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  • Funktionalanalysis

    Alexander GrigoryanUniversität Bielefeld

    SS 2019

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  • Contents

    1 Normierter Vektorraum 11.1 Vektorräume und Lineare Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2 Die Norm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71.3 Konvergenz und Topologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121.4 Vollständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141.5 Satz von Picard-Lindelöf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191.6 Maßund Lebesgue-Integral . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

    1.6.1 Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231.6.2 Das Maß. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251.6.3 Lebesgue-Maßin Rn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261.6.4 Lebesgue-Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271.6.5 Fatou-Lemma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

    1.7 Lebesgue-Räume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311.7.1 Die p-Norm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311.7.2 Denition von Lp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331.7.3 Vollständigkeit von LP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351.7.4 Der Raum LpC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381.7.5 C [a; b] als Unterraum von Lp [a; b] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

    2 Hilbertraum 432.1 Skalarprodukt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432.2 Skalarproduktnorm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452.3 Geometrische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 472.4 Denition von Hilbertraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 482.5 Konvexe Mengen im Hilbertraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 482.6 Orthogonale Projektoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 522.7 Approximation von Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 562.8 Stetige lineare Funktionale im Hilbertraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . 602.9 Orthogonale Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 622.10 Orthonormalbasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 652.11 Existenz orthogonaler Basis im separablen Hilbertraum . . . . . . . . . . . 682.12 Separabilität von Lebesgue-Räumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 702.13 Orthogonalbasen in L2 [a; b] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

    2.13.1 Polynome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 752.13.2 Trigonometrische Polynome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76

    2.14 Orthogonalbasen in L2 (A�B) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 782.15 Weitere Beispiele von Orthogonalbasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82

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  • iv CONTENTS

    3 Lineare Operatoren im Hilbertraum 853.1 Operatornorm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 853.2 Integraloperatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 883.3 Adjungierter Operator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 893.4 Inverser Operator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 933.5 Spektrum eines Operators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 943.6 Selbstadjungierte Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 963.7 Kompakte Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 993.8 Diagonalisierung von selbstadjungierten kompakten Operatoren . . . . . . 1043.9 Randwertproblem und Greenscher Operator . . . . . . . . . . . . . . . . . 1083.10 Sturm-Liouville-Problem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1143.11 Schrödinger-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1173.12 � Weitere Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118

    4 Funktionalkalkül von selbstadjungierten Operatoren 1214.1 Polynome von Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1214.2 Stetige Funktionen von selbstadjungierten Operatoren . . . . . . . . . . . . 1234.3 Der spektrale Abbildungssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1264.4 Weitere Eigenschaften von Funktionalkalkül . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

    5 � Spektralsatz für selbstadjungierte Operatoren 1315.1 Operator-Ungleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1315.2 Starke Konvergenz von Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1335.3 Monotone Grenzwerte der stetigen Funktionen und Funktionalkalkül . . . . 1345.4 Spektralschar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1385.5 Riemann-Stieltjes-Integral . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1395.6 Spektralsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

    6 Dualräume 1456.1 Denition von Dualraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1456.2 Dualraum von lp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1466.3 Satz von Hahn-Banach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1476.4 Bidualraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1506.5 Dualraum von l1 und Banachlimes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1516.6 Schwache Topologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1526.7 Prinzip der gleichmäßigen Beschränktheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1536.8 Schwache Vollständigkeit des Dualraums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1566.9 Schwache Präkompaktheit im Dualraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156

    7 � Sonstiges 1597.1 Satz von Picard-Lindelöf für lineare Di¤erentialgleichungen . . . . . . . . . 1597.2 Satz von Stone-Weierstraß. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1657.3 Satz über die o¤ene Abbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1697.4 Satz von der inversen Abbildung und Zerlegung von Spektrum . . . . . . . 1727.5 Satz von Arzela-Ascoli . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1747.6 Dualraum von C[a; b] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1757.7 Multiplikationsoperatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182

  • Chapter 1

    Normierter Vektorraum

    03.04.19

    Die Funktionalanalysis ist Analysis in unendlichdimensionalen Vektorräumen, insbeson-dere in Funktionenräumen, während Analysis I und Analysis II mit endlichdimensionalenRäumen beschäftigt sind.

    1.1 Vektorräume und Lineare Operatoren

    Vektorraum. Ein Vektorraum über KörperK ist eine Menge V mit Operationen Addition

    x; y 2 V 7! x+ y 2 V

    und skalare Multiplikation� 2 K; x 2 V 7! �x 2 V;

    die die folgenden Axiomen erfüllen:

    Denition.

    1. Nullvektor: es gibt ein 0 2 V mit x+ 0 = 0 + x = x für alle x 2 V .

    2. Das Negative: für jedes x 2 V existiert ein �x 2 V mit x+ (�x) = (�x) + x = 0:

    3. Assoziativgesetz für Addition: (x+ y) + z = x+ (y + z) :

    4. Kommutativgesetz für Addition: x+ y = y + x:

    5. Skalarmultiplikation mit 1: 1x = x für alle x:

    6. Assoziativgesetz für Skalarmultiplikation: (��)x = � (�x) :

    7. Distributivgesetz für Addition von Skalaren: (�+ �)x = �x+ �x:

    8. Distributivgesetz für Addition von Vektoren: � (x+ y) = �x+ �y:

    Der Körper K wird immer R oder C sein.

    1

  • 2 CHAPTER 1. NORMIERTER VEKTORRAUM

    Operator. Seien X;Y zwei Vektorräume über K. Eine Abbildung A : X ! Y heißtlinear falls die folgenden Identitäten gelten:

    A (x1 + x2) = A (x1) + A (x2)

    �A (x) = A (�x) ;

    für alle x1; x2 2 A und � 2 K. Lineare Abbildungen heißen auch Operatoren. Häugschreibt man für Operatoren Ax anstatt A (x).Die Vektorräume X;Y heißen isomorph falls es eine bijektive lineare Abbildung A :

    X ! Y gibt. Man schreibt in diesem Fall X �= Y: Das Isomorphismus ist eine Äquivalen-zrelation zwischen Vektorräumen, insbesondere, X �= Y und Y �= Z ergeben X �= Z. GiltX �= Y , dann sind alle Eigenschaften von Addition und skalar Multiplikation in X undY identisch.

    Unterraum und Faktorraum. Eine Teilmenge U 2 V heißtUnterraum falls U geschlossenbezüglich Addition und skalar Multiplikation ist, d.h. x; y 2 U ) x+ y 2 U und �x 2 U:Dann ist U selbst auch ein Vektorraum.Gegeben sei ein Unterraum U von V , man deniert eine Äquivalenzrelation � auf V :

    x � y genau dann wenn x� y 2 U .

    Behauptung. Die Relation � besitzt die folgenden Eigenschaften:1. x � x (Reexivität)

    2. x � y ) y � x (Symmetrie)

    3. x � y und y � z ) x � z (Transitivität)

    Beweis. 1. Wir haben x � x da x� x = 0 2 U:2. Gilt x � y so gilt x� y 2 U und somit auch y � x = � (x� y) 2 U und y � x.3. Gelten x � y und y � z dann gilt x � y 2 U und y � z 2 U , woraus folgt

    x� z = (x� y) + (y � z) 2 U und somit x � z:Jede Relation � mit den o.g. drei Eigenschaften heißt auch eine Äquivalenzrelation.Für jedes x 2 V bezeichnen wir mit [x] die Äquivalenzklasse von x, d.h. die folgende

    Teilmenge von V :[x] = fz 2 V : z � xg :

    Es ist klar, dass x 2 [x].

  • 1.1. VEKTORRÄUME UND LINEARE OPERATOREN 3

    Äquivalenzklassen von x und y

    U

    xy

    [x][y]

    Behauptung. Die Äquivalenzklassen erfüllen die folgenden Eigenschaften:

    1. x � y , [x] = [y]

    2. [x] und [y] sind entweder gleich oder disjunkt.

    Beweis. 1. Ist x � y so gilt für jedes z 2 V dass x � z , y � z woraus folgt, dassz 2 [x] , z 2 [y] und somit [x] = [y]. Ist [x] = [y] so gilt x 2 [y] und somit x � y nachDenition von Äquivalenzklassen.2. Ist der Schnitt [x]\ [y] nicht leer, so wählen wir ein z 2 [x]\ [y]. Dann gelten z � x

    und z � y woraus folgt x � y und somit [x] = [y] :Die Menge von allen Äquivalenzklassen wird mit V=U bezeichnet (das ist eine Teil-

    menge von P (V )). Man deniert die linearen Operationen in V=U wie folgt:

    [x] + [y] = [x+ y]

    � [x] = [�x]

    wobei � 2 K. Diese Operationen sind wohldeniert weil das Ergebnis unabhängig von derWahl des Vertreters der Klasse ist. Z.B. gilt x0 � x und y0 � y, so gilt auch x0+y0 � x+y,da

    (x0 + y0)� (x+ y) = (x0 � x) + (y0 � y) 2 U:

    Es ist einfach zu überprüfen, dass V=U ein Vektorraum ist. Der Vektorraum V=U heißtder Faktorraum oder Quotientenraum.Die Abbildung x 2 V 7! [x] 2 V=U ist eine lineare Abbildung von V nach V=U .

    Dimension. Eine Folge fx1; :::; xng von Vektoren aus dem Vektorraum V heißt linearunabhängig falls die einzige lineare Kombination von xk die verschwindet, ist die trivialeKombination, d.h.

    �1x1 + :::�nxn = 0) �1 = ::: = �n = 0:

  • 4 CHAPTER 1. NORMIERTER VEKTORRAUM

    Die Dimension dimV wird wie folgt deniert:

    dimV = sup fn: es gibt eine Folge von n linear unabhängigen Vektoren in V g :

    Insbesondere dimV = 1 falls es in V beliebig lange Folgen von unabhängigen Vektorengibt.Beispiel. Der Raum

    Rn = f(x1; :::; xn) : xi 2 Rghat Dimension n. Der Raum

    Cn = f(x1; :::; xn) : xi 2 Cg

    hat Dimension n als ein Vektorraum über C und 2n als ein Vektorraum über R. O¤en-sichtlich gilt Isomorphismus Cn �= R2n als Vektorräume über R.Beispiel. Betrachten wir auch die Menge

    R1 = ffxkg1k=1 : xk 2 Rg

    von allen unendlichen Folgen von reellen Zahlen. O¤ensichtlich ist R1 auch ein Vektor-raum bezüglich der Operationen

    fxkg+ fykg = fxk + ykg und � fxkg = f�xkg :

    Es gilt dimR1 = 1 da es eine unendliche linear unabhängige Menge von Vektoren inR1 gibt:

    e1 = f1; 0; 0; :::g ; e2 = f0; 1; 0; 0; :::g ; :::; ek = f0; :::; 0;kb1; 0; :::g; ::: (1.1)

    Betrachten wie die folgenden Teilmengen von R1:

    l1 =

    �fxkg1k=1 : sup

    kjxkj 0;

    lp =

    (fxkg1k=1 :

    1Xk=1

    jxkjp

  • 1.1. VEKTORRÄUME UND LINEARE OPERATOREN 5

    Funktionen fk

    x

    y

    Ik

    f k

    Funktionen fk

    Dann ist die Folge ffkgnk=1 linear unabhängig, da die Identität

    �1f1 + :::+ �nfn = 0

    auf I impliziert, dass für jedes Ik und für jedes t 2 Ik gilt

    �kfk (t) =

    nXj=1

    �jfj (t) = 0

    und somit �k = 0. Da n beliebig gross sein kann, so erhalten wir dimC (I) =1.Beispiel. Für jedes m 2 N bezeichnen wir mit Cm (I) die Menge von m-fach stetigdi¤erenzierbaren Funktionen auf I, was o¤ensichtlich ein Unterraum von C (I) ist. Beze-ichnen wir mit C1 (I) der Durchschnitt von allen Cm (I), so dass C1 (I) der Vektorraumvon allen unendlich oft di¤erenzierbaren Funktionen auf I ist. Dieser Raum ist auch 1-dimensional da die Funktionen fk im obigen Beispiel unendlich oft di¤erenzierbar gewähltwerden kann.

  • 6 CHAPTER 1. NORMIERTER VEKTORRAUM

    Beispiel. Bezeichnen with mit Pn die Menge von allen Polynomen des Grades � n mitreellen Koe¢ zienten. Jedes f 2 Pn hat die Form

    f (t) = a0 + a1t+ :::+ antn;

    wobei ak 2 R. Es ist klar, dass Pn ein Unterraum von C1 (R) ist. Andererseits ist Pnisomorph zu Rn+1; da die folgende Abbildung bijektive und linear ist:

    f 2 Pn 7! (a0; :::; an) 2 Rn+1:

    Insbesondere gilt dimPn = n+ 1:

    Kern und Bildraum. Für einen Operator A : X ! Y zwischen Vektorräumen X undY denieren wir den Kern von A

    kerA = fx 2 X : Ax = 0g

    und den Bildraum von AimA = fAx : x 2 Ag :

    Es ist klar, dass kerA ein Unterraum von X ist und imA ein Unterraum von Y (sieheAufgabe 2). Die folgenden zwei Sätze werden in Linearer Algebra bewiesen (siehe auchdie Aufgabe 2).

    Homomorphiesatz. Es giltimA �= X= kerA (1.2)

    Dimensionssatz Ist dimX

  • 1.2. DIE NORM 7

    Beispiel. Betrachten wir in C [a; b] einen Integraloperator

    Af =

    Z ba

    f (t) dt;

    was eine lineare Abbildung von C [a; b] nach R ist. Der Kern von A besteht aus allenFunktionen mit dem Integral 0, der Bildraum ist R.

