuchten Zugprismen wiesen alle eine mitt-

lere Faserorientierung von m = 0,9 mit einer sehr geringen Streuung auf; der 5 % - Fraktilwert lag bei

= 0,88 und der 95 % Fraktilwert bei = 0,92. Es konnte ferner kein Unterschied zwischen Rand- und Kernbereich bei den Querschnitten festgestellt werden. Die Faserverteilung war sowohl innerhalb der Querschnitte als auch entlang der Hauptachse in Beanspruchungsrichtung nahezu homogen, und dies galt auch für die Faserorientierung. Daher konnten die Messergebnisse auch auf die Lokalisie-rungsstelle übertragen werden. Zwischen den verschiedenen Querschnittabmessungen und b/h - Ver-hältnissen konnten keine Unterschiede in der mittleren Faserorientierung festgestellt werden. Da alle Versuchskörper nach dem identischen Verfahren betoniert worden sind, konnten die optischen Mess-ergebnisse der Zugprismen auch auf die Biegezugprismen übertragen werden.

Zwischen der Faserorientierung und der Zugfestigkeit wurde eine nichtlineare Korrelation festgestellt und durch eine Funktion beschrieben. Der 1D Zugfestigkeit fct,1D bei eindimensionaler Faserausrich-tung (oberer Grenzwert der einaxialen Zugfestigkeit) konnte über eine vereinfachte stochastische Be-trachtung und einem Modell auf Faserebene abgeschätzt werden. Beide Modelle zeigten eine gute Übereinstimmung. Mit Hilfe des Modells auf Fasereben konnte auch die Spannungs - Rissöffnungs -

Beziehung ct - wr eines Einzelrisses hergeleitet werden, die mit den gemessenen Verläufen sehr gut übereinstimmte. Eine Parameterstudie am Modell auf Fasereben ergab, dass der Ansatz und die Höhe des Haftverbundes nahezu keinen Einfluss auf die 1D Zugfestigkeit und den Verlauf des abfallenden Astes der Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung hat. Der Haftverbund führt lediglich zu einem steile-ren Verlauf der Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung im ansteigenden Ast. Die mit dem Modell auf Faserebene numerisch abgeleitete Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung eines Einzelrisses für eine

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6 Kurzdarstellung

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

eindimensionale Faserorientierung wurde als Grundlage für die Definition einer Materialkurve für Zugbeanspruchung von UHFFB durch eine analytische Funktion stückweise approximiert.

Der bei den Zugversuchen festgestellte Abfall sowohl der Zugspannung an der Elastizitätsgrenze als auch der Zugfestigkeit wurde kritisch überprüft, weil einige der geprüften Zugprismen Imperfektionen aufwiesen. Theoretische Überlegungen auf Grundlage der optischen Faserorientierungsmessung und statistische Auswertungen der Zugversuche führten zu der Schlussfolgerung, dass diese möglicherwei-se weder einem Maßstabs- noch Formeinfluss unterliegen und die Imperfektionen die Ursache für den experimentell festgestellten Abfall sein könnten. Aufgrund der statistischen Unsicherheit der Ver-suchsergebnisse und teilweisen geringen Versuchskörperanzahl sind jedoch weitere Versuchsserien an Zugprismen erforderlich, um abschließend zu klären, ob die zentrische Zugspannung an der Elastizi-tätsgrenze fct,el und die Zugfestigkeit fct einem Maßstabs- und Formeinfluss unterliegen.

Die statistische Theorie des Sprödbruchs nach Weibull konnte weder eine Erklärung für den experi-mentell festgestellten Abfall der Zug- und der Biegezugspannung noch für das Verhältnis zwischen der Biegezug- und Zugspannung an der Elastizitätsgrenze geben. Auch der empirische Ansatz nach AFGC/SETRA (2002) zur Ermittlung der Zugspannung aus der Biegerandzugspannung an der Elasti-zitätsgrenze zeigte keine Übereinstimmung mit den Versuchsergebnissen. In einer weiterführenden Arbeit ist ein entsprechendes Modell zu entwickeln, welches den Maßstabseinfluss an der Elastizitäts-grenze der Biegerandzugspannung beschreiben kann.

Als Erklärung für den festgestellten Maßstabs- und Formeinfluss der Biegzugfestigkeit wurde in An-lehnung das "fictitious crack model" von Hillerborg et al. (1976) ein eigenes bruchmechanisches Mo-dell zur Berechnung der Biegezugfestigkeit auf Basis einer Modellvorstellung von Casanova und Ros-si (1996) vorgeschlagen und mit anderen Ansätzen verglichen. Es stellte sich heraus, dass mit einer bruchmechanischen Betrachtung alleine keine Erklärung für den Maßstabs- und Formeinfluss der Bie-gezugfestigkeit möglich ist. Die vorgeschlagene Materialkurve für Zugbeanspruchung zeigt bedingt durch die nichtlineare Korrelation zwischen der von der Faserorientierung abhängigen einaxialen Zug-

festigkeit fct() und dem Faserorientierungsfaktor eine starke Abhängigkeit von diesem. Durch eine

Variation der Faserorientierung im geringen Streubereich der optisch gemessenen Faserorientierung konnte mit der vorgeschlagenen Materialkurve und dem eigenen Berechnungsmodell der experimen-tell festgestellte Maßstabseinfluss der Bauteilhöhe h und der Formeinfluss b/h mit geringen Abwei-chungen abgebildet werden. Folglich ist nur über ein bruchmechanisches Modell unter Einbeziehung der Faserorientierung eine theoretische Erklärung für den Maßstabs- bzw. Formeinfluss möglich.

Das von Greiner (2006) vorgeschlagene Faserorientierungsmodell traf für die eigenen Versuche we-gen der gleichmäßigen Faserorientierung nicht zu und liefert somit auch keine theoretische Erklärung für den Maßstabs- und Formeinfluss. Dieses Modell sollte anhand weiterer Versuche kritisch überprüft werden.

Wegen der identifizierten Defizite der vorhandenen Richtlinien für UHFFB wurde ein eigenes Bemes-sungskonzept vorgeschlagen, das konsequent die Faserorientierung bei der Definition der Material-kurve für Zugbeanspruchung berücksichtigt. Diese Materialkurve geht von der mit dem Modell auf Faserebene abgeleiteten und approximierten Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung aus und wurde um den Einfluss der Faserorientierung erweitert. Weiterhin wurden Bemessungswerte und Bemessungs-kurven für Druck- und Zugbeanspruchung von UHFFB vorgeschlagen.

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Abstract 7

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Abstract

Ultra high performance fibre reinforced concrete (UHPFRC) enables to design material saving and filigrane concrete structures with high structural capacities. Due to the high impermeability to aggres-sive substances a long lasting durability can be expected for structures out of UHPFRC. The use of UHPFRC is especially economical, when no additional steel reinforcement is required. Due to the high compressive strength, UHPFRC may be very well combined with prestressing, in order to take the tensile stresses of the structures. If tensile stresses should be carried by the UHPFRC, an exact knowl-edge of the load bearing behaviour under axial forces or bending moments is of high importance, and this is fundamentally influenced by the fibre content, fibre distribution and fibre orientation.

Previous research projects had showed a size effect, i.e. the flexural stress decreased with increasing specimen height. In order to analyse the size effect, a test series was performed in which identical cross sections were tested under bending and axial tension. Additionally as another relevant parameter the ratio width/height of prisms was tested, i.e. the influence of the specimen shape. The material UHPFRC Ductal® from Lafarge, Paris was used for the tests, which contained 2.0 Vol.-% of steel fibres (df = 0,175 mm and lf = 13 mm) and exhibited an average compressive strength of fc = 211 MPa. The tensile tests showed a size effect and a shape influence for the elastic limit and for the tensile strength. The bending tests showed only a size effect for the elastic limit and a size and shape effect for the flexural tensile strength.

A second important aim was to measure the fibre orientation of the specimens and an algorithm was developed using the method of optical measurement with digital image processing. The algorithm was programmed using the HALCON 8.0 machine vision development environment by MVTec. Com-bined with a newly designed measurement set-up this algorithm enabled to determine the fibre orienta-tion in stress direction for a sample of tensile test specimens. All specimens exhibited an average fibre

orientation of m = 0,9 with a very low scatter, so that the 5 % - fractile was = 0,88 and the 95 % -

fractile was = 0,92. In addition, no difference could be detected between the edge and the core areas of the cross sections of different heights and shapes, but the fibre orientation as well as the fibre distri-bution was nearly homogeneous within the cross section and along the axes. The results can therefore also be regarded as representative for the localisation point. Since all specimens were cast with identi-cal procedures, these results from the tensile specimens also apply to the bending specimens.

Between the fibre orientation and the tensile strength a nonlinear function correlation was derived. The 1D tensile strength fct,1D for one dimensional fibre orientation (the upper limit of the uniaxial tensile strength) could be estimated by a simple stochastic approach and by a fibre model. Both models showed a good agreement. Furthermore, the stress – crack opening law of a single crack could be de-scribed by the fibre model, and this corresponded to the measured crack opening behaviour. A pa-rameter study on the fibre model revealed that neither assumed the bond distribution nor its absolute value had an influence on the 1D tensile strength and the curve of the descending branch of the stress – crack opening law. The bond only results in a steeper course of the ascending branch of the stress – crack opening law. The numerically determined stress – crack opening law of a single crack using the fibre model for a one dimensional fibre orientation was approximated by a piece-wise function, and this was used to describe the constitutive law in tension of UHPFRC.

The decrease of both the elastic limit in tension and the tensile strength shown by the test results was critically analysed since some of the tested specimens had imperfections. Theoretical considerations based on the optical fibre orientation measurements and the statistical analysis of the tensile tests re-sulted in the conclusion that possibly there is no size and no shape effect. Rather, imperfections of the specimens could be the cause of the experimentally determined decrease. However, there is the statis-tical uncertainty and the partly low number of tests, so that further test series are needed to finally

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8 Abstract

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

clarify if in uniaxial tension the elastic limit fct,el and the tensile strength fct are affected by size and shape of the specimens.

The theory of Weibull could neither explain the experimentally determined decrease of the tensile and flexural stress nor the ratio between the tensile stress and the flexural stress at the elastic limits. The empirical approach according to AFGC/SETRA (2002) to determine the tensile stress from the flex-ural stress at the elastic limit was not confirmed by the own test results. Future research is needed to develop a model for explaining the size effect at the elastic limit in bending.

As an explanation for the determined size and form influence of the flexural strength, an own fracture mechanics model was developed following the "fictitious crack model" of Hillerborg et al. (1976). The own model is based on an approach by Casanova and Rossi (1996) and is compared to other models. It was pointed out that fracture mechanics alone cannot explain the size and shape effect of the flexural strength. Since the proposed constitutive law for tension shows a strong dependency on the fibre orien-tation factor due to the nonlinear correlation between the fibre orientation dependent uniaxial strength

fct() and the fibre orientation factor , the fibre orientation was varied in the range of the low scat-ter of the optically measured fibre orientation. With this the experimentally determined size (height) and shape (ratio width/height) effect could be explained by the proposed constitutive law in tension and the own fracture mechanics model, and the discrepancy between both was low. In concluding, a theoretical explanation for the size and shape effect is only possible by considering the fibre orienta-tion in a fracture mechanics model.

The proposed fibre orientation model by Greiner (2006) did not apply to the own test results due to the homogeneous fibre orientation, and it therefore does not give a theoretical explanation for the size and shape influence. This model should be critically checked by further tests.

Because of the identified deficits of the available guidelines for UHPFRC, an own dimensioning con-cept was proposed, which consequently considers the fibre orientation in the constitutive law in ten-sion. This constitutive law is based on the stress - crack opening law derived from the fibre model and was extended by the influence of the fibre orientation. In addition, design values and curves for com-pression and tension of UHPFRC were proposed.

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Bezeichnungen 9

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Bezeichnungen

Kleine lateinische Buchstaben

a Kurvenparameter

b Breite bzw. Kurvenparameter

bSensor Breite des Bildsensors der Digitalkamera

c Achsabstand Lasteinleitung bzw. Kurvenparameter

d Kurvenparameter

d1,m 1. Hauptdurchmesser der Ellipse

d2,m 2. Hauptdurchmesser der Ellipse

df Faserdurchmesser

df1 unterer Streuwert des Faserdurchmesser

df2 oberer Streuwert des Faserdurchmesser

l Längenänderung

lc Längenänderung des Druckrandes

lel elastische Längenänderung

lpl plastische Längenänderung

f Brennweite

fc einaxiale Druckfestigkeit von Beton

fck charakterische Zylinderdruckfestigkeit des Betons (5% Fraktilwert)

fcm mittlere einaxiale Druckfestigkeit von Beton

fct Zugfestigkeit

fct,1 bis fct,5 charakterische Punkte der Zugspannnung ct

fct,1D Zugfestigkeit bei eindimensionaler Faserausrichtung

fct,el Zugspannung an der Elastizitätsgrenze

fctfl Biegezugfestigkeit

fctfl,1 bis fctfl,5 charakterische Punkte der Randbiegezugspannnung ctfl

fctfl,el Biegerandzugspannung an der Elastizitätsgrenze

fctfl,el,m mittlere Biegerandzugspannung an der Elastizitätsgrenze

fctm mittlere Zugfestigkeit

fctm,el mittlere Zugfestigkeit an der Elastizitätsgrenze

ftfk charakteristische Faserzugkraft

g Faserwirksamkeitsfaktor

h Höhe

h0 Bezugshöhe

hr Risslänge

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10 Bezeichnungen

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hSensor Höhe des Bildsensors der Digitalkamera

l Messlänge bzw. Spannweite bzw. Länge Kontur

lb Einbindelänge

lb,max maximale Fasereinbindelänge

lbf aktivierte Reibverbundlänge

lbm Erwartungswert der Einbindelänge

lch charakteristische Länge nach Hillerborg

lf Faserlänge

lf1 unterer Streuwert der Faserlänge

lf2 oberer Streuwert der Faserlänge

lfm mittlere Faserlänge

m Mittelwert bzw. Weibull-Modul

n Anzahl bzw. Verhältnis der Elastizitätsmodule

nb Anzahl der Pixel in Sensorbreite

nf Faseranzahl

nfm mittlere Faseranzahl

nh Anzahl der Pixel in Sensorhöhe

nmin Mindestanzahl der Pixel pro Faserdurchmesser df

p Wahrscheinlichkeitsverteilung

r Radius des elastischen Kreiszylinders

s Standardabweichung bzw. Relativverschiebung

sa Relativverschiebung zur Aktivierung des Haftverbundes

sf Relativverschiebung zwischen Faser und Matrix

uf Verschiebung der Faser

um Verschiebung der Matrix

v Variationskoeffizient

w1 bis w5 korrespondierende Mittedurchbiegung zum charakterischen Punkt der Randbiegezugspannung

wctfl korrespondierende Mittedurchbiegung zur Biegezugfestigkeit

wel korrespondierende Mittedurchbiegung zur Biegerandzugspannung an der Elastizitätsgrenze

wm Mittendurchbiegung

wr Rissöffnung

wr,el elastische Rissöffnung

wru maximale Rissöffnung

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Bezeichnungen 11

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Große lateinische Buchstaben

A Querschnittsfläche

Af Faserquerschnittsfläche

Afi Querschnittsfläche einer Einzelfaser

AKontur eingeschlossene Fläche der Kontur

Akonvexe Hülle eingeschlossene Fläche der konvexen Hülle

Am Matrixfläche

Ami zu einer Einzelfaser gehörige Matrixfläche

Cx Horizontalkoordinate des Bildmittelpunktes

Cy Vertikalkoordinate des Bildmittelpunktes

Ec Elastizitätsmodul von Beton unter Druckbeanspruchung (Sekantenwert)

Ec0m mittlere Elastizitätsmodul von Beton (Tangentenmodul im Ursprung)

Eck charakterischer Elastizitätsmodul von Beton (5% Fraktilwert) (Sekantenwert)

Ecm mittlere Elastizitätsmodul von Beton (Sekantenwert)

Ect Elastizitätsmodul von Beton unter Zugbeanspruchung (Sekantenwert)

Ectm mittlerer Elastizitätsmodul von Beton unter Zugbeanspruchung (Sekantenwert)

Ef Elastizitätsmodul der Faser

Em Elastizitätsmodul der Matrix

Fcrit kritische Faserlast

Ff Faserkraft

Ffa Faserkraft infolge Haftverbund

Fm Matrixkraft

Fma Matrixkraft infolge Haftverbund

Gcr,total totale Bruchenergie

Gcr1 "multi-cracking" Energie

Gcr2 Bruchenergie

Gcr2,optical Bruchenergie aus optischer Messung

Gel elastische Energie

Gm Schubmodul der Matrix

Kb Verbundsteifigkeit

Leq äquivalente Länge

M Biegemoment

Sx Horizontaler Abstand der Zellen vom Bildsensor der Kamera

Sy Vertikaler Abstand der Zellen vom Bildsensor der Kamera

V Volumen

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

12 Bezeichnungen

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

W Widerstandsmoment

Wfl,1 Biegearbeitsvermögen der "multi-cracking" Phase

Wfl,2 Biegearbeitsvermögen der Lokalisierungsphase

Wfl,el Biegearbeitsvermögen der elastischen Phase

Griechische Buchstaben

Winkel zwischen Beanspruchungsrichtung und Faserlängsachse in der XY - Ebene bzw. relative Risshöhe

Winkel zwischen Beanspruchungsrichtung und Faserlängsachse in der YZ - Ebene bzw. Abklingfaktor

Abb,min minimal zulässiger Abbildungsmaßstab

fl,red,calc rechnerischer Abfall der Biegerandzugspannung an der Elastizitätsgrenze von zwei unterschiedlichen Volumina eines Materials

fl,red,tests Abfall der Biegerandzugspannung an der Elastizitätsgrenze von zwei unterschiedlichen Volumina eines Materials basierend auf Versuchsergebnissen

M Verhältnis der Biege- zur Zugbruchspannung von zwei unterschiedlichen Volumina eines Materials nach Weibull

M,AFGC Verhältnis der zentrischen Zugspannung zur Randbiegezugspannung an der Elastizitätsgrenze nach der AFGC/ SETRA (2002) Richtlinie

M,calc rechnerisches Verhältnis der Biege- zur Zugbruchspannung von zwei unterschiedlichen Volumina eines Materials nach Weibull

M,test Verhältnis der Biege- zur Zugbruchspannung von zwei unterschiedlichen Volumina eines Materials nach Weibull, basierend auf Versuchsergebnissen

N Verhältnis der Bruchspannungen von zwei unterschiedlichen Volumina eines Materials nach Weibull

n Verhältnis der Faseranzahl

O Verhältnis der Faseroberfläche

red Abfall der zentrischen Zugspannung bzw. Biegerandzugspannung an der Elastizitätsgrenze von zwei unterschiedlichen Volumina eines Materials

red,calc rechnerischer Abfall der zentrischen Zugspannung an der Elastizitätsgrenze von zwei unterschiedlichen Volumina eines Materials

red,tests Abfall der zentrischen Zugspannung an der Elastizitätsgrenze von zwei unterschiedlichen Volumina eines Materials, basierend auf Versuchsergebnissen

V Verhältnis von zwei unterschiedlichen Volumina eines Materials

Korrelationsfunktion zwischen Faserorientierung und Zugfestigkeit

c elastische Krümmung des ungerissenen Querschnitts im Rissquerschnitt

e elastische Krümmung außerhalb des Rissbereichs

s Faserauszug

Dehnung

c Betondruckdehnung

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Bezeichnungen 13

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

c1 zur Druckfestigkeit korrespondierende Dehnung

ct zur Zugfestigkeit korrespondierende Dehnung bzw. Betonzugdehnung

ct,1 bis ct,5 korrespondierende Dehnung zum charakteristischen Punkt der Zugspannung

ctel zur Zugspannung an der Elastizitätsgrenze korrespondierende Dehnung

ctm zur mittleren Zugfestigkeit korrespondierende Dehnung

el elastische Randdruckdehnung

f Faserdehnung

m Matrixdehnung

Gamma-Verteilung

Faserorientierungsfaktor

2D 2D Faserorientierungsfaktor

3D 3D Faserorientierungsfaktor

cti Faserorientierungsfaktor des Querschnitts i korrespondierend zur Zugfestigkeit aus Versuchen

ctm mittlerer Faserorientierungsfaktor korrespondierend zur Zugfestigkeit aus Versuchen

m mittlerer Faserorieniterungsfaktor

Winkel zwischen Beanspruchungsrichtung und Faserlängsachse

Verzeichnung bzw. optische Verzerrung

m Querdehnzahl der Matrix

Kreiszahl

Rissöffnungswinkel

am gegenseitige Verdrehung außermittig

m gegenseitige Verdrehung mittig

Rohdichte bzw. Fasergehalt bezogen auf das Volumen

f Fasergehalt bezogen Nettoquerschnittsfläche der Matrix

m mittlerer Fasergehalt bezogen auf das Volumen

0 Normierungsspannung

B Bruchspannung unter Biegung

c einaxiale Druckspannung von Beton

ct einaxiale Zugspannung von Beton

ctfl Biegerandzugspannung

f Faserspannung

m Matrixspannung

Z Bruchspannung unter Zug

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

14 Bezeichnungen

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

b Verbundspannung

ba Haftverbundspannung

bf Reibverbundspannung

bf,max maximale Reibverbundspannung

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Einleitung 15

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

Mit der Entwicklung der ultrahochfesten Faserfeinkornbetone (UHFFB) steht ein High-Tech-Werkstoff mit enorm hohem und bisher in Deutschland kaum genutztem Potenzial zur Verfügung. Im Ausland wurde UHFFB bereits mehrfach aufgrund seiner hohen Leistungsfähigkeit und Wirtschaft-lichkeit erfolgreich eingesetzt. Charakteristisch für UHFFB sind eine sehr hohe Druckfestigkeit von bis zu 250 MPa, eine im Vergleich zu anderen Betonen relativ hohe Zugfestigkeit und ein sehr dichtes Gefüge. Dadurch wird eine sehr hohe Undurchlässigkeit für Wasser und andere angreifende Stoffe wie z.B. Chloridangriff erreicht, so dass die entsprechenden Tragwerke eine sehr hohe Dauerhaftigkeit aufweisen. UHFFB ermöglicht die Konstruktion von sehr materialsparenden, ökonomischen und hoch-tragfähigen Tragwerken, die bisher nur in anderen Werkstoffen realisiert werden konnten, nicht jedoch in Beton.

Der Einsatz von UHFFB ist besonders vorteilhaft und wirtschaftlich, wenn man ohne Betonstahlbe-wehrungen auskommt. Bedingt durch die hohe Druckfestigkeit von UHFFB ist dieser Werkstoff für eine Kombination mit Vorspannung prädestiniert, um z.B. bei Flächentragwerken oder Stabtragwer-ken hohe Zugspannungen aufnehmen zu können. Für Schalentragwerke ist UHFFB von Vorteil, wenn deren Form so optimiert ist, dass primär Druckspannungen vorherrschen und nur niedrige Zugspan-nungen auftreten, die vom UHFFB ohne zusätzliche Betonstahlbewehrung aufgenommen werden können. Mit dem Thema der Formfindung, der konstruktiven Ausbildung und der Herstellung von Betonschalen im Detail befassen sich u.a. Veröffentlichungen von Schlaich und Sobek (1986), Sobek (1987), Sobek (1991) und Sobek und Kobler (2007).

Wenn Biege- und Zugbeanspruchungen vom UHFFB selbst aufgenommen werden müssen, kommt der genauen Kenntnis des Tragverhaltens eine besondere Bedeutung zu. Das Tragverhalten wird hierbei fundamental von der Faserverteilung, der Faserausrichtung, dem Fasergehalt, der Fasergeometrie und dem Verbundverhalten zwischen Faser und UHFFB Matrix beeinflusst.

Damit der Werkstoff UHFFB eine schnelle Akzeptanz in der Baupraxis findet, müssen entsprechende Regelwerke und Normen entwickelt und bereitgestellt werden. Folgende Richtlinien für die Verwen-dung von UHFFB sind zurzeit verfügbar:

- Bétons fibrés à ultra-hautes performances - Ultra High Performance Fibre - Reinforced Concretes. Recommandations provisoires - Interim Recommendations. Documents scientifiques et techni-ques. Association Française de Génie Civil (AFGC), Service d’études techniques des routes et au-toroutes (SETRA), Bagneux Cedex, janvier 2002, (in French and English);

- Recommendations for design and construction of ultra high strength fiber reinforced concrete structures (draft). Japan Society of Civil Engineers, JSCE Guidelines for Concrete No.9, 2006.

Die fib (Fédération Internationale du Beton) bereitet zurzeit eine Richtlinie vor. In Deutschland exis-tiert zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Arbeit lediglich ein Sachstandsbericht „Ultrahochfester Be-ton“ vom Deutschen Ausschuss für Stahlbeton (DAfStb Heft 561) aus dem Jahr 2007. Daher erfordern Bauvorhaben mit UHFFB in Deutschland zurzeit eine Zustimmung im Einzelfall.

1.2 Zielsetzung

Zunächst soll das Tragverhalten von UHFFB unter einaxialer Druck- und Zugbeanspruchung sowie unter Biegebeanspruchung untersucht werden. Hierbei liegt das Hauptaugenmerk auf dem Einfluss der Bauteilhöhe h (Maßstabseinfluss) und des Bauteilverhältnis b/h (Formeinfluss) auf das Biege- und Zugtragverhalten an der Elastizitätsgrenze und der Festigkeitsgrenze.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

16 Einleitung

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Frühere Forschungsprojekte am Institut für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren (ILEK) mit Versu-chen an Prismen mit quadratischem Querschnitt aus UHFFB zeigten einen deutlichen Abfall der Bie-gezugfestigkeit mit zunehmender Versuchskörperhöhe von ca. 30 MPa bei h = 40 mm bis ca. 16 MPa bei h = 200 mm. Es wurde also bei Biegung ein deutlicher Maßstabseinfluss im Hinblick auf die Bau-teilhöhe h festgestellt, der bei einer Bauteilbemessung berücksichtigt werden muss. Demgegenüber fiel die zentrische Zugfestigkeit deutlich geringer aus und lag bei nur ca. 10 MPa.

Der Einfluss der Faserausrichtung und Faserverteilung auf das Biege- und Zugtragverhalten von UHFFB soll mit Hilfe einer optischen Messung mittels digitaler Bildverarbeitung analysiert werden. Hierfür sind eine entsprechende Messeinrichtung und ein Algorithmus zur Bestimmung und Auswer-tung der Faserkonturen in einem Bauteilquerschnitt zu entwickeln.

In Ergänzung zu den zentrischen Zugversuchen soll die Obergrenze der Zugfestigkeit und das Nach-bruchverhalten auf Grundlage von theoretischen Überlegungen abgeleitet werden. Hierbei soll auch der Einfluss einzelner Verbundparameter näher betrachtet werden. Des Weiteren gilt es, eine Korrela-tion zwischen Faserausrichtung und Zugfestigkeit herzuleiten.

Für den Maßstabs- und Formeinfluss an der Elastizitäts- und Festigkeitsgrenze soll nach eingehender kritischer Betrachtung der Versuchsergebnisse eine theoretische Erklärung gefunden werden.

Ausgehend von den Defiziten der Bemessungskonzepte der verfügbaren Richtlinien soll ein eigener Vorschlag für ein Bemessungskonzept ausgearbeitet werden, der konsequent den Einfluss der Fa-serausrichtung auf das Tragverhalten von UHFFB berücksichtigt. Zur Charakterisierung des Zugtrag-verhaltens soll basierend auf den Erfahrungen der eigenen Zugversuche ein Standardversuchskörper vorgeschlagen werden. Als Ausgangspunkt für eine zukünftigen Richtlinie bzw. Norm sollen Bemes-sungswerte für UHFFB angegeben werden.

1.3 Inhaltsübersicht

Im Kapitel 2 werden die Ergebnisse der Versuche zum Tragverhalten von UHFFB dargestellt. Neben einer Erläuterung des Versuchsprogramms wird auf die Versuchseinrichtung, die Instrumentierung und die Versuchsdurchführung eingegangen.

Das Kapitel 3 befasst sich mit der optischen Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildver-arbeitung. Nach einem Überblick und Vergleich von verschiedenen Verfahren werden die Grundlagen der digitalen Bildverarbeitung erläutert. Ein Algorithmus zur Ermittlung der Faserorientierung in Bau-teilquerschnitten wird vorgestellt. Des Weiteren wird auf die entwickelte Messeinrichtung sowie die Vorbereitung der Proben eingegangen. Es folgt eine Auswertung der Ergebnisse der optischen Mes-sung.

Im Kapitel 4 erfolgen theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB. Es wird auf die Definition des Faserorientierungsfaktors eingegangen und eine Korrelation zwischen Faserori-entierung und Zugfestigkeit abgeleitet. Nach einem Überblick über bisher vorgeschlagene Verbundge-setze und einer Zusammenstellung von Verbundparametern wird ein vereinfachtes, auf einer stochasti-schen Betrachtung basierendes Modell zur Abschätzung der Obergrenze der Zugfestigkeit abgeleitet. Des Weiteren wird ausgehend von der Differentialgleichung des verschieblichen Verbundes einer Einzelfaser ein Modell auf Faserebene zur Ermittlung der Obergrenze der Zugfestigkeit und der Span-nungs - Rissöffnungs - Beziehung eines Einzelrisses hergeleitet. Mit Hilfe einer Parameterstudie wer-den die einzelnen Einflussfaktoren auf die Obergrenze der Zugfestigkeit und den Verlauf der Span-nungs - Rissöffnungs - Beziehung untersucht. Es folgt ein Vergleich mit den Versuchsergebnissen und anderen Vorschlägen zur Beschreibung der Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung. Den Abschluss

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Einleitung 17

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

bildet die Approximation der mit dem Modell auf Faserebene abgeleiteten Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung als Grundlage für eine Definition einer Materialkurve für Zugbeanspruchung von UHFFB.

Theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabeinfluss werden im Kapitel 5 vorgenommen. Zunächst wird der Maßstab- und Formeinfluss an der Elastizitätsgrenze bei Biegung und Zug eingehend diskutiert. Die Versuchsergebnisse werden mit der Theorie des Sprödbruchs nach Weibull und einem Ansatz der AFGC/SETRA (2002) Richtlinie für UHFFB verglichen. Nach einer Diskussion des Maßstab- und Formeinfluss auf die zentrische Zugfestigkeit wird ein bruchmechani-sches Modell zur Erklärung des Maßstab und Formeinflusses bei der Biegezugfestigkeit vorgestellt. Zusätzlich erfolgt eine Überprüfung des Faserorientierungsmodells nach Greiner (2006) als mögliche Erklärung für den Maßstab- und Formeinfluss an der Festigkeitsgrenze.

Im Kapitel 6 erfolgen ein Vergleich und eine Bewertung der Bemessungskonzepte der zurzeit verfüg-baren Richtlinien. Basierend auf den identifizierten Defiziten dieser Richtlinien wird ein eigenes Be-messungskonzept unter Berücksichtigung des Einflusses der Faserausrichtung vorgeschlagen. Des Weiteren wird eine Materialkurve für Zugbeanspruchung von UHFFB in Abhängigkeit von der Faser-orientierung vorgestellt. Abschließend werden Bemessungskurven und Bemessungswerte definiert.

Das Kapitel 7 fasst die Ergebnisse dieser Arbeit zusammen und gibt Vorschläge für zukünftige For-schungsarbeiten.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Versuche zum Tragverhalten von UHFFB 19

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2 Versuche zum Tragverhalten von UHFFB

2.1 Versuchsprogramm

2.1.1 Versuchsprogramm und Versuchskörpergeometrie

Die Tabelle 2.1-1 zeigt das Versuchsprogramm der statischen Versuche unter reiner Biegebeanspru-chung und zentrischer Zugbeanspruchung mit dem ultrahochfesten Faserfeinkornbeton Ductal® der Firma Lafarge, Paris. Des Weiteren wurden von Frettlöhr und Reineck (2009) Versuche zur Interakti-on von Normalkraft und Biegung, Schwell- und Wechselbeanspruchung unter Biegung an Ductal® sowie statische Versuche unter reiner Biegebeanspruchung und zentrischem Zug mit dem ultrahoch-festen Faserfeinkornbeton Duracrete Plus® der Firma Schwenk Zement KG, Ulm durchgeführt, aber auf diese wird im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter eingegangen.

Das Versuchsprogramm wurde so konzipiert, dass identische Querschnitte möglichst sowohl unter reiner Biegebeanspruchung als auch zentrischer Zugbeanspruchung geprüft wurden. Hierbei waren das Verhältnis b/h und die Höhe h der Querschnitte die wesentlichen Versuchsparameter. Die Abmessun-gen der Versuchskörper wurden auf die Größe des vorhandenen Wärmebehandlungsbeckens und die zulässigen Versuchskörperabmessungen der Prüfmaschinen abgestimmt. Zu jeder Charge Beton wurde ein Satz von Kontrollkörpern bestehend aus 6 Kontrollzylindern (Ø100, h = 200 mm), 6 Kontrollpris-men vom Typ A (40 x 40 mm, Spannweite 160 mm) und 3 Kontrollprismen vom Typ B (75 x 75 mm, Spannweite 300 mm) mitbetoniert, um die Materialeigenschaften der verschiedenen Chargen unterein-ander zu kontrollieren. Die Geometrie und Abmessungen der Versuchskörper und Kontrollprismen können dem Bild 2.1-1 bis Bild 2.1-4 entnommen werden.

Tabelle 2.1-1: Übersicht Versuchsprogramm für Biegung und zentrischen Zug mit Ductal®

depth Typ N1 Typ N2 Typ N3 Typ M1 Typ M2 Typ M3

h [mm] b=h b=3h b=5h b=h b= 3h b=5h

25 - 9 - - 6 -

50 9 6 3 3 6 3

75 9 3 - 3 6

100 - 3 - - 6 -

150 - - - - 3 -

: covered by control specimens

Zugaxial tension

Biegungpure bending

specimen acc. to Fig.2.1-2 and 2.1-3 specimen acc. to Fig.2.1-1

Bild 2.1-1: Geometrie und Abmessungen der Versuchskörper vom Typ M1 (b = h), M2 (b = 3h) und M3 (b = 5h) für die Biegzugversuche

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

20 Versuche zum Tragverhalten von UHFFB

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Bild 2.1-2: Geometrie und Abmessungen der Versuchskörper vom Typ N1(b = h), N2(b = 3h) und N3 (b = 5h) (Ausnahme: N2 mit h = 100 mm)

Bild 2.1-3: Geometrie und Abmessungen der Versuchskörper vom Typ N2(b = 3h) mit h = 100 mm

Bild 2.1-4: Geometrie und Abmessungen der Kontrollprismen vom Typ A (b = h = 40 mm) und B (b = h = 75 mm)

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Versuche zum Tragverhalten von UHFFB 21

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2.1.2 Versuchskörperbezeichnung

Die Versuchskörperbezeichnungen sind wie folgt definiert:

1. Stelle: Buchstaben M = reine Biegebeanspruchung N = zentrische Zugbeanspruchung KP-A = Kontrollprismen Typ A KP-B = Kontrollprismen Typ B KZ = Kontrollzylinder

2. Stelle: Zahl 1 ÷ 3 = b/h - Verhältnis 1 ÷ 6 = Kontrollprismennummer bei KP-A 1 ÷ 3 = Kontrollprismennummer bei KP-B

3. Stelle: Zahl Versuchskörpernummer

4. Stelle: Buchstabe D = Material Ductal®

5. Stelle: Buchstabe + Zahl C = Betoniercharge 1 ÷ 17 = Chargennummer

Beispiel für Versuchskörperbezeichnung: N1-1-D-C9

Beispiel für Kontrollprismenbezeichnung: KP-A-1-D-C9

Beispiel für Kontrollzylinderbezeichnung: KZ-1-D-C9

2.2 Herstellung der Versuchskörper

Die Versuchskörper wurden in 17 Chargen am Otto-Graf-Institut (FMPA) der MPA Universität Stutt-gart hergestellt. Für alle Versuchskörper wurde Ductal® G2 FM der Firma Lafarge mit einer identi-schen Mischungszusammensetzung und 2,0 Vol.-% Stahlfasern verwendet. Die Stahlfasern waren vom Typ Redaelli Tecna mit df = 0,175 mm und lf = 13 mm.

Die Schalung der Versuchskörper wurden alle auf die gleiche Weise befüllt, um den Betoniereinfluss auf die Versuchsergebnisse so gering wie möglich zu halten. Das Befüllen erfolgte jeweils von der schmalen Schalungsseite aus, wie beispielhaft in Bild 2.2-1 dargestellt. Aufgrund der selbstverdich-tenden Eigenschaften von Ductal® war ein Verdichten mittels Rütteln nicht erforderlich. Zudem kann es bei Stahlfaserbeton durch Verdichten zur Absetzung der Fasern kommen, was die Festigkeitseigen-schaften beeinflusst.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

22 Versuche zum Tragverhalten von UHFFB

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a) Einfüllen des Betons von der schmalen Schalungs-seite aus

b) Schalung nach Beendigung des Einfüllvorgangs

Bild 2.2-1: Herstellung eines Zugprismas für zentrische Zugversuche

Nachdem Befüllen der Schalung wurde die Betonoberfläche umgehend mit sehr wenig Wasser einge-sprüht, um ein Glätten mit einer Kelle zu erleichtern und eine "Elefantenhautbildung" auf der Oberflä-che zu verhindern. Anschließend erfolgte eine Versiegelung der Oberfläche mit dem Mittel CHRY-SO® Cure HPE durch Einsprühen zum Schutz des Betons gegen Austrocknen während des Abbin-dens.

Nach 24 h wurden die Versuchskörper ausgeschalt. Die Wärmebehandlung erfolgte frühestens 48h und spätestens 5 Tage nach dem Betonieren. Für die Wärmebehandlung wurden die Versuchskörper in ein Wasserbecken gelegt und mit Wasser vollständig überdeckt. Die Wassertemperatur wurde von ca. 15°C auf ~90°C langsam erhöht und schließlich für 48h konstant gehalten, bevor die Heizung wieder ausgeschaltet wurde. Nachdem die Wassertemperatur auf unter 35°C abgesunken war, konnten die Versuchskörper aus dem Wasserbecken entnommen werden. Durch die Wärmebehandlung wird fol-gendes erreicht:

- Beschleunigung der Festigkeitsentwicklung, d.h. bereits nach Abschluss der Wärmebehandlung (Gesamtdauer ca. 4-5 Tage ab Ausschalen) wird die Endfestigkeit erreicht

- ca. 15 bis 20 % höhere Materialfestigkeit

- Materialparameter unabhängig vom Zeitpunkt der Prüfung

- Reduzierung von Schwinden und Kriechen

- Dichteres Materialgefüge und damit Verbesserung der Dauerhaftigkeit

Weitere Details können dem Versuchsbericht von Frettlöhr und Reineck (2009) entnommen werden.

2.3 Versuchseinrichtungen, Instrumentierung und Versuchsdurchführung

2.3.1 Druckfestigkeitsversuche und E-Modul Prüfung

Die Prüfkörper zur Ermittlung der Druckfestigkeit wurden auf die Solllänge von 200 mm beidseitig durch Sägen gekürzt. Im Anschluss erfolgte ein Planschleifen der Schnittflächen mit einer Nass-schleifmaschine. Hierzu wurde zunächst jede der Schnittflächen mit einer groben Diamanttopfscheibe

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Versuche zum Tragverhalten von UHFFB 23

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

(rechteckig verzahnte Ausführung) vorgeschliffen und im Anschluss mit einer mittleren Diamanttopf-scheibe (ohne Verzahnung) fein geschliffen. Vor der Prüfung wurden die Abmessungen und das Ge-wicht der Prüfzylinder protokolliert.

Die Druckfestigkeitsversuche erfolgten sowohl weggeregelt als auch kraftgesteuert. Bei den kraftge-steuerten Versuchen wurde die Prüfkraft mit 0,5 MPa/s kontinuierlich bis zum Erreichen der Druck-festigkeit fc gesteigert. Der Versuch endete mit dem Erreichen von fc.

Bei den weggeregelten Druckversuchen erfolgte die Wegregelung über den Maschinenweg. Die Prüf-geschwindigkeit wurde sehr langsam gewählt und betrug 0,025 bis 0,1 mm/min, um der Prüfmaschi-nensteuerung ausreichend "Zeit" für die Nachregelung des Prüfkolbens bei Erreichen der maximalen Prüflast und im abfallenden Ast der Versuchskurve einzuräumen. Aufgrund der sehr hohen Anforde-rungen an die Regeltechnik und Steifigkeit der Prüfmaschine wurden die weggeregelten Druckversu-che in zwei 4-Säulen Prüfmaschinen unterschiedlicher Hersteller (3 MN Form und Test bzw. 2,25 MN MTS) durchgeführt, um den abfallenden Ast der Versuchskurve messtechnisch erfassen zu können. Die MTS Prüfmaschine ist eine Universalprüfmaschine und verfügt im Gegensatz zur Form und Test Prüfmaschine über keine eingebaute Kalotte in den Lastplatten. Dadurch waren geringfügig unter-schiedliche Versuchsaufbauten erforderlich. Die Verformungen wurden mit Induktiven Wegaufneh-mern zwischen den Lastplatten bzw. zwischen unterer Lastplatte und Oberkante Prüfzylinder aufge-nommen. In Bild 2.3-1 und Bild 2.3-2 sind die Instrumentierung und der Versuchsaufbau erläutert.

Lastplatte mit integrierte Kalotte

Prüfzylinder

induktiver Wegaufnehmer –Messung zwischen Lastplatten

induktiver Wegaufnehmer –Messung zwischen Oberkante Zylinder (seitlich angeklebter Winkel) und unterer Lastplatte

Lastplatte mit integrierte Kalotte

Prüfzylinder

induktiver Wegaufnehmer –Messung zwischen Lastplatten

induktiver Wegaufnehmer –Messung zwischen Oberkante Zylinder (seitlich angeklebter Winkel) und unterer Lastplatte

Bild 2.3-1: Versuchsaufbau weggeregelte Druckversuche mit Form + Test 4-Säulenprüfmaschine

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

24 Versuche zum Tragverhalten von UHFFB

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Kalotte

induktiver Wegaufnehmer –Messung zwischen Lastplatten

massiver Stahlzylinder

massive Stahlscheibe für Wegmessung zwischen Ober-und Unterseite Prüfzylinder

Bild 2.3-2: Versuchsaufbau weggeregelte Druckversuche mit MTS 4-Säulenprüfmaschine

Die MTS Prüfmaschine verfügt zwar über eine sehr schnell ansprechende Regelungstechnik, aber es ist keine spezielle Vorrichtung zur Prüfung von Betonzylindern vorhanden. Aufgrund der Größe der Lastplatten musste zusätzlich ein massiver und 1 m hoher Stahlzylinder zwischen diese gestellt wer-den, um die Prüfzylinder überhaupt einbauen zu können. Aufgrund der hohen Prüflasten wird bei Überschreitung der Druckfestigkeit eine so enorme Energie freigesetzt, dass der eingestellte Stahlzy-linder zu "hoppeln" anfing und sich dadurch die Wegaufnehmer gelöst bzw. verschoben haben. Eine entsprechende Anpassung der Versuchseinrichtung wäre mit einem hohen finanziellen Aufwand ver-bunden gewesen.

Die Form und Test Prüfmaschine konnte Ende 2009 modernisiert und mit einer neuen Regelungstech-nik versehen werden. Damit war es dann möglich, den abfallenden Ast der Druckzylinder durch Ma-schinensteuerung über die externen Induktiven Wegaufnehmer messtechnisch zu erfassen. Bei den durchgeführten Druckversuchen vor der Modernisierung war dies nicht möglich.

Die E-Modul Prüfungen erfolgten nach DIN 1048-Teil 5 (1991). Die Instrumentierung bestand aus 3 induktiven Wegaufnehmern, die ringförmig um den Zylinder angeordnet waren mit einer Messlänge von 100 mm. Zusätzlich wurde die Prüfkraft F und der Maschinenweg aufgezeichnet. Im Anschluss an die E-Modul Prüfung wurden die Prüfkörper weggeregelt zu Bruch gefahren.

2.3.2 Biegezugversuche

Die Biegezugversuche erfolgten weggeregelt über den Maschinenweg des Prüfzylinders. Die Belas-tungsgeschwindigkeit wurde mit 0,1 mm/min sehr gering gewählt, um die Rissbildung verfolgen zu können. Die Versuche wurden in ausgewählten Versuchsstadien angehalten, um den Rissfortschritt zu dokumentieren.

Die Instrumentierung bestand aus 4 Ohmschen Wegaufnehmern vom Typ Novotechnik TRS25 mit einer Messlänge von 12,5 mm zur Aufnahme der vertikalen Auflagerverformungen. Die Messung der Mittendurchbiegung erfolgte mit 2 ohmschen Wegaufnehmern vom Typ Novotechnik TRS100 mit einer Messlänge von 50 mm. Die Anordnung und Bezeichnung der Wegaufnehmer kann Bild 2.3-3 entnommen werden.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Versuche zum Tragverhalten von UHFFB 25

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Bild 2.3-3: Instrumentierung der Biegezugversuche

Die Versuchskörper M1-1 bis M1-3 und M2-1 bis M2-3 wurden aufgrund ihrer Abmessungen mit einer anderen Prüfmaschine und Prüfeinrichtung wie die übrigen Biegzugversuchskörper geprüft. Die Messung der Mittendurchbiegung erfolgte mit 2 induktiven Wegaufnehmers vom Typ HBM WA-10 mit einer Messlänge von 20 mm. In Bild 2.3-4 ist die Instrumentierung dargestellt.

Bild 2.3-4: Instrumentierung der Biegezugversuche M1-1 bis M1-3 und M2-1 bis M2-3

Bei allen Biegeversuchen wurden zusätzlich der Maschinenweg und die Prüfkraft aufgezeichnet. Die Aufzeichnung der Messwerte erfolgte mit einer Messfrequenz von 5 Hz. In Bild 2.3-5 sind die Lage-rungsbedingungen der Kontrollprismen dargestellt. Die Biegeversuchskörper M1-1 bis M1-3 und M2-1 bis M2-3 wurden in der gleichen Prüfmaschine wie die Kontrollprismen getestet mit identischen Lagerungsbedingungen. Die Lagerungsbedingungen der übrigen Biegezugversuchskörper sind im Bild 2.3-6 dargestellt.

Bild 2.3-5: Lagerungsbedingungen der Kontrollprismen (Typ A und B) und der Versuchskörper vom Typ M1(b = h) und M2-1 bis M2-3 (b = 3h)

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

26 Versuche zum Tragverhalten von UHFFB

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Bild 2.3-6: Lagerungsbedingungen der Versuchskörper vom Typ M2 (b = 3h) und M3 (b = 5h)

2.3.3 Zentrische Zugversuche

Aufgrund der großen Anzahl unterschiedlicher Abmessungen der zentrischen Zugversuchskörper mussten zunächst zwei neue Lasteinleitungskonstruktionen für die 1 MN Schenk Universalprüfma-schine konstruiert werden. Bild 2.3-7 erläutert die einzelnen Elemente der "kleinen" Lasteinleitungs-konstruktion für die Versuchskörper N1-1 bis N1-6 und N2-1 bis N2-3. In Bild 2.3-8 ist die komplette Versuchseinrichtung dargestellt. Die "große" Lasteinleitungskonstruktion für die Versuchskörper N2-4 bis N2-12 und N3-1 bis N3-3 ist analog in Funktionsweise und Konstruktion (vgl. Bild 2.3-9).

Pyramidenverzahnungzur Erhöhung der übertragbarenReibungskraft

vorgespannte 10.9M16 Gewindestangen

Tellerfeder(2 je Gewindestangen)

Stellschraube zur Zentrierung derschwachen Versuchs-körperachse

Gelenkige Lagerungum die starke Versuchs-körperachse

Augenblech zur Einspan-nung in die Prüf-maschinenbacken

Klemmplatten

Anschlagleiste zur Ausrichtung des Versuchskörpers beim Einbau in die Einrichtung

Bild 2.3-7: Elemente der "kleinen" Lasteinleitungskonstruktion

Die Lasteinleitung erfolgt bei beiden Konstruktionen über Reibung. Zur Erhöhung der übertragbaren Reibungskräfte sind die Kontaktflächen zwischen Lasteinleitung und Versuchskörper mit einer Pyra-midenverzahnung versehen. Die erforderliche Normalkraft zur Erzeugung der Reibungskräfte wird mit Hilfe von vorgespannten Gewindestangen (M16, Festigkeit 10.9) aufgebracht. Jede Gewindestange wird mit einem Drehmomentenschlüssel auf ca. 110 kN vorgespannt. Das Vorspannen der einzelnen Gewindestangen erfolgt in mehreren Stufen, wobei jeweils diagonal gegenüberliegende Gewindestan-gen nacheinander vorgespannt werden. Durch dieses Vorgehen wird ein Verkanten der Klemmplatten beim Einbau des Versuchskörpers in die Lasteinleitungsvorrichtung verhindert. Um zu Vermeiden, dass sich die Vorspannung der Gewindestangen infolge Querdehnung des Versuchskörpers bei Belas-

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Versuche zum Tragverhalten von UHFFB 27

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tung deutlich abbaut, sind je Gewindestange 2 Tellerfedern in Reihe angeordnet und entsprechend dimensioniert. Die Anzahl der erforderlichen Gewindestangen richtet sich nach der Versuchskörper-größe und der zu erwartenden Prüflast. Die Mindestanzahl beträgt 4 Stck. je Anfang und Ende. Die Gewindestangen sind seitlich von den Versuchskörpern angeordnet. Bei den Versuchskörpern N2-4 bis N2-12 und N3-1 bis N3-3 wurden zusätzlich im Einspannbereich 2 bis 4 Gewindestange durch den Versuchskörper durchgeführt, um eine gleichmäßige Normalkraftverteilung in den Kontaktflächen sicherzustellen. Die entsprechenden Öffnungen in den Versuchskörpern wurden bereits bei der Her-stellung durch in die Schalung eingebaute Kunststoffrohre vorgesehen, die vor dem Einbau in die Prüfvorrichtung wieder aus dem Versuchskörper entfernt wurden. Die Öffnungsdurchmesser wurden so gewählt, dass die Gewindestangen im eingebauten Zustand keinen Kontakt mit den Versuchskör-pern haben.

Versuchskörper

Obere Klemmbackender Prüfmaschine

Untere Klemmbackender Prüfmaschine

„kleine“ Lastein-leitungskonstruktion

Optische Messeinrichtung

Bild 2.3-8: Versuchseinrichtung mit "kleiner" Lasteinleitungskonstruktion

Der Einbau der Versuchskörper in die Versuchseinrichtung erfolgt liegend. Zur Ausrichtung der ein-zelnen Lastplatten werden diese paarweise mit U-Profilen beidseitig zusammengeschraubt und fixiert. Die U-Profile dienen auch gleichzeitig als Sicherung der Versuchskörper während des Transports und dem Einbau in die Prüfmaschine, um eine Vorbelastung zu vermeiden. Erst nach dem Einbau in die Prüfmaschine und dem Verriegeln der Klemmbacken werden die U-Profile entfernt. Bild 2.3-10 zeigt exemplarisch die "große" Lasteinleitungskonstruktion mit eingebauten Versuchskörper und montierten U-Profilen unmittelbar vor dem Einbau in die Prüfmaschine. Das Vorgehen bei der "kleinen" Lastein-leitungskonstruktion ist identisch.

Bei einigen Versuchskörpern der Serie N1-1 bis N1-6 und N2-1 bis N2-6 war es erforderlich im Ein-spannbereich auf der nicht geschalten Oberseite eine dünne Ausgleichsschicht aufzubringen, um her-stellungsbedingte Unebenheiten auszugleichen (vgl. Bild 2.3-12). Die Versuchskörper N2-7 bis N2-12 und N3-1 bis N3-3 wiesen eine leichte Krümmung der Einspannbereiche zur nicht geschalten Oberseite hin auf, der Messbereich hingegen war plan. Bei diesen Versuchskörpern wurde eine Aus-gleichsschicht im Einspannbereich auf der Ober- und Unterseite aufgebracht, um die Krümmung und Unebenheiten der nicht geschalten Oberseite auszugleichen. Als Ausgleichsmaterial wurde Ardex K15 neu aufgrund seiner hohen Festigkeit und selbstnivellierenden Eigenschaften gewählt.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

28 Versuche zum Tragverhalten von UHFFB

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Obere Klemmbackender Prüfmaschine

Untere Klemmbackender Prüfmaschine

„große“ Lasteinleitungs-konstruktion

Versuchskörper

Bild 2.3-9: Versuchseinrichtung mit "großer" Lasteinleitungskonstruktion

Bild 2.3-10: "Große" Lasteinleitungskonstruktion mit montierter Transportsicherung (U-Profile) vor dem Einbau in die Prüfmaschine

Die Instrumentierung der Versuchskörper erfolgte mit Ohmschen Wegaufnehmern vom Typ Novo-technik TRS25 mit einem Messweg von 12,5 mm. Die unterschiedlich langen Messbereiche (= kon-

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Versuche zum Tragverhalten von UHFFB 29

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stante Querschnittsabmessungen) der taillierten Zugversuchskörper wurden zur Vergleichbarkeit un-tereinander in konstante Messlängen von jeweils 150 mm unterteilt. Lediglich bei den Versuchskör-pern N1-1 bis N1-3 hatte der Messbereich = Messlänge eine Länge von 100 mm. Die Anordnung der Wegaufnehmer und Messlängen wurde so gewählt, dass neben der Längsverformung auch eine even-tuelle Verkrümmung um die starke bzw. schwache Versuchskörperachse erfasst werden konnten.

Bei den Versuchskörpern N1-1 bis N1-6 und N2-1 bis N2-3 wurde zusätzlich die Spannungs - Riss-

öffnungsbeziehung - wr mittels einer optischen Messung aufgezeichnet. Das optische Messsystem besteht aus vier digitalen Kameras, die entlang des Messbereichs der Versuchskörper an einem Alu-miniumprofil übereinander montiert sind. Zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Ausleuchtung des optischen Messbereichs sind spezielle Halogenstrahler an einem weiteren Aluminiumprofil befestigt und entsprechend ausgerichtet (vgl. Bild 2.3-11). Auf einer der taillierten Seiten der Versuchskörper wurde ein rautenförmiges Messcluster aufgezeichnet, auf dem dann die Messpunkte für das optische Messsystem in einem definierten Abstand markiert wurden. Die Messpunkte waren entlang zweier zur Versuchskörperlängsachse parallelen Linien gleichen Abstands angeordnet. Es befanden sich somit immer zwei Messpunkte auf gleicher Höhe. Das verwendete optische Messsystem kann maximal 32 Messpunkte verarbeiten, d.h. je Messlinie konnten maximal 16 Punkte angeordnet werden. In Bild 2.3-12 sind die erläuterten Elemente des optischen Messbereichs dargestellt. Die optische Messung ist synchronisiert mit der Aufzeichnung der Maschinenkraft. Die genaue Anordnung der einzelnen Weg-aufnehmer und Messpunkte der optischen Messung kann für jeden Zugversuchskörpertyp den Bildern Bild 2.3-14 bis Bild 2.3-20 entnommen werden. Die Rissbildung auf der Seite B im Messbereich der Versuchskörper N1-1 bis N1-6 und N2-1 bis N2-3 wurde mit einer digitalen Spiegelreflexkamera während der Versuche kontinuierlich aufgenommen.

digital Kameras

Beleuchtung

Bild 2.3-11: Komponenten des optischen Messsytems

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

30 Versuche zum Tragverhalten von UHFFB

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Messcluster für optische Messung

Messpunkte für optische Messung

Tiede® Untergrundfarbe Weißzur Kontrasterhöhung und zur Visualisierung der Rissbildung

AusgleichsschichtArdex K15 neu

AusgleichsschichtArdex K15 neu

Bild 2.3-12: Elemente des optischen Messbereichs

Sämtliche Zugversuche wurden weggeregelt über den Maschinenweg mit einer Prüfgeschwindigkeit von 0,1 mm/min durchgeführt. Die Messfrequenz zur Aufzeichnung von allen Messdaten betrug je-weils 5 Hz.

Das obere und untere Lager der Zugversuchseinrichtung erlaubt eine Verdrehbarkeit nur um die starke Bauteilachse. Das obere Lager ist sowohl in der horizontalen Ebene als auch vertikal unverschieblich ausgebildet. Das untere Lager ist in der horizontalen Ebene unverschieblich und vertikal verschieblich ausgeführt, um die Belastung aufbringen zu können. Im Bild 2.3-13 sind die Lagerungsbedingungen der Zugversuchseinrichtung und die Definition der Hauptachsen der Versuchskörper abgebildet. Die Pfeile stehen für die Freiheitsgrade der Versuchseinrichtung.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Versuche zum Tragverhalten von UHFFB 31

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Bild 2.3-13: Lagerungsbedingungen der Zugversuchseinrichtung und Definition der Hauptachsen

Bild 2.3-14: Instrumentierung der zentrischen Zugversuche N1-1 bis N1-3

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32 Versuche zum Tragverhalten von UHFFB

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Bild 2.3-15: Instrumentierung der zentrischen Zugversuche N1-4 bis N1-6

Bild 2.3-16: Instrumentierung der zentrischen Zugversuche N2-1 bis N2-3

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Versuche zum Tragverhalten von UHFFB 33

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Bild 2.3-17: Instrumentierung der zentrischen Zugversuche N2-4 bis N2-6

Bild 2.3-18: Instrumentierung der zentrischen Zugversuche N2-7 bis N2-9

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

34 Versuche zum Tragverhalten von UHFFB

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Bild 2.3-19: Instrumentierung der zentrischen Zugversuche N2-10 bis N2-12

Bild 2.3-20: Instrumentierung der zentrischen Zugversuche N3-1 bis N3-3

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Versuche zum Tragverhalten von UHFFB 35

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2.4 Ergebnisse der Druck-, Biege- und Zugversuche

2.4.1 Vorbemerkungen

In den nachfolgenden Abschnitten 2.4.2 bis 2.4.9 sind die wesentlichen Ergebnisse der Druck-, Biege- und Zugversuche mit Ductal® zusammengefasst, die für die Ausführungen in den nachfolgenden Ka-piteln relevant sind. Für weitere Details wird auf den Forschungsbericht von Frettlöhr und Reineck (2009), Reineck und Frettlöhr (2010) und Reineck und Frettlöhr (2011) verwiesen.

2.4.2 Druckfestigkeits- und E-Modul Prüfung

Die insgesamt 62 Druckversuche an den Zylindern (Ø100, h = 200 mm) aus verschiedenen Chargen ergaben einen Mittelwert von fcm = 211 MPa bei einem Variationskoeffizienten von nur v = 4,4 % und

einer zugehörigen Dehnung von c1 = 4,42 ‰. Der Höchstwert betrug 245 MPa, und nur 6 Werte lagen unter 200 MPa mit 195,8 MPa als niedrigstem Wert. Der statische Elastizitätsmodul unter Druckbean-spruchung wurde an 27 Zylindern verschiedener Chargen nach DIN 1048 - Teil 5 (1991) ermittelt. Es ergab sich ein mittlerer Sekantenmodul von Ecm = 53.071 MPa mit einem geringen Variationskoeffi-zienten von v = 7,6 %. Der Tangentenmodul entspricht dem Sekantenmodul.

Im Bild 2.4-1 sind die Spannungs - Dehnungs Kurvenverläufe von allen weggesteuerten Druckversu-chen abgebildet. Die drei Kontrollzylinder KZ-1-D-C7, KZ-5-D-C4 und KZ-6-D-C13 konnten mit der Ende 2009 modernisierten Form + Test 4 Säulenprüfmaschine am Otto-Graf-Institut der FMPA Stutt-gart geprüft werden. Nur bei diesen drei Druckversuchen war eine messtechnische Erfassung des Nachbruchverhaltens überhaupt möglich. Die übrigen 24 weggesteuerten Druckversuche erfolgten mit der MTS bzw. der Form + Test 4 Säulenprüfmaschine vor der Modernisierung.

Bild 2.4-1: c- c - Versuchskurven der weggesteuerten Druckfestigkeitsprüfungen an Zylindern

(Ø = 100 mm und h 200 mm) aus Ductal®

Alle weggesteuerten Druckversuche weisen bis zum Erreichen der Druckfestigkeit fc einen ähnlichen

Verlauf auf. Die Druckspannung c steigt nahezu linear bis zur Druckfestigkeit fc an. Mit Erreichen von fc setzt das Versagen ein, welches sich durch ein wahrzunehmendes Knistern ankündigt. Die Spannungs - Dehnungskurve fällt sehr steil bzw. nahezu senkrecht bis auf ca. 65 MPa ab und geht dann ein einen sehr flach abfallenden Ast über.

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36 Versuche zum Tragverhalten von UHFFB

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2.4.3 Biegezugtragverhalten der Kontrollprismen und Versuchskörper

Ein typischer Verlauf der Biegerandzugspannung ctfl = M/W in Abhängigkeit von der Mittendurch-biegung wm ist im Bild 2.4-2 für die Kontrollprismen vom Typ A mit b = h = 40 mm und l = 160 mm dargestellt.

Bild 2.4-2: Typischer Verlauf der Biegerandzugspannung ctfl in Abhängigkeit von der Mittendurchbiegung wm für die Kontrollprismen mit b = h = 40 mm und Spannweite l = 160 mm

Die Biegezugprüfungen an 99 Kontrollprismen (vgl. Bild 2.1-4) vom Typ A (b = h = 40 mm und

Spannweite l = 160 mm) lieferten folgende Werte für die mittlere Biegerandzugspannung ctfl = M/W:

- Elastizitätsgrenze der Biegerandzugspannung: fctfl,el,m = 21,6 MPa bei v = 12,5 %;

- Biegezugfestigkeit (Höchstwert): fctfl,m = 42,3 MPa bei v = 8,9 %.

Bei den 12 geprüften Kontrollprismen vom Typ B (b = h = 75 mm und Spannweite l = 300 mm) erga-ben sich die folgenden Werte:

- Elastizitätsgrenze der Biegerandzugspannung: fctfl,el,m = 17,8 MPa bei v = 22 %;

- Biegezugfestigkeit (Höchstwert): fctfl,m = 39,1 MPa bei v = 7,8 %.

Die Kontrollprismen vom Typ B (h = 75 mm) wiesen damit sowohl eine geringere mittlere Biegerand-zugspannung an der Elastizitätsgrenze als auch eine geringere Biegezugfestigkeit fctfl im Vergleich zu den Kontrollprismen vom Typ A (h = 40 mm) auf.

Im Bild 2.4-3 ist der Verlauf der Biegerandzugspannung für die Versuchsserie mit h = 50 mm, b/h = 3 und einer Spannweite l = 450 mm dargestellt.

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Versuche zum Tragverhalten von UHFFB 37

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Bild 2.4-3: Typischer Verlauf der Biegerandzugspannung ctfl in Abhängigkeit von der Mittendurchbiegung wm für die Versuchsserie mit h = 50 mm, b/h = 3 und Spannweite l = 450 mm

Ein Vergleich der Verläufe der Biegerandzugspannungen von Bild 2.4-2 und Bild 2.4-3 zeigt, dass die Kontrollprismen vom Typ A über ein deutlich geringeres Verformungsvermögen im Vergleich zu den Versuchkörpern verfügen. Die Ursache hierfür liegt in der unterschiedlichen Spannweite begründet. Die Versuchskurven der Biegerandzugspannungen weisen bei allen geprüften Versuchskörpern und Kontrollprismen ein ähnliches Tragverhalten auf. Die Biegerandzugspannung steigt zunächst in der linear elastischen Phase steil an, bis die Elastizitätsgrenze der Biegerandspannung fctfl,el erreicht wird. An diesem Punkt tritt der erste Makroriss auf, was auch akustisch während der Versuche durch ein erstes „Knackgeräusch“ wahrgenommen werden kann. Nach Überschreitung der Elastizitätsgrenze setzt die Phase der Multirissbildung („multi-cracking-branch“) ein, in der sich viele feine Risse in einem engen Abstand ausbilden. In dieser Phase steigt die Biegerandzugspannung unterlinear weiter an bis zum Erreichen der Biegzugfestigkeit fctfl, bei der die Lokalisierung einsetzt. Ein feiner Riss be-ginnt zu lokalisieren, d.h. die Rissöffnung nimmt deutlich zu, und die rissüberbrückenden Fasern wer-den zunehmend aus der UHFFB Matrix herausgezogen. Durch diese Lokalisierung nimmt die Riss-breite der übrigen Risse ab, bzw. sie schließen sich. Mit fortschreitender Lokalisierung fällt die Biege-randzugspannung bedingt durch den zunehmenden Faserauszug kontinuierlich wieder ab. Der Verlauf und die Steigung des abfallenden Bereiches variieren teilweise bei den einzelnen Biegeprismen, weil u.a. die Lokalisierung an unterschiedlichen Stellen entlang der Spannweite der Biegeprismen erfolgte. Die Lage der Lokalisierungsstelle der Biegezugversuche mit Ductal® können dem Forschungsbericht von Frettlöhr und Reineck (2009) entnommen werden.

Um die Kurvenverläufe der Biegerandzugspannung von den verschiedenen Versuchskörpern mitein-ander zu vergleichen, wurde der im Bild 2.4-4 dargestellte Polygonzug definiert.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

38 Versuche zum Tragverhalten von UHFFB

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Bild 2.4-4: Charakteristischer ctfl - w - Verlauf der Biegerandzugspannung

Die zu den charakteristischen Punkten fctfl,1 bis fctfl,5, fctfl,el und fctfl korrespondierenden Mittendurchbie-

gungen w1 bis w4, wel und wctfl können den ctfl - wm - Verläufen der jeweiligen Biegezugprismen entnommen werden. Zusätzlich ist im Bild 2.4-4 das Biegearbeitsvermögen Wfl als Flächeninhalt un-terhalb der Kurve definiert, wobei es entsprechend den definierten Versuchsphasen in die folgenden drei Anteile aufgeteilt ist:

- Biegearbeitsvermögen der elastischen Versuchsphase: Wfl,el [J/m²]

- Biegearbeitsvermögen der "multi - cracking" - Phase: Wfl,1 [J/m²]

- Biegearbeitsvermögen der Lokalisierungsphase: Wfl,2 [J/m²]

Dies ist jedoch nicht wirklich repräsentativ, denn bei der Berechnung des Biegearbeitsvermögens soll-

te die Lage der Lokalisierungsstelle sowie die unterschiedlichen Spannweiten l = 5h und Abstände c =

2h der Lasteinleitungsstellen berücksichtigt werden müssen. Der Einfluss der Lage der Lokalisie-rungsstelle wird in Bild 2.4-5 anhand eines Starrkörpermodells verdeutlicht. Es ist offensichtlich, dass bei einer Lokalisierung z.B. unterhalb der Lasteinleitung (vgl. Bild 2.4-5b) die auftretende Verdrehung

am an der Lokalisierungsstelle größer ausfällt als bei einer Lokalisierung in Feldmitte (vgl. Bild 2.4-5a) bei identischer Mittendurchbiegung wm. Dies spiegelt sich analog auch beim Biegearbeitsver-mögen wieder, und somit sollte diese besser über die Rotationsarbeit ermittelt werden.

