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Page 1: Mikrophonpotentiale (MP) des menschlichen ohres

Archiv klin. exper. 0hren-, Nasen- und Kehlkopfheilk. 190, 229--243 (1968)

Mikrophonpotentiale (MP) des menschlichen Ohres

1V[. FLACll u n d P. S:EIDEL

Klinik fiir Hals-, Nasen-, Ohrenkrankheiten der Medizinischen Akademie ,,Carl Gustav Carus" Dresden (Direktor: Prof. Dr. med. F. GffNNEL)

Eingegangen am 3. Oktober 1967

Microphonics (MP) /rom the Human Ear Summary. From the submitted studies it is evident that microphonics (DIP)

can be obtained from the human ear. During an operation or with microscopic ear examination of patients with perforated drum membranes mierophonics can be derived from the thick osseous eapsula surrounding the labyrinth at the round window only. Transmission from the promontory proved to be impossible. Intensity of human microphonics at high sound densities is substantially lower than levels found with animals used for electrophysiological experiments (guinea pigs, cats, etc.). Highest intensity levels have been found at 2000 cps. I t should be pointed out, however, that pronounced haemorrhage, secretion, or gramllation in the middle ear results in a shunting action which prevents accurate measurement. From the studies it can be seen that a relationship exists between the intensity of the follow-up current after stimulation and the hearing capacity determined through audiometer threshold measurements which is significant for mathematical and statistical evaluation. Due to the high scatter in results, however, it proved impossible to achieve proper assignment between the potential level and a certain db-value within the usual error limits encountered in audiometer threshold meas- urement. In consequence, microphonics transmission can be used with advantage only for relative measurements on one and the same patient. Furthermore, it was possible to achieve an improved objective assessment of the hearing capacity during the Stapes operation by supervising the rise of intensity.

Zusammen]assung. MSt den vorliegenden Untersuchungen wurde gezeigt, dai~ sich vom menschlichen Ohr Milu'ophonpotentiale (MP) ableiten lassen. Die Ablei- tung erfolgte bei operativen Eingriffen und w~hrend mikroskopischer Ohrunter- suchungen bei Patienten mit Trommelfellperforationen. Die einzig mSgliche Ablei- tungsstel]e ist bei dem yon einer dicken knSchernen Kapsel umgebenen mensch]ichen Labyrinth das runde Fenster. Eine Ableitung yore Promontorium ist nieht m5glich. Die bei hoher Schallsti~rke erreichten Intensit~ten der mensehlichen Mikrophon- potentiale sind wesent]ich niedriger als bei denjenigen Tierspecies, die fiir tierexperi- mentelle elektrophysiologische Untersuchungen verwendet werden (Meerschwein- ehen, Katzen usw.). Die h6chsten Intensit~ten wurden bei 2000 Hz gefunden. Bei st~rkerer Blutung, Sekret oder Granulationen in der PaukenhShle sind durch elek- trische NebenschluBwirkungen keine positiven Ableitungsergebnisse zu erwarten. Es zeigte sich, dab zwischen der Intensit~t des Reizfolgestromes und dem schwellen- audiometriseh bestimmten H6rvermSgen ein Zusammenhang besteht; diese Be- ziehungen sind mathematisch-statistisch signifikant. Infolge der starken Streuung ist jedoeh eine feste Zuordnung einer Potentialinteusit~t zu einem bestimmten schwellenaudiometrischen dB-Wert innerhalb der iibliehen audiometrisehen Fehler- breite nicht m6glieh. Die Potentialableitungen eignen sich nur fiir Relativmessungen

16 Arch. klin. exp. Ohr.-, Nas.- u. Kehlk.Heilk., Bd. 190

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bei ein und demselben Patienten. Es gelang, die w~hrend der StapesfuBplatten- plastik eintretende Verbesserung des HSrvermSgens dureh einen Intensit~tsanstieg des Mikrophonpotentials zu objektivieren.

Einleitung I n dem umfangre ichen Schr f f t tum fiber Po t en t i a l ab l e i t ungen yon der

Cochlea wird f iberwiegend Yon Tierversuehen ber ich te t , m i t denen auBer e lek t rophys io logisehen Frages te l lungen aueh zahlreiehe kl inische Pro- b leme (z.B. h ins icht l ieh L/~rmseh/idigungen, S t rep tomyc insch / iden u .a . ) un t e r such t werden konnten . Microphonicsab le i tungen vom ~ e n s c h e n wurden nu r ganz vere inze l t vorgenommen.