    Beispiel. Fixieren wir ein n 2 N und bemerken, dass für jede Funktion f 2 C1 (R)auch die n-te Ableitung f (n) in C1 (R) liegt. Somit erhalten wir den Di¤erentialoperatorAf = f (n) von C1 (R) nach selbst. Für diesen Operator gilt

    kerA = Pn�1 und imA = C1 (R)

    und somit dimkerA = n. Insbesondere erhalten wir nach (1.2) den Isomorphismus

    C1 (R) =Pn�1 �= C1 (R) :

    05.04.19

    1.2 Die Norm

    Sei V ein Vektorraum über einen Körper K, wobei K = R oder K = C.Denition. Eine Funktion N : V ! R heißt Norm falls sie die folgenden Axiome erfüllt:

    (N1) N (x) > 0 für x 6= 0 und N (x) = 0 für x = 0 (Denitheit)

    (N2) N (x+ y) � N (x) +N (y) 8x; y 2 V (Dreiecksungleichung)

    (N3) N (�x) = j�jN (x) 8x 2 V; � 2 K (absolute Homogenität)

    Erfüllt N anstatt (N1) die schwachere Bedingung

    (N10) N (x) � 0 für alle x 2 V;

    so heißt N Halbnorm oder Seminorm.

    Denition. Ein normierter Vektorraum ist ein Paar (V;N) wobei V ein Vektorraum überR oder C ist und N eine Norm auf V .Normalerweise bezeichnet man die Norm N (x) als kxk.

    Beispiel. In Rn werden die folgenden Normen häug benutzt: die 1-Norm

    kxk1 = jx1j+ :::+ jxnj

    und die 2-Norm (auch die Euklidische Norm genannt):

    kxk2 =qx21 + :::+ x

    2n:

  • 8 CHAPTER 1. NORMIERTER VEKTORRAUM

    Beispiel. In C [a; b] betrachten wir die sup-Norm

    kfkC[a;b] = supx2[a;b]

    jf (x)j = maxx2[a;b]

    jf (x)j :

    Im Raum C l [a; b] mit l 2 N benutzt man die Norm

    kfkCl[a;b] = max0�k�l

    maxx2[a;b]

    ��f (k) (x)�� :Beispiel. Betrachten wir verschiedene Normen im Vektorraum Pn von Polynomen desGrades � n. Für jedes Polynom f (t) = a0 + a1t + ::: + antn 2 Pn kann man eine Normaus Rn+1 benutzen, zum Beispiel

    kfk1 = ja0j+ ja1j+ :::+ janj

    oderkfk2 =

    qa20 + a

    21 + :::+ a

    2n:

    Andererseits ist jedes Polynom eine stetige Funktion auf jedem Intervall [a; b] mit reellena < b, und we können auch die sup-Norm benutzen:

    kfkC[a;b] = maxt2[a;b]

    jf (t)j :

    Da jedes Polynom unendlich oft di¤erenzierbar ist, so auch kfkCl[a;b] ist für jedes l 2 Neine Norm in Pn.Gibt es eine Beziehung zwischen den Normen auf einem Raum? Für die endlichdi-

    mensionalen Räume wird die Antwort von dem folgenden Satz gegeben.

    Satz 1.1. Seien N1 und N2 zwei Normen auf einem endlichdimensionalen VektorraumV . Dann existieren positive Konstanten c; C mit

    cN2 (x) � N1 (x) � CN2 (x) für alle x 2 V: (1.3)

    Beliebige zwei Normen N1 und N2 die (1.3) erfüllen, heißen äquivalent. Es folgt: alleNormen auf einem endlichdimensionalen Vektorraum sind äquivalent.

    Beweis. Sei n = dimV . Dann ist V isomorph zu Rn, so reicht es zu beweisen, dass alleNormen auf Rn äquivalent sind. Darüber hinaus reicht es zu beweisen, dass eine beliebigeNorm N auf Rn zur 1-Norm äquivalent ist.Betrachten wir die Basisvektoren ek = (0; :::; 0; 1; 0; :::; 0) wobei die einzige Eins auf

    der Position k steht. Für jedes x = (x1; :::; xn) 2 Rn erhalten wir mit Hilfe von Axiomen(N2) und (N3)

    N (x) = kx1e1 + :::+ xnenk � jx1jN (e1) + :::+ jxnjN (en) � Ckxk1; (1.4)

    wobei C = maxkN (ek). Insbesondere folgt es, dass die Funktion N : Rn ! R stetigbezüglich der 1-Norm ist, weil

    jN (x)�N (y)j � N (x� y) � Ckx� yk1:

  • 1.2. DIE NORM 9

    Betrachten die Einheitssphäre

    S = fx 2 Rn : kxk1 = 1g ;

    die eine beschränkte und abgeschlossene Menge ist. Somit erreicht die stetige FunktionN das Maximum und Minimum auf K. Setzen wir

    M = maxS

    N und m = minSN:

    Da N (x) > 0 auf S, so haben wir

    M � m > 0:

    Für jedes x 2 Rn n 0 gilt xkxk1 2 S woraus folgt

    m � N�

    x

    kxk1

    ��M

    und somitmkxk1 � N (x) �Mkxk1: (1.5)

    Für x = 0 gilt diese Ungleichung trivialerweise. Nach (1.5) sind N und die 1-Normäquivalent, was zu beweisen war.Insbesondere sind die Normen kfk2 und kfkC[a;b] auf Pn äquivalent, was ohne den Satz

    1.1 überhaupt nicht o¤ensichtlich ist.Jetzt betrachten wir weitere Normen in Rn. Für jedes p 2 [1;1) denieren with die

    p-Norm von x 2 Rn mitkxkp = (jx1j

    p + :::+ jxnjp)1=p

    und für p =1 die 1-Norm mit

    kxk1 = max (jx1j ; :::; jxnj) :

    Für p = 1 und p = 2 wurden diese Normen oberhalb schon deniert. Der Grund für dieNotation kxk1 ist die Konvergenz

    kxpk ! kxk1 für p!1:

    Im Raum

    lp =

    (fxkg1k=1 : xk 2 R und

    1Xk=1

    jxkjp

  • 10 CHAPTER 1. NORMIERTER VEKTORRAUM

    Satz 1.2. Die p-Norm ist eine Norm in Rn und in lp für jedes p 2 [1;1] :

    Die Eigenschaften (N1) und (N3) für die p-Norm sind trivialerweise erfüllt. In derTat, die p-Norm kxkp ist immer nichtnegativ und verschwindet genau dann, wenn alleKomponenten xk gleich Null sind, d.h. wenn x = 0. Die absolute Homogenität beweistman wie folgt: für � 2 K, x 2 Rn bzw x 2 lp und für p 2 [1;1) erhalten wir

    k�xkp = X

    k

    j�xkjp!1=p

    =

    Xk

    j�jp jxkjp!1=p

    = j�j X

    k

    jxkjp!1=p

    = j�j kxkp ;

    während für p =1 gilt

    k�xk1 = supkj�xkj = j�j sup

    kjxkj = j�j kxk1 :

    Die Hauptsache ist die Dreiecksungleichung (N2) zu beweisen, d.h.

    kx+ ykp � kxkp + kykp (1.6)

    für alle x; y aus Rn bzw lp. Die Ungleichung (1.6) heißt Minkowski-Ungleichung. Wirwerden sie mit Hilfe von der Hölder-Ungleichung beweisen.Jedes Paar p; q 2 [1;1] heißt konjugierte Hölder-Exponenten falls

    1

    p+1

    q= 1: (1.7)

    Z.B. die Paaren 1;1 und 2; 2 sind konjugierte Hölder-Exponenten.

    Lemma 1.3. (Hölder-Ungleichung) Für alle x; y 2 Rn gilt

    jx � yj � kxkp kykq (1.8)

    wobei x�y =Pn

    k=1 xkyk das Skalarprodukt in Rn ist und p; q konjugierte Hölder-Exponenten.

    Z.B. für p = q = 2 erhalten wir die Cauchy-Schwarz-Ungleichung

    jx � yj � kxk2 kyk2 :

    Beweis. Für p = 1 und q =1 haben wir

    jx � yj = jx1y1 + :::+ xnynj �nXk=1

    jxkj jykj �

    nXk=1

    jxkj!maxkjykj = kxk1 kyk1 :

    Der gleiche Argument gilt für p = 1 und q = 1. Jetzt nehmen wir an, dass 1 < p < 1und daher 1 < q < 1. Gilt x = 0 oder y = 0 so ist (1.8) trivial. Nehmen wir an, dassx; y 6= 0.Wird in der Ungleichung (1.8) x durch �x ersetzt (wobei � 2 K), so werden die beiden

    Seiten mit j�j multipliziert, da

    j(�x) � yj = j� (x � y)j = j�j jx � yj

  • 1.2. DIE NORM 11

    undk�xkp kykq = j�j kxkp kykq :

    Somit können wir in (1.8) x durch �x mit einem beliebigen � 2 K n f0g ersetzen. Ins-besondere nehmen wir ohne Beschränkung der Allgemeinheit an, dass kxkp = 1. Analognehmen wir an, dass kykq = 1.Weiter benutzen wir die Young-Ungleichung

    ap

    p+bq

    q� ab, (1.9)

    die unter der Bedingung (1.7) für alle a; b � 0 gilt. Für a = jxkj und b = jykj erhalten wir

    jxkjp

    p+jykjq

    q� jxkj jykj

    und somitnXk=1

    �jxkjp

    p+jykjq

    q

    ��

    nXk=1

    jxkj jykj � jx � yj : (1.10)

    Mit Hilfe von kxkp = kykq = 1 und (1.7) erhalten wir, dass die linke Seite von (1.10)gleich

    1

    p

    nXk=1

    jxkjp +1

    q

    nXk=1

    jykjq =1

    pkxkpp +

    1

    qkykqq =

    1

    p+1

    q= 1 = kxkpkykq

    ist, woraus (1.8) folgt.

    Beweis von dem Satz 1.2. Wir müssen (1.6) für alle x; y 2 Rn bzw x; y 2 lp beweisen.Sei zuerst p = 1. Für x; y 2 Rn bzw x; y 2 l1 gilt

    kx+ yk1 =Xk

    jxk + ykj �Xk

    (jxkj+ jykj) =Xk

    jxkj+Xk

    jykj = kxk1 + kyk1 :

    Im Fall p =1, für x; y 2 Rn bzw x; y 2 l1 erhalten wir

    kx+ yk1 = supkjxk + ykj � sup

    k(jxkj+ jykj) � sup

    kjxkj+ sup

    kjykj = kxk1 + kyk1 :

    Sei jetzt 1 < p < 1. Beweisen wir zuerst (1.6) für x; y 2 Rn. Ohne Beschränkung derAllgemeinheit können wir annehmen, dass xk � 0 und yk � 0. Wir haben dann

    kx+ ykpp =nXk=1

    (xk + yk)p =

    nXk=1

    xk (xk + yk)p�1 +

    nXk=1

    yk (xk + yk)p�1 : (1.11)

    Setzen wir zk = (xk + yk)p�1 und bemerken, dass nach der Hölder-Ungleichung gilt

    nXk=1

    xk (xk + yk)p�1 =

    nXk=1

    xkzk � kxkp kzkq

    undnXk=1

    yk (xk + yk)p�1 =

    nXk=1

    ykzk � kykp kzkq ;

  • 12 CHAPTER 1. NORMIERTER VEKTORRAUM

    wobei q = pp�1 der zu p konjugierte Hölder-Exponent ist. Es gilt

    kzkq =

    nXk=1

    (xk + yk)(p�1)q

    ! 1q

    =

    nXk=1

    (xk + yk)p

    ! 1ppq

    = kx+ ykp=qp ;

    wobei wir die Identität (p� 1) q = p benutzt haben. Somit erhalten wir

    nXk=1

    xk (xk + yk)p�1 � kxkp kx+ yk

    p=qp

    und analognXk=1

    yk (xk + yk)p�1 � kykp kx+ yk

    p=qp :

    Addieren diese Ungleichungen und Einsetzen in (1.11) ergibt

    kx+ ykpp ��kxkp + kykp

    �kx+ ykp=qp :

    Daraus folgt, dasskx+ ykp�p=qp � kxkp + kykp :

    Da

    p� pq= p

    �1� 1

    q

    �= p � 1

    p= 1;

    so erhalten wir (1.6).Für x; y 2 lp erhalten wir für jedes n 2 N nach der Minkowski-Ungleichung in Rn

    nXk=1

    jxk + ykjp!1=p

    nXk=1

    jxkjp!1=p

    +

    nXk=1

    jykjp!1=p

    :

    Lassen wir n!1 und erhalten die Minkowski-Ungleichung in lp. 10.04.19

    1.3 Konvergenz und Topologie in normierten Vek-torräumen

    Sei X eine Menge. Eine Funktion d : X ! R heißt Metrik (oder Abstandsfunktion), fallssie die folgenden Axiomen von Metrik erfüllt:

    (D1) d (x; y) > 0 falls x 6= y und d (x; x) = 0 (Denitheit)

    (D2) d (x; y) � d (x; z) + d (y; z) (Dreiecksungleichung)

    (D3) d (x; y) = d (y; x) (Symmetrie).

  • 1.3. KONVERGENZ UND TOPOLOGIE 13

    Das Paar (X; d) heißt metrischer Raum. Im metrischen Raum deniert man Kon-vergenz von Folgen wie folgt: xn ! x für n ! 1 genau dann, wenn d (xn; x) ! 0 fürn!1: Man schreibt auch xn

    d! x und

    x = d- limn!1

    xn = limn!1

    xn:

    Mit Hilfe von Konvergenz deniert man abgeschlossene Mengen: eine Menge M � Xheißt abgeschlossen falls für jede konvergierte Folge fxng aus M gilt limxn 2M .Eine Menge � X heißt o¤en falls das Komplement c = X n abgeschlossen ist.

    Eine äquivalente Denition von o¤enen Menge ist wie folgt. Bezeichnen wir mit B (x; r)eine metrische Kugel in (X; d) mit dem Mittelpunkt x und Radius r, d.h.

