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lenwerte nur unvollstiindig erfaBt werden. Aus Untersu- chungsergebnissen von D. L . Lewsing u. Mitarb. [ll] kann

, man den Anteil an spingepaarter Form im System Ni(II)/ m-bn (0,5 m KN0,-Losung ; 25 "C) zu etwa 28% abschiitzen.

Herrn Prof. Dr. S. Herzog sind wir fur die Bereitstellung von Institutsmitteln zu besonderem Dank verpflichtet.

Literstur [l] Eircheiss, A.: Z. Naturforsch. 19b, 956 (1961). [ Z ] Bjerrum, J . : Metal Ammine Formation in Aqueous Solution, Haase,

[3] Mattock, G . : pH Measurement and Titration, Heylwood, London 1961. [a] Rircheiss, A . , Winsel, R . , u. W . Jabs: Z. Chem. 5, 274 (1964). [5] BasoZo, P., Chen, Y . T . , u. R. K . Mzrrrnann: J. Amer. chem. Soc. 76.

Copenhagen 1941.

956 (1954).

[a] Eircheiss, A . , n. J . Bremer: unveroffentlicht. [71 Swink, L. N . , u. M . Atoji: Acta crystallogr. [Copenhagen] 13, 639

(1960); A'ybun, S. C., u. J . S. Wood: Inorg. Chem. [Washington] 3, 469 (1964): Quasliano, J . V., u. S. Mizushima: J. Amer. chem. SOC. 75, 6048 (1953).

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(1962).

A . Kircheiss und K . Winsel, Institut fur Anorganische Che- mie der Ernst-Moritz-Arndt-Universitat, Greifswald.

Eingegangen am 13. Oktober 1965 ZCM 1425

Tagungsberichte

Internationales Symposium iiber ,,Rontgenspektren und chemisehe Bindung" vom 23. bis 96. September 1965 in Leipzig

Das Symposium wurde im Rahmen des wissenschaftlichen Programms zur 800-Jahr-Feier der Stadt Leipzig vom Physi- kalisch-Chemischen Institut der Karl-Marx-Universitiit ver- anstaltet. Von den etwa 100 Teilnehmern kamen 13 aus der Bundesrepublik, 11 aus der Sowjetunion, 4 aus dem iibrigen sozialistischen Ausland und 12 aus dem kapitalistischen Aus- land (USA, Schweden, Frankreich, Indien, Japan, Griechen- land). Unter den Teilnehmern befand sich ein hoher Prozent- satz an Professoren und anderen profilierten Wissenschaft- lern, die nahezu alle Zentren der rontgenspektroskopischen Forschung vertraten. Es wurden 33 VortrBge gehalten, die sich mit dem EinfluB der chemischen Bindung auf die Ront- genemissions- und -absorptionsspektren und der experimen- tellen Technik beschlftigten, wobei das Schwergewicht auf der Interpretation der Lage und Form von Emissionslinien bzw. -banden und Absorptionsspektren in Abhangigkeit vom physikalischen und chemischen Zustand des Atoms lag. Die Rontgenspektren entstehen durch Obergange von Elek- tronen innerer Orbitale oder durch Obergiinge von Elektro- nen innerer Schalen auf LuBere Niveaus bzw. umgekehrt. Der EinfluB der Art der chemischen Bindung, der Oxydations- stufe, der Elektronegativitiit des Bindungspartners und der Kristallstruktur veriindert naturlich am starksten die Ener- gie der Valenzelektronen. Das zeigt sich besonders deutlich in den Absorptionsaufnahmen und in solchen Emissicnslinien, an deren Zustandekommen Lubere Atomniveaus beteiligt sind. Da aber die in den iiuBeren Schalen befindlichen Elek- tronen infolge elektrostatischer Wechselwirkung und magne- tischer Kopplung mit den Elektronen der inneren Niveaus in Wechselwirkung stehen, bedingt jede Zustandsanderung der Valenzelektronen - naturlich in vermindertem MaBe - auch eine solche der inneren Atomorbitale, was sich folglich auch an den durch innere Obergange entstehenden Emissionslinien 5uBert. Aus all diesen Griinden stellt die Rontgenspektrosko- pie eine der besten Methoden Bur Untersuchung der Energie- niveaus der Elektronen dar und kann wertvolles experimen- telles Material fur die Atom- und Festkorperphysik und da- mit fur die aktuellen Probleme der Halbleiter- und Katalyse- forschung sowie fur die Theorie der chemischen Bindung lie- fern. Am ersten Tag des Symposiums wurden nach einigen grund- satzlichen Vortragen iiberwiegend Ergebnisse von Untersu- chungen an Rontgenabsorptionsspektren vorgetragen, wah- rend der zweite Tag besonders der Rontgenemissionsspektro- skopie vorbehalten war. Um eine bessere Verstiindigung zu ermoglichen, lagen den Tagungsteilnehmern die Kurzfassun- gen der Referate entweder in deutscher, englischer und fran- zosischer oder in russischer Sprache vor.

Der Direktor des Physikalisch-Chemischen Institutes der Karl-Marx-Universitat, Prof. Dr. G. Geiseler, eroffnete das Symposium und wies nach besonderer BegruBung der zahl- reichen auslindischen und westdeutschen Giiste auf die gro- Ben wissenschaftlichen Traditionen des von Wilhelm Ostwald gegriindeten ersten physikalisch-chemischen Institutes hin.

Als erster Vortragender sprach Prof. Dr. M. A. Blochin, Phy- sikalische Fakultat der Universitiit Rostow/Don, uber die Rontgenspektroskopie des festen Zustandes. Die bei der Klii- rung der Zusammenhiinge zwischen Rontgenemissions- bzw. -absorptionsspektren und der Energieverteilung der besetzten bzw. freien Elektronenzustiinde eines Festkorpers auftreten- den Schwierigkeiten wurden klar herausgestellt. Im allgemei- nen ist es unmoglich, aus den experimentellen Kurven die Zustandsdichte der Elektronenzustiinde zu finden. Das min- dert aber keinesfalls die Bedeutung der Rontgenspektrosko- pie; sie wird vielmehr als Kriterium &fur venvendet, welche theoretischen Berechnungsmethoden die besten Resultate liefern. In Rostow wurden in letzter Zeit mit der Zellular- und der OPW-Methode gute Ergebnisse erzielt. Bei der experi- mentellen Untersuchung ist auf ein moglichst groBes Auflo- sungsvermogen und auf ganz exakte Messungen zu achten, da stets eine Korrektur notwendig ist (besonders bez. Appara- turverzerrung und Breite des inneren Niveaus), aber jede Korrekturmethode zusiitzliche Unsicherheiten rnit sich bringt. Weitere Schwierigkeiten entstehen bei den Absorptionsspek- tren von Nichtmetallen mit besetzten Zonen der Valenzelek- tronen durch die Notwendigkeit einer hinreichend genauen Berechnung des Excitonenspektrums. AuBerdem wurde dar- auf hingewiesen, daB die letzten Linien im Vergleich zum K a-Dublett zwar empfindlicher gegenuber Bindungseinfliis- sen sind, aber auch von der Gitterkonstanten und der Koor- dinationszahl beeinfluBt werden. In der Diskussion stimmte Prof. Blochin der Meinung von Prof. Faessler zu, daB sowohl die experimentellen Daten als auch die theoretischen Aussa- gen gewisse Unsicherheiten beinhalten und endgultige Ergeb- nisse nur dadurch zu erreichen sind, daD sich Theorie und Ex- periment gegenseitig stiitzen und befruchten.

