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Page 1: Einige Beobachtungen über Permeabilitätsänderungen bei roten Blutkörperchen in Lösungen von Nichtleitern

Einige Beobachtungen fiber Permeabilit{itsiinderungen roten Blutkiirpvrehen in LSsungen yon Nichtleitern.

Von R. Hiiber, Kiel, und A. Memmesheimer, E~s~n.

(Aus dem Physiologischen Institut der Universi$/~t Kiel.)

(Eingegangen am 17. Januar 1923.)

bei

Solange ~-ir fiber die Natur des normalen Stoffaustausches zwischen den Zellen und ihrer Umgebung und fiber den Aufbau der dabei beteiligten Grenzschieht der Protoplasten so wenig befriedigend unterrichtet sind wie bisher, ist jede neue Erfahrung fiber kfinstliche Ver~nderung der Durehtrittsm6glichkeiten ffir gel6ste Stoffe durch die Zelloberfl~che und ihre Theorie yon Wert. Wir kSnnen nun im folgen- den tiber einige Beobachtungen beriehten, nach denen der Eintr i t t yon basischem Farbstoff in rote BlutkSrperchen durch indifferente Nichtleiter, wie Rohrzueker und Glykokoll, stark gehemmt warden kann.

Die Versuche wurden durch interess~nte Experimente yon J. Loeb 1) an etwa eine Woehe alten befruehteten Eiern von Fundulus angeregt. Loeb fund n~mlieh, daB, wenn man die Eier tails direkt aus dem Meer- wasser in die LSsung eines Kalisalzes fibertr/~gt, tells aber erst, nach- dem sie 24 Stunden in destilliertem Wasser gelegen hatten, die Kali- vergiftung des in ihrem Innern sehlagenden embryonalen Herzens im zweiten Fall viel sparer eintri t t als im ersten Fall. An Stelle yon destil- l iertem Wasser kann man aueh eine L6sung yon Rohrzucker, Trauben- zuckcr, Glycerin oder Harnstoff anwenden. Nimmt man stat t deren aber eine SalzlSsung yon nieht zu geringer (aber auch nieht zu groBer) Konzentration, dann findet keine VerzSgerung der Vergiftung start. Loeb sprieht deshalb yon einem ,,Salzeffekt", der ffir die Geschwindig- keit der Giftwirkung yon Bedeutung ist, und zeigt dureh Versuehe, die hier nieht weiter angeffihrt werden sollen, dab der Ort des S~lzeffekts die Membran des Eies ist. Diese wird um so sehwerer durchl~ssig, je geringer die Elektrolytkonzentration ist, mit der sie in Berfihrung steht. Die Vergiftung durch das Kalisalz ist nach der Waschung des Eies mit destilliertem Wasser oder einer Nichtleiterl6sung nur dadurch mSg- lich, dab das Kalisa]z selber allm~hlieh einen Salzeffekt auf die Mere- bran ausiibt. Dies wird durch den Gegenversuch yon Loeb bewiesen, in dam erst die Kalivergiftung erzeugt und dann die Eier zur Ent- giftung entweder in Salzltisung oder in NichtleiterlSsung fibertragen

7) Loeb, Journ. of biol. chem. 27, 339, 353 u. 363. 1916; 28, 175. 1916.

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wurden. Nun zeigte sich n~mlich, dab die meisten Herzen sich in NichtleiterlSsung im Gegensatz zur Salzl5sung tagelang nicht erholen, weft das bil~chen Kalisalz im Innern des Eies nicht ausreicht, um einen geniigenden Salzeffekt auszufiben, w~hrend sie noch wieder anfangen zu schlagen, wenn man sie danach in SalzlSsung iibertr/~gt.

Wir machten nun den Versuch, den Salue/fekt yon Loeb bei der Plasma- haut der einzelnen Zelle nachzuweisen, d.h. /estzustellen, ob sich durch Waschen yon Zellen mit isotonischer 2VichtleiterlSsung deren Permeabilitgit vermindern lgl3t. U m mat m6glichst einfachen Verh~ltnissen zu begin- nen, w~hlten wir BlutkSrperchen, die in KochsalzlSsung einerseits, RohrzuckerlSsung andi'erseits gewaschen und dann in die LSsung einer Vitalfarbe fibertragen wurden, deren Eint r i t t in die Zelle sich colori- metrisch verfolgen lie9.