    B (x; r) = fy 2 X : d (x; y) < rg :

    Dann ist eine Menge o¤en genau dann, wenn

    8x 2 9r > 0 mit B (x; r) � :

    Das Mengensystem von o¤enen Mengen erfüllt die Axiomen von Topologie. Erinnernwir uns an folgendes: eine Topologie auf X ist ein Mengensystem O � P (X), die diefolgenden Axiomen erfüllt:

    (O1) ; und X gehören zu O.

    (O2) Für beliebige Familie f�g�2I von Mengen � 2 O auch die VereinigungS�2I �

    gehört zu O:

    (O3) Für jede endliche Familie fkgnk=1 von Mengen k 2 O auch der DurchschnittTnk=1k gehört zu O:

    Das Paar (X;O) heißt topologischer Raum.Es ist leicht zu beweisen, dass das Mengensystem O von den oberhalb denierten

    o¤enen Mengen in (X; d) diese Axiome erfüllt. Somit is jeder metrische Raum (X; d)auch ein topologischer Raum.Sei jetzt V ein normierter Vektorraum mit der Norm k�k. Die Norm induziert eine

    Metrik d auf V durch die Festlegung

    d (x; y) = kx� yk ;

    für alle x; y 2 V , die o¤ensichtlich alle Axiome von Metrik erfüllt, so dass (V; d) einmetrischer Raum ist, sowie auch ein topologischer Raum. Die von der Norm erzeugteTopologie heißt die Norm-Topologie.Gegeben seien zwei äquivalente Normen auf V . Dann erzeugen diese Normen die gle-

    iche Topologie da die Konvergenzen bezüglich dieser Topologien äquivalent sind. Z.B.es folgt aus dem Satz 1.1, dass es in endlichdimensionaler Vektorraum nur eine Norm-Topologie gibt. Somit hat jeder endlichdimensionaler Vektorraum eine kanonische Topolo-gie.Allerdings ist es nicht der Fall für die 1-dimensionalen Vektorräume.

  • 14 CHAPTER 1. NORMIERTER VEKTORRAUM

    Beispiel. Betrachten wir den Vektorraum C [a; b] mit der sup-Norm. Dann ist die Kon-vergenz fn ! f in diesem Raum stimmt mit der gleichmäßigen Konvergenz fn � f auf[a; b] überein.

    Beispiel. Betrachten wir im Vektorraum C1 [0; 1] zwei Normen:

    N1 (f) = kfkC[0;1] = maxt2[0;1]

    jf (t)j

    und

    N2 (f) = kfkC1[0;1] = max�maxt2[0;1]

    jf (t)j ; maxt2[0;1]

    jf 0 (t)j�:

    Für die Folge fn (t) = 1n sinnt gilt o¤ensichtlich N1 (f) =1nund somit fn ! 0 bezüglich

    die Norm N1. Andererseits f 0n = cosnt und N2 (fn) = 1, woraus folgt, dass fn 6! 0bezüglich N2. Somit erzeugen N1 und N2 zwei verschiedene Topologien, insbesonderesind N1 und N2 nicht äquivalent.

    1.4 Vollständigkeit

    Sei (X; d) ein metrischer Raum. Eine Folge fxng von Elementen von X heißt Cauchy-Folge (oder Fundamentalfolge) falls d (xk; xm) ! 0 für l;m ! 1: Der metrische Raum(X; d) heißt vollständig falls jede Cauchy-Folge konvergiert.

    Denition. Ein normierter Vektorraum (V; k�k) heißt Banachraum falls der metrischeRaum (V; d) mit der Metrik d (x; y) = kx� yk vollständig ist.Man benutzt Vollständigkeit von den Räumen um Existenz von Lösungen von bes-

    timmten Gleichungen zu beweisen. Eine mögliche Methode zur Nutzung der Vollständigkeitist der Fixpunktsatz von Banach aus Analysis II.

    Satz 1.4. (Fixpunktsatz von Banach) Seien (X; d) ein vollständiger metrischer Raumund T : X ! X eine Kontraktionsabbildung, d.h. es gibt ein q 2 (0; 1) mit

    d (T (x) ; T (y)) � qd (x; y) für alle x; y 2 X:

    Dann besitzt T genau einen Fixpunkt, d.h. es gibt ein x 2 X mit T (x) = x:

    Eine andere Methode ist das folgende Majorantenkriterium für Konvergenz von Rei-hen.

    Satz 1.5. Seien V ein Banachraum und fxng eine Folge von Elementen von V . Danngilt

    1Xn=1

    kxnk

  • 1.4. VOLLSTÄNDIGKEIT 15

    Für m > k haben wir

    Sm � Sk =mX

    n=k+1

    xn

    und nach der Dreiecksungleichung

    kSm � Skk �mX

    n=k+1

    kxnk :

    DaP1

    n=1 kxnk

  • 16 CHAPTER 1. NORMIERTER VEKTORRAUM

    (i) x 2 lp

    (ii) x(k) ! x in lp, d.h.

    x(k) � x

    p! 0:

    Da�x(k)1k=1

    eine Cauchy-Folge ist, so gilt folgendes:

    8" > 0 9N 8k;m � N

    x(k) � x(m)

    p� "; (1.12)

    d.h.1Xi=1

    ���x(k)i � x(m)i ���p � "p:Insbesondere gilt für jedes n (und für alle k;m � N)

    nXi=1

    ���x(k)i � x(m)i ���p � "p:Für m!1 gilt x(m)i ! xi und somit

    nXi=1

    ���x(k)i � xi���p � "p:Für n!1 erhalten wir

    1Xi=1

    ���x(k)i � xi���p � "p: (1.13)Insbesondere gilt

    x(k) � x

    p

  • 1.4. VOLLSTÄNDIGKEIT 17

    (i) f 2 C [a; b]

    (ii) kfk � fkC[a;b] ! 0:

    Nach der Cauchy-Bedingung haben wir

    8" > 0 9N 8k;m � N supt2[a;b]

    jfk (t)� fm (t)j � ":

    Insbesondere gilt für jedes t 2 [a; b]

    jfk (t)� fm (t)j � ":

    Für m!1 erhalten wirjfk (t)� f (t)j � ";

    woraus folgt, dass auchsupt2[a;b]

    jfk (t)� f (t)j � ":

    Deshalb erhalten wir die gleichmäßige Konvergenz

    fk � f auf [a; b] :

    Es ist bekannt, dass der gleichmäßige Grenzwert der Folge von stetigen Funktionen immerstetig ist. Somit gilt f 2 C [a; b] und dann auch kfk � fkC[a;b] ! 0:12.04.19Jetzt beweisen wir, dass Cn [a; b] vollständig für alle n 2 N ist. Sei ffkg eine Cauchy-

    Folge in Cn [a; b] ; d.h.

    kfk � fmkCn[a;b] ! 0 für k;m!1:

    Dann gilt für jedes i = 0; :::; n

    f (i)k � f (i)m

    C[a;b]

    ! 0 für k;m!1;

    d.h. die Folgenf(i)k

    o1k=1

    eine Cauchy-Folge in C [a; b] ist. Somit konvergiert diese Folge

    in C [a; b] für jedes i = 0; :::; n: Setzen wir:

    fk � f für k !1

    und, für jedes i = 1; :::; n;f(i)k � gi für k !1:

    Benutzen wir die folgende Behauptung: gilt fk � f und f 0k � g für stetige Funktionenf; g, so gilt g = f 0: Daraus folgt, dass gi = f (i) und somit

    f(i)k � f (i) für k !1:

    Wir beschließen, dass f 2 Cn [a; b] und kfk � fkCn[a;b] ! 0, was zu beweisen war.Beispiel. Zeigen wir, dass der Raum C1 [�1; 1] mit der sup-Norm nicht vollständig ist.Dafür betrachten wir die Folge fk (t) = jtj1+

    1k :

  • 18 CHAPTER 1. NORMIERTER VEKTORRAUM

    Konvergenz fk � f

    -1.2 -1.0 -0.8 -0.6 -0.4 -0.2 0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 1.2

    0.2

    0.4

    0.6

    0.8

    1.0

    t

    f_k

    f

    Konvergenz fk � f

    Diese Folge liegt in C1 [�1; 1] und konvergiert gleichmäßig gegen f (t) = jtj für k !1.Somit ist ffkg eine Cauchy-Folge in C1 [�1; 1] aber der Grenzwert in C1 [�1; 1] existiertnicht weil f =2 C1 [1; 1] : Allerdings existiert der Grenzwert im größeren Raum C [�1; 1] :Beispiel. Als Beispiel von Anwendung des Satzes 1.5 untersuchen wir die Summe einercos-Fourier-Reihe

    f (t) =

    1Xk=1

    ak cos kt (1.14)

    wobei ak 2 R. Es reicht diese Reihe auf der Periode [0; 2�] zu betrachten. Wir haben

    kcos ktkC[0;2�] = supt2[0;2�]

    jcos ktj = 1

    und somitkak cos ktkC[0;2�] = jakj :

    Nach dem Majorantenkriterium gilt folgendes: konvergiert die ReiheP1

    k=1 jakj so kon-vergiert die Reihe (1.14) im C [0; 2�] und somit ist ihre Summe f eine stetige Funktion.Betrachten wir jetzt dieselbe Reihe im C1 [0; 2�] : Wir haben

    (cos kt)0 = �k sin kt

    und somitsupt2[0;2�]

    ��(cos kt)0�� = k

  • 1.5. SATZ VON PICARD-LINDELÖF 19

    undkak cos ktkC1[0;2�] = k jakj :

    Wir erhalten folgendes: konvergiert die ReiheP1

    k=1 k jakj so konvergiert die Reihe (1.14)im C1 [0; 2�] und somit ist die Summe f stetig di¤erenzierbar.Analog beweist man folgendes: konvergiert die Reihe

    P1k=1 k

    n jakj so konvergiert dieReihe (1.14) im Cn [0; 2�] und somit ist die Summe f n-fach stetig di¤erenzierbar.

    1.5 Satz von Picard-Lindelöf

    Als Beispiel von Anwendung des Begri¤es von Vollständigkeit zusammen mit dem Fix-punktsatz von Banach beweisen wir die Existenz von Lösung der gewöhnlichen Di¤eren-tialgleichung

    x0 = f (t; x) ; (1.15)

    wobei f eine gegebene Funktion ist und x (t) eine unbekannte Funktion. Seien eineo¤ene Teilmenge von R2 and f (t; x) eine reellwertige stetige Funktion in : Eine Funk-tion x : I ! R (wobei I ein Intervall ist) heißt eine Lösung von (1.15) falls sie in Idi¤erenzierbar ist und

    (t; x (t)) 2 und x0 (t) = f (t; x (t)) :Die erste Bedingung hier bedeutet, dass der Graph von x in liegt, und sie ist notwendigfür die Wohldeniertheit von f (t; x (t)) :Beispiel. Betrachten die Di¤erentialgleichung

    x0 = � tx

    (1.16)

    im Halbebene = f(t; x) 2 R2 : x > 0g : Diese Gleichung lässt sich wie folgt lösen:

    x0 = � tx, xx0 = �t,

    �x2

    2

    �0= �t, x

    2

    2= �t

    2

    2+ C , x =

    p2C � t2;

    wobei C eine beliebige positive Konstante ist. Der Denitionsbereich dieser Lösung istt 2 [�

    p2C;

    p2C]:

    Die Konstante C wird eindeutig aus der Anfangsbedingung

    x (0) = x0

    bestimmt wie folgt:p2C = x0 und somit C0 =

    x202:

  • 20 CHAPTER 1. NORMIERTER VEKTORRAUM

    Lösungen von (1.16)

    t

    x

    Lösungen von (1.16)

    Hauptsatz 1.7. Sei die Funktion f : ! R stetig in (t; x) und stetig di¤erenzierbar in x(d.h. die partielle Ableitung @xf existiert und ist stetig in ). Dann für jedes (t0; x0) 2

    hat das Anfangswertproblem �

    x0 = f (t; x) ;x (t0) = x0;

    (1.17)

    eine Lösung x (t).

    Die Eindeutigkeitsaussage gilt auch: gibt es zwei Lösungen x1 und x2 von (1.17) dieauf den Intervallen I1 bzw I2 deniert sind, so gilt x1 (t) = x2 (t) für alle t 2 I1 \ I2:Wir fangen den Beweis von Satz 1.7 mit der folgenden Behauptung an.

    Lemma 1.8. Sei x : I ! R eine stetige Funktion auf einem Intervall I, so dass t0 2 Iund (t; x (t)) 2 für jedes t 2 I. Erfüllt x (t) die Integralgleichung

    x (t) = x0 +

    Z tt0

    f (s; x (s)) ds für alle t 2 I; (1.18)

    so löst die Funktion x (t) das Anfangswertproblem (1.17).

    Beweis. Die rechte Seite von (1.18) ist in t di¤erenzierbar; deshalb ist x (t) auch di¤eren-zierbar. Ableiten von (1.18) ergibt x0 = f (t; x), und die Anfangsbedingung x (t0) = x0folgt o¤ensichtlich aus (1.18).Die Umkehrung gilt auch: löst x (t) (1.17), so folgt es aus der Gleichung x0 = f (t; x (t)),

    dass x0 (t) stetig ist, so dass man diese Gleichung integrieren kann und somit erhaltenZ tt0

    x0 (s) ds =

    Z tt0

    f (s; x (s)) ds

    und

    x (t)� x0 =Z tt0

    f (s; x (s)) ds;

  • 1.5. SATZ VON PICARD-LINDELÖF 21

    woraus (1.18) folgt.