Prof. Dr. A. Faessler, I. Physikalisches Institut der Universi- t a t Munchen, gab in seinem zusammenfassenden Vortrag einen sehr anschaulichen Einblick in die geschichtliche Ent- wicklung der Untersuchungen des Einflusses der chemischen Bindung auf die Rontgenspektren und wies besonders auf die dazu notwendige Vervollkommnung der experimentellen Technik hin. Nachdem Bergengren (Absorptionsspektren) so- wie Lindh und Lundquist (Emissionsspektren) erstmalig die Abhangigkeit des Rontgenspektrums eines Elementes von

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seinem chemischen Bindungszustand nachwiesen, fiihrten vor allem die Messungen von Stelling und Bdcklin direkt zu den Arbeiten von Faesskr und Mitarb. Das Studium des Ka- Dubletts von Schwefel und Silicium und deren Verbindungen ergab, daB kurz- und langwellige Verschiebungen im Vergleich zum Element dann auftreten, wenn das Atom in einer Verbin- dung positiv bzw. negativ aufgeladen ist. Die Anwendung dieser Aussage wurde eindrucksvoll am Thiosulfat, bei dem die Werte der Linienverschiebungen zwischen denen des Sul. fats und Sulfids liegen, sowie an verschiedenen Siliciumver- bindungen demonstriert (langwellige Verschiebungen von SiMg,, SiCa, wie bei SiH,; keine Verschiebungen bei SiLi,, SiCa, die folglich metallartige Verbindungen sind und keine Silicide darstellen ; kurzwellige Verschiebungen bei SiO,, Si,O,, Si,O, zwischen die sich auch das bisher noch nicht rein erhaltene SiO einordnen lieBe). In der anschlieBenden Diskus- sion wies Prof. Faesder noch einmal auf die infolge der Aktua- litiit der Probleme der chemischen Bindung und der erhohten MeBgenauigkeit durch den Einsatz elektronischer Gerate stei- gende Bedeutung der Rontgenspektroskopie hin.

Der Vortrag von Prof. Dr. L.G. Parratt und Dr. H. W. Schnop- per, Cornell University Ithaca/N. Y., Department of Physics, befaBte sich mit den MnK-Rontgenspektren, die auf Grund des K-Einfangprozesses in Fe56-Atomen emittiert werden. Die allgemeine Annahme, d a B nach Erzeugung einer inneren Elektronenlucke alle LuBeren Elektronen auf Positionen ent- sprechend dem neuen Coulombschen Feld ubergehen, bevor die innere Lucke aufgefullt wird, d. h., d a B sie eine vie1 kurzere Lebensdauer als die Verschiebungszeit der inneren Elektro- nenlucke haben - eine fur die Interpretation der chemischen Effekte der Rontgenspektren besonders wichtige Aussage -, wurde experimentell uberpriift. Die Autoren verglichen die Mn Kal,,- und Kpl,3-Emissionslinien mit den K-Anfangszu- stiinden, die einmal durch ElektronenbeschuS einer Mn65- Anode und zum anderen durch K-Einfang in Fe55 - hierbei tritt eine vernachlissigbare hinderung des Coulombschen Fel- des auf - erzeugt wurden. In beiden Fillen stimmen die ent- sprechenden Linien bez. Lage, Form und relativer Intensitat innerhalb der experimentellen Genauigkeit uberein. Das be- deutet, daB bei der Erzeugung einer R-Lucke durch einen StoBprozeS die LuBere Elektronenkonfiguration des Atoms mit der Kernladungszahl 2 augenblicklich im wesentlichen in die des Atoms mit 2 + 1 ubergeht. Die Beobachtungen am K r-Satelliten, der ebenfalls unverandert erscheint, erlauben die Annahme, daB dessen Entstehung nur mit der Art der Auf- fullung der K-Vakanz, aber nicht mit der Konfiguration der SuBeren Elektronen im Anfangszustand zusammenhiingt.

Ober einige der von Prof. Dr. Y. Cauchois geleiteten rontgen- spektroskopischen Arbeiten am Physikalisch-Chemischen La- boratorium der Universitat Paris berichtete Dr. F. Wuilleu- mier. Die Untersuchungen der Rontgenemissions- und -ab- sorptionsspektren von Gasen und Festkorpern dienen vor al- lem der Bestimmung von Energieniveaus von Atomen (Er- mittlung von Wellenliingen der Emissionslinien und Absorp- tionskanten), der Messung der Absorptionskoeffiienten, die zur Bestimmung von Oszillatorstiirken verwendet werden konnen, der elektronischen Struktur von Festkorpern und den Beobachtungen der Verschiebung und Formveriinderung der Rontgenspektren, wenn sich das Element in verschiedenen Zustanden befindet. Ausfuhrlicher wurden die Absorptions- spektren von Ar und Ne (Messung des Absorptionskoeffizien- ten von 2 bis 8 b, Berechnung der Oszillatorstarke des K- Niveaus von Ar) und die Emissionsbanden der Oxide von A1 (K-Bande), Cu und Ni, Co, Fe (L-Bande) und die bl-Absorp- tionskante von Pu erliutert. Prof. Dr. K. Siegbahn und Dr. I. LinrEgren. Tjanste Fysiska Institutionen Uppsala, trugen uber die in den letzten Jahren zu hoher Priizision entwickelte elektronenspektroskopische Methode (ESCA) vor. Dabei werden Photoelektronen, die aus einer inneren Atomschale durch Rontgenstrahlen bekannter Energie ausgestoBen werden, in einem hochauflosenden p- Spektrometer analysiert . Die Linienmaxima und damit die