Tabelle 1. Ubersicht iiber ver6/]entlichte Potentlalableitungen beim Menschen

Autoren Jahr GrSBe des Positive Intensitiiten Beobach- I~esultate tungs- materials

F~OMM, NYLEN u. ZOTTEI~- 1935 ? 3 keine Messungen 1VIAN

ANDREEV, ARA]~OVA u. 1938 ? 20 1--25 MV GEI~SUNI

PEI~LMAN U. CASE 1941 ? 9 keine Messungen

LEMPEI~T, WEVEI~ U. 1947 (11) (4) LAWRENCE 1950 32 13 bis 25 tLV

9 3

KI~EJCI 1949 ? 3 keine Angaben

B~ng~MAN u. TOOK 1951 9 7 nur subjektive Beurteilung fiber Kopfh5rer

I~UBEN U. BOm)LEY 1959 ? (1) 1960 (16) (11) bis 63 ~V 1961 32 28 i964 61 ?

Eigenes Beobachtungsmaterial 1967 33 26 bei 2000 Hz durehschniStlich 22,3 ~v

Uberb l i ck t m a n das gesamte verff igbare Sehr i f t tum, das sich m i t Mik rophonpo ten t i a l ab l e i t ungen ve to Mensehen be fag t (Tab. 1), so muB m a n fests tel len, dab auBer den h is tor i sehen Versuchen yon FlzoM~, NYLEN u. ZOTTE~MAN (1935), ANDI~EEV, AtCAFOVA U. GE~SUNI (1939), P]~RLMAN U. CASE (1941) und der zu ke inem pos i t iven R e s u l t a t kommen- den Au to reng ruppe u m LEMPE~T et al. (1950) in den l e tz ten 15 J a h r e n nur yon B~I~cK~A~ u. TOLK (1961) und yon der amer ikan i schen Forseher -

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g ruppe u m Ru~wN et al. (1954--1964) Ergebnisse publ iz ie r t wurden. I m Gegensatz zu den zahlreichen t i e rexper imente l l en Untersuchungen , die unsere theore t i sehen Kenntn i s se fiber die E lek t rophys io log ie des HSrvor - gangs wesent l ich e rwei te r t haben und auch tei lweise gewisse k]inische Schlul]folgerungen erbrachten~ exis t ieren im deu tsehen Schr i f t tum keine ni~heren Mi t te i lungen fiber die Ab le i tung yon Po ten t i a l en vom menseh- l ichen Ohr.

KEIDEL (1964) n i m m t zu diesem Prob lem Stel lung. E r v e r t r i t t im H a n d b u e h fiir Ha l s -Nasen-Ohrenhe i lkunde die Auffassung, da~ das v o m runden Fens t e r abgele i te te Mikrophonpo ten t i a l a]s Summenb i ld aus 3500 inneren und 20 000 ~ul~eren Haarze l len aufzufassen sei, also ein kompl i - ziertes Or t s in tegra l mi t Be t rag und R ich tung t ines Vektors darstel le . ]~eim Menschen sollen sich die einzelnen K o m p o n e n t e n dieses Vektors so zusammense tzen , da[~ seia Be t rag fas t Nul l sei (RANK]], KEIDEL U. W~SC~K~, 1953). K ~ D ~ n erkl£r t d a m i t die erschwerte S i tua t ion , die sieh bei der Ab le i tung yon Mikrophonpo ten t i a l en vom Mensehen ergibt .

Es war erforderl ich, die in der deutsehen F a c h l i t e r a t u r bes tehende Lficke zu schlie~en und zu fiberprfifen, ob eine routinemiil~ige Poten t ia l - ab le i tung vom menschl iehen Ohr mi t dem Ziel einer ob jek t iven F u n k - t ionsprf i fung un te r b e s t i m m t e n Bed iagungen mSglich ist.

Methodik Der fiir die Potentialableitung yon uns verwendete Verst~Lrker hat einen Ein-

gangswiderstand yon i00 M~; die Verst~rkung ist stufenweise einstellbar (46 bis 106 dB). Beim hSchsten Verst~rkungsgrad liegt die maximal zul~ssige Eingangs- spannung bei 5 ~V. Ein akustisch abgeschirmter MeBkopf enth~i]t die erste Ver- st~rkerstufe und ist r~umlich yore Itauptger~t ge~rennt. Dadurch konnte man nahe an das MeBobjekt herangehen und die Elektrodenzuleitung relativ kurz halten. An den Verst~rkerausgang war ein auf verschiedene Frequenzbereiche umschaltbares Bandfilter angeschlossen, das nach dem Prinzip eines Selektivverst~rkers arbeitet. Die Mittenfrequenzen stimmten mit den in der Audiometrie iiblichen MeBfrequenzen iiberein. Bei unseren Messungen beschriinkten wir uns zun~chst auf die Frequenzen 1000, 2000 und 4000 Itz, um die zur intraoperativen Messung erforderliche Zeit mSglichst kurz zu halten. Wenn ein geeigneter Pegelschreiber mit gekoppeltem Schwebungssummer und Filter verffigbar ist, kSn~en die Mikrophonpotentiale im ganzen Frequenzbereich bis 8 kHz mit geringem zeitlichen Aufwand gemessen und reglstriert werden. Wir s~ellten die Potentiale auf einem Oscillographen (Typ EO 1/71a) dar. Als Tonffequenzgenerator diente der Schwebungssummer SSU 2. Als Schallgeber wurde ein geeigneter HSrer, der mit einem geerdeten Leichtmetall- mantel elektrisch vollsti~ndig abgeschirmt war, verwendet; die entstehenden TSne warden einem Schalltrichter zugeleitet. Der auf einen Stander montierte Schallgeber wurde so aufgestellt, dab der Trichterausgang sich 30 cm yore Ohr des Patienten entfcrnt befand, womit das Ohr im akustischcn Nahfeld des Schallgebers lag. Der Schalldruckpegel betrug bei den Ableitungen am Patientenohr etwa 100 dB (bezogen auf 0,0002 dyn/cm2).