    Beweis von dem Satz 1.7. Wir bilden einen vollständigen metrischen Raum (X; d)und eine Selbstabbildung T von X, so dass die Gleichung Tx = x äquivalent zum An-fangswertproblem (1.17) ist. Ist T eine Kontraktionsabbildung so erhalten wir die Existenzder Lösung nach dem Fixpunktsatz von Banach.Wählen wir positive Konstante " und � so klein, dass das Rechteck

    R = [t0 � �; t0 + �]� [x0 � "; x0 + "]

    Teilmenge von ist. Setzen wir

    L = supRj@xf j

  • 22 CHAPTER 1. NORMIERTER VEKTORRAUM

    Denieren wir einen Integraloperator T auf Funktionen x 2 X wie folgt

    Tx (t) = x0 +

    Z tt0

    f (s; x (s)) ds: (1.21)

    Wir möchten sicher sein, dass T eine Selbstabbildung von X ist, d.h.,

    x 2 X ) Tx 2 X:

    Bemerken wir, dass für jede Funktion x 2 X und für alle s 2 I der Punkt (s; x (s)) inR � liegt, so dass das Integral in (1.21) für jedes t 2 I wohldeniert ist. Somit istdie Funktion Tx (t) auf ganzem Intervall I wohldeniert. Diese Funktion ist o¤ensichtlichstetig. Es bleibt nur zu zeigen, dass die Werte von Tx (t) in J liegen, d.h.

    jTx (t)� x0j � " für alle t 2 I: (1.22)

    Für jedes t 2 I erhalten wir nach (1.21) und LM -Ungleichung für Integrale:

    Tx (t)� x0 =����Z tt0

    f (s; x (s)) ds

    �����

    ����Z tt0

    jf (s; x (s))j ds����

    � sup(s;x)2R

    jf (s; x)j jt� t0j

    � Mr;

    wobeiM := sup

    (s;x)2Rjf (s; x)j

  • 1.6. MASS UND LEBESGUE-INTEGRAL 23

    Für beliebige Funktionen x; y 2 X und für jedes t 2 I, gilt x (t) ; y (t) 2 J , woraus folgtmit Hilfe von (1.19), dass

    jTx (t)� Ty (t)j =����Z tt0

    f (s; x (s)) ds�Z tt0

    f (s; y (s)) ds

    �����

    ����Z tt0

    jf (s; x (s))� f (s; y (s))j ds����

    �����Z tt0

    L jx (s)� y (s)j ds����

    � L jt� t0j sups2Ijx (s)� y (s)j

    � Lr kx� yk

    und somit

    kTx� Tyk = supt2IjTx (t)� Ty (t)j � Lr kx� yk :

    Jetzt wählen wir r so klein, dass r zusätzlich zu (1.20) und (1.23) auch die folgendeBedingung erfüllt:

    r <1

    L:

    Dann ist T eine Kontraktionsabbildung, und nach dem Fixpunktsatz von Banach hat dieGleichung Tx = x eine Lösung x 2 X, was zu beweisen war.17.04.19

    1.6 Maßund Lebesgue-Integral

    Dieser Abschnitt ist eine Zusammenfassung von Maß- und Integrationstheorie, meistensohne Beweise.

    1.6.1 Motivation

    Betrachten wir im Raum C [a; b] die 1-Norm

    kfk1 =Z ba

    jf (t)j dt

    (siehe Aufgabe 11). Das ist eine Norm in C [a; b] ist, aber der Raum C [a; b] mit dieserNorm ist nicht vollständig, was im nächsten Beispiel gezeigt wird.

    Beispiel. Betrachten wir die Folge ffng1n=1 von Funktionen aus C [0; 1]:

    fn (t) = min

    �1pt; n

    �=

    �n; t � 1=n21pt; t � 1=n2

  • 24 CHAPTER 1. NORMIERTER VEKTORRAUM

    Funktionen fn und fm

    t

    n

    m

    1/m21/n2

    Funktionen fn und fm

    Für alle n > m haben wir

    0 � (fn � fm) (t) �

    8

  • 1.6. MASS UND LEBESGUE-INTEGRAL 25

    1.6.2 Das Maß

    Der abstrakte Begri¤ von Maßist eine Verallgemeinerung von den Begri¤en von Länge,Flächeninhalt, Volumen und sogar Wahrscheinlichkeit.

    Denition. Sei X eine Menge. Eine �-Algebra auf X ist ein Mengensystem S vonTeilmengen von X (d.h. S � P (X)) mit den folgenden Eigenschaften:

    (A1) ; und X sind Elemente von S

    (A2) A 2 S ) Ac 2 S

    (A3) Ist fAkgk2N eine Folge von Elementen von S, so giltSk2NAk 2 S:

    Es folgt aus (A1) und (A3), dass

    A;B 2 S ) A [B 2 S:

    Mit Hilfe von (A2) erhalten wir, dass für A;B 2 S

    A \B = (Ac [Bc)c 2 S:

    Auch für beliebige A;B 2 S gilt

    A nB = A \Bc 2 S:

    Man beweist auch, dass für jede Folge fAkgk2N aus S giltT1k=1Ak 2 S: Somit ist die

    �-Algebra S abgeschlossen bezüglich Mengenoperationen n;[;\ wobei die Vereinigungund Durchschnitt sich auf unendlichen Folgen durchführen lassen.Die Elementen von der �-Algebra S heißen auch messbare Mengen.

    Bemerkung. Der Buchstabe � in �-Algebrabezieht sich auf die abzählbare Vere-inigung in (A3). Gilt (A3) nur für die endlichen Vereinigungen, so heißt S eine Algebra(ohne �).

    Denition. Ein Ma� auf S ist eine Funktion � : S ! R mit den folgenden Eigen-schaften:

    (M1) (Positivität) � (A) � 0 für alle A 2 S:

    (M2) (�-Additivität) für jede Folge fAkgk2N von disjunkten messbaren Mengen gilt

    � Fk2N

    Ak

    �=Xk2N

    � (Ak) : (1.24)

    Man nennt den Wert � (A) das Maßvon A.Es folgt aus (1.24) mit Ak = ; dass � (;) = 0: Es folgt auch, dass für beliebige disjunkte

    Mengen A;B 2 S gilt� (A tB) = � (A) + � (B) ; (1.25)

    da A tB =Fk2NAk mit A1 = A, A2 = B und Ak = ; für alle k > 2:

  • 26 CHAPTER 1. NORMIERTER VEKTORRAUM

    Bemerkung. Der Buchstabe �in �-Additivitätbezieht sich auf die abzählbare Vere-inigung/Summe in (1.24). Die ähnliche Eigenschaft (1.24) heißt dieAdditivität (ohne �).

    Denition. Ein Maßraum ist das Dreifache (X;S; �) ; wobei S eine �-Algebra auf X istund � ein Maßauf S.

    Eine besondere Rolle in der Maßtheorie spielen die Nullmengen.

    Denition. Jede messbare Menge mit Maß0 heißt Nullmenge.Es folgt aus (1.24), dass � (;) = 0 so dass ; eine Nullmenge ist. Aber es kann auch

    nichtleere Nullmengen geben. Es folgt aus (1.24), dass abzählbare Vereinigung von Null-mengen wieder eine Nullmenge ist.

    Denition. Ein Maßheißt vollständig, falls jede Teilmenge der Nullmenge ist auch Null-menge.

    Jedes Maß� lässt sich vervollständigen wie folgt. Denieren wir die Erweiterung S 0

    der �-Algebra S mit

    S 0 = fA [B : A 2 S und B ist Teilmenge einer Nullmengeg :

    Dann ist S 0 auch eine �-Algebra, und � lässt sich auf S 0 wie folgt erweitern:

    � (A [B) = � (A) :

    Man kann beweisen, dass (�; S 0) ein vollständiges Maßist, was die Vervollständigung von(�; S) heißt.

    1.6.3 Lebesgue-Maßin Rn

    Sei X ein beschränktes Intervall in R. Für jedes Intervall I � X denieren wir die Länge` (I) mit

    ` (I) = b� a

    wobei a; b die Endpunkten von I sind. Wir möchten die Länge ` wie ein Maßbetrachten.Die Menge von allen Intervallen auf X ist keine �-Algebra, da die Vereinigung zweier

    Intervallen kein Interval sein kann.Sei B (X) die minimale �-Algebra auf X die alle Intervalle enthält. Solche �-Algebra

    existiert als Durchschnitt von allen �-Algebren die alle Intervalle enthalten, und ist of-fensichtlich eindeutig bestimmt. Die �-Algebra B (X) heißt die Borel-�-Algebra and dieElemente von B (X) heißen Borel(-messbare) Mengen in X.

    Satz 1.9. Die Länge ` lässt sich auf B (X) als ein Maßeindeutig erweitern.

    Die Vervollständigung von (`;B (X)) wird mit (`;L (X)) bezeichnet. Die �-AlgebraL (X) heißt die Lebesgue-�-Algebra, und L (X) ist der natürliche Denitionsbereich derLänge. Die Elemente von L (X) heißen Lebesgue-messbare Mengen in X. Das Maß̀ aufL (X) heißt das Lebesgue-Maßauf X:Man kann zeigen, dass ` auf der ganze Potenzmenge P (X) nicht als Maßfortsetzbar.

    Das Lebesgue-Maßlässt sich auch auf X = R denieren, aber dann man den Wert1 fürdas Maßerlauben muss.

  • 1.6. MASS UND LEBESGUE-INTEGRAL 27

    Es ist klar aus der Konstruktion, dass jede Menge fxg die aus einem Punkt x 2 Xbesteht eine Nullmenge ist. Es folgt, dass die Menge von allen rationalen Zahlen in Xauch Nullmenge ist als abzählbare Vereinigung von Nullmengen.Ähnliche Konstruktion gilt in Rn. Fixieren wir eine beschränkte o¤ene Teilmenge X

    von Rn: Man deniert erst das Volumen `n von n-dimensionalen Quadern

    Q = I1 � :::� In � X

    mit`n (Q) = ` (I1) :::` (In) :

    Sei B (X) die Borel-�-Algebra in X, d.h. B (X) ist die minimale �-Algebra auf X, diealle Quadern enthält.

    Satz 1.10. Das Volumen `n lässt sich auf B (X) als ein Maßeindeutig erweitern.

    Die Vervollständigung von (`n;B (X)) wird mit (`n;L (X)) bezeichnet und heißt dasLebesgue-Maßauf X.

    1.6.4 Messbare Funktionen und Lebesgue-Integration

    Sei (X;S; �) ein Maßraum.

    Denition. Eine Funktion f : X ! R heißt messbar falls die Menge fx 2 X : f (x) < cgmessbar für jedes c 2 R ist.Man kann beweisen, dass Summe und Produkt von messbaren Funktionen wieder

    messbar sind.

    Beispiel. Die Indikatorfunktion 1A einer messbaren Menge A ist messbare Funktion.Auch lineare Kombination

    NXk=1

    ck1Ak

    von Indikatorfunktionen messbar ist. Zum Beispiel, die Dirichlet-Funktion

    f (t) = 1Q =

    �1; t 2 Q0; t 2 R nQ

    ist messbar bezüglich Lebesgue-Maßes, da Q messbar als eine abzählbare Menge ist.

    Beispiel. Jede stetige Funktion f auf einem Intervall X � R ist messbar bezüglichLebesgue-Maßes. Für Beweis bemerken wir, dass die Menge ff (x) < cg eine o¤ene Mengeist und deshalb eine abzählbare Vereinigung von o¤enen Intervallen; somit ist sie Borel-messbar. Auch jede stetige Funktion auf einer o¤enen Teilmenge X � Rn ist Borel-messbar.

    Denition. Für jede nicht-negative messbare Funktion f auf einem Maßraum (X;S; �)deniert man das Lebesgue-Integral

    RXfd� als ein Wert aus [0;1], wie folgt:Z

    X

    fd� = limn!1

    1Xk=0

    k

    n�

    �x 2 X : k

    n� f (x) < k + 1

    n

    �: (1.26)

  • 28 CHAPTER 1. NORMIERTER VEKTORRAUM

    Bemerken wir, dass die Menge�k

    n� f < k + 1

    n

    �=

    �f <

    k + 1

    n

    �n�f <

    k

    n

    �messbar ist. Deshalb ist die Summe in (1.26) wohldeniert und heißt Lebesgue-Summe.Man kann zeigen, dass der Grenzwert (1.26) immer in [0;1] existiert. Somit ist dasIntegral

    RXfd� für jede nichtnegative messbare Funktion f als ein Wert von [0;1] immer

    deniert.Beispiel. Für jede messbare Menge A � X giltZ

    X

    1Ad� = � (A) :

    Zum Beispiel, für die Dirichlet-Funktion f = 1Q\[0;1] auf dem Intervall [0; 1] erhalten wirZ[0;1]

    f d` = ` (Q \ [0; 1]) = 0:

    Bemerken wir, dass die Dirichlet-Funktion f nicht Riemann-integrierbar, aber das Lebesgue-Integral von f existiert.