Versuche. Die Methodilr gestaltete sich im eir~zelnen folgendermal]en: Defibriniertes

Rinderblut wurde in vier graduiel%en Zentrifugengl/~sern yon je 15 ccm Inhalt zentrifugiert; dann warde genau gleich viel Serum abgehoben und zur Waschung der Blutk6rperchen in zwei der R6hrchen durch gleiche Mengen 0,9% NaCI, in den anderen zwei durch verschiedene Gemische yon 10,1% Rohrzucker und 0,9% NaC1 (meist im Verhi~ltnis 9 : 1) ersetzt. Die Waschung wurde noch zweimal wieder- holt. Waschung mit reiner Rohrzuckerl6sung wurde wegen der Gefahr der Blut- kSrperchen-Agglutination vermieden. Schliefllich wurde der BlutkSrperchenbrei in den vier l~6hrchen nochmals mit den zwei Waschfltissigkeiten iiberschichtet, denen aber noch Farbstoff in der gleichen geeigneten Konzentration zugesetzt war, umgeschiittelt und meist 20 Minuten bei Zimmertemperatur stehen gelassen. Nach abermaligem Zentrifugieren wurden die 4 Quanten ldarer iiberstehender Fliissigkeit gegen eine FarbstofflSsung bekannter Konzentration colorimetriert. Je zwei der Quanten kontrollierten einander.

UnCer einer gr6Beren Zahl basischer Farbstoffe fanden wir die Rhodamine am geeignetsten, well sie weder gegenReaktions/~nderung noch gegen reduzierende Substanzen empfindlich sind. Wit verwendeten Rhodamin 3 B (Bad. Anilin- und Soda-Fabrik), ferner l~ethylviolett B extra (Kahlbaum) und Methylenblau rectif. (Griibler).

Die Tab. I enth~lt nun einige unserer Ergebnisse.

TabeUe 1. Versuche mit basischen Farbsto//en.

Farbstoffe

l~hodamin 3 B

Methylviol. B. extr. Methylenblau

Mischung der Wasch- fliissigkeit aus a Teiten Rohrzuekerl6sung und b Tellen NaC1-LSsung

a : b

Prozent- ~ d . Farbe i. der

I F~bl~u~g I ~&7~ l~u~

9 : 1 1 : 1 1 : 1 1 : 3 1 : 3 1 : 2 9 : 1

0,0007 0,00082 0,0015 0,00044 0,0088 0,00081 0,0041

0,0025 0,0025 0,005 0,0025 0,05 0,0075 0,01

0,00023 0,0005 0,00087 0,00037 0,0092 0,00048 0,0013

Konz~n- trations-

verh~tltnis

3 : 1 1 ,6 :1 1 ,7 :1 1 ,2 :1 0 ,95:1 1 ,7 :1 3 : 1

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Es zeigte sich, da[], wenn man die Blutk6rperchen einer~eits mit KochsalzlSsung, andererseits mit Rohrzuc]~erl6sung, der zur Verhi~tung von Agglutination ein wenig Kochsalz zugesetzt ist, wSzcht, die Blutk6rper- chen im letzten Fall stark gegen den basischen Farbsto/] abgedichtet werden. Meist war die Farbstoffkonzentration in der rohrzuckerhaltigen Au~en- flfissigkeit zum Schlul3 des Versuehs so viel gr56er, da[~ der Farbunter- schied sofort mit blol~em :Auge zu erkennen war. Natiirlich legten wir uns die Frage vor, wie weir diese Abdichtung eine Funktion der Ein- wirkungszeit ist. Wir fanden, da~ bei t~hodamin der Farbenunterschied ~n der Aul~enflfissigkcit noch unveri~ndert vorhanden ist, auch wenn der Farbstoff 18 Stunden ]ang mit den roten BlutkSrperchen in Be- riihrung war. Es schien also, als ob die Blutlc6rperchen vSUig oder last vSllig dutch die Rohrzuckerl6~'ung blockiert werden. Doch mfissen wir dariiber noch weitere Erfahrungen sammeln.

