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2007

I Jahrgang 6 I Ausgabe 5 I www.interculture-journal.com

online-Zeitschrift für Interkulturelle Studien

Herausgeber:Jürgen BoltenStefanie Rathje

Inhalt

Helene HaasProbleme der kulturvergleichenden

Umfrageforschung

Alexander JanzerKulturwissenschaftliche

Probleme internationalerManagementforschung

Daniela GröschkeKulturelle Unterschiede

im Selbstkonzept Ein Differenzierungsschema

Petra BuchwaldTobias Ringeisen

Wie bewältigen Lehrer interkulturelleKonflikte in der Schule?

Eine Wirksamkeitsanalyse im Kontextdes multiaxialen Coping-Modells

Probleme undMöglichkeiten

der Messungvon Kultur

Herausgeber:Prof. Dr. Jürgen BoltenProf. Dr. Stefanie Rathje

Wissenschaftlicher Beirat:Prof. Dr. Dr. h.c. Rüdiger Ahrens (Würzburg)Prof. Dr. Manfred Bayer (Danzig)Prof. Dr. Klaus P. Hansen (Passau)Prof. Dr. Jürgen Henze (Berlin)Prof. Dr. Bernd Müller-Jacquier (Bayreuth)Prof. Dr. Alois Moosmüller (München)Prof. Dr. Alexander Thomas (Regensburg)

Chefredaktion und Web-Realisierung:Mario Schulz

Editing:Susanne Wiegner

Fachgebiet:Interkulturelle WirtschaftskommunikationFriedrich-Schiller-Universität Jena

ISSN: 1610-7217www.interculture-journal.com

Vorwort der Herausgeber

Probleme der kulturvergleichendenUmfrageforschung

Helene Haas

Kulturwissenschaftliche Probleme internationalerManagementforschung

Alexander Janzer

Kulturelle Unterschiede im Selbstkonzept:Ein Differenzierungsschema

Daniela Gröschke

Wie bewältigen Lehrer interkulturelleKonflikte in der Schule?Eine Wirksamkeitsanalyse im Kontextdes multiaxialen Coping-Modells

Petra BuchwaldTobias Ringeisen

Inhalt

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Vorwort der Herausgeber

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Kann man Kulturen messen? Diese Frage beschäftigt die inter-kulturelle Forschung seit ihren Anfängen. Die praktischen Mass-tabellen kulturvergleichender empirischen Forschung (z.B. Hofstedes Dimensionsmodell), gelten für die einen als hilfreiches Instrument zum Umgang mit kulturellen Unterschieden, für die anderen als unzulässige Reduktion einer nicht in Zahlen fassba-ren kulturellen Komplexität.

Pünktlich zum Jahresende 2007 präsentieren wir Ihnen daher eine neue Ausgabe von interculture journal, die unter dem Titel „Probleme und Möglichkeiten der Messung von Kultur“ vier Artikel aus unterschiedlichen Disziplinen versammelt, die sich direkt oder indirekt auf kritische Weise mit der Messbarkeit von Kulturen auseinandersetzen oder auf bekannten Modellen der kulturvergleichenden Forschung aufbauen, um diese sinnvoll anzuwenden oder zu erweitern. Als interdisziplinär ausgerichte-te Fachzeitschrift möchte intercuture journal beiden Stand-punkten ein Forum bieten und zum methodischen Austausch zwischen den Ansätzen beitragen.

Die Kulturwissenschaftlerin Helene Haas, Doktorandin an der Universität Passau, untersucht systematisch die methodischen Probleme kulturvergleichender Umfrageforschung und argu-mentiert nachdrücklich gegen eine unkritische Rezeption empi-risch ermittelteter Kulturdimensionen à la Hofstede.

Der Beitrag von Diplom-Kulturwirt Alexander Janzer führt diese Gedanken weiter und untersucht kulturwissenschaftliche Prob-leme der internationalen Managementforschung, die ihrerseits methodisch besonders häufig auf kulturvergleichende Umfra-geforschung zurückgreift.

Die Diplom-Psychologin Daniela Gröschke setzt mit ihrem Aritkel demgegenüber auf Hofstedes Kulturdimensionen auf, um die Auswirkungen kultureller Prägung auf den Bereich individueller Selbstkonzeption zu untersuchen und das Modell sinnvoll zu erweitern.

Die Erziehungswissenschaftlerin Petra Buchwald und der Psycho-loge Tobias Ringeisen verwenden in ihrem Beitrag Hofstedes vierdimensionales Kulturmodell als Ausgangspunkt zur Darstel-lung kultureller Einflüsse im Denken und Fühlen von Lehrenden und Schülern, um auf dieser Basis Bewältigungsstrategien von Lehrenden im interkulturellen Kontext zu untersuchen.

Die Herausgeber bedanken sich an dieser Stelle bei allen Auto-rinnen und Autoren und freuen sich auf zahlreiche weitere Bei-träge für zukünftige Ausgaben von interculture journal.

Stefanie Rathje und Jürgen Bolten, Jena im Dezember 2007

Vorwo rt de r Herausgeber

Vorwort der Herausgeber

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Abst rac t

This paper calls attention to important methodological prob-lems in cross-cultural survey research and questionnaire con-struction. Different sorts of bias limit the comparability of data: respondents give socially desirable rather than true answers, their cultural response-sets show different tendencies toward acquiescence and extreme-response checking, they have differ-ent denotations and connotations of key expressions in mind and find some items ambiguous or perceive them as double-barrel questions. The most severe limitations to comparative validity lie in the difficulty of finding equivalent translations for questionnaires. Scalar equivalence is related both to translation and cultural response-sets. Adequate sampling is an additional challenge to comparative cross-cultural studies. Cross-cultural survey researchers recommend a wide range of validation pro-cedures, but a unified and secured methodology has yet to be developed. Until that time, statements about cultural differ-ences should not be accepted uncritically by researchers or the public.

1. Methodische Probleme beim Kulturvergleich

Kulturvergleichende Studien erfreuen sich bereits seit Jahrzehn-ten stetig wachsender Beliebtheit. Das öffentliche Interesse ist groß, entsprechend stark stieg die Forschungsaktivität in die-sem Bereich an (Berry et al. 2002:6f).

Wie aber steht es mit der Validität der wissenschaftlich ermittel-ten Kulturbeschreibungen? Vielfach ist nicht bekannt, dass sich der Forschungsbereich bislang noch auf kein ausgereiftes In-strumentarium zur Untersuchung kulturbedingter Unterschiede stützen kann. Kaase (1999:59) bezeichnet die international ver-gleichende Sozialforschung als „keineswegs befriedigend“. Das Desiderat eines gesicherten methodischen Regelwerks für den Kulturvergleich besteht schon lange (Berry 1980:1), doch die Debatte zur seiner Entwicklung kommt zu keinem Ergebnis.

