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Woehe liegen. Sollte man keine exakte Lage der Fraktur bei der Opera- tion erreichen, kann eine Osteosynthese im Ausnahmefall begrfindet sein (Abb. 9, 10). Kopfgipsverbgnde als Fixation bei Jochbeinfrakturen sind in keinem Fall angewendet worden, wegen der Nachteile, die vorher angegeben wurden. In zwei Fgllen haben wir einen Kirsehnerstift angewendet. Wir haben keine offenbaren Vorteile bei dieser Methode gefunden. Auf diese Weise bekamen wir in einem Fall eine Sch/idigung des N. infra-orbitalis mit einer l~nger bestehenden Sensibilit/~tsherabsetznng.

Es ist ja auch natfirlich, da KieferhShlenoperationen nach Caldwell- Luc oder Denker ti~gliche Routinemethode in einer Itals-Nasen-Ohren- klinik sind, da6 diese Methode zur l%eposition einer vollsti~ndigen Joch- beinfraktur vorherrschend geworden ist. Wenn nur der Jochbeinbogen frakturiert ist, ist sicherlich die Gillies-Methode die beste. Kompli- kationen bei Repositionen durch die KieferhShle sind selten. Von diesen 94 Operationen traten in drei F~]len Blutungen, in zwei Fisteln zur KieferhShle anf, welche doch nach erneuter Operation heilten, nnd in einem Fall setzte sich die Tamponade in der KieferhShle lest, und eine erneute Operation innate durchgeffihrt werden.

Die Behandlung yon Oberkieferfrakturen setzt eine enge Zusammen- arbeit yon mehreren verschiedenen medizinischen Spezialisten voraus, wie aus den verschiedenen Vortriigen bei dieser Jahresversammlung hervorgeht. IIierbei spielen die Otologen eine sehr wichtige Rolle.

7. H. B(i~TeER.Diisseldorf: Prothetische Versorgung

(Manuskript nicht eingegangen)

8. R. MEYER-Lausanne: Die Verletzungen des ~iulleren 0hres

Die Verletzungen des ~u6eren Ohres sind relativ hi~ufig, da die Ohr- muschel durch ihre Lage sowohl mechanischen Traumen als auch Er- frierungen und Verbrennungen hilflos ausgesetzt isL Im allgemeinen zeigen die Ohrverletzungen nach chirurgischer Versorgung eine gute tIeilungstendenz dank der aul~erordentlich starken Durchblutung der Muschel. So werden auch immer wieder Wiedereinpflanzungserfolge fiir das Ohr wie ffir die Iqasenspitze beschrieben.

Bei einer vollst~ndigen oder partiellen Avulsion der Ohrmuschel stehen uns drei verschiedene Arten yon Vorgehen zur Verffigung.

1. Wenn die Ohrmuschel noch praktisch intakt ist und noch dutch eine IIautbriicke mit dem Schi~del in Verbindnng steht, kSnnen wit ver- suchen, sie an ihrer Basis wieder einzunhhen. Wit haben einen solchen Fall erfolgreich versorgt.

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2. Wenn die Haut der hinteren Muschelflgehe zerfetzt und die t taut- brficke zum Schadel nur sehr sehmM ist, kSnnen wir die ladierte I Iaut entfernen und die Musehel als 2sehiehtiges zusammengesetztes Trans- plantat in den Ohrbezirk einnahen, wobei die retroauriculare Umschlag- falte erst sparer durch freie Hauttransplantation gebildet wird.

3. Wenn sieh eine vfllig abgerissene Ohrmuschel in einem sehleehten Znstand befindet und der AbriB schon mehrere Stunden zurfiekliegt, soll nur noch wenigstens an die Rettung des Knorpelgerfistes gedacht wer- den. Die Haut wird vorsichtig und ganzlieh abgezogen und der Knorpel wird in eine subcutane Tasehe auf dem Mastoid, wenn mSglich oder am Abdomen eingelegt und dort bis zu seiner Verwendung Ms Geriist bei einer spateren l~ekonstruktion der Musehe] aufbewahrt.

Sollte ein WiedereinnahungsverBuch miGlingen und die vSllige Nekrose der eingenahten totMen oder partiellen Muschel drohen, dann kann immer noch zur dritten LSsung gegriffen werden. Eine sofortige Ersatzplastik ist ja in allen diesen Fallen yon 0hravu]sion kaum an- gezeigt.