Als Ableitungselektrode benutzten wir einen 5--6 cm langen Sflberdraht mit einem Durchmesser yon 0,3 ram, dessen Ende zu einer Kugel (Durchmesser 0,5 mm) geschmolzen war. Das Zuleitungskabel bestand aus einem 1 m langen abgeschirmten

16"

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~ ~ I ~ ~ ~ I ~ ~ ~ ~

CD

t ~ CD

~m

~D ~D CD

~D CD

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Mikrophonpotenti~le (MP) des menschlichen Ohres 233

~ ~ ~ ~ o e ~ ~ ~ i ~ I ~ ~

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Koaxialdraht. Als Haltegriff wurde ein abgesehnittener Haltegriff eines ZSllnerschen Stapesinstrumentes an der Absehirmung, nahe der Sflberelektrode, angebracht; da- durch kann man intraoperativ die Elektrodenspitze exakt an bestimmte Stellen der PaukenhShle bringen und in dieser Stellung bei der Messung verbleiben. [Auf eine spezielle Fixationseinriehtung mit Mikromanipulator, wie sie von RVB]~ u. BO~D- LE¥ (1961) angegeben ist, wurde verziehtet; aueh RvBE~ u. BORDLEY (1965) sind davon wieder abgekommen.] Die Ableiteelektrode ist mit Ausn~hme der kugelfSrmi- gen Spitze mit einem ~berzug yon Isoperlonlack iso]iert. Die Sterilisation der Elek- trode erfolgt durch Auskochen, wobei das gesamte Zuleitungskabel einschlieB]ich Steeker mitgekoeht wird. Durch mehrfache Messungen fiberzeugten wir uns davon, dab durch die Sterilisation keine Veranderungen am Isolationswiderstand zwischen Absehirmung und Elektrode eintreten. In Zweifelsfallen wurde der Widerstand un- mittelbar vor der intraoperativen Ableitung fiberprfift. A]s indifferente Elektrode verwendeten wit eine retroaurieul~r eingestoehene Injektionskanfile. Bei mikresko- pischen Ohruntersuchungen bekamen die Patienten einen Metallstab als indifferente Elektrode in den Mund.

Die Ableitung erfolgte bei operativen Eingriffen am Ohr (Stapesplastik, Probe- tympanotomie usw.) und bei mikroskopisehen Ohruntersuchungen yon Patienten mit Trommelfellperforationen. Bei den Operationen wurden keine Manipulationen vorgenommen, die fiber den normalen Op.-Ver]auf hinausgingen. Eine strenge Asep- sis blieb bei dem Hantieren mit der Elektrode stets gewahrt. Die Ableitungen erfolg- ten vom runden Fenster. Um die EIektrode im Hinblick auf eventuelle Verletzungen nicht direkt an die runde Fenstermembran zu bringen, legten wir ein entspreehend kleines Stiickchen Gelatineschwamm, das mit physiologischer Koehsalz]6sung etwas angefeuehtet war, in die Nische und braehten das kugelfSrmige Ende der Elektrode darauf.

Ergebnisse

1. Mi t de r angegebenen Method ik konn te nachgewiesen uud besti~tigt werden, dab sieh v o m menschl iehen Ohr Mik rophonpo ten t i a l e ab le i ten ]asseI1.

Wit sieherten uns gegen Feblresultate stets dadurch, dab der Reizton drei- bis viermM an- und abgeste]lt wurde, wobei die Elektrode am runden Fenster verblieb ; bei ausgesehaltetem Ton sind keine Schwingungen am Oscillographen sichtbar; bei Tonreizung mfissen sic jedesmal in gleicher Weise auftreten. I)anach wird die Elek- trode zum AusschluB elektrischer Einstreuung auf Bindegewebe gesetzt. Bei ein- gesehaltetem Ton dfirfen jetzt keine fiber der Stbrspannung liegenden Sehwingungs- intensit~ten am Oscillographen nachweisbar sein.

I n Tab. 2 werden die be i den Po t en t i a l ab l e i t ungen erziel ten In tens i - t~ t en in Mikro-Vol t (~V) angef i ihr t (Spi tze-Spi tzen-Wert ) . I n s g e s a m t l ie~en sich be i 26 yon 33 P a t i e n t e n e indeut ig fiber dem Stbrpegel ] iegende Po ten t i a l e able i ten .