Man kSnnte zweife]n, ob die gegebene Deutung der Versuchs- ergebnisse richtig ist. Wir prfiften unsere Annahme auf mehrfache Weise. Erstens vergliehen wir das Verhalten der vital f~rbenden basischen Farbstoffe mit dem einiger nicht vital fi~rbender S~urefarbstoffe und wi~hlten daffir Cyanol extra (Cassella), Setopalin (Geigy) und Licht- grtin FS (Griibler), die alle drei durch grol~e Diffusibilit~t ausgezeichnet sind. Einige unserer Ergebnisse sind in der Tab. I I zusammengefaBt.

Tabelle I I . ger.suche mit Sdure/arbsto//en.

I Zusammensetz. I I derWaschfliis- : Prozentgehalt Endkonzentr. der Farbe in der Konzen- Farbstoffe I I sigkeit (s.Tab. 1) der zugesetzten rohrzuckerhalt. KochsalzlSsung[ trations-

a : b FarblSsung LSsung ~ verh~tlt.nis f

Cyanol ex t ra 9 : 1 0,01 [ 0,0087 0,0095 0,9 : 1 Cyanol exSra 1 : 1 0,01 'l 0,009 0,0089 1 : 1 Set opali~l 9 : 1 0,01 [ 0,0092 0,0091 1 : 1 Lichtgr i in FS 9 : 1 0,01 [ 0,007 0,0027 2,6 : 1

Bei Cyanol und Setopalin vcrliefen die" Versuche so, wle wir er- warteten; da die BlutkSrperchen ffir sie impermeabel sindl), so muitte eine durch den Rohrzucker eintretende Abdichtung ffir ihre Verteilung gleichgtiltig sein. Anders beim Lichtgrfin! Hier verli~uft die Vcr- teilung nach der Tabelle anscheinend gerade so verschieden, w~e bei den basischen Farbstoffen. ])as beruht aber auf nichts anderem als auf Indicatoreigenschaften dieses Farbstoffes. Wenn man Blutk6rperchen in KochsalzlSsung einerseits, in RohrzuckerlSsung andrerseits suspen- diert, so wird, wie wir seit den al tbekannten Untersuchungen yon Koeppe 2) annehmen, die Kochsalzl6sung dadurch alka]isch, dab ein

x) Wiechmann, Pfltigers Arch. f. d. ges. Physiol. 189, 109. 1921. 2) Koeppe, Pfliigers Arch. f. d. ges. Physiol. 67, 189. 1897.

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Austausch zwischen HCO' des Blutk6rpercheninnern und CI' der Aufien- 16sung eintritt ; alkalisehe Reaktion bedingt aber e ine Aufhellung der Farbe des Liehtgrfins. DaB diese Reaktiondifferenz und niehts anderes die Ursache des Farbenunterschieds in dem angefiihrten Lichtgrfin- versuch ist, stellten wir auf folgende Weise lest: erstens leiteten wir zu Beginn des Versuches 30 Min. lang einen krgftigen Sauerstoffstrom dutch das Blur, um die Kohlensgure auszutreiben und so die Bildungs- m6glichkeit ffir HCO~ im Blutk6rpercheninnern zu beschranken; dies bewirkte, wenn aueh aicht ein v6]liges Versehwinden der Farben- differenz in den colorimetrierten Aultenflfissigkeiten, so doeh eine deutliche Verkleinerung. Zweitens sguerten wir die AuBenflfissigkeiten zum 8chluB mit ein paar Tropfen Essigsgure an; danach war die ]~'arben- differenz v611ig verschwunden.

