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Schmerz in derGeriatrie

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Spezifika bezüglich Schmerz und Schmerztherapie im Alter? - Psychosozial- Biologisch inkl. Pharmakokinetik/-dynamik mit Auswirkungen auf Therapie mit Analgetika und Ko-Analgetika

Konsequenzen daraus für die Schmerztherapie

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Der alte Mensch sieht sich oft konfrontiert mit

* einem Verlust von Partner, Freunden, Arbeit, Fähigkeiten

* Einsamkeit* Gedanken an den Tod * schlechtem Stellenwert in der

Gesellschaft («nur noch ein Bürde sein, wirtschaftlich, persönlich»)

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Wohlbefinden im hohen Lebensalter: Vorhersagen aufgrund objektiver Lebensbedingungen und subjektiver BewertungSmith J et al. 1999

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Entwicklungsaufgaben des alten Menschen

* Sich nach innen orientieren* Bedenken und reflektieren* Loslassen... mit den Zielen die Vergangen-heit zu bewältigen, mit sich selbst in Frieden zu leben und Weisheit weiterzugeben Junkers G 2009

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Psychodynamische Konzeption von Bewältigungsprozessen: Die „reifen“ dominieren die „unreifen“ Abwehrmehcanismen mit zunehmendem Lebensalter

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Compliance des alten MenschenNon-Compliance steigt mit der Anzahl der gleichzeitig verordneten Medikamente. (Spagnoli 1989)

Aufgrund der höheren Inzidenz von Polypharmazie und Komorbiditäten könnte angenommen werden, dass ältere Patienten häufiger von Non-Compliance betroffen sind. Dies konnte in einem Review diesbezüglicher Untersuchungen aber NICHT bestätigt werden. (Fincham 1998)

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Wir sind nicht die einzigen Behandler…

Patient

Alternativ-medizin

ApothekeDrogerie

Angehörige

Andere ÄrztInnen

Patient

BZD, Schmerzmittel x2 oder x3

„Das hat mir auch geholfen“

GrapefruitRauchenAlkohol

„Aut idem“Tees

OTC-Analgetika

TCM HomöopathiePhytotherapi

e

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Schmerzprävalenz > 65 J

Bei zu Hause Lebenden besteht bei

50 – 70 % ein mehr oder weniger ausgeprägtes

Schmerzproblem,

bei über 65-jährigen in Institutionen sind es bis

83 %. Bei 88 % dieser beiden Populationen

betrifft das Schmerzproblem den

Bewegungsapparat.

Pazeller S 2008

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Chronische Schmerzen und DepressionÜber 76-Jährige:

- 90% sind von Gelenk-, Glieder- oder Rückenschmerzen betroffen- gut ein Drittel davon leidet unter erheblichen/starken Schmerzen

- 40-75% aller depressiven Patienten leiden unter Schmerzsymptomen. - 40-50% der Schmerzpatienten sind von depressiven Störungen betroffen.

Gunzelmann T et al 2002

Lepine Jp 2004, Ohayon MM 2003 , Manchikanti L 2002

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Schmerzreaktion bei Demenzkranken

Rainero I 2000, Kressig R 2012

MMS 13 ± 2.8

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Schmerzreaktion bei Demenzkranken

Cole L J, 2006

Die Schmerzreizverarbeitung von Demenzkranken unter-scheidet sich leicht gegenüberjener von Gesunden, sie ist aberGrundsätzlich gegeben undein weiteres Indiz dafür, dassSchmerz auch beim dementenMenschen behandelt werdenmuss.

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Pharmakodynamik

Erhöhte Sensitivität älterer Personen

gegenüber

• zentral wirksamen Substanzen (Opiate) (Albernethy 2001)

• medikament. orthostatischer Hypotension

(Neuroleptika, TCA, Antiepileptica,

Diuretika) (u.a. Aronow 2003/Bonow 1992)

• Hyponatriämien (bspw. SSRI, aber auch bei

dualen AD wie z. B. Duloxetin) (Rosholm 2002)

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Pharmakokinetik: Absorption

Oral: Schluckbeschwerden bei 45% der 75-Jährigen; GIT-Pathologien erschweren oft die Absorption (Effekt eher gering Holbeach and Yates 2010)

Rektal: Individuelle Streubreite der Resorptionsmenge

Haut: Cave Durchblutungskonstanz, (Areal, Feuchtigkeit der Haut)

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Pharmakokinetik: Distribution

Verhältnis Muskelmasse zu Körperfett

ändert:

- Erhöhung der Eliminations-HWZ

lipophiler

Substanzen (viele Psychopharmaka)

- hydrophile Substanzen erreichen schnell

hohe Konzentrationen (Morphin)

Proteinmangel:

Zunahme der ungebundenen

Konzentration (Phenytoin)

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Pharmakokinetik: Metabolismus

Analgeticum

Metabolismus

kombiniert mit

führt zu

Tramadol 3A4/2D6 HaloperidolAmiodaron

Haloperidol Tramadol

Oxycodon 2D6/3A4 Carbamazepin Oxycodon

Methadon 3A4/2D6 Duloxetin Methadon und

Duloxetin

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Pharmakokinetik: Elimination

Leberfunktion im Alter:

Reduzierte Durchblutung und Abnahme

der Lebermasse schränken die

Elimination moderat ein.

Bei Gesundheit unerheblich, in

Krankheitszuständen relevant!

(insbesondere auch bei

Niereninsuffizienz)

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Pharmakokinetik: Elimination

Nierenfunktion im Alter:

Reduzierte Durchblutung,

GFR und tubuläre Exkretion führen bei

Medikamenten mit kleiner extrarenaler

Dosisfraktion ohne Dosisanpassung zu

verlängerter Eliminations-HWZ, resp.

verringerter Clearance des Pharmakons.

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Opioide bei NiereninsuffizienzKressig 2012

Opioid Einsatz bei Niereninsuffizienz

Hydromorphon ja

Buprenorphin ja

Methadon ja

Oxycodon/Targin ja(vorsichtig)

Fentanyl vorsichtig

Tramadol vorsichtig

Morphin eher nein/vorsichtig

Codein nein

Pethidin nein

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Ko-Analgetika

Antidepressiva: Amitriptylin, Clomipramin, Imipramin, Trimipramin, Duloxetin, (Mirtazapin, Venlafaxin)

Antikonvulsiva: Pregabalin, Gabapentin, Topiramat, Carbamazepin, Phenytoin

Kortikosteroide

Bisphosphonate

Sedation+Interaktion! critical dose

drugs alsGenerika mitΔAUC bis 45%Krämer G, Honegger U

2010

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Nicht medikamentöse Therapien

* Biologische TherapienWärme/Kälte, Kneipp, Klimatherapie, etc.

* Alternative: TCM, Akupunktur, Akupressur, Homöopathie, Anthroposophie

* Manipulative, körperbezogene Therapie: Physikalische Therapie, Osteopathie, Manualtherapie

* Mind-body-Therapie: Qigong, Yoga, Meditation, Musiktherapie, psychologischer Methoden wie Hypnose, Entspannungs-verfahren, KVT, Achtsamkeit

Bernatzky G, Likar R 2012

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Fazit

* Biopsychosoziales Verständnis ermöglicht Handeln auch bei „ausgeloteter Schmerztherapie“

* Schmerzen ernst nehmen(Dissimulation, bei Demenz)

* Favorisierung von Paracetamol und Opioiden, nach Möglichkeit keine NSAR aufgrund renaler, gastraler und cardialer UAW


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