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Versuche zum Tragverhalten von UHFFB 39

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Bild 2.4-5: Starrkörpermodell für die Lokalisierungsstelle der Biegezugversuche

2.4.4 Biegerandzugspannung an der Elastizitätsgrenze

Im Bild 2.4-6 ist die Biegerandzugspannung fctfl,el an der Elastizitätsgrenze in Abhängigkeit von der Bauteilhöhe h für verschiedene Verhältnisse b/h aufgetragen. Die Mittelwerte von fctfl,el der einzelnen Versuchsserien sind für gleiche b/h Verhältnisse miteinander verbunden. Die Bandbreite der Streuun-gen von fctfl,el der Biegzugversuche lag bei v = 0,5 bis 12,4 % und fällt damit gering aus.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

40 Versuche zum Tragverhalten von UHFFB

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Bild 2.4-6: Elastizitätsgrenze der Biegerandzugspannung fctfl,el in Abhängigkeit von der Höhe h für unter-schiedliche Verhältnisse b/h

Für das Verhältnis b/h = 1 liegen die Werte für h = 50 mm mit im Mittel 16,4 MPa etwas zu niedrig im Vergleich zu den Werten der Kontrollprismen mit h = 40 mm und h = 75 mm. Insgesamt ist jedoch bei b/h = 1 ein Abfall mit zunehmender Höhe h von 21,6 MPa bei h = 40 mm auf 17,8 MPa bei h = 75 mm festzustellen, der ca. 18 % beträgt. Für b/ h = 5 sind die Werte für h = 50 mm und h = 75 mm na-hezu gleich. Für die Serie mit b/h = 3 ist jedoch ein deutlicher Abfall von fctfl,el sichtbar. Die Elastizi-tätsgrenze der Biegerandzugspannung fctfl,el fällt mit zunehmender Prismenhöhe h von 19,1 MPa bei h = 25 mm bis auf 12,1 MPa bei h = 150 mm ab. Der Abfall von h = 25 mm auf h = 150 mm beträgt insgesamt ca. 37 % und wird durch folgende lineare Trendgerade zutreffend erfasst:

400

h120f el,ctfl ( 2-1 )

mit h [mm] ≤ 150 mm Bauteilhöhe

Im Gegensatz zur Bauteilhöhe h zeigt das Bauteilverhältnis b/h keinen Einfluss auf die Elastizitäts-grenze bei Biegezug, was Bild 2.4-7 verdeutlicht.

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Versuche zum Tragverhalten von UHFFB 41

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Bild 2.4-7: Elastizitätsgrenze der Biegerandzugspannung fctfl,el in Abhängigkeit vom Verhältnis b/h für un-terschiedliche Prismenhöhen h

2.4.5 Biegezugfestigkeit

Das Bild 2.4-8 zeigt die Biegezugfestigkeit fctfl in Abhängigkeit von der Prismenhöhe h, wobei die Mittelwerte von fctfl für Versuchsserien mit identischem b/h Verhältnis miteinander verbunden sind.

Bild 2.4-8: Biegezugfestigkeit fctfl in Abhängigkeit von der Prismenhöhe h

Die Variationskoeffizienten liegen bei den Kontrollprismen mit b/h = 1 für h = 40 mm bei v = 9 % und bei denen mit h = 75 mm bei 7,8 %. Bei den Versuchen mit b/h = 3 weisen die Variationskoeffizien-

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42 Versuche zum Tragverhalten von UHFFB

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ten eine sehr niedrige Bandbreite von 4,4 bis 6,6 % für die Versuchskörper mit h = 25, 50 und 100 mm auf. Nur bei den Versuchskörpern mit h = 75 und 150 mm fiel die Streuung mit v = 14,2 % bzw. 21,2 % höher aus. Die Versuchskörper mit b/h = 5 weisen ebenfalls eine geringe Streuung von v = 9,2 bis 9,8 % auf. Die Streuungen der Biegezugfestigkeit der Biegezugversuche und Kontrollprismen sind damit insgesamt vergleichsweise gering.

Die Mittelwerte der Versuchskörper mit b/h = 3 betragen 42,5 MPa für h = 25 mm und 44,7 MPa für h = 50 mm und weisen somit fast keinen Unterschied auf. Danach fallen jedoch die Werte deutlich mit zunehmender Bauteilhöhe ab, und zwar auf 39,1 MPa bei h = 75 mm, 32,4 MPa bei h = 100 mm und 27,5 MPa bei h = 150 mm. Dies ist insgesamt ein Abfall von ca. 37 % gegenüber dem Mittelwert von 43,6 MPa für h = 25 und 50 mm. Der Abfall für b/h = 3 kann durch folgende Trendlinie erfasst wer-den:

336

h148fctfl ( 2-2 )

mit h [mm] ≤ 150 mm Bauteilhöhe

Die Mittelwerte für die Serie mit b/h = 1 liegen im Vergleich zu b/h = 3 um bis zu 13,6 % oberhalb. Auch bei der Versuchsserie mit b/h = 1 ist eine deutlicher Abfall bei fctfl von 50,75 MPa für h = 50 auf 39,1 MPa für h = 75 vorhanden, der ca. 23 % entspricht. Von diesem Trend abweichend weisen die Kontrollprismen mit h = 40 mm dieser Serie eine mittlere Biegezugfestigkeit von fct,fl = 42,3 MPa auf, die um ca. 17 % geringer gegenüber den Versuchskörpern mit h = 50 mm dieser Serie ausfällt. Man würde für h = 40 mm eher eine höhere Biegzugfestigkeit fct,fl erwarten.

Eine mögliche Erklärung für die geringen Biegezugfestigkeiten fctfl bei den Serien mit b/h = 1 und h = 40 mm bzw. b/h = 3 und h = 25 mm könnte die im Vergleich zu den übrigen Versuchskörpern deutlich kürzere Bauteillänge und damit Fließlänge bei der Betonage sein. Hierdurch richten sich ver-mutlich die Fasern beim Befüllen der Schalung von der schmalen Stirnseite ausgehend nicht so opti-mal in Einfüllrichtung aus, wie dies bei den Versuchskörpern mit längerer Fließlänge der Fall ist.

Bei der Versuchsserie b/h = 5 fällt die Biegzugfestigkeit fctfl von 39,5 MPa bei h = 50 mm auf 32,2 MPa bei h = 75 mm um ca. 18,5 % ab. Die Biegezugfestigkeit fctfl fällt gegenüber den Versuchsserien mit b/h = 1 und b/h = 3 um bis zu 22 % geringer aus bei gleicher Bauteilhöhe h.

Die Versuchsergebnisse zeigen einen deutlichen Maßstabseinfluss in Bezug auf die Bauteilhöhe h. Der Abfall von fctfl der Versuchsserien b/h = 1, 3 und 5 weist für eine Bauteilhöhe von h = 50 bis 75 mm einen näherungsweise parallelen Verlauf auf.

Um den Einfluss der Bauteilform oder der Verhältnisse b/h aufzuzeigen, ist im Bild 2.4-9 die Biege-zugfestigkeit fctfl in Abhängigkeit vom Bauteilverhältnis b/h für die verschiedenen geprüften Bauteil-höhen dargestellt. Dabei wurden wiederum die Mittelwerte für die Bauteilhöhen h = 50 und h = 75 mm miteinander verbunden.

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Versuche zum Tragverhalten von UHFFB 43

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Bild 2.4-9: Abnahme der Biegezugfestigkeit fct,fl mit zunehmendem Bauteilverhältnis b/h

Für eine Bauteilhöhe von h = 50 mm fällt fctfl von 50,8 MPa bei b/h = 1 auf 44,7 MPa bei b/h = 3 und 39,5 MPa bei b/h = 5 ab, was insgesamt einer Abnahme ca. 22 % entspricht. Bei den Versuchskörpern mit h = 75 mm ist die Abnahme etwas geringer ausgeprägt: die Werte fallen von 39,1 MPa bei b/h = 1 auf 34,9 MPa bei b/h = 3 und auf 32,2 MPa bei b/h = 5 ab, d.h. insgesamt um 18 %. Der Einfluss des Bauteilverhältnisses b/h bzw. der Bauteilform ist offensichtlich sehr deutlich ausgeprägt.

Zusammenfassend haben die Biegzugversuche gezeigt, dass die Biegezugfestigkeit fctfl sowohl einen ausgeprägten Maßstabseinfluss in Bezug auf die Bauteilhöhe h als auch in Bezug auf das Bauteilver-hältnis b/h bzw. Bauteilform aufweist.

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44 Versuche zum Tragverhalten von UHFFB

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2.4.6 Tragverhalten bei zentrischem Zug

Bei den zentrischen Zugversuchen ergab sich im Mittel ein statischer Sekantenmodul von Ectm = 48.576 MPa bei einer Streuung von v = 17,3 %. Der mittlere statische E-Modul aus den Druckversu-chen liegt bei Ecm = 53.071 MPa mit einer geringen Streuung von v = 7,6 %. Der E-Modul für reine Druckbeanspruchung fällt damit um 9,3 % höher aus als der E-Modul für zentrische Zugbeanspru-chung, was entsprechend bei dem Materialmodell für die Tragwerksberechnung zu berücksichtigen ist.

Im Bild 2.4-10 ist ein typischer Verlauf der zentrischen Zugspannung ct in Abhängigkeit von der

mittleren Dehnung ctm für die Versuchskörper mit h = 25 mm und b/h = 3 dargestellt, wobei die Deh-nung über die Länge von 150 mm gemessen wurde.

Bild 2.4-10: Verlauf der zentrischen Zugspannung ct in Abhängigkeit von der mittleren Dehnung ctm der Versuchsserie mit b/h = 3 und h = 25 mm, Messlänge l = 150 mm

Die Versuchskurven sämtlicher Versuchskörper unter zentrischer Zugbeanspruchung weisen einen ähnlichen Verlauf auf, der in drei Phasen aufgeteilt werden kann. In der 1. Phase steigt die Zugspan-

nung ct zunächst linear steil an bis zur der Elastizitätsgrenze der Zugspannung fct,el, bei der der erste Makroriss auftritt. Nach Überschreiten von fct,el setzt die 2. Phase der Multirissbildung ("multi-cracking-branch") ein, in der sich viele feine Risse in einem engen Abstand ausbilden. Die Zugspan-

nung ct steigt in dieser Phase nichtlinear bis zur maximalen Zugfestigkeit fct weiter an, was als Deh-nungsverfestigung ("strain hardening") bezeichnet wird. Mit Erreichen von fct setzt die Lokalisierung ein, ab der die 3. Phase mit abfallenden Spannungen (Entfestigung oder "strain softening“) beginnt. Mit Einsetzen der Lokalisierung nimmt die Rissöffnung eines feinen Risses deutlich zu und die riss-überbrückenden Fasern werden mit zunehmender Rissöffnung aus der UHFFB Matrix herausgezogen. In der Regel setzte die Lokalisierung bei den Versuchskörpern nur an einer Stelle ein, aber bei einigen wenigen Versuchskörpern erfolgte die Lokalisierung auch an zwei Stellen. Die im Bild 2.4-10 schwarz und grau dargestellten Versuchskurven sind ein Beispiel für eine Lokalisierung an zwei Stellen. Mit Einsetzen der Lokalisierung nimmt die Rissbreite der übrigen Risse ab und die Summe der Rissbreiten aller Risse bei einsetzender Lokalisierung konzentriert sich somit primär in der Lokalisierungsstelle.

Mit fortschreitender Lokalisierung fällt die Zugspannung ct kontinuierlich ab und geht gegen null. In Bild 2.4-11 sind exemplarisch typische Rissbilder der Versuchsserien mit b/h = 1 und h = 50 mm bzw. h = 75 mm sowie b/h = 3 und h = 25 mm abgebildet.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Versuche zum Tragverhalten von UHFFB 45

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

a) Typisches Rissbild der Versuchsserie N1-1 bis N1-3 mit b/h = 1 und h = 50 mm

b) Typisches Rissbild der Versuchsserie N1-4 bis N1-6 mit b/h = 1 und h = 75 mm

c) Typisches Rissbild der Versuchsserie N2-1 bis N2-3 mit b/h = 3 und h = 25 mm

Bild 2.4-11: Typische Rissbilder der Versuchsserien N1-1 bis N1-6 und N2-1 bis N2-3

Die Versuchskurven lassen sich durch den im Bild 2.4-12 definierten charakteristischen multi-linearen Linienzug zutreffend beschreiben. Dabei wird die zuvor beschriebene 2. Phase durch zwei Geraden angenähert. Aus den einzelnen charakteristischen Kurven wird für jede Versuchsreihe eine mittlere charakteristische Kurve berechnet, die im Bild 2.4-10 ebenfalls abgebildet ist. Entsprechend den drei Phasen des Zugtragverhaltens können die elastische Energie Gel, die "multi-cracking" Energie Gcr1 und die Bruchenergie Gcr2 nach den Gl.( 2-3 ) bis Gl.( 2-5 ) berechnet werden. Die Summe von Gcr1 und Gcr2 ergibt die totale Bruchenergie Gcr,total und Summe aus allen Energieanteilen die Gesamtenergie Gtotal.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

46 Versuche zum Tragverhalten von UHFFB

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Bild 2.4-12: Charakteristischer ct - ct - Verlauf der zentrischen Zugversuche

5

ct

ct

el,ct

el,ct

dl)(G

dl)(G

dl)(G

ct2cr

ct1cr

0

ctel

( 2-3 )

( 2-4 )

( 2-5 )

mit Gel [J/m²] elastische Energie Gcr1 [J/m²] "multi-cracking" Energie Gcr2 [J/m²] Bruchenergie

ct() [MPa] Zugspannung

[-] Dehnung l [mm] Messlänge

2.4.7 Zentrische Zugspannung an der Elastizitätsgrenze

Die zentrische Zugspannung an der Elastizitätsgrenze fct,el in Abhängigkeit von der Bauteilhöhe h ist im Bild 2.4-13 dargestellt. Die Mittelwerte von fct,el der einzelnen Versuchsserien mit identischem b/h Verhältnis sind jeweils miteinander verbunden.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Versuche zum Tragverhalten von UHFFB 47

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Bild 2.4-13: Zugspannung an der Elastizitätsgrenze fct,el in Abhängigkeit von der Bauteilhöhe h

Die Mittelwerte fct,el der Versuchskörper mit b/h = 3 fallen deutlich mit zunehmender Bauteilhöhe von 8,3 MPa bei h = 25 mm auf 6,0 MPa bei h = 100 mm ab. Dies ist insgesamt ein Abfall von ca. 28 % und weist auf einen Maßstabseinfluss hin. Der Variationskoeffizient liegt bei den Versuchen mit b/h = 3 höchstens bei 16 % und liegt somit im für Zugversuche zu erwartenden Rahmen.

Die Mittelwerte für b/h = 1 fallen mit 7,8 MPa bei h = 50 mm und 8,0 MPa bei h = 75 mm um 6 % bzw. 24% höher gegenüber denen für b/h = 3 bei gleicher Prismenhöhe aus. Die Streuungen liegen mit v = 15,2 % ebenfalls im für Zugversuche zu erwartenden Rahmen. Ein Maßstabseinfluss ist hier nicht vorhanden.

Des Weiteren nimmt die Elastizitätsgrenze fct,el der zentrischen Zugspannung mit zunehmenden Bau-teilverhältnis b/h ab, wie das Bild 2.4-14 für die beiden Serien mit h = 50 und 75 mm zeigt. Der Mit-telwert von fct,el der Versuchsserien mit h = 50 mm fällt bei b/h = 1 um insgesamt 22 % von 7,8 MPa auf 6,1 MPa bei b/h = 5 ab. Die Versuchsserie mit h = 75 mm weist einen Abfall um ca. 19 % von fct,el = 8,0 MPa bei b/h = 1 auf 6,5 MPa bei b/h = 3 auf.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

48 Versuche zum Tragverhalten von UHFFB

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Bild 2.4-14: Zugspannung an der Elastizitätsgrenze fct,el in Abhängigkeit vom Bauteilverhältnis b/h

An dieser Stelle sei jedoch angemerkt, dass die Versuchsserien N2-7 bis N2-12 (b/h = 3 und h = 75 bzw. 100 mm) sowie N3-1 bis N3-3 (b/h = 5 und h = 50) eine leichte Krümmung der Einspannstellen zur nicht geschalten Oberseite hin aufwiesen, wohingegen der Messbereich plan war. Wie bereits im Abschnitt 2.3.3 erwähnt, wurde diese durch eine beidseitige Ausgleichsschicht kompensiert. Der expe-rimentell festgestellte Maßstabseinfluss wird daher im Abschnitt 5.1 im Detail diskutiert, um einen möglichen Einfluss der Krümmung zu bewerten. In Bild 2.4-13 und Bild 2.4-14 sind deshalb die ent-sprechenden Kurvenabschnitte gestrichelt dargestellt.

2.4.8 Zentrische Zugfestigkeit

Das Bild 2.4-15 zeigt die zentrische Zugfestigkeit fct in Abhängigkeit von der Bauteilhöhe h, wobei die Mittelwerte der Versuchsreihen mit gleichem b/h Verhältnis verbunden sind.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Versuche zum Tragverhalten von UHFFB 49

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Bild 2.4-15: Zentrische Zugfestigkeit fct in Abhängigkeit von der Bauteilhöhe h für verschiedene Bauteilver-hältnisse b/h

Die Mittelwerte der Versuchskörper mit b/h = 3 betragen 14,6 MPa für h = 25 mm und 14,5 MPa für h = 50 mm und weisen somit fast keinen Unterschied auf. Danach fallen jedoch die Werte deutlich mit zunehmender Bauteilhöhe ab, und zwar auf 12,6 bei h = 75 mm und 11,6 MPa bei h = 100 mm. Dies ist insgesamt ein Abfall von ca. 20 % und weist auf einen Maßstabseinfluss hin. Die Streuungen sind vergleichsweise gering, denn der Variationskoeffizient liegt bei den Versuchen mit b/h = 3 lediglich im Bereich von v = 2,0 % bis 9,9 %.

Die Mittelwerte für die Versuchsserie mit b/h = 1 betragen 15,4 MPa bei h = 50 mm und 13,7 MPa bei h = 75 mm und liegen damit um 6 % bzw. 9 % höher als bei b/h = 3. Die Streuung beläuft sich auf v = 13,3 % bzw. v = 15,6 % und fällt damit höher aus, als bei der Versuchsserie mit b/h = 3. Der mittlere Abfall von fct beträgt ca.12,4 % und ein Maßstabseinfluss ist ebenfalls erkennbar. Mögliche Ursachen für den Maßstabseinfluss werden im Abschnitt 5.2.1 diskutiert.

Das Bild 2.4-16 zeigt die Zugfestigkeit fct in Abhängigkeit vom Bauteilverhältnis b/h für verschiedene Bauteilhöhen h, um den Form- und Breiteneinfluss zu verdeutlichen. Die Mittelwerte von fct für glei-che Bauteilhöhen wurden hierbei miteinander verbunden. Für h = 50 mm fällt der Mittelwert von 15,4 MPa bei b/h = 1 um 20 % über 14,5 MPa bei b/h = 3 auf 12,4 MPa bei b/h = 5 ab. Entsprechend ist auch eine Abnahme bei den Werten fct für h = 75 mm von 7,3 % festzustellen, die um ca. 12 % niedri-ger liegen als für h = 50 mm. Somit hat das Bauteilverhältnis b/h, also die Form und Breite, des Ver-suchskörpers ebenfalls einen Einfluss auf die Zugfestigkeit fct.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

50 Versuche zum Tragverhalten von UHFFB

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Bild 2.4-16: Zentrische Zugfestigkeit fct in Abhängigkeit vom Bauteilverhältnisse b/h für verschiedene Bauteilhöhen h

Die Versuchskörper der Serien N2-4 bis N2-12 (b/h = 3 und h = 50, 75 bzw. 100 mm) sowie N3-1 bis N3-3 (b/h = 5 und h = 50) lokalisierten ausschließlich außerhalb des Messbereichs, wobei die Lokali-sierung primär im Bereich vom Übergang Messbereich zur Ausrundung auftrat. Wie bereits im vorhe-rigen Abschnitt erwähnt, wiesen alle Versuchskörper der Serien N2-7 bis N2-12 (b/h = 3 und h = 75 bzw. 100 mm) und N3-1 bis N3-3 (b/h = 5 und h = 50) eine leichte Krümmung der Einspannstellen zur nicht geschalten Oberseite hin auf, die mit Hilfe einer beidseitigen Ausgleichsschicht kompensiert wurde. Die Messbereiche hingegen waren plan.

Eine Analyse der Bruchflächen zeigte zudem bei den Versuchskörpern N2-7 und N2-10 bis N2-11 herstellungsbedingte Faserfehlstellen. Die Bruchfläche von N2-12 konnte nicht untersucht werden, zeigte jedoch auf der nicht geschalten Oberfläche des Versuchskörper ein identisches Muster wie bei N2-10 bis N2-11 im Bereich der Fehlstelle, so dass ebenfalls von einer solchen ausgegangen werden kann. Die Größe der projizierten Bruchfläche von N2-7 fällt um ca. 5 % größer aus als die Quer-schnittsfläche des Messbereichs und erklärt somit, warum trotz der Faserfehlstelle die Zugfestigkeit fct keine wesentliche Abweichung zu den anderen beiden Zugprismen dieser Serie zeigt. Bei N2-10 und N2-11 liegt die Bruchfläche abzüglich der Fläche mit Faserfehlstellen ca. 10 bzw. 20 % unterhalb der Querschnittsfläche des Messbereichs dieser Versuchsreihe, was vermutlich zu einer Abminderung der Zugfestigkeit fct geführt hat.

Die Versuchsserie N2-4 bis N2-6 (b/h = 3 und h = 50 mm) hingegen wies weder eine Krümmung noch Faserfehlstellen in der Bruchfläche auf und zudem hat die Lokalisierung in 5 von 6 Fällen unmittelbar am Übergang der Ausrundung zum Messbereich stattgefunden (vgl. Frettlöhr und Reineck (2009), Abschnitt 3.5, Bild 3.5-2 bis Bild 3.5-7). Daher kann davon ausgegangen werden, dass bei einer Loka-lisierung innerhalb des Messbereichs die Zugfestigkeit fct dieser Versuchsserie nicht erheblich von den gemessenen Werten abweichen würde.

Abschließend bleibt festzustellen, dass ein Einfluss der Krümmung, der Lokalisierung außerhalb des Messbereichs und der Faserfehlstellen auf den experimentell festgestellten Maßstabseinfluss der Bau-

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Versuche zum Tragverhalten von UHFFB 51

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teilhöhe h und des Bauteilverhältnisses b/h der Zugfestigkeit fct nicht ausgeschlossen werden kann und deshalb im Abschnitt 5.2.1 im Detail diskutiert wird. In Bild 2.4-15 und Bild 2.4-16 sind daher die entsprechenden Kurvenabschnitte gestrichelt dargestellt.

2.4.9 Nachbruchverhalten der zentrischen Zugversuche

Nachfolgende Ausführungen beziehen sich nur auf die Versuchsserien N1-1 bis N1-6-D und N2-1 bis N2-3-D. Alle übrigen Versuchsserien lokalisierten außerhalb des Messbereichs, so dass der abfallende Ast nicht gemessen werden konnte.

Aufgrund einer Störung des optischen Messsystems konnte lediglich bei insgesamt 7 Zugprismen der Versuchsreihen N1-1 bis N1-6 (b/h = 1 und h = 50 bzw. 75 mm) und N2-1 bis N2-3 (b/h = 3 und h =

25 mm) zusätzlich zum Spannungs - Dehnungs - Verlauf ct - ct der Verlauf der Spannungs - Rissöff-

nung - Beziehung ct - wr mit Hilfe einer optischen Messung erfasst werden. In Bild 2.4-17 sind die

auf die Zugfestigkeit fct normierten ct - wr - Beziehungen abgebildet. Im Abschnitt 4.7.8 werden die

gemessenen Verläufe ct - wr mit einem theoretisch hergeleiteten Verlauf auf Faserebene nach Ab-schnitt 4.7 und anderen Vorschlägen für die Beschreibung der Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung von Faserbeton verglichen.

Bild 2.4-17: Normierte Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung ct - wr der Versuchsreihen N1-1 bis N1-6 (b/h = 1 und h = 50 bzw. 75 mm) und N2-1 bis N2-3 (b/h = 3 und h = 25 mm)

Auf Grundlage der optisch gemessenen Spannungs - Rissöffnungs - Beziehungen kann die Bruchener-gie Gcr2,optical wie folgt berechnet werden.

ru

ctr

w

)f(w

rrctoptical,2cr dw)w(G ( 2-6 )

mit Gcr2,optical [J/m²] Bruchenergie berechnet aus optischer Messung

ct(wr) [MPa] Zugspannung in Abhängigkeit von der Rissöffnung wr(fct) [mm] zur Zugfestigkeit fct korrespondierende Rissöffnung wru [mm] maximale Rissöffnung

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

52 Versuche zum Tragverhalten von UHFFB

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Das Nachbruchverhalten der zentrischen Zugversuche lässt sich mit Hilfe der Bruchenergie Gcr2 nach Abschnitt 2.4.6 charakterisieren. Für die Versuchsserien N1-1 bis N1-6-D und N2-1 bis N2-3-D ist in Bild 2.4-18 die mittlere Bruchenergie Gcr2 nach Gl.( 2-5 ) basierend auf den Wegaufnehmern und Gcr2,optical nach Gl.( 2-6 ) basierend auf der optischen Messungen dargestellt. Zusätzlich sind die Varia-tionskoeffizienten v für jede Versuchsserie angegeben. Bei der Serie N1-1 bis N1-3-D und N2-1 bis N2-3-D liegt v zwischen 6,9 und 15,2 %, was im zu erwartenden Bereich für Zugversuche liegt. Die Serie N1-4 bis N1-6-D weist mit v = ca. 21 % eine höhere Streuung auf. Ein Vergleich der Bruchener-gie Gcr2 mit Gcr2,optical zeigt geringe Differenzen zwischen den beiden Messverfahren von 6 bzw. 6,5 % bei den Versuchsserien N1-1 bis N1-3-D und N2-1 bis N-2-3-D. Bei der Versuchsserie N1-4 bis N1-6-D fällt die Differenz mit 15,6 % hingegen deutlich höher aus. Eine Ursache für die Unterschiede könn-te sein, dass die optische Messung nur an einer Seite der Zugprismen erfolgte und somit geringfügige Verdrehungen bedingt durch die Lokalisierung im abfallenden Ast nicht durch eine Mittelwertbildung wie bei gegenüberliegend angeordneten Wegaufnehmern kompensiert werden kann (vgl. Bild 2.3-15).

Bild 2.4-18: Mittlere Bruchenergie Gcr2 basierend auf Wegaufnehmer und Gcr2,optical basierend auf optischer Messung

Die Bruchenergie Gcr2 der Versuchsserie mit b/h = 1 und h = 50 bzw. 75 mm unterscheiden sich nur um 2 %. Der Unterschied dieser beiden Serien zur Serie mit b/h = 3 und h = 25 mm fällt mit 4 % eben-falls sehr gering aus. Die Bruchenergie Gcr2 ist damit sowohl unabhängig von der Bauteilhöhe h als auch dem Verhältnis b/h. Ein Maßstabseinfluss hinsichtlich der Bruchenergie Gcr2 konnte somit bei den betrachteten Versuchsserien nicht festgestellt werden.

Im Bild 2.4-19 sind die Mittelwerte der „multi-cracking“ Energie Gcr1 nach Gl.( 2-4 ), der Bruchener-gie Gcr2 nach Gl.( 2-5 ) und die totale Bruchenergie Gcr,total = Gcr1 + Gcr2 für die Versuchsserien N1-1 bis N1-6-D und N2-1 bis N2-3-D dargestellt.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Versuche zum Tragverhalten von UHFFB 53

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Bild 2.4-19: Mittlere Bruchenergie Gcr1, Gcr2 und Gcr,total

Die multi-cracking Energie Gcr1 weist eine sehr hohe Streuung von v = 33,9 bis 48 % auf. Entspre-chend fällt damit auch die Streuung der totalen Bruchenergie Gcr,total mit v = 16 bis 24 % hoch aus. Die mittlere multi-cracking Energie Gcr1 der Versuchserie N1-1 bis N1-6-D unterscheiden sich lediglich um 5,4 % voneinander. Die Serie N2-1 bis N2-3-D weist hingegen ein um ca. 25 bis 32 % höheres gemitteltes Gcr1 auf. Die mittlere totale Bruchenergie Gcr,total der Versuchsserien N1-1 bis N1-6-D un-terscheidet sich praktisch nicht und liegt bei ca. 35.600 J/m². Bei der Versuchsserie N2-1 bis N2-3-D beträgt Gcr,total = 37.696 J/m² und fällt damit aufgrund des höheren Gcr1 dieser Serie um ca. 6 % gering-fügig höher gegenüber der Versuchsserien N1-1 bis N1-6-D aus.

Bedingt durch die sehr hohen Streuungen der multi-cracking Energie Gcr1 lässt sich keine fundierte Aussage über einen möglichen Maßstabseinfluss sowohl dieser Größe und als auch der totalen Bruch-energie Gcr,total machen.

Die totale Bruchenergie Gcr,total der Serien N1-1 bis N1-6-D und N2-1 bis N2-3-D fällt um 18,6 bis 25,6 % höher als die von Lafarge (2006) angegebene Obergrenze von Ductal® mit 30.000 J/m² aus. Im Abschnitt 6.3.3 wird gezeigt, dass die multi-cracking Energie Gcr1 und die Bruchenergie Gcr2 bei UHFFB keine Materialkonstante sind, sondern im Wesentlichen von der Faserorientierung abhängen.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Optische Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverarbeitung 55

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3 Optische Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverarbeitung

3.1 Einleitung

Die Faserorientierung kann mit Hilfe der folgenden Verfahren an Bauteilproben ermittelt werden:

- Computer Tomographie (CT)

- Prinzip der ferromagnetischen Induktion

- Optische Messung mittels digitaler Bildverarbeitung

Die einzelnen Verfahren werden in den Grundzügen in dem Abschnitt 3.2 erläutert, um einen Über-blick zu geben und deren Vor- und Nachteile gegenüberzustellen. Auf die optische Messung mittels digitaler Bildverarbeitung wird zusätzlich in den Abschnitten 3.3 bis 3.5 im Detail eingegangen, da dieses Verfahren im Rahmen dieser Arbeit verwendet wurde.

3.2 Verfügbare Verfahren zur Bestimmung der Faserorientierung

3.2.1 Computer Tomographie (CT)

Bei der Computer Tomographie (CT) wird durch Röntgenstrahlen eine große Anzahl von ebenen Pro-jektionen des zu untersuchenden Objekts aus unterschiedlichen Richtungen erstellt. Die Projektionen geben dabei den Absorptionsgrad der Röntgenstrahlen in Abhängigkeit von der Materialart und Mate-rialdichte wieder. Aus diesen Projektionen kann dann mittels gefilterter Rückprojektion basierend auf der Radontransformation (benannt nach dem österreichischen Mathematiker Johann Radon) die durch die Projektionen zunächst nicht erfassbare Volumenstruktur des Objekts rekonstruiert werden. Die 3D - Rekonstruktion setzt sich hierbei aus einzelnen Schnittbildern zusammen, die jeweils quer durch das Objekt verlaufen, weshalb die Tomographie auch als Schnittbildverfahren bezeichnet wird. Durch „übereinander stapeln“ dieser Einzelschnittbilder mit Hilfe einer speziellen Software erhält man ein räumliches Bild des untersuchten Objekts. Aus diesem räumlichen Bild können Elemente mit identi-schen physikalischen Eigenschaften herausgefiltert werden.

Das Verfahren der Computer Tomographie wurde von Schnell et al. (2010) an Faserbetonproben an-gewendet, um neben der Faserorientierung auch die Faserverteilung sowie den Fasergehalt zu bestim-men. Für die Auswertung der räumlichen Bilder vom CT wurde hierbei die Software MAVI vom Fraunhofer Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik (ITWM) verwendet. Des Weiteren hat auch die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) ein Verfahren zur Bestimmung der Faserorientierung anhand von CT - Aufnahmen entwickelt. Einzelheiten werden von Illerhaus (2007) erläutert.

3.2.2 Ferromagnetischen Induktion

Die ferromagnetische Induktion ist ein weiteres Verfahren mit dem die Faserorientierung und der Fa-sergehalt ermittelt werden können. Allerdings ist es mit diesem Verfahren nicht möglich, die Faserver-teilung zu bestimmen, so dass Faserfehlstellen oder Faseranhäufungen nicht lokalisiert und differen-ziert werden können. Die Faserorientierung kann zudem nur als Mittelwert bezogen auf das Volumen der Probe gemessen werden. Damit ist es weder möglich die Verteilung der Faserorientierung noch die Faserorientierung in einer definierten Schnittebene der Probe zu analysieren.

Bei dem von der Hertz - Systemtechnik GmbH, Delmenhorst entwickeltem Messgerät BSM 100 (vgl. Bild 3.2-1) können mit dem mitgelieferten Messsensor Proben bis zu einer Größe von 150 x 150 x 150 mm analysiert werden. Um die Faserorientierung in allen drei kartesischen Koordinatenrichtungen x, y

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

56 Optische Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverarbeitung

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und z zu bestimmen sind drei Messungen erforderlich, bei denen der Messsensor jeweils parallel zu einer der drei Achsrichtungen über die Probe gestülpt wird.

MesssensorProbe

Steuereinheit

Messrichtung

Bild 3.2-1: Messgerät BSM 100 von der Hertz - Systemtechnik GmbH

Der Messsensor besteht aus einer Erregerspule und einer Induktionsspule. Die in der Probe enthalte-nen Stahlfasern übernehmen die Funktion des Spulenkerns der Induktionsspule. An der Erregerspule wird ein sinusförmiger Wechselstrom angelegt und an der Induktionsspule die induzierte Spannung gemessen (vgl. Bild 3.2-2). Rechtwinklig zur Richtung der Spulenwinkelung ausgerichtete Fasern ergeben hierbei die höchsten Spannungen.

Bild 3.2-2: Prinzip der ferromagnetischen Induktion [Handbuch zum Messgerät BSM 100 der Hertz - Sys-temtechnik GmbH (2008)]

Die gemessene Spannung wird über eine Datenbank, die Kalibrierwerte der gängigen Stahlfasertypen von verschiedenen Herstellern enthält, mit dem Fasergehalt und der Faserorientierung korreliert. In der Datenbank nicht enthaltene Fasertypen müssen durch eine Kalibrierungsmessung an einer Probe ent-sprechend vor der Messung aufgenommen werden.

3.2.3 Optische Messung mittels digitaler Bildverarbeitung

Die Optische Messung mittels digitaler Bildverarbeitung ermöglicht die Ermittlung des Fasergehalts, der Faserverteilung sowie der Faserorientierung und deren Verteilung in einem beliebigen Querschnitt und an einer beliebigen Stelle eines Bauteils. Das Bauteil muss hierfür an definierten Stellen durchge-trennt und die Schnittflächen mit Hilfe eines geeigneten Schleifverfahrens poliert werden. Die polier-ten Schnittflächen werden mit einer hochauflösenden Digitalkamera photographiert. Durch eine ent-sprechende Beleuchtung wird hierbei ausgenutzt, dass die Fasern das einfallende Licht stärker reflek-

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Optische Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverarbeitung 57

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tieren als die umgebende Betonmatrix. Mit Hilfe der digitalen Bildverarbeitung werden aus den Auf-nahmen der Schnittflächen der Fasergehalt und die Faserorientierung bestimmt. Des Weiteren kann auch die Faserverteilung sowie die Verteilung der Faserorientierung innerhalb der Schnittfläche analy-siert werden. Die Größe der Schnittflächen wird im Wesentlichen nur von der Schleifvorrichtung be-grenzt. Die Idee der optischen Messung der Faserorientierung geht auf Schönlin (1983) zurück.

3.2.4 Vergleich der verfügbaren Verfahren zur Messung der Faserorientierung

In der Tabelle 3.2-1 sind die Vor- und Nachteile der einzelnen Verfahren zusammengefasst. Für die Messung der Faserorientierung von Bauteilen ist es bei allen drei vorgestellten Verfahren erforderlich, das zu untersuchende Bauteil in Proben zu zerschneiden. Damit ist eine zerstörungsfreie Bauteilprü-fung mit keinem der Verfahren möglich. Die Probengröße beim Induktionsverfahren ist durch den mitgelieferten Sensor auf einen Würfel mit den Kantenlängen 150 x 150 x 150 mm begrenzt. Es ist jedoch möglich einen größeren Sensor herzustellen. Beim CT ist die Probengröße aus Gründen der Auflösung der verfügbaren Geräte beschränkt. Bei Fasern mit einem Durchmesser von df = 0,5 mm können zurzeit Probengrößen mit 100 mm Kantenlänge untersucht werden. Die verarbeitbare Proben-größe nimmt mit abnehmendem Faserdurchmesser ebenfalls ab. Die optische Messung kann beliebig große Querschnittsflächen verarbeiten, allerdings müssen diese dann in mehrere Photos zerlegt wer-den. Die Querschnittsgröße ist vielmehr durch die Schleifeinrichtung zur Vorbereitung der Proben begrenzt.

Mit dem CT und der optischen Messung kann die Faserorientierung, deren Verteilung im Querschnitt, die Faserverteilung und der Fasergehalt in beliebigen ebenen Schnittflächen ermittelt werden. Eine Messung dieser Größen kann ausschließlich beim CT auch unmittelbar in der Lokalisierungsstelle erfolgen, die im Allgemeinen keine ebene Querschnittsoberfläche aufweist. Vielmehr bildet sich ein Bruchquerschnitt mit unregelmäßiger Form entlang des schwächsten Bauteilbereichs aus, der nicht normal zur Beanspruchungsrichtung verläuft (vgl. Forschungsbericht von Frettlöhr und Reineck (2009), Anhang A und B). Bei einer entsprechenden Auswertesoftware ist es zudem theoretisch mit einem CT möglich, auch die Einbindelänge der einzelnen Fasern in der Lokalisierungsstelle sowie die Verteilung der mittleren Fasereinbindelänge entlang der Bauteilachse zu ermitteln. Das Induktionsver-fahren erlaubt hingegen nur die Messung der Faserorientierung bezogen auf das Probenvolumen. Eine weitergehende Differenzierung wie auch die Messung der Faserorientierung in einer Schnittebene sind nicht möglich.

Bei der optischen Messung kann die Bauteilschnittfläche beliebig orientiert sein. Allerdings müssen diese vor dem Zerschneiden des Bauteils festgelegt werden. Das CT bietet den Vorteil, dass beliebig viele und orientierte Schnittebenen durch das virtuelle räumliche Bild des untersuchten Objekts be-trachtet und analysiert werden können.

Ein Nachteil der optischen Messung ist, dass dieses Verfahren nur bei geraden Fasern anwendbar ist. Die beiden anderen Verfahren können dagegen für beliebige Fasertypen verwendet werden. Die Messgenauigkeit beim CT und der optischen Messung sind als hoch einzustufen. Für das Induktions-verfahren kann keine Angabe gemacht werden, da die Abmessungen einzelner Fasern nicht gemessen werden können.

Die Handhabung von CT und optischer Messung sind im Vergleich zum Induktionsverfahren als an-spruchsvoll einzustufen. Die Computer Tomographie ist zudem sehr teuer im Vergleich zu den ande-ren Verfahren und auch nur begrenzt verfügbar.

Für die eigenen Messungen der Faserorientierung wurde das optische Verfahren ausgewählt, da das CT Verfahren sehr teuer und auch nicht verfügbar war. Zudem befand sich die Software zur Auswer-

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

58 Optische Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverarbeitung

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tung der CT Aufnahmen zum Entscheidungszeitpunkt noch in der Entwicklung. Das Induktionsverfah-ren schied aufgrund der erläuterten Einschränkungen aus.

Tabelle 3.2-1: Vor- und Nachteile der verfügbaren Verfahren

Computer Tomographie (CT)Prinzip der ferromagnetischen

InduktionOptische Messung mittels digitaler Bildverarbeitung

Faserorientierung ja ja ja

Verteilung der Faserorientierung im

Querschnittja nein ja

Faserverteilung im Querschnitt

ja nein ja

Messung in der Lokalisierungsstelle

ja nein nein

Ermittlung der Fasereinbindelängen in der Lokalisierungsstelle

theoretisch ja (1) nein nein

Verteilung der mittleren Fasereinbindelänge

entlang der Bauteilachsetheoretisch ja

(1) nein nein

Fasertyp für alle Fasertypen anwendbar für alle Fasertypen anwendbar nur gerade Fasern

Genauigkeit hoch k.a. hoch

Handhabung anspruchsvoll sehr einfach anspruchsvoll

Messung in Schnittebene ja nein ja

Probenvorbereitung druch Schleifen erforderlich

nein nein ja

Probengrößebegrenzt durch

Auflösung des CTdurch Sensor auf

150 x 150 x 150 mm begrenztbegrenzt durch Schleifvorrichtung

Kosten sehr hoch relativ gering relativ gering

Zerstörungsfreie Bauteilprüfung

nein nein nein

(1) Vorraussetzung ist eine entsprechende Auswertesoftware

3.3 Kalibrierung der Messeinrichtung für die optische Messung

3.3.1 Imperfektionen der Messeinrichtung und des optischen Messsystems

Jedes Messverfahren unterliegt Imperfektionen, die die Messgenauigkeit beeinflussen und unter-schiedlich hoch ausfallen. Bei einem optischen Messsystem zur Messung der Faserorientierung sind folgende Imperfektionen zu berücksichtigen:

- Verzeichnung bzw. optische Verzerrung des verwendeten Objektivs;

- Ausrichtung der Digitalkamera in Bezug auf die Bauteilschnittfläche;

- Abweichungen der Bauteilschnittfläche in Bezug auf deren Planparallelität;

- Imperfektionen des Bildsensors der Digitalkamera.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Optische Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverarbeitung 59

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Als Verzeichnung bzw. optische Verzerrung bezeichnet man einen geometrischen Abbildungsfehler eines Objektivs. Die Folge sind lokale Veränderungen des Abbildungsmaßstabes, der sich in einer Änderung der Vergrößerung mit zunehmendem Abstand des Bildpunktes von der optischen Achse bemerkbar macht. Im Bild 3.3-1 sind die unterschiedlichen Verzeichnungsarten einer verzeichnungs-freien Abbildung eines identischen Objekts gegenübergestellt. Man unterscheidet zwischen kissenför-

miger ( > 0) und tonnenförmiger Verzeichnung ( < 0).

a) kissenförmige Verzeichnung( > 0)

b) verzeichnungsfreie Abbildung( = 0)

c) tonnenförmige Verzeichnung( < 0)

Bild 3.3-1: Verzeichnung von Kameraobjektiven [aus MVTec (2008c)]

Bei der im Abschnitt 3.6.1 vorgestellten Messeinrichtung für die digitalen Aufnahmen der optischen Messung der Faserorientierung ist es praktisch kaum möglich, die Digitalkamera exakt normal zur untersuchenden Bauteilschnittfläche zu positionieren. Zudem ist damit zu rechnen, dass die Bauteil-schnittflächen geringe Abweichungen in Bezug auf deren Planparallelität infolge der Probenvorberei-tung nach Abschnitt 3.6.2 aufweisen. Des Weiteren weisen auch die Bildsensoren in der Regel gering-fügige Abweichungen von den Herstellerangaben auf.

3.3.2 Kalibrierung

Um mit einem optischen System Objekte präzise vermessen zu können, muss dieses im Vorfeld kalib-riert werden. Durch die Kalibrierung können Messungenauigkeiten infolge der vorher erläuterten Im-perfektionen weitgehend eliminiert und zudem geometrische Abmessungen von Bildobjekten im met-rischen Einheitensystem angegeben werden. Die Kalibrierung des optischen Messsystems erfolgt mit Hilfe einer Kalibriertafel (vgl. Bild 3.3-1b). Kalibriertafeln werden mit höchstmöglicher Präzision gefertigt und sind in verschiedenen Abmessungen erhältlich, die anhand der aufzunehmenden Bild-größe auszuwählen sind. In der Regel sollte die Größe der Kalibriertafel ca. 1/3 der Bildbreite entspre-chen. Die im Rahmen dieser Arbeit verwendete Kalibriertafel besteht aus Keramik mit den Abmes-sungen 30,75 x 30,75 mm und einer Dicke von 0,99 mm. Auf die Oberseite der Kalibriertafel sind 49

kreisförmige Markierungen mit einem Durchmesser von 1,875 mm im Raster von 3,75 x 3,75 mm angeordnet. Die Markierungen werden von einem schwarzen Rahmen mit den Kantenabmessungen 30 x 30 mm und 0,9375 mm Stärke umrandet. In einer Ecke des Rahmens ist ein schwarzes Dreieck an-geordnet, um die Orientierung der Kalibriertafel ermitteln zu können und das Koordinatensystem der Messebene zu definieren.

Im Bild 3.3-2a ist die perspektivische Projektion eines beliebigen Punktes P im Weltkoordinatensys-tem (WCS) (3D Raum) durch den optischen Mittelpunkt des Objektivs einer Lochkamera in das Ko-ordinatensystem der Bildebene (image plane coordinate system (IPCS)) u, v und des Bildsensors

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

60 Optische Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverarbeitung

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

(image coordinate system (ICS)) r, c dargestellt. Der projizierte Punkt wird hierbei mit P' bezeichnet. Beide Koordinatensysteme IPCS und ICS befinden sich in derselben Ebene.

a) Perspektivische Projektion durch eine Lochkamera b) Definition der virtuellen Bildebene

Bild 3.3-2: Abbildung des dreidimensionalen Raums auf die zweidimensionale Ebene des Bildsensors [aus MVTec (2008c)]

Zur Vereinfachung der mathematischen Zusammenhänge zur Beschreibung dieser Projektion wird die Bildebene und die Ebene des Bildsensors auf die gegenüberliegende Seite des optischen Mittelpunktes gespiegelt angenommen (vgl. Bild 3.3-2b), wodurch die zugehörigen ebenen Koordinatensysteme u, v und r, c mit der des Kamerakoordinatensystem (CCS) xc, yc, zc

ausgerichtet sind. Die gespiegelte Bildebene und Ebene des Bildsensors wird im Folgenden als virtuelle Bildebene (virtual image plane) bezeichnet.

Mit Hilfe einer Starrkörpertransformation kann ein Punkt P vom WCS in das CSS transformiert wer-

den. Die Transformation wird durch die drei Verschiebungen tx, ty, tz und die drei Rotationen eindeutig beschrieben. Diese 6 Parameter werden als externe Kameraparameter bezeichnet.

Im nächsten Schritt werden mittels perspektivischer Projektion der Punkt P bezogen auf das dreidi-mensionale Kamerakoordinatensystem (CCS) in das Koordinatensystem u, v (IPCS) der virtuellen Bildebene projiziert. Bedingt durch Verzeichnungen des Objektivs weicht diese Projektion von der theoretischen ab, die sich bei einem Objektiv ohne Verzeichnung ergeben würde. Im Bild 3.3-3 ist diese Abweichung schematisch wiedergegeben, wobei der Schnittpunkt der gestrichelten Linie mit der horizontalen Linie (Bildebene bzw. Ebene des Bildsensors (CCD Chip)) die theoretische Position der Projektion P' angibt, wenn sich keine Verzeichnung einstellen würde.

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Optische Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverarbeitung 61

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Theoretische Position der Projektion P‘

Bild 3.3-3: Abweichung der perspektivischen Projektion infolge Verzeichnung des Objektivs [aus MVTec (2008c)]

Mit Hilfe der nachfolgenden internen Kameraparameter kann diese Abweichung berechnet und korri-giert werden:

- Brennweite des verwendeten Objektives: f [m]

- Verzeichnung bzw. optische Verzerrung des Objektivs: [-]

- Horizontaler Abstand der Zellen vom Bildsensor der Kamera: Sx [m]

- Vertikaler Abstand der Zellen vom Bildsensor der Kamera: Sy [m]

- Horizontalkoordinate des Bildmittelpunktes: Cx [Pixel]

- Vertikalkoordinate des Bildmittelpunktes: Cy [Pixel]

Die Kalibrierung des optischen Messsystems erfolgt durch Ermittlung der internen und externen Ka-meraparameter, mit denen die zuvor erläuterte Abbildung des dreidimensionalen Raums auf die zwei-dimensionale Ebene des Bildsensors durch die Digitalkamera beschrieben werden kann. Die internen und externen Kameraparameter können unabhängig voneinander bestimmt werden. Die erforderlichen Schritte für die Bestimmung der internen Kameraparameter sind in Bild 3.3-4 als Flussdiagramm dar-gestellt und werden nachfolgend erläutert.

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62 Optische Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverarbeitung

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Initialisierung der internen Kameraparameter

Aufnahme von ≥ 15 Photos mit unterschiedlichen Positionen und

Abständen der Kalibriertafel zur Kamera

Einlesen der KalibriertafelparameterFile: caltab_30mm.descr

Lokalisierung der Kalibriertafel und Ermittlung der Bildkoordinaten der Kalibriermarkierungen für

jedes Kalibrierphoto

Ermittlung der internen Kameraparameter auf Grundlage aller Kalibrierphotos

Ablegen der internen Kameraparameterim File: campar.dat

Bild 3.3-4: Ermittlung der internen Kameraparameter

Die internen Kameraparameter werden mit einem iterativen Algorithmus ermittelt. Hierzu müssen zunächst Startwerte für die internen Kameraparameter vorgegeben werden. Die eingesetzte Digitalka-mera verfügt über einen Vollformat Bildsensor mit den Abmessungen 35,9 x 24 mm (Kleinbildformat) und einer Auflösung von 6.048 x 4.032 Pixel. Damit ergeben sich folgende Startwerte für die Iteration:

- Brennweite des verwendeten Makroobjektives: f = 0,105 m

- Verzeichnung bzw. optische Verzerrung des Objektivs: = 0

- Horizontaler Abstand der Zellen vom Bildsensor der Kamera: Sx = 5,9358 10-6 m

- Vertikaler Abstand der Zellen vom Bildsensor der Kamera: Sy = 5,9523 10-6 m

- Horizontalkoordinate des Bildmittelpunktes: Cx = 3.024 Pixel

- Vertikalkoordinate des Bildmittelpunktes: Cy = 2.016 Pixel

Es sind mindestens 15 Aufnahmen einer Kalibriertafel erforderlich, um die internen Kameraparameter mit hoher Genauigkeit ermitteln zu können. Im Bild 3.3-5 sind die verwendeten Kalibrierphotos abge-bildet. Bei den Aufnahmen muss die Kameraposition unverändert bleiben und die Position, die Orien-tierung sowie der Abstand zur Kamera der Kalibriertafel im Bildfeld der Kamera variiert werden. Die Kalibriertafel muss hierbei auch in den Randzonen des Bildfelds platziert werden, wo Objektive kon-struktionsbedingt die höchste Verzeichnung aufweisen. Des Weiteren ist die Kalibriertafel auch schräg anzuordnen in einigen Aufnahmen.

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Optische Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverarbeitung 63

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Bild 3.3-5: Kalibrierphotos mit variierender Position, Abstand und Orientierung der Kalibriertafel

Nachdem Einlesen der Kalibriertafelparameter (Abmessungen, Koordinaten der Markierungen etc.) aus der Datei "caltab_30mm.desrc" wird in jedem Kalibrierphoto die Kalibriertafel lokalisiert. Zusätz-lich werden die Bildkoordinaten der Markierungen der Kalibriertafel ermittelt. Aus den Bildkoordina-ten der Markierungen von allen Kalibrierphotos werden die gesuchten internen Kameraparameter ite-rativ bestimmt und in der Datei "campar.dat" abgelegt für die weitere Verarbeitung. Die internen Ka-meraparameter müssen nur einmal für die eingesetzte Digitalkamera mit einem Objektiv fester Brennweite ermittelt werden. Sobald ein anderes Objektiv oder Kameragehäuse verwendet wird, än-dern sich auch die internen Kameraparameter.

Die externen Kameraparameter hingegen müssen für jede Messebene neu ermittelt werden und sind auch nur für diese gültig. Die Messebene entspricht dabei der Bauteilschnittfläche, für die die Faser-orientierungsmessung erfolgen soll. Der Ablauf zur Ermittlung der externen Kameraparameter ist als Flussdiagramm im Bild 3.3-6 dargestellt.

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64 Optische Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverarbeitung

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Aufnahme der Bauteilschnittfläche (Messebene) mit und ohne Kalibriertafel

Einlesen der KalibriertafelparameterFile: caltab_30mm.descr

Lokalisierung der Kalibriertafel und Ermittlung der Bildkoordinaten der Kalibriermarkierungen

Ablegen der externen Kameraparameter der Messebene im File:

campose-Bildnummer.dat

Ermittlung der externen Kameraparameter für die Kalibiertafelebene

Einlesen der internen Kameraparameteraus File: campar.dat

Korrektur der externen Kameraparameter um die Dicke der Kalibriertafel

externe Kameraparameter der Messebene

Bild 3.3-6: Ermittlung der externen Kameraparameter

Die zu untersuchende Bauteilschnittfläche wird mit und ohne Kalibriertafel photographiert (siehe Bild 3.3-7), wobei die Kalibriertafel beliebig auf der Bauteilschnittfläche positioniert werden kann. Die Lage der Probe darf nicht mehr verändert werden für die Aufnahme ohne Kalibriertafel. Diese dient der Messung der Faserorientierung mit dem Auswertealgorithmus von Abschnitt 3.5. Nach dem Einle-sen der internen Kameraparameter und Kalibriertafelparameter werden die Bildkoordinaten der Kalib-riermarkierung ermittelt. Aus diesen und den internen Kameraparametern folgen die externen Kame-raparameter allerdings zunächst für die Kalibriertafelebene, die der Oberfläche der Kalibriertafel ent-spricht. Durch eine translatorische Transformation um die Dicke der Kalibriertafel ergeben sich schließlich die gesuchten externen Kameraparameter für die Messebene.

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Optische Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverarbeitung 65

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a) Aufnahme mit Kalibriertafel b) Aufnahme ohne Kalibriertafel

Bild 3.3-7: Aufnahmen der Bauteilschnittfläche eines Zugprismas mit 75 x 75 mm Querschnitt im Messbe-reich

Mit Hilfe der internen und externen Kameraparameter können Objekte vom kartesischen Koordinaten-system des Bildsensors (ICS) der virtuellen Bildebene in das Weltkoordinatensystem (WCS) und um-gekehrt transformiert und mit sehr hoher Präzision vermessen werden. Zur Überprüfung der Messge-nauigkeit wurde der Abstand des Schwerpunkts von zwei benachbarten Markierungen der verwende-ten Kalibriertafel, welche geneigt im Bild angeordnet ist, vermessen. Der gemessene Abstand von 3,75043 mm weicht kaum von dem Sollabstand von 3,75 mm der präzisionsgefertigten Kalibriertafel ab und bestätigt die hohe Messgenauigkeit.

Bild 3.3-8: Ergebnis einer Referenzmessung (vergrößerter Bildausschnitt)

Die im Rahmen dieser Arbeit verwendete Entwicklungsumgebung HALCON 8.0 für "machine vision" (maschinelles Sehen) von MVTec stellt Algorithmen für das erläutert Vorgehen zur Ermittlung der internen und externen Kameraparameter bereit. Weiterführende Informationen zu den theoretischen

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66 Optische Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverarbeitung

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Hintergründen und mathematischen Zusammenhängen werden von Steger et al. (2007) und MVTec (2008c) gegeben.

3.4 Grundlagen der digitalen Bildverarbeitung

3.4.1 Aufbau eines digitalen Photos

Bei der Aufnahme eines digitalen Photos werden die Lichtwellen mit Hilfe des Bildsensors der Digi-talkamera in digitale Signale umgewandelt. Durch diese Digitalisierung wird das analoge Bild in ein-zelne, rasterförmig angeordnete Bildelemente zerlegt (Diskretisierung) und für jedes Bildelement In-formationen zur Farbe, Helligkeit, Kontrast etc. (Quantisierung) abgespeichert. Bei einem digitalen Photo handelt es sich damit um eine Rastergrafik. Im Bild 3.4-1a ist der prinzipielle Aufbau eines digitalen Photos dargestellt. Ein Beispiel für eine Digitalisierung eines analogen Bildes wird im Bild 3.4-1b und c gegeben. Die Anzahl der Bildelemente und deren Abstand hängen von dem verwendeten Bildsensor der digitalen Kamera und dessen Größe ab. Damit wird die Qualität eines digitalen Photos fundamental von dem Bildsensor der verwendeten Digitalkamera beeinflusst.

a) Aufbau eines digital Photos b) Analoges Bild mit rasterförmigangeordneten Diskretisierungs-stellen (schwarze Punkte)

c) Digitalisiertes Bild mit 4 x 4 PixelAuflösung

Bild 3.4-1: Aufbau eines digitalen Photos und Beispiel für eine Digitalisierung eines Kreises [aus Bässmann und Kreyss (2009)]

Häufig wird ein Bildelement auch als Pixel bezeichnet, einem Kunstwort zusammengesetzt aus den englischen Wörtern "picture" und "element ". Das Bildelement ist die kleinste Einheit einer Rastergra-fik, die den vollen Farbumfang darstellen kann. Jedes Bildelement besteht hierbei in der Regel bei Farbbildsensoren aus drei Teilbildelementen (auch "Subpixel" genannt) mit den Farben rot, grün und blau. Aus den Bildelementen kann mit Hilfe von Rekonstruktionsfiltern das ursprüngliche analoge Bild wieder rekonstruiert und dargestellt werden.

Für viele Anwendungen in der digitalen Bildverarbeitung sind die Farbinformationen nicht zwingend erforderlich und würden nur zu einem unnötigen höheren Rechenaufwand bei der digitalen Bildverar-beitung führen. Daher werden oft Kameras mit monochromen 8 Bit Bildsensoren für die Digitalisie-rung verwendet. Damit kann jedes Bildelement 28 = 256 Grauwerte unterscheiden. Die Grauwerte liegen im Bereich von 0 bis 255, wobei ein Grauwert von 0 schwarz und von 255 weiß entspricht.

Für weitere Informationen wird auf Jähne (2005) und Bässmann und Kreyss (2009) verwiesen.

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Optische Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverarbeitung 67

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3.4.2 Verfahren zur Objektextraktion

Es gibt die beiden folgenden Möglichkeiten, um nun aus einer digitalen Aufnahme Objekte zu extra-hieren und deren Eigenschaften wie z.B. geometrische Abmessungen etc. zu ermitteln:

- Region Processing

- Contour Processing

Beim Region Processing können mit Hilfe einer sogenannten Blob (binary large object) Analyse Be-reiche (Regions) mit ähnlichen Grauwerten, Farben oder Strukturen aus einer digitalen Aufnahme extrahiert werden. Voraussetzung hierfür ist, dass die Bereiche möglichst homogen sind. Die Grund-idee der Blob Analyse besteht darin, die digitale Aufnahme in Bereiche, den Blobs zu segmentieren, die den gesuchten Objekten entsprechen. Bei einem Graustufenbild wird hierzu ein Schwellwert (threshold) mit einem beliebigen Grauwert von 0 bis 255 definiert. Alternativ kann auch ein Schwell-wertbereich mit einer Ober- und Untergrenze definiert werden. Aus der digitalen Aufnahme werden alle Bildelemente bzw. Pixel mit einem Grauwert größer oder gleich dem Schwellwert oder einem Grauwert innerhalb des Schwellwertbereichs als Blobs herausgefiltert. Oft werden die Blobs auch als Region (Bereich) bezeichnet. Diese Bereiche können bei bekannter geometrischer Form z.B. durch Ellipsen, Kreise oder Rechtecke nach bestimmten Kriterien (z.B. kleinster einhüllender Kreis etc.) approximiert und auf diese Weise ihre geometrischen Abmessungen und Eigenschaften wie z.B. Flä-chenschwerpunkt etc. ermittelt werden. Im Bild 3.4-2 sind übliche geometrische Formen für die Ap-proximation von Regions (Bereichen) dargestellt. Das Region Processing liefert Ergebnisse mit einer Genauigkeit in der Größe der Bildelemente (Pixel) ("pixel - precise"). Unter der Größe eines Bildele-ments sind die Abmessungen des Ausschnitts des analogen Bildes zu verstehen, das von einem einzel-nen Bildelement des Kamerasensors abgebildet wird.

a) Konvexe Hülle

b) Einhüllender Kreis

c) Einbeschrieb-ener Kreis

d) Einhüllendes Rechteck

e) Minimal einhüllendes Rechteck

f) Einbeschrie-benes Rechteck

Bild 3.4-2: Geometrische Formen für die Approximation von Regions (Bereichen) [aus MVTec (2008b)]

Beim Contour Processing werden im Gegensatz zum Region Processing lediglich die Konturen (con-tour) der gesuchten Objekte im digitalen Bild extrahiert. Grundvoraussetzung hierfür sind klar erkenn-bare Übergänge hell / dunkel entlang der Objektumrandungen. Durch Anwendung eines Umrandungs-filters (edge filter) auf das digitale Bild, der die Pixel entlang der Übergänge hell / dunkel ausfindig macht, werden die Objektkonturen ermittelt. Der Umrandungsfilter berechnet hierzu die Gradienten-bilder in x und y Richtung zum untersuchten digitalen Bild. Jedes Bildelement der Gradientenbilder gibt die Änderung der Graustufen- oder Farbintensität in x oder y Richtung korrespondierend zum Bildelement mit der identischen Position im digitalen Ausgangsbild wieder. Aus den Gradientenbil-dern werden im Anschluss die Gradientenamplituden ermittelt. Die Bildelemente mit den höchsten Gradientenamplituden ergeben schließlich die gesuchten Objektkonturen. Im Bild 3.4-3 sind zur Ver-anschaulichung ein Ausgangsbild, die zugehörigen Gradientenamplituden sowie die sich ergebenen Objektkonturen nach Anwendung eines Umrandungsfilters abgebildet.

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68 Optische Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverarbeitung

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a) Ausgangsbild c) Objektkonturenb) Gradientenamplituden

Bild 3.4-3: Exemplarische Anwendung eines Umrandungsfilters [aus MVTec (2008a)]

Wenn die geometrische Form der gesuchten Objekte bekannt ist, können die zugehörigen Konturen mit einfachen geometrische Formen wie Linien, Kreisbögen, Ellipsen oder Rechtecke approximiert und deren geometrischen Abmessungen etc. bestimmt werden. Beim Contour Processing unterscheidet man zwischen „pixel - precise edge extraction“ mit einer Genauigkeit in der Größe der Bildelemente (Pixel) und dem präzisieren „subpixel - precise edge extraction“ für die höchstmögliche Genauigkeit. Die Unterschiede bei der Genauigkeit der Konturermittlung nach beiden Verfahren sind im Bild 3.4-4a und b durch Pfeile gekennzeichnet. Bei der „pixel - precise edge extraction“ können Konturen nur entlang der Pixelränder ermittelt werden wohingegen sich bei der „subpixel - precise edge extraction“ die Kontur auch innerhalb eines Pixel befinden kann.

a) Pixel - precise edge extraction b) Subpixel - precise edge extraction

Bild 3.4-4: Gegenüberstellung der Genauigkeit der Konturermittlung beim Contour Processing [aus MVTec (2008b)]

Weitere detaillierte Informationen sowie die mathematischen und theoretischen Hintergründen von den hier vorgestellten Verfahren zur Objektextraktion aus digitalen Bildern werden von Steger et al. (2007), MVTec (2008a) und MVTec (2008b) gegeben.

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Optische Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverarbeitung 69

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3.4.3 Vergleich der Verfahren zur Objektextraktion

Grundsätzlich können sowohl mit dem Region Processing als auch mit dem Contour Processing zwei-dimensionale Messungen in einer Ebene durchgeführt werden. Mit beiden Verfahren ist es möglich, Flächeninhalt, Orientierung, Position und Abmessungen von Objekten in einem digitalen Bild zu er-mitteln und auch die Objektanzahl zu zählen. In Tabelle 3.4-1 sind beide Verfahren in Bezug auf die wesentlichen Auswahlkriterien gegenübergestellt.

Tabelle 3.4-1: Vergleich von Region und Contour Processing

Region Processing Contour Processing

a Genauigkeit pixel - precise pixel - oder subpixel - precise

b Geschwindigkeit schnell langsamer als Region Processing

cAnforderungen an Bildkontrast

auch bei geringem Bildkontrast anwendbar

hoher Bildkontrast erforderlich

dAnforderung an Bildhomogenität

nur geringe Schwankungen der Grau-/Farbwerte innerhalb Objekt

zulässig

Grauwerte innerhalb des Objekts können schwanken

eEinfluss von

Ausbuchtungen der Objektkontur

beinflussen die Approximation des Objekts erheblich

Ausbuchtungen der Objektkontur werden kompensiert

Verfahren

Das Region Processing bietet gegenüber dem Contour Processing lediglich eine "pixel - precise" Ge-nauigkeit. Um bei der Vermessung von Objekten mit dem Region Processing eine vergleichbare Ge-nauigkeit wie beim "subpixel - precise" Contour Processing zu erreichen sind digitale Photos mit hö-herer Pixelanzahl erforderlich. Dies hat zur Folge, dass je nach verfügbarer Kamera und erforderlicher Bildgröße das analoge Bild ggf. in mehrere digitale Bilder mit der entsprechenden Pixelanzahl aufge-teilt und diese separat verarbeitet werden müssen. Gegenüber dem Contour Processing hat das Region Processing jedoch eine höhere Verarbeitungsgeschwindigkeit. Digitale Bilder mit geringem Kontrast führen beim Contour Processing im Vergleich zum Region Processing zu erheblichen Problemen der Ermittlung der Objektkonturen. Auf Schwankungen der Grau- oder Farbwerte innerhalb eines Objekts reagiert hingegen nur das Region Processing empfindlich bei der Objektextraktion. Bei der Approxi-mation der gesuchten Objekte durch einfache geometrische Formen können Ausbuchtungen der Ob-jektkontur zu erheblichen Ungenauigkeiten beim Region Processing führen. Als Beispiel ist im Bild 3.4-5 die Approximation eines runden Objekts mit Einkerbung und Ausbuchtung der Kontur durch einen Kreis nach beiden Verfahren abgebildet. Mit dem Region Processing ist es offensichtlich nicht möglich das Objekt zutreffend mit einem Kreis anzunähren wohingegen das Contour Processing eine sehr gute Approximation erreicht. Einkerbungen der Objektkontur wirken sich bei beiden Verfahren hingegen nicht negativ auf das Approximationsergebnis aus.