Der Lichtgrfinversuch hat also auf eiae wiehtige Fehlerquelle auf- merksam gemaeht, die den Anlafi zu weiteren Versuehen gab. Die dureh den Austauseh zwisehen ]~lutk6rperehen und Koehsalzl6sung veranlaBte Reaktionsgnderung hat zwar ffir die vorher beschriebenen und gedeuteten Versuehen mit den basisehen ~arbstoffen insofern keine Bedeutung, als die ausgewghlten Farbstoffe keine Indicator- eigenschaften haben, also gegen alkalisehe Reaktion unempfindlich sind. Aber selbst naeh krgftiger Sauerstoffdurchleitung und dadurch be- wirkter weitgehender Austreibung der Kohlens~ure aug dem Blur kann im Gleiehgewieht zwisehen den BlutkSrperehen und einer Kochsalz- 15sung einerseits, einer Rohrzuekerl6sung andrerseits die Reaktion der AuBenflfissigkeit doch versehieden sein, weft sich in den beiden Systemen verschiedene Donnansehe Gleiehgewichte ausbilden mfissen, und dureh die Versuche yon Robertsonl), Bethe2)~ ~Yirenstein 3) u .a . wissen wir, daft Alkalisierung bei basischen Farbstoffen, Aas~uerung bei S~urefarbstoffen die Verteilung auf die Zellen begfinstigt. Es l~Bt sigh abet zeigen, dab eine Reaktions,~lifferenz hier keine nennenswerte Rolle spielt. Wir haben n~mlich in einem Versuch mit Rhodamin die Blutk6rperchen, start so wie frfiher, 'mi t isotoniseher Rohrzucker- und mit isotonischer KochsalzlSsung gewasehen, denen auf acht Teile je zwei Teile isotonisehes neutrales Phosphatgemisch zugefiigt waren und das l~hodamin gleiehfalls in diesen Gemischen gel6st. Der Phos- phatzusatz ist abet sowohl groB genug, um eine genfigende Pufferwir- kung auszuiiben, als auch nicht zu groB, um die Nichtleiterwirkung auszuschlieBen. Wir erhielten aueh so nach Sehiitteln der L6sungen mit den Blutk6rloercher~ eine schon mit bloBem Auge deutliche st~trkere

1) Robertson, Journ. of biol. chem. 4, 1. 1908 2) Siehe dazu Rohde, Pfliigers Arch. f. d. ges. Physiol. 168, 411. 1917; ferner

Bethe, Biochem. Zeitschr. 1~7, 18. 1922. ~) Nirenstein, Pflfigers Arch. f. d. ges. Physiol. 1~9, 233. 1920.

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Rosaf~rbung der Rohrzuckerphosphatl6sung, also eine deutliche Jxnde- rung der Verteilung, obwohl beide Aul~enl6sungen genau die gleiche Wasserstoffzahl (p~- -7 ,12) hatten.

Der eben geschilderte Versueh wirft aueh die Frage au~, die ffir die Theorie der Erscheinungen yon besonderer Wichtigkeit ist, wie klein die Nichtleiterkonzentration noeh sein daft, um Einflul] zu haben. Die Tab. I enthalt schon die Antwort; n~mlieh bei einer Verdfinnung der isotonisehen RohrzuckerlSsung mit isotoniseher Kochsalzl6sung im Verh~ltnis 1 :2 ist die Hemmung des Farbstoffeintritts noch deutIich, bei einer Verdiinnung 1 :3 nicht mehr.

Endlich haben wir uns noch davon, dal~ wi res bei der Rohrzueker- wirkung w~rklieh mit einer :Nichtleiterwirkung, also umgekehrt bei der Kochsalzwirkung mit einem Salzeffekt im Sinne yon Loeb zu tun haben, dadureh fiberzeugt, dab wit die RohrzuekerlSsung durch eine isotonisehe GlykokollSsung (2,2%) ersetzten. Ein Versueh mit Methyl- violett hatte das typische Ergebnis; die Endkonzentrationen des Farb- stoffes waren in der Glykokoll6sung 0,0013, in Koehsalzl6sung 0,00048, das Verh~ltnis 2,7: l .

Welter konnten die Versuche aus ~uBeren Griinden bisher nieht fortgeffibrt werden.

