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Page 1: Bindung und Gehirnentwicklung in den ersten Lebensjahren · Die Entwicklung innerer Arbeitsmodelle von Bindung erklärt die Transition von der extrernalen zur internalen Selbstregulation

© Fabienne Becker-Stoll 2015

Familienbildung im Aufbruch - Fortbildungstag

am 7. Juli 2015 - in Nürnberg

Fotos: Internet

Bindung und Gehirnentwicklung in

den ersten Lebensjahren Fabienne Becker-Stoll

Staatsinstitut für Frühpädagogik

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Gehirn, Bindung und Stressregulation

1. Gene, Umwelt und Gehirn

2. Dir drei Gehirne und wie sie funktionieren

3. Das unreife Gehirn des Kindes

4. Stressregulation – die Aufgabe der Eltern

5. Co-Sleeping statt Schlaftraining

6. Die Chemie des Glücks

7. Eingewöhnung statt Fremdbetreuung

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Prof. Dr. Anna Katharina Braun

• leitet das Institut für Biologie an der Otto-von-

Guericke-Universität Magdeburg

• Forschungsgebiet: Einfluss früher emotionaler

Erfahrungen auf die neuronale Entwicklung des

Gehirns.

• Internetseite „Hirnforschung für jeden“

Dr. Margot Sunderland

•Leitet den Bereich “Education and Training” im

Centre for Child Mental Health London,

•und Kinderpsychotherapeutin mit mehr als 30

jähriger Erfahung in der Arbeit mit Kindern und

ihren Familien.

•Autorin von “Die neue Elternschule”

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Gehirn, Bindung und Stressregulation

1. Gene, Umwelt und Gehirn

2. Dir drei Gehirne und wie sie funktionieren

3. Das unreife Gehirn des Kindes

4. Stressregulation – die Aufgabe der Eltern

5. Co-Sleeping statt Schlaftraining

6. Die Chemie des Glücks

7. Eingewöhnung statt Fremdbetreuung

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Gene, Umwelt und Gehirn

Es hängt nicht von den

Genen ab, ob ein Kind höhere

menschliche Fähigkeiten der

Problemlösung, der Reaktion

auf Stress, Selbstbewusstsein,

Empathie, Freundlichkeit und

Mitgefühl ausbildet.

Es ist die Beziehung der Eltern zu ihrem Kind, die diese

entscheidenden Entwicklungen beeinflussen kann.

Eine positive Eltern-Kind Beziehung kann auch die Neugier und

Antriebskraft und die Kreativität des Kindes langfristig aktivieren

und unterstützen.

(Braun, 2004)

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Gene, Umwelt und Gehirn

• Inzwischen wissen wir, dass emotionale

Schlüsselsysteme im menschlichen Gehirn stark durch

die Erfahrungen mit den Eltern geprägt sind.

• Wir wissen, dass durch Millionen wichtiger Eltern-Kind-

Momente in der Kindheit Systeme und chemische

Vorgänge im Gang gesetzt werden, die es

ermöglichen, ein sehr bereicherndes Leben zu führen.

• Erziehungsmethoden haben direkte Auswirkungen auf

die Vernetzungen und das langfristige chemische

Gleichgewicht im Gehirn eines Kindes und führen z.B.

zu Depressionen oder aber zu einem gelungenen

Umgang mit Stress.

Braun, 2006 /Sunderland, 2006/2010

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Gehirn, Bindung und Stressregulation

1. Gene, Umwelt und Gehirn

2. Dir drei Gehirne und wie sie funktionieren

3. Das unreife Gehirn des Kindes

4. Stressregulation – die Aufgabe der Eltern

5. Co-Sleeping statt Schlaftraining

6. Die Chemie des Glücks

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Die drei Gehirnregionen

Im Verlauf der

Stammesgeschichte hat

sich um den Hirnstamm

immer wieder ein neuer

Gehirnteil dazu gebildet.

Unser Gehirn besteht aus dem Hirnstamm eines Reptils,

dem unteren Hirnteil der Säuger (Limbisches System)

und dem oberen menschlichen Teil des Gehirns.