    Denition. Eine messbare Funktion f heißt (Lebesgue-)integrierbar bezüglich � fallsZX

    jf j d�

  • 1.6. MASS UND LEBESGUE-INTEGRAL 29

    woraus folgt, dass für die Lebesgue-Summe fürR[a;b]jf j d` die folgende Ungleichung gilt:

    1Xk=0

    k

    n�

    �k

    n� jf j < k + 1

    n

    �=

    Xfk: kn�Mg

    k

    n

    �k

    n� jf j < k + 1

    n

    � M1Xk=0

    �k

    n� jf j < k + 1

    n

    �� M (b� a) ;

    wobei we benutzt haben, dass die Mengen�kn� jf j < k+1

    n

    disjunkt sind und ihre Vere-

    inigung eine Teilmenge von [a; b] ist. Es folgt, dassZ[a;b]

    jf j d` 0g = 0:

    Eine Menge N � X heißt Nullmenge falls N messbar ist und � (N) = 0: Gilt eineEigenschaft außerhalb einer Nullmenge, so sagt man, dass diese Eigenschaft fast überall

  • 30 CHAPTER 1. NORMIERTER VEKTORRAUM

    gilt (oder für fast alle Elementen von X). Die letzte Eigenschaft lässt sich wie folgtumformulieren: für eine nichtnegative messbare Funktion fZ

    X

    fd� = 0 , ff > 0g ist eine Nullmenge , f = 0 f:u: (1.30)

    Jede messbare Teilmenge Y von X deniert manZY

    fd� :=

    ZX

    f1Y d�:

    Betrachten wir in der Menge Y die �-Algebra SY = fA 2 S : A � Y g und Maß�jSY sodass (Y; SY ; �jSY ) ein Maßraum ist. Man kann zeigen, dassZ

    Y

    fd�jSY =ZY

    fd�:

    Für zwei disjunkte messbare Teilmenge Y und Z von X giltZY tZ

    fd� =

    ZY tZ

    fd�

    1.6.5 Konvergenz fast überall und Fatou-Lemma

    Sei (X;S; �) ein Maßraum.Denition.Man sagt, dass eine Folge ffkg1k=1 von Funktionen auf X gegen eine Funktionf auf X fast überall konvergiert und schreibt

    fkf:u:! f oder fk ! f f:u:

    falls fk (x)! f (x) für fast alle x 2 X, d.h.fx 2 X : fk (x)! f (x) für k !1g = X nN;

    wobei N eine Nullmenge ist.Wir nehmen ohne Beweis die folgenden Aussagen an.

    Lemma 1.11. Sei ffkg eine Folge von messbaren Funktionen auf X. Gilt

    fkf:u:! f

    so ist f aus messbar.

    Lemma 1.12. (Fatou-Lemma) Sei ffkg eine Folge von nichtnegativen messbaren Funk-tionen auf X mit

    fkf:u:! f:

    Gilt für alle k und eine Konstante C ZX

    fk d� � C;

    so gilt auch ZX

    f d� � C:

    Eine äquivalente Umformulierung ist wie folgt:ZX

    �lim infk!1

    fk

    �d� � lim inf

    k!1

    ZX

    fkd�:

  • 1.7. LEBESGUE-RÄUME 31

    1.7 Lebesgue-Räume

    1.7.1 Die p-Norm

    Sei (X;S; �) ein Maßraum. Für jedes p 2 [1;+1) und für jede messbare Funktionf : X ! R denieren wir die p-Norm von f mit

    kfkp :=�Z

    X

    jf jp d��1=p

    :

    Da jf jp eine nichtnegative messbare Funktion ist, so ist kfkp immer wohldeniert alsElement von [0;1]. Zum Beispiel, wir haben

    kfk1 =ZX

    jf j d� and kfk2 =�Z

    X

    f 2 d�

    �1=2:

    Trotz des Namens ist die p-Norm nicht unbedingt eine Norm, was wir später be-sprechen. Jetzt betrachten wir die Eigenschaften der p-Norm.Bemerken wir, dass die absolut Homogenität für die p-Norm o¤ensichtlich erfüllt ist:

    für jedes � 2 R haben wir

    k�fkp =�Z

    X

    j�jp jf jp d��1=p

    = j�j�Z

    X

    jf jp d��1=p

    = j�j kfkp :

    Jetzt beweisen wir die Dreiecksungleichung.

    Lemma 1.13. (Hölder-Ungleichung) Seien p; q > 1 die konjugierten Hölder-Exponenten,d.h.

    1

    p+1

    q= 1: (1.31)

    Dann für alle messbare Funktionen f; g auf X giltZX

    jfgj d� � kfkp kgkq (1.32)

    (wobei das Product 0 � 1 als 0 deniert ist).

    Beweis von Lemma 1.13. Umbenennen wir jf j in f und jgj in g, so dass f und g nicht-negativ sind. Gilt kfkp = 0; so haben wir f = 0 f:u:und (1.32) ist o¤ensichtlich. Nehmenwir an, dass kfkp > 0 und kgkq > 0: Gilt kfkp = 1, so ist (1.32) wieder o¤ensichtlich.Wir können jetzt annehmen, dass die beiden Werte kfkp und kgkq in (0;+1) sind.Wird in der Ungleichung (1.32) f durch �f ersetzt (wobei � > 0), so werden die

    beiden Seiten von (1.32) mit � multipliziert, und die Gültigkeit von (1.32) ändert sichnicht. Deshalb können wir annehmen, dass kfkp = 1 und analog auch kgkq = 1: Nach derYoung-Ungleichung (1.9) erhalten wir

    fg � fp

    p+gq

    q

  • 32 CHAPTER 1. NORMIERTER VEKTORRAUM

    und somit ZX

    fgd� � 1p

    ZX

    fp d�+1

    q

    ZX

    gq d�

    =1

    p+1

    q= 1 = kfkp kgkq ;

    was zu beweisen war.

    Satz 1.14. (Minkowski-Ungleichung) Für alle messbare Funktionen f; g auf X and füralle p 2 [1;1) gilt

    kf + gkp � kfkp + kgkp : (1.33)

    Beweis. Für p = 1 haben wir

    kf + gk1 =ZX

    jf + gj d� �ZX

    jf j d�+ZX

    jgj d� = kfk1 + kgk1 :

    Sei p > 1. Ist kfkp oder kgkp gleich1, so gilt (1.33) trivialerweise. Nehmen wir an, dassdie beiden Werte kfkp und kgkp in [0;1) sind. Da jf + gj � jf j+ jgj, so können wir ohneBeschränkung der Allgemeinheit annehmen, dass f und g nichtnegativ sind.Die Ungleichung

    (a+ b)p � 2p (ap + bp)für nichtnegative a; b ergibtZ

    X

    (f + g)p d� � 2p�Z

    X

    fp d�+

    ZX

    gp d�

  • 1.7. LEBESGUE-RÄUME 33

    Addieren diese Ungleichungen ergibt nach (1.34)

    kf + gkpp ��kfkp + kgkq

    �kf + gkp=qp :

    Dividieren durch kf + gkp=qp ergibt (1.33) da p�pq= 1. 26.04.19

    Beispiel. Betrachten wir die Menge X = f1; 2; :::; ng und das Zählmaß� auf der �-Algebra S = P (X); d.h. � (A) die Anzahl der Elementen von A ist. Insbesondere gilt� (fig) = 1 für jedes i = 1; :::; n und � (X) = n. Dann ist (X;S; �) ein Maßraum. JedeFunktion f : X ! R lässt sich mit der Folge (f (1) ; :::; f (n)) 2 Rn identizieren. Es giltZ

    X

    fd� =

    nXi=1

    f (i)� (fig) =nXi=1

    f (i) :

    Die p-Norm der Funktion f : X ! R ist

    kfkp =�Z

    X

    jf jp d��1=p

    =

    nXi=1

    jf (i)jp!1=p

    ;

    was mit der p-Norm des Vektors (f (1) ; :::; f (n)) in Rn übereinstimmt.Die Ungleichung (1.32) bedeutet folgendes:

    nXi=1

    jf (i) g (i)j � kfkp kgkq ;

    was mit der Hölder-Ungleichung von Lemma 1.3 übereinstimmt.Die Minkowski-Ungleichung (1.33) ergibt in diesem Fall die Minkowski-Ungleichung

    des Satzes 1.2 in Rn:

    Beispiel. Betrachten wir die Menge X = N = f1; 2; :::g und das Zählmaß� auf der�-Algebra S = P (X). Für jede Funktion f : X ! [0;1) haben wirZ

    X

    fd� =1Xi=1

    f (i) :

    Die p-Norm einer Funktion f : X ! R ist

    kfkp =�Z

    X

    jf jp d��1=p

    =

    1Xi=1

    jf (i)jp!1=p

    ;

    was mit der p-Norm von Folgen übereinstimmt. Die Minkowski-Ungleichung (1.33) stimmtin diesem Fall mit der Minkowski-Ungleichung des Satzes 1.2 in lp:

    1.7.2 Denition von Lp

    We haben schon gesehen, dass die p-Norm kfkp von messbaren Funktionen zwei Bedin-gungen von der Denition einer Norm erfüllt: die absolute Homogenität und die Dreieck-sungleichung. Noch fehlen zwei andere Bedingungen: die Endlichkeit (die Norm muss

  • 34 CHAPTER 1. NORMIERTER VEKTORRAUM

    nur die Werte in [0;1) annehmen) und die Denitheit. Im allgemeinen Fall gelten dieseBedingungen nicht: die p-Norm kann den Wert1 annehmen1 und die p-Norm von f kann0 für eine nicht-Null Funktion f sein (z.B. für die Dirichlet-Funktion).Unser Zweck ist jetzt einen Vektorraum zu denieren wo die p-Norm eine Norm ist.

    Dafür betrachten wir für jedes p 2 [1;1) die Menge

    Lp =nf : X ! R : f ist messbar und kfkp

  • 1.7. LEBESGUE-RÄUME 35

    Lemma 1.16. Die p-Norm (1.36) ist wohldeniert und ist eine Norm in Lp.

    Beweis. Zeigen wir, dass die Denition (1.36) unabhängig von der Wahl des Vertretersf der Klasse [f ] ist. In der Tat, im Fall g 2 [f ] gilt f � g 2 N und somit

    kfkp = kf � g + gkp � kf � gkp + kgkp = kgkp

    und analog kgkp � kfkp, woraus folgt kfkp = kgkp : Somit ist k[f ]kp wohldeniert.Die p-Norm auf Lp ist endlich und erfüllt die absolute Homogenität und die Dreieck-

    sungleichung. Es bleibt nur die Denitheit zu beweisen:

    k[f ]kp = 0) kfkp = 0) f 2 N ) [f ] = 0:

    Beispiel. Betrachten wir wieder die Dirichlet-Funktion f = 1Q auf X = [0; 1] : Es giltf = 0 f:u: da

    ` fx 2 [0; 1] : f (x) 6= 0g = ` (Q \ [0; 1]) = 0:

    Somit liegt f in N und [f ] ist ein Nullelement des Raums Lp [0; 1] :

    Konvention. Man nennt die Elemente von Lp auch Funktionen (obwohl sie keine Funk-tionen sind) und schreibt f 2 Lp anstatt [f ] 2 Lp oder f 2 Lp. Es ist so gemacht um dieTerminology und Notation zu vereinfachen. Allerdings muss man immer daran erinnern,dass die Wörter f ist eine Funktion aus Lpfolgendes bedeuten: f ist eine Funktion,die ein Vertreter eines Elements aus Lp (oder f ist eine Funktion aus Lp, aber derRaum Lp wird selten explizit benutzt).

    1.7.3 Vollständigkeit von LP

    Hauptsatz 1.17. Für jedes Maßraum (X;S; �) und für jedes p 2 [1;1) ist Lp (X;�) einBanachraum.

    Da Lp ein normierter Vektorraum ist, so brauchen wir nur die Vollständigkeit davonbeweisen. Wir fangen mit zwei Lemmas an. Für jede Folge fAngn2N von Teilmengen vonX denieren wir lim supAn mit

    lim supAn =1Tn=1

    1Sk=n

    Ak:

    Bemerken wir, dass die Folge fS1k=nAkgn2N von Mengen monoton fallend bezüglich Inklu-

    sion ist.

    Lemma 1.18. (Borel-Cantelli-Lemma) Sei fAngn2N eine Folge von messbaren Teilmen-gen von X mit X

    n2N

    � (An)

  • 36 CHAPTER 1. NORMIERTER VEKTORRAUM

    Beweis. Setzen wir A = lim supAn und Bn =S1k=nAk so dass A =

    T1n=1Bn. O¤en-

    sichtlich sind Bn und A messbar. Nach der Subadditivität von Maßerhalten wir

    � (Bn) �1Xk=n

    � (Ak)! 0 für k !1:

    Da A � Bn für alle n, so folgt es � (A) � � (Bn) und somit � (A) = 0:

    Lemma 1.19. (Tschebyschow-Ungleichung) For jede messbare Funktion f auf X und füralle t > 0, p 2 [1;1) gilt

    � fx 2 X : f (x) � tg � 1tpkfkpp :

    Beweis. Setzen wir A = fx 2 X : f (x) � tg. Diese Menge ist messbar, da A das Kom-plement der messbaren Menge ff < tg ist. Es gilt

    kfkpp =ZX

    jf jp d� �ZX

    jf jp 1A d� �ZX

    tp1A d� = tp� (A) ;

    woraus die Behauptung folgt.