Je nach fachlicher Provenienz untersuchen kulturvergleichende Forscher ihren Gegenstand mit unterschiedlichen Instrumenten. Von allen Methoden kommt – natürlich aus Gründen der Prak-tikabilität – die Umfrage am häufigsten zum Einsatz (Porst 2000:16). Dieser Beitrag konzentriert sich daher auf die Prob-lemfelder der kulturvergleichenden Umfrageforschung im Be-reich der Fragebogenentwicklung und der Auswahl von Test-personen. Wichtig sind hier der Einfluss sozialer Erwünschtheit auf das Antwortverhalten der Befragten, kulturbedingt unter-schiedliche Antwortstile, sprachliche Äquivalenzprobleme bei der Übersetzung und Skalenerstellung, divergierende Interpre-

P robleme der kul tu r-ve rgleichenden Umfra-geforschung

Helene Haas

Diplom-Kulturwirtin, Doktorandin an der Universität Passau

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tationen von Schlüsselbegriffen sowie unklare oder mehrdimen-sionale Formulierungen. Auch die Form der Stichprobe beein-flusst die Qualität einer kulturvergleichenden Umfrage.

2. Soziale Erwünschtheit

Eine Befragung sammelt Daten in Form von Meinungen der Probanden. Damit stützt sich die Umfrageforschung auf Aus-sagen, die zum Großteil nicht objektiv überprüfbar sind. Test-personen neigen dazu, von der Wahrheit abweichende Anga-ben zu machen, um sich in besseres Licht zu rücken. Viele von ihnen wollen vermeintlichen Erwartungshaltungen entsprechen und negative Reaktionen auf ihr Verhalten von Seiten des Inter-viewers minimieren (Diekmann 2004:383). Aus diesem Grund machen sie verstärkt Aussagen, die anerkannten Meinungen entsprechen, während abweichende Einstellungen eher ver-schwiegen werden (Smith 2004b:439). Von der Außenwirkung abgesehen, fällt das im Bewusstsein gespeicherte Selbstbild des Einzelnen wahrscheinlich auch positiver aus als das Fremdbild, das andere sich von ihm machen.

Dieses Phänomen wird im Deutschen als soziale Erwünschtheit bezeichnet, in englischsprachigen Publikationen ist von social desirability die Rede. Scholl (1993:70) spricht von einer „Strate-gie der Selbstpräsentation“, Hui (2001:23) von „Eindrucksma-nagement“. Shavitt et al. (2004:11f) unterscheiden zwischen absichtlichem Eindrucksmanagement (impression management), also der bewussten Korrektur von Aussagen zur Erhöhung des eigenen sozialen Ansehens, und einer selbsttäuschenden Ver-besserung (self-deceptive enhancement). Hier glaubt der Be-fragte selbst an die überhöhte Darstellung der eigenen Person.

Soziale Erwünschtheit tritt immer dann auf, wenn in Umfragen sensible Themen angesprochen werden. Vor allem aber in der kulturvergleichenden Fragebogenforschung stellt das Phäno-men eine schwerwiegende Fehlerquelle dar (Johnson / van de Vijver 2003:197), da die systematische Ergebnisverzerrung durch soziale Erwünschtheit in einzelnen Kulturkreisen unter-schiedlich ausfällt. Aufgrund unterschiedlicher Wertorientie-rungen haben die Probanden variierende Idealvorstellungen menschlichen Verhaltens und „korrigieren“ ihre Aussagen folg-lich auch in verschiedene Richtungen (Scholl 1993:67, Smith 2004b:439). Nicht nur die Richtung, sondern vor allem auch die Stärke der Modifikation von Antworten variiert kulturbe-dingt, da bestimmte Themen in den einzelnen Kulturen als un-terschiedlich sensibel eingestuft werden. Während ein Begriff in einer Gesellschaft sehr emotional belegt ist, kann er anderswo als eher neutraler oder technischer Ausdruck verstanden wer-den (Scheuch 1968:182). Der Zusammenhang mit dem Phäno-

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men sozialer Erwünschtheit erschließt sich intuitiv: Die Tendenz, Antworten im Hinblick auf ihre soziale Akzeptanz zu editieren, wirkt sich umso stärker aus, je sensibler der Bereich für den Be-fragten ist. Die distanzierte und entspannte Betrachtung eines Themas erleichtert dem Probanden eine wahrheitsgemäße Ant-wort, während er sich bei Fragen über emotional stark aufgela-dene Bereiche oder Tabuthemen unwohl fühlt und meint, sein Gesicht wahren zu müssen.

Johnson und van de Vijver (2003:201) glauben, ein konsistentes Muster kulturbedingter Unterschiede in der Tendenz zu sozialer Erwünschtheit gefunden zu haben. Aus der Betrachtung aktuel-ler Studien ziehen sie den Schluss, Testpersonen aus schwäche-ren sozialen Gruppen seien aufgrund ihres geringeren Selbstver-trauens in höherem Maße bestrebt, einen guten Eindruck zu machen, während Mitglieder selbstbewusst auftretender, star-ker sozialer Gruppen eher den Mut zur Wahrheit hätten. In rei-cheren Ländern sei die Tendenz zu sozialer Erwünschtheit weni-ger stark ausgeprägt als in ärmeren Ländern. Auch wer soziale Macht oder einen höheren Bildungsstand habe, empfinde ein schwächeres Bedürfnis, sich in besseres Licht zu rücken. Dieses Modell von Johnson und van de Vijver ist jedoch umstritten. Der Einfluss kultureller Faktoren auf die Tendenz zu sozialer Er-wünschtheit ist noch nicht zur Genüge erforscht, doch die bis-herigen Befunde stützen die Annahme, dass sich das Phänomen asymmetrisch auf die Ergebnisse kulturvergleichender Fragebö-gen auswirkt.

Vielfältige Vorschläge (Fisher 1993:303f, Holtgraves / Eck / Lasky 1997, Hui 2001:21ff) zur Minimierung dieses Verzer-rungseffektes zielen darauf ab, den Befragten das Gefühl des sozialen Drucks zu nehmen. Probanden müssen auch bei einer ehrlichen Antwort noch ihr Gesicht wahren können. Anonymi-tätszusicherungen gelten in der allgemeinen Umfragepraxis da-her meist als selbstverständlich. Trotz aller Bemühungen bleiben Effekte der sozialen Erwünschtheit jedoch weiterhin bestehen und relativieren die Vergleichbarkeit der Ergebnisse kulturver-gleichender Studien.

3. Unterschiedliche Antwortstile

Eng verbunden mit der Tendenz zu sozialer Erwünschtheit ist das Problemfeld kulturell variierender Antwortstile (Diekmann 2004:382, van Herk / Poortinga / Verhallen 2004:347). Pro-banden aus verschiedenen Kulturkreisen reagieren auf den glei-chen Fragebogen in unterschiedlicher Weise (Porst 2000:47). Vor allem die Neigung zur sogenannten Acquieszenz und die Tendenz, auf einer Antwortskala extreme Optionen zu wählen, unterscheiden sich.