Jedes dieser drei Gehirnteile ist mit den anderen durch

ein Netzwerk von Nerven verbunden.

(Sunderland, 2006/2010)

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Kleinhirn

Cortex: Das rationale

Gehirn

Der jüngste Teil des Gehirns

Kreativität,

Vorstellungsvermögen Problemlösung, Logisches

Denken, Reflexion,

Selbstbewusstsein

Freundlichkeit, Anteilnahme

Limbisches System: Das

Säugergehirn Es löst starke Emotionen aus, die durch

das rationale Gehirn gesteuert werden

müssen. Dient der Kontrolle primitiver

Kampf- oder Fluchtreaktionen.

Aktiviert Wut, Furcht, Trennungsangst,

Fürsorge, Pflegeverhalten, soziale

Bindungen, Spieltrieb, Entdeckerdrang

Klein- und Stammhirn:

Das Reptiliengehirn Instinkte und

Körperfunktionen

Hunger, Verdauung, Atmung,

Durchblutung, Bewegung,

Kampf, Flucht.

Die drei Gehirne des Kindes

Cortex

Großhirnrinde

Limbisches System

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Das Limbische System

Das limbische System steuert das emotionale Verhalten und ist das Zentrum für Gefühle. Außerdem ist es mit anderen Zentren am Gedächtnis beteiligt. Störungen des limbischen Systems führen zu Störungen der emotionalen Verhaltensweisen.

.

Am eindeutigsten ist

die Rolle des

limbischen Systems für

das Gedächtnis, es

integriert äußere und

innere Einflüsse und

bewertet diese

emotional.

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Die drei Gehirne des Kindes

Der Umgang der Eltern mit ihrem

Kind hat großen Einfluss darauf, wie

die drei Gehirnbereiche das

emotionale leben des Kindes auf

lange Sicht steuern.

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Gehirn, Bindung und Stressregulation

1. Gene, Umwelt und Gehirn

2. Dir drei Gehirne und wie sie funktionieren

3. Das unreife Gehirn des Kindes

4. Stressregulation – die Aufgabe der Eltern

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Das unreife Gehirn

• Besonders das Großhirn ist bei einem Neugeborenen noch sehr

unfertig.

• Neugeborene haben noch wenig Verbindungen zwischen den

Zellen des Gehirns.

• Diese Verbindungen entstehen erst durch die Erfahrungen mit

der Umwelt und sind verantwortlich für die emotionale und

soziale Intelligenz des Kindes.

Das kindliche Gehirn entwickelt

sich größtenteils nach der Geburt

und kann deshalb sowohl durch

positive als auch durch negative

Eltern-Kind-Beziehungen geformt

werden.

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Entwicklung des Gehirns

Verdichtung der Neuronalen

Netzwerke im Gehirn des Kindes -

Gewicht des Gehirns bei Geburt

400g, mit zwei Jahren 1000g

Abbildung 1: Medianansicht des menschlichen Gehirns mit den wichtigsten

limbischen Zentren. Diese Zentren sind Orte der Entstehung von positiven (Nucleus

accumbens, ventrales tegmentales Areal), und negativen Gefühlen (Amygdala), der

Gedächtnisorganisation (Hippocampus), der Aufmerksamkeits- und

Bewusstseinssteuerung (basales Vorderhirn, Locus coeruleus, Thalamus) und der

vegetativen Funktionen (Hypothalamus). (Aus Roth, 2001, nach Spektrum/Scientific

American, 1994, verändert). (Braun, 2004)

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Das Konzept der Feinfühligkeit (Ainsworth, 1977,1978/2003)

• Die Fähigkeit und Bereitwilligkeit der

Betreuungsperson, die Mitteilungen

und das Verhalten des Säuglings

– wahrzunehmen und

– richtig zu deuten,

– und darauf prompt

– und angemessen zu reagieren.

• Die Feinfühligkeit der Eltern wirkt

sich neben den

Temperamenteigenschaften des

Kindes auf die Bindungsqualität

zwischen Kind und Elternteil aus.

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Entwicklung des Gehirns

Durch die feinfühlige Interaktion mit dem Kind trainiert die Mutter das Gehirn des Kindes.