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70 Optische Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverarbeitung

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a) Region Processing b) Contour Processing

Bild 3.4-5: Beispiel für Approximation eines Objekts mit Einkerbung und Ausbuchtung der Kontur nach beiden Verfahren [aus MVTec (2008b)]

3.5 Auswertealgorithmus zur Ermittlung der Faserorientierung und -verteilung

3.5.1 Definition der Messaufgabe

Mit Hilfe der optischen Messung mittels digitaler Bildverarbeitung soll die Faserorientierung, die Fa-serverteilung und die Faseranzahl aus digitalen Photos von beliebigen Bauteilschnittflächen ermittelt werden. Zu diesem Zweck müssen mit einem entsprechenden Algorithmus aus der digitalen Aufnah-me die folgenden Parameter bestimmt werden:

- Hauptradien der Ellipsen (vgl. Bild 4.2-1), die jeden einzelnen Faserquerschnitt in der betrachteten Bauteilschnittfläche möglichst präzise approximieren ("best fit");

- Koordinaten der Ellipsenschwerpunkt und Orientierung der Ellipsenhauptachsen in einem Bezugssystem;

- Anzahl der Ellipsen = Faseranzahl.

Im Abschnitt 4.2 wird für die Faserorientierung der Faserorientierungsfaktor nach Gl. ( 4-1 ) defi-niert, der aus den gemessenen Hauptradien der Ellipsen berechnet werden kann. Mit Hilfe der Koordi-naten der Ellipsenschwerpunkte können Konturbilder der Bauteilschnittfläche generiert werden, die einen Aufschluss über die Faserverteilung und die Verteilung der Faserorientierung geben. Die Faser-anzahl ermöglicht schließlich eine Ableitung des Fasergehalts in der betrachteten Bauteilschnittfläche.

3.5.2 Algorithmus

Der im Rahmen dieser Arbeit entwickelte Algorithmus verwendet sowohl das Region Processing als auch das Contour Processing, die beide im Abschnitt 3.4.2 vorgestellt worden sind, und ist im Bild 3.5-1 und Bild 3.5-2 als Flussdiagramm abgebildet.

Der Algorithmus unterteilt die durch das Contour Processing identifizierten Konturen anhand be-stimmter geometrischer Merkmale, auf die an relevanter Stelle im Folgenden eingegangen wird, in die beiden Hauptkonturgruppen Contours_Type_A1 und Contours_Type_AB. Die Hauptkonturgruppe Contours_Type_A1 fasst alle Konturen zusammen, die eindeutig durch jeweils eine Ellipse approxi-miert werden können. Die Konturen der Hauptkonturgruppe Contours_Type_AB werden mit Hilfe eines weiteren geometrischen Merkmals untereilt in Contours_Type_AB_interaktiv und Con-tours_Type_AB_selected, die automatisch weiterverarbeitet werden. Dem Programmbenutzer werden

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Optische Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverarbeitung 71

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die Konturen Contours_Type_AB_interaktiv zur interaktiven Auswahl gestellt, da diese nicht automa-tisch verarbeitet werden können.

Die einzelnen Schritte werden im Folgenden in chronologischer Reihenfolge im Detail erläutert. Dabei wird auf theoretische Hintergründe nicht eingegangen; für diese wird auf Steger et al. (2007) verwie-sen. Der Algorithmus wurde mit der Entwicklungsumgebung HALCON 8.0 für "machine vision" (ma-schinelles Sehen) von MVTec programmiert.

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72 Optische Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverarbeitung

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neinja

Definition der Region of Interest (ROI) durch Blob Analyse mit Schwellwert und Dilatation

Konturen der Stahlfasern in der ROI identifizieren

Konturen aufteilen in geschlossene (ContoursClosed) und offene Konturen (ContoursOpen)

ContoursClosed mitKonturlänge < 20 Pixel ausschließen

Vorauswahl der Konturen mit Mindestlänge 8 Pixel

SelectedContoursClosed_A1

Segmentieren in Linien

und Ellipsen

Konvexität Ellipsen ≥ 0,97 ?

ContoursOpenmit Abstand ≤ 10 Pixel verbinden

Konvexität ≥ 0,97 ?

neinjaKonvexität ≥ 0,97 ?

SelectedContoursOpen_A1

SelectedContoursOpen_B1_Temp

Segmentieren in Linien

und Ellipsen

SelectedContoursClosed_B_Temp

Konvexität Ellipsen ≥ 0,97 ?

neinnein

SelectedContours

Closed_A2

SelectedContoursClosed_B

SelectedContoursOpen_A2

SelectedContoursOpen_B1

ja ja

Contours_Type_A1

Contours_Type_A2 Contours_Type_B

Konturen mit Länge < 15 Pixel

ausschließen

Konturen mit Länge < 15 Pixel

ausschließen

Bild 3.5-1: Algorithmus für die optische Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverarbeitung

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Optische Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverarbeitung 73

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Contours_Type_A1 Contours_Type_A2 Contours_Type_B

Konturen mit Abstand ≤ 10 Pixel verbinden

Konturen mit Länge < 20 Pixel ausschließen

Konturen mit „kleinem“Hauptradius rb < 2,5 Pixel ausschließen

Contours_Type_AB

Konturen mit „kleinem“Hauptradius rb < 2,5 Pixel ausschließen

neinjaKompaktheit

≥ 1,25 ?

Contours_Type_AB_interaktiv

Contours_Type_AB_selected

Contours_Collected

interaktive Auswahl und Verarbeitung

Einlesen der internen und externen

Kameraparameter ausFile: campose.dat und

campar.dat

→ Kalibrierdaten

Konturen mit Hilfe der Kalibrierdaten vom kartesischen Koordinatensystem der virtuellen Bildebene in das

Weltkoordinatensystem transformieren

Transformierte Konturen durch Ellipsen approximieren

Ausgabe der Ellipsenanzahl und -parameter:

- Hauptradien R1i und R2i → Faserorientierung - Schwerpunktkoordinaten Xi und Yi→ Faserverteilung- Orientierung der Ellipsenhauptachse i

Bild 3.5-2: Fortsetzung - Algorithmus für die optische Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverarbeitung

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

74 Optische Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverarbeitung

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Die im folgenden definierten Grenzwerte für Mindestlängen etc. gelten nur für den in dieser Arbeit verwendeten Fasertyp Redaelli Tecna (vgl. Tabelle 4.4-1), dem eingesetzten Digitalkameraequipment und dem verwendeten Abbildungsmaßstab der digitalen Aufnahmen, auf den in Abschnitt 3.6.3 noch näher eingegangen wird. Bei abweichendem Faserdurchmesser, der Pixelanzahl des Bildsensors der eingesetzten Digitalkamera sowie dem Abbildungsmaßstab der digitalen Aufnahme sind diese anzu-passen.

Mit Hilfe des Region Processing erfolgt zunächst eine Reduzierung der Bauteilschnittfläche auf den wesentlichen Bereich, der "region of interest" (ROI) der digitalen Aufnahme. Diese enthält die gesuch-ten Faserquerschnitte. Dafür wird das Bild in Blobs mit einem Grauwert größer oder gleich einem definierten Schwellwert segmentiert und deren Umrandung bestimmt. Entlang der Umrandung wird der Mittelpunkt eines Kreises mit festgelegtem Radius geführt und auf diese Weise der ausgewählte Bereich wieder vergrößert, um im nächsten Schritt mittels Contour Processing mit "subpixel - precise" Genauigkeit die Konturen der Fasern (Übergang hell / dunkel) bestimmen zu können. Dieses Vorge-hen wird in der digitalen Bildverarbeitung als Dilatation (von lat. dilatare = ausdehnen, erweiten) mit-tels strukturierendem Element (hier ein Kreis) bezeichnet (vgl. Bild 3.5-3). Durch die vorgeschaltete Bildreduktion wird die Verarbeitungsgeschwindigkeit des anschließenden Contour Processing deutlich erhöht.

Bild 3.5-3: Erweiterung des Auswahlbereichs durch Dilatation

Im Bild 3.5-4a sind als Beispiel die erfassten Umrandungen der Blobs (hellgraue Bereiche = Fasern) und im Bild 3.5-4b das Ergebnis der Dilatation, die "region of interest" (ROI) abgebildet.

a) Umrandung der Blobs (hellgraue Bereiche = Fasern) b) Region of interest als Ergebnis der Dilatation

Bild 3.5-4: Beispiel für Umrandung von Blobs und Dilatation

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Das Bild 3.5-5a zeigt die Konturen der Stahlfasern innerhalb der ROI, die mit "sub - pixel precise" Genauigkeit durch Contour Processing identifiziert wurden. Die einzelnen Konturen sind zur Unter-scheidung farbig dargestellt, wobei nicht zusammengehörende Konturen sich farblich unterscheiden. Über eine Mindestlänge von 8 Pixel wird zunächst eine Vorauswahl der im Weiteren zu betrachtenden Konturen getroffen, um sehr kurze Konturfragmente auszuschließen (vgl. Bild 3.5-5b).

a) Konturen aus Contour Processing b) Konturen nach Vorauswahl über Mindestlänge

Bild 3.5-5: Mit Contour Processing identifizierte Konturen

Die verbleibenden Konturen werden in die beiden Untergruppen ContoursClosed und ContoursOpen aufgeteilt. Die Untergruppe ContoursClosed (geschlossene Konturen) enthält alle Konturen, die eine Faser vollständig einhüllen ohne eine Unterbrechung (vgl. Bild 3.5-6a). Mit der Untergruppe Contour-sOpen werden alle verbleibenden Konturen zusammengefasst (vgl. Bild 3.5-6b). Bei den Konturen der Untergruppe ContoursClosed werden zusätzlich alle mit einer Länge kleiner als 20 Pixel aussortiert.

Benachbarte Konturen der Untergruppe ContoursOpen mit einem Abstand kleiner oder gleich 10 Pixel werden zu einer Kontur verbunden und dabei die Lücke geschlossen (vgl. Bild 3.5-6c). Damit wird verhindert, dass eine einzelne Faser mehrfach durch Konturen abgebildet wird und diese somit mehr-fach in die Auswertung eingeht.

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76 Optische Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverarbeitung

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Bild 3.5-6: Beispiel für geschlossene und offene Konturen

Bei sich berührenden Fasern oder sehr dicht beieinander liegenden Fasern kann es vorkommen, dass diese durch ein und dieselbe Kontur abgebildet werden und für die weitere Verarbeitung zuvor ge-trennt werden müssen. Im Bild 3.5-7 sind als Beispiel zwei sich berührende Fasern dargestellt sowie die zugehörige Kontur (grün), die sich aus dem Contour Processing ergeben würde.

Bild 3.5-7: Beispiel sich berührender Fasern

Mit einem geeigneten Kriterium müssen alle Konturen herausgefiltert werden, die zwei oder mehrere Fasern beschreiben. Hierzu wird die konvexe Hülle der Konturen bestimmt. Diese ergibt sich anschau-lich, wenn man einen Gummiring um die Kontur legt. Im Bild 3.5-7 ist als Beispiel die konvexe Hülle (rot) einer Kontur (grün) von zwei sich berührenden Fasern dargestellt. Damit kann als Kriterium die Konvexität wie folgt definiert werden:

1A

AKonvexität

lekonvexeHül

Kontur ( 3-1 )

mit AKontur [Pixel²] eingeschlossene Fläche der Kontur Akonvexe Hülle [Pixel²] eingeschlossene Fläche der konvexen Hülle

Bei einer Konvexität gleich 1 beschreibt die zugehörige Kontur exakt eine konvexe Form z.B. ein Rechteck, eine Ellipse oder einen Kreis. Je kleiner die Konvexität, desto mehr Einkerbungen und Aus-buchtungen weist die Kontur gegenüber der konvexen Hülle auf und desto weniger konvex ist die Kontur. Mit dem gleichen Kriterium können auch Konturen herausgefiltert werden, die zwar lediglich

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Optische Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverarbeitung 77

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eine einzelne Faser beschreiben, aber Aufgrund von Imperfektionen nicht eindeutig als Ellipse identi-fiziert werden können. Für den Algorithmus hat sich ein Grenzwert für das Kriterium der Konvexität von 0,97 für den Filter bewährt.

Die Konturen der Gruppe ContoursClosed werden in Untergruppen mit einer Konvexität 0,97 (Se-lectedContoursClosed_A1) und < 0,97 (SelectedContoursClosed_B_Temp) aufgeteilt. Analog erfolgt eine Aufteilung der Konturen der Gruppe ContoursOpen in die Untergruppen SelectedContoursO-

pen_A1 (Konvexität 0,97) und SelectedContoursOpen_B1_Temp (Konvexität < 0,97).

Die Konturen der Gruppen SelectedContoursClosed_B_Temp und SelectedContoursOpen_B1_Temp werden segmentiert in Linien und Ellipsen. Analog zu vorher werden die Ellipsen anhand ihrer Kon-vexität mit dem Grenzwert von 0,97 erneut aufgeteilt in die Untergruppen SelectedContoursClo-

sed_A2 (Konvexität 0,97 ) und SelectedContoursClosed_B bzw. in SelectedContoursOpen_A2

(Konvexität 0,97 ) und SelectedContoursOpen_B1. Die linienförmigen Konturen werden hierbei aussortiert.

Von den Konturen der Gruppe SelectedContoursOpen_A1 werden nur die mit einer Mindestlänge von 15 Pixel ausgewählt und mit den Konturen der Gruppe SelectedContoursClosed_A1 zur Hauptgruppe Contours_Type_A1 zusammengefasst. Analog werden von den Konturen der Gruppe SelectedCon-toursOpen_A2 nur solche mit einer Mindestlänge von 15 Pixel selektiert und mit der Gruppe Selec-tedContoursClosed_A2 zur Untergruppe Contours_Type_A2 zusammengefasst. Die Konturen der Untergruppen SelectedContoursClosed_B und SelectedContoursOpen_B1 werden für die weitere Ver-arbeitung zur Untergruppe Contours_Type_B zusammengefasst.

Mit Hilfe eines Mindestradius von rb 2,5 Pixel werden jeweils bei den Konturen der Hauptgruppe Contours_Type_A1 und der Untergruppe Contours_Type_A2 Konturfragmente anhand des "kleine-ren" Hauptradius rb ausgeschlossen, die sich aus den vorherigen Verarbeitungsschritten u.a. durch die Segmentierung ergeben haben und bisher noch nicht herausgefiltert werden konnten.

Benachbarte Konturen der Untergruppe Contours_Type_B mit einem Abstand ≤ 10 Pixel werden zu einer Kontur zusammengefügt. Zusätzlich erfolgt eine Aussortierung von Konturen mit einer Länge < 20 Pixel. Die verbleibenden Konturen der Untergruppe Contours_Type_B werden mit den Konturen der Untergruppe Contours_Type_A2 zur Hauptgruppe Contours_Type_AB zusammengefasst.

Die Kompaktheit nach Gl. ( 3-2 ) ist ein Maß für die Gestrecktheit einer geometrischen Form. Ein Kreis hat eine kleinstmögliche Kompaktheit von 1. Je gestreckter die geometrische Form desto höher fällt die Kompaktheit aus.

1A4

ltKompakthei

Kontur

2

( 3-2 )

mit AKontur [Pixel²] eingeschlossene Fläche der Kontur l [Pixel] Länge Kontur

Mit Hilfe der Kompaktheit erfolgt eine erneute Unterteilung der Konturen der Hauptgruppe Contours_

Type_AB in die beiden Untergruppen der Contours_Type_AB_interaktiv (Kompaktheit 1,25) und Contours_Type_AB_selected (Kompaktheit < 1,25). Auf diese Weise werden sehr langgestreckte Fa-sern, die häufig nur durch Konturfragmente erfasst werden können, für eine interaktive Auswahl und Verarbeitung durch den Programmbenutzer herausgefiltert. Als Beispiel sind im Bild 3.5-8 Konturen der Untergruppe Contours_Type_AB_interaktiv farbig abgebildet. Die übrigen Konturen der Gruppe Contours_Type_A1 und Contours_Type_AB_selected werden ohne Interaktion automatisch weiter-verarbeitet und werden zur besseren Differenzierung grau wiedergegeben.

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Bild 3.5-8: Konturen für die interaktive Auswahl (farbig dargestellt)

Die Konturen der Gruppe Contours_Type_AB_interaktiv, die bei der Auswertung berücksichtigt wer-den sollen, können durch den Programmbenutzer interaktiv ausgewählt werden. Hierbei besteht auch die Möglichkeit, mehrere ausgewählte Konturfragmente, die zu einer Faser gehören, zu einer Kontur zu verbinden. Die interaktiv ausgewählten und verarbeiteten Konturen werden in der Untergruppe Contours_Collected gesammelt. Im Bild 3.5-9a sind exemplarisch zwei Konturen der Gruppe Con-tours_Type_AB_ interaktiv zur interaktiven Auswahl farbig dargestellt. Im Bild 3.5-9b sind diese Konturen nach erfolgter Auswahl und Zusammenfügen zu einer Kontur weiß abgebildet.

a) Konturen zur interaktiven Auswahl (farbig dargestellt)

b) Konturen nach Auswahl und Zusammenfügen(weiß dargestellt)

Bild 3.5-9: Beispiel für interaktive Konturverarbeitung durch Programmbenutzer

Bevor die Konturen der Gruppen Contours_Type_A1, Contours_Type_AB_selected und Con-tours_Collected durch Ellipsen approximiert werden können, müssen zunächst Fehler infolge von Imperfektionen der Messeinrichtung korrigiert werden. Mit Hilfe einer Kalibrierung der Messeinrich-tung werden Transformationsparameter ermittelt, mit denen die Konturen von dem bisherigen kartesi-schen Koordinatensystem des Bildsensors (ICS) der virtuellen Bildebene in das Weltkoordinatensys-tem (WCS) transformiert werden. Im nächsten Schritt erfolgt dann die Approximation der Konturen durch Ellipsen. Durch die Transformation werden zum einen Messfehler infolge der Messeinrichtung eliminiert und zum anderen können die geometrischen Größen der Ellipsen im metrischen Einheiten-system zur Überprüfung der Messgenauigkeit angegeben werden. Als Beispiel ist im Bild 3.5-10 das Ergebnis der Transformation und Approximation der Konturen von Bild 3.5-9 vergrößert abgebildet. Die blauen Ellipsen gehören hierbei zu den Konturen der Hauptgruppe Contours_Type_A1 und die

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rote Ellipse zur Untergruppe Contours_Collected, deren zugehörige Konturen zuvor durch den Benut-zer interaktiv verarbeitet worden sind (vgl. Bild 3.5-9a und b).

Bild 3.5-10: Ergebnis der Transformation und Approximation von Konturen

Schließlich können die Hauptradien der Ellipsen und die Koordinaten der Ellipsenschwerpunkte bezo-gen auf das Weltkoordinatensystem ermittelt werden, die zugleich denen der Faserquerschnitte ent-sprechen. Aus diesen Parametern können die gesuchte Faserorientierung und die Faserverteilung von der betrachteten Bauteilschnittfläche ermittelt werden, wie bereits im Abschnitt 3.5.1 erläutert wurde. Die Anzahl der Ellipsen ist gleich der gesuchten Faseranzahl.

Das Bild 3.5-11 zeigt als Beispiel die Ausgabe der Ergebnisse des zuvor vorgestellten Algorithmus für die optische Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverarbeitung anhand einer Schnittflä-che eines Zugprismas mit einer Querschnittsfläche von 75 x 75 mm im Messbereich (vgl. Abschnitt 2.1.1). Die Ellipsen werden entsprechend den zugehörigen Konturgruppen wie folgt zur einfachen Unterscheidung dargstellt:

- blau: Konturen der Hauptgruppe Contours_Type_A1 (automatisch verarbeitete Konturen)

- rot: Konturen der Untergruppe Contours_Collected (interaktiv ausgewählte und verarbeitete Konturen)

- grün: Konturen der Untergruppe Contours_Type_AB_selected (automatisch verarbeitete Konturen)

- gelb: Konturen der Untergruppe Contours_Type_AB_interaktiv, die bei der Auswertung nicht berücksichtigt werden können, da diese nicht zutreffend durch eine Ellipse approximiert werden können

Die Beispielauswertung zeigt, dass nur sehr wenige Fasern durch den Algorithmus nicht automatisch bzw. gar nicht erkannt werden.

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Bild 3.5-11: Beispiel für Ergebnis einer optischen Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverar-beitung an einer Schnittfläche eines Zugprismas mit einer Querschnittsfläche von 75 x 75 mm

3.6 Messung der Faserorientierung

3.6.1 Messeinrichtung zur Bestimmung der Faserorientierung

Eine grundlegende Voraussetzung für die Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverar-beitung sind qualitativ hochwertige digitale Photos von entsprechend vorbereiteten Schnittflächen des zu analysierenden Versuchskörpers, die eine klare Unterscheidung von den Stahlfaserquerschnitten zur umgebenden Zementmatrix erlauben.

Die Aufnahmen können prinzipiell mit zwei unterschiedlichen Beleuchtungs- und Belichtungsstrate-gien erfolgen. Bei der ersten wird die Beleuchtung und Belichtung in der Art abgestimmt, dass die Stahlfasern das einstrahlende Licht reflektieren und diese damit als helle Punkte auf dem Photo er-scheinen, während die Zementmatrix auf den Aufnahmen unterbelichtet nahezu schwarz erscheint (vgl. Bild 3.6-1a). Diese Art der Aufnahme wird auch als „low key“ Aufnahme bezeichnet. Eine zwei-te Strategie besteht darin, eine sogenannte "high key" Aufnahme der Schnittflächen des Versuchskör-pers zu erzeugen. Hierbei wird die Beleuchtung und Belichtung so abgestimmt, dass die Zementmatrix gegenüber den Stahlfasern sehr hell überstrahlt und somit die Stahlfasern als schwarze Punkte auf dem digitalen Photo erscheinen (vgl. Bild 3.6-1b).

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Optische Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverarbeitung 81

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a) Aufnahmestrategie 1 - „low key“ Aufnahme b) Aufnahmestrategie 2 - „high key“ Aufnahme

Bild 3.6-1: Mögliche Aufnahmestrategien für die optische Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverarbeitung

Allerdings werden auch die Zuschlagstoffe zum Teil als schwarze Punkte abgebildet, so dass eine Unterscheidung von den Stahlfasern nur schwer möglich ist. Daher wurde für die Aufnahmen der Schnittflächen der eigenen Versuchskörper die erste Aufnahmestrategie "low key" gewählt.

Um eine möglichst gleichmäßige Ausleuchtung der Schnittfläche sicherzustellen ist die Verwendung einer flächigen Beleuchtung, die parallel zur Schnittfläche angeordnet ist, zwingend erforderlich. Mit einem Blitzlicht, Ringlicht oder punktuellen Photolampen kann keine gleichmäßige Ausleuchtung erreicht werden, wie eigene Untersuchungen gezeigt haben. Für die Aufnahmen der Schnittflächen wurde daher eine eigene Messeinrichtung konzipiert, die in Bild 3.6-2 abgebildet ist.

Die Messeinrichtung besteht aus einer Grundplatte (600 x 500 mm) mit Reprostativ, an dem ein Stahl-rahmen mit einer flächigen LED Lampe montiert ist. An dem Reprokopf ist mittels Schnellverschluss eine hochauflösende digitale Spiegelreflexkamera vom Typ Nikon D3x mit einem Vollformatsensor im Kleinbildformat mit 24,5 Megapixel Auflösung befestigt. Um optische Verzerrungen weitestge-hend zu vermeiden wird für die Aufnahmen ein 105 mm Makroobjektiv verwendet. Die Kamera wird über eine Software vom Kamerahersteller per Notebook ferngesteuert, um Erschütterungen der Ver-suchseinrichtung durch die Betätigung des Kameraauslösers auszuschließen. Die Software erlaubt auch eine Darstellung des Sucherbilds auf dem Notebook zur Kontrolle, wodurch die Probe optimal im Bild ausgerichtet werden kann. Zudem können sämtliche Aufnahmeparameter der Kamera über die Software eingestellt werden.

Die LED Lampe besteht aus 14 LED Leisten mit einer Länge von 100 bzw. 250 mm, die mit 6 bzw. 15 SuperFlux LEDs mit einer Farbtemperatur von 6.000 K (weißes Licht) der Firma Nichia Raijin, Japan bestückt sind. Diese LEDs zeichnen sich durch einen großen Abstrahlwinkel von 80°, einer extremen Helligkeit und einer sehr großen chargenübergreifenden Homogenität aus. Die LEDs sind in einem Raster von 16,6 x 16,6 mm für eine flächige Ausleuchtung angeordnet. In Bild 3.6-3 ist die Anordnung der LED Leisten abgebildet, die über eine schwarze Polystyrolplatte (t = 3 mm) mit dem Stahlrahmen befestigt sind.

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Spannungsversorgung

Vorhang aus Molton

LED Flächenlampe

Notebook für Kamerasteuerung

Digitale Spiegelreflexkamera mit Makroobjektiv

Stahlrahmen

Reprostativ

Probe

Bild 3.6-2: Messeinrichtung für die Aufnahmen der Schnittflächen der Proben

Um ein möglichst diffuses Licht zu erreichen, wurde vor die flächige LED Lampe eine beidseitig mat-tierte Plexiglasscheibe (t = 3 mm) vom Typ PMMA-GS mit einer Transluzenz (Lichtdurchlässigkeit) von 60 % als Diffusionsfilter angeordnet. Die beidseitige Mattierung minimiert störende Lichtreflexi-onen. Im Bereich des Makroobjektivs sind sowohl die flächige LED Lampe als auch der Diffusionsfil-

ter kreisrund ausgespart. Die Aussparung hat einen Durchmesser von 70 mm entsprechend dem Außenradius des Makroobjektivs. Um eine ungleichmäßig Ausleuchtung im Bereich des Makroobjek-tivs zu vermeiden ragen 4 LED Leisten bis in die Aussparung hinein. Detailansichten der LED Flä-chenlampe sind in Bild 3.6-4 abgebildet. Die Spannungsversorgung der LED Flächenlampe erfolgt über ein Labornetzteil.

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Optische Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverarbeitung 83

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Bild 3.6-3: Anordnung der LED Leisten auf der Trägerplatte aus Polystyrol

a) Draufsicht auf LED Flächenlampe b) Unteransicht LED Flächenlampe

Bild 3.6-4: Detailansichten der LED Flächenlampe

Zur Vermeidung von Streulichteinfall aus der Umgebung ist an dem Stahlrahmen der LED Lampe ein schwarzer Vorhang aus Molton (Verdunklungsstoff) befestigt. Der Abstand von der Kamera und der LED Flächenlampe zur Schnittfläche des zu analysierenden Probekörpers kann mit Hilfe einer Kurbel am Reprostativ justiert werden. Auf diese Weise kann trotz der Verwendung eines Objektivs mit Fest-brennweite der Abbildungsmaßstab des Makroobjektivs auf den gewünschten Wert eingestellt werden.

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3.6.2 Vorbereitung der Proben

Die Versuchskörper werden an definierten Stellen normal zur Belastungsrichtung mit Hilfe einer dia-mantbestückten Säge in einzelne Proben geschnitten. Die Stellen der Schnittführung befinden sich nach Möglichkeit unmittelbar vor und hinter der Lokalisierungsstelle in unterschiedlichen Abständen, um die Verteilung der Faserorientierung entlang der Bauteillänge ermitteln zu können. Im Bild 3.6-5 ist die Schnittführung und Nummerierung der Proben exemplarisch abgebildet. Die einzelnen Proben werden fortlaufend mit römischen Ziffern nummeriert. Die Schnittflächen, die Richtung unterer Ein-spannstelle orientiert sind werden mit der Probennummer (I bis V) und dem Zusatz „unten“ gekenn-zeichnet, d.h. „I unten“ etc. Die zur oberen Einspannstelle orientieren Schnittflächen werden mit dem Zusatz „oben“ gekennzeichnet, d.h. „I oben“ etc.

a) Exemplarische Schnittführung für optische Faservermessung der Versuchsserie N1-1 bis N1-3

b) Exemplarische Schnittführung für optische Faservermessung der Versuchsserie N1-4 bis N1-6 und N2-1 bis N2-3

c) Exemplarische Schnittführung für optische Faservermessung der Versuchsserie N2-10 bis N2-12

Bild 3.6-5: Schnittführung für optische Faservermessung

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Die Qualität der sägerauhen Schnittflächen eignet sich nicht unmittelbar für eine optische Messung der Faserorientierung, da die Umrisse der Faserquerschnitte durch den Sägeschnitt verschmieren und nicht eindeutig die Querschnittsform wiedergeben. Daher wurden die Schnittflächen zunächst auf einer Nassschleifmaschine planparallel geschliffen. Das Schleifen erfolgt in zwei Durchgängen auf der Ma-schine, die hierzu mit bronzegebundenen Diamanttopfscheiben unterschiedlicher Körnung bestückt wird. Für den ersten Schleifdurchgang wird eine Topfscheibe der Körnung D126 und für den Fein-schliff im zweiten Durchgang der Körnung D35 eingesetzt. Das Ergebnis sind glatt polierte Schnittflä-chen, die eindeutig die Faserquerschnittform wiedergeben.

Unmittelbar vor der Aufnahme der Schnittflächen mit der Digitalkamera werden diese mit einem Schleifpapier der Körnung 280 nachgeschliffen und gründlich unter fließendem Wasser entstaubt. Dadurch wird die Zementmatrix mattiert, was störende Reflexionen bei der Aufnahme verhindert. Des Weiteren wird die sich trotz trockener Lagerung bildende dünne Korrosionsschicht von den Faserquer-schnittsflächen entfernt, wodurch eine gleichmäßige Reflexion des Lichtes bei der Aufnahme der Schnittflächen sichergestellt wird.

3.6.3 Digitalaufnahmen der Bauteilschnittflächen

In Abhängigkeit von dem Bildsensor der verwendeten Digitalkamera und der Größe der zu vermes-senden Objekte ist der Abbildungsmaßstab der Digitalaufnahmen festzulegen. Der Abbildungsmaßstab ist definiert als das Verhältnis der Abbildungsgröße eines Objekts auf der Bildsensorebene der Kamera zur realen Objektgröße. Um ein Objekt mit Hilfe einer optischen Messung präzise vermessen zu kön-nen, muss dieses mit einer Mindestanzahl an Bildelementen (Pixel) digitalisiert sein. Im Bild 3.6-6a bis d sind als Beispiel die Digitalisierung eines identischen Kreises mit 8 und 16 Pixel bei gleicher Bildsensorgröße gegenübergestellt. Offensichtlich reichen 8 x 8 Pixel nicht aus, um den Kreis zutref-fend abzubilden. Das Beispiel verdeutlicht, dass nur mit einer entsprechenden Auflösung ein Objekt mit der für die optische Vermessung erforderlichen Genauigkeit digitalisiert werden kann.

b) Digitalisiertes Bild mit 8 x 8 Pixel Auflösung

d) Digitalisiertes Bild mit16 x 16 Pixel Auflösung

a) 8 x 8 Pixel Sensor c) 16 x 16 Pixel Sensor

Bild 3.6-6: Digitalisierung eines Kreises mit unterschiedlicher Auflösung des Bildsensors bei identischer Größe des Bildsensors [aus Bässmann und Kreyss (2009)]

Im Rahmen dieser Arbeit wurden Fasern mit einem Durchmesser von 0,175 mm von Redaelli Tecna (vgl. Tabelle 4.4-1) verwendet. Eine Parameterstudie, bei der die Pixelanzahl zur Abbildung dieses Durchmessers variiert wurde, ergab eine erforderliche Mindestanzahl von 9 Pixel pro 0,175 mm Mess-länge für die vorliegende Messaufgabe. Aus dieser Mindestanzahl kann in Verbindung mit den techni-schen Daten des Bildsensors der verwendeten Digitalkamera (vgl. Tabelle 3.6-1) der minimal zulässi-

ge Abbildungsmaßstab Abb,min wie folgt berechnet werden:

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28,3

1

175,0048.6

99,35

dn

nb

fb

minSensormin,Abb

( 3-3 )

mit bSensor [mm] Breite des Bildsensors der Digitalkamera df [mm] Faserdurchmesser nb [Pixel] Anzahl der Pixel in Sensorbreite nmin [Pixel] Mindestanzahl der Pixel pro Faserdurchmesser df

Tabelle 3.6-1: Technische Daten des Bildsensors der verwendeten Digitalkamera vom Typ Nikon D3x (vgl. Nikon (2008))

Bildsensorbreite bSensor 35,9 mm

Bildsensorhöhe hSensor 24,0 mm

Anzahl der Pixel in Sensorbreite nb 6.048 Pixel

Anzahl der Pixel in Sensorhöhe nh 4.032 Pixel

Auf Basis des minimalen Abbildungsmaßstab Abb,min nach Gl. ( 3-3 ) können die maximalen Abmes-sungen der Bauteilschnittfläche ermittelt werden, die mit einer einzelnen Digitalaufnahme für die opti-sche Messung abgedeckt werden kann. Mit den Maßen des Bildsensors nach Tabelle 3.6-1 folgen die-se zu 117,8 x 78,7 mm. Bei größeren Bauteilschnittflächen sind diese mit mehreren Aufnahmen zu digitalisieren, wobei jeweils eine Aufnahme mit und ohne Kalibriertafel zu erstellen ist.

Die Belichtungszeit ist für die Aufnahme der Messebene mit und ohne Kalibriertafel unterschiedlich. Bei der Aufnahme mit Kalibriertafel wird die Belichtungszeit mit Hilfe einer Graukarte manuell ein-gestellt, wobei die Belichtungszeit um +2/3 Blendenstufen korrigiert wird, d.h. es wird leicht überbe-lichtet. Die Aufnahmen der Messebene ohne Kalibriertafel erfordern eine Belichtungszeit, bei der das durch die Faserquerschnitte reflektierte Licht nicht zur Bildung einer Korona am Übergang Faser zu Zementmatrix auf der digitalen Aufnahme führt, denn diese würde zu falschen Messergebnissen füh-ren. Zugleich muss jedoch ein kontrastreicher Übergang von Faser zu Zementmatrix sichergestellt werden, damit die einzelnen Faserumrandungen vom Auswertealgorithmus nach Abschnitt 3.5 erkannt werden können. Die entsprechende Belichtungszeit lässt sich mit Hilfe einer Belichtungsreihe für die jeweilige Kamera- und Lampenkombination bestimmen. Ausgehend von der mit einer Graukarte ma-nuell eingestellten Belichtungszeit wird diese stufenweise verkürzt bis die entsprechende Belichtungs-zeit gefunden ist. Für die verwendete Messeinrichtung ergab sich eine Belichtungszeit von 1/125s bei einer Blende von f = 1/16. Im Bild 3.3-7 ist ein Beispiel für eine Aufnahme mit und ohne Kalibrierta-fel abgebildet.

Die im Rahmen dieser Arbeit verwendete digitale Spiegelreflexkamera verfügt über einen farbigen Bildsensor. Für die weitere Bildverarbeitung wurden daher die Aufnahmen zunächst in ein 8 Bit Grau-stufenbild umgewandelt. Dies läst sich durch eine Stapelverarbeitung mit Hilfe von Photoshop (2008) automatisieren.

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Optische Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverarbeitung 87

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3.6.4 Ergebnisse und Auswertung der optischen Faserorientierungsmessung

Die optische Messung der Faserorientierung wurde an einer Auswahl der untersuchten Zugprismen durchgeführt. Die Auswahl umfasst alle Versuchsserien mit b/h = 1 und die Versuchsserie b/h = 3 mit der kleinsten geprüften Prismenhöhe von h = 25 mm und der größten von h = 100 mm. Hierbei erfolg-te die Messung an mindestens 4 ebenen Schnittflächen je Zugprisma. Die untersuchten Zugprismen und Ergebnisse der optischen Messung sind in Tabelle 3.6-2 bis Tabelle 3.6-4 wiedergegeben.

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Tabelle 3.6-2: Ergebnisse der optischen Faserorientierungsmessung als Mittelwerte über alle untersuchten Schnittflächen I bis V oben / unten eines Zugprismas

d2,m

[mm]

number of fibres

nfm

[-]

fibre density nfm / A

[1/mm²]

m = Af / A =

n Afi / A[Vol.-%]

fibre orientation

m

[-]

N1-1-D-C9 50,0 50,7 1 8,16 16,47 0,182 1.930 0,76 1,97% 0,91

N1-2-D-C9 50,0 50,1 1 8,55 16,00 0,189 1.826 0,73 2,04% 0,91

N1-3-D-C9 50,0 50,2 1 8,52 16,32 0,185 1.861 0,74 2,00% 0,91

N1-1-D-C16 49,9 49,9 1 9,54 19,12 0,180 1.990 0,80 2,03% 0,91

N1-2-D-C16 49,3 50,8 1 7,89 16,21 0,184 1.791 0,71 1,90% 0,90

N1-3-D-C16 50,0 51,2 1 8,42 14,91 0,181 1.942 0,76 1,94% 0,90

N1-1-D-C17 48,9 50,8 1 6,05 12,83 0,184 1.762 0,71 1,89% 0,88

N1-2-D-C17 51,5 50,7 1 6,33 12,30 0,189 1.897 0,73 2,04% 0,89

N1-3-D-C17 50,0 50,6 1 6,64 14,78 0,184 1.946 0,77 2,04% 0,89

N1-4-D-C9 74,1 75,9 1 7,72 14,31 0,188 4.244 0,75 2,10% 0,90

N1-5-D-C9 75,0 75,0 1 6,92 13,03 0,189 3.972 0,71 1,98% 0,91

N1-6-D-C9 74,0 75,0 1 9,08 15,05 0,184 3.978 0,72 1,91% 0,90

N1-4-D-C16 74,9 75,0 1 9,51 15,42 0,187 4.379 0,78 2,14% 0,91

N1-5-D-C16 74,1 75,8 1 7,94 13,83

N1-6-D-C16 73,4 76,2 1 7,80 14,75 0,200 4.165 0,74 2,35% 0,89

N1-4-D-C17 75,1 74,5 1 9,29 16,33 0,190 4.305 0,77 2,18% 0,91

N1-5-D-C17 73,8 76,3 1 7,12 11,66 0,197 3.769 0,67 2,04% 0,87

N1-6-D-C17 73,5 76,7 1 6,44 9,32

N2-1-D-C9 74,1 25,9 3 8,77 16,22 0,186 1.376 0,72 1,94% 0,92

N2-2-D-C9 75,7 25,5 3 9,72 15,83 0,178 1.380 0,71 1,79% 0,91

N2-3-D-C9 74,8 25,9 3 10,67 16,17 0,174 1.400 0,72 1,73% 0,91

N2-1-D-C16 74,7 25,5 3 7,35 14,70 0,187 1.103 0,58 1,59% 0,92

N2-2-D-C16 75,3 25,8 3 8,36 14,56

N2-3-D-C16 74,1 24,8 3 8,40 15,19 0,175 1.064 0,58 1,40% 0,92

N2-1-D-C17 75,3 25,8 3 8,38 13,20

N2-2-D-C17 76,1 25,6 3 6,80 12,42 0,181 1.060 0,54 1,41% 0,90

N2-3-D-C17 74,2 24,5 3 6,45 12,85 0,181 953 0,52 1,36% 0,91

N2-10-D-C11 299,9 101,6 3 6,23 10,90 0,193 20.450 0,67 1,97% 0,90

N2-11-D-C13 300,0 102,8 3 5,88 11,16 0,195 20.095 0,65 1,94% 0,89

N2-12-D-C15 300,0 101,9 3 5,91 12,75 0,197 20.916 0,68 2,09% 0,90

m = 0,186 m = 0,90

s = 0,007 s = 0,012

v = 3,53% v = 1,33%

5% Fraktilwert = 0,176 5% Fraktilwert = 0,88

95% Fraktilwert = 0,197 95% Fraktilwert = 0,92

values of all cross sections

specimenb

[mm]h

[mm]b / h [-]

fct,el

[MPa]

fct

[MPa]

Page 95: Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton

Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Optische Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverarbeitung 89

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Tabelle 3.6-3: Ergebnisse der optischen Faserorientierungsmessung der Schnittflächen I bis III oben / unten

=

Af

/ A

= n

A

fi /

A[%

]

fib

re

ori

enta

tio

n

m

i

[-]

v (

mi )

[%]

=

Af

/ A

= n

A

fi /

A[%

]

fib

re

ori

enta

tio

n

m

i

[-]

v (

mi )

[%]

=

Af

/ A

= n

A

fi /

A[%

]

fib

re

ori

enta

tio

n

m

i

[-]

v (

mi )

[%]

=

Af

/ A =

n

Afi

/ A

[%]

fib

re

ori

enta

tio

n

m

i

[-]

v (

mi )

[%]

=

Af

/ A =

n

Afi

/ A

[%]

fib

re

ori

enta

tio

n

m

i

[-]

v (

mi )

[%]

=

Af

/ A =

n

Afi

/ A

[%]

fib

re

ori

enta

tio

n

m

i

[-]

v (

mi )

[%]

N1

-1-D

-C9

50,0

50,

71

8,1

616

,47

1,91

%0,

929

,42%

1,9

5%

0,91

10,9

5%

1,9

6%0,

929

,88%

2,0

8%0,

919,

88%

--

--

--

N1

-2-D

-C9

50,0

50,

11

8,5

516

,00

2,20

%0,

9110

,43

%1

,89

%0,

9010

,63

%-

--

--

--

--

--

-

N1

-3-D

-C9

50,0

50,

21

8,5

216

,32

1,93

%0,

919

,38%

1,9

9%

0,92

9,5

3%1

,99%

0,91

10,3

4%

2,1

0%0,

928,

99%

--

--

--

N1-

1-D

-C1

649

,94

9,9

19

,54

19,1

22,

06%

0,91

9,2

4%1

,95

%0,

9011

,85

%2

,10%

0,91

9,9

1%2

,02%

0,92

9,8

9%-

--

--

-

N1-

2-D

-C1

649

,35

0,8

17

,89

16,2

11,

82%

0,89

11,4

0%

1,9

7%

0,91

10,4

9%

--

--

--

--

--

--

N1-

3-D

-C1

650

,05

1,2

18

,42

14,9

11,

88%

0,90

12,7

5%

2,0

1%

0,90

11,0

9%

--

--

--

--

--

--

N1-

1-D

-C1

748

,95

0,8

16

,05

12,8

31,

90%

0,89

12,2

7%

1,8

9%

0,87

15,4

4%

--

--

--

--

--

--

N1-

2-D

-C1

751

,55

0,7

16

,33

12,3

02,

02%

0,89

11,7

7%

2,0

3%

0,89

11,8

1%

1,8

5%0,

9010

,39

%2

,25%

0,89

11,8

8%

--

--

--

N1-

3-D

-C1

750

,05

0,6

16

,64

14,7

82,

04%

0,89

13,9

7%

2,0

6%

0,90

12,2

8%

1,9

5%0,

8912

,20

%2

,11%

0,89

12,8

3%

--

--

--

N1

-4-D

-C9

74,1

75,

91

7,7

214

,31

--

--

--

2,3

0%0,

9110

,58

%1

,83%

0,90

11,9

1%

2,1

4%0,

9011

,29

%2

,12%

0,90

10,6

4%

N1

-5-D

-C9

75,0

75,

01

6,9

213

,03

--

--

--

2,1

8%0,

919

,88%

1,9

0%0,

9012

,40

%1

,92%

0,91

9,57

%2

,05%

0,91

10,4

7%

N1

-6-D

-C9

74,0

75,

01

9,0

815

,05

1,81

%0,

9013

,16

%1

,81

%0,

9012

,83

%-

--

--

--

--

--

-

N1-

4-D

-C1

674

,97

5,0

19

,51

15,4

22,

05%

0,91

9,5

3%1

,92

%0,

9210

,19

%2

,16%

0,90

11,2

4%

2,2

1%0,

919,

76%

2,1

8%0,

9110

,40

%2

,29%

0,90

11,5

0%

N1-

5-D

-C1

674

,17

5,8

17

,94

13,8

3

N1-

6-D

-C1

673

,47

6,2

17

,80

14,7

5-

--

--

--

--

--

-2

,34%

0,90

11,6

5%

2,3

8%0,

8912

,58%

N1-

4-D

-C1

775

,17

4,5

19

,29

16,3

32,

14%

0,91

9,4

6%2

,13

%0,

9110

,95

%2

,18%

0,91

10,2

7%

2,2

6%0,

9110

,01

%-

--

--

-

N1-

5-D

-C1

773

,87

6,3

17

,12

11,6

6-

--

--

-2

,02%

0,88

14,6

6%

2,0

8%0,

8812

,44

%2

,01%

0,87

13,8

9%

2,0

6%0,

8715

,39%

N1-

6-D

-C1

773

,57

6,7

16

,44

9,32

N2

-1-D

-C9

74,1

25,

93

8,7

716

,22

--

--

--

1,9

8%0,

929

,09%

1,9

7%0,

9111

,11

%-

--

--

-

N2

-2-D

-C9

75,7

25,

53

9,7

215

,83

1,85

%0,

9110

,06

%1

,86

%0,

9011

,11

%1

,73%

0,92

9,7

3%1

,71%

0,91

10,7

6%

--

--

--

N2

-3-D

-C9

74,8

25,

93

10,6

716

,17

1,77

%0,

9110

,35

%1

,74

%0,

9111

,19

%-

--

--

--

--

--

-

N2-

1-D

-C1

674

,72

5,5

37

,35

14,7

01,

62%

0,92

8,4

3%1

,45

%0,

938

,10%

1,6

2%0,

929

,05%

1,6

7%0,

928,

55%

--

--

--

N2-

2-D

-C1

675

,32

5,8

38

,36

14,5

6

N2-

3-D

-C1

674

,12

4,8

38

,40

15,1

9-

--

--

-1

,65%

0,92

9,1

4%1

,40%

0,92

9,4

3%1

,25%

0,92

11,1

8%

1,3

1%0,

928,

98%

N2-

1-D

-C1

775

,32

5,8

38

,38

13,2

0

N2-

2-D

-C1

776

,12

5,6

36

,80

12,4

21,

34%

0,90

13,0

2%

1,4

7%

0,92

9,7

3%1

,38%

0,89

12,1

5%

1,4

3%0,

9010

,29

%-

--

--

-

N2-

3-D

-C1

774

,22

4,5

36

,45

12,8

51,

23%

0,91

10,2

8%

1,4

1%

0,91

10,0

8%

1,2

4%0,

9110

,08

%1

,24%

0,91

9,8

2%-

--

--

-

N2-

10-D

-C11

299

,910

1,6

36

,23

10,9

01,

89%

0,90

11,2

0%

2,0

2%

0,90

11,0

5%

1,9

5%0,

9011

,48

%2

,00%

0,90

11,5

7%

1,9

2%0,

9011

,88

%2

,04%

0,90

11,7

2%

N2-

11-D

-C13

300

,010

2,8

35

,88

11,1

61,

99%

0,90

11,3

0%

1,8

4%

0,89

12,6

9%

1,9

8%0,

8912

,48

%1

,96%

0,89

12,3

3%

1,9

8%0,

9011

,82

%1

,91%

0,89

12,5

4%

N2-

12-D

-C15

300

,010

1,9

35

,91

12,7

51,

97%

0,89

11,6

8%

2,1

5%

0,90

11,1

5%

2,0

6%0,

9011

,18

%2

,18%

0,90

11,6

6%

2,2

0%0,

9011

,40

%2

,01%

0,90

11,3

1%

III -

to

pII

I - b

ott

om

I -

top

I - b

ott

om

II -

top

II -

bo

tto

m

b /

h

[-]

fct,

el

[MP

a]

fct

[MP

a]s

pec

ime

nb

[m

m]

h

[mm

]

Page 96: Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton

Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

90 Optische Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverarbeitung

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Tabelle 3.6-4: Ergebnisse der optischen Faserorientierungsmessung der IV bis V oben / unten

In Tabelle 3.6-2 sind die Ergebnisse der optischen Faserorientierungsmessung als Mittelwerte über alle untersuchten Schnittflächen I oben / unten bis V oben / unten eines jeden Zugprismas zusammen-gefasst. Die grau unterlegten Zugprismen wurden nicht vermessen.

Innerhalb der einzelnen Schnittflächen I oben / unten bis V oben / unten liegt die Faserorientierung im

Bereich von = 0,87 bis 0,93 (vgl. Tabelle 3.6-3 bis Tabelle 3.6-4). Die zugehörigen Variationskoef-fizienten haben eine Bandbreite von v = 8,1 bis 15,44 % mit einem Mittelwert von v = 11 % (vgl. Tabelle 3.6-3 bis Tabelle 3.6-4), d.h. die Faserorientierung innerhalb einer Schnittfläche variiert im Mittel gering. Zur Veranschaulichung sind im Bild 3.6-7 bis Bild 3.6-13 farbige Konturbilder der Ver-teilung der Faserorientierung und der Faserverteilung im Querschnitt exemplarisch für die Schnittflä-chen mit der geringsten und höchsten Streuung der Faserorientierung je untersuchter Versuchsserie abgebildet. An dieser Stelle sei angemerkt, dass die Darstellungen der unterschiedlichen Versuchsse-

=

Af

/ A

= n

A

fi /

A[%

]

fib

re

ori

enta

tio

n

mi

[-]

v (

mi )

[%]

=

Af

/ A =

n

Afi

/ A

[%]

fib

re

ori

en

tati

on

mi

[-]

v (

mi )

[%]

=

Af

/ A

= n

A

fi /

A[%

]

fib

re

ori

enta

tio

n

m

i

[-]

v ( m

i )

[%]

=

Af

/ A =

n

Afi

/ A

[%]

fib

re

ori

enta

tio

n

mi

[-]

v (

mi )

[%]

N1-

1-D

-C9

50,0

50,7

18,

1616

,47

--

--

--

--

--

--

N1-

2-D

-C9

50,0

50,1

18,

5516

,00

--

--

--

--

--

--

N1-

3-D

-C9

50,0

50,2

18,

5216

,32

--

--

--

--

--

--

N1-

1-D

-C1

649

,949

,91

9,54

19,1

2-

--

--

--

--

--

-

N1-

2-D

-C1

649

,350

,81

7,89

16,2

1-

--

--

--

--

--

-

N1-

3-D

-C1

650

,051

,21

8,42

14,9

1-

--

--

--

--

--

-

N1-

1-D

-C1

748

,950

,81

6,05

12,8

3-

--

--

--

--

--

-

N1-

2-D

-C1

751

,550

,71

6,33

12,3

0-

--

--

--

--

--

-

N1-

3-D

-C1

750

,050

,61

6,64

14,7

8-

--

--

--

--

--

-

N1-

4-D

-C9

74,1

75,9

17,

7214

,31

--

--

--

--

--

--

N1-

5-D

-C9

75,0

75,0

16,

9213

,03

2,00

%0,

911

0,37

%1

,84%

0,9

110

,06

%-

--

--

-

N1-

6-D

-C9

74,0

75,0

19,

0815

,05

1,97

%0,

891

3,54

%1

,94%

0,8

912

,63

%2,

06%

0,90

11,7

9%1,

85%

0,90

12,

72%

N1-

4-D

-C1

674

,975

,01

9,51

15,4

2-

--

--

--

--

--

-

N1-

5-D

-C1

674

,175

,81

7,94

13,8

3

N1-

6-D

-C1

673

,476

,21

7,80

14,7

52,

37%

0,89

12,

11%

2,2

9%0

,89

11,8

2%

--

--

--

N1-

4-D

-C1

775

,174

,51

9,29

16,3

32,

11%

0,90

10,

75%

2,2

6%0

,92

9,7

9%-

--

--

-

N1-

5-D

-C1

773

,876

,31

7,12

11,6

6-

--

--

--

--

--

-

N1-

6-D

-C1

773

,576

,71

6,44

9,32

N2-

1-D

-C9

74,1

25,9

38,

7716

,22

1,93

%0,

929,

16%

1,8

7%0

,92

10,5

2%

--

--

--

N2-

2-D

-C9

75,7

25,5

39,

7215

,83

--

--

--

--

--

--

N2-

3-D

-C9

74,8

25,9

310

,67

16,1

71,

65%

0,92

10,

29%

1,7

4%0

,92

9,5

5%-

--

--

-

N2-

1-D

-C1

674

,725

,53

7,35

14,7

0-

--

--

--

--

--

-

N2-

2-D

-C1

675

,325

,83

8,36

14,5

6

N2-

3-D

-C1

674

,124

,83

8,40

15,1

9-

--

--

--

--

--

-

N2-

1-D

-C1

775

,325

,83

8,38

13,2

0

N2-

2-D

-C1

776

,125

,63

6,80

12,4

2-

--

--

--

--

--

-

N2-

3-D

-C1

774

,224

,53

6,45

12,8

5-

--

--

-1,

50%

0,91

9,32

%1,

52%

0,91

11,

55%

N2

-10-

D-C

1129

9,9

101,

63

6,23

10,9

0-

--

--

--

--

--

-

N2

-11-

D-C

1330

0,0

102,

83

5,88

11,1

6-

--

--

--

--

--

-

N2

-12-

D-C

1530

0,0

101,

93

5,91

12,7

5-

--

--

--

--

--

-

spec

imen

b

[mm

]h

[m

m]

b /

h

[-]

fct,

el

[MP

a]fc

t [M

Pa

]

IV -

to

pIV

- b

ott

om

V -

to

pV

- b

ott

om

Page 97: Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton

Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Optische Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverarbeitung 91

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

rien nicht maßstäblich zueinander sind. Der Faserorientierung von = 1,0 entspricht hierbei der Farbe

Rot und einer Faserorientierung von = 0,0 der Farbe Lila.

a) Konturplot der Faserorientierung mit m = 0,92 und v(m) = 8,99 %

-20 -10 0 10 20

-20

-10

0

10

20

0.0

1.0

b) Faserverteilung (dargestellt sind nur die Schwer-punkte der Approximationsellipsen)

Bild 3.6-7: Verteilung der Faserorientierung und Faserverteilung von der Schnittfläche II unten des Zugprisma N1-3-D-C9 mit b/h = 1 und h = 50 mm

a) Konturplot der Faserorientierung mit m = 0,87 und v(m) = 15,44 %

b) Faserverteilung (dargestellt sind nur die Schwer-punkte der Approximationsellipsen)

-10 0 10 20 30-20

-10

0

10

20

30

0.0

1.0

Bild 3.6-8: Verteilung der Faserorientierung und Faserverteilung von der Schnittfläche I unten des Zugprisma N1-1-D-C17 mit b/h = 1 und h = 50 mm

Page 98: Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton

Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

92 Optische Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverarbeitung

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

a) Konturplot der Faserorientierung mit m = 0,91 und v(m) = 9,53 %

b) Faserverteilung (dargestellt sind nur die Schwer-punkte der Approximationsellipsen)

-40 -30 -20 -10 0 10 20 30

-30

-20

-10

0

10

20

30

0.0

1.0

Bild 3.6-9: Verteilung der Faserorientierung und Faserverteilung von der Schnittfläche I oben des Zugprisma N1-4-D-C16 mit b/h = 1 und h = 75 mm

a) Konturplot der Faserorientierungmitm = 0,87 und v(m) = 15,39 %

b) Faserverteilung (dargestellt sind nur die Schwer-punkte der Approximationsellipsen)

-40 -30 -20 -10 0 10 20 30

-30

-20

-10

0

10

20

30

40

0.0

1.0

Bild 3.6-10: Verteilung der Faserorientierung und Faserverteilung von der Schnittfläche III unten des Zugprisma N1-5-D-C17 mit b/h = 1 und h = 75 mm

a) Konturplot der Faserorientierung mit m = 0,91 und v(m) = 11,19 %

b) Faserverteilung (dargestellt sind nur die Schwer-punkte der Approximationsellipsen)

-30 -20 -10 0 10 20 30 40-15

-10

-5

0

5

10

0.

1.

Bild 3.6-11: Verteilung der Faserorientierung und Faserverteilung von der Schnittfläche III unten des Zugprisma N2-3-D-C9 mit b/h = 3 und h = 25 mm

Page 99: Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton

Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Optische Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverarbeitung 93

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

a) Konturplot der Faserorientierung mit m = 0,93 und v(m) = 8,10 %

b) Faserverteilung (dargestellt sind nur die Schwer-punkte der Approximationsellipsen)

-30 -20 -10 0 10 20 30

-10

-5

0

5

10

0.

1.

Bild 3.6-12: Verteilung der Faserorientierung und Faserverteilung von der Schnittfläche I unten des Zugprisma N2-1-D-C16 mit b/h = 3 und h = 25 mm

a) Konturplot der Faserorientierung mit m = 0,89 und v(m) = 12,69 %

0.0

1.0

-40

-20

020

40-

40

-30

-20

-10 0 10 20 30

-30

-20

-10 0 10 20 30

-30

-20

-10 0 10 20 30 40

-30

-20

-10 0 10 20 30 40

Teilbild 1 Teilbild 2 Teilbild 3 Teilbild 4

Teilbild 1

b) Faserverteilung (dargestellt sind nur die Schwerpunkte der Approximationsellipsen)

Teilbild 2 Teilbild 3 Teilbild 4

Bild 3.6-13: Verteilung der Faserorientierung und Faserverteilung von der Schnittfläche I unten des Zugprisma N2-11-D-C13 mit b/h = 3 und h = 100 mm

Die Schnittflächen mit einem höheren Variationskoeffizienten v weisen stellenweise Bereiche mit

einer niedrigeren lokalen Faserorientierung auf, was sich in grünlichen bzw. bläulichen Konturen (vgl. Bild 3.6-8a und Bild 3.6-10a) ausdrückt und zu einer etwas niedrigeren mittleren Faserorientie-

rung von m = 0,87 führt. Generell überwiegen bei den Schnittflächen aber orange bis rötliche Kontu-

ren stellvertretend für eine hohe lokale Faserorientierung von > 0,85. Bei keinem der Konturbilder

Page 100: Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton

Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

94 Optische Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverarbeitung

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

ist ein erheblicher Unterschied der Faserorientierung zwischen Rand- und Kernbereich der Schnittflä-chen erkennbar. Entlang der Zugprismenhauptachse in Beanspruchungsrichtung streut die mittlere Faserorientierung der einzelnen Schnittflächen nur sehr wenig, was sich im Variationskoeffizienten von v = 0,19 bis 2,13 % ausdrückt. Man kann folglich von einer nahezu konstanten Verteilung der Faserorientierung in Beanspruchungsrichtung der Zugprismen ausgehen, d.h. auch in der Lokalisie-rungsstelle ist nicht mit wesentlichen Abweichungen zu rechnen. Die Faserorientierung beträgt im

Mittel über alle Zugprismen m = 0,9 mit einem sehr geringen Variationskoeffizienten von v = 1,33 %. Damit sind zwischen den verschiedenen Querschnittsabmessungen und b/h Verhältnissen in Bezug auf

die mittlere Faserorientierung m keine Unterschiede festzustellen.

Die Faserverteilung der Schnittflächen ist im Wesentlichen homogen, jedoch zeigen einige vereinzelt kleine Bereiche mit einer geringern Faserdichte auf. Die Faseranzahl der Schnittflächen eines einzel-nen Zugprismas weisen einen geringen Variationskoeffizienten von v = 0,74 bis 5,72 % auf und unter-liegen damit in Beanspruchungsrichtung der Zugprismen keinen großen Schwankungen. Damit kann auch in der Lokalisierungsstelle von einer vergleichbaren Faseranzahl wie in den untersuchten Schnitt-

flächen ausgegangen werden. Der mittlere Fasergehalt m der einzelnen Zugprismenserien liegt im zu erwartenden Bereich von 2,00 Vol.-% des verwendeten UHFFB Ductal®. Allerdings weichen die

Zugprismen N2-2-D-C9 und N2-3-D-C9 mit einem Fasergehalt von m = 1,73 bis 1,79 Vol.-% vom Erwartungswert um bis zu 13 % nach unten hin ab. Die größte Differenz von bis zu 32 % zum Erwar-tungswert des Fasergehalts weisen die Zugprismen N2-1-D-C16, N2-3-D-C16, N2-2-D-C17 und N2-

3-D-C17 mit m = 1,36 bis 1,41 Vol.-% auf. Deutlich oberhalb liegt das Zugprisma N1-6-D-C16 mit

m = 2,35 Vol.-%. Der hier angegebene Fasergehalt m ist kein direkter Messwert, sondern wird aus der Faseranzahl nf, dem mittleren „kleinen“ Hauptdurchmesser D2,m der Approximationsellipsen und der Querschnittsfläche A des betrachteten Zugprismas berechnet. Daher spiegelt sich u.a. die Streu-breite des mittels digitaler Bildverarbeitung ermittelten Hauptdurchmessers D2,m in dieser Größe un-mittelbar wieder. Für die folgenden Betrachtungen wird daher die Faserdichte, welche sich als Quo-

tient aus Faseranzahl nf und Querschnittsfläche A ergibt, anstelle des Fasergehalts m verwendet. Die Faserdichte folgt aus Gl. ( 4-14 ) durch Umformen zu:

2f

f

d

4

A

n ( 3-4 )

mit [-] Fasergehalt bezogen auf das Volumen df [mm] Faserdurchmesser

Wie bereits im Abschnitt 2.1.2 erläutert, wurde das Versuchsprogramm der Versuche von Frettlöhr und Reineck (2009) so ausgelegt, dass Querschnitte mit gleichen Abmessungen u.a. unter Biege- und Zugbeanspruchung geprüft wurden. Zudem erfolgte die Herstellung sämtlicher Versuchskörper nach dem identischen Betonierverfahren (vgl. Abschnitt 2.2). Die Ergebnisse der Faserorientierungsmes-sung an den Zugprismen können daher auch auf die Biegezugprismen mit gleichen Querschnitten und vergleichbaren Fließlängen übertragen werden.

Page 101: Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton

Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB 95

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

4 Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB

4.1 Einleitung

Das Materialverhalten und die einaxiale Festigkeit unter Zugbeanspruchung von ultra - hochfestem Feinkornbeton (UHFFB) hängen im Allgemeinen von folgenden Parametern ab:

- Fasergehalt;

- Faserorientierung (vgl. Abschnitt 4.2);

- Faserverteilung;

- Fasergeometrie (Faserform, Ø, Länge) (vgl. Abschnitt 4.4);

- Verbundverhalten zwischen Matrix und Faser (vgl. Abschnitt 4.5);

Der untere Grenzwert der einaxialen Zugfestigkeit fct entspricht der Elastizitätsgrenze der Zugspan-nung fct,el und damit der Matrixfestigkeit. Dieser untere Grenzwert stellt sich ein, wenn entweder alle Fasern normal zur Einwirkungsrichtung ausgerichtet sind oder die in Einwirkungsrichtung beteiligten Fasern nach Erstrissbildung keine weitere Laststeigerung zulassen. Einen oberen Grenzwert für die einaxiale Zugfestigkeit fct lässt sich unter Annahme einer homogenen Faserverteilung und eindimensi-onalen Faserausrichtung, d.h. alle Fasern sind parallel zur Beanspruchungsrichtung orientiert, ange-ben. Dieser Grenzwert wird im Folgenden als eindimensionale (1D) Zugfestigkeit fct,1D bezeichnet. Im Abschnitt 4.6 wird die 1D Zugfestigkeit fct,1D vereinfacht auf Grundlage einer stochastischen Betrach-tung in Abhängigkeit von der Verbundspannung, dem Fasergehalt und der Fasergeometrie abge-schätzt. Diese Betrachtungsweise vernachlässigt den Einfluss der beanspruchungsabhängig versetzten Faseraktivierung und des Faserauszugs infolge der unterschiedlichen Fasereinbindelängen im Riss auf die 1D Zugfestigkeit fct,1D. Zur Berücksichtigung dieses Einflusses wird im Abschnitt 4.7 die 1D Zug-festigkeit auf Faserebene auf Grundlage der Differentialgleichung des verschieblichen Verbundes nach Rehm (1961) berechnet. Aus diesen Berechnungen ergibt sich auch die Spannungs - Rissöffnungs -

Beziehung - wr eines Einzelrisses.

4.2 Faserorientierungsfaktors

4.2.1 Ableitung des Faserorientierungsfaktor

Als Kennzahl für die Faserorientierung definieren Schönlin (1988) und Markowitsch (2006) den Fa-

serorientierungsfaktor als Mittelwert des Richtungskosinus in Beanspruchungsrichtung aller Fasern im betrachten Querschnitt nach Gl.( 4-1 ), vgl. Bild 4.2-1 a. Diese Definition beruht auf einer Zerle-gung der Faserkraft in einen Anteil parallel und normal zur Beanspruchungsrichtung. Legt man eine fiktive Schnittebene normal zur Beanspruchungsrichtung durch ein Bauteil, so weisen die hierbei durchtrennten Fasern eine elliptische Form in der Schnittebene auf. Aus den Hauptdurchmessern jeder einzelnen Ellipse kann der zugehörige Richtungskosinus in Beanspruchungsrichtung berechnet werden (vgl. Bild 4.2-1 b und c):

ff n

i i,1f

i,f

f

n

ii

f d

d

n

1cos

n

1 ( 4-1 )

mit [-] Faserorientierungsfaktor

i [°] Winkel zwischen Beanspruchungsrichtung und Faserlängsachse nf [-] Faseranzahl im betrachteten Querschnitt df,i [mm] Faserdurchmesser i-te Faser = 2. Hauptdurchmesser der Ellipse df1,i [mm] 1. Hauptdurchmesser der Ellipse der i-ten Faser

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

96 Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

a) Faser beliebig im Raum orientiert

b) Detail - Schnittbereich Ebene mit Faser c) Längsschnitt A - A durch Faser

Bild 4.2-1: Geometrische Zusammenhänge zur Ableitung des Faserorientierungsfaktors

Bei einer eindimensionalen (1D) Faserausrichtung mit allen Fasern parallel zur Beanspruchungsrich-

tung ergibt sich nach Gl. ( 4-1 ) ein Faserorientierungsfaktor von 1D = 1. Für zweidimensionale (2D) und dreidimensionale (3D) Faserausrichtungen findet man in Veröffentlichungen recht unterschiedli-

che Angaben. Die Bandbreite des Faserorientierungsfaktor 2D für eine 2D - Faserausrichtung liegt zwischen 0,375 nach Krenchel (1964) und 0,785 nach Schönlin (1988). Die Angaben für den Faserori-

entierungsfaktor 3D einer 3D - Faserausrichtung weisen eine ähnlich große Bandbreite auf mit Werten von 0,20 nach Krenchel (1964) bis 0,667 nach Schönlin (1988). Ursache für die erheblichen Unter-schiede sind verschiedene Ansätze bei der Herleitung, sowie teilweise die Berücksichtigung von Randbedingungen, wie z.B. der Einfluss von Schalungswandungen. Für Details zur Herleitung wird auf die jeweilige Veröffentlichung verwiesen.