2. E ine Ab le i t ung yon M_ikrophonpotentialen is t be im menschl iehen Ohr yore runden Fens t e r mbglich. A m P r o m o n t o r i u m und anderen Stel len des Mit te lohres lassen sich keine Po ten t i a l e able i ten. F i n d e n sich in der Paukenh6h le (besonders in der Gegend des runden Fens te rs ) Granula t io - hen oder s t~rkere F l f i s s igke i t sansammlungen (Blut, Sekre t u. a.), s ind die Ab le i tungen nega t iv . Diese Ta t sache schr~nkt die A n w e n d b a r k e i t des Verfahrens be i der T y m p a n o p l a s t i k wesent l ich ein.

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3. N i t der angegebenen Metho- d ik wurden bei den Frequenzen 2000 und 4000 Hz wesent l ich st/~r- kere Po ten t i a l i n t ens i tg t en als bei F requenzen bis 1000 I Iz gefunden. Als Ni t t e lwer te . der Po ten t i a l - in tens i tg ten al ler pos i t iven Ab- le i tungen unseres Untersuehungs- ma te r i a l s ergeben sich ffir 1000 I Iz 3,2 ~V, fiir 2000 Hz 22,3 FV und fiir 4000 I-Iz 11,9 ~V. Bei 2000 Hz fanden wi t also durch- sehni t t l ich die h6chs ten In tens i - t/~ten. Die gr6Bten Einze lwer te lagen ebenfal ls be i 2000 IIz .

Se tz t m a n den Prozen t sa tz der pos i t iven Able i tungs resu l t a t e in Beziehung zu den schwellenaudio- met r i sch b e s t i m m t e n H6rver - lusten, e rg ib t sich das fia Abb. 1 angef / ihr te g e s u l t a t . Bei e inem t t 6 r v e r l u s t yon 90 dB oder mehr l iegen sieh be i al len F/fllen keine

dB a 2 0 -

4 0 -

x

6 0 - x

80 -x~

100 - r 1

dB 2o b

40

6 0 -

x

80 -×

x

xx

100 -*~ F

1

x

x x x x~ x x x

x x x

x x

x x x

x x x

xx

l,rlll IT P I IIIfl 2 3 456 810 20 30~0 5080100uV

l

X

XX X

.X

X

X ~ X

X >C< X

X X

X

X X X

X

X

X

l [ I I I fF l [ I T[ 2 3 455 810 20 30~0 50B0100~V

Abb.2a--d. MP-In~nsit~t (Abszisse) im Verhgltnis zum Schwellenaudiogramm (Ordinate). a Luftleitungswerte, 2000 Hz; b Luftleitungswerte, 4000 tIz; e Differenz zwischen Luft- und Knochenleitung, 2000 Hz; d Differenz zwisehen Luft- und

Kaoehenleitung, 4000 Hz

Po ten t i a l e able i ten. Die jenigen

x x

[; 2° k . . . . . . x ~ x xx

30 60 1 { 111 I I I TI I t 3 456 I]10 2 /4 0B0100

20 dBI~ lo io d xx x

20 ~×× ** 0 #90 ~80 ~70 ~60 # 50 dB × ~o~ x 30 * * Abb. 1. Prozentsatz der positiven Ab- , 40 ×× ~ * leitm~gsresultate in Abh~ngigkeit yon .

den schwellertaudiometrischen ttSr- 50 verlustwerten £tir Luftleitung in dB. 6 0 " I I I t I I I I 1 I I I I I I

Schra f f i e r te S~ulen = 2000 H z , 1 2 3 ~ 56 I]10 20 30 ~0 6080100

schwarze S~ulen = 4000 Hz Abb. 2

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Beobachtungen, bei denen der GesamthSrverlust 60 dB oder mehr betrug, zeigten ffir 2000 bzw. 4000 Hz in 360/0 bzw. 47o/0 ein positives Ableitungsergebnis. Bei Patienten mit einem HSrverlust yon nur 45 dB oder weniger bat ten fiir 2000 und 4000 Hz alle Ableitungen ein positives Ergebnis, wenn meht die unter Punkt 2 genannten Faktoren (Granula- tionen u.a.) eine Potentialableitung unm6glieh maehten.

Bringt man yon s~mtlichen auswertbaren Ergebnissen die MP-Inten- sit5ten der Frequenzen 2000 und 4000 Hz in Beziehung zu den entspre- chenden HSrverlustwerten im Schwellenaudiogramm, zeigt sich das in den Diagrammen (Abb. 2) dargestellte Verhalten. Jeder Punkt bedeutet darin einen in der Tab. 2 angegebenen Wert. Auf der Ordinate ist der schwellen- audiometrisch ermittelte t tSrverlust (Luftleitungskurve bzw. die Diffe- renz zwischen Luft- und Knochenleitung), auf der Abszisse die Potential- intensit/~t in Mikro-Volt (logarithmisch) angegeben. Auf eine D~rstellung ffir 1000 Itz mu~te wegen der rSedrigen Zahl der positiven Mel3werte bei dieser Frequenz verzichtet werden.