    Beweis von Hauptsatz 1.17. Wir müssen beweisen, dass jede Cauchy-Folge in Lp

    konvergiert. Eine Folge f[ /fn]g in Lp ist eine Cauchy-Schwarz, falls

    kfn � fmkp = k[fn]� [fm]kp ! 0 für n;m!1:

    Die Konvergenz der Folge f[fn]g in Lp gegen ein [f ] 2 Lp bedeutet, dass

    k[fn]� [f ]kp ! 0 für n!1

    was äquivalent zukfn � fkp ! 0 für n!1:

    In diesem Fall schreiben wir, dass

    fnLp! f für n!1:

    Nach Aufgabe 18 (a), die Cauchy-Folge ffng konvergiert falls eine Teilfolge ffnkg dieserFolge konvergiert. Nach Aufgabe 18 (b) gibt es eine Teilfolge ffnkg so dass für alle k � 1gilt

    fnk+1 � fnk

    p � 4�k:Um die Notation zu vereinfachen, umbenennen wir die Folge ffnkg zurück in ffng. Dannffng ist eine Cauchy-Folge in Lp mit

    kfn+1 � fnkp � 4�n für alle n 2 N: (1.37)

    Wir beweisen, dass es eine messbare Funktion f : X ! R gibt mit kfkp

  • 1.7. LEBESGUE-RÄUME 37

    Beweisen wir zunächst, dass die Folge ffng gegen eine Funktion f f:u: konvergiert.Dafür betrachten wir für jedes n 2 N die Menge

    An =�x 2 X : jfn+1 (x)� fn (x)j � 2�n

    :

    Nach der Tschebyschow-Ungleichung und (1.37) erhalten wir

    � (An) � 2np kfn+1 � fnkpp � 2np4�np = 2�np:

    Es folgt, dass Xn2N

    � (An) k � n gilt

    jak � amj � jak � ak+1j+ jak+1 � ak+2j+ :::+ jam�1 � amj� 2�k + 2�(k+1) + ::: � 2�(k�1) ! 0 für k !1:

    Somit ist die numerische Folge ffk (x)gk2N eine Cauchy-Schwarz für jedes x 2 Ac. Esfolgt, dass die Folge ffk (x)gk2N für alle x 2 Ac konvergiert.Setzen wir

    f (x) =

    (limk!1

    fk (x) ; x 2 Ac

    0; x 2 A

    Dann gilt

    fkf:u:! f für k !1;

    da fk (x) ! f (x) für alle x außerhalb der Nullmenge A. Nach dem Lemma 1.11 ist dieFunktion f messbar.Beweisen wir jetzt, dass kfn � fkp ! 0. Nach Denition der Cauchy-Folge gibt es für

    jedes " > 0 ein N 2 N so dass

    8n;m � N gilt kfn � fmkp � ";

  • 38 CHAPTER 1. NORMIERTER VEKTORRAUM

    d.h. ZX

    jfn � fmjp d� � "p: (1.38)

    Dafm

    f:u:! f für m!1;so gilt auch

    jfn � fmjpf:u:! jfn � f jp für m!1:

    Nach dem Fatou-Lemma und (1.38) erhalten wirZX

    jfn � f jp d� � "p:

    Es folgt, dass8n � N gilt kfn � fkp � "

    und somitkfn � fkp ! 0 für n!1:

    Es bleibt zu bemerken, dass kfkp endlich ist, da

    kfkp � kfnkp + kf � fnkp

  • 1.7. LEBESGUE-RÄUME 39

    für alle integrierbare Funktion f; g und alle c 2 C. Darüber hinaus gelten����ZX

    fd�

    ���� � ZX

    jf j d�

    und ZX

    fd� =

    ZX

    f d�

    wobei w die komplexe Konjugierte von w ist (siehe Aufgaben).

    Denition. Für eine komplexwertige messbare Funktion f auch X denieren wir diep-Norm mit

    kfkp :=�Z

    X

    jf jp d��1=p

    = kjf jkp :

    Die p-Norm ist o¤ensichtlich nichtnegativ und erfüllt die absolute Homogenität überC: für jedes c 2 C gilt

    kcfkp =�Z

    X

    jcf jp d��1=p

    =

    �jcjpZX

    jf jp d��1=p

    = jcj kfkp :

    Die Hölder-Ungleichung und die Minkowski-Ungleichung gelten überC auch. ZumBeispiel,für alle messbare Funktionen f; g : X ! C gilt die Hölder-Ungleichung daZ

    X

    jfgj d� =ZX

    jf j jgj d� � kjf jkp kjgjkq = kfkp kgkq :

    Im Fall p = q = 2 erhalten wir die Cauchy-Schwarz-UngleichungZX

    jfgj d� � kfk2 kgk2 :

    Die Minkowski-Ungleichung wird wie folgt bewiesen:

    kf + gkp = kjf + gjkp � kjf j+ jgjkp � kjf jkp + kjgjkp = kfkp + kgkp :

    Betrachten wir jetzt die Konvergenz bezüglich der p-Norm.

    Denition. Eine Folge ffng von komplexwertigen messbaren Funktionen auf X kon-vergiert gegen f : X ! C bezüglich der p-Norm falls

    kfn � fkp ! 0 für n!1:

    In diesen Fall schreibt man fnLp! f:

    Lemma 1.20. Seien u = Re f und v = Im f . Dann gilt

    kukp + kvkp2

    � kfkp � kukp + kvkp : (1.39)

    Folglich ist die Konvergenz fnLp! f äquivalent zu

    Re fnLp! Re f und Im fn

    Lp! Im f:

  • 40 CHAPTER 1. NORMIERTER VEKTORRAUM

    Beweis. Da f = u+ iv so erhalten wir

    kfkp = ku+ ivkp � kukp + kivkp = kukp + kvkp :

    Da jf j =pu2 + v2 so erhalten wir jf j � juj und jf j � jvj woraus folgt kfkp � kukp und

    kfkp � kvkp und somit

    kfkp �kukp + kvkp

    2:

    Die zweite Aussage folgt aus (1.39), da wir mit der Notation fn = un + ivn erhalten

    kun � ukp + kvn � vkp2

    � kfn � fkp � kun � ukp + kvn � vkp

    und somit

    kfn � fkp ! 0 , kun � ukp + kvn � vkp ! 0, kun � ukp ! 0 und kvn � vkp ! 0:

    Bezeichnen wir mit LpC die komplexwertige Version von Lp, d.h.

    LpC =nf : X ! C : f is messbar und kfkp

  • 1.7. LEBESGUE-RÄUME 41

    Beweis. SeiN = fx 2 [a; b] : f (x) 6= f (y)g :

    Die Bedingung f = g f:u: bedeutet, dass ` (N) = 0: Beweisen wir, dass N = ;. Sei Nnichtleer, dann wählen wir ein x 2 N: Für jedes k 2 N betrachten wir das Intervall

    Jk =�x� 1

    k; x+ 1

    k

    �\ [a; b] :

    Da` (Jk) > 0 = ` (N) ;

    so ist Jk keine Teilmenge von N . Somit existiert xk 2 Jk nN: Da xk =2 N , so gilt

    f (xk) = g (xk) :

    Da xk ! x für k !1 und die Funktionen f und g stetig sind, daraus folgt, dass auch

    f (x) = g (x) ;

    was im Widerspruch zur Annahme x 2 N steht. Somit ist N leer, und f (x) = g (x) füralle x 2 [a; b] :Es folgt, dass für f; g 2 C [a; b]

    [f ] = [g], f = g

    so dass die AbbildungC [a; b] 3 f 7! [f ] 2 Lp [a; b]

    injektiv ist. Somit lässt sich C [a; b] als ein Unterraum von Lp [a; b] betrachten.Wir beweisen später, dass C [a; b] in Lp [a; b] dicht liegt. Der Banachraum Lp [a; b] ist

    somit eine Vervollständigung von C [a; b] bezüglich der p-Norm.

  • 42 CHAPTER 1. NORMIERTER VEKTORRAUM

  • Chapter 2

    Hilbertraum

    08.05.19

    2.1 Skalarprodukt

    Sei V ein Vektorraum über R.Denition. Eine Funktion I : V � V ! R heißt Skalarprodukt (oder inneres Produkt)auf V falls sie die folgenden Axiomen erfüllt:

    (S1) positive Denitheit: I (x; x) � 0 und I (x; x) = 0, x = 0:

    (S2) Linearität in x:

    I (x1 + x2; y) = I (x1; y) + I (x2; y) und I (�x; y) = �I (x; y)

    für alle x1; x2; x; y 2 V und � 2 R.

    (S3) Symmetrie: I (y; x) = I (x; y) :

    Ein Vektorraum mit Skalarprodukt heißt Skalarproduktraum (oder Prähilbertraum)

    Es folgt aus (S2) und (S3) dass I (x; y) auch in y linear ist. Eine Funktion I (x; y) dielinear in x und y ist heißt eine Bilinearform.Normalerweise bezeichnet man das Skalarprodukt mit (x; y) statt I (x; y).

    Beispiel. In Rn deniert man das Skalarprodukt mit

    (x; y) =nXk=1

    xkyk;

    und es wird auch mit x � y bezeichnet.

    Beispiel. In l2 kann man analog das Skalarprodukt denieren:

    (x; y) =1Xk=1

    xkyk:

    DaP1

    k=1 x2k

  • 44 CHAPTER 2. HILBERTRAUM

    Beispiel. In C [a; b] mit reellen a < b deniert man das Skalarprodukt mit

    (f; g) =

    Z ba

    f (t) g (t) dt:

    Beispiel. Betrachten wir den Lebesgue-Raum L2 auf einem Maßraum (X;S; �), undsetzen wir für f; g 2 L2

    (f; g) =

    ZX

    fgd�:

    Nach Hölder-Ungleichung gilt ZX

    jfgj d� � kfk2 kgk2

  • 2.2. SKALARPRODUKTNORM 45

    Beispiel. Betrachten wir den Raum

    l2C =

    (fxkg1k=1 : xk 2 C und

    1Xk=1

    jxkj2

  • 46 CHAPTER 2. HILBERTRAUM

    Satz 2.1. In jedem Skalarproduktraum V über R oder C ist die Funktion

    kxk :=p(x; x)

    immer eine Norm. Darüber hinaus gilt es für alle x; y 2 V

    j(x; y)j � kxk kyk (2.3)

    (die allgemeine Cauchy-Schwarz-Ungleichung).

    Die Norm x 7!p(x; x) heißt die Skalarproduktnorm. Z.B. die 2-Norm in L2 ist

    eine Skalarproduktnorm. Man kann beweisen, dass die p-Norm in Lp mit p 6= 2 keineSkalarproduktnorm ist (siehe Aufgabe 36).

    Beweis. Die Funktion kxk =p(x; x) ist reel, nicht-negativ und erfüllt die absolute

    Homogenität, da für jedes � 2 C

    k�xk =p(�x; �x) =

    p�� (x; x) = j�j kxk :

    Auch die Denitheit gilt, da

    kxk = 0, (x; x) = 0, x = 0:

    Es bleibt nur die Dreiecksungleichung zu beweisen, was machen wir nach dem Beweis von(2.3).Für jedes t 2 R haben wir

    (x+ ty; x+ ty) � 0

    woraus folgt(x; x) + t (x; y) + t (y; x) + t2 (y; y) � 0:

    Da(x; y) + (y; x) = (x; y) + (x; y) = 2Re (x; y) ;

    erhalten wirkxk2 + 2tRe (x; y) + t2 kyk2 � 0:

    Da die quadratische Funktion

    t 7! kxk2 + 2tRe (x; y) + t2 kyk2

    ist für alle t 2 R nicht-negativ, so ist ihre Diskriminante nichtpositiv, d.h.

    Re (x; y)2 � kxk2 kyk2 � 0;

    woraus folgtjRe (x; y)j � kxk kyk : (2.4)

    Für reellwertigen Raum V ist diese Ungleichung äquivalent zu (2.3). Im Fall von kom-plexwertigen Raum nden wir eine komplexe Zahl � mit j�j = 1 und so dass � (x; y) reelist. Dann erhalten wir mit Hilfe von (2.4)

    j(x; y)j = j� (x; y)j = jRe (� (x; y))j = jRe (�x; y)j � k�xk kyk = kxk kyk :

  • 2.3. GEOMETRISCHE EIGENSCHAFTEN 47

    Aus (2.4) folgt auch die Dreiecksungleichung:

    kx+ yk2 = (x+ y; x+ y) = kxk2 + 2Re (x; y) + kyk2

    � kxk2 + 2 kxk kyk+ kyk2

    = (kxk+ kyk)2 ;

    was zu kx+ yk � kxk+ kyk äquivalent ist.Zweiter Beweis. In diesem Beweis nehmen wir an, dass V ein Skalarproduktraum überR ist. Fixieren wir x; y 2 V . Sei U ein 2-dimensionaler Unterraum von V der x und yenthält. Dann U ist auch ein Skalarproduktraum. Jetzt benutzen wir den Satz aus derLinearen Algebra: alle n-dimensionale Skalarprodukträume sind isometrisch. Somit ist Uisometrisch zu R2. Deshalb können wir annehmen, dass x; y 2 R2 und somit auch, dass xund y komplexe Zahlen sind. Für x = x1 + ix2 gilt

    kxk2 = x21 + x22 = jxj2 ;

    wobei jxj der Betrag der komplexen Zahl x ist. Für Betrag gilt

    jx+ yj � jxj+ jyj ;

    was äquivalent zurkx+ yk � kxk+ kyk :

    Auch haben wir(x; y) = x1y1 + x2y2 = Rexy � jxyj = jxj jyj

    woraus (2.3) folgt.

    2.3 Geometrische Eigenschaften

    Sei V ein Skalarproduktraum über R oder C.Denition. Zwei Vektoren x; y 2 V heißen orthogonal, falls (x; y) = 0: Man schreibt indiesem Fall x?y.Für orthogonale Vektoren gilt der Satz des Pythagoras:

    kx+ yk2 = kxk2 + kyk2 :

    Beweis ist trivial, da

    kx+ yk2 = kxk2 + (x; y) + (y; x) + kyk2

    = kxk2 + kyk2 + 2Re (x; y)= kxk2 + kyk2 :

    Dieser Satz erlaubt eine Verallgemeinerung für n orthogonale Vektoren: sind x1; :::; xnzueinander orthogonale Vektoren in V so gilt

    kx1 + :::+ xnk2 = kx1k2 + :::+ kxnk2

    (siehe Aufgabe 34).

  • 48 CHAPTER 2. HILBERTRAUM

    Für beliebige Vektoren x; y 2 V gilt die Parallelogrammgleichung:

    kx+ yk2 + kx� yk2 = 2�kxk2 + kyk2

    �; (2.5)

    die man analog beweist (siehe Aufgaben 35).Es gilt auch die folgende Umkehrung der Parallelogrammgleichung: gilt (2.5) für eine

    Norm in einem normierten Raum, so ist sie eine Skalarproduktnorm. In anderen Wörterheißt das, dass die Parallelogrammgleichung in einem normierten Raum genau dann gilt,wenn dieser Raum ein Skalarproduktraum ist.

    2.4 Denition von Hilbertraum

    Denition. Ein Hilbertraum ist ein vollständiger Skalarproduktraum; d.h. ein Hilber-traum ist ein Vektorraum mit Skalarprodukt, der vollständig bezüglich der Skalarproduk-tnorm ist.

