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Das Wirtschaftsprogramm der Reaktion

1. Die „Wirtschaftskompetenz“des Bürgerblocks

Hartnäckig hält sich das Vorurteil, dass in Sa-chen „Wirtschaft“ CSU/CDU und FDP in der Lagewären, die BRD aus dem Schlamassel zu führen.Richtig daran ist, dass diese Parteien offen unterder Flagge des Kapitals segeln. Ihr politisches Pro-gramm ist die Profitmaximierung für die Konzer-ne. Was gut für Deutsche Bank, Allianz, Siemens,Daimler, BASF, Bosch und die anderen zwei Dut-zend deutscher Großkonzerne ist, ist gut fürDeutschland und damit für uns alle. Logisch! Al-les, was die Freiheit unserer Herren einschränkt,schadet Deutschland, und damit uns allen, ja derganzen Welt – die schließlich doch noch am deut-schen Wesen genesen soll.

Die Nazis hatten das schon einmal auf denPunkt gebracht: „Deutschland muss leben, auchwenn wir sterben müssen!“

Die Bürgerblockparteien sind die Parteien desGroßkapitals und daher die ausgemachten Feindeder Arbeiterklasse und der großen, überwiegen-den Mehrheit des Volks.

Offenbar muss man solche einfachen Wahrhei-ten immer wieder bringen, wenn selbst die Füh-rung unseres DGB im Zustand fortgeschrittenerpolitischer Erblindung und Verblödung, sich er-dreistet zu verkünden:

Stoiber sei Anwalt der kleinen Leute, so Micha-el Sommer im Oktober 2003 (SZ vom 28.10.2003).Im Juni 2005 legt er nach: Sommer machte derUnion ein Angebot zur Zusammenarbeit. „Die Ge-werkschaften und die Unionsparteien müssen ihrim Prinzip intaktes Verhältnis neu justieren“, sagteer der „Welt“.

Im Folgenden geht es erstens darum, wie Stoiberzum Steuermann der Reaktion wurde, zweitenswie das Programm der Reaktion gestrickt ist, unddrittens wie wir uns darauf vorbereiten können.

Wir wollen nicht vergessen zu fragen, wer ei-gentlich der Kapitän auf dem Schiff ist, wer rudertund das Schiff gebaut hat, und auch einen Blickauf die Leichtmatrosen werfen.

1.1. Im Zentrum des Sumpfs: EdmundStoiber und Ludwig-Holger Pfahls

Pfahls, geboren am 13. Dezember 1942, mach-te mit Stoiber 1971 seine juristische Doktorarbeitin Regensburg, war Assistent beim BayerischenObersten Landesgericht und Staatsanwalt, bis seinSpezi Stoiber ihn 1974 in die „Prinzenriege“ des

damaligen Ministers Streibl holte, wo StoiberBürochef war. Pfahls wurde Streibls persönlicherReferent im Büro Stoiber. (Siehe Kasten: CSUKarrieren auf S. 10)

Stoiber wo ist dein Bruder Pfahls?

Laptop und Lederhose bzw. vom Hirschfängerzur High Tech Waffenschmiede:

1970 war das Ministerium für Landesentwick-lung und Umweltfragen gegründet worden. Hiersollte Max Streibl die Verwaltung Bayerns im Sinnder Kräfte modernisieren, deren politischesSprachrohr Strauß war: Die Rüstungsindustrie. Inder Tat konnte Bayern gute Zahlen in der Indu-strieentwicklung vorweisen, mit „sauberen“ Indu-strien. Nicht Kohle und Stahl, sondern KrausMaffei (Panzer/Flick), MTU, Siemens (Elektronik,Atomkraftwerke), Diehl (heute führend in „Lenk-waffen) Satelliten- und Luftfahrttechnik (damalsMBB, das von den alten Nazi-Wehrwirtschaftsfüh-rern Messerschmitt, Bölkow und Blohm gegrün-det worden war; heute EADS als Teil des Daim-lerChrysler-Konzerns). Eine Riege junger ehrgei-ziger Juristen wurde ihnen zur Seite gestellt. Dieerfolgreichsten d.h. skrupellosesten, holte sichStrauß in sein eigenes Büro.

Als Mittelsmann dieser Riege mit Kontakten insAusland bot sich Dieter Holzer an.

Dieter Holzer ist nach Zeitungsberichten einvielseitiger Geheimagent, geboren im Saarland,mit einer Tochter des ehemaligen libanesischenPräsidenten Gemayel verheiratet, und aus Waffen-geschäften in engem Kontakt mit Strauß (wie auch

Nach Abschluss der Arbeiten zu diesem Artikel waren die Auseinandersetzungen um die Bildungeiner Regierungskoalition noch in vollem Gang. Unabhängig davon, wie diese Koalition letztendlichaussehen wird, wer das Amt des Bundeskanzlers übernehmen wird, ob Stoiber selbst im Kabinett sitzt,und wie die Posten und Pfründen verteilt werden – der Artikel gibt Einblick und Aufschluss darüber,wofür Kapital und Reaktion diese Regierung brauchen. Dabei wird – fast zwangsläufig – die RolleStoibers und der Kräfte des Kapitals, die er repräsentiert, am deutlichsten hervorgehoben, um den„Mythos Bayern“ anzugreifen, mit dessen Hilfe die Republik noch weiter nach Rechts und noch mehrgegen die Arbeiter und anderen Werktätigen getrieben werden soll – und wie wir uns dagegen wapp-nen können.

Wenn Sommer Winter füruns macht.

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mit Daimler Chef Schrempp, und außer dem BNDv.a. auch mit dem französischen Geheimdienst). InFrankreich ist Holzer wegen Korruption in derLeuna/Elf Affäre zu 15 Monaten Gefängnis ver-urteilt. In Augsburg sagte er bereits in der SacheMax Strauß/Schreiber aus. Er ist auch eine Schlüs-selfigur in der CDU-Spendenaffäre Kohl/Schäuble/Schreiber, die, wie der ganze LeunaKomplex, in Deutschland noch auf Aufklärungwartet.

Während Strauß Stoiber , „das blonde Fallbeil“,zu seinem Nachfolger aufbaute, ließ er Pfahls 1985zum Präsidenten des Bundesamtes für Verfas-sungsschutz in Köln ernennen.

1987 wechselte das CSU-Mitglied Pfahls auf„Empfehlung“ von Strauß als zweiter (beamteter)

Staatssekretär und direkter Vertreter derStrauß’schen Auftraggeber, der Rüstungsindustrie,ins Bundes„verteidigungs“ministerium (BMV).1988 starb Strauß. Dennoch stieg Pfahls 1989 aufzum (politischen) „Staatssekretär 1“, verantwort-lich unter anderem für die gesamte Rüstung derBundeswehr und im Ministerium zuständig fürAngelegenheiten des Bundessicherheitsrates.

Wieso stieg Pfahls ohne die Protektion vonStrauß weiter auf?

In den Jahren im Strauß-Büro mussten die po-litischen Zwillinge Stoiber und Pfahls fast jedesJahr 3 Wochen mit dem Chef an die Côte d’Azur.Sie durften allerdings nicht in der Villa des Bä-derkönigs Zwick wohnen, sondern mussten ne-benan zum Dieter Holzer.

Holzer, Geheimagent, siehe oben kannte Straußvon Waffengeschäften.

Er hatte dem Staatssekretär Pfahls seinen Kum-pel Jürgen Schrempp vorgestellt, damals Chef derDaimler Rüstungstochter Dasa und heute (abtre-tender) Chef von DaimlerChrysler.

Schrempps Chef Reuter wollte damals groß insRüstungsgeschäft, was durch die unerwartetschnelle Auflösung der „Ostbedrohung“ in Fragegestellt wurde.