Sie stimuliert im Gehirn des Kindes primäre und sekundäre Sinnes- und Bewegungszentren, das Limbische System, und Regionen im präfrontalen Cortex.

Die Stimulation dieser drei Hirnregionen führt zu neuen Vernetzungen.Das gleichzeitige Aktivieren von verschiedenen Nervenzellen führt zu bleibenden Strukturveränderungen. (Braun et al. 2002)

(Braun, 2004)

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Väterliche Feinfühligkeit (Kindler & Grossmann, 2002)

• In westlichen Gesellschaften zeichnen sich die Vater-Kind-Beziehungen durch einen hohen Anteil spielerischer Interaktion aus, also durch größere Nähe zur Exploration.

• Viele Väter neigen dazu, die Neugier und die Fähigkeiten des Kindes eher herauszufordern, als sein nach körperlicher Nähe strebende Verhalten zu unterstützen (Kindler, 2002).

Forschungsergebnisse zeigen:

Zusammenhänge zwischen der feinfühligen Ermutigung des Vaters zur Qualität der Exploration und dem weiteren Verlauf der Bindungs- und Sozialentwicklung sowie der emotionalen Sicherheit des Kindes in neuartigen Situationen (Grossmann, 2002).

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Margot Sunderland, 2006/2010

• Alles, was ein Kind mit

seinen Eltern erlebt,

bewirkt Vernetzungen

zwischen den

Gehirnzellen seines

Großhirns.

Margot Sunderland, 2006/2010

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Implikationen für Bezugspersonen? (M. Sunderland, 2006/2010)

• Deshalb ist die Art,

– wie die Eltern diesem Kind zuhören,

– mit ihm spielen,

– es in den Arm nehmen

– und trösten

– und wie Sie es behandeln, wenn es unartig ist,

so wichtig.

Es sind diese Momente mit den Eltern, die

darüber entscheiden können, ob sich dieses

Kind gut entwickeln wird.

Margot Sunderland, 2006/2010

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• Aufgrund der emotionalen Reaktion der Eltern

knüpfen sich im Gehirn des Kindes

Verbindungen, die es befähigen später im

Leben

– mit Stress fertig zu werden,

– erfüllte Beziehungen einzugehen,

– mit Wut umzugehen,

– freundlich und mitfühlend zu sein

– den Antrieb zu haben, Träume zu verwirklichen,

Ziele zu verfolgen

– und tiefe Ruhe zu empfinden.

Implikationen für die Bezugspersonen? (M. Sunderland, 2006/2010)

Margot Sunderland, 2006/2010

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Gehirn, Bindung und Stressregulation

1. Gene, Umwelt und Gehirn

2. Dir drei Gehirne und wie sie funktionieren

3. Das unreife Gehirn des Kindes

4. Stressregulation – die Aufgabe der Eltern

5. Co-Sleeping statt Schlaftraining

6. Die Chemie des Glücks

7. Eingewöhnung statt Fremdbetreuung

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Stressregulation – die Aufgabe der Eltern!

• Wut, Furcht und Trennungsangst sind

bereits bei der Geburt angelegt, um

das Überleben des Babys zu sichern.

• Ein Kind, das schreit benötigt die Hilfe

der Eltern um sich zu beruhigen.

Wird eines der Alarmsysteme wie Wut, Furcht oder Trennungsangst in

den instinktiven Teilen seines Gehirns ausgelöst, befindet es sich so

lange in einem Zustand emotionaler Not und intensiver körperlicher

Erregung, bis ein Erwachsener ihm hilft sich zu beruhigen.

Das Gehirn des Kindes kann durch Stress nachhaltig geschädigt

werden – bis hin zum Zelltod in sehr wichtigen Gehirnstrukturen !

Margot Sunderland, 2006/2010

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Ein weinendes Kind braucht

Mitgefühl, Beruhigung und

körperlich spürbaren Trost, um

seine außer Kontrolle geratenen

Gehirn- und Körpersysteme wieder

ins Gleichgewicht zu bringen.

Stressregulation – die Aufgabe der Eltern!