    Beispiel. Jeder endlichdimensionaler Skalarproduktraum ist Hilbertraum, da endlichdi-mensionaler normierter Raum immer vollständig ist (Satz 1.6). Insbesondere sind Rn undCn mit standarten Skalarprodukten die Hilberträume.Der Raum l2 (und auch l2C) ist ein Hilbertraum nach dem Satz 1.6.Der Raum L2 (X;�) ist ein Hilbertraum nach dem Satz 1.17, und so ist L2C (X;�).Der Raum C [a; b] mit dem Skalarprodukt aus L2 [a; b] ist ein Skalarproduktraum aber

    kein Hilbertraum, da C [a; b] bezüglich der 2-Norm nicht vollständig ist.

    2.5 Konvexe Mengen im Hilbertraum

    Sei V ein Vektorraum über R oder C.Denition. Eine Menge K � V heißt konvex, falls für alle x; y 2 K und � 2 [0; 1] gilt

    �x+ (1� �) y 2 K:

    Die Menge[x; y] := f�x+ (1� �) y : 0 � � � 1g

    heißt die Verbindungsstrecke zwischen x und y. So ist die Menge K konvex fall sie mitjeden zwei Punkten auch ihre Verbindungsstrecke enthält.

  • 2.5. KONVEXE MENGEN IM HILBERTRAUM 49

    Beispiel. Jeder Unterraum U von V ist konvex, da für alle x; y 2 U auch beliebige lineareKombination von x; y in U liegt.

    Beispiel. Sei (V; k�k) ein normierter Raum. Für jedes R > 0 betrachten wir eine Kugel

    BR = fz 2 H : kzk � Rg :

    Dann ist BR konvex (siehe Aufgabe 38).Die konvexen Mengen im Hilbertraum haben eine besondere Eigenschaft.

    Hauptsatz 2.2. SeienH ein Hilbertraum (über R oder C) undK � H eine abgeschlossenekonvexe Menge. Dann für jedes x 2 H existiert genau ein y 2 K mit dem minimalenAbstand kx� yk, d.h.

    kx� yk = min fkx� zk : z 2 Kg . (2.6)

    Jedes y 2 K mit (2.6) heißt die beste Approximation von x aus K. Der Satz 2.2sichert die Existenz und Eindeutigkeit der besten Approximation falls K konvex undabgeschlossen ist.Die Funktion z 7! kx� zk hat immer das Inmum aufK, und der Wert infz2K kx� zk

    heißt der Abstand von z zu K. Aber weder die Existenz der Minimumstelle dieser Funk-tion noch die Eindeutigkeit ist o¤ensichtlich.

    Beispiel. Für nicht konvexe Mengen K fehlt die Eindeutigkeit von y schon in R2 was aufvielen Beispielen o¤ensichtlich ist.

    Beispiel. In Banachräumen ohne Skalarprodukt fehlt die Eindeutigkeit von y sogar fürabgeschlossene konvexe Mengen. Zum Beispiel, betrachten wir R2 mit der 1-Norm, dieKugel

    K =�z 2 R2 : kzk1 � 1

    und den Punkt x = (1; 1). Dann jeder Punkt y = (y1; y2) mit y1 + y2 = 1 und nichtnega-tiven y1; y2 ist die beste Approximation von x, da

    kx� yk1 = j1� y1j+ j1� y2j = 1� y1 + 1� y2 = 2� (y1 + y2) = 1;

    während für alle z 2 K gilt

    kx� zk1 � kxk1 � kzk1 � 2� 1 = 1:

    Einen anderen Beweis sieht man auf dem Bild:

    Es gilt kx� yk1 = a+ b = c+ b = 1.

  • 50 CHAPTER 2. HILBERTRAUM

    10.05.19Beweis von dem Satz 2.2. Ohne Beschränkung der Allgemeinheit nehmen wir x = 0an. Setzen wir

    a = inf fkzk : z 2 Kg : (2.7)Wir müssen die Existenz und Eindeutigkeit von y 2 K mit kyk = a beweisen.Zunächst beweisen wir die Eindeutigkeit von y. Gilt ky1k = ky2k = a für zwei ver-

    schiedenen Punkten y1; y2 2 K, so erhalten wir nach der Parallelogrammgleichung

    ky1 + y2k2 = 2 ky1k2 + 2 ky2k2 � ky1 � y2k2 < 4a2

    woraus folgt

    y1 + y22

    < a: (2.8)

    Allerdings haben wir nach der Konvexität von K, dass

    y1 + y22

    2 K;

    und somit nach (2.7)

    y1 + y22

    � a

    was im Widerspruch zu (2.8) steht.Jetzt beweisen wir die Existenz von y. Nach der Denition (2.7) von a gibt es eine

    Folge fzng1n=1 aus K mit kznk ! a für n ! 1. Die Folge fzng heißt die minimierendeFolge. Wir beweisen, dass diese Folge konvergiert und der Grenzwert y = lim zn in Kliegt und erfüllt kyk = a.Zunächst zeigen wir, dass die Folge fzng eine Cauchy-Folge ist. Nach der Parallelo-

    grammgleichung haben wir für alle n;m � 1

    kzn � zmk2 = 2 kznk2 + 2 kzmk2 � 4

    zn + zm2

    2 :Da zn+zm

    22 K, so gilt

    zn+zm2

    � a und somitkzn � zmk2 � 2 kznk2 + 2 kzmk2 � 4a2:

  • 2.5. KONVEXE MENGEN IM HILBERTRAUM 51

    Für n;m!1 erhalten wir kznk ! a und kzmk ! a woraus folgt

    lim supn;m!1

    kzn � zmk2 � 2a2 + 2a2 � 4a2 = 0

    und limn;m!1 kzn � zmk = 0:

    Somit ist fzng eine Cauchy-Folge in K. Nach der Vollständigkeit von H hat dieseFolge den Grenzwert y = limn!1 zn. Da K abgeschlossen ist, gilt y 2 K. Die Bedingungzn ! y impliziert nach der Dreiecksungleichung, dass

    jkyk � kznkj � ky � znk ! 0 für n!1

    und somit kznk ! kyk, woraus kyk = a folgt.Bemerkung. Der Beweis funktioniert auch im Fall, wenn H ein Skalarproduktraum istund K eine konvexe Teilmenge von H ist, die vollständig als metrischer Raum ist.

    Denition. Seien V ein Skalarproduktraum und M eine Teilmenge von V . Ein Vektorx 2 V heißt orthogonal zu M falls x?z für alle z 2M: Schreibweise: x?M:

    Satz 2.3. Seien H ein Hilbertraum (über R oder C) und U ein abgeschlossener Unterraumvon H. Seien x 2 H und y 2 U . Dann sind die folgenden Eigenschaften äquivalent:

    (a) y ist die beste Approximation von x in U ;

    (b) x� y?U .

    Folglich, für jedes x 2 H existiert genau ein y 2 U mit x� y?U:

    Denition. Der Punkt y 2 U mit x � y?U heißt die orthogonale Projektion von x aufU .

    Mit Hilfe von diesem Begri¤ kann der Satz 2.3 wie folgt umformuliert werden:

    � ein Punkt y 2 U ist die beste Approximation von x in U genau dann, wenn y dieorthogonale Projektion von x auf U ist;

    � die orthogonale Projektion auf U existiert immer und ist eindeutig bestimmt.

  • 52 CHAPTER 2. HILBERTRAUM

    Beweis. Die Existenz und Eindeutigkeit der orthogonalen Projektion folgt aus dem Satz2.2 und der Äquivalenz (a), (b). Wir brauchen nur diese Äquivalenz zu beweisen. OhneBeschränkung der Allgemeinheit nehmen wir an, dass y = 0.(b)) (a) Sei x orthogonal zu U , beweisen wir, dass 0 die beste Approximation von x

    in U ist. Für alle u 2 U haben wir x?u und somit

    kx� uk2 = kxk2 + kuk2 :

    Es ist klar, dass kxk2 + kuk2 minimal ist genau dann, when u = 0.(a) ) (b) Sei 0 die beste Approximation von x in U: Beweisen wir, dass x?U , d.h.

    (x; u) = 0 für alle u 2 U . Fixieren wir in u 2 U und betrachten die folgende Funktionvon t 2 R:

    f (t) = kx� tuk2 = kxk2 � 2tRe (x; u) + t2 kuk2 :Diese Funktion hat das Minimum an t = 0, da f (t) der Abstand zwischen x und tu 2 Uist. Somit gilt f 0 (0) = 0 d.h. Re (x; u) = 0:Im reellwertigen Hilbertraum ist es äquivalent zu (x; u) = 0: Im komplexwertigen Fall

    wählen wir eine Zahl � 2 C mit j�j = 1 und so dass (x; �u) = � (x; u) reell ist. Da�u 2 U , so gilt

    (x; �u) = Re (x; �u) = 0

    woraus (x; u) = 0 folgt.

    2.6 Orthogonale Projektoren

    Seien H ein Hilbertraum über den Körper K, wobei K = R oder K = C. Für jede MengeM � H denieren wir die Menge M? wie folgt:

    M? = fx 2 H : x?Mg = fx 2 H : (x; y) = 0 8y 2Mg ;

    die heißt das orthogonale Komplement von M . Es gilt immer

    M ��M?

    �?;

    da jedes y 2M orthogonal zu M? nach Denition ist.

    Lemma 2.4. Das orthogonale Komplement M? ist immer ein abgeschlossener Unter-raum.

    Beweis. Sind x1; x2 2M?, so es folgt, dass

    (x1 + x2; y) = (x1; y) + (x2; y) = 0

    für alle y 2 M , woraus folgt x1 + x2 2 M?. Analog gilt �x 2 M? für alle x 2 M? undSkalare � 2 K: Somit ist M? ein Unterraum.Sei fxng eine Folge aus M?, die einen Grenzwert x = limxn in H hat. Dann gilt für

    alle y 2 H(x; y) = lim

    n!1(xn; y)

    daj(x; y)� (xn; y)j = j(x� xn; y)j � kx� xnk kyk ! 0:

  • 2.6. ORTHOGONALE PROJEKTOREN 53

    Da (xn; y) = 0 für alle y 2M , so folgt es, dass auch (x; y) = 0 und somit x 2M?. Daherist M? abgeschlossen.

    Bemerkung. Im Beweis haben wir die folgende Eigenschaft von Skalarprodukt gezeigt:die Konvergenz xn ! x im Skalarproduktraum V ergibt die Konvergenz (xn; y) !(x; y) für alle y 2 V .Sei U ein Unterraum vonH. Bemerken wir, dass U abgeschlossen genau dann ist, wenn

    U vollständig ist (und somit auch ein Hilbertraum ist). Insbesondere ist eine endlichdi-mensionaler Unterraum U immer abgeschlossen. Unterhalb betrachten wir die Eigen-schaften der Projektion auf den abgeschlossenen Unterräumen von H.

    Denition. Sei U ein abgeschlossener Unterraum von H. Der (orthogonale) ProjektorPU auf U ist die Abbildung

    PU : H ! Hso dass PUx die orthogonale Projektion von x auf U ist.

    Nach dem Satz 2.3 ist PU wohldeniert.

    Satz 2.5. Der Projektor P = PU hat die folgenden Eigenschaften.

    (a) P ist eine lineare Abbildung.

    (b) imP = U und kerP = U?

    (c) (Idempotenz) P 2 = P

    (d) kPxk � kxk 8x 2 H.

    (e) (Symmetrie) (Px; y) = (x; Py)

    (f) Es gilt die Identität PU + PU? = Id :

    Beweis. Für jedes x haben wir nach Denition

    x� Px?U;

    was äquivalent zux� Px 2 U?: (2.9)

    (a) Beweisen wir, dass für alle x; y 2 H

    P (x+ y) = Px+ Py:

    Da x� Px 2 U? und y � Py 2 U?, so erhalten wir

    x� Px+ y � Py 2 U?;

    d.h.(x+ y)� (Px+ Py) 2 U?:

    Da P (x+ y) ein eindeutiger Vektor mit

    (x+ y)� P (x+ y) 2 U?

  • 54 CHAPTER 2. HILBERTRAUM

    ist daraus folgt, dass Px+Py = P (x+ y) : Analog beweist man, dass P (�x) = �Px füralle � 2 K.(b) Nach der Denition von P haben wir imP � U . Für jedes x 2 U gilt o¤ensichtlich

    Px = x, woraus folgt imP = U: Für den Kern haben wir nach (2.9)

    kerP = fx 2 H : Px = 0g = U?:

    (c) Da Px 2 U , so erhalten wir P 2x = P (Px) = Px; woraus folgt P 2 = P:(d) Da

    x = Px+ (x� Px)und Px 2 U , x� Pu 2 U?, so erhalten wir nach dem Satz von Pythagoras

    kxk2 = kPxk2 + kx� Pxk2

    woraus kPxk � kxk folgt1.(e) Da Px 2 U und y � Py 2 U?, so haben wir

    (Px; y � Py) = 0

    und somit(Px; y) = (Px; Py) :

    Analog haben wir(Py; x) = (Py; Px)

    woraus folgt(x; Py) = (Px; Py)

    und somit (Px; y) = (x; Py) :(f) Die Identität PU + PU? = Id bedeutet, dass für alle x 2 H

    PUx+ PU?x = x: (2.10)

    Setzen wir z = x� PUx und bemerken, dass

    z 2 U? und x� z = PUx?U?;

    da PUx � U: Nach Denition ist z die orthogonale Projektion von x auf U?; d.h. z =PU?x, woraus folgt

    x� PUx = PU?xund somit (2.10).

    Korollar 2.6. Für jeden abgeschlossenen Unterraum U gilt�U?�?= U:

    Beweis. DaPU + PU? = Id = PU? + P(U?)