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Acquieszenz bezeichnet die Neigung vieler Testpersonen, unab-hängig von ihren wahren Einstellungen Fragen affirmativ zu beantworten. An Stelle der notdürftigen Übersetzung des eng-lischen Begriffs acquiescence ist im Deutschen auch gelegentlich die Rede von „inhaltsun-abhängiger Zustimmungstendenz“. Hofstede (1980:56) verwendet die plakative Bezeichnung „yes-man-ship“, Smith (2004b:440) spricht von „yea-saying“.

Laut Scholl (1993:66) sind für diesen Effekt ähnliche Faktoren verantwortlich wie für die Neigung zu sozial erwünschten Ant-worten, da beide Phänomene in dem Bestreben des Probanden wurzeln, beim Interviewer einen guten Eindruck zu hinterlassen. Demnach weisen unsichere Testpersonen aus der Unterschicht oder mit niedrigem Bildungsstand eine höhere inhaltsunabhän-gige Zustimmungstendenz auf, da sie sich der Befragungssitua-tion häufig kognitiv nicht gewachsen fühlen und Missbilligung von Seiten des Interviewers vermeiden möchte. Ein gänzlich anderer Grund für Acquieszenz kann jedoch auch in niedriger Motivation des Befragten liegen: Anstatt sich mit dem Inhalt der Fragen kognitiv auseinander zu setzen, antwortet dieser unreflektiert affirmativ, um das Interview auf dem Wege des geringsten Widerstandes hinter sich zu bringen (Smith 2004a:54, van de Vijver / Ploubidis / van Hemert 2004:7).

Kulturvergleichende Studien müssen sich der Erkenntnis stellen, dass die Neigung zur Acquieszenz systematisch zwischen Gesell-schaften variiert. So stellen Diekmann (2004:386) und Smith (2004a:55) diese Tendenz verstärkt in nicht-westlichen Kultur-kreisen fest, während van Herk, Poortinga und Verhallen (2004:357) auch zwischen europäischen Ländern deutliche Un-terschiede konstatieren. Ihren Studien zufolge tendieren Grie-chen innerhalb der europäischen Union am stärksten zu Ac-quieszenz, doch auch Spanier und Italiener erreichen höhere Werte als beispielsweise Briten, Deutsche und Franzosen.

Um den Grad der Antwortverzerrung durch Acquieszenz zu bestimmen empfehlen Umfrageforscher in Bezug auf einen Themenbereich sowohl positiv als auch negativ formulierte Fra-gen zu stellen (Welkenhuysen-Gybels / Billiet / Cambré 2003:711, Smith 2004a:51, Smith 2004b:440, van de Vijver / Ploubidis / van Hemert 2004:17, van Herk / Poortinga / Verhal-len 2004:348). Durch die gegensätzliche Polung widersprechen sich zustimmende Antworten und deuten damit auf einen ho-hen Acquieszenzfaktor hin (Welkenhuysen-Gybels / Billiet / Cambré 2003:706). Obwohl diese Vorgehensweise einhellig empfohlen wird, kommt sie in der Praxis nur sehr selten zur Anwendung (Smith 2004a:51).

Der zweite wichtige Problemkreis formaler Antwortstile ist die Tendenz zur Wahl extremer Skalenpunkte. Manche Testperso-nen wählen überwiegend Antwortoptionen an den Endpunkten

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der jeweils angebotenen Skalen, während sich andere Proban-den grundsätzlich eher für Mittelpositionen entscheiden. In der englischen Literatur ist hier von extreme response checking die Rede, im Deutschen findet sich gelegentlich die Bezeichnung „Extremwert-Antwort“ (Scholl 1993:62). US-amerikanischen Studien zufolge hängt dieses Phänomen von der ethnischen Zugehörigkeit der Befragten ab. Demnach wählen schwarze und hispanische amerikanische Studenten häufiger extreme Ska-lenwerte als ihre weißen, nicht-hispanischen Kommilitonen. Auch Untersuchungen formaler Antwortstile in verschiedenen Kulturkreisen offenbarten deutliche Unterschiede. Cheung und Rensvold (2000:189) sehen die Ursache dafür in verschiedenen Wertorientierungen: Während Mitglieder von Kulturen mit starker Tendenz zu Extremwert-Antworten durch deutliche Aussagen Ehrlichkeit und Überzeugung demonstrieren wollen, möchten Angehörige von Kulturen mit Hang zu Mittelwerten eher bescheiden erscheinen.

Sind demographische oder schichtenspezifische Faktoren wie Bildungsniveau, Alter oder Einkommen nicht auch ein Grund für Unterschiede in formalen Antwortstilen? Sicherlich, doch der kulturelle Hintergrund der Probanden spielt weiterhin eine wichtige Rolle. Er verzerrt die Umfrageergebnisse und machen damit eine einfache Datenauswertung durch das Errechnen von Mittelwerten unmöglich (Cheung / Rensvold 2000:189). Da jedoch noch kein ausgereifter Korrekturmechanismus entwi-ckelt werden konnte und eine Analyse formaler Antwortstile äußerst aufwändig ist, beschäftigt sich die Mehrzahl der kultur-vergleichenden Studien in der Praxis nicht mit diesem Phäno-men. Van Herk, Poortinga und Verhallen (2004:358) warnen also zu Recht vor einer Vernachlässigung dieser Effekte im Kul-turvergleich.

4. Verständnis von Schlüsselbegriffen

In den einzelnen Kulturkreisen aktivieren bestimmte Schlüssel-begriffe überraschend unterschiedliche Vorstellungsinhalte. Testpersonen aus verschiedenen Kulturen legen abweichende Vergleichsmaßstäbe an die Bewertung der abgefragten Sach-verhalte an (Sudman / Bradburn / Schwarz 1996:251, Braun / Scott 1998:143). Heine demonstriert dies an einem plakativen Beispiel: So findet die Aussage „I am short“ je nach durch-schnittlicher Körpergröße in der jeweiligen Kultur unterschied-lich starke Zustimmung (Heine 2004:4f). Ein 1,75m großer Mann wird diese Aussage in einer Region mit niedriger durch-schnittlicher Körpergröße sicherlich ablehnen. Lebt er jedoch unter sehr hoch gewachsenen Mitmenschen, tendiert er stärker zur Zustimmung. Hängt die Beantwortung derartiger Einschät-

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zungsfragen von kulturell verankerten Vergleichsmaßstäben ab, so kann man die Befragungsergebnisse aus einzelnen Ländern nicht miteinander vergleichen.