Wird ein Kind mit seinen intensiven Gefühlen und den

Impulsen aus dem unteren Gerhirnbereich nicht

geholfen, kann sein Gehirn nicht die Pfade entwickeln,

dies es braucht, um Stress wirksam steuern und

bewältigen zu können.

Margot Sunderland, 2006/2010

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• Belastende Ereignisse wie

– der Verlust oder die Trennung von den Eltern

– oder Misshandlungen und Vernachlässigung

• können auch beim menschlichen Säugling und Kleinkind

die synaptischen Umbauprozesse in den limbischen

Emotionsschaltkreisen verändern.

• Folge: ein falsch geknüpftes neuronales Netzwerk, das

Verhaltens- oder Lernstörungen bis hin zu psychischen

Erkrankungen bewirken kann.

Stressregulation – die Aufgabe der Eltern!

Margot Sunderland, 2006/2010

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Erhält ein Kind nicht genügend

Beistand beim Durchleben seiner

intensiven Gefühle, kann daraus eine

Überaktivität der Alarmsysteme seines

unteren Gehirns entstehen, die später

zu Angststörungen, Aggressionen oder

Depressionen führen.

Stressregulation – die Aufgabe der Eltern!

Das Gehirn des Kindes kann durch Stress

nachhaltig geschädigt werden – bis hin zum

Zelltod in sehr wichtigen Gehirnstrukturen !

Margot Sunderland, 2006/2010

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• Die Unterstützung und emotionale Verfügbarkeit der

Bindungsperson ist Voraussetzung für die Entwicklung

einer adaptiven Emotionsregulation.

• Eine adaptive Emotionsregulation ist ein zentrales

Merkmal einer resilienten Persönlichkeit.

• Im Säuglingsalter und in der frühen Kindheit wirken die

Bindungsfiguren als externe Organisatoren für ihre Kinder,

indem sie ihnen helfen, ihre Gefühle zu regulieren.

• In ihrer Entwicklung zeigen Kinder eine zunehmende

autonome Anpassung und wenden dabei die

Emotionsregulationsmuster an, die sie in der Interaktion

mit ihren Bindungsfiguren gelernt haben.

Bindung und Emotionsregulation

Zimmermann, 2000

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Die Entwicklung innerer Arbeitsmodelle von Bindung erklärt die

Transition von der extrernalen zur internalen Selbstregulation

Bindungs-

erfahrungen

Internale

Arbeits-

modelle

Regulation

negativer

Gefühle

Qualität der

nahen

Beziehungen

Sebstbild

Selbstwert

Umgang mit

Risikofaktoren

(Coping)

Bowlby, 1980; Sroufe, 1989; Grossmann & Grossmann, 1995; Zimmermann, 2000

Bindung, Emotionsregulation und

Umgang mit Risiken

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Spangler & Zimmermann (1999) schlagen drei

Wirkungspfade vor, die erklären, wie die Bindungsorganiation als Schutz- oder Risikofaktor wirken kann.

1. Sichere Bindung als Ausgangspunkt eines Entwicklungspfades zur Kompetenz.

2. Sichere Bindungsorganisation als Risikopuffer. 3. Sichere Bindungsorganisation als Einflussfaktor auf Therapie und Intervention.

Bindung, Emotionsregulation und Umgang mit

Risiken

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Gehirn, Bindung und Stressregulation

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2. Dir drei Gehirne und wie sie funktionieren

3. Das unreife Gehirn des Kindes

4. Stressregulation – die Aufgabe der Eltern

5. Co-Sleeping statt Schlaftraining

6. Die Chemie des Glücks – für Eltern und Kind

7. Eingewöhnung statt Fremdbetreuung

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Co-Sleeping statt Schlaftraining

Babys sind nicht dafür gemacht,

alleine zu schlafen.

Das Schlafen in engem Körperkontakt

zu einem Elternteil versorgt ein Baby

mit einer sensorisch reichen Umwelt

voller

- Bewegung und Berührung

- Gerüche und Geräusche.

Der Hautkontakt während der Nacht reguliert die unreifen

Systeme von Körper und Gehirn eines Babys.