Bei jeder Laceration der Musche] so]l verBueht werden, die zerfetzten Teile mSglichst genau zu vernahen und mSglichst wenig Gewebe zur Wundanfrisehnng zu opfern.

Bei 0thamatomen, wie auch bei traumatisehen Periehondritiden Boll hingegen groBzfigig vorgegangen werden, indem die innere t t au t der Muschel in der He]ixfa]te umschnitten und bis in die Concha abgelfst wird, damit jeglicher Rest von Coagula nnd subcutanen fibrinSsen Ffill- massen evakuiert werden kann. Die Haut wird dureh Matratzennahte auf dab verdfinnte und geglattete Knorpelgerfist fixiert.

Fiir die spate partiel]e und totale Ersatzplastik der zerstSrten Ohr- muschel verfiigen wir fiber mannigfaltige Methoden, die ich nur zum Teil berficksichtigen kann. M~NDNICIt lq.at eine beacht]iche Anzahl davon in seinem mit SE~CER publizierten Buch angefiihrt. Eine eingehendere i3bersicht soll im 2. Band des Buches yon DE~EC~:E-MEYE~ ,,Plastisehe Operationen an Kopf und Itals" sowie in einer yon mir bearbeiteten und demnachst erscheinenden Lieferung des Handbuehes yon GOttRBRANDT, GABKA U. BEI~NDOI~FEI~ figurieren. Ich beschr/~nke reich deshalb darauf, Ihnen ein paar solcher Techniken vor Augen zu ffihren.

Fiir die Rekonstruktion von Helixanteilen verwenden wit die mit Knorpel unterffitterte retroauriculare Itaut, mit welcher der mutilierte Muschelrand vernaht wird, um in der 2. oder 3. Sitzung saint dem vor- gebildeten Ersatzanteil vom Mastoid wieder abgehoben zu werden (Abb. l). Es kann auch ein retroauricularer Itautlappen abgehoben und an den Muschelrand geklappt werden, wie es schon DIEFFE~BACR und sp/~ter in modifizierter Weise Co~v]~RsE, CRo~IN, STEFANOFF u .a . angegeben haben (Abb.2).

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Abb. 1. Rekonstruktion eines Helixanteils mittels Lappen aus der mit Knorpel- transplantat unterffitterten retroauricul~ren Hau~

Ffir grS~ere Ersatzplastiken an Helix und Sc~pha empfiehlt es sich, zus~ttzlich einen feinen, die A. temporalis enthaltenden und mit SpaR- haut umhfillten Rundstiellappen aus der Schl~tfengegend nach D~Foum ~ w ~ L heranzuziehen (Abb. 3).

Ohrl£ppchenverletzungen entstehen meistens bei Frauen dutch Ab- reil~en yon Ohrringen. Die Versorgung solcher Lacerationen bietet im

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allgemeinen keine Schwierigkeiten. Bei Amputationen yon Ohrl/~ppchen behalfen wir uns mit Hantlappen aus der Nachbarschaft (retroauricul~re oder infraauriculare z .B.) wie sie GAVELLO, Na~LATON, 0MI~B]~DANNE, J o s E P H , SA1NVENElt0-1~0SSELLI, WYN:N-, BARSKY, CA~VEN u . a . m , be-

schrieben haben (Abb. 4).

Abb. 2. Abrig eines oberen Muschelanteils. Ersatzplastik durch retroauricul~ren ttautlappen und Knorpel aus dem abgerissenen Fragment

Wenn der Lobulusdefekt auf die Muschel iibergeht, muir unter Um- st~nden zu einem transversalen Briickenlappen yore tIals gegriffen wer- den. Wit schneiden zu diesem Zweck einen schmalen ttautstreifen, den wir auf der Innenfl/~ehe mit Spalthaut iiberziehen. Damit erhalten wir einen fiachen L~ppen und kSnnen die Entnahmestelle auch bei Jugend- lichen mit gesp~nnter Haut mtihelos schliel~en (Abb. 5).

Die subtotale und totale Muschelersutzplastik hut in den letzten J~hren groBe Fortschritte erzielt, so dal3 wir heute mit galtem Gewissen ein solches mehrzeitiges chirurgisehes Unternehmen empfehlen kSnnen.