    ? ;

    es folgt, dass PU = P(U?)? und somit

    U = imPU = imP(U?)? =

    �U?�?:

    1Nach der Denition der Operatornorm folgt es, dass kPk � 1:

  • 2.6. ORTHOGONALE PROJEKTOREN 55

    Für jede zwei Vektoren x; y im reellwertigen Hilbertraum H deniert man den Winkel

    ' = ]xy

    zwischen x; y mit

    ' = arccos(x; y)

    kxk kyk ;

    was äquivalent zu

    cos' =(x; y)

    kxk kyk ; ' 2 [0; �] : (2.11)

    Da (x;y)kxkkyk 2 [�1; 1], so ist ' wohldeniert.Beispiel. Sei U � H ein abgeschlossener Unterraum und setzen wir P = PU , x0 = Pxund

    � = ]xx0:Dann gilt

    (x; x0) = (x; Px) =�x; P 2x

    �= (Px; Px) = kx0k2

    und somit

    cos� =(x; x0)

    kxk kx0k =kx0kkxk ;

    woraus folgt kx0k = kxk cos�: Diese Identität stimmt mit der geometrische Denition vonKosinus ein als der Quotient von Ankathete und Hypotenuse.15.05.19Beispiel. Under den Voraussetzungen vom obigen Beispiel wählen wir noch einen Punkty 2 H und setzen y0 = Py. Betrachten wir neben � auch die Winkel

    � = ]yy0; = ]xy0; � = ]x0y; � = ]x0y0:

    Dann gilt(Px; y) = (x0; y) = kx0k kyk cos � = kxk kyk cos� cos �

    und analog(x; Py) = kxk kyk cos � cos :

  • 56 CHAPTER 2. HILBERTRAUM

    Da (Px; y) = (x; Py), so erhalten wir die Identität

    cos� cos � = cos � cos ;

    die sonst nicht so o¤ensichtlich ist.Analog haben wir

    (x0; y0) = kx0k ky0k cos � = kxk ky0k cos� cos �

    und(x0; y0) = (Px; Px) =

    �x; P 2y

    �= (x; Py) = (x; y0) = kxk ky0k cos

    woraus folgtcos = cos� cos �:

    Diese Identität ist ein Analog von dem Satz von Pythagoras in der sphärischen Geometrie.Weiter Eigenschaften von den Winkeln benden sich in den Aufgaben.

    2.7 Approximation von Funktionen

    Sei H ein Hilbertraum über den Körper K = C oder K = R: Gegeben seien n linearunabhängige Vektoren u1; :::; un 2 H, betrachten wir den Unterraum

    U = span fu1; :::; ung = fc1u1 + :::+ cnun : ck 2 Kg :

    Der Unterraum U heißt die lineare Hülle von u1; :::; un. Sei V das orthogonale Komple-ment von U :

    V = U? = fv 2 H : (v; u1) = (v; u2) = ::: = (v; un) = 0g :

    Betrachten wir zwei folgende Optimierungsprobleme: gegeben sei ein Vektor f 2 H,man bestimme

    1. die beste Approximation u von f aus U ;

  • 2.7. APPROXIMATION VON FUNKTIONEN 57

    2. die beste Approximation v von f aus V .

    Da V = U?, so ist V abgeschlossen. Da U endlichdimensional ist, so ist U auchabgeschlossen. Nach dem Satz 2.3 erhalten wir folgendes: die Lösung u des Optimierung-sproblems 1 ist die orthogonale Projektion u = PUf von f auf U , und die Lösung v desOptimierungsproblems 2 ist die orthogonale Projektion v = PV f von f auf V . Nach demSatz 2.5 haben wir PU + PV = Id und somit

    f = u+ v;

    so reicht es u zu bestimmen. Wir haben

    u = c1u1 + :::+ cnun =

    nXj=1

    cjuj;

    wobei die Koe¢ zienten c1; :::; cn noch bestimmt werden müssen. Multiplizieren mit ui füri = 1; :::; n ergibt

    (nXj=1

    cjuj; ui) = (u; ui) = (f; ui)� (v; ui) = (f; ui) ;

    und wir erhalten das folgende System von n Gleichungen für Bestimmung von den Koef-zienten cj:

    nXj=1

    (uj; ui) cj = (f; ui) für alle i = 1; :::; n;

    d.h. 8>>>:c1 (u1; u1) + c2 (u2; u1) + :::+ cn (un; u1) = (f; u1)c1 (u1; u2) + c2 (u2; u2) + :::+ cn (un; u2) = (f; u2):::c1 (u1; un) + c2 (u2; un) + :::+ cn (un; un) = (f; un)

    (2.12)

    Die Matrix M = ((uj; ui))ni;j=1 des Systems (2.12) ist die Gramsche Matrix von u1; :::; un,

    und nach der linearen Unabhängigkeit von u1; :::; un gilt detM 6= 0: Damit erhalten wirdie Lösung von (2.12) 0BB@

    c1c2:::cn

    1CCA =M�10BB@(f; u1)(f; u2):::

    (f; un)

    1CCA :Die Lösung des Optimierungsproblems 1 ist u = c1u1 + ::: + cnun, und die Lösung desOptimierungsproblems 2 ist v = f � u .Betrachten wir einige Beispiele.

    Beispiel. Sei H = L2 [a; b] wobei a < b reell sind. Seien n = 1 und u1 = 1, d.h. U istder Unterraum, der aus Konstanten besteht, und V = U? besteht aus den Funktionenv 2 L2 [a; b] mit

    (v; 1) =

    Z[a;b]

    vd` = 0:

  • 58 CHAPTER 2. HILBERTRAUM

    Das System (2.12) für c = c1 reduziert sich zur Gleichung

    c (1; 1) = (f; 1) ;

    woraus folgt

    c =1

    b� a

    Z[a;b]

    fd`;

    und u = c, v = f � c:Beispiel. Sei H = L2 [0; 1]. Betrachten wir für n = 5 die Funktionen

    u1 = 1; u2 (t) = t; u3 (t) = t2; u4 (t) = t

    3; u5 (t) = t4

    so dassU = span fu1; :::; u5g = P4:

    Dann haben wir

    (ui; uj) =

    Z 10

    ti+j�2dt =1

    i+ j � 1und somit

    M =

    0BBBB@1 1

    213

    14

    15

    12

    13

    14

    15

    16

    13

    14

    15

    16

    17

    14

    15

    16

    17

    18

    15

    16

    17

    18

    19

    1CCCCA :Für f (t) = et erhalten wir

    (f; u1) =

    Z 10

    etdt = e� 1; (f; u2) =Z 10

    tetdt = 1

    (f; u3) =

    Z 10

    t2etdt = e� 2; (f; u4) =Z 10

    t3etdt = 6� 2e

    (f; u5) =

    Z 10

    t4etdt = 9e� 24

    woraus folgt0BBBB@c1c2c3c4c5

    1CCCCA = M�10BBBB@

    e� 11

    e� 26� 2e9e� 24

    1CCCCA

    =

    0BBBB@25 �300 1050 �1400 630�300 4800 �18 900 26 880 �12 6001050 �18 900 79 380 �117 600 56 700�1400 26 880 �117 600 179 200 �88 200630 �12 600 56 700 �88 200 44 100

    1CCCCA0BBBB@

    e� 11

    e� 26� 2e9e� 24

    1CCCCA

    =

    0BBBB@9545e� 25945506580� 186360e825930e� 22451103455480� 1271200e630630e� 1714230

    1CCCCA �0BBBB@1:000050:998 450:510 580:139660:06 948

    1CCCCA

  • 2.7. APPROXIMATION VON FUNKTIONEN 59

    Somit ist die Funktion

    u (t) = (9545e� 25 945) + (506 580� 186 360e) t+ (825 930e� 2245 110) t2

    +(3455 480� 1271 200e) t3 + (630 630e� 1714 230) t4

    � 1:00005 + 0:99845 t+ 0:51058 t2 + 0:13966 t3 + 0:06948 t4

    die beste Approximation von et aus P4 bezüglich der 2-Norm.Die Taylor-Formel ergibt eine andere Approximation von et aus P4: das Taylor-

    Polynom von et des Grades 4 ist

    v (t) = 1 + t+1

    2t2 +

    1

    6t3 +

    1

    24t4:

    Vergleichen wir die Abstände zwischen et und u bzw v in L2 [0; 1]:

    et � u

    22=

    Z 10

    �et � u (t)

    �2dt � 2:759 575 738 205 1� 10�10

    und

    et � v

    22=

    Z 10

    �et � v (t)

    �2dt � 8:725 649 582 904 23� 10�6 :

    Die Graphen von diesen Funktionen sehen wie folgt aus (et blau, u rot, v grün): auf demIntervall (0:8; 1)

    0.80 0.82 0.84 0.86 0.88 0.90 0.92 0.94 0.96 0.98 1.002.2

    2.3

    2.4

    2.5

    2.6

    2.7

    t

  • 60 CHAPTER 2. HILBERTRAUM

    und auf dem Intervall (0:999; 1):

    0.9990 0.9991 0.9992 0.9993 0.9994 0.9995 0.9996 0.9997 0.9998 0.9999 1.00002.700

    2.702

    2.704

    2.706

    2.708

    2.710

    2.712

    2.714

    2.716

    2.718

    t

    Die Funktion u ergibt auch eine bessere punktweise Approximation von et als dasTaylor-Polynom v. Zum Beispiel, man vergleiche

    e1=2 = 1: 648 721 270:::u (1=2) = 1: 648 722 050:::v (1=2) = 1: 648 437 5

    2.8 Stetige lineare Funktionale im Hilbertraum

    Sei V ein Vektorraum über K (wobei K = R oder C).Denition. Ein lineares Funktional auf V ist eine lineare Abbildung F : V ! K.Ist V ein normierter Vektorraum, so kann man über die Stetigkeit von F sprechen.

    Beispiel. Sei H ein Hilbertraum. Für jedes a 2 H betrachten wir das folgende lineareFunktional

    Fa : H ! KFa (x) = (x; a) :

  • 2.8. STETIGE LINEARE FUNKTIONALE IM HILBERTRAUM 61

    Dieses Funktional ist stetig, da xn ! x in H impliziert (xn; a)! (x; a) :Z.B. in Rn bekommen wir die folgenden Funktionale:

    Fa (x) =nXk=1

    akxk:

    In Rn gibt es o¤ensichtlich kein anderes lineares Funktional. Die ähnliche Aussage gilt inallen Hilberträumen.

    Satz 2.7. (Rieszscher Darstellungssatz) Zu jedem stetigen linearen Funktional F auf Hgibt es genau ein a 2 H mit

    F (x) = (x; a) 8x 2 H:

    Somit hat jedes stetige lineare Funktional F die Form Fa für ein a 2 H.Beweis. Beweisen wir zunächst die Existenz von a. Betrachten wir den Kern von F :

    U = kerF = F�1 (f0g) = fx 2 H : F (x) = 0g ;

    der ein abgeschlossener Unterraum von H ist, da F stetig ist. Setzen wir V = U?. GiltV = f0g, so gilt auch

    U =�U?�?= V ? = H

    und somit F � 0. In diesem Fall setzen wir a = 0.Sei V 6= f0g : Wählen wir ein b 2 V n f0g mit F (b) = 1. Dann haben wir für jedes

    x 2 HF (F (x) b) = F (x)F (b) = F (x)

    und somitF (x� F (x) b) = 0;

    woraus folgtx� F (x) b 2 U:

    Da b?U , so folgt es daraus, dass

    (x� F (x) b; b) = 0

    und somit

    F (x) =(x; b)

    (b; b)= (x; a)

    wobei a = bkbk2 :

    Beweisen wir die Eindeutigkeit von a. Gilt (x; a1) = F (x) = (x; a2) für alle x 2 H, soerhalten wir

    (x; a1 � a2) = 0:

    Einsetzen x = a1 � a2 ergibt ka1 � a2k = 0 und somit a1 = a2:Bemerkung. Es folgt aus diesem Beweis, dass im Fall V 6= f0g

    x� F (x) b?V

  • 62 CHAPTER 2. HILBERTRAUM

    woraus folgt PV x = F (x) b und somit V = span fbg und dimV = 1.Bemerkung. Die Menge von allen stetigen linearen Funktionalen auf einem normiertenVektorraum V ist ein Vektorraum, der heißt der Dualraum von V und wird mit V 0 beze-ichnet. Satz 2.7 etabliert eine bijektive (und o¤ensichtlich lineare) Abbildung F 7! azwischen H 0 und H. Somit sind H 0 und H linear isomorph. Später in dieser Vorlesungstudieren wir die Dualräume von Banachräumen.

    2.9 Orthogonale Folgen

    Denition. Eine Folge fvng von Vektoren im Skalarproduktraum heißt orthogonal, fallsvn?vm für alle n 6= m und vn 6= 0 für alle n. Die Folge fvng heißt orthonormal, falls sieorthogonal ist und kvnk = 1 für alle n.Jede orthogonale Folge ist linear unabhängig (Aufgabe 34). Ist fvng eine orthogonale

    Folge, so ist die Folge un = vnkvnk orthonormal.

    Beispiel. 1. In Rn (und Cn) ist die Folge e1; :::; en orthonormal, wobei

    ek = (0; :::;kb1; :::0):

    2. In l2 ist die Folge fekg1k=1 orthonormal, wobei

    ek = (0; :::;kb1; :::; 0; :::):

    3. In L2 [0; 2�] ist die folgende Folge orthogonal:

    1; cosx; sin x; cos 2x; sin 2x; :::; cosnx; sinnx; :::

    (Aufgabe 39)4. In L2C [0; 2�] ist die Folge�

    einxn2Z = :::; e

    �3ix; e�2ix; e�ix; 1; eix; e2ix; e3ix; :::

    orthogonal (Aufgabe 39).5. In L2 [�1; 1] ist die Folge fLn (x)g1n=0 von Legendre-Polynomen orthogon


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