Diese Effekte zu korrigieren ist äußerst schwierig, da sich dem Fragebogenforscher nur sehr schwer erschließt, wann kultur-bedingt unterschiedliche Vergleichsmaßstäbe angelegt werden. Laut Harkness, van de Vijver und Mohler (2003) tendieren die Entwickler von Fragebögen daher meist dazu, über Kulturgren-zen hinweg einheitliche Bedeutungen von Begriffen anzuneh-men, ohne diese Prämissen zu überprüfen. In der Regel sind sich Forscher nicht bewusst, wie die Schlüsselbegriffe ihrer Fra-gen in fremden Kulturen verstanden werden. Diese Sorglosig-keit öffnet die Tür für potenzielle Fehlerquellen.

5. Unklarheit und Mehrdimensionalität

Eines der häufigsten Probleme von Umfragen erscheint banal, hat aber schwerwiegende Folgen: Die Testperson versteht die Frage nicht. Fragebögen erlauben kein Nachhaken bei Unklar-heiten, keine Klarstellungen missverständlicher Formulierungen und keine Rückfragen. Vor allem bei einer schriftlichen Befra-gung ohne persönlichen Kontakt zum Interviewer verfügt der Proband also über keinerlei Hilfsmittel zur Interpretation. Wie eine derart auf sich gestellte Testperson die Bedeutung unklarer Fragen zu erschließen versucht, erforschte Braun (2003:59) unter dem Blickwinkel der Kognitionspsychologie. Probanden suchen demnach die Schuld bei sich selbst und bemühen sich, die Intention des Forschers durch eigene Interpretationen zu erschließen. Dabei konzentrieren sie sich nicht nur auf die wört-liche Formulierung der vorliegenden Frage, sondern ziehen auch alle Arten von Kontextinformationen als Interpretations-hilfen heran (Sudman / Bradburn / Schwarz 1996:267). Dies kann vorhergehende Fragen mit einschließen, sich jedoch auch auf die Interviewsituation oder sogar die momentane Befind-lichkeit des Einzelnen und seine aktuellen Erfahrungen beziehen. Wenn die Antworten derart kontextabhängig sind, können die Umfrageergebnisse nicht mehr verglichen werden.

Dieser Effekt ist bereits im monokulturellen Umfeld schwer zu kontrollieren, potenziert sich jedoch bei kulturvergleichenden Studien (Smith 2003:84). Der zur Interpretation einer Frage relevante Kontext umfasst hier nicht mehr nur den Rest des Fragebogens und persönliche Erfahrungen des Probanden, sondern schließt auch die Standardisierungen der jeweiligen Kul-tur mit ein (Braun 2003:60). Befragte aus verschiedenen Län-dern können bei Unklarheiten daher ganz unterschiedliche Kon-textinformationen heranziehen und interpretieren die Frage folglich kulturbedingt auf unterschiedliche Weise. Vergleichbar-

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keit der Umfrageergebnisse ist damit nicht mehr gegeben. Un-klar erscheint eine Frage vor allem dort häufig, wo ihr Thema weniger stark im öffentlichen Bewusstsein steht als dies in der Kultur des Forschers der Fall ist. In diesem Fall können Testper-sonen die für ein korrektes Verständnis der Frage notwendigen Hintergrundinformationen nicht so leicht abrufen, wie der Entwickler des Fragebogens dies vermutet hatte.

Neben Unklarheiten können auch so genannte mehrdimensiona-le Fragen zu Missverständnissen führen. Von Mehrdimensionali-tät spricht man, wenn in einer Frage zwei oder mehr verschie-dene Sachverhalte gleichzeitig angesprochen werden und eine einheitliche Antwort dafür verlangt ist. Ein hypothetisches Bei-spiel dafür wäre die Frage „Verbringen Sie viel Zeit mit Ihrer Familie und Ihren Freunden?“ Wie geht ein Single, der seine ganze Freizeit im Freundeskreis verbringt, mit dieser Frage um? Der eine wird den Mittelpunkt der Skala wählen, weil er beide Aspekte berücksichtigt, der andere dagegen sich mit Blick auf die Freunde für einen Extremwert entscheiden. Somit haben die Ergebnisse keinerlei Aussagekraft. Zu derart fehlerbehafteten double-barrel questions (Smith 2004b:445, Sudman / Bradburn / Wansink 2004:325) kommt es vor allem dann, wenn der For-scher zwei Dinge als untrennbar verbunden sieht, wo der Be-fragte eine Unterscheidung vornimmt. Im kulturübergreifenden Rahmen ist dies besonders häufig der Fall, da Wissenschaftler und Zielpersonen oft kulturbedingt unterschiedliche Vorstellun-gen von den betrachteten Konstrukten haben.

Um Quellen von Unklarheiten oder Mehrdimensionalitäten zu identifizieren, empfiehlt Porst (2000:65f) umfangreiche Vor-studien zur Überprüfung der Funktionsfähigkeit eines Fragebo-gens. Im kulturvergleichenden Kontext müssen Verständnis-proben durchgeführt werden, in deren Rahmen Testpersonen bestimmte Schlüsselbegriffe paraphrasieren und damit ihre Vor-stellungsinhalte konkretisieren. Vorstudien dieser Art werden jedoch in der Praxis nur unsystematisch durchgeführt (Fowler 1992:219). Zudem sind sie bezüglich ihrer Anwendung im Kul-turvergleich noch nicht methodisch überprüft (Smith 2004b:450) und dürfen daher nicht als Garant für eine perfek-te Vergleichbarkeit von Fragebögen verstanden werden. Zur Sicherheit sollte jedes Konstrukt mit mehreren Indikatoren ge-testet werden, die ähnliche Inhalte mit unterschiedlichen For-mulierungen abfragen (Smith 2004b:433). Ist eine dieser Fra-gen missverständlich und liefert irreführende Ergebnisse, so fällt dieser Fehler im Vergleich mit den Resultaten paralleler Indikato-ren sofort ins Auge.

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6. Übersetzung

Bei internationalen Umfrageprojekten können die Ergebnisse einzelner Länder nur dann miteinander verglichen werden, wenn jede Frage in allen Sprachversionen die gleiche Bedeutung hat. Dies erscheint selbstverständlich, doch in der Überset-zungspraxis erweist es sich häufig als äußerst problematisch, diese Grundvoraussetzung zu gewährleisten (Harkness 2003:36, Smith 2004b:432). In jedem Ausgangsfragebogen decken eini-ge Wörter und Ausdrücke ein derart vielschichtiges Bedeu-tungsspektrum ab, dass in der Zielsprache keine vollkommen äquivalente Formulierung zu finden ist. Dies betrifft nicht nur die Ebene der Denotationen: Gerade im Bereich der Konnotati-onen können schon kleinste Variationen die Bedeutung einer Frage stark verändern (Braun / Scott 1998:129). Kann ein Ü-bersetzer Schlüsselbegriffe einer Frage nicht mit ihren vollstän-digen Denotationen und Konnotationen in eine andere Sprache übertragen, so muss er sich auf einen Begriff in der Zielsprache festlegen, dessen Aussagegehalt nicht in allen Facetten mit dem der Originalversion deckungsgleich ist. Im Extremfall resultiert aus dem Übersetzungsvorgang eine völlig andere Frage (Harkness 2003:49, Harkness 2004:456).