Vor allem der Milliardenauftrag „Jäger 90“ warin Gefahr.

Am 12.Juli 1989 wurden Schrempp und Staat-sekretär handelseinig. Der Vertrag, der die Wei-terentwicklung des Jäger 90 (dann Eurofighter2000) vorsah, „trug die Handschrift vonSchrempp“, hieß es.

Am 16.Nov 1990 sagte Pfahls dem Personalvor-stand von Daimler zu, für Daimler tätig zu wer-den. Reuter und die zuständigen Vorstände wareninformiert. Der „Spiegel“ charakterisierte ihn als„Staatssekretär im Dienst von Daimler“. Er bleibtaber auf Wunsch seines Arbeitgebers Daimlernoch bis 1992 als Staatsekretär 1 im Ministerium.

In dieser Funktion war er 1991 auch mit derLieferung von 36 „Fuchs“-Panzern an Saudi-Ara-bien befasst. Dem umstrittenen Export musste derBundessicherheitsrat zustimmen, weil die Geneh-migung nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz er-forderlich war. Saudi-Arabien zahlte dem deut-schen Thyssen-Konzern dafür die abenteuerlichhohe Summe von 234 Millionen Dollar, umgerech-net 446,4 Millionen Mark.“ (Stern.de 21.7.2004).Die Hälfte davon floss offenbar als Schmiergeldan Holzer, Pfahls und andere, siehe Max StraussProzess, siehe aktueller Pfahls Prozess.

In Pfahls Dienstzeit fällt auch der Verkauf vonWaffen aus Beständen der Nationalen Volksarmeeder DDR (als „Beutegut“ in den Büchern der BRDgeführt) an Indonesien, wo Pfahls beste Beziehun-gen zum Staatspräsidenten und ehemaligen MBB-Mitarbeiter Habibie hatte. Die Zentrale des Rü-stungskonzerns MBB (heute Teil der EADS unterFührung von DaimlerChrysler) ist München.

Entscheidend war Pfahls auch an der Einfäde-lung des Verkaufs der Leuna-Raffinerie an den fran-zösischen Ölkonzern Elf-Aquitaine (heute Total)im Jahr 1992 beteiligt. Da war Pfahls schon beimKriegsministerium ausgeschieden, und war, wohlzum unauffälligeren Übergang zu Daimler in eineMünchener Anwaltskanzlei eingetreten.

In der Leuna Affäre geht es um EU-Subventio-nen in Milliardenhöhe, die locker gemacht wur-den, um das größte Industriewerk der DDR zu

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modernisieren, die Leuna Raffinerie „Walter Ul-bricht“ mit ca. 30.000 Beschäftigten.

Der Deal wurde unter Führung des französi-schen Elf Konzerns vom französischen Geheim-dienst 1993 erfolgreich abgeliefert, wie aus demin Frankreich in erster Instanz abgeschlossenenBestechungsprozess ausführlich bekannt wurde.Die Koordination mit Deutschland wurde demerfahrenen Geheimdienstmann Holzer (sieheoben) übertragen. Holzer setzte als Verbindungs-mann in Deutschland Pfahls ein. (Details: Kleine-Brockhoff/Schirra, Das System Leuna, rororo).

Die Bayern-Connection mit Pfahls, Holzer,Schreiber kassierte kräftig ab und bestach alle, diebei diesen Geschäften von Nutzen sein konnten.Aber als die Sache 1999 in die Medien lanciertwurde, fiel kein Schatten auf Stoiber. (Die Staats-anwaltschaft Augsburg, an Weisungen des bayri-schen Justizministeriums gebunden, hatte die Er-mittlungen im „richtigen Maß“ betrieben. Auchhierzu Details bei Kleine-Brockhoff/Schirra) ImGegenteil. Stoiber nutzte die Affäre, um seineWidersacher in der „Union“ auffliegen zu lassen(Kohl, Schäuble, Kanther, Leisler-Kiep, denStrauß-Clan u.v.a.). Stoiber wurde 2001 zum Kanz-lerkandidaten der CSU/CDU gekürt.

In Paris allerdings wurde die Leuna Affäre et-was weiter aufgerollt, und Holzers Konten-Tarn-gewirr wurde aufgelöst. Mehrere Zeugen bestehendarauf, dass Geld an deutsche Politiker geflossenist. Bisher hat sich in Deutschland noch keinStaatsanwalt gefunden, der der Sache nachgeht.

Seit 1999 war Pfahls auf der Flucht und mitinternationalem Haftbefehl gesucht. Und merk-würdig: die für den „Kampf gegen den Terroris-mus“ hochgerüsteten Polizeiapparate konnten undkonnten den auf großem Fuß lebenden „Flücht-ling“ fünf Jahre lang nicht finden! Im Jahr 2000wird Pfahls aus der CSU ausgeschlossen – wegenrückständiger Mitliedsbeiträge! Schließlich Fest-nahme in Paris im Juli 2004. Im Januar 2005 andie BRD ausgeliefert, saß Pfahls im Gefängnis –wo denn wohl? – im bayerischen Augsburg! Imdortigen Prozess sagte u.a. Kohl, der selbst tief indie Leuna/Elf-Affäre verstrickt ist, für Pfahls aus.Ludwig-Holger Pfahls wurde auf Antrag derStaatsanwaltschaft zu 2 Jahren und 3 MonatenGefängnis verurteilt und nach Anrechnung der U-Haft unter Auflagen am 1. September 2005 aus derHaft entlassen! Knapp 14 Monate hatte dieser fei-ne Herr abgesessen – dafür brummt man in Bay-ern sonst schon mal für Kirchendiebstahl

Und Stoiber hat den Daumen auf dieser Büch-se der Pandora, aus der er die Geister nach Belie-ben heraus lassen oder unter dem Deckel haltenkann. So erhält er sich den Respekt seiner „liebenParteifreunde“ und auch der SPD (die frühereSPD-Regierung in Hannover unter Schröder hat-te auch mitgeholfen) sowie einiger Bosse in denKonzernzentralen (bei Daimler, Thyssen-Kruppu.a.). Sie sind kooperativ und halten den Mund,inklusive der „Altlasten“ aus dem Strauß-Clan.Plaudern darf der Pfahls allerdings nicht zuviel.Für solche Fälle hat man, wie aus dem Fall vonUwe Barschel erinnerlich, schließlich noch Bade-wannen.

So wurde und blieb Stoiber „starker Mann“im Land.

So wurde er Staatsmann, mit „Kompetenzkom-petenz“ (Stoiber)

1.2 „Erfolgreiche Industriepo-litik“ in Bayern: erfolgreich fürwen?

Außer der schon von Strauß betrieben Konzen-tration der Atom- und Rüstungsindustrie in Bay-ern, die Stoiber weiter nach Kräften fördert, ist erdurch eine Reihe von in der Tat bemerkenswertenindustriepolitischen Aktionen hervorgetreten.Hier zwei Beispiele:

1.2.1 Die Kirch-Pleite

Schon fast vergessen ist die Pleite des Münch-ner Medienzars Leo Kirch (Premiere, Pro7-Sat1u.a.) im April 2002. Vergessen, dass der Ziehsohnvon Franz-Josef Strauß, Edmund Stoiber, vonKirch gefördert und unterstützt wurde und dafürvon Stoiber aus der Staatskasse bedient wurde.

„Die bayrische Medienpolitik stimmte er im-mer zuerst mit Leo Kirch ab. Stoiber damals: ‚Ichhabe alle diese Schritte mit Leo Kirch im Einzel-nen besprochen und auf größtmöglichen Kon-sens geachtet.“ (FAZ 10.4.2002)

Größter Kreditgeber des Kirch-Imperiums wardie Bayerische Landesbank. Die gehört zur Hälf-te dem Freistaat Bayern. Das halbe Kabinett derStoiber-Regierung sitzt im für die Kreditvergabeentscheidenden Gremium der Bank. Der ehren-werte Finanzminister Faltlhauser ist Vizechef desVerwaltungsrats (entspricht dem Aufsichtsrat).