Durch den zusätzlichen Körperkontakt im Schlaf wird auch

das Stressreaktionssystem im Gehirn unterstützt und damit

auch die Immunabwehr des Kindes.

Sunderland, 2006/2010

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Co-Sleeping statt Schlaftraining

• Der plötzliche Kindstod tritt am seltensten in Ländern auf,

in denen Co-Sleeping üblich ist.

• In Deutschland sterben fast 400 Kinder jährlich am

plötzlichen Kindstod.

• Plötzlicher Kindstod wird durch instabile Atmung und ein

unreifes Herz-Kreislauf-System verursacht.

• Wenn beim Co-Sleeping einige Sicherheitsaspekte

berücksichtigt werden, dann ist es der beste Schutz vor

plötzlichem Kindstod.

• Denn der Hautkontakt während der Nacht reguliert die

unreifen Systeme von Körper und Gehirn eines Babys.

Sunderland, 2006/2010

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Co-Sleeping statt

Schlaftraining

• Es gibt keine Regeln, ab wann

ein Kind im eigenen Bett schlafen soll.

• Wenn Eltern und Kind ausreichend Schlaf und beide Eltern

miteinander genügend körperliche Intimität bekommen, gibt es

keinen Grund, das Co-Sleeping zu beenden.

• Die meisten Kinder im Vorschulalter brauchen einen

Erwachsenen neben sich, um einschlafen zu können.

• Fast alle Kinder kommen regelmäßig ans Bett der Eltern um

Trost zu suchen.

• Auslöser dafür sind das Furcht- und Trennungsangst-System.

• Verständnisvolle Eltern akzeptieren diese natürliche

Entwicklungsstadium des kindlichen Gehirns.

Sunderland, 2006/2010

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Gehirn, Bindung und Stressregulation

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2. Dir drei Gehirne und wie sie funktionieren

3. Das unreife Gehirn des Kindes

4. Stressregulation – die Aufgabe der Eltern

5. Co-Sleeping statt Schlaftraining

6. Die Chemie des Glücks- für Eltern und Kind

7. Eingewöhnung statt Fremdbetreuung

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Die Chemie des Glücks a

Körperkontakt zu einem geliebten

Menschen löst die Ausschüttung der

Glückshormone Opioide und Oxytocin

im Gehirn aus.

Wenn Opioide und Oxytocin im Gehirn dominieren, wird die

Welt als warm und einladend empfunden.

Erlebt ein Kind wiederholt Furcht und Wut, wird die

Ausschüttung von Glückshormonen in seinem Gehirn blockiert.

Ohne Trost und körperliche Zuwendung bleiben die

Stresshormone Kortison, Adrenalin und Noradrenalin sehr

hoch.

Sind die Stresshormone lange erhöht, kann die Umwelt als

feindselig und bedrohlich empfunden werden.

Sunderland, 2006/2010

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Die Chemie des Glücks a

Oxytocin kann weder injiziert noch

verabreicht werden.

Der Einzige Weg, es im Gehirn zu aktivieren, ist die liebevolle

menschliche Bindung.

Jede Form liebevollen Körperkontakts zwischen Eltern und

Kindern aktivieren Oxytocin und Opioide im Gehirn des

Kindes.

Wenn das Kind neben dem ruhigen Körper eines Elternteils

liegt, überfluten Glückshormone sein Gehirn – aber nur dann,

wenn der Elternteil selber ruhig und entspannt ist.

Liebevoller Körperkontakt wirkt auch noch bei

Heranwachsenden bis ins Jugendalter hinein.

Sunderland, 2006/2010

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Die Chemie des Glücks – auch für Eltern!

• Es kann einem Kind nie besser gehen,

als seiner Bezugsperson.

• Damit Eltern ihre Kinder emotional

regulieren können, müssen sie selber

emotional auftanken können (Zeit für

sich und mit liebevollen anderen

Erwachsenen).

• Eine der wichtigsten elterlichen

Fähigkeiten ist es, zu erkennen, wann

man ausgebrannt ist.

Sunderland, 2006/2010

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Die Chemie des Glücks – auch für Eltern!