Energie eines Atomnivmus knnen. bis zu wenigen Zehntel eV bestimmt werden. Die Breitan der Elektronenlinien spiegeln im wesentlichen die natiirlichen Breiten der entsprechenden Atomniveaus und der Rantgenlinie, die zur Erzeugung der Elektronen benutzt wurde, wider. Stiirungen der Niveaus, die auf chemische Effekte zuriickzufuhren sind, konnen ebenfalls gemessen werden. Der groBe Vorteil gegenuber der Rontgen- spektroskopie besteht darin, daS sich mit der ESCA-Methode die Verschiebungen der einzelnen Niveaus direkt messen las- sen, dagegen mit der Rontgenspektroskopie nur die Differen- Zen derselben, wobei die mit der elektronenspektroskopischen Methode bestimmten Verschiebungen aulerdem wesentlich groBer sind. So ergaben sich fur das K- und L-Niveau unge- fahr gleich groBe Verschiebungen und fur Schwefel und Chlor in anorganischen Verbindungen eine etwa lineare Abhangig- keit zwischen Wertigkeit und Niveauiinderungen. Berechnun- gen uber die Energieiinderungen wurden unter Benutzung des einfachen Modells eines freien Ions durchgefuhrt. Dazu wurde ein modifiziertes Hartree-Pock-Slater-Verfahren benutzt. Bei Verwendung von Atomorbitalen als Losung der Hartree- Gleichung (mit Blater-Korrektur fur den Austauscheffekt) lie13 sich eine Verbesserung dadurch erreichen, daB statt der Eigen- werte (Koopman-Theorem) die Differenz der Gesamtenergien des neutralen Atoms und des Ions als Bindungsenergie (Kor- rektur notwendig!) interpretiert wurde. Noch etwas bessere Werte fur die Bindungsenergie ergaben sich, wenn man die Gesamtenergie des Ions statt mit Atomorbitalen mit self-con- sistent Orbitalen berechnet. Ein Vergleich der theoretischen Werte mit den experimentell ermittelten Verschiebungen lie- fert eine Abschiitzung der effektiven Ladung.

Die Behandlung der Absorptionsspektren umfaBte nach all- gemein gultigen Ausfuhrungen (Hayasi, Schurkin) vor allem die Bindungseinflusse sowohl bei Metallen (Bally) als auch bei nichtmetallischen Verbindungen (Albrecht) - z.T. rnit beson- deren Methoden (DrQer, Schnopper) -, wobei die Komplex- verbindungen im Vordergrund standen (Deodhar, Van Nord- strand, M a d ) . Zu diesem Themenkomplex sprach als erster Prof. Dr. T. Hay- asi, Tohoku University, Sendai, Department of Physics, uber verbotene Energiebiinder und Elektronenreflexion in AbhLn- gigkeit von der Kristalldicke. Die theoretische Behandlung der Schrodinger-Gleichung fur eindimensional periodische, un- begrenzte Potentialfelder - fur das dreidimensionale Kri- stallgitter existiert noch keine exakte Lasung - ergibt, daB die Energie der verbotenen Energiebinder durch die kleinste Periodizitit des periodischen Potentialfeldes und die Breite jedes verbotenen Bandes durch siimtliche in Betracht gezo- genen Fourier-Glieder bestimmt wird. Beim Studium der Re- flegon der Elektronenwelle an der Oberfliiche eines eindimen- sionalen Kristallgitters - einfachheitshalber als nach einer Seite unendlich angenommen - sind verschiedene Fiille zu unterscheiden (Elektronenenergie innerhalb der verbotenen Energiebiinder - vollstindige Reflexion, innerhalb eines der erlaubten Biinder - partielle Reflexion, an der Grenze eines erlaubten Energiebandes - vollstandige Reflexion). Fur ein- dimensionale Kristalle endlicher Dicke ist unter einem ,,ver- botenen" Energieband ein Energieband von Elektronen rnit gedgmpften Wellenfunktionen zu verstehen. Aus dem Ver- gleich von Diimpfungsliinge der Wellenfunktion mit der Kri- stalldicke ergeben sich die Reflexionseigenschaften. Hieraus folgen Zusammenhlnge mit dem von Parratt und anderen entdeckten Dickeneffekt der sekundiren Struktur der Ab- sorptionsspektren.

Der Vortrag von Dr. 0. Briimmer und G. Drager, Institut fur experimentelle Physik der Martin-Luther-Universitit Halle- Wittenberg, behandelte Untersuchungen zur Theorie der Kronigschen Feinstruktur der Rontgen-K-Absorptionsspek- tren. Aus der Kronigschen Theorie, nach der die Feinstruktur allein vom Gittertyp und den Abmessungen der Elementar- zelle abbangen 5011, ergibt sich u. a. die SchluBfolgerung, daB bei Verwendung von polarisierter Rontgenstrahlung und einer einkristallinen Absorberlolie eine Abhiingigkeit der Ab-

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sorptionskantenfeinstruktur von der kristallographischen Orientierung des Absorbers auftreten 8011. Beim kubischen Germanium und Eisen zeigte sich auBerhalb der Fehlergren- Zen keine Orientierungsabhiingigkeit. Dagegen trat beim rhomboedrischen Fe20, und FeCO, eine eindeutige Abhingig- keit der Feinstruktur von der Lage des Polarisationsvektors im Kristallgitter auf (hderung bis zu einem Abstand von etwa 200 eV von der Kante).

Der Beitrag von Dr. 0. P. Scharkin, Institut fur geologische Wissenschaften der qkademie der Wissenschaften der Ukrai- nischen SSR, Kiew, und W. W . Schmidt, Baikow-Institut fur Metallurgie, Akademie der Wissenschaften der UdSSR, Mos- kau, befaate sich mit dem EinfluB der Temperatur auf die Feinstruktur der Absorptionsspektren. Theoretisch wurde die Veriinderung der Feinstruktur der K-Absorptionsspektren bei Temperaturlnderungen (,,Schmelzen" der Feinstruktur) begriindet. Ein Vergleich der berechneten und experimentel- len Werte fur Ga, Ge, In, Cd sowie fur das Kalium-K-Absorp- tionsspektrum in KC1, KBr und K J zeigte innerhalb der ex- perimentellen Fehlergrenzen eine gute Obereinstimmung.

Prof. Dr. I. Ja. Dechtjar, Institut fur Metallphysik der Aka- demie der Wissenschaften der Ukrainischen SSR, Kiew, stellte fest, daB fur das Studium der elektronischen Struktur zur Aufkliirung der zwischenatomaren Bindung in Metallen und Legierungen Veriinderungen, die durch die Einwirkung von Kristalldefekten entstehen, auBerordentlich wichtig sind. Es wurde uber die Ergebnisse der Messungen von Elektron- Positron-Annihilierungsspektren und der magnetischen Sus- zeptibilitiit berichtet. Die Einfiihrung von Defekten in das Kristallgitter (u. a. beim Hiirten von Metallen) iindert die Polarisation des Atomsystems und folglich auch den Charak- ter der zwischenatomaren Bindung.

Prof. Dr. D. BaZZy, Institut fur Atomphysik der Rumanischen Akademie der Wissenschaften, Bukarest, berichtete uber die bei Untersuchungen der K-Absorptionsspektren von Nickel und Eisen in Ni-Fe-Legierungen gefundenen Beziehungen zwischen der Form und Lage der Hauptkante einerseits und der intermetallischen Bindung andererseits. Es wurden die Besonderheiten eines Rontgenspektrometers vom Cauchois- Typ beschrieben, das fur das quantitative Studium des Ein- flusses der intermetallischen Bindung auf die Hauptkante ein groles Auflosungsvermogen besitzen muB.