Zwei Milliarden Euro hat diese CSU-Bank demPleitier in den Hintern geblasen. Und noch bis zu-letzt ging der famose Erwin Huber als Leiter derbayrischen Staatskanzlei zum Geldeinsammeln,damit Kirch die Rechte an der Formel 1 für grademal 1 Milliarde US-Dollar hätte erwerben können.

Die Staatsknete ist weg, verbraten. Wirtschafts-kompetenz ist also, wenn man den Reichen gibtund die Wut auf „Florida-Rolf“ lenken kann. Soeinfach ist das.

Und mit der kürzlich erfolgten Übernahme desKirch-Imperiums durch Springer, holt sichStoiber den Verlag der „Bild“, das „Sprachrohr derReaktion“, direkt an die Isar. Das nennt man Rück-versicherung, um die eigenen Affären wirksamvertuschen zu können.

Richter Maximilian Hof-meister drückt dem ebenverurteilten Holger Pfahlsfreundlich die Hand undwünscht „alles Gute“

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1.2.2. Die Hypo-VereinsbankDas Meisterstück Stoiberscher Industriepoli-

tik: Eine Bank für Bayern„Als handle es sich um eine finanzielle Trans-

aktion auf einem fernen Kontinent, so kühl, sodistanziert, so emotionslos geben sich Stoiberund seine Mitstreiter“. Da hat die FAZ richtigbeobachtet, wie der Wirtschaftsexperte und begna-dete Standortpolitiker anlässlich der Übernahmeder Hypovereinsbank1 durch die Unicredito malwieder auf Tauchstation geht.

Dass er das für nötig hält, liegt an einer geradevon Stoiber immer wieder aufgestellten Behaup-tung: Konjunktur oder zumindest lokaler Boomkann durch eine entsprechende Politik herbeige-führt, gemacht werden. Wer das behauptet, musssich natürlich die Frage stellen lassen, warum danngerade der von ihm eingefädelten „Superregional-bank“ nach Wertberichtigungen(netter Bankaus-druck für Verlust) von über 6 Milliarden Euros in3 Jahren das Wasser bis zum Hals steht? Hat dajemand was falsch gemacht? Oder kann die Poli-tik gar nicht an gegen die Macht der (natürlichglobalen) Ökonomie? Diese Frage stellt sich auchin Bayern immer häufiger, vgl. auch die Entlassun-gen bei Siemens, Infineon, Allianz & Co.

Im Fall der Hypo- Vereinsbank war eine Achsezur Politik die 1972 gegründete staatseigene Lan-desstiftung, die aus ihrem Vermögen soziale Pro-jekte fördert sowie die Forschungsstiftung. Stif-tungsratsvorsitzender Stoiber – in dieser Funkti-on hat Stoiber persönlich den Vermögensverlustvon 1,2 Milliarden Euro (Landesstiftung) und 200Millionen Euro (Forschungsstiftung) zu vertreten.Die Landesstiftung erwarb – trotz Mahnungensogar des Bayerischen Rechnungshofs – aus ihremVermögen 27 Millionen Aktien der damaligenBayerischen Vereinsbank. Dafür gab es einenAufsichtsratsposten, den bis 1995 der Ministerprä-sident persönlich einnahm. Inzwischen sind dieAktien nur noch einen Bruchteil des damaligenEinkaufspreises wert. So sehen soziale Projekte inBayern aus. Seit 2003 erhält die einstmals fetteLandesstiftung Zuschüsse aus dem Staatshaushalt,um überhaupt noch Projekte fördern zu können.

Das andere „Schmuckstück“ der bayerischenBankenlandschaft, die Bayernhypo, überfraß sich

derweil auf einem anderen Terrain: Bankenbetei-ligungen in den ehemals sozialistischen Ländern.Und inzwischen wütete die „Globalisierung“ inForm der Landnahme (im wörtlichen Sinne) imOsten. Die staatseigene Landeswohnungsbauge-sellschaft (LWS) ging voran und verlor dabei 250Mio. Euro sowie den Justizminister (Alfred Sau-ter). Die Bayernhypo, die für alles Mögliche zuhaben war (z.B. bayerischen Geheimdienstlern zigMillionen für ein fingiertes Plutoniumankaufge-schäft zu leihen) finanzierte 60% aller Immobili-enkredite in der einverleibten DDR. Viele Kredi-te wurden „notleidend“. Für die Bank kam sonach dem Fressen das Kotzen.

1998 übernahm dann die Bayerische Vereins-bank die schwächelnde Hypo. Stoiber ließ sich als„Chefeinfädler“ feiern: Er habe mit „der Superre-gionalbank, die gleichzeitig Europas größterImmobilienfinanzierer ist“ das Fundament ge-legt, dass München neben einem Versicherungs-platz nun auch zu einem Bankplatz werde. Erhabe verhindert, dass andere „den BankenplatzBayern anders bestimmen könnten, als wir daswollen“. Gemeint war damit die Deutsche Bank,wie man der FAZ vom 13.6.2005 entnehmen ist.Stoiber sei „elektrisiert“ (!) gewesen, als er erfah-ren habe, dass die Deutsche Bank die BayerischeVereinsbank als strategisches Investment ins Vi-sier genommen habe. Um diese wohl als feindlichgewertete Übernahme abzuwehren. Stoiber bestä-tigt, dass er sich dann mit den Vertretern derMünchner Rück und Allianz (die neben dem baye-rischen Staat Großaktionäre waren) zusammenge-setzt habe ...

Nachgeholfen wurde u.a. mit einem trickrei-chen Steuererlass (keine Kapitalertragsteuer), denStoiber, Wiesheu und der damalige FinanzministerErwin Huber für diesen Fall verabredet hatten. DerFreistaat verzichtete damit auf 5 Milliarden Mark,die Konkurrenz aus Frankfurt pries, nicht ganzohne Ironie „die Steuerpolitik nach bayerischerArt“ als „genialen Coup“ Aber „wir leben haltin einem anderen Bundesland“ maulte der da-malige Chef der Deutschen Bank Rolf Breuer.

Den Mitgliedern des bayerischen Kabinettswurde erklärt, die Fusion würde scheitern, wenndie 5 Milliarden nicht hergegeben würden.

Doch bei diesem Verlust blieb es nicht. Mit denErlösen aus der Privatisierung von Staatsvermö-gen wurden das Geld für die Stiftungen aufge-stockt und weitere Aktien der Regionalbank ge-kauft. Ende 2001 war man dann bei den bereits ge-nannten 1,2 Milliarden Euro. Doch ab 2003 konn-te die Superregionalbank keine Dividende mehrbezahlen, der Kurs ging rapide nach unten.

Durch die Fusion mit der Unicredito werdenmindestens 1800 Angestellte ihren Job verlieren.Die könnten doch die Ausfälle kompensieren, in-dem sie im Rahmen eines Arbeitsdienstes die Ju-gendarbeit machen und Stoiber ein Denkmal vordie Staatskanzlei stellen.

Da Stoiber auf Tauchstation ist und das Kabi-nett dann nicht weiß, was es denken soll, geht esmittlerweile zu wie auf dem Hühnerhof. Wirt-schaftsminister Wiesheu macht offen Stimmunggegen das Übernahmeangebot der Unicredito(„Angesichts der vorliegenden Zahlen wird sichjeder sehr genau überlegen, ob er seine Aktienwirklich tauschen will“), Finanzminister Faltlhau-ser, der über die Stiftungen herrscht (die zusam-

Karikatur von Hans Picard

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men knapp 4% der HVB Aktien halten) unter-stützt die Übernahme und wird wohl tauschen, dieauch in den Stiftungsräten sitzende SPD-Opposi-tion mault „Die sollten sich mal besser abstimmen“(Kaiser und Schieder nach SZ 30.9.05). Am 5.10.geben die Stiftungen bekannt, dass sie das Ange-bot annehmen.