Im Folgenden werden auf Grundlage der Stochastik Faserorientierungsfaktoren für den 2D und 3D Fall hergeleitet. Hierfür wird der Richtungskosinus einer Faser in Beanspruchungsrichtung in der Ebe-ne als eindimensionale (2D Fall) und im Raum als zweidimensionale (3D Fall) Zufallsgröße betrach-tet. Für die Zufallsgröße wird in beiden Fällen eine Gleichverteilung angenommen, da jede mögliche Lage einer Faser im Raum bzw. in der Ebene die gleiche Auftretenswahrscheinlichkeit hat. Der Faser-

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB 97

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

orientierungsfaktor ergibt sich dann jeweils als Erwartungswert der Zufallsgröße. Einflüsse von z.B. Schalungswandungen und Bauteilgeometrie werden bei dieser Herleitung nicht berücksichtigt.

Im Bild 4.2-2 sind die Lage einer Faser in der Ebene und die zugehörige Wahrscheinlichkeitsvertei-lung abgebildet.

Bild 4.2-2: Lage der Faser in der Ebene und zugehörige eindimensionale Wahrscheinlichkeitsverteilung

Der Faserorientierungsfaktor 2D für den ebenen Fall folgt zu:

637,02

d1

)cos(d)(p)cos(2

2

2

2

D2

( 4-2 )

mit 2D [-] 2D Faserorientierungsfaktor

[°] Faserorientierungswinkel zwischen Beanspruchungsrichtung und Faserlängsachse

p() [-] Wahrscheinlichkeitsverteilung von

Der Richtungskosinus cos() einer Faser im Raum in Beanspruchungsrichtung kann durch cos() und

cos() in der xy bzw. yz - Ebene nach Gl.( 4-3 ) ausgedrückt werden (vgl. Bild 4.2-3a)):

)cos()cos()cos( ( 4-3 )

mit cos( Richtungskosinus in Beanspruchungsrichtung

p() [-] Wahrscheinlichkeitsverteilung von

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

98 Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Bild 4.2-3: Lage der Faser im Raum und zugehörige zweidimensionale Wahrscheinlichkeitsverteilung

Mit Gl.( 4-3 ) und der Wahrscheinlichkeitsverteilung nach Bild 4.2-3b folgt der Faserorientierungsfak-

tor 3D zu:

405,04

dd1

)cos()cos(

dd),(p)cos()cos(

2

2

2

2

2

2

2

2

2

2

D3

( 4-4 )

mit 3D [-] 3D Faserorientierungsfaktor

[°] Winkel zwischen Beanspruchungsrichtung und Faserlängsachse in der XY bzw. YZ - Ebene

p() [-] zweidimensionale Wahrscheinlichkeitsverteilung von und

Eine 3D Faserorientierung entspricht einer isotropen Faserverteilung und damit einem isotropen Mate-rialverhalten. Im Vergleich zu den Faserorientierungsfaktoren aus den Veröffentlichungen, die ein-gangs dieses Abschnitts aufgeführt sind, liegen die mittels der Stochastik hergeleiteten Werte jeweils in etwa in der Mitte der angegebenen Bandbreiten. Die in der AFGC/SETRA Richtlinie (2002) ange-gebenen Werte entsprechen den hier hergeleiteten.

4.2.2 Einflüsse auf die Faserausrichtung

Im Gegensatz zu nicht faserbewehrtem Beton hat die Art und Weise wie eine Schalung befüllt wird einen erheblichen Einfluss auf die Faserausrichtung und damit auf das Materialverhalten von UHFFB. Bei selbstverdichtendem UHFFB wie z.B. Ductal® tendieren die Fasern zu einer Ausrichtung in Fließ-richtung, so dass die Annahme einer isotropen dreidimensionalen Faserverteilung für die Bauteilbe-

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB 99

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

messung im Allgemeinen nicht zutreffend ist und zu einer Überschätzung der Tragfähigkeit führen kann. Die Faserausrichtung wird im Allgemeinen von folgenden Faktoren beeinflusst:

- Viskosität bzw. Fluidität der Zementleim - Faser - Mischung im unerhärteten Zustand, die auch von der Fasergeometrie und dem Fasergehalt beeinflusst wird;

- Schalungsgeometrie bzw. Bauteilform;

- Oberflächenrauhigkeit der Schalung;

- Fließweglänge;

- Einfüllmethode bzw. Betonierverfahren;

- Lage der Einfüllstelle(n).

Durch einen entsprechend abgestimmten Herstellprozess kann die Faserorientierung gezielt beeinflusst werden. Dies zeigte Grünewald (2004) mit Hilfe einer Fallstudie, bei der der Einfluss des Herstellpro-zesses auf die sich einstellende Faserausrichtung exemplarisch an einer Spundbohle, einem Tunnel-segment (Tübbing) und einem großformatigen Balken aus „self-compacting fibre reinforced concrete“ (SCFRC) untersucht wurde. Sowohl bei der Spundbohle als auch bei dem großformatigen Balken rich-teten sich die Fasern in Fließrichtung aus. Hierbei zeigte sich eine Abhängigkeit von der Fließweglän-ge, denn mit zunehmendem Abstand zur Einfüllstelle verbesserte sich die Faserausrichtung in Fließ-richtung. Grünewald (2004) führt die Faserausrichtung in Fließrichtung auch auf den Einfluss der Schalungswände zurück. Beim Tunnelsegment orientierten sich hingegen die Fasern normal zur Fließ-richtung. Als Erklärung gibt Grünewald (2004) das vertikale Befüllen der Tübbingschalung ausgehend von der Schalungsmitte an. Abschließend weist Grünewald (2004) darauf hin, dass es nur mit einem vollständig identischen Herstellprozess möglich ist, Bauteile mit identischem Tragverhalten zu repro-duzieren.

Bisher müssen in der Regel Prototypen hergestellt und anschließend in definierte Teile zersägt werden, um die bei der Berechnung angenommene Faserorientierung zu überprüfen, was nur bei Serienproduk-tionen von Bauteilen wirtschaftlich ist. Generell gibt es auf diesem Gebiet noch einen erheblichen Forschungsbedarf, um z.B. zukünftig in der Lage zu sein, die sich bei der Herstellung einstellende Faserorientierung durch numerische Simulationen (z.B. fluid mechanics) vorhersagen zu können und somit den Herstellprozess zu optimieren.

4.3 Korrelation zwischen Faserorientierung und einaxialer Zugfestigkeit

4.3.1 Einleitung

Der in Abschnitt 4.2 eingeführte Faserorientierungsfaktor nach Gl. ( 4-1 ) wird in zahlreichen Veröf-fentlichungen (u.a. Behloul (1996b), Greiner (2006) und Leutbecher (2007)) herangezogen, um den Einfluss der Faserorientierung auf die einaxiale Zugfestigkeit fct zu erfassen. Hierzu wird diese mit

dem Faserorientierungsfaktor multipliziert, d.h.:

ctct f)(f ( 4-5 )

Es wird damit postuliert, dass die Abnahme der einaxialen Zugfestigkeit fct infolge einer von der Be-anspruchungsrichtung abweichenden Faserausrichtung direkt mit dem Faserorientierungsfaktor korre-liert, dessen Definition auf einer reinen Zerlegung der Faserkraft beruht. Im folgenden Abschnitt 4.3.2 wird auf Grundlage von Biegeversuchen mit BPR von Bernier und Behloul (1996) gezeigt, dass diese lineare Korrelation nicht zutrifft. Bei BPR (Abkürzung für „Bétons de Poudres Réactives“, englisch:

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

100 Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Reactive Powder Concrete (RPC)) handelt es sich um einen ultra-hochfesten Beton mit 2 Vol.-% Stahlfasern vom Typ Bekaert OL13/0.16HC mit vergleichbaren Materialeigenschaften wie Ductal®.

4.3.2 Versuchsergebnisse von Bernier und Behloul (1996)

Die Orientierung der Fasern in Bezug auf die Beanspruchungsrichtung beeinflusst neben der Faserver-teilung fundamental die einaxiale Zugfestigkeit von UHFFB. Bernier und Behloul (1996) zeigten dies indirekt durch Biegezugversuche mit BPR. Die Versuchskörper mit den Abmessungen 40 x 25 x 200 mm wurden hierzu aus einer 400 x 400 mm großen und 25 mm starken Platte mit annährend eindi-mensionaler Faserausrichtung unter unterschiedlichen Winkeln bezogen zur Betonierrichtung heraus-gesägt. Für die Betonage der Platten wurde eine Schalung in Anlehnung an Hannant et al. (1974) ver-wendet, die mit Hilfe eines Trenngitters aus vertikalen Scheiben parallel zur Einfüllrichtung unterteilt wurde, um eine annährend eindimensionale Faserorientierung zu erreichen (vgl. Bild 4.3-1a und b). Die Plattenbetonage erfolgte unter kontinuierlichem Rütteln von einer Seite ausgehend. Nach Befül-lung der Schalung wurde das Trenngitter vor dem Einsetzen des Ansteifens der Matrix wieder ent-fernt. In Bild 4.3-1a ist die Anordnung des Trenngitters während der Betonage abgebildet. Die Schnittwinkel der Versuchskörper sind in Bild 4.3-1b definiert und entsprechen dem Faserorientie-

rungswinkel , wobei bei = 0° die Biegzugbeanspruchung parallel und für = 90° normal zur ein-dimensionalen Faserausrichtung erfolgt.

a) Anordnung des Trenngitters b) Definition der Schnittwinkel = Faserorientierungswinkel

= 90°

= 67,5°

= 45°

= 22,5°= 0°

Bild 4.3-1: Versuchskörperherstellung nach Bernier und Behloul (1996)

Die Ergebnisse der Biegezugversuche nach Bernier und Behloul (1996) für definierte Faserorientie-

rungswinkel sind in Bild 4.3-2 dargestellt. Die Elastizitätsgrenze der Matrix ohne Fasern liegt bei 18,2 MPa.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB 101

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

44,4

33,3

16,1

8,96,4

= 0°

= 22,5°

= 45°

= 67,5°

= 90°

fctfl,el = 12,7

fctfl,el = 18,2

Bild 4.3-2: Elastizitätsgrenze und Biegezugspannungsverlauf von BPR in Abhängigkeit von der Durchbie-

gung und dem Faserorientierungswinkel = Schnittwinkel nach Bernier und Behloul (1996)

Für Faserorientierungswinkel 45° nimmt die Elastizitätsgrenze kontinuierlich ab bis auf 12,7 MPa, wie Bild 4.3-2 zeigt. Hieraus folgt, dass Fasern mit einer starken Abweichung der Ausrichtung zur Beanspruchungsrichtung zu einer Schwächung der Matrixfestigkeit führen.

Die Versuchskurven mit = 90° bzw. 67,5° zeigen ein „strain - softening“ Verhalten nach Erreichen der Elastizitätsgrenze, d.h. es ist keine weitere Laststeigerung mehr möglich und die Biegezugspan-

nung nimmt kontinuierlich ab. Erstaunlicherweise zeigt die Versuchskurve für = 90° ein Nach-bruchverhalten, obwohl man eher ein sprödes Versagen analog zur Matrix ohne Fasern erwarten wür-de. Eine Erklärung hierfür ist, dass vermutlich nicht eine 100 % - prozentig eindimensionale Faseraus-richtung mit der Schalungs- und Betoniervariante in Anlehnung an Hannant et al. (1974) erreicht wer-

den konnte. Für = 45° zeigt sich ein plastisches Verhalten.

Für Faserorientierungswinkel < 45° entspricht die Elastizitätsgrenze der einer Matrix ohne Fasern. Nach Überschreitung der Elastizitätsgrenze nimmt die Biegzugspannung weiter zu und weist bis zur Biegezugfestigkeit ein „strain - hardening“ Verhalten auf, um dann in ein „strain - softening“ Verhal-ten überzugehen. Je geringer die Abweichung zwischen Faserausrichtung und Beanspruchungsrich-tung, desto höher fällt die Biegzugfestigkeit aus.

Die für die weiteren Betrachtungen maßgeblichen Biegezugfestigkeiten sind in Bild 4.3-2 ergänzend

markiert. Bei einem Faserorientierungswinkel ≤ 45° sind dies die maximalen Biegezugspannungen

nach Überschreitung der Elastizitätsgrenze. Für > 45° fallen nach fctfl,el die Biegezugfestigkeiten ab, und somit sind die Biegezugspannungen am Ende des abfallenden Bereichs nach Überschreitung der Elastizitätsgrenze maßgeblich, da diese den maximal durch die Fasern aufnehmbaren Biegezugspan-nungen entsprechen.

Im Bild 4.3-3 ist der Verlauf der maßgeblichen Biegezugfestigkeiten fctfl in Abhängigkeit vom Faser-

orientierungswinkel [°] dargestellt. Mit zunehmenden Faserorientierungswinkel nimmt die maß-gebliche Biegzugfestigkeit nichtlinear ab.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

102 Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB

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Bild 4.3-3: Maßgebliche Biegezugfestigkeiten in Abhängigkeit vom Faserorientierungswinkel [°]

4.3.3 Versuchsergebnisse von van Mier und Timmers (1991)

Der Einfluss des Faserorientierungswinkels auf die Zugfestigkeit von einaxialen gekerbten Zugpro-ben aus SIFCON wurde von van Mier und Timmers (1991) untersucht. Der Fasergehalt betrug dabei 11,47 Vol.-% und es wurde der Fasertyp Dramix OL 25/0.5 (gerade Faser mit df = 0,5 mm und lf = 25 mm) verwendet. Die Zugspannungen sind in Abhängigkeit von der Verformung und dem Faserorien-

tierungswinkel in Bild 4.3-4a dargstellt. Im Gegensatz zu den Biegezugversuchen von Bernier und

Behloul (1996) hat der Faserorientierungswinkel keinen Einfluss auf die Höhe der Elastizitätsgren-

ze, die konstant ca. 2,2 MPa beträgt. Für = 0° und 22,5° steigt die Zugspannung nach Überschrei-tung weiter bis zur Zugfestigkeit nichtlinear an und weißt somit ein "strain - hardening" Verhalten auf.

Bei = 45° zeigt sich ebenfalls ein Anstieg mit anschließendem plastischen Verhalten. Nur ein sehr

geringer Zuwachs der Zugspannung gegenüber der Elastizitätsgrenze ist hingegen für = 67,5° und 90° erkennbar und die Zugspannung fällt mit zunehmender Verformung nach Erreichen des Maxi-malwertes ab. Wie auch schon bei den Biegezugversuchen nach Bernier und Behloul (1996) verwun-

dert hierbei das offensichtliche Nachbruchverhalten für = 90°, wo man eher ein sprödes Verhalten erwarten würde. Dieses Verhalten ist vermutlich auf die Herstellung der Zugprismen zurückzuführen. Die Zugfestigkeit nimmt analog zu den Biegezugversuchen von Bernier und Behloul (1996) nichtline-

ar mit steigendem Faserorientierungswinkel , d.h. mit zunehmender Abweichung der Faserausrich-tung zur Belastungsrichtung ab.

Analog zu den Biegeversuchen von Abschnitt 4.3.2 sind die für die weiteren Betrachtungen maßgebli-

chen Zugspannungen im Bild 4.3-4a angegeben. Für = 0°, 22,5° und 45° sind die maximalen Zug-

spannungen und bei > 45° die Zugspannung am Ende des abfallenden Bereichs maßgeblich. Die nichtlineare Abnahme der maßgeblichen Zugspannungen mit zunehmendem Faserorientierungswinkel ist in Bild 4.3-4b abgebildet.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB 103

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5,36

3,93

2,61

1,791,43

5,36

3,93

2,61

1,791,43

a) ct - l - - Kurven aus Versuchen b) Abhängigkeit von

Bild 4.3-4: Zugspannung in Abhängigkeit von der Verformung und Faserorientierungswinkel von SIFCON nach van Mier und Timmers (1991) [Teilbild a aus Markovic (2006)]

4.3.4 Nachrechnung der Versuche von Bernier und Behloul (1996)

In Bild 4.3-5 ist die Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung ct - wr nach Behloul (1996b) zur Be-schreibung des einaxialen Zugtragverhaltens von BPR dargestellt, wobei ergänzend die Zugfestigkeit

fct und die maximale Rissbreite in Abhängigkeit von dem Faserorientierungsfaktor = cos definiert

ist. Exemplarisch sind die Verläufe für = 1, 0,7 und 0,5 dargestellt. Für eine Zugfestigkeit fct() <

fct,el (Zugspannung an der Elastizitätsgrenze = Matrixfestigkeit) gilt: ct() = ct,el.

Bild 4.3-5: Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung ct - wr nach Behloul (1996b) mit Ergänzung der Zugfes-

tigkeit fct in Abhängigkeit von dem Faserorientierungsfaktor

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104 Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB

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Die Rissöffnung wr wird für die weiteren Berechnungen in eine äquivalente Dehnung mit Hilfe der „structural length“ lstl umgerechnet. In Anlehnung an AFGC/SETRA (2002) gibt der Entwurf der fib(2010) - TG 8.6 einen Wert von lstl = 2/3 · h in Abhängigkeit der Bauteilhöhe h für rechteckige und T-förmige Querschnitte an. Die Umrechnung erfolgt mit folgender Beziehung:

stl

rct l

w)( ( 4-6 )

mit ct[-] zur Zugfestigkeit fct () korrespondierende Dehnung wr [mm] Rissbreite lstl [mm] structural length; nach Entwurf fib(2010) - TG 8.6: lstl = 2/3 · h

Der mittlere Elastizitätsmodul Ec von BPR für Druckbeanspruchung beträgt nach Behloul (1996a) Ec = 57.000 MPa. Im Rahmen von Zugversuchen mit BPR stellten Behloul et al. (1996) fest, dass sich der E - Modul Ect unter Zugbeanspruchung nicht von dem unter Druckbeanspruchung im elastischen Bereich unterscheidet. Damit wird im folgenden Ect = Ec = 57.000 MPa für BPR angesetzt. Die Zug-spannung an der Elastizitätsgrenze von BPR geben Behloul et al. (1996) mit fct,el = 5,1 MPa an.

Aus Versuchen von Behloul (1996a) lässt sich die Druckspannungs - Dehnungsbeziehung c - für BPR nach Bild 4.3-6 ableiten.

Bild 4.3-6: Druckspannungs - Dehnungsbeziehung c - von BPR nach Behloul (1996a) und deren Approximation

Basierend auf diesen Materialkurven werden auf Querschnittsebene für jeden der von Bernier und

Behloul (1996) durchgeführten Biegeversuche mit unterschiedlichen Faserorientierungswinkel itera-

tiv die erforderliche faserorientierungsabhängige Zugfestigkeit fct() berechnet, um die korrespondie-renden maßgeblichen Biegezugspannungen nach Bild 4.3-2 (vgl. Markierungen) zu erreichen. Hierbei

wird eine effektive Faserlänge von · lf angesetzt, um der Reduzierung der maximalen Rissbreite infolge einer zur Beanspruchungsrichtung abweichenden Faserorientierung Rechnung zu tragen. Für

einen Faserorientierungswinkel von z.B. = 0°, welcher einer eindimensionalen Faserausrichtung

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Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB 105

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entspricht, ergibt die iterative Berechnung eine erforderliche Zugfestigkeit fct( = 1) = fct,1D von 17,8 MPa.

Behloul (1996b) gibt für die Berechnung der Zugfestigkeit fct von BPR folgende Beziehung an:

bff

fct g

d

lf

( 4-7 )

mit [-] Faserorientierungsfaktor = 1 bei eindimensionaler Faserausrichtung

[Vol. -%] Fasergehalt (2,0 Vol. - % bei BPR)

bf[MPa] Reibverbundspannung (bei BPR gilt bf = 11,5 MPa nach Behloul (1996a)) lf [mm] Faserlänge df [mm] Faserdurchmesser g [-] Faserwirksamkeitsfaktor (bei BPR gilt g = 1 nach Bernier und Behloul (1996))

Für BPR ergibt sich danach mit lf / df = 80 eine eindimensionale Zugfestigkeit fct,1D von 18,4 MPa, die mit der iterativ ermittelten eindimensionalen Zugfestigkeit fct,1D = 17,8 MPa gut übereinstimmt.

In Tabelle 4.3-1 sind die Ergebnisse der iterativen Berechnung der faserorientierungsabhängigen Zug-

festigkeit fct() bezogen auf die eindimensionale Zugfestigkeit fct,1D = 17,8 MPa zusammengestellt.

Tabelle 4.3-1: Ergebnisse der iterativen Berechnung der erforderlichen Zugfestigkeit fct() sowie Versuchser-gebnisse nach Bernier und Behloul (1996) mit BPR und van Mier (1991) mit SIFCON

Faserorientierungs-winkel bezogen auf Beanspruchungs-

richtung [°]

Faserorientier-ungsfaktor= cos

fct,fl ()

[MPa]

fct,fl () / fct,fl,max

[-]

effektive Faserlänge

· lf

fct () / fct,1D

[-]

fct ()

[MPa]

fct () / fct,1D

[-]

0,0 1,00 44,4 1,00 13,00 1,00 5,36 1,00

22,5 0,92 33,3 0,75 12,01 0,74 3,93 0,73

45,0 0,71 16,1 0,36 9,19 0,35 2,61 0,49

67,5 0,38 8,9 0,20 4,97 0,19 1,79 0,33

90,0 0,00 6,4 0,14 0,00 n.b. 1,43 0,27

einaxiale Zugversuche an gekerbten Proben aus

SIFCON nach van Mier (1991)

Biegeversuche an BPR nach Bernier und Behloul (1996)

iterative Berechnung von fct() auf Querschnitts-

ebene für BPR

Für = 0 kann kein Wert angegeben werden, da sich bei einer zugehörigen effektiven Faserlänge von

0 eine faserabhängige Biegzugspannung von fct,fl() = 0 ergeben müsste im Gegensatz zu den Versu-chen von Bernier und Behloul (1996). Zusätzlich sind die in Bild 4.3-2 markierten für die vorherigen Betrachtungen maßgeblichen Biegezugspannungen bezogen auf die Biegezugfestigkeit fct,fl,max = 44,4 MPa angegeben. Die Verhältniswerte der Biegzugspannungen und Zugspannungen sind nahezu iden-tisch. Nachfolgend werden daher nur noch die Verhältniswerte der Zugspannungen betrachtet.

Zum Vergleich sind die Ergebnisse von den einaxialen gekerbten Zugproben aus SIFCON nach van Mier und Timmers (1991) als Verhältniswerte bezogen auf die Zugfestigkeit fct,1D = 5,36 MPa angege-ben (vgl. Abschnitt 4.3.3).

In Bild 4.3-7 sind die Verhältnisse fct()/fct,1D für BPR und SIFCON nach Tabelle 4.3-1 in Abhängig-

keit vom Faserorientierungsfaktor = cos dargestellt. Des Weiteren ist die in zahlreichen Veröffent-

lichungen bisher angenommene lineare Korrelation zwischen Faserorientierungsfaktor und der fa-

serorientierungsabhängigen Zugfestigkeit fct() mit = cos = fct() / fct,1D abgebildet.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

106 Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB

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Bild 4.3-7: Verhältnisse fct()/fct,1D für BPR und SIFCON in Abhängigkeit vom Faserorientierungsfaktor

Die aus den Biegeversuchen mit BPR von Bernier und Behloul (1996) abgeleitete nichtlineare Korre-lation zeigt im Vergleich zur bisher angenommen linearen Korrelation einen deutlich stärkeren Abfall

der faserorientierungsabhängigen Zugfestigkeit fct() mit zunehmender Abweichung der Faserorientie-rung von der Beanspruchungsrichtung, ausgedrückt durch einen abnehmenden Faserorientierungsfak-

tor . Auch die uniaxialen Zugversuche mit SIFCON nach van Mier und Timmers (1991) zeigen eine nichtlineare Korrelation mit ähnlichem Verlauf wie bei BPR. Im Vergleich zu BPR ist der Abfall der

faserorientierungsabhängigen Zugfestigkeit fct() jedoch weniger stark ausgeprägt. Eine mögliche Erklärung hierfür ist zum einen der deutlich höhere Fasergehalt von 11,47 Vol.- % sowie die um fast den Faktor 2 längeren Fasern bei SIFCON gegenüber BPR mit 2 Vol.-% Fasern mit einer Länge von 13 mm. Zudem haben die bei SIFCON verwendeten Fasern mit df = 0,5 mm einen deutlich größeren Durchmesser gegenüber df = 0,16 mm bei BPR.

Eine Ursache für die nichtlineare Korrelation könnte der schräge Faserauszug sein, bei dem sich die Fasereinbindelängen bedingt durch Matrixausbrüche und -auflockerungen zwischen den Fasern zu-nehmend verkürzt und somit die übertragbare Kraft abnimmt. Bei allen Bruchflächen der eigenen Zugversuche mit Ductal® konnten Matrixauflockerungen und -ausbrüche festgestellt werden. Exem-plarisch ist Im Bild 4.3-8 die Seitenansicht der Lokalisierungsstelle vom Zugprisma N1-2-D-C9 (Seite B) abgebildet.

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Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB 107

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Matrixauflockerungen und -ausbrüche

Bild 4.3-8: Seitenansicht (Seite B) der Lokalisierungsstelle vom Zugprisma N1-2-D-C9

Dieser Effekt scheint mit abnehmendem Faserorientierungsfaktor stärker ausgeprägt zu sein. Grup-peneffekte der Fasern können als Ursache ausgeschlossen werden, da diese bereits bei der eindimensi-onalen Zugfestigkeit fct,1D enthalten sind.

Wie auch bereits bei den Biegeversuchen nach Bernier und Behloul (1996) am Anfang dieses Ab-schnitts angemerkt weisen auch die Zugversuche mit SIFCON nach van Mier (1991) bei einem Faser-

orientierungsfaktor von = 0, d.h. alle Fasern sind normal zur Beanspruchungsrichtung ausgerichtet, ein Nachbruchverhalten nach Überschreitung der Elastizitätsgrenze auf. Hier würde man eher ein na-hezu sprödes Versagen erwarten, wie von Reinhardt et al. (1986) für Normal- und Leichtbeton gezeigt wurde (vgl. Bild 4.3-9).

Bild 4.3-9: Typische Kurvenverläufe von uniaxialen Zugversuchen mit Normalbeton (NC) und Leichtbeton (LC) nach Reinhardt et al. (1986) [aus Journal of Structural Engineering, Vol. 112 (1986)]

Durch diese vermutlich herstellungsbedingte Unstimmigkeit weisen die Korrelationen von SIFCON

und BPR in Bild 4.3-7 für = 0 ein Zugspannungsverhältnis fct()/fct,1D > 0 auf. Im Bild 4.3-7 ist daher ein Vorschlag für eine korrigierte Korrelation für die faserorientierungsabhängige Zugfestigkeit

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108 Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB

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fct() von BPR angegeben. Da sich BPR nur unwesentlich von Ductal® unterscheidet, kann die vorge-schlagene Korrelation auch für Ductal® FM verwendet werden.

Die vorgeschlagene Korrelationskurve kann zutreffend mit der nachfolgenden Gleichung beschrieben werden, deren Parameter mit Hilfe der Methode der kleinsten Quadrate ermittelt wurden. Der Verlauf ist zum Vergleich im Bild 4.3-10 rot dargestellt.

32,0e0014,0

f

)(f)( 22,097,5

D1,ct

ct ( 4-8 )

mit [-] Faserorientierungsfaktor

Verhältnis der von der Faserorientierung abhängigen Zugfestigkeit fct() zur 1D Zugfestigkeit fct,1D

Bild 4.3-10: Verlauf der Approximationskurve nach Gl. ( 4-8 ) für die vorgeschlagene Approximation

4.4 Faserkennwerte

Im Rahmen dieser Arbeit werden nur gerade Stahlfasern mit einer glatten Oberfläche betrachtet. Die Tabelle 4.4-1 enthält die Herstellerangaben zu den Stahlfasern, die bei den untersuchten UHFFB Mi-schungen im Rahmen der eigenen Versuche verwendet wurden. Zum Vergleich ist auch der von Beh-loul (1996a) im Rahmen seiner Untersuchungen von BPR verwendete Fasertyp aufgeführt. Bei den von Frettlöhr und Reineck (2009) durchgeführten Versuchen mit Ductal® kamen Stahlfasern von Re-daelli Tecna mit einem Faserdurchmesser df = 0,175 mm und einer Faserlänge von lf = 13 mm zum Einsatz. Zwischenzeitlich hat sich der von Lafarge für Ductal® verwendete Fasertyp geändert. Es wird nun von Lafarge eine etwas längere Faser mit einem geringfügig größeren Durchmesser von Redaelli Sodetal eingesetzt. Leider konnten weder für die Redaelli Tecna noch für die Redaelli Sodetal Stahlfa-ser Angaben zur Zugfestigkeit in Erfahrung gebracht werden. Nach Orange et al. (1999) wurden mit Ductal® Stahlfasern mit einer Zugfestigkeit von 2.800 MPa verwendet. Die von Frettlöhr und Reineck

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Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB 109

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(2009) durchgeführten Versuche mit Duracrete Plus® erfolgten mit dem Fasertyp FM 13/0.2 von Stra-tec.

Tabelle 4.4-1: Faserkennwerte

UHFFB Mischung Faserhersteller Fasertyp df [mm]Streubereich

df [mm]lf [mm]

Streubereich lf [mm]

Ef [MPa] ftfk [MPa]

Ductal® G2 Redaelli TecnaStahl, glatt, gerade

Messingbeschichtung0,175 ± 0,02 13,00 ± 1,40 190.000 k.a.

Ductal® G2 Redaelli SodetalStahl, glatt, gerade

Messingbeschichtung0,185 ± 0,02 14,00 ± 1,40 190.000 k.a.

BPR Bekaert OL13/0.16HC 0,160 k.a. 13,00 k.a. 210.000 2.200

Duracrete Plus® StratecFM 13/0.2

Stahl, glatt, geradeohne Beschichtung

0,200 + 0,03 13,00 ± 1,00 k.a. 1.980 bis 2.180

Zur Überprüfung der Herstellerangaben wurde jeweils eine Stichprobe von n = 20 Fasern mit einer Feinmessschraublehre (Messgenauigkeit 1/100 mm) vermessen. Die Ergebnisse sind in Tabelle 4.4-2 zusammengefasst und bestätigen die Herstellerangaben.

Tabelle 4.4-2: Ergebnisse der Stichprobenvermessung der Stahlfasern

UHFFB Mischung Faserhersteller Fasertypm

[mm]v[-]

5%-Fraktile[mm]

95%-Fraktile[mm]

m [mm]

v[-]

5%-Fraktile[mm]

95%-Fraktile[mm]

Ductal® G2 Redaelli TecnaStahl, glatt, gerade

Messingbeschichtung0,18 1,5% 0,17 0,18 13,65 2,9% 13,00 14,00

Ductal® G2 Redaelli SodetalStahl, glatt, gerade

Messingbeschichtung0,18 3,1% 0,17 0,18 13,44 2,9% 13,00 14,00

Duracrete Plus® StratecFM 13/0.2

Stahl, glatt, geradeohne Beschichtung

0,20 3,6% 0,19 0,21 12,93 2,3% 12,48 13,00

Faserdurchmesser df Stichprobe n = 20 Faserlänge lf Stichprobe n = 20

4.5 Verbundverhalten

4.5.1 Verbundgesetze

In der Literatur findet man verschiedene Vorschläge zur mathematischen Beschreibung des Verbund-verhaltens zwischen Faser und Matrix in Form von Verbundgesetzen, die die Verbundspannung in Abhängigkeit von der Relativverschiebung s zwischen Faser und Matrix angeben. Basierend auf Ver-suchsergebnissen schlagen Namur et al. (1989) ein ideal - elastisch - plastisches Verbundgesetz (vgl. Bild 4.5-1b), und Naaman et al. (1991a) ein ideal - elastisch - abgetreppt - plastisches Verbundgesetz (vgl. Bild 4.5-1c) vor. Basierend auf diesen definiert Pfyl (2003) als Vereinfachung ein ideal - plasti-sches Verbundgesetz (vgl. Bild 4.5-1a). Alle drei vorgestellten Verbundgesetze stellen Idealisierungen des in Versuchen beobachteten Verbundverhaltens dar.

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110 Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB

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Bild 4.5-1: Verschiedene Annahmen für die Verbundgesetze

Die mathematischen Formulierungen der Verbundgesetze basieren auf dem Maximalwert des Haftver-

bundes ba, dem Reibverbund bf und der Verbundsteifigkeit Kb als Steigung des Haftverbundverlaufs. Naaman et al. (1991a) schlagen vor, diese Parameter mit Hilfe von Versuchen zu ermitteln.

Bei den Verbundgesetzen nach Namur et al. (1989) und Naaman et al. (1991a) wird der Maximalwert

des Haftverbundes ba erst bei einer Relativverschiebung sa (vgl. Bild 4.5-1 b und c) zwischen Faser und Matrix erreicht, was zunächst widersprüchlich erscheint. Eine theoretische Erklärung hierfür lie-fert die "shear lag theory" nach Cox (1952), bei der die Faser umgebende Matrix als elastischer Kreis-zylinder aufgefasst wird, der eine reine Schubverformung in Faserrichtung erfährt. Für die Berechnung der Verbundsteifigkeit Kb schlägt Cox (1952) nachfolgende Beziehung vor, deren Zusammenhänge für die Herleitung dem Bild 4.5-2 entnommen werden können.

ff

mb

d

r2lnd

G2K

( 4-9 )

mit Kb [MPa/mm] Verbundsteifigkeit df [mm] Faserdurchmesser r [mm] Radius des elastischen Kreiszylinders

m

mm 12

EG

[MPa] Schubmodul der Matrix

Em [MPa] Elastizitätsmodul der Matrix

m [-] = 0,2 Querdehnzahl von UHFFB nach DAfStb 561 (2007)

Bild 4.5-2: "shear lag theory" nach Cox (1952) [Pfyl (2003)]

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Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB 111

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Für die Berechnung der Verbundsteifigkeit Kb benötigt man den Radius r des elastischen Kreiszylin-ders. Als Idealisierung schlägt Cox (1952) eine hexagonale Faseranordnung (vgl. Bild 4.5-3 a) vor und definiert den Radius r als halben Achsabstand der Fasern. Dabei wird der Kreiszylinder der "shear lag theory" durch ein Sechseck angenährt und es ergibt sich folgende Beziehung für den Radius r:

3

)1(2

4

d

3

2

4

dr f

f

f ( 4-10 )

mit df [mm] Faserdurchmesser

f [-] Fasergehalt bezogen auf die Nettoquerschnittsfläche der Matrix (vgl. Gl. ( 4-15 ))

� [-] Fasergehalt bezogen auf das Volumen

a) Hexagonale Faseranordnung nachCox (1952)

b) Eigener Vorschlag einer kreisförmigenFaseranordnung

Bild 4.5-3: Mögliche Faseranordnungen bei Annahme einer homogenen Faserverteilung

Alternativ wird im Folgenden der Radius r für eine kreisförmige Faseranordnung (vgl. Bild 4.5-3 b) unter Voraussetzung einer homogenen Faserverteilung hergeleitetet, was der Modellvorstellung des Kreiszylinders der "shear lag theory" entspricht. Die gesamte Matrixfläche Am und Faserquerschnitts-

fläche Af eines beliebigen Querschnitts der Fläche A für einen Fasergehalt sowie die Querschnitts-fläche Afi einer Einzelfaser werden nach folgenden Gleichungen berechnet:

AL

VAf ( 4-11 )

A)1(A m ( 4-12 )

4

dA

2f

fi ( 4-13 )

Mit Gl. ( 4-11 ) bis ( 4-13 ) ergeben sich die Faseranzahl nf und der Zusammenhang zwischen und f zu:

2ffi

ff d

A4

A

An ( 4-14 )

1A)1(

A

A

A

m

ff ( 4-15 )

Durch Aufteilung der Matrixfläche Am auf die einzelnen Fasern folgt mit Gl. ( 4-14 ) und ( 4-15 ) die zu einer Einzelfaser gehörige Matrixfläche Ami zu:

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

112 Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

f

2f

2f

f

mmi 4

d)1(

4

d

n

AA

( 4-16 )

Der Radius r für eine kreisförmige Faseranordnung ergibt durch einsetzen von Gl. ( 4-13 ) in folgende Bedingung:

f

ff

2fi

11

2

d1

2

dr

r

A

( 4-17 )

Für einen Faserdurchmesser von df = 0,175 mm und einem Fasergehalt = 2,0 Vol.-% folgt für eine hexagonale Faseranordnung ein Radius von r = 0,583 mm nach Gl. ( 4-10 ) und für eine kreisförmige Faseranordnung mit Gl. ( 4-17 ) ein Radius von r = 0,618 mm. Die beiden Ansätze unterscheiden sich lediglich um 6 %. Für die folgenden Betrachtungen wird von einer kreisförmigen Faseranordnung ausgegangen.

4.5.2 Haft- und Reibverbund zwischen Einzelfaser und Matrix

Bei Stahlfasern mit glatter Oberfläche erfolgt die Kraftübertragung zwischen Faser und Matrix aus-schließlich über Haft- und Reibverbund. Der Haftverbund in der Kontaktfläche zwischen Faser und Matrix basiert auf Adhäsionskräften. Nach Überschreitung des Haftverbundes, was einem Abscheren der Kontaktfläche zwischen Faser und Matrix entspricht, wird der Reibverbund aktiviert. Dieser resul-tiert aus der Oberflächenrauhigkeit der abgescherten Kontaktfläche zwischen Faser und Matrix.

Als Hauptursache für die Adhäsionskräfte geben Orange et al. (1999) den hydrostatischen Druck auf die Faseroberfläche an, der sich durch das Schwinden der Matrix aufbaut. Daraus folgt, dass der Haft- und Reibverbund vom Faserdurchmesser Df abhängt und diese mit größer werdendem Faserdurchmes-ser zunehmen. Dies bestätigen auch die Versuchsergebnisse der Ausziehversuche von Orange et al.

(1999) in Bild 4.5-4 a. Die Versuche zeigen auch, dass der kritische Verbund c, bei dem der Faser-auszug einsetzt, nicht von der Einbindelänge der Faser abhängig ist (vgl. Bild 4.5-4 b).

a) Kraft - Schlupf Beziehung für unter-schiedliche Faserdurchmesser

b) Kritischer Verbund in Abhängigkeit von derFasereinbindelänge

Bild 4.5-4: Einfluss des Faserdurchmessers und der Einbindelänge auf den Haft- und Reibverbund nach Orange et al. (1999)

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB 113

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Durch eine Oberflächenbehandlung der Stahlfasern kann der Haft- und Reibverbund deutlich erhöht werden. Eine Messingbeschichtung der Stahlfasern verbessert nach Aussage von Lafarge bereits den Verbund deutlich. Mit einer Phosphatation der Stahlfaseroberfläche kann der Haftverbund soweit ge-steigert werden, dass die Faser vor der Kontaktfläche zwischen Faser und Matrix versagt. Dies haben Untersuchungen von Orange et al. (1999) gezeigt (vgl. Bild 4.5-5). Eine Phosphatation verbessert im Allgemeinen die Korrosionsbeständigkeit und das Anhaftvermögen von metallischen Oberflächen. Hierzu wird die Oberfläche mit einem Phosphat bei 20 bis 80°C für 1 bis 3 Minuten behandelt.

Bild 4.5-5: Auswirkung einer Phosphatation der Stahlfaseroberfläche (Df = 0,2 mm und Lf = 10 mm) auf den Haftverbund nach Orange et al. (1999)

Eine Wärmebehandlung von BPR erhöht nach Behloul (1996a) den Reibverbund um ca. 53 % von 7,5 MPa auf 11,5 MPa. Angaben zum Haftverbund werden jedoch nicht gemacht. Yanni (2009) unter-suchte mit einem Rasterelektronenmikroskop den Kontaktbereich zwischen Stahlfaser und Matrix von Ductal® Proben mit und ohne Wärmebehandlung (vgl. Bild 4.5-6 a und b). Die Aufnahmen zeigen deutlich, dass sich mit einer Wärmebehandlung eine wesentlich dichtere Kontaktzone zwischen Stahl-faser und Matrix ohne erkennbare Störungen ausbildet. Ohne Wärmebehandlung weist die Kontaktzo-ne Fehlstellen auf und ist deutlich poröser. Basierend auf den Ergebnissen von Behloul (1996a) und den Aufnahmen von Yanni (2009) lässt sich folgern, dass sowohl der Reib- als auch der Haftverbund maßgeblich durch eine Wärmebehandlung gesteigert werden kann.

a) Ohne Wärmebehandlung (1000 fache Vergrößerung)

b) Mit Wärmebehandlung bei 90°C(1000 fache Vergrößerung)

Bild 4.5-6: Rasterelektronenmikroskop Aufnahmen von einer Ductal® Proben aus Yanni (2009)

In Tabelle 4.5-1 sind Angaben zu Haft- und Reibverbund in Abhängigkeit von der UHFFB Mischung, dem Fasertyp, der Oberflächenbehandlung und Nachbehandlung aus Veröffentlichungen zusammen-

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114 Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB

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gestellt. Die angegebenen Werte zum Haft- und Reibverbund basieren auf Faserausziehversuchen an Einzelfasern analog zu Bewehrungsstäben.

Tabelle 4.5-1: Übersicht Angaben zu Haft- und Reibverbund aus Veröffentlichungen

QuelleUHFFB

MischungFasertyp

untersuchte Einbindelänge

[mm]

Oberflächenbe- handlung der

Faser

Haftverbundba [MPa]

Reibverbundbf [MPa]

ba / bf Versuchskörper

wärmebehandelt ?

Behloul (1996) BPR 200Bekaert

OL13/0.16 HCglatt, Stahl

k.a. k.a. k.a. 11,5 k.a. ja, bei 90°C

Behloul (1996) BPR 200Bekaert

OL13/0.16 HCglatt, Stahl

k.a. k.a. k.a. 7,5 k.a. nein

Angabe Lafarge, Paris Ductal®Redaelli Tecna

Ø 0.175/13glatt, Stahl

k.a.Messingbe- schichtung

k.a. k.a. k.a. -

Angabe Lafarge, Paris Ductal®Redaelli Tecna

Ø 0.175/13glatt, Stahl

k.a.Messingbe- schichtung

k.a. k.a. k.a. -

Orange et al. (1999) Ductal®Ø 0.2

glatt, Stahl10,0 ohne 10,0 8,4 1,2 nein

Orange et al. (1999) Ductal®Ø 0.2

glatt, Stahl10,0 Phosphatation

>18Faserversagen

k.a. k.a. nein

Orange et al. (1999) Ductal®Ø 0.2

glatt, Stahl5,0 ohne 13,4 8,0 1,7 nein

Orange et al. (1999) Ductal®Ø 0.1

glatt, Stahl5,0 ohne 8,3 3,8 2,2 nein

Bornemann et al. (2004)M1Q Feinkorn

MischungØ 0.15

glatt, Stahl5,0 k.a. 8,7 bis 13,6 k.a. k.a. nein

Leider sind die Angaben teilweise unvollständig. So kann z.B. keine Größenordnung für den Reib- und Haftverbund der Redaelli Tecna Fasern mit Messingbeschichtung mit und ohne Wärmebehand-lung für Ductal® angegeben werden. Ohne Oberflächen- und Wärmebehandlung liegt der Reibver-

bund bf von Ductal® mit df = 0,2 mm Fasern bei 8,0 bis 8,4 MPa. Der Haftverbund ba schwangt im Bereich von 10,0 bis 13,4 MPa, d.h. der Haftverbund ist um das 1,2 bis 1,7-fache höher als der Reib-verbund. Eine Halbierung des Faserdurchmessers von df = 0,2 auf 0,1 mm führt bei Ductal® ohne Oberflächen- und Nachbehandlung zu einer Halbierung des Reibverbundes von 8,0 auf 3,8 MPa und zu einer Reduzierung des Haftverbundes um ca. 61 % von 13,4 auf 8,3 MPa. Gleichzeitig erhöht sich das Verhältnis zwischen Haft- und Reibverbund bei einem Faserdurchmesser von df = 0,1 mm auf 2,2.

Die Tabelle 4.5-1 zeigt, dass noch ein erheblicher Forschungsbedarf im Hinblick auf die Auswirkung von verschiedenen Einflussfaktoren auf den Verbund zwischen Fasern und UHFFB Matrix besteht. Die vorherigen Ausführungen machen auch deutlich, dass eine Abstimmung zwischen Faseroberflä-chenbehandlung, Faserdurchmesser und Matrix erfolgen muss, um die jeweiligen Materialeigenschaf-ten vollständig ausnutzen zu können. Um ein entsprechendes nicht sprödes Nachbruchverhalten zu erreichen wird in der Regel ein Faserausziehen aus der Matrix einem Faserreißen vorgezogen.

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Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB 115

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4.6 Stochastische Abschätzung der 1D - Zugfestigkeit

Unter den Annahmen eines ideal - plastischen Verbundgesetztes nach Pfyl (2003) gemäß Bild 4.5-1a, einer homogenen Faserverteilung und zur Lastrichtung parallelen Faserausrichtung kann in Abhängig-

keit vom Fasergehalt , dem Faserdurchmesser df , der Faserlänge lf, dem Reibverbund bf und der Zugfestigkeit des Fasermaterials die 1D - Zugfestigkeit fct,1D berechnet werden. Bedingt durch die Annahme einer homogenen Faserverteilung ist die Einbindelänge lb der Fasern gleichverteilt, d.h. in einem beliebigen Schnitt ist die Auftretenswahrscheinlichkeit p(lb) für eine beliebige Fasereinbinde-länge lb im Bereich von 0 bis zur maximalen effektiven Einbindelänge lb = lf / 2 gleich (vgl. Bild 4.6-1).

Bild 4.6-1: Gleichverteilung der Einbindelänge lb ≤ lf / 2

Fasst man die Einbindelänge lb als Zufallsvariable auf, kann mit folgender Gleichung deren Erwar-tungswert lbm berechnet werden:

4

ll

l

1dxl)l(p)l(El f

2l

0

2b

f

2l

0 bbbbm

f

f

( 4-18 )

Mit Gl. ( 4-14 ) für die Faseranzahl nf in einem Bauteilquerschnitt mit der Querschnittsfläche A ergibt sich die Gl.( 4-19 ) für die Abschätzung der 1D - Zugfestigkeit fct,1D.

f

bff

f

bfbmbffbmfD1,ct d

l

d

l4

A

1dlnf

( 4-19 )

Die 1D Zugfestigkeit fct,1D ist damit proportional zum Fasergehalt , zur Faserlänge lf und zum Reib-

verbund bf, wohingegen sie reziprok proportional zum Faserdurchmesser df ist. In Bild 4.6-2 ist ex-emplarisch die 1D Zugfestigkeit fct,1D in Abhängigkeit vom Faserdurchmesser df aufgetragen.

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116 Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB

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Bild 4.6-2: 1D-Zugfestigkeit fct,1D in Abhängigkeit vom Faserdurchmesser df für = 2,0 Vol.-%, lf = 13 mm,

bf = 11,5 MPa und ftfk = 2.200 MPa

Setzt man für den verwendeten UHFFB Ductal® einen Reibverbund von bf = 11,5 MPa (mit Wärme-behandlung) analog zu BPR nach Tabelle 4.5-1 an, so ergibt Gl.( 4-19 ) mit den mittleren Faserkenn-werten nach Tabelle 4.4-1 für den Fasertyp Redaelli Tecna (df = 0,175 mm und lf = 13 mm) eine 1D Zugfestigkeit von fct,1D = 17,1 MPa.

Bei den eigenen durchgeführten Zugversuchen mit Ductal® und 2,0 Vol.-% Stahlfasern vom Typ Re-daelli Tecna betrug die maximal erreichte Zugfestigkeit fct = 19,1 MPa bei einem Querschnitt von 50 x

50 mm (vgl. Abschnitt 2.4.8). Daraus folgt, dass der Reibverbund bf von Ductal® höher sein muss, als der analog zu BPR angenommene. Das Bild 4.6-3 zeigt die 1D - Zugfestigkeit in Abhängigkeit

vom Reibverbund bf für den Fasertyp Redaelli Tecna nach Tabelle 4.4-1.

Bild 4.6-3: 1D-Zugfestigkeit fct,1D in Abhängigkeit vom Reibverbund bf für = 2,0 Vol.-%, lf = 13 mm und df = 0,175 mm (Fasertyp Redaelli Tecna nach Tabelle 4.4-1)

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Die Höhe des nutzbaren Reibverbundes und damit die 1D - Zugfestigkeit wird auch durch die Festig-keit des Materials begrenzt. Unter Annahme einer Faserstahlzugfestigkeit von ftfk = 2.200 MPa analog zu dem mit BPR verwendetem Fasertyp (vgl. Tabelle 4.4-1) ergibt sich mit nachfolgender Gleichung

ein maximaler Reibverbund von bf = 14,8 MPa mit einer korrespondierenden 1D Zugfestigkeit fct,1D

von 22 MPa nach Gl.( 4-19 ), ohne dass ein Versagen des Faserstahls auftritt.

f

tfkfmax,bf

ffmax,bftfk

2f

l2

fd2

ldf

4

d

( 4-20 )

mit ftfk [MPa] charakteristische Faserstahlzugfestigkeit

Nach Abschnitt 4.5.2 können bei Ductal® durch eine entsprechende Oberflächenbehandlung der

Stahlfasern Reibverbundspannungen bf > 18 MPa erreicht werden, wodurch auch eine weitere Steige-rung der 1D Zugfestigkeit möglich ist. Allerdings können diese Reibverbundspannungen nur ausge-nutzt werden, wenn Fasern mit einer Stahlzugfestigkeit > 2.200 MPa zum Einsatz kommen. So müsste z.B. die Stahlzugfestigkeit des betrachteten Fasertyps mindestens ftfk = 2.675 MPa betragen bei einer

Reibverbundspannung von bf = 18 MPa. Ansonsten würde ein Faserreißen auftreten, was man in der Regel vermeiden will. Nach Orange et al. (1999) kommen in Verbindung mit Ductal® Stahlfasern mit einer Festigkeit von bis zu 2.800 MPa zum Einsatz, so dass diese Festigkeit von ftfk = 2.675 MPa rea-listisch ist. Auch die japanische Richtlinie JSCE (2006) für UHPC gibt für die mit der UHPC Stan-

dardmischung verwendeten Stahlfasern mit lf = 15 mm und = 0,2 mm eine hohe Zugfestigkeit von

2.700 MPa an. Die zur Reibverbundspannung von bf = 18 MPa zugehörige 1D Zugfestigkeit folgt mit

Gl.( 4-19 ) zu 26,7 MPa. Für BPR wird von Behloul (1996a) ein minimaler Reibverbund bf = 7,5 MPa (vgl. Tabelle 4.5-1) angegeben, womit sich eine 1D - Zugfestigkeit fct,1D von 11,1 MPa nach Gl.( 4-19 ) ergibt, was der unteren Grenze entspricht.

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118 Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB

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4.7 Theoretische Berechnung der 1D - Zugfestigkeit und der Spannungs - Rissöffnungs-

Beziehung - wr eines Einzelrisses auf Faserebene

4.7.1 Einleitung

Die in den nachfolgenden Abschnitten aufgestellten Gleichungen und Zusammenhänge zur theoreti-

schen Berechnung der Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung - wr eines Einzelrisses auf Faserebene werden aufgrund ihrer Komplexität mit Hilfe des Computer Algebra System (CAS) Mathematica (2009) von Wolfram Research umgeformt bzw. gelöst.

4.7.2 Differentialgleichung des verschieblichen Verbundes einer Einzelfaser

Zur mathematischen Beschreibung des Verbundverhaltens zwischen Beton und Stahlbewehrung for-mulierten Kuuskoski (1950) und Rehm (1961) die Differentialgleichung (DGL) des verschieblichen Verbundes. Hierbei wird sowohl für den Beton als auch für den Stahl von einem linear - elastischen Materialverhalten ausgegangen. Mit Hilfe dieser DGL kann auch das Ausziehverhalten einer Einzelfa-ser aus der umgebenden Matrix (vgl. Bild 4.7-1) unter Annahme eines Verbundgesetzes analytisch beschrieben werden.

Aus dem Gleichgewicht am differentiellen Element nach Bild 4.7-1b folgt

- für die Faser:

)s(

A

d

dx

d

Addxd)s(

bfi

ff

fiffb

( 4-21 )

- für die Matrix (Beton):

)s(

A

d

dx

d

Addxd)s(

bmi

fm

mimfb

( 4-22 )

mit df [mm] Faserdurchmesser Afi [mm²] Querschnittsfläche einer Faser nach Gl. ( 4-13 ) Ami [mm²] Matrixeinflussfläche einer Faser nach Gl. ( 4-16 )

b(s) [MPa] Verbundspannung in Abhängigkeit von der Relativverschiebung s an der Stelle x zwischen Faser und umgebender Matrix

f(x) [MPa] Faserspannung an der Stelle x

m(x) [MPa] Matrixspannung an der Stelle x

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Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB 119

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Bild 4.7-1: Gleichgewicht am differentiellen Element einer Einzelfaser

Die Relativverschiebung s zwischen Faser und umgebender Matrix ergibt sich an jeder Stelle x aus der Differenz der Verschiebungen von Faser uf und Matrix um:

mf uus ( 4-23 )

Durch einmalige Differenzierung von Gl. ( 4-23 ) und unter der Annahme eines linear - elastischen Materialverhaltens von Faser und Matrix folgt:

m

m

f

fmf

mf

EEdx

du

dx

du

dx

ds

( 4-24 )

Erneutes Differenzieren der Gl. ( 4-24 ) und Einsetzen von Gl. ( 4-21 ) und Gl. ( 4-22 ) ergibt die Dif-ferentialgleichung des verschieblichen Verbundes:

)s(AE

d

AE

d

Edx

d

Edx

d

dx

sdb

mim

f

fif

f

m

m

f

f2

2

( 4-25 )

mit df [mm] Faserdurchmesser Ef [MPa] Elastizitätsmodul der Faser Afi [mm²] Faserquerschnittsfläche einer Faser nach Gl. ( 4-13 ) Em [MPa] Elastizitätsmodul der Matrix Ami [mm²] Matrixeinflussfläche einer Faser nach Gl. ( 4-16 )

b(s) [MPa] Verbundspannung in Abhängigkeit von der Relativverschiebung s an der Stelle x zwischen Faser und Matrix

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120 Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB

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4.7.3 Lösung der Differentialgleichung für ideal-plastisches Verbundgesetz

Bei Ansatz des ideal-plastischen Verbundgesetztes nach Pfyl (2003) (vgl. Bild 4.5-1a) mit b(s)= bf = const. wird die Verbundspannung von der Relativverschiebung entkoppelt, wodurch die Lösung der DGL des verschieblichen Verbundes nach Gl. ( 4-25 ) erheblich vereinfacht wird. Zudem können die Zuspannungsverläufe der Matrix und Faser unabhängig von der Relativverschiebung s bestimmt wer-den.

Der Faserzugspannungsverlauf f(x) bzw. Faserzugkraftverlauf Ff(x) folgt aus Gl.( 4-21 ) mit der

Randbedingung f(x = 0) = 0 durch einmalige Integration:

xdA)x()x(F

xA

d)x(

fbffiff

fi

fbff

( 4-26 )

Aus der Gleichungen Gl. ( 4-22 ) ergibt sich durch einmalige Integration mit der Randbedingung

m(x = lb) = 0 der Matrixzugspannungsverlauf m(x) bzw. Matrixzugkraftverlauf Fm(x) zu:

xldA)x()x(F

lA

dx

A

d)x(

bfbfmimm

bmi

fbf

mi

fbfm

( 4-27 )

Im Bild 4.7-2 sind die sich ergebenden Verläufe der Faserzugkraft Ff und der Matrixzugkraft Fm einer Einzelfaser in Abhängigkeit von der Stelle x exemplarisch für definierte Parameter dargestellt. Be-dingt durch den Ansatz eines ideal-plastischen Verbundgesetztes ergeben sich lineare Spannungs- bzw. Kraftverläufe.

Bild 4.7-2: Faser- und Matrixzugkraftverlauf nach dem ideal-plastischen Verbundgesetz nach Pfyl (2003)

für bf = 11,5 MPa, = 2,0 Vol.-%, lb =lf / 2 = 6,5 mm und df = 0,175 mm (Fasertyp Redaelli Tecna, vgl. Tabelle 4.4-1) bei vollständiger Faseraktivierung

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Durch zweimalige Integration von Gl. ( 4-25 ) ergibt sich folgende Gleichung für die Relativverschie-bung s an der Stelle x:

21mim

f

fif

f2bf CxC

AE

d

AE

dx

2

1)x(s

( 4-28 )

Aus dem globalen Gleichgewicht am differentiellen Element (vgl. Bild 4.7-1a) folgt aus Gl. ( 4-26 )

mit b(s)= bf = const. für die Faserkraft Ff am Faserende x = lb:

bfbff ldFF ( 4-29 )

Entsprechend ergibt sich dieselbe Kraft für Fm nach Gl. ( 4-27 ) bei x = 0.

Aus folgender Randbedingung (RB) bezogen auf die definierte lokale Koordinatenachse x nach Bild 4.7-1a ergibt sich die Integrationskonstante C2 von Gl. ( 4-28 ):

0C0)0x(s 2 ( 4-30 )

Diese Randbedingung bedeutet, dass am Faseranfang keine Relativverschiebung zwischen Faser und Matrix auftritt, d.h. kein Faserauszug stattfindet.

Die Integrationskonstante C1 von Gl. ( 4-28 ) folgt aus der Dehnungsdifferenz an der Stelle x = 0 (vgl. Bild 4.7-1a) nach Gl. ( 4-24 ) durch Einsetzen von Gl.( 4-26 ) und Gl. ( 4-27 ):

mim

bfbf

m

m

f

f

mf1

AE

ld0

E

)0x(

E

)0x(

)0x()0x(Cdx

)0x(ds

mim

bfbf1 AE

ldC

( 4-31 )

Durch Einsetzen der Integrationskonstanten nach Gl. ( 4-30 ) und Gl. ( 4-31 ) in Gl. ( 4-28 ) folgt die Gleichung für die Relativverschiebung s an der Stelle x:

xAE

l

AE

1

AE

1

2

xd

xAE

ld

AE

d

AE

dx

2

1)x(s

mim

b

mimfif

2

fbf

mim

bfbf

mim

f

fif

f2bf

( 4-32 )

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Im Bild 4.7-3 ist der Verlauf der Relativverschiebung nach Gl. ( 4-32 ) entlang der Fasereinbindelänge lb exemplarisch für die angegebenen Parameter abgebildet. Es ergibt sich ein parabelförmiger Verlauf.

Bild 4.7-3: Verlauf der Relativverschiebung s zwischen Faser und Matrix nach dem ideal-plastischen

Verbundgesetz von Pfyl (2003) für bf = 11,5 MPa, = 2,0 Vol.-%, lb = lf / 2 = 6,5 mm und df = 0,175 mm (Fasertyp Redaelli Tecna, vgl. Tabelle 4.4-1) bei vollständiger Faseraktivierung sowie Ef = 190.000 MPa und Em = 53.071 MPa

Für x = lb folgt aus Gl. ( 4-32 ):

mimfif

2bfbf

mimmimfif

2bfbfb

AE

1

AE

1ld

2

1

AE

1

AE

1

AE

1

2

1ld)l(s

( 4-33 )

Durch Einsetzen von Gl.( 4-13 ), Gl.( 4-16 ) und dem Verhältnis der Elastizitätsmodule n = Ef / Em in die Gl. ( 4-33 ) folgt die Relativverschiebung sf(lb) zwischen Faser und umgebender Matrix bei voll-ständiger Faseraktivierung mit einer Einbindelänge lb:

ff

f2bbfbf Ed

n1l2)l(s

( 4-34 )

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Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB 123

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4.7.4 Herleitung der - wr Beziehung für ideal-plastisches Verbundgesetz

Für das ideal - plastische Verbundgesetz kann die Rissbreite wr berechnet werden, indem das Tragver-halten einer Einzelfaser in eine Phase der Faseraktivierung und eine Phase des Faserauszugs unterteilt wird. In Bild 4.7-4 sind die beiden Phasen dargestellt, wobei die elastischen Verformungen entlang der freien Faserlänge im Riss der Breite wr zur Vereinfachung zunächst vernachlässigt werden. Für die nachfolgenden Betrachtungen ist stets das Rissufer mit der Einbindelänge lb ≤ lf / 2 maßgeblich.

Bild 4.7-4: Tragverhalten einer Einzelfaser bei Ansatz eines ideal - plastischen Verbundgesetzes nach Pfyl (2003)

Die zur vollständigen Faseraktivierung korrespondierende Relativverschiebung zwischen Faser und Matrix wird mit sf bezeichnet. Solange für die Rissbreite wr < 2 · sf gilt, befindet sich die Faser in der Faseraktivierungsphase mit der aktivierten Einbindelänge lbf (vgl. Bild 4.7-4a), die mit fortschreitender Faseraktivierung zunimmt. Eine vollständige Faseraktivierung liegt vor, wenn entlang der gesamten

Einbindelänge lb der Reibverbund bf aktiviert ist (vgl. Bild 4.7-4b). Für wr = 2 · sf ist die Faseraktivie-rung abgeschlossen und die aktivierte Einbindelänge lbf entspricht der Einbindelänge lb. Im Anschluss geht die Faser in die Phase des Faserauszugs über und die Fasereinbindelänge lb wird kontinuierlich

durch den Faserauszug s reduziert (vgl. Bild 4.7-4c), wodurch auch die übertragbare Kraft durch die Faser abnimmt.

Zwischen der Rissbreite wr, dem Faserauszug s und der Relativverschiebung sf(lb - s) zwischen Faser

und Matrix bei einer um den Faserauszug reduzierten Einbindelänge lb - s kann ohne Berücksichti-

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124 Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB

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gung der elastischen Verformung entlang der freien Faserlänge im Riss folgende Beziehung angege-ben werden, die zur Erläuterung in Bild 4.7-5 dargestellt sind:

)l(s2w sbfsr ( 4-35 )

mit wr Rissbreite

s Faserauszug

sf(lb - s) Relativverschiebung zwischen Faser und Matrix infolge Reibverbund bei einer

reduzierten Einbindelänge von lb - s nach Gl.( 4-34 )

Bild 4.7-5: Faserauszugsphase ohne Berücksichtigung der elastischen Verformungen entlang der freien Faserlänge

Mit Gl. ( 4-34 ) ergibt sich durch Auflösen von Gl.( 4-35 ) nach s die Gleichung zur Berechnung des

Faserauszugs s einer Einzelfaser für eine vorgegebene Rissbreite wr und Einbindelänge lb:

1n8

1nwl16EdEd

1n8

1nl8Ed

fbf

bffrbffff

fbf

fbfbffs

( 4-36 )

Durch eine Erweiterung der Gl. ( 4-35 ) und Einsetzen von Gl.( 4-26 ) und Gl.( 4-13 ) kann die elasti-sche Verformung wr,el entlang der freien Faserlänge im Riss der Breite wr wie nachfolgend berücksich-tigt werden (vgl. Bild 4.7-6):

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB 125

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

el,r

el,r

el,r

w

rff

bfsbsbfs

w

rf

2f

fbfsbsbfs

w

rf

sbfsbfs

el,rsbfsr

wEd

)l(4)l(s2

wE

1

4

d

d)l()l(s2

wE

)l()l(s2

w)l(s2w

( 4-37 )

Bild 4.7-6: Faserauszugsphase mit Berücksichtigung der elastischen Verformungen entlang der freien Faser-länge

Aus Gl. ( 4-37 ) folgt durch Einsetzen von Gl. ( 4-34 ) und Auflösen nach s die Bestimmungsglei-

chung für den Faserauszug s einer Einzelfaser mit Berücksichtigung der elastischen Verformungen entlang der freien Faserlänge im Riss für eine vorgegebene Rissbreite wr und Einbindelänge lb:

1n8

w16wn2nl2wl2Ed8Ed

1n8

nl8w4l8Ed

fbf

2bf

2rbffrfbrbff

2f

2f

fbf

bffbbfrbfbffs

( 4-38 )

Die aktivierte Fasereinbindelänge lbf während der Faseraktivierungsphase wird mit Hilfe der folgenden Bedingung berechnet (vgl. Bild 4.7-7):

rf

bffbffel,rbffr w

E

)l()l(s2w)l(s2w

( 4-39 )

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

126 Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Bild 4.7-7: Faseraktivierungsphase - aktivierte Fasereinbindelänge lbf

Durch Einsetzen von Gl.( 4-26 ) und Gl. ( 4-34 ) in die Bedingung nach Gl. ( 4-39 ) und Auflösen nach der aktivierten Fasereinbindelänge lbf folgt:

fbf

bfrfffffbfrbfrbf n12

wnEdEdwwl

( 4-40 )

Die Übertragbare Kraft F einer Einzelfaser ergibt sich mit Gl.( 4-26 ) zu F = Ff (lbf) für die Faserakti-

vierungsphase und zu F = Ff (lb - s) für die Faserauszugsphase.

Bisher wurde lediglich das Tragverhalten einer Einzelfaser betrachtet, aber bei einem Bauteil wirken viele Fasern parallel im Rissquerschnitt. Pfyl (2003) leitet analytisch Gleichungen zur Beschreibung des Zugtragverhaltens eines Bauteilquerschnitts auf Grundlage des von ihm vorgeschlagenen ideal-plastischen Verbundgesetztes ab. Diese Herleitung beruht auf der Annahme, dass der Faserauzug der einzelnen Fasern erst einsetzt, wenn die Faser mit der längsten Einbindelänge vollständig aktiviert ist. Aus mechanischer Sicht ist diese Annahme jedoch nicht haltbar, da man davon ausgehen muss, dass sich die parallel beanspruchten Fasern je nach Rissbreite wr und Einbindelänge der Einzelfasern teil-weise noch in der Faseraktivierungsphase bzw. sich schon in der Faserauszugsphase befinden. Eine Berücksichtigung der zeitlich versetzten Phasen der einzelnen Fasern in einem Querschnitt kann nur über eine numerische Lösung erfolgen. Mit dem Algorithmus nach Bild 4.7-8 und unter Annahme einer homogenen Faserverteilung und einer eindimensionalen Faserorientierung kann auf Grundlage der zuvor hergeleiteten Gleichungen zur Beschreibung des Tragverhaltens einer Einzelfaser die eindi-

mensionale Zugfestigkeit fct,1D und die Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung - wr eines beliebigen Querschnitts ermittelt werden.