Dr. G. Albrecht, Physikalisches Institut der Friedrich-Schiller- Universitat Jena, deutete die in der Nihe der K-Absorptions- kante auf der Seite llngerer Wellen haufig beobachteten Li- nien geringer Intensitiit als Quadrupolubergiinge in quasi- atomare d-Zustiinde. Aus der ligandenfeldtheoretischen Be- handlung von TiO, ergaben sich ein leeres antibindendes e:- und ein unverschobenes t2,-Niveau, in die Quadrupoluber- giinge erfolgen konnen. Das Experiment zeigt das der Theorie entsprechende Doppelmaximum. &nlich lassen sich die Spektren von TiN, bei dem keine Kristallfeldaufspaltung zu erkennen ist, was auf vorwiegend kovalente Bindung schlie- Ben liiDt, und von Tic, wo eine geringe Aufspaltung auf eine Elektronenverschiebung vom Titan zum Kohlenstoff hin- weist, deuten. Das Verschwinden der Ausliuferlinien bei ubergangsmetallhydriden gegenuber dem reinen Metall kann im Rahmen dieser Theorie unter Berucksichtigung der Beson- derheiten der Hydridphase (Metallisierung des Wasserstoffs und geringe Atomabstiinde fuhren zu Resonanzwechselwir- kung und damit zu stark verbreiterten &Bandern; die ver- ringerten Zustandsdichten ermoglichen keine beobachtbaren Quadrupolubergiinge mehr) verstanden werden.

Der zweite Vortrag von Dr. H. W. Scknopper behandelte die Untersuchung der Rontgen-K-Absorptionskante des Chlors im KClO,-Einkristall mit Hilfe polarisierter Rontgenstrahlen. Das Studium des einfachen M6lekiil-Ione (das Ion kann als isoliert betrachtet werden, wenn die Kristallfeldeffekte klein sind) ist eine logische Erweiterung des einatomigen gasformi- gen Falles, wobei die Atomorbitale durch Molekulorbitale er- setzt werden. Da die Rontgenspektroskopie grol3e Energie-

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bereiche erfaBt, sind besonders Molekule mit groBer Energie- lucke zwischen Bindungs- und anti-Bindungsorbitalen als Untersuchungssubstanz geeignet. Das ClO;-Ion gehort zu dieser Kategorie und besitzt die Struktur einer trigonalen Pyramide (Ca,,). Es ist moglich, durch geeignete Orientierung des KC10,-Einkristalls in einem polarisierten Rontgenstrahl zwischen Obergiingen, an denen Orbitale vom A,- oder I -Typ beteiligt sind, zu unterscheiden. Die Absorptionsmaxima kon- nen zur Orientierung der Fliche der Sauerstoffatome (wie sie aus Laue-Aufnahmen bestimmt wurde) in Beziehung gebracht werden. Dabei hat das am niedrigsten liegende antibindende Orbital in Obereinstimmung mit anderen Autoren A,-Sym- metrie.

Prof. Dr. G. B. Deodhar, University of Allahabad, Physics Department, trug die Ergebnisse der Untersuchungen der K- Absorptionsspektren in Zirkonverbindungen und der Lage der hII-Kante in Gold- und Platinkomplexen vor. Die ZrK- Kante verschiebt sich beim ubergang vom Metall zur Verbin- dung nach kurzeren Wellen, gleichzeitig nimmt die Breite der Kante ab. Die LIn-Kante von Gold und Platin wird dagegen nach der Seite lingerer Wellen verschoben. Die geringe Wel- lenliingeniinderung bei HAuCl, ist offensichtlich auf Zerset- zungserscheinungen zuruckzufuhren. Dr. R. A. Van Nordstrand, University of Tulsa/Oklahoma, teilte die Komplexverbindungen der Elemente der ersten Obergangsreihe auf Grund ihrer K-Absorptionskantenfein- struktur in Gruppen ein, wobei nur die unmittelbaren Ligan- den das Spekttum bestimmen. Dadurch ergibt Rich unter Ver- wendung normierter K-Absorptionskoeffizienten fur Spek- tren von Komplexen mit varschiedenen Liganden eine Addi- tivitiit der Feinstruktur. Das wurde an den Spektren von Chromkomplexen demonstriert. Aus dieser Additivitiit kann man ableiten, daB die Feinstruktur durch den einzelnen Li- ganden und seine spezielle Koordination bestimmt wird. Die Theorie mu13 sich demnach auf die Interferenzph&nomene, die Obergangswahrscheinlichkeit, das elektrische Liganden- feld, nicht aber auf die Energieniveaus von quasi-stationhren Zustanden, und die Darstellung des Photoelektrons a h ebene Welle grunden.

In dem Vortrag von Dr. C. M a d e und A. R. ChetaZ, Univer- sity of Poona, Department of Physics, wurden die von Van Nordstrand aufgestellten Gruppen der K-Absorptions- kurven auf der Basis der Ligandenfeldtheorie erkliirt und uber die Unterscheidung zwischen oktaedrischen und tetra- edrischen Kobaltkomplexen berichtet. Danach besitzt z. B. das rosa gefiirbte CoCl, eine einfache Hauptkante und dem- nach oktaedrische Koordimtion, wiihrend die entsprechen- den Absorptionskurven von blauen Kobalt(I1)-chlorid-Lii- sungen eine Aufspaltung zeigen, was auf tetraedrische Koor- dination hinweist. Die Aufspaltung der Haupta.bsorptions- kante ist auf eine Lokalisierung der leeren 4p-Orbitale, auf die der erste Rontgenabsorptionsubergang erfolgt, zuriickw- fuhren. Die Aufspaltung, die nicht in allen tetraedrischen Komplexen gleich ist - auBer Kobalt(I1)-chlorid-Losungeh wurden wasserfreies und hydratisiertes Kobaltoxinat, Ko- balt-a- sowie B-bis-pyridin-chlorid, Kobalt-dichinolin-chlorid sowie ein Thiolpfelsiiure-Komplex des Kobalts untersucht -, ist mit einer Verzerrung des Tetraeders verbunden. Mit Hilfe der rontgenspektroskopischen Ergebnisse und der MO-The0 - rie war es moglich, die magnetischen Momente und die elek- tronische Struktur einiger dieser Komplexe zu erkliren. Die Vortrlge uber Untersuchungen an Rontgenemissions- spektren behandelten vor allem die Elektronenstruktur von Metallen (Nikijorow, NemoschkaZenko), die Einflusse der che- mischen Bindung bei nichtmetallischen Substanzen (Jossem, Meisel, Satschenko), wobei u. a. den A111 Bv-Verbindungen besondere Aufmerksamkeit gewidmet wurde (Fichter, Nem- mnow) und sich auch Anwendungen der Ergebnisse fur Pro- bleme der Elektronegativitit (Schuwajew) und der Katalyse- forschung (Rostler) abzeichnen. Ober Untersuchungen im ul- traweichen Rontgengebiet wurde unter besonderer Betonung des Aufbaus der Spektrographen von Wiech und Jaeglk vor-

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getragen. Den AbschluB des Symposiums bildeten einige Vor- triage, die sich mit den Reflexionseigenschaften gekriimmter Kristalle beschiftigten ( Ulmer, Feser, Finder).