Um einen Zusammenhang zwischen schwellenaudiometrischem HSr- verinst und MP-Intensit/~t rechnerisch nachzuweisen, wurde die Korrela- tions- und Regressionsanalyse angewendet. Dazu muBten die Potential- intensit/iten in Logarithmen umgerechnet werden; nach dieser Transfor- mation zeigte sich eine offenbar lineare Abh£ngigkeit, die die Voraus- setzung fiir die Anwendung der Korrelations- und Regressionsanalyse ist. Einige Intensit/iten lagen unter der Nfef~grenze yon ca. 1 ~V (Null-Werte in Tab. 1); im Hinbliek auf diese gab es zwei MSglichkeiten bei der Ana- lyse :

a) Diesen Werten die GrSf3e lg 1 ~ 0 (---~ 1 ~xV) zuzuordnen.

b) Au~erachtlassen dieser Werte.

Beide M5gliehkeiten wurden durchgerechnet, dabei jedoch der zweiten der Vorzug gegeben. In Tab.3 sind die Ergebnisse anhand der Korrelationskoeffizienten (r) aufgeZ(ihrt 1. Alle Korrelationskoeffi. zienten mit Ausnahme des ffir Luftleitung (4000 Itz, ohne O-Werte, r ~ 0,34) sind mit weniger als 1 °/0 Irrtumswahrseheinlichkeit slgni/ikant yon Null verschieden, d.h., in allen diesen F~llen ist das Bestehen eines Zusammenhangs zwisehen Luftleitungswerten bzw. Abstand der Luft , leitung yon der Knochenleitung (air bone gap) und ~P-Intensit/~t als gesichert anzusehen. M_it anderen Worten: Es besteht eine gewisse Korrela. tion zwischen schwellenaudiometrisch bestimmte~n HSrvermSgen und Mikro- phonpotentialen. Dabei ist die Abh/~ngigkeit f~r 2000 Itz und air bone gape offensiehtlich st/irker als bei den entsprechenden Luftleitungswerten. In Abb.2e erkennt man, da$ die abgeleiteten MP-Intensit/iten innerhalb

1 Herrn Dipl.-Nfath. Se~A~SCn'MID~ danken wir ffir seine Unterstiitzung bei der mathematisch-statistischen Auswertung.

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Tabelle 3. Ergebnlsse der Korrelations- und Regresslonsanalyse beziiglich der Zusam- menhgnge zwischen schwellenaudiometrischem Hgrverlust (in dB) und MP-Intensit~iten

(~ ~ v)

Art der schwellenaudio- Frequenzen 0-Werte Korrelations- Anzahl metrisehen Werte (dB) (Hz) koeffizient

(~) (n)

Luftleitungswerte (L) 2000 mit O-Werten -- 0,75 32 2000 ohne O-Werte -- 0,52 24 4000 mit 0-Werten -- 0,75 34 4000 ohne O-Werte -- 0,34 26

Differenz zwischen Luft- und 2000 mit O-Wert~n -- 0,81 29 Knochenleitungswerten 2000 ohne O-Werte -- 0,84 24 (Sch~lleitungsappara~) 4000 mi~ 0-Werten -- 0,61 29 (L--K) 4000 ohne 0-Werte -- 0,62 26

60 dB(yl

50 ~ .

I 10

I I I I I I I I I 0 0.5 1.0 1.5 2.0 tg luV(x)

I 1 I I I I I I l l I I I 1 1 1 t l t 1 2 3 4 56 810 20 30 40 60 801001uV

Abb. 3. Regressionsger&de und S~reuungsbereiehe flit die Gruppe mit dem grSi~ten Korrelationskoeffizienten (r = 0,84; 2000 Hz, air bone gape, ohne Null-Werte). Auch bei dieser Gruppe mit dem deutliehsten Zusammenhang zwischen MP und audiometrisehen Sehwellenwerten ist die Streuung der ~P-Werte wesentlich grSl3er

als die fibliehe audiometrisehe FeMerbreite

eines Streubereiches u m so hSher sind, je kleiner in der betreffenden Fre- quenz die Differenz zwischen Luft- u n d Knochenle i tungskurve is~.

Wichtig is~, dab die Knochenleitungskurve in den betreffenden Frequenzen keine zu schlechten dB-Werte zeigt. Ist die dutch die Knoehenleitungskurve ausgedriickte Innenohrleistung stark beeintriiehtigt, kann eine verminderte elektrisehe Aktivit~t des MP-Genera~ors (also der Haarzellen) vorliegen. Deshalb wurden die wenigen Beobaehtungen, bei denen die Knochenleitung einen stirkeren HSrverlust aufwies, hier nicht ausgewertet.