Besonders gravierend wirkt sich die Problematik aus, wenn ein ganzes Konzept in der Ausgangssprache durch einen Einzelbeg-riff prägnant beschrieben ist, während es in der Zielsprache kei-nen Ausdruck dafür gibt. Dies ist der Fall, wenn das betreffende Phänomen kulturbedingt unterschiedlich wahrgenommen wird oder in der Zielkultur im Extremfall nicht einmal existiert (Scheuch 1968:182). Ein für westliche Wissenschaftler überra-schendes Beispiel findet sich bei Frey (1963), demzufolge Be-wohner ländlicher Gegenden in der Türkei kein Wort für „Prob-lem“ oder „Loyalität“ kennen.

Aber auch Unterschiede in der Konstruktion einzelner Sprachen stellen Übersetzer vor schwierige Entscheidungen. So kann man im Englischen das Geschlecht einer Person leicht unidentifiziert lassen, während im Spanischen, Französischen oder auch im Deutschen zwischen maskulinen und femininen Formen unter-schieden wird. Beinhaltet der englische Ausgangsfragebogen beispielsweise die Formulierung „Now think about your best friend...“, so schließt dies sowohl weibliche als auch männliche Freunde ein. Soll die Frage in der deutschen Version keine ein-geschränkte Bedeutung bekommen, müssen sowohl die masku-line als auch die feminine Form des Wortes genannt werden: „Und nun zu Ihrem besten Freund/Ihrer besten Freundin...“ (Harkness 2003:50, Harkness 2004:458f). Auch die Anrede der Testperson kann sich gelegentlich als problematisch erweisen, da in Sprachen wie dem Deutschen, Französischen oder Spani-schen zwischen der informellen Anrede du/tu/tú und der Höf-

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lichkeitsform Sie/Vous/Usted unterschieden wird, während die-se Unterscheidung im Englischen nicht existiert. Der zumeist in englischer Sprache abgefasste Originalfragebogen gibt keine Anhaltspunkte, welche Form in den Übersetzungen zu wählen ist. Werden nur Erwachsene befragt, lässt sich dieses Problem leicht mit der Verwendung der Höflichkeitsform lösen. Beinhal-tet die Stichprobe jedoch auch Kinder, so besteht die Gefahr, diese durch Verwendung der für sie ungewohnten Höflichkeits-form zu befremden. Diffizil ist auch die Frage, wie Jugendliche angesprochen werden möchten (Harkness 2004:459f).

Angesichts der vielfältigen Fallstricke überprüfen inzwischen fast alle kulturvergleichenden Umfrageprojekte ihre übersetzten Fragebögen. Meistens werden die Versionen aus der Zielsprache von einem unabhängigen Übersetzer in die Ausgangssprache zurück übertragen und mit der Originalversion verglichen (Smith 2004b:447). Diese einfache Rückübersetzung kann je-doch keinesfalls alle Übersetzungsprobleme eliminieren (Harkness / Schoua-Glusberg 1998:111f, Harkness 2003:42), weshalb Johnson (1998:18) in diesem Zusammenhang vor ei-nem „falschen Gefühl der Sicherheit“ warnt. Um das Äquiva-lenzproblem bei Übersetzungen zu minimieren suchen Umfra-geforscher daher zusätzlich nach einfachen Grundregeln zur Fragebogengestaltung, die leichtere Übersetzbarkeit gewährleis-ten sollen. Brislin empfiehlt beispielsweise (1986:144ff), kurze Fragen in einfachem Vokabular zu stellen und Metaphern, um-gangssprachliche Ausdrücke sowie vage Begriffe zu vermeiden. Dies erscheint vernünftig, jedoch reichen auch diese Rezepte nicht aus, um das Verzerrungspotenzial von Übersetzungen vollständig zu beseitigen.

So viele Empfehlungen die Forschung für eine verbesserte Über-setzungsmethodik auch gibt, so häufig wird die Problematik in der Praxis vernachlässigt. Ein berühmtes Beispiel sind die groß angelegten Studien von Geert Hofstede zu seinem wegweisen-den Werk „Culture’s Consequences“. Hier wurden die meisten Sprachversionen der Fragebögen nicht einmal durch Rücküber-setzungen kontrolliert, sondern lediglich zweisprachigen Mitar-beitern von IBM zur Durchsicht vorgelegt. Hofstede rechtfer-tigt diese bequeme Vorgehensweise mit dem ohnehin immen-sen organisatorischen Aufwand und den finanziellen und zeitli-chen Restriktionen der Forschung (Hofstede 1980:45ff). Diesen unterliegen auch aktuelle kulturvergleichende Projekte, doch im Lichte der neuen Erkenntnisse auf dem Gebiet der Fragebogen-forschung könnte eine ambitionierte Studie das Übersetzungs-problem heute nicht mehr auf diese Weise abhandeln.

Da die vielfältigen Verzerrungseffekte durch Übersetzung von Fragebögen nicht genau bestimmt werden können (Grimm et al. 1999:490) ist es unerlässlich, detaillierte Informationen über

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den Übersetzungsvorgang zu speichern (Brislin 1986:152, Harkness 2003:43, Harkness 2004:470ff). Nur wenn konkrete Problempunkte, alternative Möglichkeiten für strittige Formulie-rungen, die Ergebnisse von Qualitätsprüfungen und daraufhin vorgenommene Änderungen aufgezeichnet werden, kann die Äquivalenz auch später noch evaluiert werden. Diese Dokumen-tation ist laut Harkness (1999:134) bei den meisten Studien je-doch höchstens rudimentär vorhanden.

7. Skalenäquivalenz

Ein zentraler Punkt bei der Konzeption jedes Umfrageprojekts ist die Entscheidung, in welcher Form die Daten erhoben wer-den sollen. Forscher können wählen zwischen offenen Fragen, die Raum zur Erschließung neuer Aspekte lassen (Porst 2000:48, Diekmann 2004:409), und geschlossenen Fragen, die Probanden eine Antwortskala anbieten und die statistische Auswertung der Antworten erlauben. Da nur letztere Form einen direkten Vergleich der Ergebnisse einzelner Testpersonen oder zwischen Gruppen von Probanden (Diekmann 2004:408) zulässt, kommen in der kulturvergleichenden Umfragefor-schung fast ausschließlich geschlossene Fragen zum Einsatz. Wichtig ist hier, dass auf den Antwortskalen in allen Sprachvari-anten gleichbedeutende Alternativen angeboten werden. Nur so können die in den einzelnen Kulturen gewonnenen Ergebnis-se miteinander verglichen werden.