Nach den Ausfuhrungen von Doz. Dr. W. P. Satschenko und I. Ja. Nikiforow, Physikalische Fakultiit der Universitit Rostow/Don, erweist sich von den quantenmechanischen Einelektronen-Berechnungsmethoden der Metalle die Methode der orthogonalen ebenen Wellen (OPW) am aussichtsreich- sten. Fiir die Bestimmung der Fourier-Transformierten des Potentials und der Orthogonalisierungskoeffizienten, die fur die OPW-Methode erforderlich sind, wurde eine einfache Me- thode unter Verwendung der Thornas-Fermi-Niherung fur das atomare Potential gefunden. Die Resultate am Ti, Mo und Nb erlauben einige Besonderheiten der Rontgenemis- sionsbanden und -absorptionskanten dieser Metalle zu erkli- ren. AnschlieBend berichtete I. Ja. Nikiforow uber die theo- retische und experimentelle Form der Rontgenemissionsban- den von Eisen und Kupfer. Unter Benutzung der Zellular- methode wurde die Berechnung der Wellenfunktionen der Valenzelektronen dieser Metalle durchgefuhrt (Berechnung der Radialfunktion durch numerische Liisung der SchrMin- ger-Gleichung mittels elektronischer Rechenmaschme ,,Ural"). Die Gegenuberstellung der berechneten und experimentellen Formen der Kp,-Bande zeigte ihre qualitative Ubereinstim- mung.

Im Vortrag von Dr. W. W. Nemoschkalenko und W. P. Kri- witzky, Institut fur Metallphysik der Akademie der Wissen- schaften der Ukrainischen SSR, Kiew, wurde uber die Unter- suchungen der L-Emissionsbanden von Ru, Rh, Pd und Ag berichtet. Die Intensitiitsverteilungen der Lp,- und Ly,-Ban- den wurden bez. der apparativen Verzerrung und der inneren Niveaubreite korrigiert und zeigten zwar wenige Details, lie- Ben aber doch eine Reihe von Besonderheiten erkennen (lang- welliger LB,-Ausliufer bei Ru, kurzwelliger bei Ag). Die In- tensitiitsverhiltnisse der beiden Banden zu L y , ergaben kein monotones Anwachsen rnit der Ordnungszahl (Zunahme von 2 bringt neben VergroBerung der Elektronenzahl eine Verrin- gerung des p-Symmetrieanteils der Wellenfunktionen der Elektronen im Leitfiihigkeitsband mit sich).

Der zweite Vortrag von Dr. Nemoschkulenko (zusammen mit W. Ja. Nagormy) behandelte rontgenspektroskopische Unter- suchungen der elektronischen Struktur von Legierungen des Systems Fe-V. Durch Messung von Form, Breite, Lage und Intensitiit der K/?,-Banden sowie einiger Parameter der Kj3,- Linien wurden charakteristische Veranderungen in der Elek- tronenstruktur betrachtet, die bei Legierungsbildung sowie beim Phasenubergang (im mittleren Konzentrationsbereich bildet sich eine sprode a-Phase) entstehen. Die von der Theo- rie vorhergesagte Aufspaltung der Kp,-Banden wurde bestii- tigt, wobei die Lage der Hauptmaxima innerhalb der Fehler- grenze unveriindert blieb. Die Bildung der a-Phase fuhrt zu einer starken Veriinderung des Spektrencharakters, d. h. des Charakters der zwischenatomaren Bindung.

Prof. Dr. E. L. Jossem und Dr. J. 0. Porteus, Ohio State Uni- versity, Department of Physics, erlauterten die mit einem Doppelkristallspektrometer und einem Spektrometer mit ge- bogenem Kristall erhaltenen K-Absorptions- bzw. K-Emis- sionsspektren von Chlor in Alkalichloriden. Zum Vergleich wurden die Kaliumspektren im Metal1 und im KC1 herange- zogen. Die bezuglich des instrumentellen Auflosungsvermo- gens und des inneren Niveaus korrigierten Absorptionsspek- tren lieferten die Kurven fur das Produkt von obergangs- wahrscheinlichkeit und Zustandsdichte der unbesetzten Ni- veaus. Die Emissionsspektren konnten nicht korrigiert wer- den, da das Spektralfenster nicht genau genug bekannt war.

Dozent Dr. A. Meisel, Physikalisch-Chemisches Institut der Karl-Marx-Universitiit Leipzig, unterzog die Lage und Form der Kal,z-Linien der Elemente von Titan bis Nickel in zahl- reichen chemischen Verbindungen einer einheitlichen Aus- wertung. Im Gegensatz zu den Verhiltnissen bei den Elemen-