Und der Großaktionär, die Münchner Rück mitihren 18%, überlegt, welchen Hebel sie mit den6,3%, die sie dann an der fusionierten Unicredithält, in Europa, insbesondere in Osteuropa, anset-zen kann (vgl. dazu z.B. FTD vom 5.8.2005).

Zusammenfassung von Teil 1:Stoiber ist der Sprecher der reaktionärsten,

aggressivsten, am meisten imperialistischen Krei-se des Monopolkapitals, wie Strauß vor ihm, egalob am Kabinettstisch oder nicht.

2. Das Wirtschaftsprogrammder Reaktion

Fragen:– Was werden die Hauptangriffsziele der näch-

sten Regierung sein?– Reaktionäre Attacke gegen die Lohnabhängi-

gen wird vorbereitet. Was im Detail?– Verteidigungspositionen aufbauen. Welche

haben Vorrang?– Wie kommen wir aus der Defensive?

Um aus dem Wahlkampf- und Koalitionsgetö-se heraus zu filtern, wo und wie der Hauptangriffkommt, lohnt es sich zu erinnern, wie die SPD andie Regierung kam und woran sie gescheitert ist.

Die neue Regierung wird mit ihrem Programmversuchen müssen, diese Probleme unter den ge-gebenen Verhältnissen aufzulösen.

2.1. Aufstieg und Kapitulation der SPD2.1.1. Soziale Marktwirtschaft bis 1990

Bis 1990 regierte in Deutschland die CDU/CSU, wenn es nicht gerade Strukturprobleme wieim Kohlebergbau gab. Allerdings wurden die Kon-servativen in Deutschland häufig als eine sozial-demokratische Variante des Konservativismusbezeichnet. Wie kam das?

In Deutschland herrschen bekanntlich ca.1000 Personen, jede mit mehreren hundert Mil-lionen Euro Kapitalbesitz. Dazu kommen ca.10.000 Personen Familie und Hofstaat (Topma-nager, Drahtzieher). Von den 1.000 wieder ha-ben die ca. 50 reichsten Familien einen Besitzvon je über einer Milliarde Euro (1.000 Millio-nen!). Ohne diese 50 mächtigsten Familien gehtnichts in Deutschland. Sie beherrschen die gro-ßen Firmen und Banken, von denen die kleine-ren abhängig sind. Diese 1.000 – 10.000 Groß-kapitalisten mit dem Kern der mächtigen 50 bil-den die deutsche Monopolbourgeoisie oder Fi-nanzoligarchie, im Gegensatz zur nichtmonopo-listischen Bourgeoisie und zur Kleinbourgeoi-sie (vgl. KAZ 291).

Sie sind nach dem verlorenen Krieg 1945 alsVerbündete der USA gegen das erstarkte soziali-stische Lager wieder hochgekommen.

Ihr Ziel war aber niemals, zu amerikanischenMarionetten in der Art eines philippinischenMarcos herabzusinken.

Das Ziel blieb das gleiche wie nach dem verlo-renen 1. Weltkrieg: Revanche!

1. Zurückholen der verlorenen Reichtümer imOsten Deutschlands. Wiederaufbau der Profitma-schine, Werke, Banken, Versicherungen. 2. Wie-deraufbau der Position als selbstständige Macht,d.h. auch eines eigenen Machtapparats, ohne denim Imperialismus nichts geht. 3. Wiedereintritt inden Kampf um die Ausbeutung des Globus und dieNeuaufteilung der Welt unter die Monopolgrup-pen und imperialistischen Länder.

Mangels militärischer Macht musste aber zu-nächst nach 1945 das erneute Eindringen in inter-nationales wirtschaftliches Territorium durchgünstigere Angebote ausgeglichen werden, sei esdurch niedrigere Preise oder auch durch überle-gene Technologie.

Den Regierungen der 50er bis 80er Jahre ge-lang es, einerseits die amerikanischen Imperiali-sten interessiert zu halten an einem einigermaßenstarken Westdeutschland an der Front zum sozia-listischen Lager, eingebunden in eine europäischeKonstruktion (EWG), andererseits die französi-schen Imperialisten zu interessieren, mit denDeutschen einen Block gegen die Amerikaner zubilden. So finden wir in den Parteien immer wie-

– Fonds sind Geldanlagegesellschaften. Immobilienfonds sammeln Geldund investieren gegen eine „kleine“ Managementgebühr in Immobi-lien, nach den Regeln für Immobilienfonds. Aktienfonds machen dasgleiche mit Aktien. Rentenfonds investieren in sog. Rentenpapiere,d.h. festverzinsliche, z.B. Bundesschatzbriefe und andere Staatspa-piere.

– Hedgefonds spekulieren mit allem. Sie unterliegen keiner Kontrolle.Die deutschen Finanzkonzerne wollten einerseits auch mitspielen (vorallem die Deutsche Bank) um die fetten Gebühren bei diesen Geschäf-ten nicht den anderen zu überlassen.

– Größter deutscher Investor in Deutschland ist allerdings die Allianz,insgesamt 1.000 Mrd. Euro (eintausend Milliarden Euro!) verwalte-tes Kapital.

– Financal Times Deutschland (FTD) 15./16./17. April 2005: Finanzinve-storen haben in den letzten Monaten mehrfach Interesse an Paketenvon Daimler bei der Deutschen Bank (mit 10.4% größter Aktionär) undKuwait (7,2%) angemeldet. 2004 hat KKR Celanese (ehem. HöchstChemie) gekauft, sonst v.a. riesige Wohnanlagen und Familienfirmen.

– 25.4. FTD Cerberus prüft Kauf von Gerling (Versicherer der Groß-v.a. Chemieindustrie)

– in denselben letzten Monaten fängt Münte an, gegen Heuschrecken,d.h. USA-fonds, (nicht deutsche!=AllianzNo1)

– Mai 05 UK-Hedgefonds hindern D-Börse am Kauf der UK Börse Lon-don Stock Exchange

– 17.05 FTD: Regierungskreise prüfen Kontrolle, evtl. „freiwilliger Ko-dex“

– 19. Mai Handelsblatt: Chef der Allianzfonds-Holding „Allianz Glo-bal Investors“ (Unter den 10 weltgrößten fonds) Joachim Fabersagt, dass Hedgefonds in Deutschland stärker kontrolliert werdenmüssen.

– FTD 20. Mai: Chef der Bundesanstalt für Finanzaufsicht (BaFin) JochenSanio fordert schärfere Kontrolle der Hedgefonds: „Regulierung musssein“.

Müntefering macht sich lächerlich mit derKritik der USA-Hedgefonds oder: Über die

Nationalität der „Heuschrecke“

1 Die Hypovereinsbank (HVB)wurde 1998 als Zusammen-schluss der Bayerischen Vereins-bank mit der Bayerischen Hypo-theken- und Wechselbank (Bay-ernhypo) gegründet.

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der „Transatlantiker“ (pro Amerika) und „Euro-päer“ (pro Frankreich).

Mit der EU haben sich die deutschen Imperia-listen im Bündnis mit einem Teil der französi-schen Imperialisten eine zunehmende Unabhän-gigkeit von den USA erworben (z.B. FusionHoechst-Rhone Poulenc erst zu Aventis, dann zuSanofi).

Zur Zusammenarbeit mit den anderen Impe-rialisten und gleichzeitiger Spitzenmodernisie-rung der Industrie war Ruhe an der Heimatfrontangesagt.