Im Folgenden werden die wesentliche Schritte des Algorithmus im Bild 4.7-8 erläutert. Bei den in

diesem Struktogramm angegebenen Gleichungen sind lb durch lbi, lbf durch lbfi, lba durch lbai und s

durch si zu ersetzen. Zunächst erfolgt eine Unterteilung aller Fasern im Querschnitt ausgehend von

der maximalen Einbindelänge lb = lf / 2 einer Einzelfaser in j = lb / lbi +1 Faserklassen mit einer Klas-

senbreite von lbi = 0,05 mm. Die Einbindelänge der Faserklasse i wird hierbei mit lbi bezeichnet.

Die Bandbreite der zu untersuchenden Rissbreite wr von 0,00 mm bis wr,max = lf / 2 wird ebenfalls in

Klassen der Breite w unterteilt. Bis zu einer Rissbreite von wr ≤ 0,5 mm wird die Klassenbreite mit

w = 0,01 mm und ab wr > 0,5 mm mit w = 0,05 mm angesetzt. Für jede vorgegebene Rissbreite wr wird für jede Faserklasse i mit folgender Bedingung und der Gl.( 4-26 ) und Gl. ( 4-34 ) überprüft, ob sich diese in der Faseraktivierung- oder Faserauszugsphase befindet:

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB 127

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

rf

bifbifr w

E

)l()l(s2w

( 4-41 )

Ist die Bedingung von Gl.( 4-41 ) erfüllt, so befindet sich die Faserklasse i in der Faseraktivierungs-phase und ansonsten in der Faserauszugsphase. Entsprechend der jeweiligen Phase wird für die Faser-klasse i entweder die aktivierte Fasereinbindelänge lbfi (Faseraktivierungsphase) oder der Faserauszug

si und damit die verbleibende Einbindelänge lbfi = lbi - s ermittelt. Mit Hilfe der Fasereinbindelänge lbfi kann die übertragbare Kraft Fi jeder Faserklasse i berechnet werden. Durch Aufsummieren der übertragbaren Kräfte Fi von allen j Faserklassen erhält man die zur vorgegebenen Rissbreite wr korres-pondierende übertragbare Kraft F. Diese wird mit Hilfe der Querschnittsfläche A in die äquivalente

Spannung ct umgerechnet. So erhält man schrittweise die gesuchte Spannungs - Rissöffnungs - Be-

ziehung ct - wr.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

128 Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Unterteilung der Fasern im Querschnitt in j Faserklassen nach der Einbindelänge lbi mit einer Klassenbreite von lbi = 0,05 mm und einer Faseranzahl von (nf / j) je Faserklasse i

Phase derFaserklasse i prüfen mit

Gl.( 3-22 ) und Gl.( 3-32 ):wr ≤ 2.sf(lbi) + wr

.f(lbi) / Ef ?

ja

nein

Definition Material- und Querschnittsparameter

Phase Faserklasse i: Faserauszug

Faserauszug si nach Gl.( 3-36 )

Verbleibende Einbindelänge:

lbfi = lbi - si

Phase Faserklasse i: Faseraktivierung

Aktivierte Fasereinbindelänge lbfi nach Gl. ( 3-38 )

Übertragbare Kraft der Faserklasse i:

Fi = nf. bf

. df. . lbfi

F = F + Fi

Initialisierung der Gesamtkraft F = 0

i = 1

i = i + 1

i ≤ j ?

wr = wr + w

ct (wr) = F / A

wr ≤ Lf / 2 ?

Ausgabe der ct - wr - Beziehung

ja

ja

Startwerte für Rissbreite wr

Bild 4.7-8: Struktogramm des Algorithmus zur numerischen Berechnung der Spannungs - Rissöffnungs -

Beziehung ct - wr für das ideal - plastische Verbundgesetz nach Pfyl (2003) unter Berücksichti-gung der elastischen Faserverformung entlang der freien Faserlänge im Riss der Breite wr

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB 129

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

4.7.5 Lösung der Differentialgleichung für abgetreppt - plastisches Verbundgesetz

Eine Lösung der DGL des verschieblichen Verbundes unter Ansatz eines ideal - elastisch - abgetreppt - plastischen Verbundgesetztes nach Naaman et al. (1991a) (vgl. Bild 4.5-1c), nachfolgend als ab-getreppt - plastisches Verbundgesetz bezeichnet, ist nur abschnittsweise möglich, da das Verbundge-setz nicht durchgehend stetig differenzierbar ist. Gleiches gilt auch für das ideal - elastisch - plastische Verbundgesetz nach Namur et al. (1989) (vgl. Bild 4.5-1b), welches ein Spezialfall des abgetreppt - plastischen Verbundgesetztes darstellt. Zudem können die Zuspannungsverläufe der Matrix und Faser nicht mehr unabhängig von der Relativverschiebung s bestimmt werden, was die Lösung des Problems erschwert. Nachfolgend ist die DGL für den linear - elastischen Abschnitt des Verbundgesetzes, den Haftverbund, formuliert. Zur Kennzeichnung wird die Relativverschiebung zwischen Faser und Matrix für den Haftverbundabschnitt des Verbundgesetztes mit sa bezeichnet.

0)s(AE

d

AE

d

dx

sdab

mim

f

fif

f2a

2

( 4-42 )

mit sa(x) [mm] Relativverschiebung zwischen Faser und Matrix bei Haftverbund df [mm] Faserdurchmesser Ef [MPa] Elastizitätsmodul der Faser Afi [mm²] Querschnittsfläche einer Faser nach Gl.( 4-13 ) Em [MPa] Elastizitätsmodul der Matrix Ami [mm²] Matrixeinflussfläche einer Faser nach Gl.( 4-16 )

b(sa) = Kb · sa(x) Verbundgesetz für den Abschnitt des Haftverbundes nach Bild 4.5-1c

Einsetzen von Gl.( 4-13 ), Gl.( 4-16 ) und dem Verbundgesetz b(sa) =Kb · sa(x) für den Abschnitt des Haftverbundes nach Bild 4.5-1c in Gl.( 4-42 ) reduziert die Anzahl der Parameter für die nachfolgen-den Berechnungen und es ergibt sich:

0sEd

)n1(K4

dx

sda

ff

fb2a

2

( 4-43 )

mit n = Ef / Em [-] Verhältnis der Elastizitätsmodule Kb [MPa/mm] Verbundsteifigkeit

f [-] Fasergehalt bezogen auf die Nettoquerschnittsfläche der Matrix (vgl. Gl. ( 4-15 ))

Die Randbedingungen (RB) zur Lösung der DGL nach Gl.( 4-43 ) bezogen auf die definierte lokale Koordinatenachse x nach Bild 4.7-1a sind nachfolgend angegeben. Als kritische Faserkraft Fcrit wird

die Faserkraft im Riss bezeichnet, wenn ein Haftverbund von ba an der Austrittstelle der Faser aus der Matrix aktiviert ist (entspricht RB 1).

RB 1: b

baba K)lx(s

( 4-44 )

RB 2: f

2f

crit

f

bfbmbf

ba

ED

F40

E

)lx()lx()lx(

dx

)lx(ds

( 4-45 )

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

130 Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Mit den Randbedingungen nach Gl.( 4-44 ) und Gl.( 4-45 ) folgt aus Gl.( 4-43 ) der Verlauf der Rela-tivverschiebung sa entlang der Fasereinbindelänge lb:

fbf2/3

f

ff

fbbcrit

ff

fbb

b

baa

n1KEd

Ed

n1K)xl(2SinhF2

Ed

n1K)xl(2Cosh

K)x(s

( 4-46 )

Durch Einsetzen des Verbundgesetzes b(sa) = Kb · sa(x) für den Abschnitt des Haftverbundes (vgl. Bild 4.5-1c) in die Gl.( 4-21 ) erhält man die DGL vom Faserkraftverlauf Ffa(x) entlang der Faserein-bindelänge:

xsKddx

)x(dFA

dx

d

)s(A

d

dx

d

Addxd)s(

abffa

fif

bfi

ff

fiffb

( 4-47 )

Mit der Randbedingung Ffa(x = 0) = 0 folgt aus Gl.( 4-47 ) und durch Einsetzen von Gl.( 4-46 ) der Faserkraftverlauf Ffa(x):

]

Ed

n1K)xl(2Sinh

Ed

n1Kl2Sinhn1Ed

Ed

n1K)xl(2Cosh

Ed

n1Kl2Cosh

n1KF2[n1Kn12

1)x(F

ff

fbb

ff

fbbbaff

2/3f

ff

fbb

ff

fbb

fbcrit

fbf

fa

( 4-48 )

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Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB 131

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Aus der Bedingung Ffa(x = lb) = Fcrit ergibt sich durch Auflösen von Gl. ( 4-48 ) die Bestimmungsglei-chung für die kritische Faserlast Fcrit zu:

ff

fbbffb

ff

fbbbaff

2/3f

crit

Ed

n1Kl2Coshnn1K2

Ed

n1Kl2Sinhn1Ed

F ( 4-49 )

Die DGL zur Beschreibung des Verlaufs der Matrixzugkraft Fma(x) entlang der Fasereinbindelänge

erhält man durch Einsetzen des Verbundgesetzes b(sa) = Kb · sa(x) für den Abschnitt des Haftverbun-des (vgl. Bild 4.5-1c) in Gl. ( 4-22 ):

xsKddx

)x(dFA

dx

d

)s(A

d

dx

d

Addxd)s(

abfma

mim

bmi

fm

mimfb

( 4-50 )

Mit der Randbedingung Fma(x = lb) = 0 folgt aus Gl.( 4-50 ) und durch Einsetzen von Gl.( 4-46 ) die Gleichung für den Verlauf der Matrixzugkraft Fma(x):

]

Ed

n1K)xl(2Sinhn1K

EdEd

n1K)xl(2Cosh

KF2KF2[n1K2

1)x(F

ff

fbbbafb

f2/3

f

ff

fbb

bcritbcritfb

ma

( 4-51 )

Die Gleichungen zur Beschreibung des Tragverhaltens für den plastischen Abschnitt des Verbundge-setzes, den Reibverbund, entsprechen denen von Abschnitt 4.7.3.

Zur Veranschaulichung der hergeleiteten Gleichungen sind in Bild 4.7-9 und Bild 4.7-10 exemplarisch

für die Parameter n = 3,58; f = 0,0204; ba = 11,5 MPa; Kb = 1.000 MPa/mm; lb = 6,5 mm; df = 0,175 mm und Ef = 190.000 MPa die Verläufe der Faser- und Matrixzugkraft sowie der Relativverschiebung sa(x) entlang der Fasereinbindelänge abgebildet.

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132 Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB

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Bild 4.7-9: Verlauf der Faser- und Matrixzugkraft nach Gl.( 4-48 ) und Gl.( 4-51 ) entlang der Fasereinbin-

delänge bei Aktivierung des Haftverbundes ba an der Austrittstelle der Faser aus der Matrix

Bild 4.7-10: Verlauf der Relativverschiebung sa(x) zwischen Faser und Matrix nach Gl.( 4-46 ) entlang der

Fasereinbindelänge bei Aktivierung des Haftverbundes ba an der Austrittstelle der Faser aus der Matrix

Page 139: Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton

Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB 133

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

4.7.6 Herleitung - wr Beziehung für abgetreppt - plastisches Verbundgesetz

Bei Ansatz eines ideal - elastisch - abgetreppt - plastischen Verbundgesetztes nach Naaman et al. (1991a) (vgl. Bild 4.5-1c), nachfolgend als abgetreppt - plastisches Verbundgesetz bezeichnet, unter-teilt sich das Tragverhalten einer Einzelfaser in drei Phasen (vgl. Bild 4.7-11):

- Phase 1: Haftverbundaktivierung

- Phase 2: Übergangsphase vom Haftverbund in den Reibverbund

- Phase 3: Faserauszugsphase

Bild 4.7-11: Tragverhalten einer Einzelfaser bei Ansatz eines abgetreppt - plastischen Verbundgesetzt nach Naaman et al. (1991a)

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

134 Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Bei den nachfolgenden Betrachtungen wird die elastische Verformung entlang der freien Faserlänge im Riss der Breite wr vernachlässigt und es wird stets das Rissufer mit der Fasereinbindelänge lb ≤ lf / 2 betrachtet. Der Haftverbund wird bis zur vollständigen Haftverbundaktivierung als über die komplette Einbindelänge lb wirkend angenommen.

Die zur vollständigen Haftverbundaktivierung korrespondierende Relativverschiebung zwischen Faser und Matrix wird mit sa bezeichnet. Analog zu Abschnitt 4.7.4 wird die Relativverschiebung infolge des Reibverbundes als sf definiert. Mit Erreichen einer Rissbreite von wr = 2 . sa ist die Haftverbundak-tivierung abgeschlossen (vgl. Bild 4.7-11 a und b). Es folgt die Übergangsphase vom Haftverbund in den Reibverbund, wo mit zunehmender Rissöffnung wr die Reibverbundlänge lbf ansteigt und parallel die Haftverbundlänge lba abnimmt. Die Relativverschiebung sf zwischen Faser und Matrix infolge des Reibverbundes wird nach Gl. ( 4-34 ) berechnet. Die zur Übergangsphase zugehörigen Grenzwerte der Rissöffnung wr sind in Bild 4.7-11 c angegeben. Die Übergangsphase endet mit der vollständigen Reibverbundaktivierung lbf = lb entlang der Fasereinbindelänge (vgl. Bild 4.7-11 d). Im Anschluss geht die Faser in die Faserauszugsphase über, in der die aktivierte Reibverbundlänge lbf mit zunehmenden

Faserauszug s abnimmt (vgl. Bild 4.7-11 e). Hierdurch wird auch die durch die Faser übertragbare Kraft kontinuierlich reduziert.

Für die Haftverbundaktivierungsphase ergibt sich die übertragbare Faserkraft F in Abhängigkeit von

der Höhe des Haftverbundes ba an der Faseraustrittstelle aus der Matrix und der Einbindelänge lb der Faser nach Gl.( 4-49 ) zu F = Fcrit.

Die Beziehung für die Rissbreite wr während der Übergangsphase vom Haftverbund in den Reibver-bund lautet:

)l(s

K2)l(ss2w bff

b

babffar ( 4-52 )

mit wr Rissbreite sf(lbf) Relativverschiebung zwischen Faser und Matrix infolge Reibverbund bei einer Reibverbundlänge von lbf nach Gl. ( 4-34 )

sa = ba / Kb Relativverschiebung zwischen Faser und Matrix infolge Haftverbund

Ausgehend von Gl.( 4-52 ) folgt durch Einsetzen von Gl. ( 4-34 ) und Auflösen die aktivierte Reibver-bundlänge lbf während der Übergangsphase zu:

ff

fbf

b

bar

bf

Ed

)n1(2

K

2w

l

( 4-53 )

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB 135

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Die in der Übergangsphase übertragbare Kraft F einer Einzelfaser berechnet sich aus einem Anteil des Haftverbundes nach Gl.( 4-49 ) und einem Anteil des Reibverbundes nach Gl.( 4-26 ) zu:

bfbff

ff

fbbfbffb

ff

fbbfbbaff

2/3f

bffbfbcritbffbacrit

ld

Ed

n1K)ll(2Coshnn1K2

Ed

n1K)ll(2Sinhn1Ed

)l(F)ll(F)l(F)l(FF

( 4-54 )

Zwischen der Rissbreite wr, dem Faserauszug s und der Relativverschiebung sf und sa zwischen Faser und Matrix gilt in der Faserauszugsphase die folgende Beziehung (vgl. Bild 4.7-12), wobei vereinfacht näherungsweise angenommen wird, dass sich an beiden Rissufern identische Relativverschiebungen zwischen Faser und Matrix infolge Reib- und Haftverbund ausbilden:

b

basbfsasbfsr K)l(s2s)l(s2w ( 4-55 )

mit wr Rissbreite

s Faserauszug

sf(lb - s) Relativverschiebung zwischen Faser und Matrix infolge Reibverbund bei einer

reduzierten Einbindelänge von lb - s nach Gl. ( 4-34 )

sa = ba / Kb Relativverschiebung zwischen Faser und Matrix infolge Haftverbund

Bild 4.7-12: Faserauszugsphase mit Berücksichtigung des Haft- und Reibverbundes

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136 Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Einsetzen von Gl. ( 4-34 ) in die Gl.( 4-55 ) und Auflösen nach s ergibt den Faserauszug s einer Ein-zelfaser während der Faserauszugsphase für eine vorgegebene Rissbreite wr und Einbindelänge lb:

]2wKlK1n16KEdEd

1nlK8KEd[1nK8

1

barbbbfbfbffff

fbfbbbff

fbfb

s

( 4-56 )

Die in der Faserauszugsphase durch die Einzelfaser übertragbare Kraft F folgt aus Gl. ( 4-26 ) zu:

bffbfsbfbfsbff ldld)lx(AF ( 4-57 )

Mit den zuvor hergeleiteten Gleichungen kann der numerische Algorithmus nach Bild 4.7-13 zur Be-stimmung der eindimensionalen Zugfestigkeit fct,1D und die Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung

ct - wr eines beliebigen Querschnitts für ein abgetreppt - plastisches Verbundgesetz nach Naaman et al. (1991a ) angegeben werden. Die Berechnung basiert auf der Annahme einer homogenen Faserver-teilung und eindimensionalen Faserorientierung.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB 137

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Unterteilung der Fasern im Querschnitt in j Faserklassen nach der Einbindelänge lbi mit einer Klassenbreite von lbi = 0,05 mm und einer Faseranzahl von (nf / j) je Faserklasse i

Berechnung der Relativverschiebung sfi = sf(lbi) mit Gl.(3-32) bei vollständiger Reibverbundaktivierung und sai = sa(lbi) mit Gl.(3-44) bei vollständiger

Haftverbundaktivierung für jede Faserklasse i

nein

Definition Material- und Querschnittsparameter

Phase Faserklasse i: Faserauszug

Faserauszug si nach Gl.( 3-54)

Übertragbare KraftFi nach Gl.(3-55)

Phase Faserklasse i: Übergangsphase

Aktivierte Reibverbundlänge lbfinach Gl.( 3-51 )

F = F + Fi

Initialisierung der Gesamtkraft F = 0

i = 1

i = i + 1

i ≤ j ?

wr = wr + w

ct (wr) = F / A

wr ≤ Lf / 2 ?

Ausgabe der ct - wr - Beziehung

ja

ja

wr ≤ 2.sai ?

2.sai < wr ≤ 2.(sai+ sfi) ?

Phase der Faserklasse i prüfen

Phase Faserklasse i: Haftverbundaktivierung

Verbleibende Einbindelänge:lbfi = lbi - si

Übertragbare KraftFi nach Gl.(3-52)

Verbleibende Haftverbundlänge:lbai = lbi - lbfi

Startwerte für Rissbreite wr

ja

Übertragbare KraftFi nach Gl.(3-47)

Bild 4.7-13: Struktogramm des Algorithmus zur numerischen Berechnung der Spannungs - Rissöffnungs -

Beziehung ct - wr für das abgetreppt - plastisches Verbundgesetz nach Naaman et el. (1991a)

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

138 Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Im folgendem werden die wesentliche Schritte des Algorithmus nach Bild 4.7-13 erläutert. Bei den im

Struktogramm angegebenen Gleichungen sind lb durch lbi, lbf durch lbfi, lba durch lbai und s durch si zu ersetzen. Zunächst erfolgt eine Unterteilung aller Fasern im Querschnitt ausgehend von der maximalen

Einbindelänge lb = lf / 2 einer Einzelfaser in j = lb / lbi +1 Faserklassen mit einer Klassenbreite von

lbi = 0,05 mm. Die Einbindelänge der Faserklasse i wird hierbei mit lbi bezeichnet. Für jede Faser-klasse i wird die Relativverschiebung sfi = sf(lbi) mit Gl. ( 4-34 ) bei vollständiger Reibverbundaktivie-rung und sai = sa(lbi) mit Gl.( 4-46 ) bei vollständiger Haftverbundaktivierung berechnet.

Die Bandbreite der zu untersuchenden Rissbreite wr von 0,00 mm bis wr,max = lf / 2 wird ebenfalls in

Klassen der Breite w unterteilt. Bis zu einer Rissbreite von wr ≤ 0,5 mm wird die Klassenbreite mit

w = 0,01 mm und ab wr > 0,5 mm mit w = 0,05 mm angesetzt. Für jede vorgegebene Rissbreite wr wird für jede Faserklasse i mit folgenden Bedingungen überprüft, ob sich diese in der Haftverbundak-tivierungs-, Übergangs- oder Faserauzugsphase befindet:

air s2w ( 4-58 )

fiairai ss2ws2 ( 4-59 )

Ist die Bedingung nach Gl.( 4-58 ) erfüllt, so befindet sich die Faserklasse i in der Haftverbundaktivie-rungsphase. Bei Erfüllung der Bedingung nach Gl.( 4-59 ) befindet sich die Faserklasse i in der Über-gangsphase und ansonsten in der Faserauszugsphase.

Befindet sich die Faserklasse i in der Haftverbundaktivierungsphase so kann mit Gl.( 4-49 ) direkt die zugehörige übertragbare Kraft Fi berechnet werden. Für die Berechnung der übertragbaren Kraft Fi der Faserklasse i in der Übergangsphase mit Gl.( 4-54 ) muss zunächst die aktivierte Reibverbundlänge lbfi mit Gl.( 4-53 ) ermittelt werden. Aus dieser folgt dann unmittelbar die verbleibende Haftverbundlänge zu lbai = lbi - lbfi. Falls sich die Faserklasse i in der Faserauszugsphase befindet wird mit Gl.( 4-56 )

zunächst der Faserauszug si berechnet. Mit der verbleibenden Einbindelänge lbfi = lbi - si folgt aus Gl.( 4-57 ) die übertragbare Kraft Fi der Faserklasse i.

Durch Aufsummieren der übertragbaren Kräfte Fi von allen j Faserklassen erhält man die zur vorgege-benen Rissbreite wr korrespondierende übertragbare Kraft F. Diese wird mit Hilfe der Querschnittsflä-

che A in die äquivalente Spannung ct umgerechnet. So erhält man schrittweise die gesuchte Span-

nungs - Rissöffnungs - Beziehung ct - wr für das abgetreppt - plastische Verbundgesetz nach Naaman et al. (1991a).

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB 139

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

4.7.7 Parameterstudie zur eindimensionalen Zugfestigkeit fct,1D auf Faserebene

Mit Hilfe der im Abschnitt 4.7.4 und Abschnitt 4.7.6 hergeleiteten Berechnungsalgorithmen wird eine Parameterstudie durchgeführt, um den Einfluss einzelner Parameter auf die eindimensionale Zugfes-

tigkeit fct,1D und den Verlauf der Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung ct - wr zu untersuchen. Als Fasertyp wird die Redaelli Tecna Faser nach Tabelle 4.4-1 in Kombination mit Ductal® mit 2 Vol.-% Stahlfasern betrachtet. An dieser Stelle sei noch darauf hingewiesen, dass die 1D - Zugfestigkeit fct,1D

bedingt durch die Annahme einer homogenen Faserverteilung und eindimensionalen Faserorientierung unabhängig von den Querschnittsabmessungen ist.

Folgende Parameter werden variiert:

- Verbundgesetz nach Pfyl (2003) und Naaman et al. (1991a).

- Reibverbund bf:

Neben den für BPR nach Tabelle 4.5-1 angegebenen Werten für bf mit und ohne Wärme-

behandlung wird als oberer Grenzwert ein Reibverbund von bf = 14,8 bzw. 18,85 MPa korrespondierend zu einer Zugfestigkeit der Stahlfasern von fctfk = 2.200 MPa nach Beh-loul (1996a) bzw. 2.800 MPa nach Orange et al. (1999) bei einem Faserdurchmesser von df = 0,175 mm betrachtet.

- Haftverbund ba: Ausziehversuche nach Orange et al. (1999) ergaben für glatte Fasern mit df = 0,2 mm oh-

ne Oberflächenbehandlung je nach Einbindelänge ein Verhältnis ba / bf von 1,2 bis 1,7.

Für die Parameterstudie wird daher ein Bereich von ba / bf = 1,0 bis 2,0 betrachtet.

- Verbundsteifigkeit Kb: Verbundsteifigkeit Kb gemäß der „shear lag“ Theorie von Cox (1952) nach Gl.( 4-9 ), der sich bei Ansatz eines Radius r nach Gl.( 4-17 ) für eine kreisförmige Faseranordnung er-gibt. Mit dem E-Modul von Ect = 48.576 MPa für Zugbeanspruchung und einer Querdehn-

zahl von m = 0,2 folgt Kb = 118.260 MPa/mm. Zum Vergleich wird die aus den Auszieh-versuchen an Einzelfasern nach Orange et al. (1999) abgeleitete maximale Verbundstei-figkeit von Kb = 17,31 MPa/mm angesetzt, die jedoch im Vergleich zur berechneten nach der „shear lag“ Theorie sehr gering ausfällt.

- Faserdurchmesser df: Ansatz der oberen und unteren Streugrenze sowie des mittleren Faserdurchmessers vom Fasertyp Redaelli Tecna nach Tabelle 4.4-1 mit df = 0,175 ± 0,02 mm.

- Faserlänge lf’: Ansatz der oberen und unteren Streugrenze sowie der mittleren Faserlänge lf vom Fasertyp Redaelli Tecna nach Tabelle 4.4-1 mit lf = 13,0 ± 1,4 mm.

- Einbindelänge max lb: Der Einfluss der maximalen Einbindelänge max lb wird durch Ansatz von 50%, 75% und 90% von lf / 2 betrachtet.

In Tabelle 4.7-1 sind die Berechnungsparameter und Ergebnisse der Parameterstudie zusammenge-fasst.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

140 Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Tabelle 4.7-1: Berechnungsparameter und Ergebnisse der Parameterstudie

Var

iati

on

Kb

Var

ian

teA

BC

DE

FG

HI

JK

LM

NO

PQ

R

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amet

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bf o

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(1

996)

bf m

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B

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(199

6)

ober

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i f tf

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00

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renz

e b

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"S

hear

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a =

1,0

0

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"S

hear

Lag

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heor

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a =

1,2

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nach

"S

hear

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a =

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"S

hear

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a =

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5

Kb

nach

"S

hear

Lag

" T

heor

ie

a =

2,0

0

Kb

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e et

al

. (1

999)

a =

1,2

5

l b =

75

%

von

l f /

2l b

= 9

0 %

vo

n l f

/ 2l b

= 9

0 %

vo

n l f

/ 2

l b =

50

%

von

l f /

2

Qu

ersc

hn

itts

wer

te

b [m

m]

=50

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50,0

050

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50,0

050

,00

50,0

050

,00

50,0

050

,00

50,0

050

,00

50,0

050

,00

50,0

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,00

50,0

050

,00

50,0

0

h [m

m]

=50

,00

50,0

050

,00

50,0

050

,00

50,0

050

,00

50,0

050

,00

50,0

050

,00

50,0

050

,00

50,0

050

,00

50,0

050

,00

50,0

0

[-

] =

1,00

1,00

1,00

1,00

1,00

1,00

1,00

1,00

1,00

1,00

1,00

1,00

1,00

1,00

1,00

1,00

1,00

1,00

Mat

eria

lpar

amet

er

[V

ol.-

%]

=2,

0%2,

0%2,

0%2,

0%2,

0%2,

0%2,

0%2,

0%2,

0%2,

0%2,

0%2,

0%2,

0%2,

0%2,

0%2,

0%2,

0%2,

0%

bf [

MP

a] =

7,50

11,5

014

,80

18,8

511

,50

11,5

014

,80

14,8

014

,80

14,8

014

,80

14,8

014

,80

14,8

014

,80

14,8

018

,85

14,8

0

ba [

MP

a] =

0,00

0,00

0,00

0,00

0,00

0,00

0,00

0,00

14,8

018

,50

22,2

025

,90

29,6

018

,50

0,00

0,00

0,00

0,00

a [-

] =

ba

/ b

f =-

--

--

--

-1,

001,

251,

501,

752,

001,

25-

--

-

Kb

[MP

a/m

m]

=0,

000,

000,

000,

000,

000,

000,

000,

0011

8.26

0,00

118.

260,

0011

8.26

0,00

118.

260,

0011

8.26

0,00

17,3

10,

000,

000,

000,

00

max

l b [m

m]

= l f

/ 2

=6,

506,

506,

506,

506,

506,

507,

205,

806,

506,

506,

506,

506,

506,

504,

885,

855,

853,

25

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mm

] =0,

175

0,17

50,

175

0,17

50,

195

0,15

50,

175

0,17

50,

175

0,17

50,

175

0,17

50,

175

0,17

50,

175

0,17

50,

175

0,17

5

Ef [

MP

a] =

190.

000,

0019

0.00

0,00

190.

000,

0019

0.00

0,00

190.

000,

0019

0.00

0,00

190.

000,

0019

0.00

0,00

190.

000,

0019

0.00

0,00

190.

000,

0019

0.00

0,00

190.

000

,00

190.

000,

0019

0.00

0,00

190.

000,

0019

0.00

0,00

190.

000,

00

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MP

a] =

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76,0

048

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,00

48.5

76,0

048

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48.5

76,0

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,00

48.5

76,0

048

.576

,00

48.5

76,0

048

.576

,00

48.5

76,0

048

.576

,00

48.5

76,0

048

.576

,00

48.

576,

0048

.576

,00

48.5

76,0

048

.576

,00

fct

,el [

MP

a] =

8,00

8,00

8,00

8,00

8,00

8,00

8,00

8,00

8,00

8,00

8,00

8,00

8,00

8,00

8,00

8,00

8,00

8,00

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bu

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003)

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003)

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.(19

91a)

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1991

a)N

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.(19

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man

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al.(

1991

a)N

aam

an e

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.(19

91a)

Naa

man

et

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1991

a)P

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003)

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3)P

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003)

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l(200

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MP

a] =

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21,7

021

,73

21,7

521

,77

21,7

926

,63

16,3

119

,51

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010

,90

wr(f

ct,1

D)

[mm

] =

0,04

0,05

0,07

0,09

0,05

0,06

0,08

0,05

0,06

0,06

0,06

0,06

0,06

2,10

0,04

0,06

0,07

0,02

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1,1D

[J/

m]

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2.08

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595

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103

1.11

01.

117

1.12

527

.960

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1.00

11.

453

198

Gcr

2,1D

[J/

m]

=23

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36.5

3646

.669

59.0

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.768

41.0

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37.3

6946

.751

46.7

5246

.753

46.7

5546

.756

36.8

0626

.403

37.8

3248

.030

11.7

84

Gcr

,tot

al,1

D [

J/m

] =

Gcr

1,1D

+ G

cr2,

1D =

24.2

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47.9

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4938

.171

47.8

4647

.855

47.8

6347

.872

47.8

8164

.766

26.9

6138

.833

49.4

8311

.982

n f [-

] =2.

063

2.04

72.

047

2.04

71.

649

2.60

92.

047

2.04

72.

047

2.04

72.

047

2.04

72.

047

2.06

32.

047

2.04

72.

047

2.06

3

Var

iati

on

lb

Var

iati

on

des

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bve

rbu

nd

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aria

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tio

n d

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tio

n S

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bre

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l f

Page 147: Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton

Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB 141

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Die Variante I bis M wird mit dem ideal - elastisch - abgetreppt - plastischen Verbundgesetz (im fol-genden als abgetreppt - plastisches Verbundgesetz bezeichnet) nach Naaman et al. (1991a) (vgl. Bild

4.5-1) berechnet, wobei das Verhältnis ba / bf von 1,0 bis 2,0 mit bf = 14,8 MPa variiert und die Ver-bundfestigkeit Kb = 118.260 MPa/mm nach der „shear lag“ Theorie angesetzt wird. Die berechnete 1D - Zugfestigkeit liegt im Bereich von fct,1D = 21,70 bis 21,79 MPa bei einer Rissöffnung von jeweils wr = 0,06 mm. Bei Variante N wurde im Vergleich zu Variante J eine Verbundsteifigkeit von Kb = 17,31 MPa/mm angesetzt, was zu einer höheren 1D - Zugfestigkeit von 26,63 MPa führt. Allerdings liegt die zugehörige Rissbreite mit wr = 2,1 mm um den Faktor 10- bis 26-mal höher als entsprechende Riss-breiten der Versuche mit wr = 0,08 bis 0,21 mm (vgl. Forschungsbericht von Frettlöhr und Reineck (2009), Abschnitt 3) und daher ist die Verbundsteifigkeit mit Kb = 17,31 MPa/mm als viel zu gering einzustufen.

Mit dem ideal - plastischen Verbundgesetz nach Pfyl (2003), bei sonst identischen Parametern, ergibt sich ein fct,1D von 21,68 MPa bei wr = 0,07 mm (Variante C) und unterscheidet sich somit nur sehr geringfügig von der Variante I bis M. Ein Vergleich der totalen Bruchenergie Gcr,total,1D der Varianten I bis M und Variante C zeigen ebenfalls nur eine sehr geringfügige Abweichung. Weder die Höhe der

Haftreibung ba noch deren Ansatz beim Verbundgesetz hat damit einen wesentlichen Einfluss auf die 1D - Zugfestigkeit fct,1D, die korrespondierende Rissbreite wr(fct,1D) und die totale Bruchenergie Gcr,total,1D bei glatten geraden Stahlfasern bei identischen Berechnungsparametern. Alle weiteren Para-meteruntersuchungen erfolgen daher mit dem ideal - plastischen Verbundgesetz nach Pfyl (2003).

Bei der Variante E und F wird der Einfluss der Streubreite des Faserdurchmessers df auf die 1D - Zug-festigkeit fct,1D im Vergleich zum mittleren Faserdurchmesser (Variante B) bei sonst identischen Para-metern untersucht. Die 1D Zugfestigkeit nimmt bei Ansatz der unteren Streugrenze des Faserdurch-messers für alle Fasern mit df,untere = 0,175 - 0,02 = 0,155 mm (Variante F) um +12,8 % zu wohingegen ein Ansatz der oberen Streugrenze mit df,obere = 0,0175 + 0,02 = 0,195 (Variante E) zu einer Reduzie-rung um -10% gegenüber der 1D - Zugfestigkeit bei mittlerem Faserdurchmesser df = 0,175 mm führt. In Vergleichbarer Größenordnung wirkt sich die Streubreite des Faserdurchmessers auf die totale Bruchenergie Gcr,total,1D aus.

Eine Variation der Faserlänge im Streubereich von lf = 13 ± 1,4 mm (Variante G und H) führt im Ver-gleich zur mittleren (Variante C) zu einer um 10,7 % höheren bzw. niedrigeren 1D - Zugfestigkeit und verhält sich damit proportional zum Streubereich. Im Gegensatz hierzu verhält sich die totale Bruch-energie Gcr,total,1D mit einer Zunahme von +22,7 % bei der oberen Streugrenze und einer Abnahme von -20,4 % bei der unteren Streugrenze gegenüber der mittleren Faserlänge (Variante C) überproportional im Vergleich zum Streubereich.

Der Einfluss der maximalen Einbindelänge lb,max der Fasern wird mit Variante O, P und R verdeutlicht. Die 1D - Zugfestigkeit nimmt im Vergleich zur Variante C in etwa proportional zur Reduzierung der maximalen Einbindelänge um ca. 25 % bei Variante O, ca. 10 % bei Variante P und ca. 50 % bei Va-riante R ab. Die zu fct,1D zugehörige Rissbreite wr(fct,1D) fällt auf 0,02 mm (Variante R), 0,04 (Variante O) bzw. 0,06 mm (Variante P) ab. Demgegenüber reduziert sich die totale Bruchenergie Gcr,total,1D überproportional um 43,8 % (Variante O), 19 % (Variante P) und 75 % (Variante R) gegenüber Vari-ante C.

In Bild 4.7-14 ist die 1D - Zugfestigkeit fct,1D in Abhängigkeit vom Reibverbund bf für das Berech-nungsmodell auf Faserebene (vgl. Variante A bis D) und zum Vergleich für das stochastische Modell nach Abschnitt 4.6 dargestellt.

Page 148: Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton

Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

142 Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Bild 4.7-14: Zusammenhang zwischen Reibverbund bf und der eindimensionalen Zugfestigkeit fct,1D

In beiden Fällen verhalten sich Reibverbund bf und die 1D - Zugfestigkeit fct,1D proportional zueinan-der. Die Kurvenverläufe sind fast identisch, wobei der Verlauf nach dem stochastischem Modell eine geringfügig höhere Steigung aufweist und somit bei identischem Reibverbund eine minimal höhere 1D - Zugfestigkeit ergibt. Die Differenz kommt aus der beim Berechnungsmodell auf Faserebene be-rücksichtigten zeitlich versetzten Aktivierung der einzelnen Fasern, die beim stochastischen Modell

vernachlässigt wird. Mit zunehmenden Reibverbund bf nimmt die Differenz hierbei zu. Der Vergleich zeigt, dass sich mit dem stochastischen Modell die 1D - Zugfestigkeit bereits zutreffend abschätzen

lässt. Rückschlüsse auf die Rissbreite bzw. die Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung ct - wr sind mit diesem Modell jedoch nicht möglich.

Durch Betrachtung der normierten Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung ct - wr kann deren Verlauf bei Ansatz von unterschiedlichen Parametern verglichen werden. In Bild 4.7-15 a sind die Verläufe für

das ideal - plastische Verbundgesetz nach Pfyl (2003) bei Ansatz eines Reibverbundes von bf = 14,8 bzw. 18,85 MPa (Variante C und D) abgebildet. Zum Vergleich sind auch die Verläufe nach dem ab-

getreppt - plastischen Verbundgesetz von Naaman et al. (1991a) für einen Reibverbund von bf = 14,8

MPa und einem Verhältnis ba / bf von 1,0 bzw., 2,0 (Variante I und M) dargestellt. Zusätzlich ist der

Verlauf für Variante O und P mit dem Verbundgesetz nach Pfyl (2003), einem Reibverbund bf = 14,8 MPa und einer um 25 % bzw. 10% reduzierten maximalen Einbindelänge lb gegenüber den anderen Varianten angegeben.

Die abfallenden Äste der Varianten C, D, I und M verlaufen deckungsgleich und weisen damit identi-sche Verläufe auf. Hieraus folgt, dass weder Ansatz des Haftverbundes und dessen Größe noch die Höhe der Reibverbundspannung einen erkennbaren Einfluss auf den abfallenden Ast der normierten

Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung ct - wr haben. Eine Reduzierung der maximalen Einbindelän-ge (Variante O und P) hat hingegen eine ausgeprägte Abnahme beim abfallenden Ast zur Folge.

Page 149: Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton

Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB 143

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

a) Normierte Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung ct - wr für unterschiedliche Parameter

b) Detailausschnitt von a): Ansteigender Ast der normierten Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung ct - wr

Bild 4.7-15: Normierte Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung ct - wr für unterschiedliche Parameter

Page 150: Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton

Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

144 Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Das Bild 4.7-15b zeigt einen Detailausschnitt von Bild 4.7-15 a. Bei einer Rissbreite von wr = 0 mm unterscheiden sich die normierten Zugspannungen der Variante D, O und P von Variante C, I und M. Dies liegt daran, dass die Matrixzugfestigkeit bei allen Varianten gleich ist, aber die 1D - Zugfestig-

keit unterschiedlich hoch ausfällt. Mit zunehmenden Reibverbund bf verläuft der ansteigende Ast der

Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung ct - wr flacher (Variante C und D), und die zur 1D - Zugfes-tigkeit korrespondierende Rissbreite wr(fct,1D) nimmt zu. Ein Ansatz des Haftverbundes (Variante I und M) führt zu einem steileren Verlauf des ansteigenden Astes gegenüber Variante C ohne Haftverbund

bei einem Reibverbundansatz in identischer Höhe. Je größer das Verhältnis ba / bf desto steiler der Verlauf des ansteigenden Astes. Der Haftverbund hat praktisch keinen Einfluss auf die zur 1D- Zug-festigkeit zugehörige Rissbreite wr(fct,1D). Eine Reduzierung der maximalen Einbindelänge (Variante O und P) führt ebenfalls im Vergleich zu den übrigen Varianten zu einem steileren Anstieg. Zusätzlich nimmt die zur 1D - Zugfestigkeit zugehörige Rissbreite ab.

4.7.8 Vergleich der auf Faserebene berechneten Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung ct - wr mit eigenen Versuchen und anderen Vorschlägen

In Bild 4.7-16 ist das mit dem optischen Meßsystem erfasste normierte Spannungs - Rissöffnungs-verhalten der Versuchskörper mit Ductal® aus der Serie N1-1 bis N1-6-D und N2-1 bis N2-3-D von

Abschnitt 2.4.9 der berechneten normierten Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung ct - wr der vorhe-rigen Abschnitte mit dem Verbundgesetz nach Pfyl (2003) gegenübergestellt. Analog zu den Versu-chen mit Ductal® wird die Faser vom Typ Redaelli Tecna mit df = 0,175 mm und lf = 13 mm betrach-

tet. Für die Reibverbundspannung wird bf = 14,8 MPa angesetzt. Zum Vergleich sind die von Li (1992), Naaman et al. (1993) und Behloul et al. (1996) vorgeschlagenen Polynome 2. und 3. Grades (Gl. ( 4-60 ) bis ( 4-62 )) zur Beschreibung der Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung von Faserbeton abgebildet.

Kurvenverlauf nach Li (1992):

ff

2fbf

r

2

f

r

ff

2fbf

rbf

2f

ffr

bf2f

ffr

ct

rct

dE2

lwfür

l

w21

dE2

lwfür

l

dEw2

l

dEw22

f

)w( ( 4-60 )

Kurvenverlauf nach Naaman et al. (1993):

3

f

r

ct

rct

l

w21

f

)w(

( 4-61 )

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB 145

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Kurvenverlauf nach Behloul et al. (1996):

1

l

w23

l

w26,3

l

w26,1

f

)w(

f

r

2

f

r

3

f

r

ct

rct ( 4-62 )

mit wr [mm] Rissöffnung lf [mm] Faserlänge df [mm] Faserdurchmesser Ef [MPa] E-Modul der Faser

bf [MPa] Reibverbundspannung fct [MPa] Zentrische Zugfestigkeit

Die optischen Messungen der Faserorientierung der Versuchskörper von Bild 4.7-16 ergaben einen

mittleren Faserorientierungsfaktor von 0,9 (vgl. Abschnitt 3.6.4). Daher sind sowohl die berechnete als auch die von Li (1992), Naaman et al. (1993) und Behloul et al. (1996) vorgeschlagenen Span-

nungs - Rissöffnungs - Beziehungen für eine maximale Fasereinbindelänge von lb,max = · lf / 2 = 0,9 · lf / 2, was einer effektiven Faserlänge von 0,9 · lf entspricht, in Bild 4.7-16 angegeben.

Bild 4.7-16: Vergleich Spannungs - Rissöffnungs - Beziehungen mit Versuchen

Das Polynom 3. Grades nach Behloul et al. (1996) (Gl. ( 4-62 )) verläuft bis zu einer Rissöffnung von wr = 2 mm etwas unterhalb von der Bandbreitenmitte der Versuchskörper. Bei wr = 3 mm liegt das

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

146 Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Polynom in der Bandbreitenmitte und im anschließenden Abschnitt verläuft die Kurve im Bereich der oberen Bandbreitengrenze. Das Polynom 3. Grades nach Naaman et al. (1993) (Gl. ( 4-61 )) verläuft bis zu einer Rissöffnung von wr = 1,5 mm unterhalb der Bandbreitenmitte und mit zunehmender Riss-öffnung an der unteren Grenze der gemessenen Bandbreite. Die von Naaman et al. (1993) und Behloul et al. (1996) vorgeschlagenen Spannungs - Rissöffnungs - Beziehungen beschreiben lediglich den abfallenden Ast und setzen voraus, dass die Zugfestigkeit fct bereits unmittelbar mit einsetzen der Riss-bildung bei wr = 0 mm erreicht wird. Demgegenüber definiert Li (1992) neben dem abfallenden auch einen ansteigenden Ast der Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung. Die Zugfestigkeit wird bei einer Rissöffnung von wr > 0 mm nach Gl. ( 4-60 ) erreicht. Der ansteigende Ast fängt hierbei bei wr = 0 mit

ct = 0 MPa an und berücksichtigt somit nicht die Elastizitätsgrenze fct,el > 0 bei wr = 0 mm.

Bild 4.7-17: Detailausschnitt von Bild 4.7-17

In Bild 4.7-17 ist der Bereich von wr = 0 bis 0,5 mm von Bild 4.7-16 als Ausschnitt dargestellt. Die Versuchskurven zeigen, dass die Zugfestigkeit fct bei einer Rissbreite im Bereich von wr = 0,1 mm erreicht wird. Nach Li (1992) berechnet sich wr(fct) zu 0,03 mm mit einem steil verlaufenden anstei-genden Ast. Die berechnete Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung mit dem Verbundgesetz nach Pfyl (2003) ergibt eine zur Zugfestigkeit fct korrespondierende Rissbreite von wr(fct) = 0,06 mm und liegt damit im Vergleich zu Li (1992) näher an den Versuchswerten. Der ansteigende Ast verläuft hierbei etwas oberhalb der Versuchskurven. Gegenüber dem abfallenden Ast der Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung nach Li (1992) verläuft der berechnete Kurvenverlauf etwas nach rechts versetzt und leicht

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB 147

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

oberhalb. Die abfallenden Äste beider Kurven liegen im Bereich oder etwas oberhalb der Bandbrei-tenmitte der Versuchskurven. Wie man aus Bild 4.7-16 und Bild 4.7-17 erkennen kann, lassen sich die gemessenen Verläufe am zu treffendsten mit der berechneten Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung beschreiben.

4.7.9 Approximation der auf Faserebene berechneten Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung

ct - wr durch analytische Gleichungen

Im Folgenden wird die numerisch berechnete normierte Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung ct - wr für eine eindimensionale Faserorientierung basierend auf dem Verbundgesetz von Pfyl (2003) von den vorherigen Abschnitten durch analytische Gleichungen approximiert.

Für den abfallenden Ast der normierten Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung wird die parametrisier-te Ansatzfunktion nach Gl. ( 4-63 ) gewählt.

D1,ctrr

b

f

D1,ctrr

D1,ct

rct fwwfürl

)f(wwa1

f

)w(

( 4-63 )

mit wr [mm] Rissöffnung wr (fct,1D) [mm] Rissöffnung korrespondierend zur Zugfestigkeit fct,1D fct,1D [MPa] Zugfestigkeit bei eindimensionaler Faserorientierung lf [mm] Faserlänge a [-] und b [-] Kurvenparameter nach der Methode der kleinsten Quadrate

In Tabelle 4.7-2 sind die sich nach der Methode der kleinsten Quadrate ergebenen Kurvenparameter a und b für die exemplarisch betrachteten Varianten C, D, P und R der Parameterstudie (vgl. Tabelle 4.7-2) zusammengefasst.

Tabelle 4.7-2: Kurvenparameter a und b nach der Methode der kleinsten Quadrate

Variante [-] lf [mm] wr (fct,1D) [mm] a [-] b [-]

C 1,0 13,0 0,07 2,016 1,995

D 1,0 13,0 0,09 2,022 1,995

P 1,0 11,7 0,06 2,015 1,995

R 1,0 6,5 0,02 2,005 1,999

Die Parameter a und b der Varianten C, D, P und R unterscheiden sich nur marginal voneinander und können folglich allgemein zu a = b = 2 festgelegt werden.

Als Ansatzfunktion für die Approximation des ansteigenden Astes der normierten Spannungs - Ris-söffnungs - Beziehung wird die Gl.( 4-64 ) gewählt.

D1,ctrr4

1

rD1,ct

rct fwwfürdwcf

)w(

( 4-64 )

mit wr [mm] Rissöffnung wr (fct,1D) [mm] Rissöffnung korrespondierend zur Zugfestigkeit fct,1D fct,1D [MPa] Zugfestigkeit bei eindimensionaler Faserorientierung c und d Kurvenparameter aus Methode der kleinsten Quadrate

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148 Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Die Tabelle 4.7-3 fasst die sich nach der Methode der kleinsten Quadrate ergebenen Kurvenparameter c und d für die Varianten C, D, P und R der Parameterstudie zusammen.

Tabelle 4.7-3: Kurvenparameter c und d nach der Methode der kleinsten Quadrate

Variante [-] lf [mm] wr (fct,1D) [mm] c [-] d [-]

C 1,0 13,0 0,07 1,310 0,326

D 1,0 13,0 0,09 1,411 0,242

P 1,0 11,7 0,06 1,263 0,378

R 1,0 6,5 0,02 0,693 0,733

Die Parameter c und d unterscheiden sich für die untersuchten Varianten. Ursache hierfür sind die konstante Zugspannung an der Elastizitätsgrenze fct,el und die unterschiedlich hoch ausfallenden 1D - Zugfestigkeiten fct,1D der einzelnen Varianten. Hierdurch ergeben sich unterschiedlich hohe nor-mierte Zugspannungen fct,el / fct,1D für eine Rissbreite von wr = 0 mm. Auch eine andere Ansatzfunktion würde zu keinem anderen Ergebnis führen. Zur einfacheren Handhabung im Hinblick auf die Definiti-on der Bemessungskurve für Zugbeanspruchung wird der ansteigende Ast der normierten Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung durch die folgende Gerade approximiert:

D1,ctrrD1,ct

el,ct

D1,ctr

r

D1,ct

el,ct

D1,ct

rct fwwfürf

f

)f(w

w

f

f1

f

)w(

( 4-65 )

mit wr [mm] Rissöffnung wr (fct,1D) [mm] Rissöffnung korrespondierend zur Zugfestigkeit fct,1D fct,1D [MPa] Zugfestigkeit bei eindimensionaler Faserorientierung fct,el [MPa] Zugspannung an der Elastizitätsgrenze

In Bild 4.7-18 a ist beispielhaft die berechnete Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung für die Variante P der Parameterstudie nach Abschnitt 4.7 den Kurvenverläufen der Gl. ( 4-65 ) für den ansteigenden Ast und der Gl. ( 4-63 ) für den abfallenden Ast gegenübergestellt. Zum Vergleich sind auch die ge-messenen Kurvenverläufe abgebildet. Der abfallende Ast der Approximation stimmt sehr gut mit dem Verlauf der berechneten Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung überein (vgl. Bild 4.7-18 a). Erwar-tungsgemäß unterscheiden sich der ansteigende Ast der Approximation und der berechnete Kurven-verlauf deutlich voneinander. Bild 4.7-18 b zeigt jedoch, dass die Approximation im Bereich der Ver-suchskurven verläuft und somit diese zutreffend annährt.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Theoretische Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB 149

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a) Vergleich der gemessenen, berechneten und approximierten Spannungs - Rissöffnungs - Beziehungen ct - wr

b) Detailausschnitt von a) im ansteigenden Ast bis wr = 0,5 mm

Bild 4.7-18: Vergleich der Spannungs - Rissöffnungs - Beziehungen ct - wr

Page 156: Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton
Page 157: Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton

Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabseinfluss 151

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

5 Theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabseinfluss

5.1 Maßstabseinfluss an der Elastizitätsgrenze

5.1.1 Diskussion des Maßstabeinflusses an der Elastizitätsgrenze der zentrischen Zugversuche

Der Einfluss der Krümmung der Versuchsserien N2-7 bis N2-12 (b/h = 3 und h = 75 bzw. 100 mm) sowie N3-1 bis N3-3 (b/h = 5 und h = 50) auf den im Abschnitt 2.4.7 experimentell festgestellten Maßstabseinfluss der Prismenhöhe h (vgl. Bild 2.4-13) sowie des Bauteilverhältnisses b/h (vgl. Bild 2.4-14) an der Elastizitätsgrenze wird im Folgenden auf Grundlage einer statistischen Auswertung aller zentrischen Zugversuche von Abschnitt 2.4.7 bewertet und diskutiert. Auch ein möglicher Ein-fluss der Lokalisierungsstelle wird betrachtet.

Für die Statistik werden die Zugprismen in folgende vier Gruppen unterteilt:

- Gruppe 1: Alle Zugprismen mit einer Lokalisierung innerhalb des Messbereichs und keiner Imperfektionen

- Gruppe 2: Alle Zugprismen mit einer Lokalisierung außerhalb des Messbereichs und keiner Imperfektionen

- Gruppe 3: Alle Zugprismen mit Imperfektionen

- Gruppe 4: Alle Zugprismen mit einer Lokalisierung innerhalb oder außerhalb des Messbereichs und keiner Imperfektion

Für jede Gruppe werden jeweils der Mittelwert, die Standardabweichung und der Variationskoeffizient der Elastizitätsgrenze fct,el berechnet. In Tabelle 5.1-1 sind die Ergebnisse der statistischen Auswertung zusammengefasst. Zusätzlich sind auch die entsprechenden Werte für die zentrische Zugfestigkeit fct angegeben, auf die aber erst im Abschnitt 5.2.1 eingegangen wird. Unter Imperfektionen sind Krüm-mungen sowie Faserfehlstellen der Zugprismen zu verstehen.

Um zu bewerten, ob eine Lokalisierung außerhalb des Messbereichs einen Einfluss auf die Elastizi-tätsgrenze hat, wird der Quotient der mittleren Elastizitätsgrenze der Gruppe 1 und Gruppe 2 gebildet. Dieser beträgt 1,05 und zeigt, dass sich die Elastizitätsgrenze der Zugprismen ohne Imperfektionen mit Lokalisierung außerhalb des Messbereichs nur unwesentlich von denen mit einer innerhalb des Messbereichs unterscheiden. Daher können die Gruppe 1 und 2 für die weitere Betrachtung zur Grup-pe 4 zusammengefasst werden.

Zur Bewertung des Einflusses der Krümmung auf den experimentell festgestellten Maßstabseinfluss wird der Quotient der mittleren Elastizitätsgrenze der Gruppe 3 und 4 gebildet, welcher zu 0,78 folgt. Danach wären bei den Zugversuchen der Zugprismen mit Imperfektionen im Mittel nur 78 % der mitt-leren Elastizitätsgrenze der Zugprismen ohne Imperfektionen erreicht worden. D.h. die mittlere Elasti-zitätsgrenze fct,el,m der Versuchskörper N2-7 bis N2-12 (b/h = 3 und h = 75 bzw. 100 mm) sowie N3-1 bis N3-3 (b/h = 5 und h = 50) ohne Imperfektionen könnte um den Faktor 1/0,78 höher ausfallen.

Page 158: Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton

Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

152 Theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabseinfluss

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Tabelle 5.1-1: Statistische Auswertung der Zugversuche von Abschnitt 2.4.7 und 2.4.8

group 1 group 2 group 3 group 4

specimen localised imperfectionsfct,el

[MPa]

fct

[MPa]width [mm]

height [mm]

b/h

all specimen which localised inside without imperfections

all specimen which localised outside without imperfections

all specimen which showed imperfections

all specimen which localised

outside and inside and showed no

imperfections

N2-1-D-C9inside measuring

zone- 8,77 16,22 74,1 25,9 3 x x

N2-2-D-C9inside measuring

zone- 9,72 15,83 75,7 25,5 3 x x

N2-3-D-C9inside measuring

zone- 10,67 16,17 74,8 25,9 3 x x

N2-1-D-C16inside measuring

zone- 7,35 14,70 74,7 25,5 3 x x

N2-2-D-C16outside

measuring zone- 8,36 14,56 75,3 25,8 3 x x

N2-3-D-C16inside measuring

zone- 8,40 15,19 74,1 24,8 3 x x

N2-1-D-C17outside

measuring zone- 8,38 13,20 75,3 25,8 3 x x

N2-2-D-C17inside measuring

zone- 6,80 12,42 76,1 25,6 3 x x

N2-3-D-C17inside measuring

zone- 6,45 12,85 74,2 24,5 3 x x

N1-1-D-C9outside

measuring zone- 8,16 16,47 50,0 50,7 1 x x

N1-2-D-C9inside measuring

zone- 8,55 16,00 50,0 50,1 1 x x

N1-3-D-C9inside measuring

zone- 8,52 16,32 50,0 50,2 1 x x

N1-1-D-C16outside

measuring zone- 9,54 19,12 49,9 49,9 1 x x

N1-2-D-C16inside measuring

zone- 7,89 16,21 49,3 50,8 1 x x

N1-3-D-C16inside measuring

zone- 8,42 14,91 50,0 51,2 1 x x

N1-1-D-C17inside measuring

zone- 6,05 12,83 48,9 50,8 1 x x

N1-2-D-C17inside measuring

zone- 6,33 12,30 51,5 50,7 1 x x

N1-3-D-C17outside

measuring zone- 6,64 14,78 50,0 50,6 1 x x

N2-4-D-C9outside

measuring zone- 7,98 14,06 149,6 49,5 3 x x

N2-5-D-C9outside

measuring zone- 8,76 15,79 149,0 51,4 3 x x

N2-6-D-C9outside

measuring zone- 7,81 15,76 152,3 49,0 3 x x

N2-4-D-C17outside

measuring zone- 7,53 14,68 150,0 49,0 3 x x

N2-5-D-C17outside

measuring zone- 6,36 14,16 150,8 51,0 3 x x

N2-6-D-C17outside

measuring zone- 5,56 12,46 155,0 51,5 3 x x

N3-1-D-C14outside

measuring zone(a) 6,15 12,61 249,2 51,0 5 x

N3-2-D-C14outside

measuring zone(a) 6,12 12,73 250,0 51,9 5 x

N3-3-D-C14outside

measuring zone(a) 5,92 11,92 249,2 52,0 5 x

N1-4-D-C9inside measuring

zone- 7,72 14,31 74,1 75,9 1 x x

N1-5-D-C9outside

measuring zone- 6,92 13,03 75,0 75,0 1 x x

N1-6-D-C9inside measuring

zone- 9,08 15,05 74,0 75,0 1 x x

N1-4-D-C16inside measuring

zone- 9,51 15,42 74,9 75,0 1 x x

N1-5-D-C16inside measuring

zone- 7,94 13,83 74,1 75,8 1 x x

N1-6-D-C16inside measuring

zone- 7,80 14,75 73,4 76,2 1 x x

N1-4-D-C17inside measuring

zone- 9,29 16,33 75,1 74,5 1 x x

N1-5-D-C17inside measuring

zone- 7,12 11,66 73,8 76,3 1 x x

N1-6-D-C17inside measuring

zone- 6,44 9,32 73,5 76,7 1 x x

N2-7-D-C10outside

measuring zone(a) + (b) 6,24 12,42 225,0 75,9 3 x

N2-8-D-C10outside

measuring zone(a) 7,00 12,62 225,0 76,8 3 x

N2-9-D-C10outside

measuring zone(a) 6,15 12,93 224,0 77,0 3 x

N2-10-D-C11outside

measuring zone(a) + (b) 6,23 10,90 299,9 101,6 3 x

N2-11-D-C13outside

measuring zone(a) + (b) 5,88 11,16 300,0 102,8 3 x

N2-12-D-C15outside

measuring zone(a) + (c) 5,91 12,75 300,0 101,9 3 x

tensile stress at elastic limit fct,el m (fct,el) = 8,04 7,67 6,18 7,90

s (fct,el) = 1,24 1,12 0,34 1,20

v (fct,el) = 15,47% 14,64% 5,44% 15,14%

tensile strength fct m (fct) = 14,41 14,84 12,23 14,57

s (fct) = 1,89 1,80 0,74 1,84

v (fct) = 13,09% 12,11% 6,02% 12,62%

mi(fct,el) / mi+1(fct,el) =

mi(fct) / mi+1(fct) = 0,84

0,781,05

0,97

(a) specimen ends slightly curved towards upper side of formwork(b) localisation surface shows some areas with significant less fibres(c) localisation surface could not be investigated

statistical evaluation based on marked specimens

Page 159: Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton

Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabseinfluss 153

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Im Bild 5.1-1ist die Elastizitätsgrenze fct,el in Abhängigkeit von der Bauteilhöhe h und im Bild 5.1-2 in Abhängigkeit vom Bauteilverhältnis b/h basierend auf den Versuchsergebnissen dargestellt. Zum Ver-gleich sind jeweils die um den Faktor 1/0,78 erhöhten Werte der Versuchsserien mit Imperfektionen gestrichelt eingetragen.

Bild 5.1-1: Zugspannung an der Elastizitätsgrenze fct,el in Abhängigkeit von der Bauteilhöhe h basierend auf den Versuchen und der statistischen Auswertung (gestrichelt)

Bild 5.1-2: Zugspannung an der Elastizitätsgrenze fct,el in Abhängigkeit vom Bauteilverhältnisse b/h basie-rend auf den Versuchen und der statistischen Auswertung (gestrichelt)

Nach Bild 5.1-1 und Bild 5.1-2 hätte weder die Bauteilhöhe h noch das Bauteilverhältnis b/h einen Einfluss auf die Elastizitätsgrenze fct,el bei zentrischem Zug. Nach dieser statistischen Auswertung

Page 160: Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton

Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

154 Theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabseinfluss

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

würde die Elastizitätsgrenze fct,el keinem Maßstabs- und Formeinfluss unterliegen und die mittlere Elastizitätsgrenze der Zugspannung von allen Serien läge bei fct,el = 7,9 MPa.

Allerdings gilt es auch, die statistische Unsicherheit der Versuchsergebnisse zu berücksichtigen. Die Elastizitätsgrenze der Gruppe 4 liegt im Mittel bei fct,el = 7,9 MPa mit einer Standardabweichung von s = 1,2 MPa und einem Variationskoeffizienten von v = 15 %. Vom Standpunkt der Statistik liegt damit die zu erwartende Elastizitätsgrenze fct,el im Bereich von 6,7 bis 9,1 MPa. Die Streuung der Gruppe 3 ist mit v = 5,44 % gering und die mittlere Elastizitätsgrenze von fct,el,m = 6,2 MPa liegt ca. 8 % unter-halb des Streubereichs von Gruppe 4. Letztlich können nur weitere Versuchsserien der Zugprismen, die Imperfektionen aufwiesen, Aufschluss darüber gegeben, ob die zentrische Zugspannung an der Elastizitätsgrenze einem Maßstabs- und Formeinfluss unterliegt. Nur so können die in diesem Ab-schnitt abgeleiteten Schlussfolgerungen verifiziert und statistisch abgesichert werden.

5.1.2 Probalistische Bruchmechanik nach Weibull an der Elastizitätsgrenze

Die auf Weibull zurückgehende statistische Theorie des Sprödbruchs liefert für spröde Materialien eine Erklärung für die häufig signifikante Abnahme der Festigkeit mit zunehmendem Volumen eines Körpers. Hierbei sind im Allgemeinen Materialdefekte wie z.B. Mikroporen, Mikrorisse, Einschlüsse und Inhomogenitäten die Ursache für die Abnahme. Die Theorie von Weibull basiert auf der Annah-me, dass die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Defekten umso höher ist, je größer das Bauteilvo-lumen ist. Die Theorie wird nach Gross (1996) u.a. zur Beurteilung des Festigkeitsverhaltens von ke-ramischen Werkstoffen, faserverstärkten Materialien, Geomaterialien, Beton und spröden Metallen herangezogen.

Daher ist es naheliegend, im Folgenden zu überprüfen, ob die Weibull Theorie eine Erklärung für den experimentell festgestellten Maßstabs- und Formeinfluss der Elastizitätsgrenze bei Biegung von UHFFB liefert. In Ergänzung zur statistischen Diskussion des Maßstabs- und Formeinflusses der Elas-tizitätsgrenze bei zentrischem Zug von Abschnitt 5.1.1 wird auch eine Anwendung der Weibull Theo-rie bei Zugbeanspruchung überprüft. Des Weiteren wird auch das Verhältnis der Biegerandzugspan-nung zur Zugspannung an der Elastizitätsgrenze nach der Weibull Theorie berechnet und mit den Ver-suchswerten verglichen.

Folgende Beziehung für die „Bruchfestigkeit“ (hier �fct,el bzw. fctfl,el) unterschiedlicher Volumi-na V1 und V2 nach Weibull gibt Gross (1996) in Gl. (10.17) an:

m

1

V

m

1

1

2

2

1N V

V

( 5-1 )

mit V2 > V1

V = V2 / V1 Verhältnis der Volumina

N Verhältnis der Bruchfestigkeit von Prismen unterschiedlicher Volumina Vi Volumen mit konstanter Beanspruchung - bei Biegzugprismen: Volumen zwischen den Einzellasten (vgl. Bild 2.1-1 bzw. Bild 2.1-4) - bei Zugprismen: Volumen des Messbereichs (vgl. Bild 2.1-2 und Bild 2.1-3) m Weibull - Modul

Nachfolgend sollen zunächst die Versuchsergebnisse der zentrischen Zugversuche mit den nach der Weibull Theorie berechneten Werten verglichen werden. Die Berechnungen wurden für verschiedene

Page 161: Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton

Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabseinfluss 155

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Serien A1 bis D durchgeführt und sind in Tabelle 5.1-2 angegeben. Das Verhältnis der zentrischen Zugspannung an der elastischen Grenze fct,el vom Versuchskörper mit dem größerem Volumen V2 gegenüber dem Versuchskörper mit V1 wird wie folgt ermittelt:

)V(f

)V(f

1el,ct

2el,cttests,red ( 5-2 )

Tabelle 5.1-2: Vergleich der Versuchsergebnisse der Zugversuche mit den nach der Weibull Theorie berechne-ten Werte

Serieb1

[mm]

h1

[mm]

l1

[mm]

V1

[mm³]

b2

[mm]

h2

[mm]

l2

[mm]

V2

[mm³]v

[-]m[-]

N

[-]

red,calc = 1/N

[-]

red,tests

[-]

75 25 150 281.250 150 50 300 2.250.000 8,0 6,0 1,414 0,707 0,881

75 25 150 281.250 225 75 450 7.593.750 27,0 6,0 1,732 0,577 0,776

75 25 150 281.250 300 100 450 13.500.000 48,0 6,0 1,906 0,525 0,722

75 25 150 281.250 150 50 300 2.250.000 8,0 16,5 1,134 0,882 0,881

75 25 150 281.250 225 75 450 7.593.750 27,0 13,0 1,289 0,776 0,776

75 25 150 281.250 300 100 450 13.500.000 48,0 11,9 1,384 0,722 0,722

75 25 150 281.250 150 50 300 2.250.000 8,0 16,4 1,135 0,881 0,881

75 25 150 281.250 225 75 450 7.593.750 27,0 1.167,0 1,003 0,997 0,998

75 25 150 281.250 300 100 450 13.500.000 48,0 49,1 1,082 0,924 0,925

50 50 100 250.000 150 50 300 2.250.000 9,0 36,0 1,063 0,941 0,941

50 50 100 250.000 250 50 500 6.250.000 25,0 12,8 1,286 0,778 0,778

50 50 100 250.000 75 75 150 843.750 3,4 ∞ 1,000 1,000 1,024

50 50 100 250.000 225 75 450 7.593.750 30,4 18,1 1,208 0,828 0,829

D 75 75 150 843.750 225 75 450 7.593.750 9,0 10,6 1,231 0,812 0,813

m gewählt für Übereinstimmung dieser Wertered,tests Werte basieren auf Versuchen

red,tests Werte der Zugprismen mit Imperfektionen basieren auf statistischer Auswertung, ohne Imperfektionen auf Versuchen

A1

C

B

A2

A3

Für den Weibull-Modul gibt Behloul (1996a) für BPR (heute Ductal®) ohne Fasern den Wert m = 6

an. Mit diesem ergeben sich für die Serie A1 mit b/h = 3 der Tabelle 5.1-2 die angegebenen Werte red,

calc = 1/N von h1 = 25 mm auf h2 = 50, 75 bzw. 100 mm. Diese stimmen nicht mit dem Versuchswert

von red, tests gemäß Tabelle 5.1-2 überein. In der Serie A2 wurde für dieselben Zugprismen der Modul

m bestimmt, so dass die Bedingung red, calc = red, tests erfüllt ist. Die Berechnung führt zu Werten von

m = 11,9 bis 16,5. In Serie A3 wurde red, tests basierend auf den Versuchswerten von den Zugprismen ohne Imperfektionen und anhand der statistischen Auswertung abgeschätzten Werte der Zugprismen

mit Imperfektionen von Abschnitt 5.1.1 berechnet und wiederum der Modul m bestimmt, so dass red,

calc und red, tests übereinstimmen. Für m ergeben sich Werte von 16,4 bis 1.167.