• Eltern brauchen emotionalen Ausgleich durch andere

Erwachsene und professionelle Hilfe, wenn die starken

Gefühle des Kindes den eigenen Kindheitsschmerz

wieder aufrühren.

• Alleine geht es nicht, denn „es braucht ein ganzes Dorf,

um ein Kind zu erziehen“.

• In anderen Kulturen werden Mütter/Väter mit einem

Neugeborenen nicht allein gelassen, sondern werden von

der Gemeinschaft versorgt und verwöhnt.

• Eine Gesellschaft, die Wert auf Kinder legt, muss Eltern

schätzen und aktiv unterstützen.

Sunderland, 2006/2010

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7. Eingewöhnung statt Fremdbetreuung

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An Strauchratten (Octodon degus) haben Prof. Braun

und ihre Mitarbeiter untersucht, wie Elternkontakt

die Hirnentwicklung der Kinder Beeinflusst)

Trennungsschmerz und Gehirnentwicklung

(Braun, 2004)

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Stoffwechselaktivität im

Vorderhirn von acht Tage

alten Jungtieren im

Sozialverband (links) und

während der Separation von den Eltern (rechts).

Die separierten Tiere zeigen eine deutlich verminderte

Aktivität im Vergleich zu den

sozialen Tieren.

Während der Trennung setzt

das juvenile Gehirn seine

Aktivität auf „Sparflamme“.

Diese Prozesse führen zu

längerfristigen synaptischen

Veränderungen im präfrontalen Cortex.

(Braun, 2004)

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am 7. Juli 2015 - in Nürnberg

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Trennung und Fremdbetreuung

• Im Alter von 6-8 Monaten stellt sich beim Baby die

Trennungsangst ein, die bis zum 5. Lebensjahr

anhalten kann.

• Trennungen von den Eltern tun Kindern fast auf die

gleiche Weise weh wie körperlicher Schmerz.

• Auch kurzzeitige Trennungen können Schaden

anrichten (vgl. Robertson Filme).

• Wenn die Eltern nicht anwesend sind, muss ein Kind

von einer vertrauten Person betreut werden – alles

andere führt zu Stressüberflutung im Gehirn.

• Vertrauen und Beziehungsaufbau brauchen viel Zeit –

deshalb geht es nicht ohne Eingewöhnung.

Margot Sunderland, 2006/2010

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• Der Mensch ist von Geburt an mit zwei

grundlegenden Verhaltenssystemen

ausgestattet, die sein Überleben und das

seiner Art sichern

– Bindungsverhaltenssystem

– Explorationsverhaltenssystem

(Bowlby 1987/2003)

Bindung und Exploration gehören zusammen

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• Das Bindungsverhaltenssystem ermöglicht es dem Kind von

Geburt an, Bindungsverhalten gegenüber einer oder einigen

wenigen Personen zu zeigen.

– Bindungsverhalten zielt darauf ab, die Nähe einer bevorzugten

Person zu suchen, um dort Sicherheit zu finden.

• Die meisten Kinder entwickeln in den ersten neun Lebensmonaten

Bindungen gegenüber Personen, die sich dauerhaft um sie

kümmern.

– Dabei ist das Kind aktiv und hat die Initiative bei der Bildung von

Bindung.

• Durch Fremdheit, Unwohlsein oder Angst wird das

Bindungssystem aktiviert, und die Erregung wird durch

Wahrnehmung der Bindungsperson – durch Nähe, liebevollen

Körperkontakt und Interaktion mit ihr – beendet.

(Bowlby, 1951,1987/2003; Ainsworth 1964/2003)

Bindung und Exploration gehören zusammen

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• Das Kind bindet sich nicht nur an die Bezugsperson,

die es versorgt,

– sondern auch an andere Personen, die mit ihm spielen und

interagieren.

• Auch wenn das Kind zu mehreren Personen

Bindungsbeziehungen entwickelt, sind diese eindeutig

hierarchisch geordnet.

– Das Kind bevorzugt eine Bindungsperson vor den anderen.

• Hat ein Kind eine Bindung zu einer bestimmten Person

aufgebaut, kann diese nicht ausgetauscht werden.

– Längere Trennungen oder gar der Verlust dieser

Bindungsfigur führen zu schweren Trauerreaktionen und

großem seelischen Leid.