Dazu wurde ein Burgfrieden mit der nichtmo-nopolistischen Bourgeoisie („Mittelstand“) undden bessergestellten Arbeitern und kleinen Ange-stellten (als Klassenbasis der Sozialdemokratie)geschlossen, der als „soziale Marktwirtschaft“bekannt wurde.

Es waren in der Regel die kleineren Betrie-be, und deren Arbeiter, die das Entwicklungsri-siko für neue Technologie trugen. Wenn’s klapp-te, wurde die neue Technik dann vom Großkon-zern übernommen. Eine technologisch gut aus-gebildete Arbeiterschaft (inkl. Ingenieure undBüroarbeiter) lieferte die gewünschte gute Qua-lität, gegen etwas Beteiligung am Erfolg, die inden 60er Jahren nach den Jahren des starkenProfitwachstums unter guten Kampfbedingun-gen durchgesetzt werden konnte. Zu den gutenKampfbedingungen zählte auch das noch starkesozialistische Lager. Zum Lebensstandard ge-hört natürlich auch das Überleben im Fall vonKrankheit, Arbeitslosigkeit, und Alter, also diesoziale Absicherung.

Soziale Sicherheit eingeschlossen war der Le-bensstandard bei uns im internationalen Ver-gleich der imperialistischen Länder bis 1990 so-gar hoch. Die Rolle der Reservearmee zum Drü-cken der Löhne spielten weitgehend die Arbeits-emigranten, die mit restriktivem Ausländerrechtbis heute in einer Position der Verfügbarkeit„just in time“ gehalten werden. Der Burgfriedenmit der Sozialdemokratie galt unter der Bedin-gung des strikten Antikommunismus. (siehe Ar-tikel „Um uns müssen wir uns selber kümmern“in dieser KAZ S. 19)

Unter diesen Umständen etablierte sich inunseren Gewerkschaften wieder, wie in den wirt-schaftlich relativ guten Jahren der Jahrhundert-wende um 1900, und in den 1920er Jahren eineArbeiteraristokratie, die die Forderungen der

Arbeiterklasse in diesen günstigen Kampfbedin-gungen in Grenzen hielt, und sich mit den Im-perialisten in ein Boot setzten. Ihr Hauptargu-ment ist immer das gleiche: ob Nationalismus,ob Sicherheitsgesetze, ob Lohn, ob Sozialgeset-ze: „Wir sitzen alle in einem Boot. Wenn es derWirtschaft (den Großkapitalisten) gut geht, danngeht es uns gut.“

Diese Arbeiteraristokraten erhielten einengrößeren Teil des Kuchens. Jedes Gewerk-schaftsmitglied kannte und kennt sie, lange be-vor man Volkerts und Co. über die Klinge sprin-gen ließ.

Strukturkonflikte (Kohle, Stahl, Bildungskrise)wurden mit dem politischen Arm der Arbeiterari-stokratie, der SPD, gemeistert, die sich mit demGodesberger Programm offen zu einer für dasGroßbürgertum zuverlässigen Partei vonSozialanpassungsingenieuren entwickelte.

2.2. „Aufgaben“ nach der Aufspren-gung der SU:

Nach der Aufsprengung der Sowjetunion ab1990 verändert sich die Lage:

Die Konzerne brauchten jetzt jede Mark, jedenEuro, und zwar Milliarden davon, für den Kampfum die Neuaufteilung des „Ostens“, der Länder,die einmal in das Bündnissystem der UdSSR ein-bezogen waren. Denn natürlich gilt für Konzernedas Gesetz des Kapitalismus: Entweder mehr Pro-fit anhäufen als die anderen, und diese damit fres-sen, oder gefressen werden.

Den Monopolkapitalisten war klar: Wenn diedeutschen Konzerne jetzt nicht endgültig aus demWindschatten der amerikanischen Monopole her-auskommen, sacken die Amerikaner die Beute(und was für eine Beute!) ein, und die deutschenKonzerne werden geschluckt.

Also eine Lebensfrage – für das deutsche Mo-nopolkapital.

Die neue Aufgabenstellung 1990 für die deut-sche Monopolbourgeoisie lässt sich mit 3 Haupt-aufgaben beschreiben, die die Regierung als ihrgemeinsamer Ausschuss zu lösen hat.1. Imperialistische Bündnispolitik: Der stärkste

Gegner bei der Neuaufteilung der Welt sind dieUSA, in der Regel im Bündnis mit Großbritan-nien. Dagegen wird die verstärkte Zusammen-arbeit mit Frankreich gesucht. Der Verkauf vonLeuna (s.o. Pfahls) war gewissermaßen dasFaustpfand; besser vielleicht der Vorschuss,noch dazu aus EU-Kasse bezahlt, für den manDankbarkeit fordert und der französische Po-litiker auch erpressbar macht (schließlich wa-ren eine ganze Reihe bekannter Größen desfranzösischen Establishments, nicht zuletzt derdamalige Präsident Mitterand, in diese Affäreverstrickt).

2. Auffüllen der Kriegskasse: Das Besetzen vonPositionen in Mittel- und Osteuropa bringtnicht immer sofort Gewinn. Das Volk mussVorschuss für den Profit der Konzerne bezah-len. Das Bündnis mit der nichtmonopolisti-schen Bourgeoisie wird in Frage gestellt.

3. Ruhe und Ordnung: Die Arbeiterklasse mussdie Hauptlast tragen, soll aber so gut wie mög-lich ruhig gehalten werden. Die Kleinbürgerwerden mit Nationalismus und Hoffnung aufAnteil an der Beute ruhiggestellt.

Wir kämpfen für den Frie-den!

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Vorläufiges Ergebnis 2005

Zur Hauptaufgabe 1 der Regierung: Imperia-listische Bündnispolitik:

Der Kampf um die Ressourcen der ehemaligeSU ist im vollen Gang, die deutschen Imperiali-sten haben sich wichtige Positionen (z.B. bei Gaz-prom) erkämpft, aber der Widerspruch mit denanderen Imperialisten, v.a. aus den USA, verschärftsich (z.B. weil Yukos nicht an einen US-Konzernverkauft werden durfte).

Die DDR ist einverleibt, die imperialistischeKonkurrenz ist mit etwas Zugeständnis an Bünd-nispartner Frankreich (Leuna) abgeschlagen.Der deutsche Imperialismus ist führend imKampf um die Hegemonie in Kontinentaleuro-pa, aber hat noch nicht gesiegt. Die neue Bour-geoisie in Osteuropa wehrt sich z.T. und suchtdas Bündnis mit anderen Imperialisten, v.a. denUSA (z.B. Irak-Frage).

Zur Hauptaufgabe 2 der Regierung: Kriegs-kasse:

Steuermilliarden sind geflossen an die Sie-mens, Daimler, Allianz, BMW, usw. Die Real-löhne wurden seit 1990 eingefroren, d.h. Ver-hältnis Profit/Lohn ist stark angestiegen. Öko-nomisch ausgedrückt: Der Ausbeutungsgrad iststark gestiegen; der Anteil, den wir von unsererArbeit zum Leben bekommen, ist stark gesunken.Dazu gehört auch der Teil, den wir für uns alsKlasse insgesamt erstritten haben, die Sozialver-sorgung, d.h. Krankenkassen, Arbeitslosen- undRentenversicherung.

Die Sozialkassen wurden um Milliarden ge-plündert.

Der Abbau der Kaufkraft im Inneren wirddurch Steigerung des Exports abgefangen, vor al-lem für die Großunternehmen und einige ihrerZulieferer.

Die Steuereinnahmen sinken natürlich, und eszeigt sich wieder, dass auch eine monopolkapita-listische Wirtschaft sich nicht planen lässt, undkrisenhaft wie eh und je ist.