Für die Serie mit dem Einfluss des Seitenverhältnisses b/h = 1, 3 und 5 mit h = 50 mm wurden in der Serie B der Tabelle 5.1-2 Werte von m = 36 und 12,8 ermittelt, um den Abfall der Zugspannung fct,el

im Vergleich zum Wert bei b/h = 1 zu erfassen.

In Serie C der Tabelle 5.1-2 wurde für h = 75 mm die Veränderung der Breite von b/h = 1 auf b/h = 3

im Vergleich zu den Versuchen mit h = b = 50 mm überprüft. Für red, calc = red, tests = 1,0 bei b/h = 1 geht der Wert für m gegen unendlich und für b/h = 3 ergibt sich der Wert von m = 18,1.

Abschließend wurde noch für den Abfall der Zugspannung fct,el von b/h = 1 auf b/h = 3 für die Versu-che mit h = 75 mm der Weibull Modul zu m = 10,6 ermittelt (Serie D).

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

156 Theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabseinfluss

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Bei den Zugversuchen führt der vorgeschlagene Wert von m = 6 zu einer Überbewertung des Abfalls

mit steigenden Volumenverhältnis V = V2 / V1. Es müssen deutlich höhere Werte von m = 10,6 bis 36 angesetzt werden, um die Versuchswerte zu erhalten. Das Bild 5.1-3 zeigt die anzusetzenden Werte

für den Weibull Modul m in Abhängigkeit vom Volumenverhältnis V = V2 / V1, um den in den Zug-

versuchen festgestellten Abfall von red, tests der Zugspannung an der elastischen Grenze zu erfassen.

Der Weibull Modul m ist somit nicht konstant, sondern für geringe Werte V 20 müssen hohe Wer-

te von bis zu m = 36 angesetzt werden, und für V > 20 niedrigere Werte von ca. 20 bis 12. Angesichts der teilweise geringen verfügbaren Versuchsanzahl sollte dies jedoch noch weiter untersucht werden, um die Ergebnisse weiter abzusichern. Auch der Ansatz der statistisch abgeschätzten Elastizitätsgren-zen der Zugprismen mit Imperfektionen führte zu keinem konstanten Modul m.

Bild 5.1-3: Erforderlicher Weibull Modul m in Abhängigkeit vom Volumenverhältnis V = V2 / V1 zur

Erfassung des in den Zugversuchen festgestellten Abfalls von red, tests

Im Folgenden wird der Abfall fl,red der Biegerandspannung an der Elastizitätsgrenze und das Verhält-

nis M zwischen Biegerandzugspannung und Zugspannung an der Elastizitätsgrenze nach der Weibull Theorie berechnet und mit den Versuchswerten verglichen. Bei der Berechnung des Volumens der Versuchskörper wird der Bereich mit konstanter Biegebeanspruchung zwischen den Einzellasten bei den Biegzugprismen (vgl. Bild 2.1-1 und Bild 2.1-4) und bei den Zugprismen (vgl. Bild 2.1-2 und Bild 2.1-3) analog zu vorher der Messbereich angesetzt. Somit ergeben sich andere Volumina bei den Bie-geversuchen gegenüber den Zugversuchen mit gleichen Querschnitten b und h.

Für die mittlere Bruchspannung B unter Biegung und Z unter Zug gilt nach Gross (1996):

m1m

1

00B 1m2

m

11

V

V

( 5-3 )

m

11

V

V m1

00Z ( 5-4 )

mit B [MPa] Bruchspannung unter Biegung = fctfl,el

Z [MPa] Bruchspannung unter Zug = fct,el

0 [MPa] Normierungsspannung

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabseinfluss 157

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

V0 [mm³] Normierungsvolumen V [mm³] Volumen des betrachteten Körpers m [-] Weibull - Modul

x Gamma - Verteilung

Ausgehend von Gl.( 5-3 ) und Gl.( 5-4 ) erhält man durch Bildung des Quotienten B zu Z und Um-

formen die folgende Beziehung für die Berechnung von M:

m1

m1

2

3

el,ct

el,ctfl

Z

BM

m1

3

00el,ctZ

m1

m1

2

00el,ctflB

1m2V

V

f

f

m

11

V

Vf

1m2m

11

V

Vf

( 5-5 )

mit V2 [mm³] Volumen des Biegezugprismas zwischen den Einzellasten (vgl. Bild 2.1-1 bzw. Bild 2.1-4) V3 [mm³] Volumen des Zugprismas im Messbereich (vgl. Bild 2.1-2 bzw. Bild 2.1-3)

Der Abfall fl,red,tests der Biegerandzugspannung an der elastischen Grenze fctfl,el vom Versuchskörper mit V2 gegenüber dem Versuchskörper mit V1 wird wie folgt ermittelt:

)V(f

)V(f

1el,ctfl

2el,ctfltests,red,fl ( 5-6 )

In Tabelle 5.1-3 sind für unterschiedliche Weibull-Module auf Basis von Gl.( 5-1 ) der Abfall fl,red,calc

= 1/N und das Verhältnis M,calc nach Gl.( 5-5 ) für verschiedene Serien A1 bis D berechnet und den

auf Versuchswerten basierendem Abfall fl,red,tests und Verhältnis M,tests gegenübergestellt.

In den Serien A1 bis A4 ist die Versuchsserie mit b/h = 3 und h1 = 25 mm den Versuchsserien mit b/h = 3 und h2 = 50, 75, 100 und 150 mm gegenübergestellt. Ein Ansatz des Weibull-Modul von m = 6 nach Behloul (1996a) für BPR (heute Ductal®) ohne Fasern zeigt einen sehr starken Abfall auf 41 % von fctfl,el bei h = 150 mm im Vergleich zu h = 25 mm. Bei den Versuchen trat jedoch nur ein Abfall von fctfl,el auf ca. 65 % auf (vgl. Serie A1). Im Block A2 wird für dieselbe Serie der Weibull-Modul m

jeweils so ermittelt, dass die Versuchswerte erreicht werden, d.h. es gilt fl,red,tests = fl,red,calc. Es ergeben sich mit zunehmender Bauteilhöhe abfallende Werte von m = 26,3 bis m = 12,4. Im Bild 5.1-4 sind

diese anzusetzenden Werte für den Weibull-Modul m in Abhängigkeit vom Volumenverhältnis V für das Bauteilverhältnis b/h = 3 aufgetragen.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

158 Theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabseinfluss

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Bild 5.1-4: Erforderliche Werte für den Weibull-Modul m in Abhängigkeit vom Volumenverhältnis V = V2 /V1 zur Erfassung des festgestellten Abfalls der Biegerandzugspannung an der Elastizitäts-grenze bei einem Bauteilverhältnis von b/h = 3 (vgl. Tabelle 5.1-3, Block A2)

In den Serien A3 und A4 wird der Weibull-Modul jeweils in der Form ermittelt, dass das Verhältnis der Biegrandzugspannung zur Zugspannung an der Elastizitätsgrenze nach Weibull mit den Ver-

suchswerten übereinstimmt, d.h. M,calc = M,tests. Hierbei wird bei Serie A4 für die Zugprismen mit Imperfektionen, die Elastizitätsgrenze nach der statistischen Abschätzung von Abschnitt 5.1.1 ange-setzt.

Der Weibull-Modul m = 6 nach Behloul (1996a) führt bei Serie A1 zu Werten von M,calc = 1,53 bis

1,6. Für die in Serie A2 ermittelten Werte für m = 26,3 bis 12,4, die das Verhältnis fl,red,tests erfassen,

ergeben sich noch geringere Werte von M,calc = 1,17 bis 1,23. Die Versuche zeigten hingegen Biege-randzugspannungen vom 2,4 bis 2,67-fachen der Zugspannung an der Elastizitätsgrenze auf (vgl. Serie A3, B und C). Bei Serie A4 fällt der Bereich mit dem 1,86 bis 2,4-fachen etwas niedriger aus. Der erforderliche Weibull-Modul liegt im Bereich von 1,63 bis 4,03 und damit deutlich unterhalb von Se-rie A2.

Der Weibull-Modul zur Berücksichtigung des Einflusses des Bauteilverhältnisses b/h = 1, 3 und 5 bei den Versuchsserien mit h1 = 50 und 75 mm sind in den Serien B bis C angegeben. Bei diesen Ver-suchsserien wurde mit zunehmender Breite und damit ansteigendem Volumen praktisch kein Abfall

der Biegerandzugspannung fctfl,el (vgl. Bild 2.4-7) festgestellt. Um den Wert fl,red,tests zu erreichen ist

ein Weibull-Modul von bis zu m = 218 erforderlich. Die Serie D zeigt den starken Abfall von fl,red,calc

gegenüber fl,red,tests, der sich bei Ansatz eines Weibull-Modul von m = 6 nach Behloul (1996a) ergibt.

Für die Theorie von Weibull sind somit völlig verschiedene Werte für den Modul m erforderlich, um

die aus den Versuchen ermittelten Werte red,tests, fl,red,tests und M,tests zu erreichen. Außerdem führt die Ableitung von m für den Einfluss der Bauteilhöhe h bzw. der Volumenerhöhung aus den Biegeversu-chen zu völlig anderen Ergebnissen als bei den Zugversuchen. Damit kann nach diesen Untersuchun-gen nur gefolgert werden, dass die Theorie von Weibull für UHFFB nicht zutrifft und zu widersprüch-lichen Ergebnissen führt.

Page 165: Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton

Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabseinfluss 159

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Tabelle 5.1-3: Vergleich der Versuchsergebnisse der Biegezug- und Zugversuche mit den nach der Theorie von Weibull berechneten Werte

Se

rie

b1

[mm

]

h1

[mm

]

l 1

[mm

]

V1

[mm

³]

b2

[mm

]

h2

[mm

]

l 2

[mm

]

V2

[mm

³] v [-

]m [-

] N [-

]

fl,r

ed

,ca

lc =

1/

N

[-]

fl,r

ed

,te

sts

[-]

b3

[mm

]

h3

[mm

]

l 3

[mm

]

V3

[mm

³](V

3 /

V2)1

/m

[-]

M,c

alc

[-]

M,t

es

ts

[-]

7525

125

234

.375

150

5025

01.

875.

000

86,

001,

414

0,70

70,

924

150

5030

02.

250.

000

1,0

31,

600

2,4

01

7525

125

234

.375

225

7537

56.

328.

125

276,

001,

732

0,57

70,

855

225

7545

07.

593.

750

1,0

31,

600

2,3

84

7525

125

234

.375

300

100

500

15.0

00.0

0064

6,00

2,00

00,

500

0,78

530

010

045

013

.500

.000

0,9

81,

525

2,5

96

7525

125

234

.375

450

150

750

50.6

25.0

002

166,

002,

449

0,40

80,

647

--

--

--

-

7525

125

234

.375

150

5025

01.

875.

000

826

,30

1,08

20,

924

0,92

415

050

300

2.25

0.0

001,

01

1,17

22

,401

7525

125

234

.375

225

7537

56.

328.

125

2721

,00

1,17

00,

855

0,85

522

575

450

7.59

3.7

501,

01

1,20

82

,384

7525

125

234

.375

300

100

500

15.0

00.0

0064

17,2

01,

274

0,78

50,

785

300

100

450

13.5

00.0

000,

99

1,22

52

,596

7525

125

234

.375

450

150

750

50.6

25.0

002

1612

,35

1,54

50,

647

0,64

7-

--

--

--

7525

125

234

.375

150

5025

01.

875.

000

82,

392,

383

0,42

00,

924

150

5030

02.

250.

000

1,0

82,

401

2,4

01

7525

125

234

.375

225

7537

56.

328.

125

272,

423,

895

0,25

70,

855

225

7545

07.

593.

750

1,0

82,

384

2,3

84

7525

125

234

.375

300

100

500

15.0

00.0

0064

1,63

12,8

32

0,07

80,

785

300

100

450

13.5

00.0

000,

94

2,59

62

,596

--

--

7525

125

234.

375

-2,

58-

--

7525

150

281

.250

1,0

72,

302

2,3

02

7525

125

234

.375

150

5025

01.

875.

000

82,

392,

383

0,42

00,

924

150

5030

02.

250.

000

1,0

82,

401

2,4

01

7525

125

234

.375

225

7537

56.

328.

125

274,

032,

267

0,44

10,

855

225

7545

07.

593.

750

1,0

51,

856

1,8

55

7525

125

234

.375

300

100

500

15.0

00.0

0064

2,67

4,73

60,

211

0,78

530

010

045

013

.500

.000

0,9

62,

027

2,0

26

5050

250

625

.000

150

5025

01.

875.

000

32,

381,

585

0,63

11,

072

150

5030

02.

250.

000

1,0

82,

407

2,4

07

5050

250

625

.000

250

5025

03.

125.

000

52,

761,

791

0,55

80,

993

250

5050

06.

250.

000

1,2

92,

669

2,6

69

5050

250

625

.000

250

5025

03.

125.

000

52

18,0

01,

007

0,99

30,

993

250

5050

06.

250.

000

1,0

01,

032

2,6

69

7575

100

562

.500

225

7537

56.

328.

125

11,2

52,

452,

685

0,37

20,

865

225

7545

07.

593.

750

1,0

82,

369

2,3

69

7575

100

562

.500

225

7537

56.

328.

125

11,2

516

,62

1,15

70,

864

0,86

522

575

450

7.59

3.7

501,

01

1,25

32

,369

7575

100

562

.500

375

7537

510

.546

.875

18,7

540

,50

1,07

50,

930

0,93

0-

--

--

--

5050

250

625

.000

150

5025

01.

875.

000

36,

001,

201

0,83

31,

072

7575

150

843

.750

0,8

81,

359

2,4

07

5050

250

625

.000

250

5025

03.

125.

000

56,

001,

308

0,76

50,

993

225

7545

07.

593.

750

1,1

61,

800

2,6

69

m

gew

ählt

für

Übe

rein

stim

mun

g di

ese

r W

ert

e M

,test

s W

erte

bas

iere

n a

uf V

ersu

che

n

M,t

es

ts W

erte

der

Zug

pris

men

mit

Impe

rfek

tione

n b

asie

ren

auf

sta

tistis

che

r A

usw

ertu

ng,

ohne

Im

perf

ektio

nen

auf

Ver

such

en

Vo

lum

en d

er B

ieg

epri

sm

en m

it k

on

stan

tem

Mo

men

tV

olu

men

der

Zu

gv

ersu

chsk

örp

er m

it

ko

nst

an

ter

Zu

gsp

ann

un

g

C DA1

A2

A3 BA4

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

160 Theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabseinfluss

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

5.1.3 Beziehung zwischen Zug- und Biegerandzugspannung nach AFGC / SETRA

Die AFGC/SETRA (2002) Richtlinie für ultra - hochfesten Beton gibt folgende empirische Beziehung an, um die zentrische Zugspannung fct,el an der Elastizitätsgrenze aus Biegezugversuchen zu ermitteln:

7,0

0

7,0

0

el,ct

el,ctflAFGC,M7,0

0

7,0

0el,ctflel,ct

h

h2

h

h21

f

f

h

h21

h

h2

ff

( 5-7 )

mit h0 = 100 mm Bezugswert h [mm] Höhe des Biegeprisma fct,el [MPa] zentrische Zugspannung an der Elastizitätsgrenze fctfl,el [MPa] Biegerandzugspannung an der Elastizitätsgrenze

M,AFGC [-] Verhältnis der Biegerandzugspannung zur zentrischen Zugspannung an der Elastizitätsgrenze

Die Korrektur des Maßstabseinflusses bei Biegung nach Gl.( 5-7 ) beruht auf der empirischen Bezie-hung des CEB-FIP Model Code 90 (1993), Gl. (2.1-6), mit der die zentrische Zugfestigkeit fct von unbewehrtem Beton aus der Biegzugfestigkeit fctfl rückgerechnet werden kann. Mit Hilfe von Versu-chen an UHPC ohne Stahlfasern wurde die Beziehung entsprechend angepasst. Im Folgenden werden

die nach der Gl.( 5-7 ) berechneten Verhältnisse M,AFGC mit denen der Versuche (M,tests) verglichen, um die Anwendbarkeit auf die Randspannung beim Erstriss bzw. auf die Elastizitätsgrenze bei faser-bewehrten UHFFB zu überprüfen.

Nach Tabelle 5.1-4 sind offensichtlich die Versuchswerte unabhängig von der Bauteilhöhe h mit Wer-

ten M,tests = 2,1 bis 2,7. Demgegenüber ergibt sich nach Gl.( 5-7 ) ein ausgeprägter Maßstabseinfluss,

und die Werte M,AFGC nehmen mit zunehmender Bauteilhöhe von M,AFGC = 2,32 bei h = 25 mm bis

auf M,AFGC = 1,38 bei h = 150 mm ab. Somit widersprechen die Versuchsergebnisse der empirisch abgeleiteten Beziehung nach Gl.( 5-7 ).

Tabelle 5.1-4: Vergleich von M,AFGC und M,tests basierend auf Versuchsergebnissen (vgl. Abschnitt 2.4)

fctfl,el

[-]

fct,el

[-]

M,tests

[-]

fctfl,el

[-]

fct,el

[-]

M,tests

[-]

fctfl,el

[-]

fct,el

[-]

M,tests

[-]

25 - - - 19,11 8,30 2,30 - - - 2,32

50 16,39 7,80 2,10 17,57 7,30 2,41 16,28 6,10 2,67 1,81

75 17,82 8,00 2,23 15,42 6,50 2,37 - - - 1,61

100 - - - 15,58 6,00 2,60 - - - 1,50

b/h = 5h

[mm]M,AFGC

[-]

b/h = 1 b/h = 3

Nach Abschnitt 5.1.1 könnte bei Zugbeanspruchung an der Elastizitätsgrenze kein Maßstabs- und Formeinfluss vorliegen. Basierend auf der statistischen Auswertung würde die mittlere Elastizitäts-grenze der Zugspannung bei fct,elm = 7,9 MPa liegen. Zum Vergleich ist daher in Tabelle 5.1-5 das zu

erwartende Verhältnis M,test der Biegerandzugspannung der Versuche an der elastischen Grenze zu fct,elm = 7,9 MPa angegeben.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabseinfluss 161

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Tabelle 5.1-5: Vergleich von M,AFGC und M,test basierend auf Ergebnissen der Biegezugversuche und der mitt-leren Elastizitätsgrenze fct,elm nach der statistischen Auswertung (vgl. Abschnitt 5.1.1)

fctfl,el

[-]

fct,elm

[-]

M,est

[-]

fctfl,el

[-]

fct,elm

[-]

M,est

[-]

fctfl,el

[-]

fct,elm

[-]

M,est

[-]

25 - - - 19,11 7,90 2,42 - - - 2,32

50 16,39 7,90 2,07 17,57 7,90 2,22 16,28 7,90 2,06 1,81

75 17,82 7,90 2,26 15,42 7,90 1,95 - - - 1,61

100 - - - 15,58 7,90 1,97 - - - 1,50

h[mm]

b/h = 1 b/h = 3 b/h = 5M,AFGC

[-]

Im Gegensatz zu Tabelle 5.1-4 zeigt die Serie mit b/h = 3 einen Abfall von M,test = 2,42 bei h = 25 mm

auf M,test = 1,97 bei h = 100 mm, der jedoch deutlich geringer als nach Gl.( 5-7 ) ausfällt. D.h. auch in diesem Fall weicht der Ansatz nach AFGC/SETRA von den Versuchen ab.

5.2 Maßstabseinfluss an der Festigkeitsgrenze

5.2.1 Diskussion des Maßstabeinflusses der zentrischen Zugfestigkeit

Nachfolgend werden die Versuchsergebnisse von Abschnitt 2.4.8 auf Grundlage der optischen Mess-ergebnisse von Abschnitt 3.6.4 und der statistischen Auswertung der Zugversuche nach Tabelle 5.1-1 noch weiter im Detail betrachtet, um den experimentell festgestellten Maßstabs- und Formeinfluss der zentrischen Zugfestigkeit fct zu diskutieren und kritisch zu hinterfragen.

Im Bild 5.2-1 sind die Faserdichte nfm / A und die mittlere Faserorientierung m in Abhängigkeit von der Zugfestigkeit fct für die Zugprismen der einzelnen Versuchsserien aufgetragen. Die Werte der mitt-

leren Faserorientierung m liegen sehr dicht bei der zugehörigen linearen Trendlinie (blau), welche mit zunehmender Zugfestigkeit nur sehr geringfügig ansteigt und damit den bereits in Abschnitt 3.6.4 er-

wähnten sehr geringen Unterschied der mittleren Faserorientierung m zwischen den einzelnen Ver-suchsserien nochmals verdeutlicht. Eine Erklärung für die teilweise stark voneinander abweichende Zugfestigkeit der einzelnen Zugprismen untereinander und den experimentell festgestellten Maß-stabseinfluss (vgl. Abschnitt 2.4.8) kann daher die mittlere Faserorientierung alleine nicht liefern.

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162 Theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabseinfluss

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Bild 5.2-1: Faserdichte nfm / A und Faserorientierung in Abhängigkeit von der Zugfestigkeit fct

Die lineare Trendlinie (rot) der Faserdichte der Versuchsserien ergibt, dass die Zugfestigkeit fct mit zunehmender Faserdichte ansteigt. Basierend auf den 5 % - und 95 % - Fraktilwerten des gemessenen

mittleren Faserdurchmessers dfm = 0,186 mm (vgl. Tabelle 3.6-2) und einem Fasergehalt von = 2,00 Vol.-% kann ein oberer und unterer Grenzwert der zu erwartenden Faserdichte nfm / A mit Gl. ( 3-4 ) berechnet werden. Der obere Grenzwert folgt zu 0,82 1/mm² und der untere zu 0,66 1/mm², und der Bereich zwischen diesen Grenzwerten ist im Bild 5.2-1 grau unterlegt abgebildet.

Die Versuchsserien N2-1 bis N2-3-D-C16 und N2-1 bis N2-3-D-C17 liegen deutlich und das Zug-prisma N2-11-D-C13 knapp unterhalb des unteren Grenzwerts. Alle übrigen Zugprismen liegen im Hinblick auf die Faserdichte innerhalb des Erwartungsbereichs.

Die Zugprismen der Charge C17 weisen überwiegend eine deutlich geringere Zugfestigkeit fct als ver-gleichbare der Chargen C9 und C16 auf, die mit Ausnahme des Zugprismas N1-5-D-C9 über eine Zugfestigkeit von fct ≥ 14,3 MPa verfügen. Eine eindeutige Erklärung hierfür kann allerdings alleine die Höhe der Faserdichte nicht in jedem Fall liefern. So verfügen z.B. die Zugprismen N1-1 bis N1-2-D-C17 mit 0,71 bzw. 0,73 mm-2 über eine fast identische Faserdichte wie das Zugprisma N1-2-D-C16

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Theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabseinfluss 163

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mit 0,71 mm-2 (vgl. Tabelle 3.6-2), weisen aber mit fct = 12,3 bis 12,83 MPa eine erheblich geringere Zugfestigkeit auf als das Zugprisma N1-2-D-C16 mit fct = 16,21 MPa. Analog verhält es sich beim Vergleich der Zugprismen N2-3-D-C16 und N2-2-D-C17, die sich im Hinblick auf die Faserdichte mit 0,58 bzw. 0,54 mm-2 nur geringfügig unterscheiden, aber deutlich unterschiedliche Zugfestigkeiten von fct = 15,19 MPa bzw. fct = 12,42 MPa aufweisen.

Die Zugfestigkeit fct des Zugprismas N1-4-D-C17 beträgt 16,33 MPa, bei einer Faserdichte von 0,77

mm-2 und einer mittleren Faserorientierung m = 0,91 gegenüber fct = 11,66 MPa, einer Faserdichte

von 0,67 mm-2 und einer mittleren Faserorientierung von m = 0,87 beim Zugprisma N1-5-D-C17. In diesem Fall kann der Unterschied der Zugfestigkeit sowohl auf die Faserdichte als auch auf die unter-schiedliche mittlere Faserorientierung zurückgeführt werden.

Das Bild 5.2-1 verdeutlicht, dass es neben der Faserdichte und Faserorientierung noch weitere Ein-flussfaktoren geben muss, die die Höhe der Zugfestigkeit der Zugprismen beeinflussen. Die Bruchflä-chen der Lokalisierungsstelle verlaufen im Allgemeinen nicht normal zur Beanspruchungsrichtung sondern entlang des schwächsten Bauteilbereichs mit einer unregelmäßigen nicht ebenen Oberfläche (vgl. Forschungsbericht von Frettlöhr und Reineck (2009), Anhang A und B). Hieraus lässt sich schlussfolgern, dass die Verteilung der mittleren Fasereinbindelänge entlang der Bauteilachse in Bean-spruchungsrichtung mit großer Wahrscheinlichkeit Streuungen unterliegt. Messtechnisch kann man die Verteilung und Höhe der mittleren Fasereinbindelänge nur mit Hilfe eines CT und entsprechender Auswertesoftware erfassen (vgl. Abschnitt 3.2.4). Die Streuungen des Haft- und Reibverbundes zwi-schen Faser und Betonmatrix innerhalb einer Charge sind eher als gering einzustufen. Auch chargen-übergreifend kann von einer geringen Streuung ausgegangen werden, da es sich beim verwendeten UHFFB um einen Premix mit hoher Qualitätsüberwachung handelt und zudem Materialparameter wie z.B. die Druckfestigkeit der einzelnen Chargen bei den eigenen Versuchen einen niedrigen Variations-koeffizienten aufwiesen (vgl. Abschnitt 2.4.2).

Bei der Zusammensetzung der UHFFB Mischung wird die Fasermenge über Ihre Masse berücksich-tigt. Der Faserdurchmesser wie auch die Faserlänge beeinflussen daher sowohl die Faseranzahl als auch die für die Übertragung des Haft- und Reibverbundes verfügbare Gesamtoberfläche aller Fasern eines Bauteils. Die 1D Zugfestigkeit fct,1D hängt linear von der Faseranzahl und der Faseroberfläche ab (vgl. Gl.( 4-19 )). Um den Einfluss von Streuungen des Faserdurchmessers und der Faserlänge quanti-fizieren zu können, werden die nachfolgenden Verhältniswerte eingeführt.

Das Verhältnis der Faseranzahl n bei Variation des Faserdurchmessers und der Faserlänge unter An-nahme eines konstanten Fasergehalts ergibt sich zu:

1f

2f

2

1f

2f

2f2

2f

1f21f

2f

1f2f1f2f1fn l

l

d

d

ld

V4ld

V4

n

n)l;l;d;d(

( 5-8 )

mit df1 und df2 [mm] unterer und oberer Streuwert des Faserdurchmessers lf1 und lf2 [mm] unterer und oberer Streuwert der Faserlänge nf1 [-] Faseranzahl mit Durchmesser df1 und Faserlänge lf1 nf2 [-] Faseranzahl mit Durchmesser df2 und Faserlänge lf2

Für das Verhältnis der Faseroberfläche O bei Variation des Faserdurchmessers und der Faserlänge unter Annahme eines konstanten Fasergehalts ergibt sich:

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

164 Theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabseinfluss

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

1f

2f

2f2f

1f1fn

2f2f2f

1f1f1f2f1f2f1fO d

d

ld

ld

ldn

ldn)l;l;d;d( ( 5-9 )

Die Faseranzahl wird sowohl von der Streuung der Faserlänge als auch des Faserdurchmessers beein-flusst (vgl. Gl.( 5-8 )). Die Gesamtfaseroberfläche hingegen hängt nur von der Streuung des Faser-durchmessers ab (vgl. Gl.( 5-9 )).

Der Mittelwert des gemessenen Faserdurchmessers beträgt dfm = 0,186 mm (vgl. Tabelle 3.6-2) mit einem geringen Variationskoeffizienten von v = 3,53 %. Der zugehörige 5 % - Fraktilwert von 0,176 mm sowie der 95 % - Fraktilwert von 0,197 mm liegen im Streubereich des Faserdurchmessers der verwendeten Stahlfasern vom Typ Redaelli Tecna nach Tabelle 4.4-1. Bei Ansatz von df1 = df,5% =

0,175 mm und df2 = df,95% = 0,197 mm folgt das Verhältnis der Faseroberfläche mit Gl.( 5-9 ) zu O = 1,126. D.h. bei identischem Fasergehalt kann sich die Zugfestigkeit fct aufgrund von Streuungen des Faserdurchmessers um bis zu 12,6 % unterscheiden.

Die Zugfestigkeiten der Zugprismen N2-10 bis N2-12-D liegen im Bereich von fct = 10,9 bis 12,75 MPa und damit deutlich unterhalb der Zugfestigkeit der untersuchten Zugprismen der Chargen C9 und C16 (vgl. Bild 5.2-1). Wie bereits in Abschnitt 2.4.8 erwähnt, sind die Zugprismen N2-10 bis N2-12-D ausschließlich außerhalb des Messbereichs lokalisiert und haben vor der Versuchsdurchführung eine leichte Krümmung der Einspannbereiche zur Oberseite hin aufgewiesen. Zudem verfügten die Bruch-flächen stellenweise über Fehlstellen. Es stellt sich daher die Frage, ob überhaupt die Traglast der Zugprismen augrund dieser Imperfektionen erreicht werden konnte. Auf Grundlage der optischen Messung von Querschnitten im Messbereich kann mit Hilfe der 1D - Zugfestigkeit nach dem sto-chastischen Modell (vgl. Abschnitt 4.6) und der hergeleiteten Korrelation von Faserorientierung und

Zugfestigkeit nach Abschnitt 4.3 die zu erwartende Zugfestigkeit fct() dieser Zugprismen abgeschätzt werden. Diese folgt mit Gl.( 4-18 ) und Gl.( 4-19 ) zu:

bffmfm

fmct d4

ln)()(f ( 5-10 )

mit [-] Korrelationskurve nach Gl.( 4-8 )

m [-] Faserorientierungsfaktor

bf [MPa] Reibverbundspannung dfm [mm] mittlerer Faserdurchmesser nfm [mm] mittlere Faseranzahl im Querschnitt lfm [mm] mittlere Faserlänge

Hierbei wird vereinfacht eine homogene Verteilung der mittleren Fasereinbindelänge in Beanspru-chungsrichtung angenommen. Der mittlere Faserdurchmesser dfm, die mittlere Faseranzahl nfm und die

mittlere Faserorientierung m folgen aus der optischen Messung. Die mittlere Faserlänge wird basie-rend auf einer Stichprobenvermessung der verwendeten Fasern vom Typ Redaelli Tecna nach Tabelle 4.4-2 zu lfm = 13,65 mm gewählt.

Eine Schwierigkeit stellt die Festlegung der Höhe des Reibverbundes bf mangels verfügbarer Ver-

suchsdaten des verwendeten Fasertyps dar. Der Reibverbund bf wird daher ausgehend von bf = 14,8 MPa (vgl. Abschnitt 4.6) sukzessive erhöht, bis der Mittelwert des Quotienten aus der abgeschätzten

Zugfestigkeit fct() nach Gl. ( 5-10 ) und der experimentell ermittelten Zugfestigkeit fct einem Wert von 1,0 entspricht. Bei der Mittelwertbildung werden alle optisch vermessenen Zugprismen berück-sichtigt, mit Ausnahme von N2-10 bis N2-12-D wegen der Imperfektionen. In Tabelle 5.2-1 sind die Ergebnisse der Abschätzung der Zugfestigkeit für die Zugprismen N2-10 bis N2-12-D aufgeführt.

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Theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabseinfluss 165

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Tabelle 5.2-1: Abschätzung der Zugfestigkeit der Zugprismen N2-10 bis N2-12-D

d2,m

[mm]

number of fibres

nfm

[-]

fibre density nfm / A

[1/mm²]

m = Af / A =

n Afi / A[Vol.-%]

fibre orientation

m

[-][-]

Stochastik-modell

fct,1D

[MPa]

fct()

[MPa]

fct / fct()

[-] localised

N1-1-D-C9 50,0 50,7 1 8,16 16,47 0,182 1.930 0,76 1,97% 0,91 0,70 23,42 16,49 1,00outside measuring

zone

N1-2-D-C9 50,0 50,1 1 8,55 16,00 0,189 1.826 0,73 2,04% 0,91 0,68 23,32 15,89 1,01inside measuring

zone

N1-3-D-C9 50,0 50,2 1 8,52 16,32 0,185 1.861 0,74 2,00% 0,91 0,70 23,30 16,36 1,00inside measuring

zone

N1-1-D-C16 49,9 49,9 1 9,54 19,12 0,180 1.990 0,80 2,03% 0,91 0,69 24,37 16,91 1,13outside measuring

zone

N1-2-D-C16 49,3 50,8 1 7,89 16,21 0,184 1.791 0,71 1,90% 0,90 0,66 22,27 14,65 1,11inside measuring

zone

N1-3-D-C16 50,0 51,2 1 8,42 14,91 0,181 1.942 0,76 1,94% 0,90 0,66 23,19 15,23 0,98inside measuring

zone

N1-1-D-C17 48,9 50,8 1 6,05 12,83 0,184 1.762 0,71 1,89% 0,88 0,62 22,16 13,63 0,94inside measuring

zone

N1-2-D-C17 51,5 50,7 1 6,33 12,30 0,189 1.897 0,73 2,04% 0,89 0,64 23,25 14,94 0,82inside measuring

zone

N1-3-D-C17 50,0 50,6 1 6,64 14,78 0,184 1.946 0,77 2,04% 0,89 0,64 23,94 15,38 0,96outside measuring

zone

N1-4-D-C9 74,1 75,9 1 7,72 14,31 0,188 4.244 0,75 2,10% 0,90 0,68 24,02 16,22 0,88inside measuring

zone

N1-5-D-C9 75,0 75,0 1 6,92 13,03 0,189 3.972 0,71 1,98% 0,91 0,69 22,61 15,58 0,84outside measuring

zone

N1-6-D-C9 74,0 75,0 1 9,08 15,05 0,184 3.978 0,72 1,91% 0,90 0,65 22,34 14,60 1,03inside measuring

zone

N1-4-D-C16 74,9 75,0 1 9,51 15,42 0,187 4.379 0,78 2,14% 0,91 0,68 24,66 16,79 0,92inside measuring

zone

N1-5-D-C16 74,1 75,8 1 7,94 13,83inside measuring

zone

N1-6-D-C16 73,4 76,2 1 7,80 14,75 0,200 4.165 0,74 2,35% 0,89 0,64 25,26 16,21 0,91inside measuring

zone

N1-4-D-C17 75,1 74,5 1 9,29 16,33 0,190 4.305 0,77 2,18% 0,91 0,69 24,76 17,14 0,95inside measuring

zone

N1-5-D-C17 73,8 76,3 1 7,12 11,66 0,197 3.769 0,67 2,04% 0,87 0,60 22,35 13,46 0,87inside measuring

zone

N1-6-D-C17 73,5 76,7 1 6,44 9,32inside measuring

zone

N2-1-D-C9 74,1 25,9 3 8,77 16,22 0,186 1.376 0,72 1,94% 0,92 0,71 22,53 16,02 1,01inside measuring

zone

N2-2-D-C9 75,7 25,5 3 9,72 15,83 0,178 1.380 0,71 1,79% 0,91 0,69 21,60 14,99 1,06inside measuring

zone

N2-3-D-C9 74,8 25,9 3 10,67 16,17 0,174 1.400 0,72 1,73% 0,91 0,70 21,36 14,94 1,08inside measuring

zone

N2-1-D-C16 74,7 25,5 3 7,35 14,70 0,187 1.103 0,58 1,59% 0,92 0,73 18,32 13,31 1,10inside measuring

zone

N2-2-D-C16 75,3 25,8 3 8,36 14,56outside measuring

zone

N2-3-D-C16 74,1 24,8 3 8,40 15,19 0,175 1.064 0,58 1,40% 0,92 0,72 17,19 12,38 1,23inside measuring

zone

N2-1-D-C17 75,3 25,8 3 8,38 13,20outside measuring

zone

N2-2-D-C17 76,1 25,6 3 6,80 12,42 0,181 1.060 0,54 1,41% 0,90 0,67 16,71 11,23 1,11inside measuring

zone

N2-3-D-C17 74,2 24,5 3 6,45 12,85 0,181 953 0,52 1,36% 0,91 0,70 16,10 11,23 1,14inside measuring

zone

N2-10-D-C11 299,9 101,6 3 6,23 10,90 0,193 20.450 0,67 1,97% 0,90 0,67 21,98 14,69 0,74outside measuring

zone

N2-11-D-C13 300,0 102,8 3 5,88 11,16 0,195 20.095 0,65 1,94% 0,89 0,65 21,51 13,97 0,80outside measuring

zone

N2-12-D-C15 300,0 101,9 3 5,91 12,75 0,197 20.916 0,68 2,09% 0,90 0,66 22,87 15,12 0,84outside measuring

zone

m = 0,186 m = 0,90 m = 14,90 1,00

s = 0,007 s = 0,012 s = 1,605 0,106

v = 3,53% v = 1,33% v = 10,77% 10,54%

5% Fraktilwert = 0,176 5% Fraktilwert = 0,88 m(fct / fct()) = 0,98

95% Fraktilwert = 0,197 95% Fraktilwert = 0,92 s(fct / fct()) = 0,121

v(fct / fct()) = 12,32%

m(fct / fct()) = 1,01

s(fct / fct()) = 0,105

v(fct / fct()) = 10,45%

m(fct / fct()) = 0,79

s(fct / fct()) = 0,051

v(fct / fct()) = 6,37%

estimationvalues of all cross sections

specimenb

[mm]h

[mm]b / h [-]

fct,el

[MPa]

fct

[MPa]

all specimen which localised

inside and outside measuring zone without N2-10 to

N2-12-D

specimen which localised only

outside measuring zone without N2-10 to

N2-12-D

specimen which localised only

inside measuring zone

only N2-10 to N2-12-D

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

166 Theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabseinfluss

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Bei einem Reibverbund von bf = 15,8 MPa ergibt sich für den Mittelwert des Quotienten fct / fct() der geforderte Wert von 1,0 bei einem Variationskoeffizienten von v = 10,54 %. Die abgeschätzten Zugfestigkeiten der Zugprismen N2-10 bis N2-12-D betragen fct = 13,97 bis 15,12 MPa und liegen im Bereich der Zugfestigkeiten der Charge C9 und C16. Im Mittel wurde damit bei den Versuchen ledig-

lich 79 % der theoretisch berechneten Zugfestigkeit fct() erreicht, d.h. die Imperfektionen haben zu einer deutlichen Abminderung der Zugfestigkeit geführt. Ein ähnliches Ergebnis zeigt eine statistische Auswertung der Zugversuche von Abschnitt 2.4.8, die in Tabelle 5.1-1 wiedergeben ist. Hierzu wird der Quotient des Mittelwerts von allen Zugprismen mit und ohne Imperfektionen betrachtet. Demnach konnte bei den Zugprismen mit Imperfektionen nur 84 % der mittleren Zugfestigkeit der Zugprismen ohne Imperfektionen erreicht werden.

Um den Einfluss der Lokalisierungsstelle auf die Zugfestigkeit bei den Zugprismen ohne Imperfektio-nen zu untersuchen, wird der Quotient aus den Mittelwerten der Zugfestigkeit der Zugprismen, die innerhalb (Gruppe 1) und außerhalb (Gruppe 2) lokalisiert sind, gebildet. Nach Tabelle 5.1-1 folgt dieser zu 0,97. Zum Vergleich wird auch der mittlere Quotient der Zugfestigkeit der Versuche fct und

der abgeschätzten Zugfestigkeit fct() von allen optisch vermessenen Zugprismen mit einer Lokalisie-rung außerhalb des Messbereichs betrachtet. Die Serie N2-10 bis N2-12-D bleibt hierbei aufgrund der Imperfektionen unberücksichtigt. Nach Tabelle 5.2-1 beträgt dieser Quotient 0,98 und bestätigt somit den vorherigen Wert von 0,97. Die Lokalisierungsstelle hat damit im vorliegenden Fall keinen wesent-lichen Einfluss auf die Höhe der Zugfestigkeit.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass der experimentell festgestellte Maßstabseinfluss der Zugfes-tigkeit (vgl. Bild 2.4-15 und Bild 2.4-16) prinzipiell nicht auf die Faserorientierung zurück zu führen ist. Auf Grundlage der Ergebnisse der optischen Messung sowie der statistischen Auswertungen liegt die Vermutung nahe, dass die Ursache für den Festigkeitsabfall der Versuchsserie mit b/h = 3 und 5 in den Imperfektionen der Zugprismen der Versuchsserien N2-7 bis N2-12-D und N3-1 bis N3-3-D be-gründet ist. Diese Versuchsserien wiesen alle eine geringe Krümmung des Einspannbereichs zur nicht geschalten Oberseite hin und teilweise zusätzlich Faserfehlstellen in der Bruchfläche auf. Die Faser-fehlstellen fallen jedoch nur bei N2-10 und N2-11 flächenmäßig ins Gewicht, wie im Abschnitt 2.4.8 erläutert wurde.

Der Mittelwert des Quotienten fct / fct() der Versuchserie N1-1 bis N1-3-D der Chargen C9, C16 und

C17 (vgl. Tabelle 5.2-1) folgt zu m(fct / fct()) = 0,99 mit v = 9,0 %. Für die Versuchsserie N1-4 bis

N1-6-D der Chargen C9, C16 und C17 ergibt sich der mittlere Quotient zu m(fct / fct()) = 0,91 mit v = 7,0 %, der damit um ca. 9,2 % geringer ausfällt. Der Festigkeitsabfall von ca. 11 % der Versuchsserie mit b/h = 1 könnte daher durch die Streuung erklärt werden. Die Streuungen der Zugfestigkeit fct der Zugprismen ohne Imperfektionen können im Allgemeinen auf mehrere Einflussfaktoren zurück ge-führt werden. Hierzu gehören Streuungen der Faserdichte, der Faserorientierung, des Faserdurchmes-sers, der Faserlänge und der mittleren Einbindelänge der Fasern im Bauteilquerschnitt.

Nachfolgend wird die mittlere Zugfestigkeit basierend auf den Versuchsergebnissen bzw. den vorheri-gen Schlussfolgerungen für verschiedene Gruppierungen der Zugprismen zusammengefasst:

- Zugprismen der Gruppe 1 (vgl. Tabelle 5.1-1): fctm = 14,4 MPa

- Zugprismen der Gruppe 2 (vgl. Tabelle 5.1-1): fctm = 14,8 MPa

- Zugprismen der Gruppe 4 (vgl. Tabelle 5.1-1): fctm = 14,6 MPa

- Zugprismen der Gruppe 3 (vgl. Tabelle 5.1-1): fctm = 12,2 MPa

- theoretische Abschätzung der Serie N2-10 bis N2-12 (vgl. Tabelle 5.2-1): fctm = 14,6 MPa

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabseinfluss 167

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Im Bild 5.2-2 und Bild 5.2-3 sind die Verläufe der Zugfestigkeit fct in Abhängigkeit von der Höhe h und dem Verhältnis b/h basierend auf den Versuchsergebnissen nach Abschnitt 2.4.8 als durchgezoge-ne Linien abgebildet. Für die Versuchsserien mit Imperfektionen sind zusätzlich die nach der Abschät-zung zu erwartenden korrigierten Abschnitte des Verlaufs der mittleren Zugfestigkeiten gestrichelt eingetragen. Bei der Versuchsserie N2-10 bis N2-12-D folgt, basierend auf der Abschätzung nach Tabelle 5.2-1, die zu erwartende mittlere Zugfestigkeit zu fct = 14,6 MPa. Von den Versuchsserien N2-7 bis N2-9-D und N3-1 bis N3-3-D liegen keine optischen Messungen für eine Abschätzung vor. Nach der statistischen Auswertung von Tabelle 5.1-1 konnte jedoch bei diesen Serien im Mittel nur 84 % der Zugfestigkeit der Zugprismen ohne Imperfektionen erreicht werden. Für diese Serien wäre damit mit einer 1/0,84-fachen mittleren Zugfestigkeit der Versuchswerte zu rechnen. Bei der Serie N2-7 bis N2-9-D läge damit die zu erwartende Zugfestigkeit bei fct = 15,1 MPa und bei fct = 14,8 MPa für die Serie N3-1 bis N3-3-D.

Bild 5.2-2: Mittlere zentrische Zugfestigkeit fct in Abhängigkeit von der Bauteil h basierend auf Versuchser-gebnissen und Abschätzungen (gestrichelt)

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168 Theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabseinfluss

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Bild 5.2-3: Mittlere zentrische Zugfestigkeit fct in Abhängigkeit vom Bauteilverhältnis b/h basierend auf Versuchsergebnissen und Abschätzungen (gestrichelt)

Nach Bild 5.2-2 und Bild 5.2-3 zeigen die Bauteilhöhe h und das Bauteilverhältnis b/h bei Berücksich-tigung der abgeschätzten Verläufe im Gegensatz zu den Versuchsergebnissen keinen Einfluss auf die Höhe der zentrischen Zugfestigkeit. Damit wären nach diesen Auswertungen bei zentrischem Zug weder ein Maßstabs- noch ein Formeneinfluss vorhanden und die mittlere Zugfestigkeit von allen Ver-suchsserien würde dann bei fctm = 14,7 MPa liegen. Damit würde die Zugfestigkeit bei eindimensiona-

ler Faserorientierung mit Gl.( 4-8 ) und einem mittleren Faserorientierungsfaktor von m = 0,9 zu fct,1D = 22,14 MPa folgen. Dies stimmt sehr gut überein mit der nach dem Modell auf Faserebenen berech-

neten 1D Zugfestigkeit von fct,1D = 21,7 MPa bei Ansatz eines Reibverbundes von bf = 14,8 MPa (vgl. Abschnitt 6.3.3).

Es verbleibt jedoch die statistische Unsicherheit der Versuchsergebnisse. Die Zugfestigkeit der Zug-prismen ohne Imperfektionen (vgl. Tabelle 5.1-1, Gruppe 4) liegt im Mittel bei 14,6 MPa mit einer Standardabweichung von s = 1,84 MPa und einem Variationskoeffizienten von v = 12,6 %. Statistisch gesehen liegt somit die zu erwartende Zugfestigkeit fct im Bereich von 12,76 bis 16,44 MPa. Die Zug-prismen mit Imperfektionen der Gruppe 3 weisen eine mittlere Zugfestigkeit von fctm = 12,23 MPa mit einer geringen Streuung von v = 6 % auf und weichen nur um 4 % von der untere Streugrenze der Gruppe 4 ab. Letztendlich können nur weitere Versuchsserien der Zugprismen, die Imperfektionen aufwiesen, Aufschluss darüber gegeben, ob die zentrische Zugfestigkeit einem Maßstabs- und Form-einfluss unterliegt. Nur so können die in diesem Abschnitt abgeleiteten Schlussfolgerungen verifiziert und statistisch abgesichert werden.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabseinfluss 169

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

5.2.2 Berechnungsmodell für den Maßstabseinfluss der Biegzugfestigkeit

Im Folgenden wird zunächst ein mechanisches Berechnungsmodell basierend auf der Bruchmechanik vorgestellt, das den Maßstabseinfluss der Biegezugfestigkeit von UHFFB abbilden kann. Das Modell wird mit einem Vorschlag nach Casanova und Rossi (1996) und mit Berechnungen auf Querschnitts-ebene unter Ansatz unterschiedlicher Bezugslängen lstl („structural length“) verglichen, mit denen die Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung in eine Spannungs - Dehnungs - Beziehung überführt wird.

Für einen Überblick über die Analyse von Betonstrukturen auf Basis der Bruchmechanik wird auf Elfgren und Shah (1989) verwiesen. Umfangreiche Untersuchungen zur Bruchmechanik im Zusam-menhang mit normalfesten Beton wurden von Reinhardt (1984, 1986)durchgeführt.

Von Hillerborg et al. (1976) wurde für quasi-spröde Werkstoffe wie z.B. Beton das „fictitious crack model“ vorgeschlagen, bei dem die Bruchzone in einem fiktiven Riss konzentriert angenommen wird. Das Spannungs - Verformungsverhalten für Zugbeanspruchung des Materials wird hierzu durch zwei Kurven beschrieben, einer Spannungs - Dehnungs - Beziehung für den elastischen Anteil und einer Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung für die Bruchzone. Die Gesamtverformung setzt sich damit aus einem elastischen Anteil und der Rissöffnung des fiktiven Risses zusammen. Mit diesem Modell kann der Maßstabseffekt der Biegezugfestigkeit in Abhängigkeit von der Bauteilhöhe h bei unbewehrtem Beton beschrieben werden.

Die Materialkurve für Zugbeanspruchung von UHFFB kann ebenfalls in einen elastischen und einen Spannungs - Rissöffnungs Abschnitt aufgeteilt werden (vgl. Abschnitt 6.3.3). Die eigenen Versuche von Abschnitt 2.4.3 zeigen, dass mit Erreichen der Traglast ein einzelner Riss anfängt zu lokalisieren. Es ist daher naheliegend, beim Berechnungsmodell analog zum „fictitious crack model“ einen Einzel-riss zu betrachten. Die Berechnungen nach dem „fictitious crack model“ erfolgen im Allgemeinen mit Hilfe einer Finiten Elemente Analyse mit diskretem Rissmodell. Beim eigenen Berechnungsmodell wird hierauf verzichtet und stattdessen erfolgt eine Betrachtung auf Querschnittsebene.

Die Schwierigkeit bei einer Betrachtung auf Querschnittsebene besteht darin, dass das Tragverhalten

der Druckzone durch eine Spannungs - Dehnungs - Beziehung c - c und der Zugzone durch eine

Kombination von Spannungs - Dehnung - Beziehung ct - ct für den elastischen Traganteil und einer

Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung ct - wr beschrieben wird. Für die Verknüpfung der Rissöff-nung mit der Dehnung ist damit eine Verträglichkeitsbedingung erforderlich.

Die RILEM TC 162-TDF (2002) gibt einen Überblick über unterschiedliche kinematische Ansätze von Pederson, Casanova und Rossi sowie Olesen für die Formulierung einer Verträglichkeitsbedin-gung. Nachfolgend wird der Ansatz von Casanova und Rossi näher erläutert.

Casanova und Rossi (1996) schlagen die folgende Verträglichkeitsbedingung zwischen der Krüm-

mung und dem Rissöffnungswinkel vor (vgl. Bild 5.2-4):

h26

2 ec

( 5-11 )

mit e [-] elastische Krümmung außerhalb der Einflusslänge des Risses

c [-] elastische Krümmung des ungerissenen Querschnittsteil im Rissquerschnitt

· h [mm] Risslänge

Die Rissöffnung wr ist mit dem Rissöffnungswinkel verknüpft über (vgl. Bild 5.2-4):

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

170 Theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabseinfluss

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

h2w r ( 5-12 )

Für die Herleitung dieser Beziehung wird der Biegebalken auf der Einflusslänge des Risses, die als zweifache Risslänge angenommen wird, aufgeteilt in einen ungerissenen Querschnittsteil nach Elasti-zitätstheorie und in einen Starrkörper im gerissenen Teil, wie im Bild 5.2-5 a dargestellt. Im Abstand der Risslänge vor und hinter dem Riss gilt hingegen für den ganzen Querschnitt die Elastizitätstheorie (vgl. Bild 5.2-4).

Bild 5.2-4: Modell zur Herleitung der Verträglichkeitsbedingung zwischen der Krümmung und dem Riss-

öffnungswinkel nach Casanova und Rossi (1996) [aus Casanova und Rossi (1996)]

Da der Krümmungsverlauf entlang der Einflusslänge des Risses unbekannt ist, nehmen Rossi und Casanova (1996) einen parabelförmigen Verlauf an.

Um diese Annahme zu umgehen wird für das eigene Berechnungsmodell eine alternative Verträglich-keitsbedingung formuliert, bei der die Rissöffnung wr mit der Längenänderung entlang des „plasti-schen“ Gelenks in der Druckzone im Rissquerschnitt verknüpft wird. Die Zusammenhänge sind im Bild 5.2-5 wiedergegeben und werden nachfolgend erläutert. Der Biegebalkenabschnitt innerhalb der Einflusslänge des Risses wird analog zu Casanova und Rossi (1996) modelliert. Hierbei wird der Be-reich um den Riss in Anlehnung an die Stabwerkmodelltheorie als D-Bereich aufgefasst, dessen Aus-dehnung beträgt 2 · h nach Schlaich et al. (1987) und Schlaich und Schäfer (2001). Dies unterscheidet sich von der Annahme 2 · hr (hr = Risslänge), wie sie u.a. von Casanova und Rossi (1996) sowie Feh-ling und Leutbecher (2011) getroffen wird.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabseinfluss 171

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Bild 5.2-5: Berechnungsmodell für Maßstabseinfluss der Biegezugfestigkeit

Mit Hilfe von linear elastischen finite Elemente Berechnungen kann der Dehnungsverlauf c(x) der Randdruckfaser für unterschiedliche Druckzonenhöhen x ermittelt werden. Ein prinzipieller Verlauf ist in Bild 5.2-5 a abgebildet. Durch eine Integration des Dehnungszuwachses (= plastische Dehnung

pl) gegenüber der elastischen Dehnung el erfolgt eine Umrechnung in einen abgetreppten Dehnungs-

verlauf (vgl. Bild 5.2-5 a) mit einer rechnerischen Abklinglänge von 2 · (x / h) · x, die der Länge des

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172 Theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabseinfluss

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

plastischen Gelenks entspricht. Im Bild 5.2-6 ist exemplarisch die Ermittlung des Abklingfaktors für eine bezogene Druckzonenhöhe von x / h = 0,1 an einem 50 mm hohen Prisma mit Hilfe der FEM abgebildet. Nach der Elastizitätstheorie sind die Ergebnisse auch auf Prismen anderen Höhe übertrag-

bar. Der Verlauf des Abklingfaktors in Abhängigkeit von der bezogenen Druckzonenhöhe x / h und die für das Berechnungsmodell verwendete Approximationsgleichung sind im Bild 5.2-7 angegeben.

Bild 5.2-6: Beispiel für die Ermittlung des Abklingfaktors mit der FEM

Bild 5.2-7: Verlauf des Abklingfaktors in Abhängigkeit von der bezogene Druckzonenhöhe x/h und Ap-proximationsgleichung für Berechnungsmodell

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabseinfluss 173

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Die gesamte Längenänderung der Druckrandfaser innerhalb des D-Bereichs wird mit lc bezeichnet und setzt sich aus einem elastischen und einen plastischen Anteil zusammen. Ab dem Übergang vom D- in den B-Bereich gilt Ebenbleiben der Querschnitte nach der Bernoulli Hypothese, und im Bild

5.2-5 b1 ist die Verteilung der Längenänderung l(z) über die Querschnittshöhe an dieser Stelle abge-bildet. Aus Symmetriegründen wird hierbei nur das halbe System nach Bild 5.2-5 a betrachtet. Am unteren Rand der Zugzone entspricht aufgrund der Starrkörper Verschiebung die Längenänderung

l(z = 0) = wr / 2 und am oberen Rand der Druckzone gilt l(z = h) = lc(z = h) / 2. Mit der Zugzo-

nenhöhe h - x folgt aus dem Strahlensatz die Gleichung zur Beschreibung der Längenänderung l(z):

xh

z1

2

w)z(l r ( 5-13 )

Die Längenänderung der Druckzone setzt sich aus einem elastischen Anteil lel(z) und einem Anteil

entlang des plastischen Gelenks lpl(z) zusammen:

)z(l)z(l)z(l plel ( 5-14 )

Die elastische Längenänderung lel(z) ergibt sich aus der Integration der elastischen Dehnung el über die Länge des D-Bereichs abzüglich der Länge des plastischen Gelenks zu:

xhzh

x

x

h

x

xh

x

zx

h

xh)z(l elelel

( 5-15 )

Die elastische Dehnung el der Randdruckfaser folgt aus der Elastizitätstheorie zu:

c

el EW

M

( 5-16 )

mit W [mm³] Widerstandsmoment M [Nmm] einwirkendes Moment Ec [MPa] Elastizitätsmodul für Druckbeanspruchung von UHFFB

Durch Umformen von Gl.( 5-14 ) nach lpl(z) und Einsetzen von Gl.( 5-13 ) und Gl.( 5-15 ) folgt die Verträglichkeitsbedingung zu:

xhzh

x

x

h

xh

z1

2

w)z(l el

rpl

( 5-17 )

Damit kann der Verlauf der Längenänderung im Rissquerschnitt für z = 0 bis h - x durch Gl.( 5-13 ) und von z = h - x bis h durch Gl.( 5-17 ) für das plastische Gelenk beschrieben werden (vgl. Bild 5.2-5 b2), wobei nicht mehr Ebenbleiben der Querschnitt gilt. Dies drückt sich durch einen Knick des Län-genänderungsverlaufs an der Nulllinie aus.

Der Spannungsverlauf in der Druckzone wird durch die von der DIN1045-1 (2008) vorgeschlagenen Druckspannungskurve beschrieben. Im Bild 5.2-8 ist der Kurvenverlauf des ansteigenden Astes nach DIN1045-1 (2008), Gl.(62) für die mittleren Materialparameter bei Druckbeanspruchung nach Ab-schnitt 2.3.1 den eigenen Druckversuchskurven gegenübergestellt und es zeigt sich eine gute Überein-stimmung.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

174 Theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabseinfluss

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Bild 5.2-8: Verlauf der Druckspannungskurve nach DIN1045-1 (2008) für mittlere Materialparameter der eigenen Versuche (vgl. Abschnitt 2.3.1)

Für das vorgestellte Berechnungsmodell ist es erforderlich, die Materialkurve für Druckbeanspru-chung und für den elastischen Teil bei Zugbeanspruchung in Form einer Spannungs - Dehnungs - Be-ziehung in eine Spannungs - Längenänderungs - Beziehung umzuformen. Folgende Substitutionsvor-

schrift basierend auf der rechnerischen Abklinglänge (x/h) · x nach Bild 5.2-5 a wird für die Umfor-mung verwendet:

x

h

x

l

( 5-18 )

mit (x/h) [-] Abklingfaktor nach Bild 5.2-7

l [mm] Längenänderung

Für die gerissene Zugzone wird die im nachfolgenden Abschnitt 6.3.3 definierte Spannungs - Rissöff-

nungs - Beziehung ct - wr nach Gleichung Gl.( 6-6 ) und Gl.( 6-8 ) angesetzt. Damit ergeben sich die

folgenden Materialkurven in Abhängigkeit von der Längenänderung l für das Berechnungsmodell:

Für Druckbeanspruchung:

0lxh

xfür

xh

xl

2E

E1

xh

xl

xh

xl

E

E

fl 1c

1c1c

m0c

2

1c1c1c

m0c

cmc

( 5-19 )

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Theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabseinfluss 175

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

mit fcm [MPa] Mittelwert der Druckfestigkeit

c1 [-] Dehnung bei Erreichen der Druckfestigkeit fcm Ec0m = Ecm [MPa] Mittelwert des Tangentenmoduls im Ursprung, bei UHFFB gleich dem Sekantenmodul

Ec1 = fcm / c1 [MPa] Sekantenmodul durch den Ursprung und den Scheitelpunkt x [mm] Druckzonenhöhe

(x/h) [-] Abklingfaktor nach Bild 5.2-7

Für Zugbeanspruchung:

xh

x

2

wlx

h

x

2

fw

l

fw2xh

xl4

1f

xh

x

2

fwlx

h

xf

fw

xh

xl2

ff

xh

xl0

xh

xl

E

l

ctelru

ctelctr

2

f

ctrctel

ct

ctelctr

ctelctelctr

ctel

ctelct

ctelct

ct ( 5-20 )

mit fct() = () · fct,1D Zugfestigkeit in Abhängigkeit von der Faserorientierung

[-] Faserorientierungsfaktor

() [-] Korrelation zwischen fct() / fct,1D und nach Gl. ( 4-8 ) fct,1D [MPa] Zugfestigkeit bei eindimensionaler Faserorientierung

wr (fct()) [mm] Rissbreite korrespondierend zur Zugfestigkeit fct() lf [MPa] Faserlänge

wru = · lf /2 [mm] maximale Rissöffnung

ctel = fctel / Ect [MPa] Dehnung an der Elastizitätsgrenze

Mit Gl.( 5-19 ) und Gl.( 5-20 ) kann der Spannungsverlauf im Rissquerschnitt für den Verlauf der Längenänderung nach Bild 5.2-5 b2 angegebene werden (vgl. Bild 5.2-5 b3).

Die Ermittlung der Biegezugfestigkeit fctfl nach dem Berechnungsmodell erfolgt iterativ mit Hilfe des in Bild 5.2-9 abgebildeten Algorithmus der im Folgenden erläutert wird. Der Berechnungsalgorithmus wurde mit dem Computer Algebra System (CAS) Mathematica (2009) umgesetzt.

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176 Theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabseinfluss

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Festlegung der Querschnittswerte

Definition der Materialparameter und des Faserorientierungsfaktors für den betrachteten

Querschnitt

Definition des Rissbreitenbereichs und Schrittweitez.B.: wr = 0,1 bis 1,0 mm und wr = 0,025 mm

Vorgabe Rissbreite wr

Startwert für Biegerandzugspannung: ctfl = fctel

Startwert für elastische Randdehnung: el = - Mcr/(W·Ec) = - fctel/Ec

Iterative Berechnung der Druckzonenhöhe x:

x0NN

dzb)z(lN

dzb)z(lN

!

ctc

h

xh

plcc

xh

0

ctct

Iterative Berechnung der Druckzonenhöhe x:

x0NN

dzb)z(lN

dzb)z(lN

!

ctc

h

xh

plcc

xh

0

ctct

Berechnung des aufnehmbaren Moments M:

ctc

h

xh

plcc

xh

0

ctct

MMM

dzzb)z(lM

dzzb)z(lM

Berechnung des aufnehmbaren Moments M:

ctc

h

xh

plcc

xh

0

ctct

MMM

dzzb)z(lM

dzzb)z(lM

Abbruchkriterium für Iteration

01,0W

M1

ctfl

Abbruchkriterium für Iteration

01,0W

M1

ctfl

Biegerandzugspannung: ctfl = M/W

elastische Randdehnung: el = - ctfl / Ec

Neue Rissbreitewr = wr + wr

Sichern der Ergebnisse für die

anschließende Bestimmung der

Biegezugfestigkeit:wr, x, ctfl etc.

ja

Bild 5.2-9: Algorithmus für Berechnungsmodell

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabseinfluss 177

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Zunächst werden die Querschnittswerte, Materialparameter und der Faserorientierungsfaktor für den zu betrachtenden Querschnitt definiert. Des Weiteren erfolgen die Festlegung des zu untersuchenden Rissbreitenbereichs sowie die Schrittweite für das Inkrement der Rissbreite.

Für eine vorgegebene Rissbreite wr werden dann Startwerte für die gesuchte korrespondierende Biege-

randzugspannung ctfl(wr) und die elastische Dehnung el der Randdruckfaser festgelegt. Hierzu wird die Zugspannung an der Elastizitätsgrenze herangezogen, die der Erstrissspannung entspricht. Durch die Gleichgewichtsbedingung der Normalkräfte im Rissquerschnitt kann die Druckzonenhöhe x itera-tiv ermittelt und das aufnehmbaren Moment M bestimmt werden. Es folgt eine Überprüfung der Ab-

weichung der berechneten Biegezugspannung M/W von der bisher angenommenen ctfl(wr). Bei einer

Abweichung größer als 1 % wird die bisher angenommene Biegerandzugspannung ctfl(wr) durch die

berechnete Biegerandzugspannung M/W ersetzt und die zugehörige elastische Dehnung el der Rand-druckfaser neu berechnet. Es erfolgt eine erneute Berechnung der Druckzonenhöhe x und des auf-nehmbaren Moments M bis das Abbruchkriterium erfüllt ist. Wenn das Abbruchkriterium erfüllt ist,

werden die Berechnungsergebnisse gesichert, die bisherige Rissbreite wr um die Schrittweite w ver-größert und die iterative Berechnung der zugehörigen Biegezugspannung erneut durchgeführt. Nach-dem zu jeder Rissbreite des definierten Rissbreitenbereichs die korrespondierende Biegezugspannung

ctfl ermittelt worden ist, folgt die Biegezugfestigkeit fctfl des untersuchten Querschnitts als Maximal-wert der berechneten Biegezugspannungen.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

178 Theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabseinfluss

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

5.2.3 Vergleich des Berechnungsmodells für den Maßstabseinfluss mit Versuchswerten

Den in diesem Abschnitt zusammengefassten Berechnungsergebnissen der Biegezugfestigkeit fctfl nach verschiedenen Ansätzen liegen die Materialparameter von Ductal® zugrunde:

- Mittlere Druckfestigkeit (vgl. Abschnitt 2.4.2): fcm = 211,2 MPa;

- Zu fcm zugehörige Dehnung (vgl. Abschnitt 2.4.2): c1 = 4,42 ‰;

- Mittlerer Elastizitätsmodul für Druckbeanspruchung (vgl. Abschnitt 2.4.2): Ecm = 53.071 MPa;

- Mittlerer Elastizitätsmodul für Zugbeanspruchung (vgl. Abschnitt 2.4.6): Ect = 48.576 MPa;

- Zugspannung an der Elastizitätsgrenze (vgl. Abschnitt 5.1.1): fct,el = 7,9 MPa;

- Zugfestigkeit bei eindimensionaler Faserorientierung (vgl. Abschnitt 5.2.1): fct,1D = 22,14 MPa;

- Zu fct,1D korrespondierende Rissöffnung (vgl. Tabelle 4.7-1): wr(fct,1D) = 0,07 mm;

- Mittlere Länge der Fasern vom Typ Redaelli Tecna (vgl. Tabelle 4.4-2): lfm = 13,65 mm.

