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Page 1: Evaluierung psychischer Belastungen · Begriffsbestimmung • Psychische Belastungen: „…alle Einflüsse, die von außen auf den Menschen zukommen und psychisch auf ihn einwirken“

Evaluierung psychischer BelastungenGrundlagen und Umsetzungsvorgaben im Überblick

Seminar: Basics für BetriebsrätInnen zum ArbeitnehmerInnenschutz

BIZ, 22. März 2018

Mag. Isabel Koberwein

GPA-djp [email protected]

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Lebensretter Stress

Flucht, Kampf, Totstellen……

Stress als Notbetrieb kann Leben retten.

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Dauerstress macht krank

• Körper: Bluthochdruck, Herzinfarkt, Magen-Darm-Geschwüre, Diabetes, erhöhter Cholesterinspiegel,

häufige Infektionserkrankungen, Stoffwechselstörungen, Durchfall oder Verstopfung, Tinnitus, Hörsturz, chronische Muskelverspannungen (führen zu chronischen Schmerzen), verringerte Schmerztoleranz, Zyklusstörungen, Unfruchtbarkeit, Impotenz, Allergien, Hautausschlag, Lippenherpes, Schlafstörungen, Asthma………..

• Psyche: Aufmerksamkeitsstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten, Gedächtnisprobleme, Abnahme

der Leistungsfähigkeit, Realitätsflucht, Alpträume…….

• Gefühle: Gereiztheit, Unzufriedenheit, Aggression, Nervosität, Unsicherheit, Angst, Lustlosigkeit…….

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Psychische Belastungen

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Immer mehr psychische Belastungen bei der Arbeit

• Zeit- und Termindruck

• Beschleunigung, Arbeitsverdichtung, Multitasking

• Wiederholung immer gleicher Arbeitsvorgänge in kurzen Zeitabständen

• Informationsmangel oder -überflutung

• Freundlichkeitsdruck, Umgang mit Leid und Krankheiten

• knappe Personalbemessung

• Entgrenzung von Arbeit und Freizeit

• häufige Umstrukturierungen, Angst vor Arbeitsplatzverlust

• fehlende Handlungsspielräume und mangelnde Beteiligungsmöglichkeiten

• isoliertes Arbeiten ohne Möglichkeit zu sozialen Kontakten

• Lärm, Hitze, Kälte, Zwangshaltungen, enge räumliche Verhältnisse

• ………..

• ………..

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Stress

und Folgen

Was tun I

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Fachliche Qualifikation

Persönliche Kompetenzen

•Kommunikation

•Konfliktbewältigung

•Gesundheitswissen

Selbstwirksamkeit

•Stärken-Schwächenanalyse

•Abbau behindernder Muster

•Erlernen stärkender Muster

Was tun II

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Was tun III

Systematisch erheben,

Bewerten und

Maßnahmen setzen

psychische

Belastungs-

faktoren

Evaluierung

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Aufgabe,

Tätigkeit

Arbeits-

organisation

Sozialklima,

Führung

Arbeits-

umgebung

Belastung

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Arbeitsbelastungen abbauen:

Belastungen erheben (evaluieren)

Maßnahmen entwickeln, festlegen

und umsetzen

Gute Rahmenbedingungen,

unterstützende Strukturen,

individuelle Trainingsmöglichkeiten

schaffen oder ausbauen

beim Tragen

helfen,

die Kraft stärken

Gewicht

reduzieren

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Begriffsbestimmung

• Psychische Belastungen: „…alle Einflüsse, die von außen auf den Menschen zukommen und psychisch auf ihn einwirken“ (ÖNORM EN ISO 10075-1)

• Arbeitsbedingte psychische Belastungen ergeben sich durch Einflüsse und Anforderungen, die am Arbeitsplatz auf die Beschäftigten einwirken

• Psychische Fehlbeanspruchungen ergeben sich je nach Ausprägung der psychischen Belastungen

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„Gestaltung der Arbeitsaufgaben und die Art der Tätigkeiten, der Arbeitsumgebung, der Arbeitsabläufe sowie der Arbeitsorganisation“ § 4 (1) Z 6 ASchG

Psychische Belastungen

Psychische Fehlbeanspruchung

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Belastung – Fehlbeanspruchung -Präventionsmaßnahmen

Unpassende Arbeitsmittel

Veraltete Software

Mängel bei der Kommunikation

Zu wenig Handlungsspielraum

Monotone Arbeitsabläufe

Ständige Unterbrechungen

Unzureichende Qualifizierung

Fehlende Informationen

Arbeitsmittel anpassen

Ergonomische Software einsetzen

Passende Kommunikationsstrukturen

Entscheidungsspielräume planen

Entlastung sicherstellen

Arbeitsorganisation anpassen

Weiterbildung organisieren

Informationsfluss sicherstellen

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Psychische Belastungen sind Bestandteil jedes Arbeitsprozesses

Nicht alle psychischen Belastungen müssen zu Fehlbeanspruchungen führen

Psychische Belastungen/Fehlbeanspruchungen können auch zu körperliche Beeinträchtigungen führen.z.B. Magen- und Darmerkrankungen, Infekt-Anfälligkeit, Muskel- und Skeletterkrankungen, Herz-Kreislauferkrankungen

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Handlungsebenen und Beispiele für Maßnahmen