Theoretische Er8rterung. Die besehriebenen Versuche erlauben den Schluft, dab es einen

Salze]]e]ct im Sinne Loebs auch bei Einzelzellen gibt; der Eimembran in Loebs Versuchen entspricht dann wohl die Plasmahaut. Loeb hat zur Erkl/~rung der Erseheinungen bei den Fischeiern das Verhalten der Eimembran mit dem der Globuline vergliehen. Diese fallen in Abwesen- heir yon Salz aus und werden durch Zusatz yon Salz yon neuem in LSsung gebraeht. Enthielte also die Membran Globulin, so k6nnte sic bei Enffernung der Salze durch Ausfloekung der Globuline verdiehtet werden. Es gibt aber noeh bestimmtere Anhaltspunkte fiir solch eine ~u So hat Hal]net 1) bei seinen H~molysestudien kiirzlich gezeigt, dab es bei der Agglutination der in KochsalzlOsung suspen- dierten Stromata durch H" nieht blo~ auf Annaherung an den iso- elektrisehen Punkt ankommt, sondern aueh auf eine siehtbare Ver- dichtung der Stromasubstanz, die um so stgrker ist, je weniger Elektro- lyt das Suspensionsmittel enthgit2). Diese Beobachtungen geben auch einen Sehliissel fiir die schon lange bekannte Steigerung der Resistenz der BlutkSrperchen gegen ttypotonie, Narkotica und Saponin in Nieht- ]eiter]SsungenS). Ferner geh6rt in das gleiche Erscheinungsgebiet wohl

1) Hal/net, Pfltigers Arch. f. d. ges. Med. 196, 15. 1922. ~) Siehe auch Handovsky, ebenda 195,253. 1922. z) Siehe dazu Bang, Biochem. Zeitschr. 16, 255. 1909; Snapper, ebenda 43, 266.

1912; Miculicieh, Zcntralbl. f. Physiol. 24, 523. 1911 u. a.

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die eigentiimliche Verhi~rtung der Plasmahaut, die sich nach E. Ki~ster 1) bei der Deplasmolyse yon P/lanzenzellen guttert, die li~ngere Zeit in RohrzuckerlSsung gelegen haben. Und wenn es hiernaeh so seheint, als ob es bei der verdichtenden Wirkung der NiehtleiterlSsung nicht blott auf den Mangel an Elektrolyt, sondern aueh noch auf eine positive Mitwirkung der Nichtleiter ankommt, so kann man dafiir wohl auf die yon Paul i und Rona 2) zuerst bemerkte Beschleunigung der Gelatine- erstarrung und Hemmung der GallertlSsung dutch Glycerin, Trauben- zucker und Rohrzucker verweisen sowie auf die VerzSgerung der Dif- fusion in Gelatine, welche nach Bechhold und Ziegler 3) verschiedene Stoffe ebenfalls durch die genannten Nichtleiter erleiden. Als ein Analogon zu unseren Beobachtungen kann man schliettlich die kiirzlich aus Heubners Laboratorium hervorgegangene Untersuchung von H. Rhode ~) fiber den Einflutt yon Rohrzucker auf die Hi~molyse durch Alkaloid- und Ammonsalze ansehen; denn die BlutkSrperehen verhalten sich diesen gegenfiber in ihrer Durchlgssigkeit, wie wir dureh die be- kannten Untersuchungen yon Gri~ns 5) und Hedin 6) wissen, ghnlich den Salzen yon Farbbasen, und Rhode land, datt vorangehende Rohrzucker- waschung die Blutk6rperchen nachhaltig gegen den h~molytischen Einflutt der reinen Alkaloid- oder Ammonsalzl6sungen schfitzt, also wohl eine Abdiehtung der sonst permeablen Blutk6rperoberflache herbeiffihrt.