Ffir die Gruppe, die den deublichen Zusammenhang zeigt, bei der also der Korrelat ionskoeffizient (r) am gr6i~ten ist (2000 I tz , Differenzwert

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zwisehen Luft- und Knochenleitung, ohne O-Werte, r = --0,84), stellten wir die Regressionsgerade dar (Abb. 3). Gleichzeitig wurde die Streuung der Einzelwerte um die Regressionsgerade ohne (s) und mit [Sy (x) -~ s ~1 + Sy (x)] Beriicksichtigung der Streuung der Regressionsgeraden berechnet und eingezeichnet, desgleichen die doppelten Streuungs- bereiehe. Man erkennt, da$ selbst bei dieser Gruppe mit dem gr56ten Korrelationskoeffizienten die Streuung wesentheh gr56er als die iibliche schwellenaudiometrische Fehlerbreite ist. Folglich ist eine /este Zuordnung bestimmter Potentialintensitgten zu bestimmten schwellenaudiometrischen Werten innerhalb der i~blichen schwellenaudiometrischen Fehlerbreite nicht mSglich.

100 pV 50

30 20

10

3 2

1

H" , 2"

I 1000

I I 2000 4000Hz

120 250 000 1000 ~¢nn2OOO~nnn ~O00cnnnu-8000

1 1 E

a b

Abb. 4. a Intraoperativer Potentialanstieg bei Stapesoperation (Pat. Nr. 21), b Ent- sprechendes pr~- und postoperatives Schwellenaudiogramm

4. Die intraoperativen Potential~bleitungen w/~hrend Stapesoperatio- nen erbraehten folgende Ergebnisse : Naeh Entfernung der FuSplatte und Bindegewebsinterposition erfolgte bei sieben Patienten ein Anstieg der MP-Intensitgten. Ffinfmal lagen die Cochleapotentiale vor der ErSffnung des Vestibulums unterhalb der MeBgrenze und stiegen sofort naeh Her- stellung eines funktionsf/~higen Sehalltransformationsapparates deutlich an, wobei das MP-Maximum mit einer Ausnahme bei 2000 ttz lag.

Eindrucksvoll ist das Verhalten der Cochleapotentiale bei Patient Nr. 21 (Abb.4a). Bereits vor den Manipulationen am Stapes konnten vom runden Fenster Potentiale abgeleitet werden (2000 ttz: 10 ~V; 4000 Itz: 6 FV). Naeh Heraushebeln der Ful~platte und Bindegewebs- interposition stiegen die Potentiale bei 1000 Itz auf 5 ~V und bei 2000 Itz auf 100 ~V; bei 4000 Hz erfolgte dagegen kein Potentialanstieg. Ira Ver- gleich mit dem pr~- und postoperativen Schwellenaudiogramm (Abb. 4b)

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f~llt auf, dab die Luftleitungskurve in den tiefen und mittleren Frequen- zen um 35--40 dB anstieg; dig Luftleitungskurve lag somit in diesem Bereieh 5--10 dB unter der Knochenleitungsknrve. I m Audiogramm t ra t bei 4000 ~ z kein H6ranstieg ein; das entsprieht dem fehlenden Potential- anstieg.

10

9 0 L ~ f f I I I 11 I I I I [ I I 1 2 34 6 810 20 40 100pV

Abb. 5. Intraoperative Veriinderungen des HSrvermSgens (Luftleitungskurve, Ordi- nate) und der Potentialintensitgten (Abszisse) fiir 2000 Hz bei sechs verschiedenen

Stapesoperationen. (Die Zahlen im Diagramm geben die Pat.-Nr. an)

120 250 506 10001000200030004000 8000 6000 Hz G

,0 20

6 _- ~ , . ~ 30 -

~- ~/.~. '40 •

2-- SO - " " 70

= . . . . . ~ _ _ / _ . . . . . _M__ en_g_r_e n z _ [ . . . . 3 0

I I I g0 I000 2000 4000 Hz I00

1 1 0 ~ - - T ' ~ ' J g r e , n z e Luftt,e'tU"~l~ - d B ~ -

b

A b b . 6. a ~eh]ender in~r&opera~iver £otentia]anstieg bei miBg]iiekter StapesoIoera- ~ion (Patient Nr. 10), b Enlbspreohendes pr&- und #ostoloeratives Audiogramm

Aueh bei Pat ient Nr. 27 warea bereits vor Frakturieren der Stapes- fuBplatte deutliehe Cochleapotentiale naehweisbar. Naeh Beendigung der Manipulationen am ovalen Fenster konnte in den geprtiften Frequenzen ebenfalls ein Intensit/~tsanstieg der Potentiale festgestellt werden.