(Bowlby, 1951,1987/2003; Ainsworth 1964/2003)

Bindung und Exploration gehören zusammen

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• Komplementär zum Bindungsverhaltenssystem ist das

Explorationsverhaltenssystem.

• Das Explorationsverhaltenssystem bietet die

Grundlage für die Erkundung der Umwelt.

• Explorationsverhalten ist jede Form der

Auseinandersetzung mit der Umwelt und damit die

verhaltensbiologische Grundlage von Lernen.

• Aber auch das Bindungsverhalten dient dem Lernen

– Es hält das Kind in der Nähe und in der Interaktion zur

Bindungsperson von und mit der es am meisten lernen kann.

(Bowlby, 1951,1987/2003; Ainsworth 1964/2003)

Bindung und Exploration gehören zusammen

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Explorations- verhaltens-

system

Bindung und Exploration

Bindungs-

verhaltens-

system

(Bowlby, 1951,1987/2003)

Aktiviert durch Unwohlsein

Deaktiviert durch Kontakt

zur Bindungsperson Deaktiviert durch Unwohlsein

Aktiviert durch

anregende Umwelt

und Spielpartner

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Feste Bezugspersonen auch

in der Kindertageseinrichtung

• Kinder lernen vor allem von Menschen, in sozialen

Interaktionen und durch emotionale Beziehung zu ihnen.

• Deshalb hängt der Ertrag früher Bildungsprozesse von

Beziehungs- und Bindungsprozessen ab.

• Bildungsangebote werden nur dann vom Kind wirklich

wahrgenommen, wenn sie in funktionierenden Beziehungen

eingebettet sind, die mit denen bestehen, die dem Kind

Bildung vermitteln wollen.

• In einer solchen Beziehung kann das Kind sich als aktiv

handelnde und selbstwirksame Person erleben.

• Diese Eigenschaft wird - so die Bindungstheorie und –

forschung - in sicheren Bindungsbeziehungen umgesetzt.

Ahnert, 2010

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• Damit ein Kind die Bildungsangebote in der

Kindertageseinrichtung nutzen kann, braucht es auch dort

eine sichere emotionale Basis.

• Kinder brauchen im Kontext der außerfamiliären Betreuung

eine feste Bezugsperson, von der aus sie explorieren

können.

• Vorraussetzung dafür ist eine behutsame

Eingewöhnung, die gemeinsam mit den Eltern geplant

und durchgeführt wird.

• Kinder bauen im ersten Lebensjahr Bindungs-

beziehungen auf, so dass hier eine lange außerfamiliäre

Betreuungszeit nicht empfehlenswert ist.

Feste Bezugspersonen auch

in der Kindertageseinrichtung

(Becker-Stoll, Niesel Wertfein, 2009)

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Eingewöhnung als Qualitätsstandard

• Ziel einer behutsamen Eingewöhnung ist es, dass das Kind

ausgehend von der sicheren Basis seiner primären

Bindungsfigur die zunächst fremde Umgebung der Krippe

kennen lernen kann und zu seiner Bezugserzieherin

Vertrauen fassen kann.

• Ein deutliches Anzeichen von gelungener Eingewöhnung

ist, wenn das Kind aktiv bei seiner Erzieherin Trost sucht

und findet.

(Bensel, Haug-Schnabel, 2007)

Feste Bezugspersonen auch

in der Kindertageseinrichtung

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© Fabienne Becker-Stoll 2015 Foto: Jochen Fiebig, IFP, 2007

Von der Eltern-Kind zur Erzieherin-Kind-Beziehung

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Von der Eltern-Kind zur Erzieherin-Kind-Beziehung

Foto: Jochen Fiebig, IFP, 2007

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Von der Eltern-Kind zur Erzieherin-Kind-Beziehung

Foto: Jochen Fiebig, IFP, 2007

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Von der Eltern-Kind zur Erzieherin-Kind-Beziehung

Foto: Jochen Fiebig, IFP, 2007

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Von der Eltern-Kind zur Erzieherin-Kind-Beziehung