Kommen wir so zu der Ansieht, dab der teilweise oder vollst~ndige Ersatz des normalen Elektrolytmediums der Zellen dureh isotonische Nichtleiterl6sung tells infolge des Elektrolytmangels, tefls dureh eine positive Wirkung des Nichtleiters die Zellengrenzfl~ehe ver~ndert, dann k6nnen wir vielleicht auch manche andere Rohrzuckerwirkungen verstehen. Wir mfissen aus mancherlei Griinden ja wohl die Plasma- haut als ein aktives Organ ansehen, das insbesondere aueh bei der Er- regung eine Kolloidzustands~nderung erlebt:) . Wenn die Plasmahaut aber die daffir notwendige Geschmeidigkeit dutch Erstarrung ihrer Substanz mehr oder weniger einbfittt, dann mutt auch die Erregbarkeit Not leiden, wie wit das durch die Untersuchungen yon Overton und C. Schwarz am Muskel als Folge des mehr oder weniger weitgehenden

2) E. K'2ster, Bet. d. dtsch, botan. Ges. 27, 589. 1909, Zeitschr. f. Botan. 2, 689. 1910.

~) Paul,i und Rona, Beitr. z. chem. Physiol. u. Pathol. 2, 1~ 1902; ferner J. Traube and F. K6hler, Internat. Zeitschr. f. physik.-ehem. Biol. 2, 42. 1915.

3) Bechhold und Ziegler, Zeitschr. f. physik. Chemie 56, 105. 1906. 4) H. Rhode, Biochem. Zeitschr. 131, 560. 1922. 5) Gri]ns, Pfliigers Arch. f. d. ges. physiol. 63, 86. 1896. 6) Hedin, ebenda 68, 229. 1897 uad ~0, 525. 1898. 7) Siehe hicrzu H6ber, Physikal. Chemie der Zelle und der Gewebe. 5. Aufl.

S. 502ff. 1922; 4. Aufl. Kap. 10. 1914.

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Ersatzes der Elektrolyte dureh Rohrzucker kennen. Nur scheinbar stehen hiermit wohl im Widersprueh die Angaben einer Steigerung der Aktion, die nach O. Loemi 1) durch Zus~tze yon l~ichtleitern (I~ohr- zueker, Mannit, Harnstoff) beim Froschherzen herbeizuffihren ist. Denn diese Zus[itze sind vornehmlich wirksam bei Herzen, deren Er- regbarkeit zuvor dureh Ca-Mangel kiinst/ieh herabgesetzt ist; die Niehtleiter entfalten dabei eine Ca-artige Wirkung, stellen Mso vie]- leieht eine abnorm gro6 gewordene Permeabili t~t durch entspreehende Verdichtung wieder her. Doeh bediirfen diese versehiedenen Annahmen noeh einer sorgfSltigen experimentellen Priifung; die VerSffentliehung yon Loewi enth~lt mancherlei Angaben, die solehen Vorstellungen noeh Sehwierigkeiten bereiten. Wir haben deshalb bereits sowohl mit einem erneuten Studium der Nichtleiterwirkung auf die physiko- ehemisehen Eigenschaften hydrophiler Kolloide als aueh mit ent- spreehenden Studien beim Muskel begonnen und werden bei Mitteilung unserer Ergebnisse aueh den offenbaren Gegensatz zu beriihren haben, in den unsere bisherigen Beobachtungen zu der Auffassung yon Embden 2) yon der Wirkung des Rohrzuckers geraten.

Zusammen[assung. 1. Waschen mit isotonischer RohrzuckerlSsung hemmt die Auf-

nahme vitalfi~rbender basischer Farbstoffe in rote BlutkOrperchen im Vergleich zu kochsalzgewaschenen BlutkSrperchen auch dann, wenn eine Reaktionsdifferenz zwischen der Rohrzucker- und der Kochsalz- l(isung, die die BlutkSrloerchen enthaiten, nicht besteht.

2. Waschen der BlutkSrperchen mit isotonischer RohrzuekerlSsung ist fiir die Verteilung yon nicht vi tal fi~rbenden Si~urefarbstoffen be- langlos.

3. Ebenso wie Rohrzucker wirkt Glykokoll. 4. Die hemmende Wirkung wird yore Rohrzucker auch ausgefibt,

wenn er nut einen Teil des Kochsalzes substituiert.

1) 0. Loewi, Pfliigers Arch. f. d. ges. Physiol. 18~, 105. 1921. 2) Embden und E. Adler, Zeitschr. f. physiol. Chem. 118, 1. 1922; ferner

H. Vogel, ebenda 118, 50. 1922.


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