Abb. 5 zeigt Ver/inderungen yon Potentialintensit/tten und t t6rver- m6gen (Luftleitungswerte im Schwellenaudiogramm) bei versehiedenen Stapesoperationen in einem Diagramm. Die jeweils miteinander verbun-

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denen Punkte geben die MeBwerte vor und nach Korrektur des Schall- transformationsapparates an. Die aufgezeichneten Ver~nderungen gelten fiir 2000 Hz.

Die Ableitungsergebnisse yon Patient Nr. 10 sind als Gegenbeispiel wichtig. Wegen einer Otosklerose wurde in typiseher Weise eine Stapes- plas~ik vorgenommen. Bereits vor der ErSffnung des Vestibulums lieBen sich deutliche Potentiale bei 2000 und 4000 Hz nachweisen (Abb. 6 a). Bei der Kontrollableitung nach Beendigung der Manipulationen am Stapes fiel auf, dab die Potentiale in unver~nderter Intensities naehweisbar waren und keinen Anstieg zeigten. Da die Patientin eine leichbe subjektive HSrverbesserung angab und auf Grund der morphologischen Verh~ltnisse eine ausreiehende Verbindung zwischen AmboBsehenkel und ovalem Fenster zu bestehen schien (die Stapesschenkel saint AmboB-Steigbiigel- gelenk blieben intake), wurde der Eingriff beendet. Das postoperative Schwellenaudiogramm (Abb. 6b) zeigte jedoch keinen Anstieg des HSr- vermSgens. Der fehlende Potentialans~ieg ergab also bereits in~raoperativ einen ttinweis auf ungeniigende Schallfiber$ragung im Mibtelohr. Eine noehmalige Kontrolle und sofortige Korrektur der ~bertragungsverh~It- nisse am ovalen Fenster unterblieb, da wit zu diesem Zeitpunkt noeh keine ausreichende Erfahrung in der Deutung der Ableitungsresultate batten.

Diskussion der Ergebnisse

1. •EIDEL (1964) vertritt die Auffassung, das Mikrophonpotential sei ,,als Ortsintegral mit Betrag und Richtung eines Vektors aufzufassen und setze sich mi~ seinen einzelnen Komponenten beim Menschen so zusam- men, dab sein Betrag fast Null is~". Die vorliegenden Untersuchungen zeigen jedoch, dab die I n t e n s i ~ des 1VIP beim 1Vienschen zwar relativ niedrig ist, aber erheblieh yon Null abweichen kann.

Weiterhin wies KEIDEL darauf bin, dab das Mikrophonpotential ver- schiedener Tierspecies verschiedene St~rke habe. Wir fanden beim menschlichen Ohr geringere Intensitiiten als bei Tierarten, die auf Grund giinstiger anatomischer Verhal~nisse am Ohr im allgemeinen ffir elektro- physiologische Experimente verwendet werden (Meerschweinchen, Katze). Als Ursache fiir die geringen Intensitaten des ~IP beim Menschen wird yon Lv.~P~R~ et al. (1950) angegeben, daI~ die stark eburnisierte Labyrin~hkapsel zu einem hoehgradigen Kurzschlul] der Potentiale fiihren soll. Die Erklarung mit Hilfe der Vektortheorie ist aber auf jeden Fall zutreffender.

2. Infolge der anatomischen Verh~ltnisse is~ beim Menschen eine Ab- leitung nur am runden Fenster mSglich. An dieser Stelle kommt man am diehtesten an den ,,Generator" der Microphonies heran. Vom Promon- torium und anderen Stellen der PaukenhShle lieBen sich bei unseren

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~ikrophonpotenti~le (M~) des menschlichen Ohres 2~1

Beobachtungen keine Potentiale ableiten; die dicke Schieht des mensch- lichen Labyrinthknochens ffihrt hier zu einer Absehw~chung unter die Mel]grenze.

LE~2E~T, M~LTZW~, W ~ v ~ u. LAWREnCe, (1950) glaubten, dab bei den Primaten die anatomisehe Lage des runden Fensters ffir die Ableitung yon Potentialen zu ungfinstig ski. Besonders beim Menschen k6nne die Elektrode scl/lecht an das runde Fenster gebracht werden. Diese Auf- fassung war zweifellos riehtig ffir die Bedingungen der Lempertschen Fensterungsoperation. Mit der endauralen 0perationstechnik der Stapes- operation, bei der das Trommelfell zurfickgeklappt wird, kann der Opera- teur jedoeh routinem~l]ig die Gegend des runden Fensters freilegen. In unserem Beobachtungsgut lag bei den Stapesoperationen die Nische zum runden Fenster mit einer Ausnahme stets frei und war zur Ableitung ohne Schwierigkeiten erreichbar.