Deshalb weiter zur Ruhe und Ordnung.Zur Hauptaufgabe 3 der Regierung: Ruhe und

Ordnung:Kohl brachte nach dem Einigungsvertrag im

Sinn dieser Aufgabenstellung nichts richtig vor-wärts. Beim Kernstück des Bündnisses mit Frank-reich, der Übernahme der Leuna/Minol-Gruppedurch die französische Elf, zeigten sich KohlsLeute als verwundbar. Es kam zum Spendenskan-dal, Kohl/Schäuble wurden unglaubwürdig ge-macht, eine Aufdeckung der wahren Dimensiondes Skandals musste verhindert werden, die CDUmusste abtreten. Die Stunde der Schröder/FischerRegierung konnte kommen. (s. oben Pfahls/Hol-zer/Leuna)

Zunächst wurden die Ruhe- und Ordnung- Auf-gaben von ihnen zufriedenstellend im Sinn derMonopolbourgeoisie angefasst, und sie erhieltenentsprechendes Lob.

Die sozialdemokratische Arbeiteraristokra-tie konnte sich als soziale Stütze der Monopol-bourgeoisie in der Arbeiterklasse bewähren mitdem Motto: „Die Zeiten sind hart, alles mussgeteilt werden“, alles, auch das letzte Hemd, d.h.die Arbeitslosenunterstützung, mit einer klei-nen, bescheidenen Ausnahme: den Monopolpro-fiten.

Die Zeiten seien hart, wurde uns vorgeschleimt,a) weil wir die Brüder und Schwestern im Osten

durchfüttern müssen (deren Land unsere Kon-zerne eingesackt haben, deren Volk sie abernicht beschäftigen können).

b) weil wir unter der Globalisierung leiden (weilunsere Konzernherrn in den offenen Konkur-renzkampf mit dem US-Imperialismus auf denWeltmärkten getreten sind).Die Grünen bewährten sich als neue Stütze des

Monopolkapitals in der Kleinbourgeoisie, der sieeine neue und anti-amerikanische Spielart desNationalismus vermittelte.

Während der deutsche Imperialismus 1914„den russischen Arbeiter vor dem grausamen Za-renregime befreien“ musste, waren es jetzt die„Balkangräuel“, die „unser“ Eingreifen erforder-ten. Als „Menschenrechtsimperialismus“ habenwir das damals bezeichnet.

Mit den Auslandseinsätzen der Bundeswehrwurde ein Tabu gebrochen, das die CSU/CDU sonicht gewagt hatte, anzufassen. Der deutsche Im-perialismus hat sich mit SPD/Grün als militärischgleichwertig mit Frankreich und Großbritannienetabliert, und kann in einer europäischen Forma-tion die Hegemonie anstreben und die USA her-ausfordern.

Am Ende der ersten Wahlperiode wurde denBourgeoispolitikern vom Steuermann bis zumLeichtmatrosen aber unmissverständlich vermittelt:

Entrechtung und Ausbeutungsverschärfung imInneren gehen nicht schnell genug voran! Deutsch-land (d.h. die deutsche Monopolbourgeoisie) gerätins Hintertreffen! Es waren auch interne Problemezunächst vor allem beim Schlucken der DDR ent-standen, die die CDU/SPD nicht lösen konnte, wiesich z.B. an der relativen Stärke der PDS zeigt.

Schröder und Fischer erhielten knapp eine 2.Chance, mit dem Programm, die Politik der Ver-schärfung besser zu verkaufen als Stoiber.2

Zusammengefasst: Stand 2005Die deutsche Finanzoligarchie hat den histo-

rischen Kompromiss der „sozialen Marktwirt-schaft“ aufgekündigt. Ihr ist es gelungen, alsselbstständiger Imperialismus vor allem unterder Fahne der EU und im Bündnis mit den fran-zösischen Monopolkapitalisten ihren Anteil beider Neuaufteilung der Welt zu vergrößern. Wirhaben es bezahlt.

2 Die bürgerlichen Medien, die die„öffentliche Meinung“ steuern,sind ein guter Indikator für dieInteressen bzw. Taktikvorschlä-ge der Monopolbourgeoisie. DieMedien gehören direkt den Groß-bourgeois, wie Bertelsmann undSpringer, oder werden von ihnenkontrolliert wie ARD und ZDFdurch Rundfunkrat, Gebührenzu-teilung etc. Sie erhalten die rich-tige Einstellung vermittelt durchdie Berater der 50 Mächtigen,sowie durch die Verbände derBündnispartner der Monopol-bourgeoisie wie IHK. Dies ge-schieht hinter mehr oder weni-ger verschlossenen Türen z.B.bei der Bertelsmannstiftung u.ä.„informellen Kreisen“. Insofernspiegelt das Wahlergebnis wie-der, wie die Politiker sich ver-kaufen, im doppelten Sinn desWortes.

Pierer (Aufsichtsratsvorsit-zender von Siemens): „JedeRegierung muss die Profitesichern!“

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2.4.Hausaufgaben für die nächsteRegierung des Monopolkapitals: DasProgramm der Reaktion

Das Ergebnis der 2. Regierung Schröder/Fi-scher aus Sicht der deutschen Monopolbourgeoi-sie zeigt, wo von Merkel/Stoiber Verbesserungenerwartet werden. Entsprechend wird bei der Re-aktion am Programm gestrickt.

Hauptaufgabe 1. Imperialistische Bündnis-politik– SPD/Grüne: Note der Großbourgeoisie: aus-

reichend bis mangelhaft, je nach Sicht der In-teressen. Es scheint einen Block um die Alli-anzgruppe zu geben, mit der Chemieindustrieund den hauptsächlich an Expansion im Osteninteressierten Versorger E.on zu geben, der dieUSA-distanzierte Politik der Schröder/FischerKoalition gutheißt, und die Hegemonie in derEU mit französischer Unterstützung sucht. Einanderer Block des Monopolkapitals sucht eherdie Expansion, nicht mehr so sehr im Wind-schatten, sondern in Partnerschaft auf „gleicherAugenhöhe“ mit den USA.

– Dieser andere Block der Monopolbourgeoisieum Siemens und Deutsche Bank mit Daimlersind nicht zufrieden mit den Spannungen zuden USA. Ersatzgeschäfte für Siemens inFrankreich, z.B. der Alstom- Deal, d. h. Welt-Monopol im Eisenbahnbau, kommen nichtvoran. Bei EADS hat Daimler Probleme mit denfranzösischen „Partnern“. Auch das Russland-und Chinageschäft ist trotz eifriger Zusammen-arbeit mit Chirac nicht gelöst. FrankreichsBourgeoisie kommt unter Druck. Chiracs Kon-kurrent in Frankreich, Sarkozy, mobilisiert dieantideutsche französische Monopolfraktion imBündnis mit Kleinbürgern gegen das französi-sche Bündnis mit Deutschland. Die DeutscheBank kommt in Fusionsgesprächen mit derCiticorp, der größten Bank der Welt, nichtweiter, obwohl Schröder persönlich zu derenChef Sandy Weill geschickt wurde. DaimlerCh-ryslers Schrempp muss selbst zur USA-Regie-rung fahren. Er ist der erste deutsche Geschäfts-mann, der nach dem „Irakproblem“ bei Bushempfangen wurde.Programm der Reaktion.Mehr Einfluss für Daimler, Deutsche Bank und

Siemens und ihre USA-orientierte Gruppe durchChefberater Heinrich von Pierer (Aufsichtsrats-vors. von Siemens, Mitglied des Aufsichtsrats derDeutschen Bank, die Großaktionär von Daimlerist. Pierers Nachfolger als operativer Chef vonSiemens, Kleinfeld, wurde in den Aufsichtsrat derCiticorp gewählt.).