ten der dritten Periode treten vor allem Verschiebungen nach lingeren WeIlen auf - sicherlich verursacht durch die beson- deren Eigenschaften der d-Elektronen -, wobei die GroBe der Dublettverschiebungen in Beziehung zum Wertigkeitszu- stand des Atoms in der betreffenden Verbindung steht. Die bei niederen Oxydationsstufen auftretenden Linienverschie- bungen nach kurzeren Wellen sind wahrscheinlich auf die Abgabe von 4s-Elektronen zuriickzufuhren. Veriinderungen der Linienform sind oft auch dann noch meBbar, wenn keine Verschiebungen festzustellen sind. Die auf das jeweilige Ele- ment bezogenen Halbwertsbreiten und Asymmetrieindizes - zur Vermeidung von systematischen Fehlern wurden aus- schlieBlich Relativmessungen durchgefuhrt - andern sich gleichsinnig mit dem magnetischen Moment bzw. der Anzahl der ungepaarten Elektronen. Die in Komplexverbindungen bei gleicher Anzahl ungepaarter Elektronen auftretenden Unterschiede in der GroBe der Halbwertsbreite scheinen durch die Stirke des Kristallfeldes hervorgerufen zu werden. Mit Hilfe dieser Aussagen konnten einige Probleme der elektroni- schen Struktur chemischer Verbindungen gekliirt werden. Nach Dr. W. P. Satschenko und W. F. Demjochin, Physika- lische Fakultit der Universitiit Rostow/Don, hiingt die Lage und Intensitit der Kor-Satelliten stark von der chemischen Bindung ab. Wenn auch die theoretischen Verhiiltnisse noch nicht vollig geklirt sind, so wurde doch fur die berechneten Werte der spektralen Lage und der relativen Intensitiiten - Beriicksichtigung des Einflusses der chemischen Bindung auf die Ka-Satelliten der Elemente der dritten Periode - gute Obereinstimmung mit den experimentellen Gesetzma- Bigkeiten gefunden. uber die Rontgen-Ka- und Kp-Spektren von Phosphorver- bindungen, insbesondere von AII1 Bv-Verbindungen, berich- tete H. Fichter, I. Physikalisches Institut der Universitiit Munchen. J e nach der Lage der Ka-Linien des Phosphors las- sen sich dessen Verbindungen in vier Gruppen einteilen (ele- mentarer Phosphor, P-0-Verbindungen, AIIIBV-Verbindun- gen, bestimmte P-S-Verbindungen). Die langwellige Ver- schiebung bei den AIIIBv-Verbindungen deutet auf eine ne- gative Ladung des Phosphoratoms und damit auf eine ge- mischt kovalent-ionogene Bindung im Kristallgitter hin. Ver- anderungen der Form des Ka-Dubletts wurden nicht beob- achtet. Bei den Rp-Spektren lassen sich zwei verschiedene Typen der Bandenform (einmal P-0-Verbindungen mit Sa- telliten auf der langwelligen Seite, zum anderen die Banden von Phosphor und der Phosphide mit einer ziemlich steilen hochenergetischen Flanke) nachweisen. Dabei bleibt die Lage der Banden fast unveriindert. Der Vortrag von Dr. A. N. Gusatinski und Dr. S. A. Nemno- w w , Institut fur Metallphysik der Akademie der Wissen- schaften der UdSSR, Swerdlowsk, befaBte sich mit den Ront- genspektren des In, Sb und P in halbleitenden AIrrBv-Ver- bindungen. Der Abstand zwischen der KB-Bande und der K - Kante steht in Beziehung zur Breite des verbotenen Bandes. Die beim ubergang vom elementaren Phosphor zu AIIIBV- Verbindungen beobachtete Aufspaltung sowohl der Emis- sionsbande als auch des Hauptmaximums der Absorption wird auf die Anwesenheit ionogener Bindungsanteile zuriick- gefuhrt. Die Feinstruktur des Anfangsgebietes der LIII-Ab- sorptionsspektren von Sb und In, dessen Ausdehnung von der effektiven Ladung des absorbierenden Atoms abhingt, ist eng mit der Form des ersten Koordinationspolyeders verbun- den. Die kurzwellige Feinstruktur der Absorptionsspektren von In, Sb und P kann man gut erkliren mit Hilfe der Theo- rie der Streuung des Photoelektrons an den Atomen, die das absorbierende Atom umgeben. Prof. Dr. N. N. Sirotu, Institut fur Festkorperphysik der Aks- demie der Wissenschaften dkr Bjelorussischen SSR, Minsk, berichtete uber die Bestimmung der effektiven Atomladung in AIIIBV-Verbindungen. Aus den Reflexionsintensitaten von Rontgenbeugungsdiagrammen wurden uber die Elektro- nendichteverteilungen die effektiven Atomladungen ermit-

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telt . Zur Auswertung dienten fur eine elektronische Rechen- maschine aufgestellte Rechenprogramme.

Dr. A. T. Schuwajew, Physikalische Fakultat der Universitat Rostow/Don, berechnete aus den Verschiebungen der K~X, ,~ - Linien die Ladungen und den Ionisierungsgrad der Atome - Ladung des Na+-Ions in der am starksten ionischen Na- Verbindung, dem Perchlorat, mit 1 festgelegt - fur eine groSe Zahl binarer Verbindungen der Elemente der dritten Periode. Der Ionisierungsgrad mit 2 > 10 zeigt eine gleich- sinnige Abhtingigkeit von der Differenz der Elektronegativi- taten. Dagegen ist es fur Elemente mit 2 < 10 unmoglich, ihnen von den Besonderheiten der chemischen Bindung un- abhangige Elektronegativititen zuzuschreiben.

ober rontgenspektroskopische Untersuchungen von Kataly- satoren trug Dr. D. Kostler, Physikalisch-Chemisches Institut der Karl-Marx-Universitat Leipzig, jetzt VEB Energiever- sorgung Leipzig, vor. Der Vorteil der Rontgenspektroskopie zeigt sich einmal darin, daS prinzipiell alle Arten von Fest- korpern und dabei die betreffenden Elemente spezifisch er- faBt werden konnen. Ein weiterer sehr wesentlicher Vorzug liegt in der auf dem Durchdringungsvermogen der Rontgen- strahlen beruhenden Moglichkeit der Untersuchung des Ka- talysators unter Betriebsbedingungen. AuBerdem ist es mog- lich, mehrere Wertigkeitsstufen eines Elementes nebeneinan- der durch Analyse der Rontgenlinien quantitativ zu bestim- men. Das wurde an einem WS,-Hydrierkatalysator, bei dem neben Aussagen iiber die elektronische Struktur mittels des Schwefel-K arl,a-Dubletts der Anteil an elementarem und sul- phidischem Schwefel bestimmt wurde, und an einem Nickel- Hydrierkatalysator demonstriert . Bei letzterem wurde unter Ausnutzung der Kqz-Linienform eine Methode erarbeitet, die es gestattet, metallisches Nickel neben Nickeloxid quan- titativ zu bestimmen, um gegebenenfalls Aussagen iiber Wer- tigkeitsiinderungen, z. B. als Folge eines Alterungsprozesses im Reaktionsofen, treffen zu konnen.

Dr. B. Wiech, I. Physikalisches Institut der Universitat Miin- chen, berichtete uber den Bau eines Ultrahochvakuum-Kon- kavgitterspektrographen fur den Wellenlangenbereich zwi- schen 40 und 600 A. In der Rontgenrohre, die sich im Innern des auf 3 bis 6 - 10-6 Torr evakuierten Spektrographen befindet, ist ein Vakuum von lo-* Torr erreichbar. Die Rohre enth8;lt auBer Anode und Elektronenkanone einen Aufdampf - ofen sowie Vorrichtungen zum Gettern und Abglimmen. Als Detektor dient ein offener SEV mit W-Photokathode. Wah- rend die L-Emissionsbanden von Al, A1,0,, Si, SiO, und Sic hinsichtlich ihrer Lage des Maximums mit friiheren Messun- gen iibereinstimmten, ergaben sich bezuglich der Struktur der Banden und der Intensitatsverhaltnisse groBere Abweichun- gen ; die Spektren wiesen feinere Struktureinzelheiten als die alterer Arbeiten auf.

Dr. P. Jaeglk, Physikalisch-Chemisches Laboratorium der Universitat Paris, erlauterte das Prinzip und die Konstruk- tion eines Spektrographen mit zwei aufeinanderfolgenden Gittern. Die beschriebene Apparatur kann sowohl im Gebiet der Rontgenstrahlen (Verwendung beider Gitter) als auch im fernen und nahen ultravioletten Spektralgebiet (mit nur einem Gitter) benutzt werden. Der vollkommen eusgebildete Rowland-Kreis (Durchmesser 2 m) befindet sich im Innern eines Vakuumraumes. Die Arbeitsweise wurde an Hand von Nb-Spektren demonstriert. Im Gegensatz zu Spektrographen mit nur einem Gitter ist es durch das enorme Auflosungsver- mogen des Zweigitterspektrographen moglich, verschiedene Interferenzordnungen vollstandig zu trennen.