3. Bezfiglich der unterschiedlichen MP-Intensit~ten in verschiedenen l~requenzen stimmen unsere Ergebnisse insofern mit denen von Ru~w~ u. BORDLE¥ fiberein, als sich beim Mensehen in den Frequenzen fiber 1000 Hz gr6Bere Intensit~ten als in den Frequenzen bis i000 Hz ableiten lassen. Nach R u ~ et al. (1961) liegt das Potentialmaximum bei 4000 Hz. In unserem Untersuehungsgut liegen die hSchsten Intensit£ten bei 2000 Hz. R ~ B ~ u. B o ~ D L ~ erkl~ren dieses Verh~lten durch die ver- /~nderten Bedingungen der Schall/ibertragung, die dureh Zurfiekklappen des Trommelfells entstehen. Ohne Zweifel ist naeh der ErSffnung der PaukenhSh]e dureh Zurfiekklappen des Trommelfells eine Ver~nderung der Ubertragungsverh~ltnisse am Schalleitungsapparat zu erwarten. Nach KA~A~U (1954) werden bei einer Trommelfellperforation die tiefen Frequenzen des Mikrophonpotentials st£rker als die hohen abgeschw~eht; das best~tigt obige Auffassung. Wichtiger erseheint aber die Tatsaehe, dab ~ bei der Ableitung veto runden Fenster haupts~chlieh die Poten- tiale der Schneckenbasis erfassen. Die untersehied]iehe Frequenzlokalisa- tion auf der Basilarmembran (H~LwmOL~Z, 1882) wurde elektrophysio- logiseh im Tierversueh vielfaeh (u.a. K ~ c I u. Bo~scH~I~ , 1950) be- st~tigt. Man gewinnt zwar dureh die Ableitung mit einer Makroelektrode vom runden Fenster eine Ubersieht fiber die Gesamtaktivit£t der Cochlea (LAwa~CE et al., 1959) ; t rotzdem aber fallen die tiefen Frequenzen, die in den oberen Windungen ]okalisiert -- also welt yon der Ableitungsstelle entfernt -- sind, offenbar intensi t~tsm~ig weniger ins Gewicht. So wird verst~ndlich, dal] bei der Microphoniesableitung vom runden Fenster die Frequenzen der Basalwindung mit grSBeren Intensit/~ten abgeleitet werden.

Von Wiehtigkeit hinsiehtlich der M6gliehkeiten einer objektiven Aus- sage fiber die t t6rfunktion ist t in Vergleieh der MP-Intensit/~ten mit den Sehwellenwerten im Audiogramm. Wenn man die abgeleiteten Intensi-

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thten in Relation zum schwel]enaudiometrisch ermittelten HSrvermSgen setzt, lassen sich im vorliegenden Untersuchungsgut zwar Zus~mmen- h~nge zwischen beiden Gr513en erkennen, was aus den Korrelationskoeffi- zienten zu ersehen ist; eine feste Zuordimng einer bestimmten Potential- intensitat zu einem bestimmten HSrverlust im Audiogramm ist jedoeh nicht bzw. nut innerhalb sines erheb]ichen Streuungsbereiches, der wesentlieh grSBer als die normale sehwellenaudiometrische Fehlerbreite ist, mSglich. D~s ist ~uch nieht anders zu erwarten. Daraus erhellt, dab brauchbare Aussagen fiber die tlSrfuuktion nur dureh Relativmessungen bei ein and demse]ben Patienten erfolgen kSnnen. Bei Kenntnis des pr~- operativen Schwellenaudiogramms k6nnen derartige Rel~tivmessungen ffir die objektive Bestimmung einer intraoperativen Xnderung der Funk- tion des Schal]eitungsapparates sinnvoll sein.

4. Es gel~ng, die Verbesserung des tISrvermSgens, die w/~hrend der Stapesoperation unmittelb~r naeh I-Ierstellung eines schwingungs- f/~higen Seha]leitungsapp~rates eintritt, dureh einen Anstieg der Ampli- tude des Mika'ophonpotentials zu objektivieren. Die Intensit~ten stiegen dabei zum Teil auf ein Mehrfaches des Ausgangswertes an. Durch die Ver- besserung der Funktion des vorher gestSrten Schalleitungsapparates wird dem Innenohr eine gr5Bere Sehallenergie zugeffihrt; die Amplitude des Mikrophonpotentia]s steigt an. Eine intraoperative Vergr5Berung der Potentialintensiti~t beweist, dab das UbertragungsvermSgen dos Sehall- leitungsapparates besser geworden ist. Da der Operateur seine Bem/ihun- gen auf eine Verbesserung der Funktion dieses Schalleitungsapparates richtet, hat er bei eintretex]dem Potentialanstieg eine Bestgtigung daffir, dab seine Manipulationen zu dieser Verbesserung gefiihrt haben. Er kann diese Informationen ohne Angaben dos Patienten erha]ten.

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Dr. reed. habil. M. FLAO~ und Dipl.-Ing. P. SEIDEL HN0-Klinik der Medizinisehen Akademie X 8019 Dresden, Fetscherstr. 74


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