Bei der EU will man etwas mehr auf Blair set-zen, und der EU Kommission Kompetenzen abneh-men, um die Franzosen zurückzudrängen.

Gelöst wird dadurch natürlich kein einzigesProblem, im Gegenteil.

Die Spannungen zwischen den Monopolgrup-pen in Deutschland und die Gegensätze der deut-schen Imperialisten mit den anderen Imperialistenwerden so weiter zunehmen. Die amerikanischenKonzerne haben nichts zu verschenken, die fran-zösischen ebenso wenig und suchen neue Bünd-nispartner.

Konkrete Widersprüche zwischen den deut-schen und den anderen Imperialisten:– Wird das Energie-Bündnis mit den französi-

schen Imperialisten halten (Total macht in Öl,Eon/RWE/BASF in Gas)? Platzt EADS, undder Daimler-Traum vom europäischen Rü-stungskonzern unter deutscher Hegemonie?

– Werden die USA einen deutschen „Beitrag“ fürden Irak verlangen? Wie viele Milliarden?

– Werden sich die USA für die Mitarbeit erkennt-lich zeigen, oder wie nach dem Machtwechselin der Ukraine sagen: (Außenministerin Rice):„Das war eine gute Zusammenarbeit, jetzt küm-mert sich jeder um seine eigenen Geschäfte“.

– Kompromiss mit GB, Blair, auf Kosten vor al-lem der französischen Bauern. Der EU Haus-halt hat 106 Mrd. Euro, davon gehen in dieLandwirtschaft 49,1.Mrd. Euro. Bruttobeitrags-zahler in Mrd. Euro: D 21, F 17, I 14, GB 12Mrd. (Nettobeitragszahler: D 7,65, GB 2,76, NL1,96 Mrd.). In Deutschland gibt es zwar nurnoch 0,9 Mio. in der Landwirtschaft Beschäf-tigte. Aber die Großgrundbesitzer, die von denSubventionen profitieren, haben in der CSU/CDU eine starke Lobby.

– Manövriert sich das deutsche Monopolkapital,zu kurz gekommen und deshalb besonders ag-gressiv, wieder in die Position dessen, derglaubt, er schafft die Weltherrschaft ohne dieBündnispartner Frankreich oder USA? Wie1913 und 1938?Unsere Verteidigungsposition kann nur sein:Keinen Mann und keinen Cent für keinerlei

Krieg des deutschen Imperialismus. Weder umsich (noch) im Windschatten der USA noch (schon)in dem der UNO oder der EU aufzurüsten. WederEuropa der Reaktion, noch Bündnis mit den USAzur Unterdrückung der Unabhängigkeit andererVölker.

Unsere Perspektive: Nur in einem Deutsch-land, in dem die Monopolbourgeoisie entmachtetist, kann dann auch nicht-imperialistische Außen-politik gemacht werden, mit der Aussicht auf einefriedliche Entwicklung. Nur ein sozialistischesDeutschland kann ein Freund der Völker werden.

Hauptaufgabe 2 Kriegskasse: Das Volk musszahlen

Ergebnis SPD/Grüne: Note der Großbour-geoisie: befriedigend bis ausreichend. Reallohnpro Beschäftigter gesenkt, Beschäftigte pro Um-satzeinheit abgebaut, Profit für die Expansion

1. November 2003, Demo inBerlin gegen Agenda 2010.

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nach Osten wurde frei. Lohnstückkosten im Ver-gleich zu den imperialistischen Konkurrenten ge-sunken. Gleichzeitig Abbau der Sozialkosten fürdie nicht Beschäftigten, d.h. Arbeitslosen, Kran-ken, Alten.

Mindestens 50 Milliarden Steuersenkungen fürdie Konzerne, z.B. durch Abschaffung der Steuerauf Verkauf von Tochterunternehmen. Anerkanntvon der Monopolbourgeoisie wird der Generalan-griff auf den Lebensstandard der Arbeiterklasse mitAgenda 2010. Durchführung aber mangelhaft.

Programm der ReaktionDer Wirtschaftsrat, die Organisation der Un-

ternehmer in der Union, gibt den Takt vor. Wich-tige Mitglieder dort sind Merz (CDU) und Glos(CSU). Der Vorsitzende Kurt Lauk fasst das Pro-gramm zusammen: „Wir können uns die gesamtenSozialgesetze nicht mehr leisten“. Die gesamten!D.h. Angebot an die Monopolbourgeoisie: StattAgenda Kahlschlag!

Das wichtigste ist im 10-Punkte-Programm desWirtschaftsrats:1. Steuerlast der Unternehmen senken: Entlastung

für alle, sofern sie Kapitalisten sind. Für die ca.1 Million nichtmonopolistische Bourgeoiswird allerdings weniger abfallen als für die1.000 Monopolkapitalisten wegen der Subven-tionskürzungen, die ja nicht für die Daimlersgedacht sind.

2. Mehrwertsteuer rauf: Belastung für alle 80Millionen Nichtkapitalisten. Die nichtexpor-tierenden Kleinkapitalisten werden die Erhö-hung nicht weitergeben können. Deshalb Auf-schrei bei Fürst Solms und LeichtmatroseWesterwelle.

3. Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes:Ziel Entmachtung der Einheitsgewerkschaft.Gesetz zur Zulassung von Betriebstarifen.

4. Kein Kündigungsschutz bei Neueinstellungen.Erst bei Betrieben bis 20 , dann in zwei Jahrenfür den Rest. Also Wegfall auf Zeit. Fauler Spal-tungsversuch

5. Budget für Bundesagentur für Arbeit kürzen.Beitrag zur Arbeitslosenversicherung von6,5% auf 3%, Leistungen kürzen.

6. Pauschalprämien für Kranken/Pflegeversiche-rung, Leistungen kürzen

7. Neuverschuldung Bund, Länder und Gemein-den bis 2010 auf 0 bringen. Ausgabenstopp. (InEngland wurde unter Thatcher 16 Jahre keineöffentliche Schule auch nur neu gestrichen!)

8. Infrastrukturinvestitionen durch Public Priva-te Partnerships (PPP). Also Privatisierung vonStraßen, öffentlichem Verkehr, Krankenhäu-sern, Schulen, Polizei (Wer Sicherheit will,zahlt den privaten Sicherheitsdienst), Gefäng-nissen, letzte Idee (keine Satire!) private Ge-richtsvollzieher. Es gibt keine öffentliche Auf-gabe, die nicht privatisiert werden kann, wiedie USA zeigen: Auch Krieg und Folter lassensich an private Firmen out-sourcen, die damitverdienen.

9. Atomenergie wiederaufbauen. Weniger Atom-stromimporte aus Frankreich.

10.EU Kommission Kompetenzen abnehmen; dieEU muss (noch) industriefreundlicher, vor al-lem deutsch-industriefreundlicher werdenUnsere VerteidigungWie bei Thatcher in England in den 80er Jahren

geht der Hauptangriff auf die Gewerkschaften. Sind

erst einmal die Gewerkschaften kampfunfähig, kanndie Arbeiterklasse ausgepresst werden wie die be-rühmte Zitrone. Durch Verlust des Klassenbe-wusstseins kampfschwach und durch Korruptionder Arbeiteraristokraten mit breiten offenen Flan-ken stehen unsere Einheitsgewerkschaften als loh-nende Ziele im Fadenkreuz der Reaktion.

Deshalb rein in die Gewerkschaften. Kein Frie-den mit Regierung und Kapital. Kampf den kor-rumpierten und klassenversöhnlerischen Elemen-ten mit ihrem Credo der Sozialpartnernschaft.

Unsere PerspektiveErst wenn das Proletariat wieder bewusst als

Klasse auftritt, organisiert durch die Kommunisti-sche Partei, können wir die Defensive überwin-den und den offensiven politischen Kampf suchen,nämlich um die Macht im Staat.