Antwortskalen können höchst unterschiedlich gestaltet werden. So haben Forscher die Wahl zwischen numerischen Skalen mit bloßer Benennung der Endpunkte und verbalisierten Skalen mit Beschreibung jeder Antwortoption. Bezüglich numerischer Ska-len stellt sich weiterhin die Frage, ob eine ungerade Anzahl von Skalenpunkten und damit eine formale Mittelposition angebo-ten werden soll oder ob eine gerade Anzahl von Punkten zu bevorzugen ist. In der Fragebogenforschung gibt es dazu keine vorherrschende Meinung. Während eine formale Mittelposition oft von unentschiedenen Testpersonen als bequeme Aus-weichmöglichkeit benutzt wird und damit die Aussagekraft der Antworten in Frage stellen kann, nimmt eine gerade Skala den Befragten die Möglichkeit, sich bewusst neutral einzustufen. Auch über die optimale Anzahl von Skalenpunkten konnte in der Forschung noch keine Einigkeit erzielt werden (Diekmann 2004:329).

Im Rahmen kulturvergleichender Umfragen ist zu beachten, dass die Verwendung des gleichen Skalentyps in verschiedenen Kulturen und Sprachen nicht notwendigerweise Bedeutungs-äquivalenz gewährleistet. Zurückzuführen ist dies auf die kul-turbedingt unterschiedliche Tendenz zur Extremwert-Antwort,

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die bereits in Abschnitt 3 besprochenen wurde. Basierend auf der Beobachtung, dass Asiaten eher zur Wahl moderater Ska-lenpunkte nahe der Mitte tendieren, halten Harkness, van de Vijver und Johnson (2003:29) beispielsweise eine bipolare Fünf-punktskala mit starken Endbezeichnungen in Japan für weniger gut geeignet als eine längere Skala. In einer Kultur mit starker Neigung zur Extremwert-Antwort könnte die Fünfpunktskala dagegen durchaus adäquat sein. Auch kennen manche Kultu-ren Unglückszahlen, was sich bei der Verwendung numerischer Skalen bemerkbar machen kann (Mohler / Smith / Harkness 1998:167, Harkness 2003:53, Smith 2004b:436). Im kulturver-gleichenden Kontext erweisen sich numerische Skalen dennoch meist als praktikabler als verbalisierte, da es bei der Konstruktion letzterer äußerst schwierig sein kann, in mehreren Sprachen äquivalente Benennungen für die Antwortoptionen zu finden. Das bereits besprochene Übersetzungsproblem hat hier seine gravierendsten Auswirkungen: Bereits die kleinste Änderung in den Bedeutungsnuancen der Antwortoptionen kann Proban-den zur Wahl eines anderen Skalenpunktes bewegen (Mohler / Smith / Harkness 1998:164). In allen Sprachen vollständig be-deutungsäquivalente Benennungen der Skalenpunkte zu finden ist laut Harkness (2004:458) jedoch unmöglich, da der Forscher dazu die Intensität einzelner Ausdrücke in den verschiedenen Sprachen kennen müssten. Werden beispielweise die deutschen Begriffe „stimme völlig/eher/teilweise zu“ beziehungsweise „lehne teilweise/eher/völlig ab“ als genauso stark empfunden wie die englischen Ausdrücke „agree completely/tend to agree/somewhat agree“ beziehungsweise „somewhat di-sagree/tend to disagree/completely disagree“? Smith (2004c) führte dazu umfangreiche und methodisch sehr anspruchsvolle Studien mit Deutschen und Amerikanern durch und stellte fest, dass vielen Basisbegriffen von Antwortskalen, beispielsweise agree/stimme zu und disagree/lehne ab oder impor-tant/wichtig und unimportant/unwichtig, im Deutschen höhe-re Intensitäten zugeschrieben werden als im Englischen. Anders verhält es sich bei Modifikatoren. So ist beispielsweise das engli-sche „definitely“ ein stärkerer Ausdruck als der deutsche Modi-fikator „bestimmt“, weshalb die allgemein übliche Übersetzung des englischen „definitely“ mit diesem Begriff problematisch ist. Auch „a lot“ mit „ziemlich“ zu übersetzen ist nicht zu empfeh-len, da der englische Ausdruck verstärkend wirkt, das deutsche Wort die Intensität einer Aussage dagegen eher abschwächt (Smith 2004c:9f). Diese Beispiele zeigen das beträchtliche Ver-zerrungspotenzial, das Übersetzungen verbalisierter Antwort-skalen mit sich bringen. Die vorherrschende Meinung empfiehlt daher für kulturvergleichende Projekte die Benutzung numeri-scher Skalen. (Johnson 1998:16f, Smith 2004b:435, Sudman / Bradburn / Wansink 2004:329).

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8. Stichproben

Die Auswahl repräsentativer Stichproben ist eine allgemeine Problematik der Umfrageforschung, gestaltet sich aber vor al-lem im interkulturellen Kontext schwierig (Berry / Lonner 1986:85). Defizite in diesem Bereich lassen die Validität vieler kulturvergleichender Studien fraglich erscheinen. Die Qualität einer Stichprobe wird daran gemessen, ob die in ihrem be-schränkten Rahmen gewonnenen Erkenntnisse auf die Gesamt-population übertragen werden können. Dazu muss die Stich-probe ein möglichst genaues Abbild der Grundgesamtheit, aus der sie gezogen wurde, darstellen.

Der herrschenden Meinung zufolge erlauben nur Zufallsstich-proben zuverlässige Rückschlüsse auf eine Grundgesamtheit (Lazerwitz 1968, Berry / Lonner 1986, Harkness 1999, Häder / Gabler 2003, Diekmann 2004). Hier hat jede Person in der be-trachteten Grundgesamtheit eine gleich hohe Chance, in die Stichprobe aufgenommen zu werden (Lazerwitz 1968, Fried-richs 1990, Schnell et al. 1995, Diekmann 2004). Im kulturver-gleichenden Kontext kann diese aufwändige Methode jedoch oft nicht verfolgt werden, da sie den Zugang zu einem Bevölke-rungsregister voraussetzt. Vor allem in Entwicklungsländern ist ein solches häufig nicht vorhanden oder wird den Forschern nicht zugänglich gemacht. Kulturvergleiche stützen sich daher meist auf Quotenstichproben. Bei dieser Technik ist darauf zu achten, dass die Größe demographischer Subgruppen in Relati-on zur Gesamtbevölkerung ihren Anteilen in der Stichprobe entspricht. In der kulturvergleichenden Forschung besteht weitgehende Einigkeit, dass Zufallsstichproben die wünschens-werte Ideallösung darstellen (Porst 2000:60, Häder / Gabler 2003:121), Quotenstichproben jedoch deutlich praktikabler sind. Vor 20 Jahren beklagten Berry und Lonner (1986:85) den Mangel an spezifischen Techniken der Stichprobenziehung für die kulturvergleichende Fragebogenforschung. Obwohl die Notwendigkeit einer eigens entwickelten, praktikablen Methodik bereits seit Langem anerkannt ist, konnten auf diesem Gebiet noch keine nennenswerten Fortschritte erzielt werden (Häder / Gabler 2003:124).