Der Vortrag von I . Eggs und Priv.-Doz. Dr. K. Ulnzer, Phy- sikalisches Institut der TH Karlsruhe, befaBte sich mit Ver- suchen zur Rontgenspektroskopie mit spharisch gekriimmten Kristallen. Durch Verwendung von solchen reflektierenden Kristallen in Rontgenspektrographen kann man deren Licht- stiirke und Auflosungsvermogen bedeutend steigern. Eine echte zweidimensionale Biegung wurde durch Aufkleben von Glimmer und Kaliumhydrogenphthalat (KAP) mit Epoxid-

harz auf Konkavlinsen der gewunschten Kriimmung erreicht. Eine weitere Verbesserung der Reflexionseigenschaften konnte durch Schleifen der aufgeklebten KAP-Kristalle zu einer spharisch gekriimmten Oberflache mit dem halben Kriimmungsradius der Netzebenen (Fokussierung nach J o - hansson) erzielt werden. Mit Molybdanit (selbstandige Ad- hasion kleiner Kristallplattchen) wurden ebenfalls gute Er- gebnisse erzielt. K. Feser, I. Physikalisches Institut der Universitiit Miinchen, berichtete iiber Fokussierungseigenschaften gebogener Kri- stalle. Durch freie Biegung von Kristallplatten mit Hilfe von vier zylindrischen Walzen, die mittels besonders konstruier- ter Schrauben nach allen Seiten beweglich sind - interfero- metrische Priifung der Fokussierung, Kriimmungsradius bis auf ein Prozent genau bestimmbar -, konnte einerseits zum ersten Male die ideale Biegung nach einer logarithmischen Spirale verwirklicht und andererseits die nach Johann berech- neten Fokussierungsdefekte experimentell bestatigt werden. Damit lieB sich exakt zeigen, daB auch mit gebogenen Kri- stallen - unabhangig von der GroBe der Kristalloffnung - das Auflosungsvermogen des Doppelkristallspektrometers er- reicht werden kann. J . Finster, Physikalisch-Chemisches Institut der Karl-Marx- Universitat Leipzig, trug die Ergebnisse der Untersuchungen einiger Reflexionseigenschaften von gebogenenKristallen vor. Die relativen Reflexionsintensitaten von Glimmer (Spalt- flache) bis zur 20. Ordnung wurden rontgenspektroskopisch und rontgenographisch rnit Hilfe von Drehkristallaufnahmen gemessen. Es ergab sich eine gute ifbereinstimmung der nach beiden Verfahren erhaltenen Resultate sowie mit den aus der Strukturamplitude berechneten Werten. Danach lassen sich intensive Spektren besonders in der 3. und 5. , aber auch noch in der 4., 8. und 11. Ordnung erhalten; unter den noch hohe- ren Ordnungen ragt die 18. heraus. Weitere experimentelle Untersuchungen bestatigten Berechnnngen, wonach beim Transmissionsverfahren unter Benutzung schrlger Netzebe- nen infolge des Einflusses der Kristalldicke anstatt einer Ver- ringerung der Linienbreite eine wesentliche Verbreiterung auftritt, die die von Protopopow angegebene Methode der schragen Ebenen vollig unwirksam werden 1aBt. Einige der im Programm vorgesehenen Vortriige konnten entweder aus zeitlichen Griinden (Dr. J. Drahokoupil, Insti- tut fur Festkorperphysik der Akademie der Wissenschaften Prag : Apparaturverzerrung der Rontgenspektren am Dop- pelkristallspektrometer) oder dadurch, daS die Vortragenden an der Reise kurzfristig verhindert waren (Dr. J . E . Holliday und J. Genin, Carnegie Institute of Technology, Department of Metallurgical Engineering, Pittsburgh/Pennsylvania : Ver- iinderungen von Form und Lage der K-, L- und M-Emissions- banden von Verbindungen der Ubergangsmetalle; Dr. A . P. Lukirski und Dr. T. dl. Simkim, Physikalische Fakultlt der Staatlichen Universitat Leningrad: Absorption durch Photo- ionisation in Ionenkristallen ; Dr. E. P. Domccschewskaja und Ja. A. Ugai, Physikalisch-Chemisches Institut der Staatli- chen Universitat Woronesh : Rontgenspektroskopische Un- tersuchung des Charakters der chemischen Bindung in eini- gen halbleitenden AIIIBV-Verbindungen), nicht gehalten werden. Diese und weitere angemeldete Vortrage werden zu- sammen mit den auf dem Symposium gehaltenen vollstlndi- gen Vortragen in Kiirze in einem vom Physikalisch-Chemi- schen Institut der Karl-Marx-Universitat, Leipzig heraus- gegebenen Sammelband veroffentlicht . Nach AbschluS des wissenschaf tlichen Teiles des Symposiums dankte Dr. Meisel allen Anwesenden und unter ihnen beson- ders den Vortragenden dafur, daB sie in so grol3em MaBe der Einladung zum Symposium gefolgt waren. Ein Teil von ihnen hatte lange Reisen und erheblicheReisekosten nicht gescheut, um nach Leipzig kommen zu konnen. Den Dank der Teilneh- mer an die Veranstalter des Symposiums brachten die Profes- soren Jossem und Faessler zum Ausdruck ; beide lobten-die Vorbereitung und ausgezeichnete organisatorische Durchfuh- rung der Veranstaltung und hoben die interantionale Beteili-

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gung sowie das hohe Niveau der gehaltenen Vortriige her- vor. Die sclion im AnschluB an jeden Vortrag begonnenen Diskus- sionen und die personlichen Gespriiche in den Vortragspausen wurden auf einem Empfang im Hotel ,,Stadt Leipzig", zu dem dcr Rektor der Karl-Marx-Universitiit, Prof. Dr. G.Miil- ler, eingeladen hatte, sowie auf zwei Busfahrten am Sonn- abend und Sonntag fortgesetzt. Die erste Fahrt fuhrte die Tagungsteilnehmer nach MeiBen (Besichtigung der Porzellan- Manufaktur, der Albrechtsburg und des Domes) und Dresden