Foto: Jochen Fiebig, IFP, 2007

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Von der Eltern-Kind zur Erzieherin-Kind-Beziehung

Foto: Jochen Fiebig, IFP, 2007

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Von der Eltern-Kind zur Erzieherin-Kind-Beziehung

Foto: Jochen Fiebig, IFP, 2007

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• Selbst im Gruppengeschehen kann beobachtet werden, wie sich

Kleinkinder in belastenden Situationen ihren Betreuungspersonen

zuwenden, um sich trösten zu lassen und Sicherheit zu gewinnen. •

• Diese Beziehungen können als Erzieher-Kind-Bindungen gelten,

wobei das Kind Bindungssicherheit seltener mit der Erzieherin als

mit seiner Mutter ausbildet.

• Erzieherin-Kind-Bindungen sind weder durch die Qualität der

Mutter-Kind-Bindung festgelegt, noch können sie die Beziehung

zur Mutter ersetzen.

• Sie sind funktionell zunächst auf die Bertreuungssituationen in

der Krippe beschränkt.

(Ahnert, 2006, 2007)

Feste Bezugspersonen auch

in der Kindertageseinrichtung

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Sichere Erzieher-Kind-Bindungen entstehen in Kindergruppen,

in denen die Gruppenatmosphäre

- durch ein empathisches Erzieherverhalten bestimmt wird,

- das gruppenbezogen ausgerichtet ist

- die Dynamik in der Gruppensituation reguliert.

Dieses Erzieherverhalten bildet sich insbesondere in kleinen

und stabilen Gruppen aus (Ahnert, 2006).

Kindgerechte Bildungsprogramme sind auf der Grundlage

sicherer Erzieher-Kind-Bindungen am wirksamsten.

Beziehungsarbeit ist die Grundlage von Bildungsarbeit!

(Ahnert, 2006, 2007)

Feste Bezugspersonen auch

in der Kindertageseinrichtung

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Tagesbetreuung, Bindung und Bildung (Ahnert, 2002, Grossmann, 2002)

• Eine gesunde Entwicklung

über den Lebenslauf braucht

von Anfang an sowohl die

Sicherheit der Bindung als

auch die Sicherheit der

Exploration .

Feinfühliges Verhalten gegenüber einem Kind fördert die

Entwicklung sicherer Bindungsbeziehungen und damit die

Entwicklung im Gehirn und langfristig die Fähigkeit, mit

Stress umzugehen und erfüllte Beziehungen zu erleben..

Fotos: Jochen Fiebig, IFP, 2007 in Krippen der LHM

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© Fabienne Becker-Stoll 2015 Fotos: Internet

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

Fabienne Becker-Stoll

Staatsinstitut für Frühpädagogik

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• Ahnert, L. 2010: Wie viel Mutter braucht ein Kind? Bindung - Bildung - Betreuung:

öffentlich und privat, Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag.

• Ahnert, L. (2007). Von der Mutter-Kind- zur Erzieherinnen-Kind-Bindung? In:

F. Becker-Stoll & M. Textor: Die Erzieherin-Kind-Beziehung, Berlin:

Cornelsen, S. 31-41.

• Becker-Stoll, F., Niesel, R. & Wertfein, M. (2009). Handbuch Kinder in den

ersten drei Lebensjahren (2.3 Von der Mutter-Kind-Beziehung zur Erzieherin-

Kind-Beziehung und 2.4 Feinfühligkeit, Stressreduktion und

Explorationsunterstützung – Aufgaben der pädagogischen Fachkraft),

Freiburg: Verlag Herder, S. 47-53.

• Braun, K. & Helmke, C. (2008). Neurobiologie des Bindungsverhaltens: Befunde

aus der tierexperimentellen Forschung. In: L. Ahnert, Frühe Bindung. München:

Reinhart Verlag. S. 281-296.

• Sunderland, M. (2006). Die neue Elternschule. München: Dorling Kindersley.

Zimmermann, P. (2000). Bindung, Emotionsregulation und internale

Arbeitsmodelle: Die Rolle von Bindungserfahrungen im Risiko-Schutz-Modell.

Frühförderung Interdisziplinär, 19, S. 119-129.


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