Neben methodischen Problemen beeinträchtigen im kulturver-gleichenden Kontext jedoch noch weitere Einflussfaktoren die Qualität der Stichproben. So weigern sich in verschiedenen Kul-turen oft unterschiedlich viele Probanden, an der Befragung teilzunehmen und verändern damit die ursprünglich repräsen-tativen Stichproben. Je sensibler das Thema einer Befragung in einer Zielkultur ist, desto weniger Testpersonen sind bereit, sich zu äußern (Smith 2004b:441). Verschieden hohe Verweige-rungsraten resultieren aber auch aus unterschiedlichen Einstel-lungen der Bevölkerung gegenüber Meinungsumfragen. So

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führt in den USA der Ärger über häufige Störungen durch auf-dringliches Telemarketing dazu, dass immer mehr Probanden auch seriöse Umfragen ablehnen (Couper / de Leeuw 2003:158). Eine praktikable Technik zur Korrektur unterschied-licher Verweigerungsraten konnte bislang noch nicht gefunden werden (Scholl 1993, Diekmann 2004:359).

Aufgrund zeitlicher und finanzieller Restriktionen ist es bei den meisten kulturvergleichenden Studien nicht möglich, die auf-wändigen Prozeduren zur Gewinnung einer optimal repräsenta-tiven Stichprobe zu befolgen. Laut Berry und Lonner (1986:87) sowie Häder und Gabler (2003:133) arbeitet die Mehrheit der kulturvergleichenden Untersuchungen nicht mit fundierten Zu-fallsstichproben, sondern rekrutieren Probanden nur aus leicht zugänglichen Gesellschaftsschichten, was den Aufwand einer Studie beträchtlich reduziert. Berry und Lonner (1986:87) ver-wenden in diesem Zusammenhang den Begriff convenience samples, der mit „Bequemlichkeitsstichproben“ übersetzt wer-den könnte. In den meisten Fällen werden dabei Befragungen unter Psychologie- und Soziologiestudenten durchgeführt, da diese im Rahmen universitätsnaher Forschung besonders leicht zu erreichen sind. Auch Beschäftigte eines ausgewählten Be-triebs bilden häufig eine Stichprobe, wie es beispielsweise in Hofstedes berühmter IBM-Studie der Fall war. Ob derartige Be-quemlichkeitsstichproben wirklich ein Abbild ihrer jeweiligen Kultur darstellen können, ist jedoch äußerst fraglich (Kim et al. 1994:9, Johnson et al. 2000:944, Voronov / Singer 2002:466). Die Gruppe der Studenten beinhaltet größtenteils relativ wohl-habende junge Menschen mit überdurchschnittlichem Bil-dungsniveau. Zu untersuchen wäre zudem, inwiefern intellektu-ell geschulte Probanden ein anderes Verständnis von Sprache haben und den Text eines Fragebogens anders interpretieren als Testpersonen mit niedrigerem Bildungsniveau. Möglicherweise gehen die mit der Methodik von Umfragen bereits vertrauten Studenten der Soziologie und Psychologie zudem auf andere Weise an die Fragebögen heran als fachfremde Testpersonen. Arbeitet eine Umfrage mit nicht repräsentativen Bequemlich-keitsstichproben, sind Generalisierungen ihrer Ergebnisse zu Aussagen über die Kultur als Ganzes also problematisch.

Repräsentative Stichproben sind dagegen nach Meinung vieler Forscher für den Kulturvergleich gar nicht erforderlich. Ihrer Ansicht nach erfüllen auch äquivalente Stichproben die Anfor-derungen: Solange die demographischen Merkmale der Test-gruppen aller Zielkulturen übereinstimmen, lässt demnach auch eine Bequemlichkeitsstichprobe den Vergleich der Kulturen als Ganzes zu. Aus einer Gegenüberstellung der Angaben deut-scher und amerikanischer Studenten könnten also durchaus Rückschlüsse auf die deutsche und amerikanische Kultur gezo-gen werden, da unterschiedliche Ergebnissen bei übereinstim-

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menden Rahmenbedingungen hauptsächlich das Produkt kultu-reller Differenzen sein müssten.

Welche Position man bezüglich repräsentativer oder äquivalen-ter Stichproben auch bezieht: Jede kulturvergleichende Studie sollte eine detaillierte Dokumentation ihrer Methodik enthalten (Berry / Lonner 1986:85, Häder / Gabler 2003:132). Können repräsentative Stichproben aus Zeit- und Kostengründen nicht gezogen werden, sollte aus den Forschungsberichten klar her-vorgehen, wie die Ergebnisse zustande gekommen sind. Ver-gleichende Aussagen über Kulturen sollten nur mit Hinweis auf die Restriktionen im Forschungsprozess publiziert werden.

9. Schlussfolgerungen

Jeder der genannten Kritikpunkte ist hinlänglich bekannt. Für diesen Artikel wurden sie lediglich zusammengetragen, doch der so entstehende Gesamteindruck lässt die Problematik in ei-nem anderen Licht erscheinen. Wenn ein wissenschaftliches Verfahren so viele Schwachstellen aufweist, die im Verdacht stehen, die Wirklichkeit zu entstellen, dann kann das nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Die Kritikpunkte sind alle bekannt, aber die Forschungspraxis nimmt sie kaum zur Kenntnis. Smith (2004:431) weist daraufhin, dass drei Viertel der Studien im Bereich kulturvergleichenden Psychologie ohne jede selbstkritische Vorüberlegung mit der Arbeit beginnen. Dazu passt, dass viele Veröffentlichungen mit dem Hinweis auf die nicht vertretbaren Kosten auf Validierungskontrollen ver-zichten. Damit präsentiert sich die kulturvergleichende Psycho-logie in einer paradoxen Situation: Obwohl die berechtigte Kritik immer lauter wird, findet sie bei Forschungsvorhaben kein Ge-hör. Vielleicht aber ist diese Paradoxie unvermeidbar. Alle ge-nannten Kritikpunkte sind systemisch, das heißt sie beziehen sich auf notwendige Voraussetzungen der Umfragemethode. Harkness, Mohler und van de Vijver (2003:9) (sowie Harkness 1999:137, van de Vijver 1998:42) sprechen genau dieses Prob-lem an. Sie führen aus, dass aufwändige Verfeinerungen der Umfragetechnik nur geringfügige Verbesserungen bewirken und die Verzerrung der Empirie nicht verhindern.