Hauptaufgabe 3: Ruhe im LandErgebnis SPD/Grüne: Note der Großbour-

geoisie: Nach guten Ansätzen völliges Versagen inder Umsetzung. Anerkennung bekam Schrödervon den Monopolen für die Popularisierung derIdeologie des „So geht’s nicht weiter mit Löhnen

„Ohne Vertrauen kein Auf-schwung“ – Horst Köhlernach seiner Rede vor demapplaudierenden Publi-kum, links Martin Kanne-gießer, Chef des VerbandsGesamtmetall, rechts Ar-beitgeberpräsident DieterHundt.

Quo vadis Bavariae?

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und Sozialleistungen inDeutschland, wir stehen kurzvor der Katastrophe“ (in einemder reichsten Länder der Welt!)

Für Schröder war nach derverlorenen Wahl in NRW klar,dass er versagt hatte. Selbst imKernland der SPD hatte seineMannschaft die Glaubwürdig-keit verloren, und damit dasPfund, mit dem man bei denHerren wuchert.

Programm der ReaktionStoiber-Merkel setzen auf

das bewährte Motto der Reak-tion: „Wer nicht dumm genugist, uns zu glauben, ist frech undbekommt ein’s auf die Schnau-ze:“ Das Maximalprogramm desWirtschaftsrats lässt sich offennicht durchsetzen.

Im ersten Schritt wird gelo-gen, dass sich die Balken bie-gen. Das Kurzprogramm derCDU (im Internet: Wahlpro-gramm CDU: www.regierungs-programm.de) fängt gleich gutan: „Zu Recht sind viele Men-

schen in unserem Land enttäuscht – Sie habenmehr verdient!“. Mehr Enttäuschung wohl!

„Die Union will im Falle eines Wahlsiegs Ge-winne aus dem Verkauf von Beteiligungen wiederbesteuern“. Eichel hatte die Steuerfreiheit 2000eingeführt. Das war vor allem von Deutscher Bankund Allianz gefordert worden. „Es war ein Kurs-feuerwerk der Extraklasse. Als vor Silvester 2000allmählich durchsickerte, dass der Finanzmini-ster plane Gewinne von Kapitalgesellschaftenbeim Verkauf von Beteiligungen steuerfrei zu stel-len, löste das an den Märkten Euphorie aus“. Zuden Großkapitalisten gewandt, für die die Finan-cial Times Deutschland schreibt, heißt es im Klar-text: „Die Union argumentiert, der Schritt brin-ge keine harten Einschnitte. Es gehe um Symbo-lik im Wahlkampf - um den Verdacht zu vermei-den, die Union mache Klientelpolitik für Konzer-ne. ‚Das meiste an Beteiligungsverkäufen ist be-reits geschehen, es geht um Zeichen’, heißt es ander Fraktionsspitze.“ (FTD 7.7.05)

Das waren wohl eher Manöver, die zur Verdum-mung des Kleinbürgertums dienten. Für die ca. 5Millionen deutscher Kleinbürger denkt die Unionals Bonbon an die Absetzbarkeit von Hausperso-nal, damit sie von den Grünen und den Leichtma-trosen ablassen. Noch führen die Herren und Da-men ein heftiges Kasperltheater auf, und streitensich, wie dick die Schminke aufgetragen wird, undwie laut der Fürst Solms, „Kuhnast“ und der Leicht-matrose gegen die Mehrwertsteuererhöhung pro-testieren dürfen, die natürlich auch die Kleinbür-ger stört. Das Merkel: Nehmen wir 18% gleich unddann noch mal 2% als Steuerreform? As Kunast:Zusatzbelastungen erst ab 250.000, aber pro Nasegell! Das Fürstchen: Ohne eine ganz große Steuer-reform hat das doch keinen Sinn, wir Zahnfürstan-wälte wollen jetzt gar keine Steuern mehr zahlen!

Dass diese Blödheiten auf Dauer in der Mehr-heit der Arbeiterklasse nicht ankommen, warStoiber klar. Anlässlich des Attentats in LondonAnfang Juli wurde er deutlicher, was den zweiten

Schritt des Ruhe und Ordnungsprogramms,Schnauze halten oder Beule, angeht: „Ein Einsatzder Bundeswehr im Inneren in besonderen Gefähr-dungssituationen muss gesetzlich geregelt werden,zum Beispiel für Polizeiaufgaben an Fußballstadi-en.“ Die Polizeigewerkschaft darauf etwas naiv: diekönnen sich doch nicht mal selbst bewachen undhaben private Wachdienste angeheuert um ihre Ka-sernen zu bewachen. Wir kennen Stoiber und ha-ben verstanden: Ein paar Polizeiprovokateure ineine Demonstration einschleusen, die Demonstran-ten zu Terroristen erklären, einkesseln im bewähr-ten Münchener Kessel (eine Erfindung des bayeri-schen Innenministers Stoiber unter Streibl, sieheoben), und dann schaun mer mal, vielleicht AllianzArena, oder was die Kollegen von der Hans-Seidl-Stiftung noch Interessantes von ihren Chile-Besu-chen bei Pinochet mitgebracht haben. Stoiber alsMann der reaktionärsten Kräfte des deutschen Mo-nopolkapitals steht bereit, wenn nötig, die Tür zurfaschistischen Herrschaft der Monopole aufzuma-chen, sollte sich die Lage verschärfen.

Unsere Verteidigung heißt1. antifaschistische Aufklärung und2. Verteidigung der bürgerlichen Rechte in Akti-

onseinheit mit allen Demokraten.Das elementarste Recht dabei ist immer noch

das Koalitionsrecht, das heißt, das Recht Gewerk-schaften zu bilden, und seine Anliegen kollektivzu vertreten, zu demonstrieren, seine Meinungöffentlich zu sagen. Dass dies nicht mehr selbst-verständlich sein wird, sollte jeder wissen, derStoibers Ziele kennt.

Zusammenfassung: Das Programm der Re-aktion– Pfahls und Holzer, Atomindustrie, Luftfahrt,

Rüstung, Kirch und Hypo und vieles mehr:Stoiber hat sich als der starke Mann der Reak-tion profiliert.

– Er will, mit wem auch immer als Kanzler(in)die Verschärfung des imperialistischen Kamp-fes der deutschen Großindustrie und Hochfi-nanz um die Aufteilung der Welt vorantreiben.Das Gespenst des deutschen Militarismus wirdinternational sein Haupt erheben.

– Durch radikalen Abbau unseres Lebensstan-dards soll die Kriegskasse der Konzerne gefülltwerden.

– Widerstand soll durch Aufbau faschistischerAlternativen in Schach gehalten werden.Wo kommt die Perspektive im Kampf herKampf gegen die Kriegsgefahr, Kampf ums wirt-

schaftliche Überleben als Klasse, und der Kampfum unsere Bürgerrechte, um uns überhaupt zumKampf organisieren zu können, das geht nicht vo-ran, wenn die Arbeiterklasse nicht führt. Nur siekann die 80.000.000 gegen die 10.000 in Frontbringen. Sie kann aber nicht führen, wenn ihr dasKlassenbewusstsein fehlt, und wo soll das organi-siert und nicht erst in hundert Jahren herkommen,wenn nicht durch das kollektive Bewusstsein derKlasse, ihre Partei?

Das Bewusstsein über die Realität wird imKampf gebildet, aber die Klassenbewusstestenmüssen sich organisieren, mit der Perspektive desSozialismus, und der Staatsmacht, die dazu nötigist. Wo anders sollen sie das tun als in der wieder-zuerrichtenden KPD?

Fraktion Ausrichtung Kommunismus/Corell, Flog, Georg


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