Um die einzelnen Ansätze miteinander vergleichen zu können, wird bei allen nachfolgenden Berech-nungen die eigene Materialkurve für Zugbeanspruchung nach Abschnitt 6.3.3 bzw. nach Gl.( 5-20 )

zunächst mit einer mittleren Faserorientierung von m = 0,9 (vgl. Abschnitt 3.6.4) verwendet. Die

zugehörige Zugfestigkeit folgt damit zu fct(m = 0,9) = 14,7 MPa (vgl. Abschnitt 5.2.1). Das Material-verhalten für Druckbeanspruchung bis zur Druckfestigkeit fcm wird mit der Druckkurve nach DIN1045-1 (2008), Gl. (62) beschrieben.

Es werden folgende Ansätze für die Berechnung der Biegezugfestigkeit betrachtet:

- Eigenes Berechnungsmodell nach Abschnitt 5.2.2 mit Materialkurven nach Gl.( 5-19 ) und Gl.( 5-20 );

- Modell nach Casanova und Rossi (1996) mit Materialkurven nach Gl.( 5-19 ) und Gl.( 5-20 );

- Ansatz einer "structural length" von lstl = 2/3 · h nach Vorschlag der AFGC/SETRA (2002) für die

Umrechnung der ct - wr - Beziehung in eine ct - ct - Beziehung mit der Materialkurve für Druckbeanspruchung nach DIN1045-1 (2008), Gl. (62) und für Zugbeanspruchung nach Abschnitt 6.3.3;

- Ansatz einer "structural length" von lstl = 2· (h - x) nach Vorschlag von Fehling und Leutbecher

(2011) für die Umrechnung der ct - wr - Beziehung in eine ct - ct - Beziehung mit der Material-kurve für Druckbeanspruchung nach DIN1045-1 (2008), Gl. (62) und für Zugbeanspruchung nach Abschnitt 6.3.3.

Die Berechnungsergebnisse sind in der Tabelle 5.2-2 zusammengefasst und werden im Folgenden eingehend diskutiert.

Page 185: Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton

Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabseinfluss 179

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Tabelle 5.2-2: Rechnerische Biegezugfestigkeit fctfl nach unterschiedlichen Ansätzen

b[m

m]

h[m

m]

b /

h[-

]f c

tflm

,el

[MP

a]

f ctf

lm

[MP

a] [-]

f ctf

l,ca

l

[MP

a] [-]

f ctf

l,ca

l

[MP

a] [-]

f ctf

l,ca

l

[MP

a] [-]

f ctf

l,ca

l

[MP

a] [-]

f ctf

l,ca

l

[MP

a]

f ctf

l,ca

l/fc

tflm

[-]

[-]

f ctf

l,ca

l

[MP

a]

f ctf

l,ca

l/fc

tflm

[-]

4040

121

,58

42,3

1-

--

--

--

-0,

9238

,36

0,91

0,94

41,3

40,

98

5050

116

,39

50,7

5-

--

--

--

-0,

9237

,61

0,74

0,99

49,1

90,

97

7575

117

,82

39,0

8-

--

--

--

-0,

9236

,15

0,93

0,94

38,9

21,

00

7525

319

,11

42,5

50,

9036

,95

0,90

37,3

50,

9035

,32

0,90

37,2

90,

9239

,78

0,93

0,93

41,3

00,

97

150

503

17,5

744

,67

0,90

34,9

80,

9035

,84

0,90

33,5

80,

9035

,80

0,91

36,2

70,

810,

9643

,73

0,98

225

753

15,4

234

,90

0,90

33,6

40,

9034

,81

0,90

32,4

60,

9034

,80

0,90

33,6

40,

960,

9134

,87

1,00

300

100

315

,58

32,3

80,

9032

,61

0,90

33,9

90,

9031

,62

0,90

34,0

30,

8931

,49

0,97

0,90

32,6

11,

01

450

150

312

,08

27,5

30,

9031

,04

0,90

32,7

60,

9030

,37

0,90

32,8

60,

8828

,99

1,05

0,87

28,0

31,

02

250

505

16,2

839

,50

--

--

--

--

0,90

34,9

80,

890,

9339

,04

0,99

375

755

16,5

732

,16

--

--

--

--

0,88

31,3

50,

970,

8831

,35

0,97

Um

rech

nu

ng

c

t-wr n

ach

c

t-c

t mit

l stl =

2/3

·h

[AF

GC

/SE

TR

A

(200

2)]

Eig

enes

Ber

ech

nu

ng

smo

del

l

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m S

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o

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ng

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en

Ver

such

s-er

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Mo

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96)

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B

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ct m

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l stl =

2·(

h-x

)

[Feh

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un

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Leu

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her

(20

11)]

Page 186: Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton

Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

180 Theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabseinfluss

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Im Bild 5.2-10 sind die mittleren Biegezugfestigkeiten in Abhängigkeit von der Bauteilhöhe h für die Versuchsserie mit b/h = 3 abgebildet. Zum Vergleich sind die Berechnungsergebnisse nach den ver-schiedenen Ansätzen angegeben.

Bild 5.2-10: Vergleich der verschiedenen Berechnungsansätze unter Ansatz der eigenen Materialkurve nach

Abschnitt 6.3.3 für eine mittlere Faserorientierung von m = 0,9 mit mittleren Versuchswerten nach Abschnitt 2.4.5 für b/h = 3

Die Versuchsserie zeigt einen Abfall der Biegezugfestigkeit fctfl von ca. 35,3 % bei einem Anstieg der Bauteilhöhe von h = 25 mm auf h = 150 mm, wenn man den Wert bei h = 50 mm als Ausreißer nach oben nicht berücksichtigt. Die verschiedenen Ansätze zeigen alle lediglich einen Abfall von 12 bis 16 %, wobei das eigene Berechnungsmodell mit 16 % noch den höchsten Abfall aufweist. Das Modell nach Casanova und Rossi (1996) und der AFGC/SETRA (2002) Ansatz zeigen für h = 75 mm und das eigene Modell sowie der Ansatz nach Fehling und Leutbecher (2011) für h = 100 mm eine gute Über-einstimmung mit der mittleren Biegezugfestigkeit der Versuchserie. Ansonsten liegen die berechneten Biegezugfestigkeiten entweder deutlich unterhalb oder oberhalb der mittleren Versuchsergebnisse. Die Kurve nach dem Modell von Casanova und Rossi (1996) stimmt mit dem Berechnungsansatz nach AFGC/SETRA (2002) überein; vermutlich wurde der empirische Ansatz von AFGC/SETRA (2002) an dem Modell von Casanova und Rossi (1996) kalibriert.

Das Bild 5.2-10 veranschaulicht, dass die Bruchmechanik bzw. die empirischen Ansätze für die "struc-tural length" lstl alleine keine Erklärung für den experimentell festgestellten Maßstabseinfluss liefern

Page 187: Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton

Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabseinfluss 181

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

können. Die Vermutung liegt nahe, dass die Faserorientierung hierbei ebenfalls einen Einfluss haben

muss. Die in Abschnitt 4.3.4 abgeleitete Korrelation zwischen der eindimensionalen Zugfestig-

keit fct,1D und der von der Faserorientierung abhängigen Zugfestigkeit fct() zeigt im Bereich von = 0,9 einen sehr steilen Verlauf, wodurch bereits geringe Abweichungen einen nicht unerheblichen Ein-

fluss auf die Zugfestigkeit fct() haben.

In Tabelle 3.6-2 sind die Ergebnisse der optischen Faserorientierungsmessung an den Zugprismen der eigenen Versuche wiedergegeben. Da sich die Querschnittsabmessungen und die Herstellweise der Biegezugprismen nicht von den Zugprismen unterscheiden, können die Ergebnisse übertragen werden.

Die mittlere Faserorientierung liegt bei m = 0,9 mit einer Streubreite von = 0,88 (5 %-Fraktilwert)

bis = 0,92 (95 %-Fraktilwert). Mit zunehmender Prismenbreite nimmt der Einfluss der Schalungs-seiten ab. Es ist daher naheliegend, den Prismen mit h = 25 mm und b = 75 mm (b/h =3) die Ober-

grenze der Streubreite von = 0,92 und den Prismen mit h = 150 mm und b = 450 mm (b/h = 3) die

Untergrenze der Streubreite von = 0,88 zu zuordnen.

Dem entsprechend wird den unterschiedlichen Querschnittshöhen h = 25 bis 150 mm der Versuchsse-

rie mit b/h = 3 ein Faserorientierungsfaktor von = 0,92 bis 0,88 mit einer Abstufung von 0,01 zuge-wiesen. Es ergeben sich nach dem eigenen Berechnungsmodell die in Tabelle 5.2-2 angegebenen Bie-gezugfestigkeiten. In Bild 5.2-11 sind diese Werte den mittleren Versuchswerten gegenübergestellt.

Bild 5.2-11: Vergleich der mittleren Versuchswerte nach Abschnitt 2.4.5 für b/h = 3 mit dem eigenen Berechnungsmodell für Faserorientierungsfaktoren entsprechend dem Streubereich der optischen Messungen

Für h = 25, 75, 100 und 150 mm weichen die rechnerischen Biegezugfestigkeiten nur geringfügig um 3 bis 7 % von den mittleren Messwerten ab. Bei h = 50 mm hingegen werden nur 81 % des mittleren Versuchswertes erreicht, der allerdings auch deutlich nach oben gegenüber dem Trend der übrigen Versuchswerte abweicht.

Ordnet man analog den Versuchsserien mit b/h = 1 einen Faserorientierungsfaktor von = 0,92 und

der Versuchsserie mit b/h = 5 für h = 50 bzw. 75 mm einen Faserorientierungsfaktor von = 0,9 bzw. 0,88 zu, so ergeben sich die in Tabelle 5.2-2 (vorletzte Spalte) aufgeführten Biegezugfestigkeiten.

Page 188: Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton

Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

182 Theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabseinfluss

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Diese weichen für h = 40 und 75 mm lediglich um 3 bis 9 % und für b/h = 5 und h = 50 mm um 11 % von den Versuchswerten ab. Dem gegenüber zeigt sich wie auch schon bei b/h = 3 für h = 50 mm und b/h = 1 eine erhebliche Abweichung der berechneten Werte von den Versuchswerten um 26 %.

Im Bild 5.2-12 sind die mittleren Biegezugfestigkeiten der Versuche nach Abschnitt 2.4.5 für h = 50 bzw. 75 mm in Abhängigkeit von b/h den rechnerischen Biegezugfestigkeiten des Berechnungsmo-dells gegenübergestellt. Für h = 75 mm beträgt der Abfall der Biegezugfestigkeit der Versuche von b/h = 1 auf b/h = 5 ca. 17,6 % und nach dem Berechnungsmodell ca. 13 %. Die Abweichung fällt damit gering aus. Dem gegenüber zeigen die Versuche bei h = 50 mm einen Abfall von ca. 22,2 % wohinge-gen sich nach dem Berechnungsmodell lediglich ein Abfall von ca. 7 % ergibt.

Bild 5.2-12: Vergleich der mittleren Versuchswerte nach Abschnitt 2.4.5 mit h = 50 und 75 mm mit dem eigenen Berechnungsmodell für Faserorientierungsfaktoren entsprechend dem Streubereich der optischen Messungen

In Tabelle 5.2-2 (letzte Spalte) sind zusätzlich die theoretisch erforderlichen Faserorientierungsfakto-

ren angegeben, um die Versuchswerte möglichst exakt mit dem Berechnungsmodell zu erreichen. Bei den Biegeprismen mit h = 50 mm und b/h = 1, 3 bzw. 5 wäre demnach ein Faserorientierungsfak-

tor von = 0,99, 0,96 bzw. 0,93 erforderlich, der teilweise erheblich höher als die obere Streugrenze

von = 0,92 (95 %-Fraktilwert) liegt.

Das eigene Berechnungsmodell und das Modell nach Casanova und Rossi (1996) basieren auf der Bruchmechanik. Die beiden Ansätze einer "structural length" zur Umrechnung der Materialkurve für Zugbeanspruchung basieren hingegen auf einer verschmierten Betrachtungsweise, bei der die Druck-zone als Druckstab mit konstanter Dehnung angenommen wird. Damit kann die Lokalisierung des Querschnitts bei Versagenseintritt und der damit verbundene lokale Dehnungs- und Spannungszu-wachs in der Druckzone nicht erfasst werden. Nachfolgend werden daher die Randspannungen nach den verschiedenen Ansätzen für die Versuchsserie mit b/h = 3 verglichen. Aus Gründen der Ver-gleichbarkeit sind in Tabelle 5.2-3 die Berechnungsergebnisse für eine mittlere Faserorientierung von

m = 0,9 angegeben.

Page 189: Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton

Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabseinfluss 183

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Tabelle 5.2-3: Vergleich der Randspannungen und Rissbreiten am Zugrand unter Ansatz der eigenen Material-kurve für Zugbeanspruchung nach Abschnitt 6.3.3 und einer mittleren Faserorientierung von

m = 0,9

b[mm]

h[mm]

b / h[-]

fctflm,el

[MPa]

fctflm

[MPa]Berechnungsansatz

[-]

wr(fctfl,cal)

[mm]

fctfl,cal

[MPa]ct(z = 0)

[MPa]

c(z = h)

[MPa]

c(z = h)

[MPa]

ct(z = 0)

[MPa]

wr(fctfl,cal)

[mm]

Eigenes Berechnungsmodell 0,90 0,40 36,95 13,12 -169,31 1,9% -1,8% 15,6%

Modell nach Casanova und Rossi (1996)

0,90 0,35 37,35 13,35 -172,67 0,0% 0,0% 0,0%

Umrechnung ct-wr nach ct-ct

mit lstl = 2·(h-x) [Fehling und

Leutbecher (2011)]

0,90 0,40 35,32 13,11 -118,02 31,7% -1,8% 15,6%

Umrechnung ct-wr nach ct-ct

mit lstl = 2/3·h [AFGC/SETRA

(2002)]

0,90 0,33 37,29 13,45 -165,01 4,4% 0,7% -6,1%

Eigenes Berechnungsmodell 0,90 0,50 34,98 12,68 -123,45 6,4% -3,2% 23,9%

Modell nach Casanova und Rossi (1996)

0,90 0,40 35,84 13,09 -131,95 0,0% 0,0% 0,0%

Umrechnung ct-wr nach ct-ct

mit lstl = 2·(h-x) [Fehling und

Leutbecher (2011)]

0,90 0,48 33,58 12,77 -93,09 29,4% -2,4% 17,7%

Umrechnung ct-wr nach ct-ct

mit lstl = 2/3·h [AFGC/SETRA

(2002)]

0,90 0,40 35,80 13,11 -130,29 1,3% 0,1% -0,9%

Eigenes Berechnungsmodell 0,90 0,58 33,64 12,36 -102,90 8,6% -4,2% 28,9%

Modell nach Casanova und Rossi (1996)

0,90 0,45 34,81 12,90 -112,61 0,0% 0,0% 0,0%

Umrechnung ct-wr nach ct-ct

mit lstl = 2·(h-x) [Fehling und

Leutbecher (2011)]

0,90 0,53 32,46 12,55 -81,06 28,0% -2,7% 17,7%

Umrechnung ct-wr nach ct-ct

mit lstl = 2/3·h [AFGC/SETRA

(2002)]

0,90 0,43 34,80 12,99 -109,93 2,4% 0,7% -4,8%

Eigenes Berechnungsmodell 0,90 0,65 32,61 12,04 -91,93 12,5% -4,1% 24,0%

Modell nach Casanova und Rossi (1996)

0,90 0,52 33,99 12,55 -105,12 0,0% 0,0% 0,0%

Umrechnung ct-wr nach ct-ct

mit lstl = 2·(h-x) [Fehling und

Leutbecher (2011)]

0,90 0,55 31,62 12,44 -72,78 30,8% -0,9% 4,9%

Umrechnung ct-wr nach ct-ct

mit lstl = 2/3·h [AFGC/SETRA

(2002)]

0,90 0,48 34,03 12,77 -100,56 4,3% 1,7% -9,4%

Eigenes Berechnungsmodell 0,90 0,75 31,04 11,63 -76,60 14,1% -5,5% 29,8%

Modell nach Casanova und Rossi (1996)

0,90 0,58 32,76 12,32 -89,16 0,0% 0,0% 0,0%

Umrechnung ct-wr nach ct-ct

mit lstl = 2·(h-x) [Fehling und

Leutbecher (2011)]

0,90 0,60 30,37 12,22 -63,14 29,2% -0,8% 3,8%

Umrechnung ct-wr nach ct-ct

mit lstl = 2/3·h [AFGC/SETRA

(2002)]

0,90 0,53 32,86 12,55 -86,29 3,2% 1,9% -9,2%

Abeichungen gegenüber dem Modell von Casanova und

Rossi (1996)

32,38

450 150 3 12,08 27,53

300 100 3 15,58

44,67

225 75 3 15,42 34,90

150 50 3 17,57

Versuchs-ergebnisse

75 25 3 19,11 42,55

Berechnungsergebnisse

Das Modell nach Casanova und Rossi (1996) weist die höchste Randdruckspannung bei h = 25 mm

von c(z = h) = -172,7 MPa auf. Diese nimmt mit zunehmender Bauteilhöhe ab auf c(z = h) = -89,2

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

184 Theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabseinfluss

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

MPa bei h = 150 mm. Die Randdruckspannungen nach dem Ansatz der AFGC/SETRA (2002) liegen erwartungsgemäß lediglich um 1,3 bis 4,4 % darunter. Nach dem eigenen Berechnungsmodell ergeben sich um 1,9 % bis 14,1 % geringere Randdruckspannungen bei gleicher Bauteilhöhe h gegenüber dem Modell von Casanova und Rossi (1996), wobei die Abweichung mit zunehmender Bauteilhöhe an-steigt. Die höchsten Abweichungen weist der Ansatz von Fehling und Leutbecher (2011) auf. Die Randdruckspannungen liegen bei allen betrachteten Bauteilhöhen mit 29,2 bis 31,7 % deutlich unter-halb denen des Modells von Casanova und Rossi (1996). Dies ist kritisch zu bewerten im Hinblick auf die Bauteilbemessung, da die tatsächliche Druckbeanspruchung nach diesem Modell deutlich unter-

schätzt wird. Die Randzugspannungen ct(z = 0) der verschiedenen Ansätze weichen hingegen nur geringfügig um maximal 5,5 % vom Modell nach Casanova und Rossi (1996) ab.

Die zur berechneten Biegezugfestigkeit fctfl,cal korrespondierende Rissbreite wr(fctfl,cal) am Zugrand hingegen fällt beim eigenen Modell um 15,6 bis 29,8 % höher aus als nach dem Modell von Casanova und Rossi (1996). Nach dem Ansatz von Fehling und Leutbecher (2011) liegen die Rissbreiten um 3,8 bis 17,7 % höher. Der Ansatz hingegen nach AFGC/SETRA (2002) ergibt um 0,9 bis 9,4 % geringere Rissbreiten im Vergleich zu den nach Casanova und Rossi (1996) berechneten Werten. Die Krüm-mung bzw. die Verformungen fallen damit bei den vorgestellten Ansätzen unterschiedlich hoch aus.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass alle Ansätze zwar einen Abfall der Biegezugfestig-keit mit zunehmender Bauteilhöhe h aufweisen, der jedoch bei weitem nicht so ausgeprägt ist wie der experimentell festgestellte Abfall. Das eigene Modell zeigt hierbei noch den höchsten Abfall im Ver-gleich zu den andern Ansätzen. Aus Gründen der Vergleichbarkeit wurden für die Berechnungen nach den verschiedenen Ansätzen jeweils die eigene Materialkurve für Zugbeanspruchung nach Abschnitt

6.3.3 mit der mittleren Faserorientierung von m = 0,9 verwendet. Nur die eigene Materialkurve zeigt

bedingt durch die nichtlineare Korrelation zwischen der eindimensionalen Zugfestigkeit fct,1D und

der von der Faserorientierung abhängigen Zugfestigkeit fct() eine starke Abhängigkeit von der Faser-

orientierung . Durch eine Variation der Faserorientierung im Streubereich der optisch gemessenen Faserorientierung kann mit der eigenen Materialkurve und dem eigenen Berechnungsmodell der expe-rimentell festgestellte Maßstabseinfluss der Bauteilhöhe h und der Formeinfluss b/h mit geringer Ab-weichung abgebildet werden. Folglich ist nur über ein bruchmechanisches Modell unter Einbeziehung der Faserorientierung eine theoretische Erklärung für den Maßstabs- bzw. Formeinfluss möglich.

Mit dem empirischen Ansatz für die „structural length“ nach AFGC/SETRA (2002) und der eigenen Materialkurve in Abhängigkeit von der Faserorientierung nach Abschnitt 6.3.3 kann der Maßstabsein-fluss näherungsweise erfasst werden.

5.2.4 Faserorientierungsmodell

Von Greiner (2006) wurde in Anlehnung an die AFGC/SETRA (2002) ein Faserorientierungsmodell als theoretische Erklärung für den von ihm experimentell festgestellten Maßstabseinfluss der Bauteil-höhe h an Biegezugprismen mit b/h = 1 vorgeschlagen. Bei dem Modell wird der Bauteilquerschnitt in einen Randbereich mit einer zweidimensionalen Faserverteilung und einen Kernbereich mit einer dreidimensionalen Faserverteilung aufgeteilt. Die Höhe des Randes wird in Abhängigkeit von der Faserlänge lf zu lf/2 angenommen. Das Modell ist im Bild 5.2-13 wiedergegeben.

Die Berechnung der Biegezugfestigkeit nach diesem Modell erfolgt auf Querschnittebene. Hierzu wird

die Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung ct - wr der Materialkurve analog zum Ansatz der AFGC/SETRA (2002) mit der „structural length“ lstl = 2/3 · h in eine Spannungs - Dehnungs - Bezie-

hung ct - ct überführt. Das Modell geht im Gegensatz zur im Abschnitt 4.3 abgeleiteten nichtlinearen Korrelation von einer linearen Korrelation zwischen der eindimensionalen Zugfestigkeit fct,1D und der

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabseinfluss 185

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

von der Faserorientierung abhängigen Zugfestigkeit fct() aus (vgl. Bild 4.3-10). Dem Kernbereich mit

der 3D-Faserverteilung wird ein Faserorientierungsfaktor von Kern = 0,5 und dem Randbereich mit

der 2D-Faserverteilung ein Faserorientierungsfaktor von Rand = 0,7 zugewiesen. Je breiter bzw. höher das Bauteil wird, desto stärker fällt der Kernbereich mit der 3D-Faserverteilung ins Gewicht. Dadurch wird der beim empirischen Ansatz nach AFGC/SETRA (2002) bereits vorhandene geringe Maß-stabseinfluss (vgl. Abschnitt 5.2.3) verstärkt.

Bild 5.2-13: Faserorientierungsmodell nach Greiner (2006) in Anlehnung an AFGC/SETRA (2002)

Im Folgenden werden die Biegezugfestigkeiten der Versuchsserie mit b/h = 3 mit dem Faserorientie-rungsmodell nach Greiner (2006) berechnet und mit den Versuchswerten verglichen. Das Materialver-halten für Druckbeanspruchung wird vereinfacht als linear elastisch bis zur mittleren Druckfestigkeit fcm angenommen. Der ansteigende Ast wird hierbei über den mittleren E-Modul Ecm beschrieben. Für Zugbeanspruchung wird die eigene Materialkurve nach Abschnitt 6.3.3 verwendet, mit einer linearen und nichtlinearen Korrelation. Die Materialparameter entsprechen denen vom vorherigen Abschnitt 5.2.3. Im Bild 5.2-14 sind die Berechnungsergebnisse den Versuchswerten gegenübergestellt.

Page 192: Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton

Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

186 Theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabseinfluss

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Bild 5.2-14: Vergleich der nach dem Faserorientierungsmodell von Greiner (2006) berechneten Biegezugfes-tigkeit mit den mittleren Versuchsergebnissen der Versuchsserie b/h =3 unter Ansatz einer linea-ren und nichtlinearen Korrelation der Zugfestigkeit

Die nach dem Faserorientierungsmodell mit linearer Korrelation berechnete Biegezugfestigkeit zeigt einen deutlichen Maßstabseinfluss. Mit zunehmender Bauteilhöhe h nimmt die Biegezugfestigkeit von h = 25 mm bis h = 150 mm um ca. 26 % ab. Allerdings liegen die berechneten Biegezugfestigkeiten bei h = 25, 75 und 100 mm um ca. 18 bis 21 % unterhalb der mittleren Versuchswerte. Bei h = 50 mm beträgt die Differenz 34,5 %, wobei diese Versuchsreihe im Vergleich zu den anderen als Ausreißer nach oben angesehen werden kann. Offensichtlich unterschätzt das Faserorientierungsmodell den ex-perimentell festgestellten Maßstabseinfluss deutlich.

Bei Ansatz der nichtlinearen Korrelation nach Bild 4.3-10 ergibt sich ein höherer Abfall der Biegezug-festigkeit von h = 25 mm bis h = 150 mm von ca. 30 %. Die berechneten Biegezugfestigkeiten liegen dann jedoch um bis zu 65 % unterhalb der Messwerte, wenn man die Versuchsreihe mit h = 50 mm außer acht lässt. Die optischen Faserorientierungsmessungen an identischen Querschnitten zeigen des Weiteren keinen Unterschied zwischen Rand- und Kernbereich in Bezug auf die Faserorientierung

(vgl. Abschnitt 3.6.4). Zudem liegt die mittlere Faserorientierung bei m = 0,9 und damit deutlich über den beim Faserorientierungsmodell angenommenen. Letztendlich ist das Faserorientierungsmodell damit nicht mehr haltbar.

Page 193: Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton

Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Bemessungskonzept für UHFFB 187

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

6 Bemessungskonzept für UHFFB

6.1 Überblick über vorhandene Bemessungskonzepte

6.1.1 AFGC/SETRA Richtlinie für ultra - hochfesten Beton

Die erste Richtlinie für die Anwendung von ultra - hochfestem Beton (UHPC) bei Bauvorhaben wurde im Januar 2002 von der Association Française de Génie Civil (AFGC) und der Service d’études tech-niques des routes et autoroutes (SETRA) herausgegeben. Die Richtlinie basiert auf den Forschungser-gebnissen an den bis zur Marktreife entwickelten ultra - hochfesten Betonen BSI® von Eiffage und BPR® bzw. Ductal® von Bouygues, Rhodia und Lafarge aus Frankreich.

Die Richtlinie definiert u.a. Materialkurven für das einaxiale Druck- und Zugtragverhalten von UHPC. Das einaxiale Drucktragverhalten im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit (SLS) wird durch einen linear ansteigenden Ast bis zur Druckfestigkeit fc über den mittleren E - Modul definiert. Für Nach-weise im Grenzzustand der Tragfähigkeit (ULS) wird ein linearer Anstieg bis zum Bemessungswert der Druckfestigkeit fcd ebenfalls mit dem mittleren E - Modul definiert mit einem anschließenden hori-

zontalen Plateau bis zu einer Grenzdehnung von cu = 3 ‰. Ein Vorschlag für die Beschreibung des abfallenden Astes wird nicht gemacht.

Im Folgenden wird das entsprechend der Richtlinie vorgeschlagene Vorgehen zur Definition der Mate-rial- und Bemessungskurven für das einaxiale Zugtragverhalten von UHFFB prinzipiell beschrieben. Für weitergehende Details wird auf die Richtlinie der AFGC/SETRA (2002) verwiesen.

Bei der Definition des Zugtragverhaltens werden unterschiedliche Materialkurven in Abhängigkeit der Art des zu bemessenden Tragelements für dünne Platten und Schalen sowie dicke Platten, Schalen und Träger angegeben. Die Ermittlung der Materialkurven für das einaxiale Zugtragverhalten erfolgt je nach Art des Tragelements indirekt durch 3 und 4-Punkt Biegeversuchen an gekerbten bzw. ungekerb-ten Biegeprismen mit definierten Abmessungen und Herstellmethoden.

Für die Bemessung von dünnen Platten und Schalen wird die Materialkurve für das einaxiale Zugtrag-verhalten unmittelbar aus den Ergebnissen der ungekerbten Biegezugversuche mit Hilfe einer „back

analysis“ als Spannungs - Dehnungs - Kurve ct - ct abgeleitet. Die Höhe der Biegezugprismen wird identisch zur Bauteildicke der zu bemessenden dünnen Platten und Schalen festgelegt. Eine Korrektur des Maßstabseinflusses ist damit nicht erforderlich.

Die Materialkurve für das einaxiale Zugtragverhalten zur Bemessung von dicken Platten und Schalen sowie Trägern wird aus gekerbten und ungekerbten Biegezugversuchen abgeleitet. Die einaxiale Zug-spannung an der Elastizitätsgrenze fct,el wird hierbei anhand der ungekerbten 4-Punkt Biegezugversu-che bestimmt. Die Korrektur des Maßstabseinflusses erfolgt mit Hilfe der empirischen Beziehung nach Gl.( 5-7 ) in Anlehnung an den CEB-FIP Model Code 90, Gl. (2.1-6), vgl. Abschnitt 5.1.3. Zur Beschreibung des elastischen Abschnitts der Materialkurve für Zugbeanspruchung wird der gleiche mittlere E-Modul wie für Druckbeanspruchung angesetzt. Damit kann der linear elastische Abschnitt

der Materialkurve für Zugbeanspruchung als Spannungs - Dehnungs - Kurve ct - ct angegeben wer-den.

Aus den gekerbten 3-Punkt Biegezugversuchen folgt mit Hilfe einer „back - analysis“ das einaxiale Zugtragverhalten nach dem Überschreiten des Elastizitätsgrenze fct,el als Spannungs - Rissöffnungs -

Beziehung ct - wr. Eine Materialkurve in Form einer Spannungs - Dehnungs - Kurve ct - ct ergibt

sich aus der Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung ct - wr unter Annahme einer „structural length“ von lst = 2/3 · h mit der Gl.( 4-6 ).

Der Einfluss der Faserorientierung und -verteilung auf das Zugtragverhalten wird durch die Einfüh-rung des sogenannten K - Faktor Konzepts berücksichtigt. Durch den Abminderungsfaktor 1/K soll

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

188 Bemessungskonzept für UHFFB

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

dem abweichenden Zugtragverhalten zwischen Laborprismen zur Ermittlung des Materialverhaltens und dem späteren Bauteil Rechnung getragen werden. Der K - Faktor hängt von den folgenden Fakto-ren ab:

- Geometrie und Strukturtyp;

- verwendeter UHPC;

- Betoniertechnik.

Es wird ein lokaler und globaler K - Faktor unterschieden. Der lokale K- Faktor ist für lokale Effekte z.B. im Bereich von Lasteinleitungen etc. relevant. Ansonsten ist der globale Faktor anzusetzen. Je nach Tragstruktur können auch mehrere K - Faktoren erforderlich sein.

Für die Entwurfsphase wird von der Richtlinie für Klokal = 1,75 und Kglobal = 1,25 als erste Nährung angegeben. Alternativ können auch von vergleichbaren Projekten die K - Faktoren übernommen wer-den. In jedem Fall müssen diese Werte für die Entwurfsphase überprüft werden. Die Überprüfung erfolgt durch die Herstellung eines Prototypen oder repräsentativen Tragwerksausschnitts, an dem dann an definierten Stellen entsprechend der Tragwirkung Prismen herausgesägt und in Serien unter-teilt werden. Diese Prismenserien werden gekerbt und im 3-Punkt Biegezugversuch die Biegezugfes-tigkeit fctfl bestimmt. Im Anschluss wird die Biegezugfestigkeit noch um den Einfluss der Faserorien-tierung korrigiert. Generell wird hierbei von einer isotropen Faserorientierung im Querschnitt mit

3D = 0,405 ausgegangen. Bei Prismen mit geschalten Seiten wird im Randbereich der Breite lf/2 ein

gegenüber einer 2D Faserorientierung mit 2D = 0,637 reduzierter Orientierungsfaktor von 2D,red = 0,587 angesetzt. Damit wird die Beeinflussung der Faserausrichtung durch die Schalung berücksich-tigt. Die Biegezugfestigkeit fctfl,korr wird dann wie folgt definiert (vgl. Bild 6.1-1a):

ctflred,D2red,D2D3D3

D3korr,ctfl f

)(A)(A

Af

( 6-1 )

mit A(3D) [mm²] Querschnittsfläche mit 3D Faserorientierung

A(2D) [mm²] Querschnittsfläche mit 3D Faserorientierung A [mm²] Gesamtquerschnittsfläche

3D = 0,405 3D Faserorientierungsfaktor

2D,red = 0,587 reduzierter 2D Faserorientierungsfaktor

Bild 6.1-1: Berücksichtigung des Einflusses der Faserorientierung nach AFGC/SETRA (2002)

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Bemessungskonzept für UHFFB 189

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Bei Prismen mit gesägten Seiten wird für die Fasern im Randbereich eine reduzierte Faserorientierung von 50% der 3D Faserorientierung angesetzt (vgl. Bild 6.1-1b). Hierdurch wird den durch das Sägen verkürzten Fasern im Randbereich Rechnung getragen. Die korrigierte Biegezugfestigkeit folgt eben-

falls aus Gl.( 6-1 ) durch Ersetzen von 2D,red durch 0,5 · 3D = 0,2025.

Zusätzlich werden für den verwendeten UHPC im Labor die mittleren Materialkurven für Druck und Zug nach dem zuvor beschriebenen Vorgehen ermittelt, und mit diesen die theoretische Biegezugfes-tigkeit fctfl,theo der herausgesägten Prismen berechnet. Die Faktoren Klokal und Kglobal folgen dann aus den folgenden Definitionen:

korrmin,ctfl

theo,ctfllokal f

fK ( 6-2 )

korr,ctflm

theo,ctflglobal f

fK ( 6-3 )

mit fctfl,theo theoretisch berechnete Biegezugfestigkeit mit der mittleren Materialkurve des verwendeten UHPC fctflmin, korr Minimalwert der korrigierten Biegezugfestigkeit einer Prismenserie fctflm, korr Mittelwert der korrigierten Biegezugfestigkeit einer Prismenserie

Weichen die angenommen Werte für K zu stark von denen nach Gl.( 6-2 ) und Gl.( 6-3 ) ermittelten ab, muss die Berechnung mit den ermittelten K - Faktoren überprüft werden oder die Betoniertechnik bzw. Einfüllmethode angepasst werden. Im ungünstigsten Fall müssen die Bauteilabmessungen geän-dert werden.

Durch Erweiterung der Materialkurve für das einaxiale Zugtragverhalten um den Abminderungsfaktor 1/K und der Berücksichtigung der Teilsicherheitsbeiwerte (nur ULS) folgen die Bemessungskurven für einaxiale Zugbeanspruchung im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit (SLS) und der Tragfä-higkeit (ULS) für UHFFB.

6.1.2 Japanische Richtlinie für ultra - hochfesten Beton

In 2004 wurde von der Japan Society of Civil Engineers (JSCE) eine Richtlinie für UHPC herausge-geben, die im wesentlichen auf den Erfahrungen vom Bau der Sakata-Mirai Brücke basiert und sich teilweise auch auf die AFGC/SETRA Richtlinie bezieht. Seit 2006 ist eine englische Übersetzung verfügbar.

Die Richtlinie gibt u.a. für eine nicht näher definierte Standard UHPC Mischung mit 2,0-Vol. Stahlfa-

sern (Faserkenndaten: Zugfestigkeit 2.700 MPa, lf = 15 mm und f = 0,2 mm) grundlegende Material-kennwerte für z.B. die Bruchenergie Gf , Druckfestigkeit fck, Zugfestigkeit fct etc. an. Nachfolgend werden die definierten Material- und Bemessungskurven für Druck- und Zugbeanspruchung vorge-stellt. Für weitere Einzelheiten wird auf die JSCE (2006) verwiesen.

Analog zur AFGC/SETRA Richtlinie werden die Bemessungskurven im SLS und ULS für Druckbe-

anspruchung definiert. Lediglich die Grenzdehnung cu wird mit 3,5 ‰ höher angesetzt.

Im Gegensatz zur AFGC/SETRA Richtlinie wird nur eine Bemessungskurve für Zugbeanspruchung unabhängig von der Art des zu bemessenen Bauteils definiert. Die Zugspannung an der Elastizitäts-grenze fcrk wird mit Hilfe eines Spaltzugversuchs an Zylindern ermittelt. Für Nachweise im SLS wird mit dem E-Modul eine linear elastische Spannungs - Dehnungskurve mit fcrk als Maximalwert defi-niert. Hierbei wird der gleiche E-Modul wie für Druckbeanspruchung angesetzt.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

190 Bemessungskonzept für UHFFB

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Für die Ermittlung der Zugfestigkeit und der Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung unter Zugbean-spruchung prädestiniert die Richtlinie einen direkten Zugversuch. Alternativ können u.a. auch Bieg-zugversuche für die indirekte Ermittlung der Zugfestigkeit in Analogie zur AFGC/SETRA verwendet werden. Für die Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung im ULS wird eine idealisierte charakteristische Kurve vorgegeben (vgl. Bild 6.1-2).

Bild 6.1-2: Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung nach japanischer Richtlinie für UHPC [aus JSCE (2006)]

Im Gegensatz zur Umrechnungslänge von 2/3h der AFGC/SETRA Richtlinie wird eine äquivalente Länge Leq nach Gl.( 6-4 ) für einen Rechteckquerschnitt in Abhängigkeit von der charakteristischen Länge lch nach Hillerborg (1991) und der Prismenhöhe h definiert, mit der die Spannungs - Rissöff-nungs - Beziehung in eine Spannungs - Dehnungs - Beziehung überführt werden kann. Die äquivalen-te Länge Leq entspricht hierbei dem Rissabstand, und ist wie folgt definiert:

4

ch

eq

l

h605,1

118,0

h

L ( 6-4 )

mit lch = E·Gf / fct² charakteristische Länge nach Hillerborg Gf Bruchenergie E Elastizitätsmodul fct Zugfestigkeit h Prismenhöhe

Zur Herleitung der Beziehung nach Gl.( 6-4 ) wurde mit Hilfe von FEM Berechnungen unter Annah-me der Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung nach Bild 6.1-2 die theoretische Biegezugfestigkeit von Prismen mit rechteckigem Querschnitt und verschiedenen Prismenhöhen h berechnet. Zusätzlich wur-de die Biegzugfestigkeit basierend auf der Spannungs - Dehnungs - Beziehung nach Bild 6.1-3 auf Querschnittsebene berechnet, wobei die äquivalente Länge so bestimmt wurde, dass sich die gleiche Biegezugfestigkeit wie bei der FEM Berechnung ergibt.

Im Bild 6.1-3 ist die Überführung der Spannungs - Rissöffnungs - in eine Spannungs - Dehnungs - Beziehung unter Annahme der äquivalenten Länge Leq für den ULS abgebildet. Der Kurvenabschnitt

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Bemessungskonzept für UHFFB 191

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bis zum Erreichen des Bemessungswertes der Zugfestigkeit wird als linear elastisch mit dem gleichen E-Modul wie für Druckbeanspruchung festgelegt.

Bild 6.1-3: Überführung der Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung für den ULS unter Annahme einer äqui-valenten Länge Leq in eine Spannungs - Dehnungs - Beziehung [aus JSCE(2006)]

Zur Berücksichtigung des Maßstabseinflusses der Prismenhöhe h wird folgende Beziehung zwischen der Zugfestigkeit fct (ft in JSCE (2006)) und der Biegezugfestigkeit fctfl (fb in JSCE (2006)) angegeben, die aus den Ergebnissen der vorher erwähnten theoretischen FEM Berechnung der Biegezugfestigkeit abgeleitet wurde:

ct7,0

ch

ctfl f

l

h35,0

11f

( 6-5 )

Die Beziehungen nach Gl.( 6-4 ) und Gl.( 6-5 ) wurden für die eingangs erwähnte Standard UHPC Mischung der Richtlinie hergeleitet und müssen für abweichende Mischungen angepasst werden. Im Bild 6.1-4 sind die bezogene äquivalente Länge und das Verhältnis der Biegezugfestigkeit zur zentri-schen Zugfestigkeit für unterschiedliche Bauteilhöhen h nach Gl.( 6-4 ) und Gl.( 6-5 ) aufgetragen (mit „Equation“ bezeichnet). Zum Vergleich sind auch die Ergebnisse der FEM Berechnung (mit „Analy-sis“ bezeichnet) angegeben.

a) Leq/h - h Beziehung b) fb/ft - h Beziehung

Bild 6.1-4: Äquivalente Länge Leq und Verhältnis Biegezugfestigkeit zu zentrischer Zugfestigkeit in Abhän-gigkeit von der Bauteilhöhe h für rechteckige Querschnitte nach der japanischen Richtlinie für UHPC [aus JSCE (2006)]

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

192 Bemessungskonzept für UHFFB

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6.1.3 Entwurf der fib - Taskgroup 8.6 für ultra - hochfesten Beton

Der zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Arbeit aktuelle Entwurf der fib - TG 8.6 (2010) baut auf der AFGC/SETRA (2002) Richtlinie auf und soll für eine Kombination von Stahlfasern und passiver Be-wehrung erweitert werden. Auf eine detaillierte Darstellung wird an dieser Stelle verzichtet, weil keine endgültige Fassung vorliegt.

6.1.4 Bewertung der vorhandenen Bemessungskonzepte

In der AFGC/SETRA (2002) Richtlinie soll bei der Bemessungskurve über den Abminderungsfaktor 1/K u.a. der Einfluss der Faserorientierung auf das Zugtragverhalten von UHPC berücksichtigt wer-den. Allerdings wird bei der Ableitung der Materialkurve der einaxialen Zugtragfähigkeit aus gekerb-ten und ungekerbten Biegezugversuchen deren Faserorientierung explizit nicht gemessen. Damit bleibt völlig unklar, welche Faserorientierung der ermittelten Zugfestigkeit fct und zugehörigen Materialkur-ve überhaupt zu Grunde liegt. Der K - Faktor hat damit lediglich den Charakter eines Kalibrierungs-faktors zwischen den Versuchen an aus dem Prototyp herausgesägten Prismen und denen an Labor-prismen. Bei der japanischen Richtlinie JSCE (2006) wird die Faserorientierung überhaupt nicht bei den definierten Bemessungswerten und -kurven für Zugbeanspruchung berücksichtigt.

Nach der AFGC/SETRA (2002) Richtlinie erfolgt die Ermittlung der Materialkurve für einaxiale Zug-beanspruchung indirekt über Biegezugversuche mit Hilfe der „back analysis“, bei der die Materialkur-ve punktweise zurückgerechnet wird. Für die Rückrechnung wird dabei angenommen, dass die Zug-festigkeit fct immer bei einer Rissbreite von wr = 0,3 mm auftritt. Entsprechend werden nach der AFGC/SETRA (2002) Richtlinie weitere charakteristische Punkte zur Definition der Materialkurve definiert. Bei diesem Vorgehen wird der Einfluss von Fasergeometrie, Faserorientierung und Faserge-halt auf die zur Zugfestigkeit fct korrespondierende Rissbreite nicht berücksichtigt. Die maximale Rissöffnung der Materialkurve wird zudem einfach konstant zu wmax = lf / 4 angesetzt ohne den Ein-fluss der Faserorientierung auf diese zu beachten.

Zur Berücksichtigung des Maßstabseinflusses der Prismenhöhe bei der Rückrechnung der Zugspan-nung aus der Biegezugspannung an der Elastizitätsgrenze gibt die AFGC / SETRA (2002) Richtlinie die Beziehung nach Gl.( 5-7 ) an. Die Gültigkeit dieser Beziehung für UHFFB konnte jedoch weder durch die von Greiner (2006) noch durch die von Frettlöhr und Reineck (2009) (vgl. Abschnitt 5.1.3) durchgeführten Versuche bestätigt werden. Die japanische Richtlinie JSCE (2006) gibt für den Maß-stabseinfluss bei der Biegezugspannung an der Elastizitätsgrenze keine Beziehung an, da ein Spalt-zugzylinder zur Ermittlung der Zugspannung an der Elastizitätsgrenze verwendet wird.

Der Maßstabseinfluss der Prismenhöhe auf die Biegezugfestigkeit wird von der japanischen Richtlinie JSCE (2006) nach Gl.( 6-5 ) berücksichtigt, die für die Standard UHPC Mischung der Richtlinie theo-retisch mit Hilfe der FEM und Vergleichrechnungen hergeleitet wurde. Allerdings wird hierbei für den zugrunde gelegten UHPC von einer konstanten Bruchenergie Gf ausgegangen. Bei UHPC sind aber weder die Bruchenergie Gf noch die Zugfestigkeit eine Materialkonstante (vgl. Abschnitt 6.3.3). Glei-ches gilt auch für die charakteristische Länge lch nach Hillerborg (1991) als aus diesen Werten abgelei-tete Größe. Die Höhe dieser Materialkennwerte hängen im wesentlich von der Faserorientierung und -verteilung ab.

Die äquivalente Länge Leq nach der japanischen Richtlinie zur Umrechung der Spannungs - Rissöff-nungs - Beziehung in die Spannungs - Dehnungs - Beziehung soll dem Rissabstand entsprechen. Nach dem Bild 6.1-4a würde sich damit für die betrachtete UHPC Standardmischung mit Stahlfasern der Länge lf = 15 mm bei einem Biegeträger der Höhe h = 100 cm ein Rissabstand von Leq = 0,7 · h = 70 cm ergeben, was nicht plausibel erscheint.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Bemessungskonzept für UHFFB 193

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Der Maßstabseinfluss auf die Biegezugfestigkeit wird bei der AFGC/SETRA (2002) Richtlinie über den empirischen Ansatz der „structural length“ von lstl = 2/3·h berücksichtigt.

Weder die japanische JSCE (2006) noch die AFGC/SETRA (2002) Richtlinie berücksichtigen bei der Definition der Bemessungskurve für Druckbeanspruchung im ULS den Einfluss der Belastungsdauer. Des Weiteren wird ein horizontales Plateau definiert, welches ein duktiles Materialverhalten bei Druckbeanspruchung suggeriert. Bei den Druckversuchen von Frettlöhr und Reineck (2009) konnte ein solches Verhalten nicht festgestellt werden. Vielmehr zeigte sich mit Erreichen der Druckfestigkeit bei den beiden untersuchten UHFFB teilweise eine nahezu senkrechter Abfall (vgl. Bild 6.4-3). Daher sollte die Bemessungskurve für Druckbeanspruchung auch die Charakteristik der gemessenen Materi-alkurve eindeutig wiedergeben, und nicht ein plastisches Verhalten vortäuschen.

Ein weiterer Nachteil der AFGC/SETRA (2002) Richtlinie ist, dass verschiedene Bemessungskurven für Zugbeanspruchung für dicke und dünne Bauteile angegeben werden, was die Anwendung verkom-pliziert.

Auf Grundlage der hier angesprochenen Schwachpunkte der verfügbaren Richtlinien für UHPC wird im Abschnitt 6.3.1 ein eigener Vorschlag für die Festlegung einer Materialkurve für die Beschreibung des einaxialen Zugtragverhaltens von UHFFB unter konsequenter Berücksichtigung des Einflusses der Faserorientierung vorgestellt.

Page 200: Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton

Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

194 Bemessungskonzept für UHFFB

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6.2 Teilsicherheitsbeiwerte

In Tabelle 6.2-1 sind die Teilsicherheitsbeiwerte für den Grenzzustand der Tragfähigkeit (ULS) von faserbewehrten UHPC (= UHFFB), Bewehrungsstahl und Vorspannung nach dem Entwurf einer Richtlinie für UHPC der fib - TG 8.6 (2010) zusammengestellt. Hinsichtlich der Definitionen "nor-mal“ und „high quality controlled production process" wird auf diesen Entwurf verwiesen.

Tabelle 6.2-1: Teilsicherheitsbeiwerte für ULS [aus fib(2010) - TG 8.6]

accidental loading

Materialnormal controlled

production processhigh quality controlled

production process

normal and high quality controlled production

process

UHPC in compression cf = 1,5 cf = 1,3 cf = 1,05

UHPC in tension

The contribution of the fibres to the post-peak

tensile capacity of UHPC in tension cannot be taken into account.

cf = 1,3 cf = 1,05

reinforcing steel s = 1,0

prestressing steel s = 1,0

Persistent & Transient design situations

s =1,15

s =1,15

6.3 Zugtragverhalten von UHFFB

6.3.1 Grundlegende Idee für die Beschreibung des Zugtragverhaltens von UHFFB

Die grundlegende Idee für die Beschreibung des Zugtragverhaltens von UHFFB im Rahmen des in dieser Arbeit vorgestellten Bemessungskonzepts besteht darin, eine Materialkurve für das Zugtragver-halten von UHFFB bei eindimensionaler Faserorientierung zu definieren. Diese Kurve beschreibt so-mit das Maximum des Zugtragverhaltens. In Abschnitt 4.7.9 wurden für Ductal® die Gl.( 4-63 ) und Gl.( 4-65 ) zur Beschreibung der Materialkurve in Form einer Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung bei einer eindimensionalen Faserorientierung in Abhängigkeit von der Elastizitätsgrenze fct,el, der 1D - Zugfestigkeit fct,1D und der korrespondierenden Rissbreite wr(fct,1D) abgeleitet. Durch Erweiterung um

den Faserorientierungsfaktor kann aus dieser Materialkurve das Zugtragverhalten für jede beliebige Faserorientierung abgeleitet werden.

Durch einaxiale Zugversuche erhält man die Elastizitätsgrenze fct,el sowie die Zugfestigkeit fct(ctm)

und die zugehörige Rissbreite wr(fct(ctm)). Ein standardisiertes Zugprisma, dessen Herstellung und die erforderliche Instrumentierung werden im nachfolgenden Abschnitt 6.3.2 vorgeschlagen.

Zur Ermittlung der 1D - Zugfestigkeit ist zusätzlich an mehreren Querschnitten i entlang des Messbe-

reichs der Zugprismen die Faserorientierung cti mittels optischer Faserorientierungsmessung nach Abschnitt 3.6 oder einem alternativen Messverfahren zu bestimmen. Durch Mittelwertbildung über die

Faserorientierung cti erhält man die mittlere Faserorientierung ctm jedes einzelnen Zugprismas. Die-ses Vorgehen ist nur bei geraden Fasern anwendbar, die in der Regel mit UHFFB verwendet werden.

Für jedes Zugprisma kann dann die 1D - Zugfestigkeit mit Hilfe der Korrelation () zwischen dem

Verhältnis fct() / fct,1D und der Faserorientierung nach Gl. ( 4-8 ) aus dem Versuchswert fct(ctm) mit

fct,1D = fct(ctm) / (ctm) rückgerechnet werden. Mit Hilfe der im nachfolgenden Abschnitt 6.3.3 herge-

leiteten Gl.( 6-7 ) kann analog die Rissbreite wr(fct,1D) aus den Versuchswerten wr(fct(ctm)) bestimmt

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Bemessungskonzept für UHFFB 195

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werden. Durch Mittelwertbildung über alle Zugprismen erhält man die mittleren Materialwerte zur Beschreibung der Materialkurve wie im folgenden Abschnitt 6.3.3 erläutert.

Alternativ kann auch mit Faserausziehversuchen die Reibverbundspannung bf bestimmt werden und mit dem Algorithmus nach Abschnitt 4.7.4 für ein ideal - plastisches Verbundgesetz nach Pfyl (2003) die 1D - Zugfestigkeit fct,1D und die zugehörige Rissbreite wr(fct,1D) berechnet werden. In Abschnitt 6.3.3 wird gezeigt, dass dies zu vergleichbaren Ergebnissen führt. Beide Prüfmethoden sind somit als gleichwertig zu beurteilen.

6.3.2 Standardversuchskörper zur Ermittlung der Materialparameter für Zugbeanspruchung

In der Regel werden gekerbte und ungekerbte Biegezugprismen zur indirekten Ermittlung der Materi-alparameter von Faserbeton unter einaxialer Zugbeanspruchung verwendet. Von Vorteil sind hierbei die leichte Durchführbarkeit und die hohe Verfügbarkeit entsprechender Prüfmaschinen. Allerdings erfordert die Auswertung eine aufwendige und numerisch nicht unproblematische „back analysis“, um aus den Ergebnissen des Biegezugversuchs die Materialkurve für Zugbeanspruchung punktweise rückzurechnen. Für die Rückrechnung ist zudem ein kinematisches Modell zur Verknüpfung von Rissöffnung und Krümmung erforderlich, vgl. Casanova und Rossi (1996) und RILEM TC 162-TDF (2002). Des Weiteren ist eine Korrektur erforderlich, um den Maßstabseinfluss an der Elastizitätsgren-ze zu berücksichtigen. Die Betrachtungen von Abschnitt 5.1 zeigen, dass die bisherigen Ansätze bei UHFFB hierfür nicht mit den eigenen Versuchsergebnissen zusammenpassen. Nachteilig ist auch, dass

eine Korrelation von der rückgerechneten Zugfestigkeit mit der Faserorientierung schwierig ist, da bei Biegezugversuchen nur der untere Querschnittsteil zugbeansprucht wird. Zudem weisen Naaman et al. (2007) darauf hin, dass sich Biegzugversuche für eine Ermittlung des Zugtragverhaltens nicht eignen, wenn das betrachtete Material ein „strain-hardening“ Verhalten sowie eine Multirissbildung aufweist. Beides trifft im Fall von UHFFB mit um die 2,0 Vol.-% Stahlfasern zu.

Naaman et al. (2007) schlagen daher als Versuchskörper u.a. taillierte Zugprismen mit einer doppelten Querschnittverjüngung aus Gründen der Lasteinleitung vor. Die Lasteinleitung erfolgt über Bolzen und im Lasteinleitungsbereich sind die Zugprismen durch Stahlbewehrung verstärkt. Die Lagerung ist an beiden Enden gelenkig ausgeführt.

In Anlehnung an Naaman et al. (2007) haben Frettlöhr et al. (2011) die Zugprismengeometrie von Abschnitt 2.3.3 weiterentwickelt. Im Bild 6.3-1 ist der vorgeschlagene ungekerbte Standardversuchs-körper zur Ermittlung der Materialparameter für Zugbeanspruchung wiedergegeben. Die Lasteinlei-tung erfolgt nun nicht mehr über Haftreibung sondern über keilförmige Flanken, wie im Bild 6.3-2 dargestellt. Gegenüber dem Vorschlag von Naaman et al. (2007) hat dies den Vorteil, dass aufgrund der Keilwirkung auf eine zusätzliche Bewehrung im Lasteinleitungsbereich verzichtet werden kann. Diese würde zudem das Fließverhalten beim Einfüllen des UHFFB behindern und vermutlich zu einer großen Streuung der Versuchsergebnisse führen.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

196 Bemessungskonzept für UHFFB

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Bild 6.3-1: Geometrie des vorgeschlagenen Standardversuchskörpers zur Ermittlung der Materialparameter bei Zugbeanspruchung nach Frettlöhr et al. (2011)

Das Zugprisma ist über die Lasteinleitungskonstruktion gelenkig mit der Prüfmaschine verbunden. Für eine detaillierte Beschreibung der Lasteinleitungskonstruktion wird auf Frettlöhr et al. (2011) verwie-sen.

In der Literatur werden unterschiedliche Angaben zur Festlegung der Querschnittsabmessungen ge-macht. Die Richtlinie AFGC/SETRA (2002) schlägt quadratische Prismen als Prüfkörper vor mit Ab-messungen in Abhängigkeit der Faserlänge. Bei einer für UHFFB typischen Faserlänge von lf ≤ 15 mm wird für Biegezugprismen ein Querschnitt von 70 x 70 mm vorgeschlagen. Naaman und Rein-hardt (2005) schlagen folgende Zugprismenabmessungen vor:

- Prisma mit quadratischem oder kreisförmigem Querschnitt;

- Mindestkantenlänge bzw. Durchmesser von 50 mm, der 3-fachen Faserlänge oder der 6-fachen Zuschlagskorngröße (Maximalwert ist maßgebend);

- Messlänge für Dehnungsmessung sollte mindestens der 2- bis 3-fachen minimalen Kantenlänge bzw. Durchmesser des Zugprismas entsprechen.

Basierend auf diesen Vorschlägen sind die Abmessungen des vorgeschlagenen Standardversuchskör-pers definiert worden und im Bild 6.3-1 wiedergegeben. Der Messbereich hat einen Querschnitt von 75 x 75 mm, was der 5-fachen Länge der für UHFFB typischen Faserlängen von lf ≤ 15 entspricht. Falls keine optische Messeinrichtung zur Verfügung steht, bieten diese Abmessungen die Möglichkeit, eine Querschnittabminderung um 1/3 auf 50 x 50 mm im Kerbbereich vorzusehen und dabei die Min-destabmessungen nach Naaman und Reinhardt (2005) noch einzuhalten.

Page 203: Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton

Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Bemessungskonzept für UHFFB 197

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Bild 6.3-2: Vorschlag für Standardversuchskörper samt Instrumentierung zur Ermittlung der Materialpara-meter bei Zugbeanspruchung nach Frettlöhr et al. (2011)

Page 204: Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton

Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

198 Bemessungskonzept für UHFFB

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Da die Art und Weise, wie die Schalung befüllt wird, einen erheblichen Einfluss auf die Faserausrich-tung hat, muss der Herstellungsprozess des Standardversuchskörpers klar definiert werden: Die Scha-lung wird liegend mit geringem Gefälle in Einfüllrichtung von einer der Stirnseiten (vgl. Bild 6.3-2) befüllt. Während des Befüllvorgangs ist die Oberseite der Schalung bis auf einen Streifen an den bei-den Stirnseiten geschlossen, damit beim Befüllen Luft entweichen kann. Nach Abschluss des Befüll-vorgangs wird die Schalung vollständig geschlossen und senkrecht aufgerichtet, so dass die Einfüllsei-te oben ist. Damit wird sichergestellt, dass sich die in der Mischung enthaltene Luft an der Einfüllseite sammelt und sich keine Fehlstellen an den Seiten A bis D bilden. Grundsätzlich sind alle Versuchs-körper nach dem gleichen Herstellungsprozess zu betonieren, um Streuungen zu minimieren und eine möglichst identische Faserorientierung zu erreichen. Weitere Einzelheiten zur Schalung können Frett-löhr et al. (2011) entnommen werden.

Die Instrumentierung (vgl. Bild 6.3-2) besteht aus insgesamt vier Wegaufnehmern, von denen je Pris-menseite einer angeordnet ist. Auf diese Weise können auch mögliche Verdrehungen aufgezeichnet

werden. Zur Erfassung der Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung ct - wr wird eine optische Messein-richtung verwendet in Analogie zu Abschnitt 2.3.3. Optimal wäre hierbei eine optische Messung auf zwei gegenüberliegenden Prismenseiten, um eventuelle Verdrehungen durch eine Mittelwertbildung kompensieren zu können. Die Beleuchtung müsste hierfür entsprechend angepasst werden, um eine gegenseitige Beeinflussung zu verhindern. Alternativ könnte auch ein Zugprisma mit Kerbe zur Er-

mittlung der ct - wr - Beziehung herangezogen werden. Allerdings eignet sich eine gekerbte Probe nicht zur Ermittlung der Zugfestigkeit, da sich die Lokalisierungsstelle nicht entlang des schwächsten Querschnittbereichs ausbilden kann, sondern durch die Kerbe vorgegeben wird. Dies führt zu einer höheren Zugfestigkeit, wie ein Vergleich von gekerbten und ungekerbten Zugversuchen an Ductal® von Frettlöhr et al. (2011) mit sonst identischen Randbedingungen ergab. Die Zugfestigkeit der ge-kerbten Zugprismen lag im Mittel um ca. 11,5 % höhere als bei den ungekerbten Versuchen. Es müss-ten folglich zusätzlich ungekerbte Zugprismen geprüft werde, was einen Zusatzaufwand bedeuten würde.

Page 205: Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton

Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Bemessungskonzept für UHFFB 199

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

6.3.3 Materialkurve für einaxiale Zugbeanspruchung

Für die Definition einer Materialkurve für das einaxiale Zugtragverhalten von UHFFB müssen die bisher hergeleiteten Gleichungen Gl. ( 4-63 ) und ( 4-65 ) zur Beschreibung des Spannungs - Rissöff-nungsverhaltens von UHFFB um den Einfluss der Faserorientierung erweitert werden.

Die Faserorientierung beeinflusst sowohl die Zugfestigkeit fct() als auch die effektive Faserlänge

· lf, von der wiederum die korrespondierende Rissbreite wr(fct()) und die maximale Rissbreite

wr, max = 1/2 · · lf abhängt, wie die Parameterstudie in Abschnitt 4.7.7 zeigt. Im Abschnitt 4.3 wurde

zwischen dem Verhältnis fct() / fct,1D und der Faserorientierung die Korrelation () nach Gl.( 4-8 )

hergeleitet. Durch Umstellen erhält man fct() = () · fct,1D.

Der ansteigende Ast der Materialkurve für einaxiale Zugbeanspruchung beginnt mit einem linear elas-tischen Abschnitt bis zur Zugspannung an der Elastizitätsgrenze fct,el, dessen Steigung durch den E - Modul für Zugbeanspruchung Ect bestimmt wird. Für Ductal® ergibt sich ein mittlerer E - Modul für Zugbeanspruchung von Ect = 48.576 MPa (vgl. Abschnitt 2.4.6). Nach Überschreitung der Elastizitäts-grenze beginnt die Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung. Aus Gl. ( 4-65 ) folgt durch Erweiterung

um den Einfluss der Faserorientierung die Bestimmungsgleichung des ansteigenden Asts der Span-

nungs - Rissöffnungs - Beziehung bei beliebiger Faserorientierung :

D1,ctrrel,ctD1,ctr

rel,ctD1,ctrct fwwfürf

fw

wff)w(

( 6-6 )

mit [-] Faserorientierungsfaktor

() [-] Korrelation zwischen fct() / fct,1D und nach Gl. ( 4-8 ) wr [mm] Rissbreite

wr (() · fct,1D) [mm] Rissbreite korrespondierend zur Zugfestigkeit fct() = () · fct,1D fct,1D [MPa] Zugfestigkeit bei eindimensionaler Faserorientierung fct,el [MPa] Zugspannung an der Elastizitätsgrenze

Dieser ansteigende Ast existiert jedoch nur für () · fct,1D > fct,el. Für () · fct,1D ≤ fct,el geht die Mate-rialkurve nach überschreiten der Zugspannung an der Elastizitätsgrenze fct,el direkt in den abfallenden

Ast der Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung über und es gilt wr (() · fct,1D) = 0 .

In Bild 6.3-3 ist die nach Abschnitt 4.7 mit dem Verbundgesetz von Pfyl (2003) berechnete Rissbreite

wr (() · fct,1D) normiert auf die Rissbreite wr(fct,1D) für den Bereich () · fct,1D > fct,el über der Faser-

orientierung aufgetragen. Hierbei gelten die Kurven für Ductal® mit 2,0 Vol.-% Stahlfasern vom Typ Redaelli Tecna mit df = 0,175 mm und lf = 13 mm nach Tabelle 4.4-1 und einer Reibverbund-

spannung von bf = 14,8 und 18,85 MPa.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

200 Bemessungskonzept für UHFFB

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Bild 6.3-3: Normierte Rissbreite wr (() · fct,1D) / wr(fct,1D) in Abhängigkeit von der Faserorientierung

Beide Kurven lassen sich zutreffend linear approximieren, was sich in einem Bestimmtheitsmaß von

R² = 0,9825 (bei bf = 18,85 MPa) bzw. 0,9944 (bei bf = 14,8 MPa) ausdrückt. Ein Bestimmtheitsmaß von R² = 1,0 bedeutet hierbei eine vollständige Übereinstimmung einer Kurve und ihrer Approximati-on. Da sich beide Geraden nur geringfügig voneinander unterscheiden wird vereinfacht aus den beiden

Gleichungen eine gemittelte Beziehung zur Berechnung der Rissbreite wr (() · fct,1D) vorgeschlagen:

el,ctD1,ctD1,ctrD1,ctr fffür66,065,1fwfw ( 6-7 )

mit [-] Faserorientierungsfaktor

wr (() · fct,1D) [mm] Rissbreite korrespondierend zur Zugfestigkeit fct() = () · fct,1D wr (fct,1D) [mm] Rissbreite korrespondierend zur eindimensionalen Zugfestigkeit fct,1D

Die Bestimmungsgleichung für den abfallenden Ast der Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung bei

beliebiger Faserorientierung folgt durch Erweiterung um den Einfluss der Faserorientierung aus Gl.( 4-63 ) zu:

10

fwwfürl

fww21f)w( D1,ctrr

2

f

D1,ctrrD1,ctrct

( 6-8 )

mit [-] Faserorientierungsfaktor

() [-] Korrelation zwischen fct() / fct,1D und nach Gl. ( 4-8 ) fct,1D [MPa] Zugfestigkeit bei eindimensionaler Faserorientierung wr [mm] Rissbreite

wr (() · fct,1D) [mm] Rissbreite korrespondierend zur Zugfestigkeit fct() = () · fct,1D

für () · fct,1D ≤ fct,el gilt: wr (() · fct,1D) = 0 lf [mm] Faserlänge

Page 207: Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton

Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Bemessungskonzept für UHFFB 201

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Für eine Faserorientierung von = 0, d.h. alle Fasern sind normal zur Beanspruchungsrichtung orien-tiert, wird im Gegensatz zum Verhalten von Normalbeton nach Reinhardt et al. (1986) ein sprödes

Versagen mit senkrechtem Abfall auf ct(wr = 0) = 0 MPa mit Erreichen der Zugspannung an der Elas-tizitätsgrenze definiert, da bedingt durch die geringe Korngröße von UHFFB von keiner ausgeprägten Rissverzahnung wie bei Normalbeton ausgegangen werden kann. In Bild 6.3-4 ist die Materialkurve nach Gl.( 6-6 ) bis Gl.( 6-8 ) zur Beschreibung des Zugtragverhaltens von UHFFB für unterschiedliche

Faserorientierungsfaktoren abgebildet.