30 Arch, klin. exp. Ohr.-, lgas.- u. Kehlk.Heilk., Ild. 191 (KongreBbericht 1968)

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Abb. 3. Verwendung eines die A. temporalis enthaltenden und mit Spalthaut umhfillten Rundstiellappens

Abb.4. Lobulusersa~z mitte]s gedoppeltem retroauricul~rem Hautlappen nach GAVELLO

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Alloplastisches Material Ms Stfitzskelet haben wir immer wieder probeweise verwendet und jeweils wieder verlassen. Auch die neuerlich angepriesenen, vorgebildeten Siliconimplantate sind vor Gewebsintole- ranz nicht gefeit nnd miissen hie und d~ sekundar entfernt werden. Wir kommen also immer wieder zum Rippenknorpel als Sttitzsubstanz zu- rfick, obwohl er einer gewissen Teilresorption anheimfallt, was uns zwingt, eine leichte Schrumpfung in Rechnung zu nehmen und die Muschel leicht iiberdimensioniert zu gestalten.

Abb. 5. l~ekonstruktion des unteren Drittels der Muschel mittels flachem Briicken- lappen vom Hals

Der Knorpel wird in einer 1. Sitzung unter die Mastoidhaut eingelegt und in der 2. oder 3. Sitzung mit der neuen Musehel yore Knochen abgehoben, wobei die retroauriculare Umschlagfalte durch Spalthant gedeckt wird. GewShnlich vollenden ~ir die Rekonstruktion durch Bfl- dung eines gerollten Helixrandes mittels des l~undstiellappens aus der Schl~fe nach D~FOU~H]~NTI~L.

Auch mit den komplizierterenMethoden yon L~TTEttMANN U. HARDING, sowie von I~HBIN, WnxT]~ und SHAPIRO haben wit sehr befriedigende

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Resultate erzielt. Bei ihnen wird die retroauricul~re behaarte Kopfhaut in der Parietalgegend aufgeroll$ und auf ihrer Entnahmefl/~che durch Spalthaut ersetzt, um in der 2. Sitzung entroll$ und teppichartig nach vorne verschoben zu werden. In der Regel verwenden wir noch zus/~tzlich

Abb.6. Ersatzplastik durch Brustlappen nach schwerer Avulsion der Schl~fen- schuppe und der Ohrmuschel durch Autounfall

einen Haut-Knorpelstreifen aus dem Helixbereich und ein Haut-Knorpel- t ransplantat der ganzen Concha aus dem gegenseitigen 0hr als,,composite graf t" zur Formung yon Falten und der Concha im neuen Muschelrelief.

Wenn die Hau t der Ohrumgebung durch das Trauma ebenfalls zer- stSr~ wurde und nur noch z. B. eine Spalthau~ als reparatorische Deckung vorlieg$, ist der Ohrmuschelersatz nur noch dutch Pr/~fabrikation der

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Musehel an Itals oder Thorax und Transport mittels eines Brfieken- lappens mSglieh (Abb. 6).

Verbrennungen des/~uBeren Ohres stellen uns vor die sehwi.erigsten I~ekonstruktionsprobleme, weil die restliehen Gewebe eine augerordent- liehe Sehrumpfungstendenz aufweisen und dies noeh Jahre naeh der Ersatzplastik. I-Iier muB man daher besonders an den Aufbau fiber- dimensionierter Museheln denken.

Abb.7. Totalersatz der verbrannten Ohrmusehel durch Pr~ifabrikation in der Supraelaviculargrube und Herantransport mittels Rundstiellappen

Manehmal k6nnen wit Stri~nge von Verbrennungsnarben der unmittel- baren Ohrn£he zur Modellierung des Ersatzohres heranziehen. Sonst sind die Methoden dieselben wie die, die zur I~ekonstruktion yon t rauma- tisch abgerissenen Ohren verwendet werden. In ganz extremen Fi~llen, wo die Ohrmuschelumgebnng eine versengte, zum Wiederaufbau un- brauehbare I -hut anfweist, ist die Ersatzplastik wiederum auf die Vor- bildung der Musehel in der Hals- oder Thoraxgegend nnd auf den Heran- t ransport des prMabrizierten Ohres in die Ohrregion mittels Rundstiel- lappen angewiesen (Abb. 7).

Absehliel3end k6nnen wit sagen, dag die rekonstruktive Chirurgie ffir den partiellen und totalen Ersatz des verletzten /iugeren Ohres heute /tsthetiseh sehr befriedigende t~esultate erm6glicht, dutch welehe sich das ul t imum refugium, die Epithese, meist erfibrigt. Dies abet nut, wenn die Ersatzplastik mit der nStigen Sorgfalt nnd Finesse ausgefiihrt wird.


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