Buchbesprechungen

Chemische Tabellen und Rechentafeln fur die analytische Praxis Von K. Rauscher, J. Voigt, K . - T I . Wilke und I . Wilke. 3., neu bearbeitete und erweiterte Auflage. VEB Dautscher Verlag fur Grundstoffindustrie, Leipzig 1965. 309 Seiten mit 3 Bildern, Format 14,7 x 21,5 cm, Plasteinband, 15,80 MDN. Die ,,Chemischen Tabellen und Rechentafeln fur die analy- tische Praxis" haben eine fuhlbare Lucke in unserem Schrift- tum geschlossen. Der praktische Wert dieses Buches kommt besonders darin zum Ausdruck, daB innerhalb von 4 Jahren bereits zwei Neuauflagen notwendig waren. Die jetzt vorliegende dritte Auflage weist gegenuber den vor- angegangenen einige Verbesserungen auf. Einmal ist die sorgfaltige Oberarbeitung zu loben, wobei die Beschliisse und Empfehlungen der IUPAC berucksichtigt wurden (die Atomgewichte wurden auf die Basis l2C umge- rechnet, neue Schreibweise von Oxid). Zum anderen sind es Tabellenerweiterungen und neue Tabellen, die dem Buch einen geschlosseneren Charakter verleihen. Die Aufnahme des Abschnittes ,,Statistik", in dem in kurzer Form eine Erlauterung verschiedener Begriffe, wie Mittel- wed, Standardabweichung, Vertrauensintervall, gegeben wird, ist zu begruaen. Auch die Tabellen zur Auswertung von Kristallpulver-Rontgenaufnahmen werden dem Fachmann niitzlich sein. Die sehr umfangreichen Angaben uber Atomgewichte, Mole- kulargewichte und Gewichte von Atomgruppen, Faktoren zur Umrechnung chemischer Verbindungen und die volumetri- schen Aquivalente, wobei in letzterem Fall selbst solche Ver- fahren wie Chromo- und Titanometrie berucksichtigt werden, sind besonders fur den Praktiker wichtig und niitzlich. Einige Tabellen, z. B. die der Normalpotentiale, konnten in spiiteren Auflagen noch einige Erweiterungen erfahren. Das Buch ist jedem Analytiker, besonders auch dem Studen- ten, wiirmstens zu empfehlen.

K. Dittrich, L3ipzig ZCB 1422

Physikalisch-chemische Rechenaufgaben Von K.-H. Naser. 2., verbesserte und erweiterte Auflage. VEB Deutscher Verlag fur Grundstoffindustrie, Leipzig 1965. 378 Seiten, 13 Bilder, Format 16,5 x 23 cm, Kld., 18,50 MDN. ErfahrungsgemiiB besteht fur Studierende der verschieden- sten Fachrichtungen, die sich mit physikalischer Chemie be- schiiftigen mussen, die Gefahr, daD sie sich ein abstraktes Formelwissen aneignen, das sie in der Praxis nicht anwenden konnen. Eines der besten Mittel dem entgegenzuwirken, ist die rechnerische Anwendung der erworbenen Kenntnisse. Die- ser Aufgabe dient auch das vorliegende Buch, das in einer zweiten, verbesserten und erweiterten Auflage erschienen ist. Es ist als Lehrbuch an den Fachschulen der DDR eingefuhrt worden und wendet sich vor allem an Studierende der Inge- nieurschulen fur Chemie und der Lehrerbildungsinstitute, kann aber auch den Studenten an Universitiiten und Hoch- schulen, die physikalische Chemie als Nebenfach betreiben,

(Gemiildegslerie und Griines Gewolbe) und die zweite naoh Weimar (Besichtigung der Goethe- und Schiller-Gedenkstiit- ten sowie des ehemaligen Konzentratiomlagers Buchenwald) und zum Naumburger Dom. Ein internationales Komitee, das sich in Leipzig erstmals zu- sammensetzte, wird kunftig dafiir sorgen, daB iihnliche Zu- sammenkunf te der Rontgenspektroskopiker in regelmiil3igen Abstinden durchgefuhrt werden.

(G. Leonhardt, Leipzig) ZCT 1426

z. B. Pharmazie- und Piidagogikstudenten, sehr empfohlen werden. Chemiestudenten finden darin gleichfalls eine Viel- zahl wertvoller und fur sie nutzlicher Obungsaufgaben. Im Aufbau des dargebotenen Stoffes unterscheidet sich die neue Auflage nicht von der vorangegangenen. Die Einteilung des gesamten Aufgabenkomplexes in funf Gebiete: Stoffliche Zustiinde der Meterie, Chemische Gleichgewichtslehre, Che- mische Thermodynamik, Elektrochemie und Reaktionskine- tik und Photochemie ist beibehalten worden, ebenso die sehr zweckmitBige Zusammenstellung der verwendeten Formelzei- chen und GesetzmiiBigkeiten am Beginn eines jeden Ab- schnitts. An Hand von 270 Rechenbeispielen werden dem Leser die Losungswege ausfuhrlich erliiutert. Fur das Selbst- studium bedeutet dies eine wesentliche Erleichterung. Die Zshl der damn anschliel3enden Obungsaufgaben, deren Lo- sungen am SchluB des Buches zusammengefaBt sind, ist von 320 auf 370 erweitert worden. Vor allem sind Aufgaben und Erliiuterungen zu Erscheinungen an Phasengrenzfliichen (Oberfliichenspannung, Eotvossche Regel, Langmuirsche Ad- sorptionsisotherme) und in der Photochemie (Quantenaus- beute) neu hinzugekommen. Der umfangreiche Tabellenan- hang am SchluB des Buohes ist ebenfalls ergiinzt und erwei- tert worden. Das gleiche gilt €iir die kurze Einfiihrung in die Fehlerrechnung. Allerdings wiiren an dieser Stelle einige Hin- weise und Aufgaben zur Ausgleichsrechnung, die von Chemie- ingenieuren und Chemikern hiiufig benotigt wird, zweckmii- Big gewesen. Die zweite Auflage des Buches wird im oben genannten Leser- kreis sicher eine ebenso gute Aufnahme finden wie die erste.

K . Scherzer, Leipzig ZCB 1266

Grundlagen der makromolekularen Chemie Wissenschaftliche Tsachenbiicher, Relhe Chemie, Band 18

Von B. Philipp. Verantwortlicher Herausgeber dieses Ban- des: H. Klare. Akademie-Verlag, Berlin 1964. 234 Seiten, 22 Bilder, 4 Tabellen, Format 8", broach., 12,50 MDN. Bei der Flut von Veroffentlichungen, Lehrbiichern und Mo- nographien, die heute dem chemisch interessierten Leser be- gegnet, empfindet man es als angenehm, wenn ein Autor den Mut hat, sich auf das Wesentliche zu beschranken, und da- durch ein Buch mit optimalem Umfang entsteht. So bereitet es Freude, das vorliegende Taschenbuch ,,Grundlagen der makromolekularen Chemie" von Prof. B. PhiZipp zu lesen, weil man an der Kunst teilnimmt, mit wenig Worten vie1 zu sagen. Trotz des Taschenbuchformats und des relativ geringen Um- fangs des Buches hat der Autor am Stoff, der von einer der- artigen Einfiihrung behandelt werden muB, kaum Abstriche vorgenommen. In gut gegliederter Weise, die den Hochschul- lehrer verrat, wird sowohl dem in der Ausbildung befindlichen Studenten als auch dem Fachmann und Interessenten aus der Nachbardisziplin die prinzipielle Voraussetzung zum Ver- standnis der Chemie ,,grocer Molekule" gegeben. Die flussige und anschauliche Behandlung schwieriger oder umstrittener Probleme wird sicher ihre Wirkung auf den Le-

478 Z. Clieni., 5. Jg. (1965) Heft 12


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