Bild 6.3-4: Verlauf der Materialkurve zur Beschreibung des Zugtragverhaltens von UHFFB für unterschied-

liche Faserorientierungsfaktoren (unmaßstäbliche Darstellung des ansteigenden Astes)

An dieser Stelle wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Gl.( 6-6 ) bis ( 6-8 ) für die Material-kennwerte von Ductal® mit 2 Vol-% Stahlfasern vom Typ Redaelli Tecna nach Tabelle 4.4-1 herge-leitet worden sind und deshalb muss die Gl.( 6-7 ) für abweichende Faserabmessungen entsprechend angepasst werden, demgegenüber gelten die Gl.( 6-8 ) und ( 6-6 ) auch für glatte und gerade Fasern mit abweichenden Faserabmessungen. Bei erheblich abweichenden Materialkennwerten des verwen-deten UHFFB von Ductal® sind die Gleichungen auf Anwendbarkeit zu überprüfen und ggf. anzupas-

sen. Gleiches gilt für die Korrelation () zwischen fct() / fct,1D und nach Gl.( 4-8 ), die aus Versu-chen mit BPR ermittelt worden ist und aufgrund des ähnlichen Fasertyps und vergleichbaren Material-eigenschaften auch für Ductal® verwendet werden kann.

Im Bild 6.3-5 ist exemplarisch der Verlauf der auf Faserebene berechneten Materialkurve nach Ab-schnitt 4.7 für mittlere Materialparameter von Ductal® mit Stahlfasern vom Typ Redaelli Tecna (vgl.

Tabelle 4.4-1) mit einer Reibverbundspannung von bf = 14,8 MPa und dem Verbundgesetz nach Pfyl

(2003) für unterschiedliche Faserorientierungsfaktoren abgebildet. Die 1D - Zugfestigkeit folgt zu fct,1D = 21,7 MPa bei einer Rissbreite von wr(fct,1D) = 0,07 mm. Bei einem Faserorientierungsfaktor von

= 0,9 ergibt sich eine Zugfestigkeit von fct() = 14,4 MPa bei einer Rissbreite von wr(fct()) = 0,06 mm.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

202 Bemessungskonzept für UHFFB

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Bild 6.3-5: Exemplarischer Verlauf der Materialkurve für Ductal® mit Stahlfasern vom Typ Redaelli Tecna

(vgl. Tabelle 4.4-1) mit einer Reibverbundspannung von bf = 14,8 MPa und Verbundgesetz nach

Pfyl (2003) für unterschiedliche Faserorientierungsfaktoren

Die eigenen Zugversuche ergaben eine Zugfestigkeit der Zugprismen ohne Imperfektionen (vgl.

Tabelle 5.1-1, Gruppe 4) im Mittel von 14,6 MPa mit einer mittleren Faserorientierung von m = 0,9 (vgl. Abschnitt 3.6.4). Nach den Betrachtungen von Abschnitt 5.2.1 kann man davon ausgehen, dass die zentrische Zugfestigkeit vermutlich keinem Maßstabs- oder Formeneinfluss unterliegt, und die mittlere Zugfestigkeit basierend auf der Abschätzung mit fctm = 14,7 MPa geringfügig höher ausfällt. Mit Gl.( 4-8 ) ergibt sich eine 1D - Zugfestigkeit von fct,1D = 22,14 MPa. Die auf Faserebene berechne-te Zugfestigkeit bzw. die 1-D Zugfestigkeit weichen um lediglich 2 % von Versuchswerten ab. Die zur

Zugfestigkeit fct(m = 0,9) = 14,7 MPa korrespondierende mittlere Rissbreite der Versuche liegt nach Frettlöhr und Reineck (2009) im Bereich von wr = 0,08 bis 0,21 mm mit einem Ausreißer nach oben von 0,45 mm, ohne den sich eine mittlere Rissbreite von wrm = 0,12 mm ergibt. Die Messwerte liegen

damit um den Faktor 2 höher als der berechnete Wert von wr(fct()) = 0,06 mm.

Aus den Verläufen der Materialkurve für Zugbeanspruchung bei unterschiedlichen Faserorientierungs-

faktoren wird offensichtlich, dass die Bruchenergie Gcr2 bei Faserbeton keine Materialkonstante sein kann (vgl. Bild 6.3-5). Gleiches gilt auch für die charakteristische Länge lch nach Hillerborg (1991). Mit folgender Gleichung kann die Bruchenergie Gcr2 der in diesem Abschnitt vorgestellten Material-kurve für Zugbeanspruchung berechnet werden:

ru

ctr

w

)f(w

rrctcal,2cr dw)w(G ( 6-9 )

mit Gcr2,cal [J/m²] berechnete Bruchenergie

ct(wr) [MPa] Zugspannung in Abhängigkeit von der Rissöffnung nach Gl.( 6-8 ) wr(fct) [mm] zur Zugfestigkeit fct korrespondierende Rissöffnung

wru = · lf/2 [mm] maximale Rissöffnung

Im Bild 6.3-6 ist die nach Gl.( 6-9 ) berechnete Bruchenergie Gcr2,cal in Abhängigkeit von der Faserori-entierung für mittlere Materialparameter von Ductal® mit 2,0 Vol.-% Stahlfasern aufgetragen. Die Bruchenergie Gcr2 nimmt überlinear mit zunehmender Faserorientierung zu bis zum theoretischen Ma-ximalwert von ca. 50.000 J/m² bei optimaler eindimensionaler Faserorientierung.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Bemessungskonzept für UHFFB 203

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Bild 6.3-6: Rechnerische Bruchenergie Gcr2 in Abhängigkeit von der Faserorientierung für mittlere Mate-rialparameter von Ductal® mit 2,0 Vol.-% Stahlfasern (fct,1D = 22,14 MPa, wr(fct,1D) = 0,07 mm und lfm = 13,65 mm)

Die „multi-cracking“ Energie Gcr1 (vgl. Bild 2.4-12) hängt ebenfalls von der Faserorientierung ab. Die Höhe von Gcr1 wird entscheidend von dem Tragverhalten im Bereich der Elastizitätsgrenze und Zug-festigkeit beeinflusst. Wie bereits erwähnt, kann es je nach Faserorientierung vorkommen, dass sich kein ansteigender Ast ausbildet und unmittelbar nach Überschreiten der Elastizitätsgrenze das Entfes-tigungsverhalten einstellt. In diesem Fall wäre überhaupt keine „multi-cracking“ Energie Gcr1 vorhan-den.

Für die Bemessung von Bauteilen sind häufig Bemessungskurven in Form von Spannungs - Deh-nungsbeziehungen von Vorteil. Die Bestimmungsgleichungen nach Gl.( 6-6 ) und Gl.( 6-8 ) für den Bereich der Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung der Materialkurve lassen sich mit Hilfe der „struc-tural length“ lstl für eine Biegebemessung in eine Spannungs - Dehnungsbeziehung überführen. Der Entwurf der fib - TG 8.6 (2010) schlägt in Anlehnung an die AFGC/SETRA (2002) für faserbewehrte Bauteile mit Vorspannung ohne Verbund ein lstl von 2/3 der Bauteilhöhe h vor. Für weitergehende Erläuterungen zur „structural length“ sowie alternativer Definitionen für den Fall einer Kombination von passiver Bewehrung und Faserbewehrung wird auf den Entwurf der fib - TG 8.6 (2010) verwie-sen. Mit folgender Gleichung kann die Rissbreite mit Hilfe der „structural length“ lstl in eine Dehnung für eine Biegebemessung umgerechnet werden:

stlel,ctctr

stl

rel,ctct

lw

l

w

( 6-10 )

mit ct,el [-] Dehnung korrespondierend zur Elastizitätsgrenze fct,el wr [mm] Rissbreite lstl [mm] „structural length“ nach Entwurf fib (2010) - TG 8.6 für Faserbewehrung in

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

204 Bemessungskonzept für UHFFB

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Kombination mit Vorspannung ohne Verbund: lstl = 2/3 · h h [mm] Bauteilhöhe

Diese Umrechnung gilt nur für eine Biegebemessung von rechteckigen und T-fömigen Querschnitten. Für eine Analyse von scheibenartigen Tragelementen, lokalen Lasteinleitungen sowie nichtlineare Finite Elemente Berechnungen müssen andere Ansätze gewählt werden.

6.3.4 Definition der Bemessungswerte für einaxiale Zugbeanspruchung

Bei den Beziehungen nach Gl.( 6-7 ) und Gl.( 6-8 ) zur Beschreibung der Materialkurve für das ein-axiale Zugtragverhalten von UHFFB sind für die Anwendung bei einer Bauteilbemessung die eindi-mensionale Zugfestigkeit fct,1D und die Zugspannung an der Elastizitätsgrenze fct,el durch Bemessungs-

werte zu ersetzen. Die Rissbreiten wr (() · fct,1D) und wr (fct,1D) ändern sich hierbei nicht. In Anleh-nung an den Entwurf der fib - TG 8.6 (2010) werden im Folgenden die Bemessungswerte für den Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit (SLS) und den Grenzzustand der Tragfähigkeit (ULS) defi-niert.

Im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit (SLS) sind für den Nachweis von Verformungen, Riss-breiten und Mindestbewehrung (falls erforderlich) die Mittelwerte fctm,1D und fctm,el von fct,1D und fct,el

einzusetzen.

Der Bemessungswert der Zugspannung an der Elastizitätsgrenze im Grenzzustand der Tragfähigkeit (ULS) ist wie folgt definiert:

cf

el,ctkctel,ctd

ff

( 6-11 )

mit fctk,el [MPa] 5 % - Fraktilwert der Zugspannung an der Elastizitätsgrenze

cf [-] Teilsicherheitsbeiwert nach Tabelle 6.2-1

ct [-] Abminderungsfaktor zur Berücksichtigung von Langzeitwirkungen auf die Betonfestigkeit

Der Bemessungswert der eindimensionalen Zugfestigkeit im ULS ergibt sich zu:

cf

D1,ctkctD1,ctd

ff

( 6-12 )

mit fctk,1D [MPa] 5 % - Fraktilwert der eindimensionalen Zugfestigkeit

cf [-] Teilsicherheitsbeiwert nach Tabelle 6.2-1

ct [-] Abminderungsfaktor zur Berücksichtigung von Langzeitwirkungen auf die Betonfestigkeit

Dem Autor sind keine Untersuchungen zur Langzeitwirkung unter Zugbeanspruchung von UHFFB bekannt. Rinder (2003) behandelt das Verhalten von unbewehrtem hochfestem Beton unter Dauerzug-last und setzt basierend auf eigenen Versuchen eine Dauerstandzugfestigkeit von 85 % der Kurzzeit-zugfestigkeit an. Demgegenüber geben Han und Walraven (1993) 75 % an. Der Entwurf der fib - TG 8.6 (2010) schätzt bedingt durch die Faserbewehrung eine etwas höhere Dauerstandzugfestigkeit von

90 % der Kurzzeitfestigkeit für UHFFB ab. Damit würde sich der Abminderungsfaktor zu ct = 0,9 ergeben, der jedoch durch Versuche validiert werden muss.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Bemessungskonzept für UHFFB 205

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

6.4 Drucktragverhalten von UHFFB

6.4.1 Einleitung

Analog zum Zugtragverhalten hängt auch der abfallende Ast der Materialkurve für Druckbeanspru-chung von UHFFB im Allgemeinen von dem Fasergehalt, der Fasergeometrie sowie der Faserorientie-rung ab. Im Rahmen der eigenen Versuche von Abschnitt 2.4.2 stand bei den Druckversuchen primär die Ermittlung des E - Moduls und der Druckfestigkeit anhand von Kontrollzylindern im Vordergrund. An einer Reihe von Kontrollzylindern wurde jedoch auch versucht, dass Nachbruchverhalten von UHFFB unter Druckbeanspruchung zu messen. Dies gelang jedoch nur an drei Kontrollzylindern aus Duracrete Plus® und, nach Erneuerung der Maschinensteuerung der zur Verfügung stehenden 4- Säu-len Prüfmaschine der MPA Universität Stuttgart, auch bei drei Kontrollzylindern aus Ductal®. Der Einfluss der zu Beginn des Abschnitts aufgeführten Faktoren konnte im Zuge der eigenen Versuche nicht untersucht werden. Hierzu wäre eine Versuchsreihe erforderlich, bei der die Kontrollzylinder u.a. durch entsprechende Betoniertechniken bereits bei der Herstellung gezielt mit einer definierten Faser-orientierung hergestellt werden. Im folgenden Abschnitt kann daher nur eine grobe Approximation der Druckversuche nach Frettlöhr und Reineck (2009) mit abfallendem Ast als Materialkurve für die ein-axiale Druckbeanspruchung exemplarisch für Ductal® und Duracrete Plus® angegeben werden.

6.4.2 Bemessungswerte für einaxiale Druckbeanspruchung

In Anlehnung an den Entwurf der fib - TG 8.6 (2010) werden im Folgenden die Bemessungswerte für den Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit (SLS) und den Grenzzustand der Tragfähigkeit (ULS) definiert.

Im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit (SLS) ist nur der aufsteigende Ast der Materialkurve rele-vant, der als linear- elastisch angesetzt werden kann. Als Druckfestigkeit wird hierbei die charakteris-tische Druckfestigkeit fck als 5 % - Fraktilwert definiert. Für Verformungsberechnungen ist der mittle-re E - Modul Ecm als Sekantenmodul anzusetzen, wobei sich bei UHFFB Tangenten- und Sekanten-modul kaum unterscheiden. Nach Zilch und Zehetmaier (2006) können Kriecheinflüsse in Abhängig-keit von der zu erwartenden Lastgeschichte durch den Ansatz des effektiven E - Moduls Ec,eff berück-sichtigt werden.

0

cmeff,c t,t1

EE

( 6-13 )

mit Ecm [MPa] mittlerer E-Modul als Sekantenmodul

(t,t0) [-] Kriechzahl mit Bezug auf Ecm definiert

An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass bei UHFFB eine Wärmebehandlung die Kriechzahl re-duziert. Nach Loukili (1996) nimmt bei BPR bzw. Ductal® durch eine Wärmebehandlung die End-

kriechzahl (∞,t0) von 0,8 auf 0,15 bis 0,3 ab. Die AFGC/SETRA (2002) Richtlinie für UHPC gibt eine Abminderung der Endkriechzahl von 0,8 auf 0,2 durch eine Wärmebehandlung an.

Der Bemessungswert der Druckfestigkeit im Grenzzustand der Tragfähigkeit (ULS) ist wie folgt defi-niert:

cf

ckcccd

ff

( 6-14 )

mit fck [MPa] charakteristische Druckfestigkeit (5 % - Fraktilwert)

cf [-] Teilsicherheitsbeiwert nach Tabelle 6.2-1

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

206 Bemessungskonzept für UHFFB

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cc [-] Abminderungsfaktor zur Berücksichtigung von Langzeitwirkungen auf die Betonfestigkeit und Abweichung der Zylinderdruckfestigkeit von der Prismendruckfestigkeit im Bauteil

Bei Normal- und hochfestem Beton ergibt sich der Abminderungsfaktor cc aus dem Produkt von 0,95

für den Unterschied der Zylinder- und Prismendruckfestigkeit und 0,90 für die Belastungsdauer zu cc = 0,85. Für die Feinkorn UHPC Mischung M2Q vom SPP 1182 geben Müller und Burkart (2009) als erste grobe Nährung eine Dauerstandsfestigkeit von 80 % der Kurzzeitfestigkeit an, die damit deutlich unter dem Wert von hochfestem Beton liegt. Bedingt durch das geringere Kriechmaß bei UHFFB ge-genüber Normalbeton würde man eher eine geringere Abminderung gegenüber der Kurzzeitfestigkeit erwarten. Daher wird in Analogie zum hochfesten Beton zunächst ein Faktor von 0,90 für die Belas-tungsdauer vorgeschlagen. Dieser Wert muss durch Versuche verifiziert werden. In der

AFGC/SETRA (2002) Richtlinie für UHPC wird der Abminderungsfaktor cc ebenfalls zu 0,85 festge-

legt. Für Kurzzeitbeanspruchung kann cc = 0,95 angesetzt werden.

Nach DIN 1045-1 (2008) wird bei hochfestem Beton der Teilsicherheitsbeiwert c um den festigkeits-

abhängigen Faktor ’ erhöht zur Berücksichtigung der größeren Streuungen der Materialeigenschaften. Das Sicherheitsniveau für hochfesten Beton wurde von Tue et al. (2005) im Rahmen eine Qualitäts-kontrolle überprüft. Danach nimmt der Variationskoeffizient der Druckfestigkeit mit zunehmender Druckfestigkeit ab, und deshalb schlägt Tue et al. (2005) einen Verzicht des zusätzlichen Sicherheits-

beiwerts ' für hochfesten Beton vor. Im aktuellen Entwurf der fib - TG 8.6 (2010) wird ebenfalls auf

den zusätzlichen Sicherheitsbeiwert ' verzichtet. Die von Frettlöhr und Reineck (2009) durchgeführ-ten Druckversuche an Ductal® wiesen einen geringen Variationskoeffizienten von v = 4,4 % bei einer mittleren Druckfestigkeit von fcm = 211,2 MPa, einer charakteristischen Druckfestigkeit von fck = 193,2 MPa und einem mittleren Sekantenmodul von Ecm = 53.071 MPa (vgl. Abschnitt 2.4.2) auf. Auch die mit Duracrete Plus® durchgeführten Druckversuche zeigten einen geringen Variationskoef-fizient von ebenfalls v = 4,4 % bei einer mittleren Druckfestigkeit von fcm = 169 MPa, einer charakte-ristischen Druckfestigkeit von fck = 150,5 MPa und einem mittleren Sekantenmodul von Ecm = 42.067

MPa. Daher wird hier ebenfalls auf den zusätzlichen Sicherheitsbeiwert ' verzichtet. Auch die AFGC/SETRA (2002) und JSCE (2006) Richtlinien für UHPC berücksichtigen diesen Faktor nicht.

Der Bemessungswert des E - Moduls zur Beschreibung des aufsteigenden Astes der Materialkurve unter Druckbeanspruchung im ULS kann wie folgt definiert werden:

ULS

cmcd 1

EE

( 6-15 )

mit Ecm [MPa] mittlerer E-Modul als Sekantenmodul

ULS[-] Kriechzahl zur Berücksichtigung der Belastungsdauer

Nach Rüsch (1960), Rüsch et al.(1968) und Grasser (1968) beträgt die kritische Belastungsdauer er-mittelt anhand von Dauerstandversuchen bei Normalbeton 3 Tage (vgl. Bild 6.4-1a), ab der bereits die Dauerstandfestigkeit erreicht wird. Bedingt durch die im Vergleich zu Normalbeton deutlich geringe-ren Kriecheinflüsse bei UHFFB ist ein geringer Unterschied bei den Spannungs - Dehnungs - Kurven von UHFFB für eine Kurzzeit- und Dauerbelastung zu erwarten (vgl. Bild 6.4-1b).

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Bemessungskonzept für UHFFB 207

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

a) Normalbeton nach Rüsch (1960) und Grasser (1968) b) UHFFB

Bild 6.4-1: Kurzzeit- und Langzeitbelastung von Normalbeton und UHFFB als normiertes auf die Druckfes-tigkeit normiertes Spannungs - Dehnungs Diagramm

In Bild 6.4-2 sind Kriechkurven nach Loukili (1996) für Ductal® unter Druckbeanspruchung mit (rote Linie) und ohne Wärmebehandlung (blaue Linie) dargestellt. Unterstellt man analog zum Normalbeton

eine kritische Belastungsdauer von 3 Tage so ergibt sich ULS für Ductal® zu ca. 0,16 ohne Wärmebe-handlung und zu ca. 0,08 mit Wärmebehandlung. Damit folgt der Bemessungswert des E - Moduls für Ductal® mit Wärmebehandlung zu Ecd = 49.140 MPa und ohne zu Ecd = 45.751 MPa.

Bild 6.4-2: Kriechkurven für Ductal® mit (rote Linie) und ohne (blaue Linie) Wärmebehandlung nach Loukili (1996)

Im Bild 6.4-3 sind die c - c - Kurven der Druckversuche von Frettlöhr und Reineck (2009) und Frett-löhr und Reineck (2011) vom UHFFB Duracrete Plus® und Ductal® mit jeweils 2,0 Vol.-% Stahlfa-sern und Wärmebehandlung zum Vergleich gegenübergestellt. Zusätzlich sind auch basierend auf den mittleren Materialkennwerten Vorschläge für die Approximation der Versuchskurven angegeben. Für die Versuche mit Duracrete Plus® wurden gerade Stahlfasern mit einer Faserlänge lf = 13,0 mm und einem Durchmesser df =0,2 mm vom Typ FM 0.2/13 ohne Oberflächenbeschichtung der Firma Stratec eingesetzt. Bei den Ductal® Versuchen wurden gerade Stahlfasern mit einem geringeren Durchmesser

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

208 Bemessungskonzept für UHFFB

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

von df = 0,175 mm bei gleicher Faserlänge vom Typ Redaelli Tecna mit Oberflächenbeschichtung verwendet. Weitere Kenndaten dieser Fasern können der Tabelle 4.4-1 entnommen werden.

a) Duracrete Plus® b) Ductal®

Bild 6.4-3: Gegenüberstellung der Spannungs - Dehnungs - Linien c - c von Duracrete Plus® mit

fcm = 169 MPa und Ductal® mit fcm = 211,2 MPa (Zylinder 100, l = 200 mm, wärmebehandelt)

Der ansteigende Ast der Materialkurve verläuft bei beiden UHFFB ähnlich und kann mit der Druck-spannungskurve der DIN1045-1 (2008), Gl.(62) zutreffend beschrieben werden (vgl. Bild 6.4-3, Ap-proximation):

0für

2E

E1

E

E

f c1c

1c

c

1c

m0c

2

1c

c

1c

c

1c

m0c

cmcc

( 6-16 )

mit fcm [MPa] mittlere Druckfestigkeit (als Betrag einzusetzen)

c1 [-] Dehnung bei Erreichen der Druckfestigkeit fcm Ec0m [MPa] mittlerer Tangentenmodul im Ursprung = Sekantenmodul Ecm bei UHFFB

Ec1 = - fcm / c1 Sekantenmodul durch den Ursprung und den Punkt, an dem fcm erreicht wird

Beim abfallenden Ast hingegen zeigen beide ein völlig unterschiedliches Verhalten. Bei Duracrete

Plus® fällt die Druckspannung c nach Überschreiten der Druckfestigkeit fc mit nahezu der gleichen Steigung wie der ansteigende Ast auf ca. 0,385 von fc ab und geht dann in einen flach abfallenden

Bereich ab einer Dehnung von ca. c = 7,6 ‰ über. Im Kontrast dazu fällt bei Ductal® die Druckspan-

nung c nach Überschreiten der Druckfestigkeit fc teilweise nahezu senkrecht auf ca. 1/3 von fc ab, um dann in einen sehr flach abfallenden Verlauf überzugehen.

Dieser Vergleich verdeutlicht, dass weitere Druckversuche dringend erforderlich sind, um den Ein-fluss des Fasergehalts, der Fasergeometrie und der Faserorientierung auf den Verlauf des abfallenden Astes von UHFFB für Druckbeanspruchung im Detail aufzuklären.

In Anlehnung an die Approximation der Versuchskurven von Bild 6.4-3b können für Ductal® mit Wärmebehandlung die folgenden Punkte zur Definition der Materialkurve im ULS für Druckbean-spruchung angegeben werden:

- Bemessungswert der Druckfestigkeit fcd und c2 = fcd / Ecd;

- senkrechter Abfall von fcd auf 1/3 · fcd bei c2;

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Bemessungskonzept für UHFFB 209

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

- Abfall von 1/3 · fcd auf 1/5 · fcd bis zur Bruchdehnung von c2u = 3 · c2.

Für Duracrete Plus® (vgl. Bild 6.4-3a) mit Wärmebehandlung können folgende Punkte zur Definition der Materialkurve im ULS für Druckbeanspruchung angegeben werden:

- Bemessungswert der Druckfestigkeit fcd und c2 = fcd / Ecd;

- Abfall von fcd auf 0,385 · fcd bei c3 = 5/3 · fcd / Ecd;

- Abfall von 0,385 · fcd auf 1/4 · fcd bis zur Bruchdehnung von c3u = 2 · c2.

Die zuvor definierten Bemessungskurven für den Grenzzustand der Tragfähigkeit (ULS) sind in Bild

6.4-4 und Bild 6.4-5 für einen Teilsicherheitsbeiwert von cf = 1,3 (vgl. Tabelle 6.2-1) und mit einer

Kriechzahl von ULS = 0,08 zur Berücksichtigung der Belastungsdauer abgebildet. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass der abfallende Ast dieser Bemessungskurven lediglich eine erste grobe Näh-rung darstellt.

Bild 6.4-4: Bemessungskurve für Druckbeanspruchung im Grenzzustand der Tragfähigkeit (ULS)

von Ductal® mit Wärmebehandlung; fck = 193,2 MPa; ULS = 0,08; 2,0 Vol.-Stahlfasern vom Typ Redaelli Tecna (df = 0,175 mm; lf = 13,0 mm)

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

210 Bemessungskonzept für UHFFB

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Bild 6.4-5: Bemessungskurve für Druckbeanspruchung im Grenzzustand der Tragfähigkeit (ULS) von

Duracrete Plus® mit Wärmebehandlung; fck = 150,5 MPa; ULS = 0,08; 2,0 Vol.-Stahlfasern vom Typ Stratec FM0.2/13(df = 0,2 mm; lf = 13,0 mm)

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Bemessungskonzept für UHFFB 211

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

6.5 Allgemeiner Bemessungsablauf

Das Struktogramm im Bild 6.5-1 gibt den Bemessungsablauf nach dem vorgeschlagenen Bemes-sungskonzept für Bauteile aus UHFFB in allgemeiner Form wieder und wird im Folgenden erläutert.

Ermittlung der Materialparameter des verwendeten UHFFB

- Einaxiale Druckversuche an Zylindern

→ Druckfestigkeit fc→ E-Modul Ec

- Einaxiale Zugversuche am Standardversuchskörper nach Abschnitt 6.3.2

→ Elastizitätsgrenze fctel

→E-Modul für Zugbeanspruchung Ect

→ Zugfestigkeit fct() und korrespondierende Rissbreite wr(fct())

- Ermittlung der mittleren Faserorientierung m des Standardversuchskörpers nach Abschnitt 3.6

- Rückrechnung der 1D-Zugfestigkeit fct,1D und wr(fct,1D) nach Gl.(4-8) und Abschnitt 6.3.3

Alternativ: Faserausziehversuche und Berechnung von fct,1D und wr(fct,1D) nach Abschnitt 4.7

Definition der Bemessungskurven nach Abschnitt 6.3 und 6.4

→ Bemessungskurve für Zugbeanspruchung in Abhängigkeit

vom Faserorientierungsfaktor

Sinnvolle Annahme von

Faserorientierungsfaktoren für das zu

bemessende Bauteil unter Berücksichtung

des Herstellprozesses und von

Erfahrungswerten aus anderen Projekten

Durchführung der Bauteilbemessung

Herstellung eines Prototypen bzw. repräsentativen

Bauteilausschnitts und Ermittlung der Faserorientierung in den

Haupttragrichtungen

Festlegung des Herstellprozesses

→ Konzeption der Schalung

→ Wahl des Betonierverfahrens

→ Festlegung der Einfüllstellen

Angenommene ≤ Ermittelte Faserorientierung ? nein

Bauteilbemessung abgeschlossen

Option 1

Option 2

Bild 6.5-1: Allgemeiner Bemessungsablauf nach dem vorgeschlagenen Bemessungskonzept

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

212 Bemessungskonzept für UHFFB

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Zunächst sind die Materialparameter des zur Verwendung kommenden UHFFB durch standardisierte Versuche zu ermitteln. Die Parameter zur Beschreibung des Drucktragverhaltens werden analog zu Normalbeton bestimmt, wohingegen die zur Beschreibung des Zugtragverhaltens mit Hilfe des vorge-schlagenen Standardversuchskörpers (vgl. Abschnitt 6.3.2) nach dem bereits im Abschnitt 6.3.1 vorge-stellten Ablauf ermittelt werden.

Die Versuchskörper sollten nach Möglichkeit im gleichen Werk hergestellt werden, in dem auch spä-ter die Bauteilfertigung erfolgt. Liegen bereits die Materialparameter aus einem vorherigen Projekt vor, sollten dennoch einige Versuchskörper zur Kontrolle zusätzlich hergestellt werden. Auf diese Weise kann bereits im Vorfeld die Mischungs- und Herstellqualität überprüft werden.

Es folgt die Definition der Bemessungskurven nach Abschnitt 6.3 und 6.4. Hierbei sind die in Ab-schnitt 6.3.3 gegebenen Hinweise zur Gültigkeit der dort definierten Materialkurve zu beachten.

Im Unterschied zu Stahlbeton hat der Herstellprozess, d.h. die Konzeption der Schalung, die Wahl des Betonierverfahrens und die Einfüllstelle(n) bei Faserbeton einen fundamentalen Einfluss auf die Fa-serausrichtung und damit auf die Tragfähigkeit des Bauteils (vgl. Abschnitt 4.2.2). Es ist daher unab-dingbar, sich schon im Rahmen der Bauteilbemessung Gedanken über die Herstellung zu machen, um entsprechend sinnvolle Annahmen für die im späteren Bauteil herrschende Faserausrichtung treffen zu können. Für die Zukunft wäre es wünschenswert, wenn man mit Hilfe numerischer Berechnungen (fluid mechanics) den Betoniervorgang und die sich einstellende Faserausrichtung simulieren könnte.

Nach der Bauteilbemessung muss die angenommene Faserausrichtung überprüft werden. Zurzeit ist dafür noch die Herstellung eines Prototypen oder eines repräsentativen Bauteilausschnitts erforderlich, um an entnommen Proben mit einem der in Abschnitt 3.2 vorgestellten Verfahren die Faserorientie-rung in den Haupttragrichtungen zu ermitteln. Dies ist sehr aufwendig und bei kleinen Bauteilserien oder Einzelstücken sicherlich nicht wirtschaftlich. Die Entwicklung eines zerstörungsfreien Prüfver-fahrens zur Überprüfung der für die Berechnung angenommenen Faserorientierung wäre hier sehr hilfreich. Im Vergleich zu einer Bemessung nach dem K- Faktor Konzept der AFGC/SETRA (2002) Richtlinie (vgl. Abschnitt 6.1.1) entfällt beim eigenen Bemessungskonzept die Prüfung der entnom-menen Proben.

Weicht die ermittelte Faserorientierung in den Haupttragrichtungen signifikant von der angenomme-nen nach unten hin ab, so sollten in einem ersten Schritte die angenommenen Faserorientierungsfakto-ren korrigiert werden (Option 1) entsprechend der gemessenen Faserorientierung. Man sollte demnach zunächst mit eher konservativ gewählten Faserorientierungsfaktoren die Bauteilbemessung beginnen. Alternativ bzw. zusätzlich kann auch das Betonierverfahren und die Einfüllstelle(n) entsprechend op-timiert werden, um eine günstigere Faserausrichtung zu erreichen (Option 2). Im ungünstigsten Fall müssen auch die Bauteilabmessungen angepasst werden. Wie auch die Option 2 erfordert dies die erneute Herstellung eines Prototypen oder repräsentativen Bauteilausschnitts. Die Bauteilbemessung ist abgeschlossen, wenn alle Nachweise mit der nachgewiesenen Faserorientierung erfüllt sind.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Zusammenfassung und Ausblick 213

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

7 Zusammenfassung und Ausblick

7.1 Zusammenfassung

Im Kapitel 1 wurden die Problemstellungen erläutert, auf die diese Arbeit aufbaut, und es wurden die Zielsetzungen der Arbeit dargelegt.

Im Kapitel 2 der Arbeit wurden das Versuchsprogramm, die Versuchskörpergeometrien und die ver-wendeten Versuchseinrichtungen vorgestellt. Das Versuchsprogramm war so konzipiert, dass identi-sche Querschnitte möglichst sowohl unter reiner Biegebeanspruchung als auch zentrischer Zugbean-spruchung geprüft wurden. Hierbei waren das Verhältnis b/h und die Höhe h der Querschnitte die we-sentlichen Versuchsparameter: es wurden die Werte b/h = 1, 3 und 5 sowie die Höhe h von h = 25 mm bis zu h = 150 mm betrachtet. Des Weiteren wurde auf die gewählte Instrumentierung und die Ver-suchsdurchführung eingegangen.

Für die durchgeführten Bauteilversuche wurde der UHFFB Ductal® der Firma Lafarge, Paris mit 2,0 Vol.-% Stahlfasern vom Typ Redaelli Tecna (df = 0,175 mm und lf = 13 mm) mit Wärmebehandlung eingesetzt. An den Kontrollkörpern wurden folgende Kennwerte ermittelt:

- Druckfestigkeit an 59 Zylindern Ø100, h = 200 mm: fcm = 211,2 MPa mit einem Variati-onskoeffizienten von v = 4,4 %;

- Elastizitätsmodul an 24 Zylindern Ø100, h = 200 mm: Ecm = 53.071 MPa mit v = 7,6 %;

- Biegezugfestigkeit an 99 Prismen b = h = 40 mm: Höchstwert fctfl = 42,3 MPa mit v = 8,9 %, so-wie Elastizitätsgrenze fctfl,el = 21,6 MPa mit v = 12,5 %;

- Biegezugfestigkeit an 12 Prismen b = h = 75 mm: Höchstwert fctfl = 39,1 MPa bei einem Variati-onskoeffizienten von v = 7,8 %, sowie Elastizitätsgrenze der Biegerandspannung fctfl,el = 17,8 MPa mit v = 22 %.

Der Mittelwert des Elastizitätsmoduls unter Zugbeanspruchung betrugen Ectm = 48.576 MPa mit einem Variationskoeffizienten von v = 17,3 %, und er fiel damit um 8,5 % niedriger aus als der an Zylindern geprüfte E-Modul unter Druckbeanspruchung. Die zentrischen Zugversuche zeigten ein ausgeprägtes „strain - hardening“ Verhalten in Verbindung mit einer Multi - Rissbildung. Ursache hierfür waren die sehr gute Faserorientierung in Beanspruchungsrichtung und der Fasergehalt. Mit Hilfe einer optischen

Messung konnte die Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung ct - wr an ungekerbten Zugprismen er-fasst werden.

Die zentrischen Zugversuche der Serie mit b/h = 1 zeigten an der Elastizitätsgrenze mit fct,el = 7,8 MPa bei h = 50 mm bzw. fct,el = 8,0 MPa bei h = 75 mm keinen Maßstabseinfluss in Bezug auf die Bauteil-höhe h. Die Versuchsserie mit b/h = 3 wiesen hingegen einen deutlichen Abfall von fct,el mit zuneh-mender Bauteilhöhe von 8,3 MPa bei h = 25 mm auf 6,0 MPa bei h = 100 mm auf. Auch mit zuneh-menden Bauteilverhältnis b/h konnte bei den Serien mit h = 50 und 75 mm ein ausgeprägter Abfall von fct,el festgestellt werden.

Die zentrische Zugfestigkeit fct der Versuchsreihe mit b/h = 3 und h = 25 bzw. 50 mm betrug im Mittel 14,6 bzw. 14,5 MPa und wies somit fast keinen Unterscheid auf. Mit zunehmender Bauteilhöhe viel die mittlere Zugfestigkeit dann allerdings auf 12,6 MPa bei h = 75 mm und 11,6 MPa bei h = 100 mm ab. Auch die Versuchsserie mit b/h = 1 zeigte einen Abfall von 15,4 MPa bei h = 50 mm auf 13,7 MPa bei h = 75 mm. Auch mit zunehmendem Bauteilverhältnis b/h konnte ein Abfall festgestellt werden: für h = 50 mm fiel der Mittelwert von 15,4 MPa bei b/h = 1 auf 12,4 MPa bei b/h = 5 ab und für h = 75 mm von 13,7 MPa bei b/h = 1 auf 12,7 MPa bei b/h = 3. Die Streuungen lagen dabei maximal bei v = 15,6 % und damit im üblichen Rahmen von Zugversuchen. Der in den Versuchen festgestellte Maß-stabseinfluss wurde im Kapitel 5 allerdings kritisch hinterfragt.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

214 Zusammenfassung und Ausblick

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Die Biegerandzugspannung an der Elastizitätsgrenze fctfl,el zeigte einen deutlichen Abfall mit zuneh-mender Bauteilhöhe h von 19,1 MPa bei h = 25 mm auf 12,1 MPa bei h = 150 mm für b/h = 3. Für b/h = 1 viel fctfl,el von 21,6 MPa bei h = 40 mm auf 17,8 MPa bei 75 mm ab. Mit b/h = 5 konnten nur zwei Höhen mit h = 50 und 75 mm untersucht werden und die Werte waren nahezu gleich. Das Bau-teilverhältnis b/h hatte keinen Einfluss auf die Elastizitätsgrenze bei Biegung.

Die Biegezugfestigkeit fctfl wies sowohl einen ausgeprägten Maßstabseinfluss in Bezug auf die Bau-teilhöhe h als auch in Bezug auf das Bauteilverhältnis b/h auf. Die Mittelwerte der Versuchsserie mit b/h = 3 vielen von 42,5 MPa bei h = 25 mm auf 27,5 MPa bei h = 150 mm ab. Einen ähnlichen Abfall konnte auch bei der Versuchsserie mit b/h = 1 und b/h = 5 festgestellt werden, wobei die Werte der Serie mit b/h = 1 oberhalb und der Serie mit b/h = 5 unterhalb der Serie mit b/h = 3 lagen. Die Ver-suchsserie mit einer Bauteilhöhe von h = 50 mm zeigte einen Abfall der mittleren Biegezugfestigkeit von 50,8 MPa bei b/h = 1 auf 39,5 MPa bei b/h = 5. Bei der Serie mit h = 75 mm viel fctfl von 39,1 MPa bei b/h = 1 auf 32,2 MPa bei b/h = 5 ab. Somit konnte der Maßstabseinfluss bestätigt werden, der in früheren Versuchen festgestellt worden war.

Das Kapitel 3 befasste sich eingehend mit der Messung der Faserorientierung. Auf der Grundlage eines Vergleichs von unterschiedlichen Verfahren zur Ermittlung der Faserorientierung von faserbe-wehrten Bauteilen wurde das Verfahren der optischen Messung der Faserorientierung mittels digitaler Bildverarbeitung für die eigenen Messungen ausgewählt. Dieses Verfahren kann allerdings nur bei geraden Fasertypen eingesetzt werden. Für die digitalen Aufnahmen von geschliffenen und polierten Querschnittsflächen wurde eine Messeinrichtung mit einer LED-Flächenleuchte entwickelt. Mit deren Hilfe kann eine homogene Ausleuchtung der Querschnittsflächen sichergestellt werden, die für das gewählte Messverfahren unabdingbar ist. Nach einer Einführung in die Grundzüge der digitalen Bild-verarbeitung erfolgte die Entwicklung eines eigenen Algorithmus zur Bestimmung der Faserorientie-rung und der Faserverteilung mittels digitaler Bildverarbeitung. Dieser wurde mit der Entwicklungs-umgebung HALCON 8.0 für "machine vision" (maschinelles Sehen) von MVTec programmiert. Der Algorithmus verwendet eine Kombination aus Region und Contour Processing, um die Faserkonturen mit „subpixel - precise“ Genauigkeit in den hochauflösenden Digitalaufnahmen zu ermitteln und zu vermessen.

An einer Auswahl von geprüften Zugprismen wurde die Faserorientierung und Faserverteilung an normal zur Beanspruchungsrichtung orientierten Schnittflächen mit dem entwickelten Algorithmus bestimmt. Da eine Messung in der Lokalisierungsstelle mit dem gewählten Verfahren nicht möglich ist, wurden Schnittflächen unmittelbar vor und hinter der Lokalisierungsstelle, sowie in einiger Entfer-nung davon, untersucht. Die wichtigsten Ergebnisse sind:

- Die Querschnitte zeigten keinen Unterschied der Faserorientierung zwischen Rand- und Kernbe-reich und eine im wesentlichen homogene Faserverteilung mit vereinzelten Bereichen geringerer Faserdichte bei einigen wenigen Zugprismen;

- Die Verteilung der mittleren Faserorientierung und der Faseranzahl entlang der Hauptachse eines Zugprismas in Beanspruchungsrichtung war nahezu konstant, so dass auch in der Lokalisierungs-stelle von vergleichbaren Verhältnissen ausgegangen werden kann;

- Die Faserorientierung betrug im Mittel über alle untersuchten Zugprismen m = 0,9 mit einem sehr

geringen Variationskoeffizienten von v = 1,33 %. Der 5 % - Fraktilwert lag bei = 0,88 und der

95 % Fraktilwert bei = 0,92. Diese sehr gute Faserorientierung ist auf den Herstellprozess der einzelnen Versuchsprismen zurückzuführen;

- Zwischen den verschiedenen Querschnittsabmessungen und b/h Verhältnissen konnte in Bezug

auf die mittlere Faserorientierung m kein Unterschiede festgestellt werden.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Zusammenfassung und Ausblick 215

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

Die Ergebnisse der Faserorientierungsmessung an den Zugprismen konnten auch auf die Biegezug-prismen gleichen Querschnitts übertragen werden, da sämtliche Versuchskörper nach dem identischen Betonierverfahren hergestellt worden sind.

Das Kapitel 4 befasste sich mit theoretischen Überlegungen zur einaxialen Zugfestigkeit von UHFFB. Es wurden Faserorientierungsfaktoren für eine 2D und 3D Faserverteilung auf Grundlage der Wahr-scheinlichkeitsrechnung ermittelt. Durch Nachrechnung von Biegezugversuchen mit BPR von Bernier und Behloul (1996) und Auswertung von Zugversuchen mit SIFCON von van Mier und Timmers (1991) konnte gezeigt werden, dass die Korrelation zwischen der von der Faserorientierung abhängi-

gen einaxialen Zugfestigkeit fct() und dem Faserorientierungsfaktor nicht wie bisher angenommen linear sondern nichtlinear ist. Mit der abgeleiteten Korrelationskurve kann bei bekannter 1D Zugfes-

tigkeit fct,1D (Zugfestigkeit bei eindimensionaler Faserausrichtung) die zur Faserorientierung korres-

pondierende Zugfestigkeit fct() ermittelt werden. Die angegebene Korrelationskurve sollte durch wei-tere Versuchsreihen statistisch abgesichert werden.

Mit Hilfe von theoretischen Überlegungen wurde der obere Grenzwert der einaxialen Zugfestigkeit, die 1D Zugfestigkeit fct,1D bei eindimensionaler Faserausrichtung, abgeschätzt. Die Abschätzung er-folgte zum einen anhand einer vereinfachten stochastischen Betrachtung und zum anderen auf Faser-ebene auf Grundlage der Differentialgleichung des verschieblichen Verbundes nach Rehm (1961).

Bei dem vereinfachten stochastischen Modell wurde von einem ideal - plastischem Verbundgesetz nach Pfyl (2003) ausgegangen. Beim Modell auf Faserebene wurde zusätzlich auch das ideal - elas-tisch - plastische Verbundgesetz nach Namur et al. (1989) sowie das ideal - elastisch - abgetreppt - plastische Verbundgesetz nach Naaman et al. (1991a) betrachtet. Bei den beiden zuletzt genannten Modellen wird der Anstieg des Haftverbundes über eine Verbundsteifigkeit beschrieben. Es liegen nur Ausziehversuche von Stahlfasern aus UHFFB von Orange et el. (1999) vor. Die aus den Versuchen abgeleitete Verbundsteifigkeit war um den Faktor 104 geringer als die nach der „Shear lag“ Theorie abgeleiteten.

Eine umfangreiche Parameterstudie am Modell auf Faserebene zeigte, dass der Ansatz und die Höhe des Haftverbundes nahezu keinen Einfluss auf die 1D Zugfestigkeit und den Verlauf des abfallenden Astes der Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung hat. Der Haftverbund führt lediglich zu einem steile-

ren Verlauf des ansteigenden Astes der Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung ct - wr eines Einzelris-ses. Auch beim Modell auf Faserebene wurde daher vereinfacht vom ideal - plastischen Verbundge-setz nach Pfyl (2003) für die weitergehenden Betrachtungen ausgegangen. Des Weiteren ergab die Parameterstudie, dass die Rissbreite wr(fct,1D) und die maximale Rissbreite wr,max von der Faserlänge abhängen.

Ein Vergleich beider Modelle für einen Reibverbund von bf = 7,5 bis 18 MPa bei sonst identischen Parametern zeigte, dass sich nach dem vereinfachten Modell nur geringfügig höhere 1D - Zugfestig-keiten ergeben gegenüber dem Modell auf Faserebene. Damit lässt sich bereits mit dem stochastischen Modell die 1D - Zugfestigkeit zutreffend abschätzen. Rückschlüsse auf die Rissbreite bzw. die Span-

nungs - Rissöffnungs - Beziehung ct - wr sind mit diesem Modell jedoch nicht möglich. Aus dem Modell auf Faserebene konnte hingegen auch die normierte Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung

ct/fct,1D - wr eines Einzelrisses hergeleitet werden, die eine sehr gute Übereinstimmung mit den mittels optischer Messung an ungekerbten Zugprismen erfassten normierten Verläufe zeigte. Damit ermög-licht eine Modellbetrachtung auf Faserebene eine zutreffende Prognose des Zugtragverhaltens, wenn entsprechend die Verbundparameter zwischen verwendeter Faser und UHFFB bekannt sind.

Da weder Angaben zu den Verbundparametern zwischen den verwendeten Stahlfasern und Ductal® noch zu den Materialkennwerten der verwendeten Stahlfasern vorlagen, mussten diese in Anlehnung an die bekannten Parameter von BPR gewählt werden. Generell existieren kaum Veröffentlichungen

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

216 Zusammenfassung und Ausblick

Björn Frettlöhr - ILEK, Universität Stuttgart Dezember 2011

zum Verbundverhalten von Stahlfasern und UHFFB. Es sollten daher Faserausziehversuche durchge-führt werden, die u.a. auch eine Betrachtung des Einflusses einer Wärmebehandlung auf das Verbund-verhalten umfassen. Die Berechnungen nach dem vereinfachten stochastischen Modell zeigten dabei,

dass der Reibverbund beim verwendeten UHFFB höher als wie bei BPR mit bf = 11,5 MPa liegen

muss. Basierend auf der Zugfestigkeit der Stahlfasern von BPR wurde der Reibverbund zu bf = 14,8 MPa gewählt. Die 1D - Zugfestigkeit folgte aus dem Modell auf Faserebene zu fct,1D = 21,7 MPa bei einer Rissbreite von wr(fct,1D) = 0,07 mm.

Als Grundlage für die Definition einer Materialkurve für Zugbeanspruchung von UHFFB wurde die numerisch mit dem Modell auf Faserebene berechnete normierte Spannungs - Rissöffnungs - Bezie-

hung ct/fct,1D - wr eines Einzelrisses für eine eindimensionale Faserverteilung durch eine analytische stückweise definierte Funktion approximiert.

Im Kapitel 5 erfolgten theoretische Überlegungen zum experimentell festgestellten Maßstabseinfluss bei Biegung und Zug. Zunächst wurde der Maßstabseinfluss an der Elastizitätsgrenze betrachtet.

Einige Zugprismen mit b/h = 3 und 5 wiesen Imperfektionen in Form von leichten Verkrümmungen des Einspannbereichs auf, die im Vorfeld der Versuche sorgfältig durch eine Ausgleichsschicht kom-pensiert worden sind. Die Messbereiche der Zugprismen waren hingegen absolut plan. Auf Grundlage einer stochastischen Auswertung erfolgte eine Diskussion und Bewertung der Versuchsergebnisse mit der Schlussfolgerung, dass der Abfall von fct,el auf die Imperfektion zurückgeführt werden kann und die Elastizitätsgrenze fct,el vermutlich keinem Maßstabs- und Formeinfluss unterliegt. Die mittlere Elastizitätsgrenze bei axialer Zugbeanspruchung läge damit bei fct,el = 7,9 MPa.

Zusätzlich wurde die auf Weibull zurückgehende statistische Theorie des Sprödbruches anhand der Versuchsergebnisse überprüft. Diese lieferte jedoch keine Erklärung für den experimentell festgestell-ten Maßstabs- und Formeinfluss b/h der Zugspannung an der Elastizitätsgrenze. Der von Behloul (1996a) vorgeschlagenen Weibull - Modul für BPR (heute Ductal®) ohne Fasern von m = 6 führt zu einer Überbewertung des Abfalls. Es mussten deutlich höhere Werte von m = 10,6 bis 36 angesetzt werden, um die Versuchswerte zu erhalten. Der Weibull - Modul wäre damit keine Konstante mehr, was im Widerspruch zur Theorie steht.

Die Weibull - Theorie konnte auch keine Erklärung für den Maßstabseinfluss bei Biegung an der Elas-tizitätsgrenze geben. Der Ansatz des Weibull - Moduls von m = 6 nach Behloul (1996a) überschätzte den Abfall der Versuchswerte. Der erforderliche Weibull - Modul zur Abbildung der Versuchsergeb-nisse bei Biegezug der Serie mit b/h = 3 reichte hingegen von m = 26,3 bis m = 12,4. Auch das Ver-hältnis zwischen Biegerandzugspannung und Zugspannung an der Elastizitätsgrenze konnte mit der Weibull - Theorie nicht erfasst werden. Für die Theorie von Weibull sind somit völlig verschiedene Werte für den Modul m erforderlich, um die Versuchswerte zu erreichen. Außerdem führt die Ablei-tung von m für den Einfluss der Bauteilhöhe h bzw. der Volumenerhöhung aus den Biegeversuchen zu völlig anderen Ergebnissen als bei den Zugversuchen. Es kann damit nur gefolgert werden, dass die Theorie von Weibull für UHFFB nicht zutrifft.

Des Weiteren wurde der empirische Ansatz nach AFGC/SETRA (2002) überprüft, mit dem die zentri-sche Zugspannung fct,el aus der Biegerandzugspannung fctfl,el an der Elastizitätsgrenze ermittelt wird. Der Abfall von fctfl,el / fct,el nach diesem Ansatz fiel jedoch deutlich höher aus im Vergleich zu den Ver-suchswerten. Dieser Ansatz ist damit auch nicht zutreffend.

Es gilt also noch in einer weiterführenden Arbeit ein entsprechendes Modell zu entwickeln, um den Maßstabseinfluss an der Elastizitätsgrenze bei Biegung beschreiben zu können.

Im zweiten Teil von Kapitel 5 wurde der Maßstabseinfluss an der Festigkeitsgrenze untersucht. Zu-nächst wurde der Maßstabseinfluss der zentrischen Zugfestigkeit betrachtet. Aufgrund der Imperfekti-

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Zusammenfassung und Ausblick 217

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onen (leichte Verkrümmung der Einspannbereiche sowie Bruchflächen mit stellenweisen Faserfehl-stellen) einiger Zugprismen wurden die Versuchsergebnisse auf Grundlage der optischen Messergeb-nisse und einer statistischen Auswertung der Zugversuche im Detail analysiert, um den experimentell festgestellten Maßstabs- und Formeinfluss der zentrischen Zugfestigkeit fct zu diskutieren und kritisch zu hinterfragen.

Die Untersuchungen ergaben, dass der festgestellte Maßstabs- und Formeinfluss der zentrischen Zug-festigkeit fct prinzipiell nicht auf die Faserorientierung oder die Lokalisierungsstelle zurückzuführen ist. Vielmehr liegt die Vermutung nahe, dass analog zur Elastizitätsgrenze die Imperfektionen bei ei-nigen Zugprismen der Versuchsserie mit b/h = 3 und 5 die Ursache für den Abfall der Zugfestigkeit fct sind. Bei der Versuchsserie mit b/h = 1 könnte der Abfall mit der Streuung erklärt werden. Basierend auf den optischen Messungen und der statistischen Auswertung erfolgte eine Abschätzung der Zugfes-tigkeit der Zugprismen mit Imperfektionen. Nach dieser würde die zentrische Zugfestigkeit weder einem Maßstabs- noch einem Formeneinfluss unterliegen und die mittlere Zugfestigkeit von allen Versuchsserien würde dann bei fctm = 14,7 MPa liegen. Hieraus würde die Zugfestigkeit bei eindimen-sionaler Faserorientierung mit der vorgestellten Korrelationsfunktion und einem mittleren Faserorien-

tierungsfaktor von m = 0,9 zu fct,1D = 22,14 MPa folgen. Dies stimmt gut überein mit der nach dem Modell auf Faserebenen berechneten 1D Zugfestigkeit von fct,1D = 21,7 MPa bei Ansatz eines Reibver-

bundes von bf = 14,8 MPa.

Aufgrund der statistischen Unsicherheit der Versuchsergebnisse und teilweisen geringen Versuchs-körperanzahl sind aber weitere Versuchsserien der Zugprismen mit Imperfektionen erforderlich, um die Schlussfolgerungen zu verifizieren und abschließend zu klären, ob die zentrische Zugspannung an der Elastizitätsgrenze fct,el und die Zugfestigkeit fct einem Maßstabs- und Formeinfluss unterliegen.

Als Erklärung für den festgestellten Maßstabs- und Formeinfluss der Biegzugfestigkeit wurde in An-lehnung das "fictitious crack model" von Hillerborg et al. (1976) ein eigenes bruchmechanisches Mo-dell zur Berechnung der Biegezugfestigkeit vorgeschlagen. Im Allgemeinen erfolgen die Berechnun-gen nach dem „fictitious crack model“ mit Hilfe einer Finiten Elemente Analyse mit diskretem Riss-modell, aber hierauf wurde beim eigenen Berechnungsmodell verzichtet und stattdessen erfolgte eine Betrachtung auf Querschnittsebene. Das eigene Modell baut auf einer kinematischen Modellvorstel-lung von Casanova und Rossi (1996) auf, allerdings wurde eine andere Verträglichkeitsbedingung formuliert, um die Rissöffnung mit der Dehnung im ungerissenen Teil des Rissquerschnitts zu ver-knüpfen.

Zunächst wurde das eigene Modell mit dem bruchmechanischen Modell von Casanova und Rossi (1996) sowie empirischen Ansätzen einer „structural length“ nach AFGC/SETRA (2002) und nach Fehling und Leutbecher (2011) zur Berechnung der Biegezugfestigkeit verglichen. Aus Gründen der Vergleichbarkeit wurde jeweils die im Rahmen der Arbeit vorgeschlagene Materialkurve (Kapitel 6) für Zugbeanspruchung unter Berücksichtigung der Faserorientierung angesetzt, zunächst mit einem

mittleren Faserorientierungsfaktor von m = 0,9 analog zu den eigenen Messungen.

Bei allen Ansätzen zeigte sich ein Abfall der Biegezugfestigkeit mit zunehmender Bauteilhöhe h, al-lerdings nicht so deutlich ausgeprägt wie bei den Biegezugversuchen. Das eigene Modell zeigte hier-bei noch den höchsten Abfall von 16 % im Vergleich zu den übrigen Ansätzen. Damit konnte zunächst gezeigt werden, dass über eine bruchmechanische Betrachtung alleine keine Erklärung für den Maß-stabs- und Formeinfluss der Biegezugfestigkeit möglich ist.

Zusätzlich wurden die Ansätze im Hinblick auf die zur Biegezugfestigkeit korrespondierende Rand-druckspannung, Randzugspannung und Rissbreite am Zugrand gegenübergestellt. Die Randdruck-spannung der Ansätze nach Casanova und Rossi (1996) und der AGFC/SETRA (2002) unterscheiden sich kaum. Das eigene Modell ergibt um bis zu 14,1 % geringere Randruckspannungen. Die höchsten

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

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Abweichungen von 29,2 bis 31,7 % zeigte der Ansatz von Fehling und Leutbecher (2011) gegenüber den beiden erstgenannten. Dies ist im Hinblick auf eine Bauteilbemessung kritisch zu bewerten, weil die tatsächliche Druckbeanspruchung deutlich unterschätzt wird. Die Randzugspannung nach den ein-zelnen Ansätzen unterscheidet sich nur marginal voneinander. Gegenüber Casanova und Rossi (1996) fällt beim eigenen Modell die Rissbreite am Zugrand um 15,6 bis 29,8 %, beim Ansatz nach Fehling und Leutbecher (2011) um 3,8 bis 17,7 % und nach AFGC/SETRA(2002) um 0,9 bis 9,4 % höher aus. Die Folge sind unterschiedlich hohe Verformungen der einzelnen Ansätze.

Nur die eigene Materialkurve zeigt bedingt durch die nichtlineare Korrelation zwischen der ein-

dimensionalen Zugfestigkeit fct,1D und der von der Faserorientierung abhängigen Zugfestigkeit fct()

eine starke Abhängigkeit von der Faserorientierung . Durch eine Variation der Faserorientierung im Streubereich der optisch gemessenen Faserorientierung konnte mit der vorgeschlagenen Material-kurve und dem eigenen Berechnungsmodell der experimentell festgestellte Maßstabseinfluss der Bau-teilhöhe h und der Formeinfluss b/h mit geringer Abweichung abgebildet werden. Folglich ist nur über ein bruchmechanisches Modell unter Einbeziehung der Faserorientierung eine theoretische Erklärung für den Maßstabs- bzw. Formeinfluss möglich.

Mit dem empirischen Ansatz für die „structural length“ nach AFGC/SETRA (2002) in Verbindung mit der vorgeschlagenen Materialkurve kann der Maßstabseinfluss näherungsweise erfasst werden.

Von Greiner (2006) wurde in Anlehnung an die AFGC/SETRA (2002) ein Faserorientierungsmodell als theoretische Erklärung für den Maßstabs- und Formeinfluss vorgeschlagen, bei dem der Quer-schnitt in einen Kernbereich mit 3D Faserausrichtung und einen Randbereich der Breite lf /2 mit 2D

Faserausrichtung aufgeteilt wird. Zusätzlich wird die Spannungs - Rissöffnungs - Beziehung ct - wr der Materialkurve analog zum Ansatz der AFGC/SETRA (2002) mit der „structural length“ lstl = 2/3 ·

h in eine Spannungs - Dehnungs - Beziehung ct - ct überführt, wodurch eine Berechnung auf Quer-schnittsebene ermöglicht wird. Das Modell geht von einer linearen Korrelation zwischen der eindi-

mensionalen Zugfestigkeit fct,1D und der von der Faserorientierung abhängigen Zugfestigkeit fct() aus. Unter Ansatz der vorgeschlagenen Materialkurve wurden die Biegezugfestigkeiten der Versuchsreihe mit b/h = 3 berechnet. Die berechneten Biegzugfestigkeiten zeigten zwar einen deutlichen Abfall mit zunehmender Bauteilhöhe h von 26 %, allerdings lagen diese um ca. 18 bis 21 % unterhalb der Ver-suchswerte. Eine Berechnung mit der nichtlinearen Korrelation nach Kapitel 4 ergab einen noch deut-licheren Abfall von 30 % mit zunehmender Bauteilhöhe h, jedoch lagen die berechneten Biegezugfes-tigkeiten dann um bis zu 65 % unterhalb der Messwerte. Die optischen Messungen von Kapitel 3 zeig-ten jedoch keinen Unterschied zwischen Rand- und Kernbereich, und die gemessene mittlere Faserori-

entierung lag mit m = 0,9 zudem deutlich oberhalb der vom Modell angenommenen. Zusammenfas-send kann festgestellt werden, dass dieses Modell für die eigenen Versuche nicht zutrifft und kritisch überprüft werden sollte.

Im Kapitel 6 erfolgte die Vorstellung eines Bemessungskonzepts für UHFFB Bauteile. Zunächst wur-den die unterschiedlichen Vorgehensweisen bei der Definition der Materialkurve von UHFFB nach den zurzeit verfügbaren Richtlinien AFGC/SETRA (2002) und JSCE (2006) vorgestellt und bewertet. Auf die Richtlinie der fib - TG 8.6 (2010) wurde hierbei nicht eingegangen, da noch keine endgültige Fassung vorliegt und der aktuelle Entwurf im Wesentlichen auf der AFGC/SETRA (2002) aufbaut.

Ausgehend von den identifizierten Defiziten dieser Richtlinien wurde in den Grundzügen ein eigenes Bemessungskonzept vorgeschlagen, welches konsequent die Faserorientierung bei der Definition der Materialkurve für Zugbeanspruchung berücksichtigt. Im Kapitel 4 wurde eine normierten Spannungs -

Rissöffnungs - Beziehung ct/fct,1D - wr eines Einzelrisses abgeleitetet und durch eine analytische stückweise definierte Funktion approximiert. Durch eine Erweiterung um den Einfluss der Faserorien-tierung konnte eine Materialkurve für Zugbeanspruchung von UHFFB in Abhängigkeit von der Faser-

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

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orientierung hergeleitet werden. Die Materialkurve verdeutlicht auch, dass die Bruchenergie bei Fa-serbeton im Gegensatz zum Normalbeton keine Materialkonstante darstellt. Für die Ermittlung der erforderlichen Materialparameter für die Materialkurve für Zugbeanspruchung wurde ein Standardver-suchkörper vorgeschlagen.

Es folgte die Festlegung von Bemessungskurven für Druck- und Zugbeanspruchungen sowie von Be-messungswerten für UHFFB. Abschließend wurde noch der allgemeine Bemessungsablauf nach dem vorgestellten Bemessungskonzept dargelegt. Das Bemessungskonzept muss noch durch eine Anwen-dung auf Bauteilebene verifiziert werden.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass alle im Abschnitt 1.2 formulierten Ziele mit dieser Arbeit erreicht werden konnten. Es konnte lediglich keine theoretische Erklärung für den Maßstab- und Formeinfluss an der Elastizitätsgrenze bei Biegung im Rahmen dieser Arbeit gefunden werden.

7.2 Ausblick für zukünftige Forschungsarbeiten

Neben den bereits im Abschnitt 7.1 angesprochenen zusätzlich erforderlichen Untersuchungen soll nachfolgend ein Ausblick für zukünftige Forschungsarbeiten gegeben werden.

Entscheidend für eine wirtschaftliche Anwendung von UHFFB ist die Entwicklung von Verfahren, die bereits in der Phase der Bauteilkonzeption unter Berücksichtigung des gewählten Herstellprozesses die sich im Bauteil einstellende Faserverteilung und Faserausrichtung vorhersagen können. Des Weiteren gilt es ein zerstörungsfreies Prüfverfahren zu entwickeln, mit dem man die für die Berechnung ange-nommene Faserverteilung und Faserorientierung am Bauteil überprüfen kann. Ausgangsbasis hierfür könnte die ferromagnetische Induktion sein, mit der aktuell nur Würfel mit begrenzter Kantenlänge überprüft werden können. Zurzeit sind für die Überprüfung der angenommenen Faserorientierung noch die Herstellung von Prototypen oder repräsentativen Bauteilausschnitten erforderlich.

Der Vergleich des abfallenden Astes der Druckkurve vom UHFFB Ductal® und Duracrete Plus® zeigten ein völlig unterschiedliches Verhalten. Daher sollten weitere Versuche zum Drucktragverhal-ten im abfallenden Ast durchgeführt werden, um den Einfluss von Faserorientierung, Fasergehalt und Fasergeometrie eingehend zu klären. Auf Grundlage dieser Ergebnisse können die eher konservativen vorgeschlagenen Bemessungskurven für Druckbeanspruchung weiter optimiert werden.

Die bei der Definition der Bemessungswerte vorgeschlagenen Abminderungsfaktoren ct und cc für u.a. die Berücksichtigung der Beanspruchungsdauer sind ebenfalls zu überprüfen.

Für die nichtlineare Berechnung von UHFFB Bauteilen sollten die Betonmodelle von verfügbaren FE-Programmen wie z.B. Abaqus, Ansys, Diana, Atena etc. auf ihre Anwendbarkeit im Zusammenhang mit UHFFB überprüft und die erforderlichen Eingangsparameter bestimmt werden. In diesem Zusam-menhang sind auch Versuche zum mehraxialem Zug- und Zug-/Drucktragverhalten ggf. durchzufüh-ren und mit einzubeziehen. Gegebenenfalls ist ein neues Betonmodell für UHFFB zu entwickeln, wel-ches den Einfluss der Faserorientierung auf das Tragverhalten berücksichtigt.

Aufgrund der hohen Festigkeit von UHFFB besteht die Möglichkeit filigrane und schlanke Tragsys-teme zu konzipieren. Hierbei werden dann auch das dynamische Verhalten sowie das Ermüdungsver-halten von UHFFB von zentraler Bedeutung sein.

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Bemessung von Bauteilen aus ultrahochfestem Faserfeinkornbeton (UHFFB)

Schrifttum 221

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Schrifttum

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CURRICULUM VITAE

ANGABEN ZUR PERSON

Name: Björn Frettlöhr

Geburtsdatum: 10. September 1976

Geburtsort: Düsseldorf

Staatsangehörigkeit: deutsch

Familienstand: verheiratet

BERUFLICHER WERDEGANG

seit 1.Juni 2011 Engineering Manager Offshore Windenergie bei der EnBW Erneuerbare Energien GmbH, Offshore Wind Energie Büro Hamburg

2006 - 2011 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren (ILEK) der Universität Stuttgart von Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Werner Sobek

2002 - 2006 Projektingenieur im Technischen Büro Tiefbau der Ed. Züblin AG, Stuttgart

BILDUNGSWEG

1998 - 2002 Hauptstudium des Bauingenieurwesens an der RWTH Aachen Vertiefungsrichtung: konstruktiver Ingenieurbau

1996 - 1998 Grundstudium des Bauingenieurwesens an der Bergischen Universität - Gesamthochschule Wuppertal

1987 - 1996 Theodor Heuss Gymnasium, Ratingen

1983 - 1987 Christian-Morgenstern-Grundschule, Ratingen

PRAKTIKA/WISSENTSCHAFTLICHE TÄTIGKEITEN

08/00 - 05/02 Studentische Hilfskraft am Lehrstuhl und Institut für Massivbau der RWTH Aachen

01/98 - 08/98 Studentische Hilfskraft am Lehr- und Forschungsgebiet Statik und Dynamik der Tragwerke der Bergischen Universität - GH

02/97 - 04/97 Betriebspraktikum bei der Bauunternehmung August Dohrmann GmbH, Remscheid in den technischen Abteilungen

06/96 - 08/96 Betriebspraktikum bei der Bauunternehmung August Dohrmann GmbH, Remscheid im Bereich des Tiefbaus

Stuttgart, im Dezember 2011

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