Arbeitsaufgaben und Tätigkeiten

zB. häufiges Heben und Tragen, Umgang mit KundInnen, hohe Konzentration

Zuständigkeiten verändern, Delegierungsmö-glichkeitenschaffen; Einsatz von Hilfsmitteln

Sozial- und Organisationsklima

zB. Führungskultur, Kommunikations-abläufe

Informationsfluss, Transparenz,

Arbeitsumgebung

zB. Arbeitsplatz-ausstattung, Umgebungsklima, Arbeitsmittel

Abtrennung; bessere Erreichbarkeit; Auswahl passender Arbeitsmittel

Arbeitsabläufe und Arbeitsorganisation

zB. Zuständig-keiten, Arbeitszeit-gestaltung, Unterbrech-ungen

Dienstplan-anpassung, Pausenregelungen; Einsatz neuer Software

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Anforderungen an Maßnahmen

• An der Quelle ansetzen: Die festgestellten Ursachen der negativen Belastungen werden dort verändert (beseitigt), wo sie entstehen

• Kollektive Wirksamkeit: Lösungen verbessern die Arbeitsbedingungen für alle Personen, die unter den gleichen Bedingungen arbeiten. (vgl. § 7 ASchG)

Umsetzen, überprüfen, Anpassungen vornehmen!

Maßnahmen müssen nachweislich zu einer Reduzierung der Belastung führen!

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Beispiele für richtige und ungeeignete Maßnahmen

• Delegierungsmöglichkeiten klären

• Zuständigkeiten transparent machen

• Arbeitsmenge/Personal-bemessung anpassen

• Schutz gegen Lärm: zB. Trennwände, Kommunikationszonen etc.

• Neue Software anschaffen

• Pausenkultur etablieren

• ……….

• Rauchentwöhnungs-programme

• Stressbewältigungskurse

• Obstkorb anbieten

• Nordic-Walking-Workshops

• Vergünstigung im Fitness-Center

• ………..

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Anforderungen an Erhebungsmethoden

✓ Standardisierter und qualitätsgesicherte Messverfahren

✓ Hauptgütekriterien sind Objektivität, Reliabilität und Validität

✓ z.B. schriftliche Befragung, Einzel- oder Gruppeninterviews, Beobachtung/Beobachtungsinterviews. Keine selbst erstellten Fragebögen!

✓ Ggf. verschiedene Verfahren in verschiedenen Arbeitsbereichen

✓ Methoden müssen die tatsächlich arbeitsbezogene psychische Belastungen erfassen (nicht Arbeitszufriedenheit, Burnout, Ernährungs- oder Bewegungsverhalten, usw.)

✓ Verfahren müssen Vorgaben hinsichtlich Beurteilung und Dokumentation der Ergebnisse enthalten

✓ Urheberrechte müssen gewahrt sein

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Gütekriterien nach ÖNORM EN ISO 10075-3

• Objektivität: das Ergebnis ist unabhängig von der durchführenden Person (es kommt zu keinen unterschiedlichen Ergebnissen, auch wenn mehrere Personen das Verfahren durchführen oder auswerten)

• Reliabilität: die relevanten Merkmale werden zuverlässig, genau und stabil gemessen, Messfehler werden somit ausgeschlossen

• Validität: gemessen wird, was gemessen werden soll (und nicht statt psychischer Belastung z.B. Arbeitszufriedenheit, physiologische Werte, Burnout oder andere Gesundheitsbeeinträchtigungen)

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NICHT geeignete Verfahren

• Abfragen, die über die psychisch wirksamen Eigenschaften der Arbeitsbedingungen hinausgehen

• Personenbezogene Erhebungen hinsichtlich Arbeitszufriedenheit, Gesundheit, Ernährungsverhalten, etc.

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Evaluierung psychischer Belastungen: Vorgehen im Betrieb

Start: Verantwortlichkeiten definieren, Infos einholen, planen

Konzept erstellen:

was, wer, wie, wann

Information:

Ziel und Konzept vermitteln,

Belegschaft, FK

IST-Stand ermitteln:

z.b. MA-Befragung, Datenauswertung

Beurteilung:

Analyse,

Ist-Soll-Vergleich

Maßnahmen treffen:

Weg zum Ziel festlegen

Dokumentation:

S&G-

Dokumente

Evaluieren:

prüfen und anpassen

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Strategien für den BR

• Auf Verantwortung des Arbeitgebers/Fürsorgepflicht/Evaluierungspflicht hinweisen/einfordern

• ArbeitspsychologInnen und ArbeitsmedizinerInnen beiziehen/einfordern

• Im Arbeitsschutzausschuss Evaluierungsverpflichtung zum Thema machen

• Mitwirkungsrechte nutzen: Betriebsrat und SVP sind in alle Phasen der Evaluierung und Maßnahmenableitung einzubeziehen.

• Information für alle AN sicherstellen

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Wichtige Themen im gesamten Prozess

• Auswahl der Evaluierungsverfahren

• Datenschutz: Für die Evaluierung werden Daten über die Arbeitsplatzbedingungen ermittelt, nicht primär Daten über Personen

• Festlegung der Maßnahmen

• Expertise von ArbeitspsycholgInnen einholen

• Abgrenzung bzw. Nutzung von Synergien hinsichtlich Betriebliche Gesundheitsförderung

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Es gibt vieles,

für das es sich lohnt,

organisiert zu sein.


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