Wenn man den Blickwinkel erweitert, entdeckt man kritische Ansätze, die nicht nur das methodische Verfahren der Umfrage aufs Korn nehmen, sondern den Kulturenvergleich überhaupt. Nach Hansen (2007:169) stellen die Vergleichspole unzulässige Vereinheitlichungen dar. Kulturen – vor allem Nationalkulturen, um die es bei den Vergleichen geht - seien keine homogenen, sondern höchst heterogene und differente Gebilde. Mit dieser Meinung steht Hansen in der modernen Kulturwissenschaft nicht allein, denn auch Autoren wie Ulrich Beck und Clifford

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Geertz lehnen die Vereinheitlichung von Nationalkulturen ab. Pauschal, so Hansen, ließen sich Nationen nicht vergleichen, höchstens in engeren Erscheinungsformen. Es mache keinen Sinn, die Ausländerfeindlichkeit in England und Deutschland zu messen, da diese Einstellung mehr vom Bildungsgrad abhängt als von der Nationalität. Denkbar wäre aber ein Vergleich der Ausländerfeindlichkeit von englischen und deutschen Arbeitern. Auch dieser grundsätzliche Zweifel am Erkenntnisgewinn von Nationenvergleichen wiegt schwer.

Was ist zu tun? Bevor blind weiter geforscht wird, wäre das wissenschaftliche Existenzrecht der kulturvergleichenden Um-frageforschung grundsätzlich zu diskutieren. Dabei könnten zukünftige Projekte dadurch helfen, dass sie jeden Schritt ihres Designs und alle Daten offen legen, damit alles der Kritik zu-gänglich wird.

L i te ratu r

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Janzer: Kulturwissenschaftliche Probleme internationaler Managementforschung

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Abst rac t

This paper presents the most common errors of cross-cultural management research. Research in this field is based primarily on the concepts and methods of cross-cultural psychology (e.g. Hofstede 1980, Schwartz 1994, Triandis 1980). It is shown how current research from the Cultural Studies can benefit this field, especially in the area of cultural theory. Furthermore, there is an in-depth definition of both management and cul-ture, including the differences between the German and English use of these terms.

1. Einleitung

Von der Internationalisierung und Globalisierung der Wirt-schaftsbeziehungen sind neben den Auslandsabteilungen der Unternehmen insbesondere die Management- und Führungs-ebenen betroffen. So müssen bei internationalen Kontakten nicht nur sprachliche Barrieren überwunden, sondern auch viel-fältige kulturelle Unterschiede berücksichtigt werden. Einen Bei-trag zum Verständnis und zur Überwindung dieser Schwierig-keiten der Führungskräfte möchte die internationale Manage-mentforschung leisten. Leider ist dieser Forschungsbereich von erheblichen Schwächen gekennzeichnet. Die häufigsten Prob-leme der internationalen Managementforschung werden in die-sem Aufsatz besprochen (v.a. in Kapitel 3). Davor gibt es einen Überblick über den derzeitigen Forschungsstand in der Mana-gement- und Kulturforschung (Kapitel 2).

2. Internationale Managementforschung im Überblick

Der zu untersuchende Forschungsbereich trägt im deutsch-sprachigen Raum meist die Bezeichnung „interkulturelles Mana-gement“ (engl. cross-cultural management). Eine vollwertige interkulturelle Managementforschung würde sich mit sämtli-chen Fragestellungen und Problemen befassen, die sich aus der Verschiedenartigkeit der kulturellen Umwelt und aus der Kon-frontation von Personen und Kollektiven mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen für den Managementprozess erge-ben (Geier 2000:61, von Keller 1982:82). Da unter der Bezeich-nung „interkulturelle Managementforschung“ aber fast aus-schließlich international ausgerichtete Forschung betrieben wird, soll dieser Forschungsbereich innerhalb der vorliegenden Arbeit ausschließlich internationales (und nicht interkulturelles) Management heißen. Zwar ist bei Untersuchungen auf natio-nalkultureller Ebene eine interkulturelle Ausrichtung der For-schung ebenfalls gegeben – allerdings wird der falsche Eindruck erweckt, Kultur beschränke sich auf Nationen.1 Dementspre-

Kul tu rwissenschaft l i che P robleme internat iona-le r Managementfo r-schung

Alexander Janzer

Diplom-Kulturwirt, Universität Passau

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chend werden intranationale Kulturunterschiede von dieser For-schungsdisziplin auch meist vernachlässigt.2

Als Geburtsstunde der internationalen Managementforschung gilt eine international ausgerichtete Managementstudie von Harbison und Myers (1959). Die Vielschichtigkeit des For-schungsfeldes Internationales Management macht die Einbezie-hung der Erkenntnisse und Methoden unterschiedlicher For-schungsdisziplinen erforderlich. Zu den derzeit vorrangig aner-kannten Disziplinen innerhalb der internationalen Management-forschung zählen laut Hasenstab (1999:77, 1999:82) betriebs-wirtschaftliche, sozioökonomische und psychologische Traditio-nen. Obwohl kulturelle Fragestellungen in der internationalen Managementforschung sehr wichtig sind, finden moderne kul-turwissenschaftliche Ansätze aus der Ethnologie oder den Cul-tural Studies in diesem Forschungsfeld weiterhin wenig Beach-tung. Dagegen kann in der Organisationsforschung bereits eine größere Annäherung an moderne kulturwissenschaftliche Dis-ziplinen beobachtet werden (Hansen 2003:385). Da sowohl Management als auch Kultur zentrale Konzepte der internatio-nalen Managementforschung darstellen, soll im Folgenden auf diese Konzepte näher eingegangen werden.

2.1 Das Managementkonzept

Die Wörter „Manager“ und „Management“ sind Lehnwörter aus dem Englischen, die ihren Fremdwortcharakter im Deut-schen nicht ganz verloren haben (Baecker 2006:1). Nach der 1948 erfolgten deutschen Übersetzung des aus dem Jahr 1941 stammenden amerikanischen Bestsellers The Managerial Revolu-tion von James Burnham wurde es im deutschsprachigen Raum allgemein üblich, die Originalbegriffe Manager und Manage-ment beizubehalten (Staehle 1999:71). Die etymologische Deu-tung dieser englischen Wörter ist kontrovers. Fest steht, dass die ersten literarischen Belege des Begriffs Management im Eng-land des 19. Jahrhunderts zu finden sind (Staehle 1999:71). Einige Autoren wie Baecker (2006:1) und Wendt (1997:46) sind der Meinung, dass der englische Begriff vom italienischen Verb maneggiare (handhaben, bearbeiten, ausüben) abstammt. An-dere Autoren wie Staehle (1999:71) und Braverman (1977:61) führen das englische to manage allerdings direkt auf das lateini-sche Substantiv manus (Hand) und das Verb agere, ago, egi, actum (agieren, handeln, verhandeln) zurück. Die plausibelste Erklärung scheint zu sein, dass der englische Begriff auf den lateinischen Ausdruck manum agere zurückgeht, der so viel wie „an der Hand führen“ oder „ein Pferd in allen Gangarten üben“ bedeutet (Staehle 1999:71).

Unter den Forschern gibt es auch divergierende Meinungen darüber, auf welche Weise und wie stark Management und

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Führung (engl. leadership) zusammenhängen (Yukl 2006:5ff.). Viele Forscher (Dorfman 2004:267, Kotter 1990:3ff., Lord / Maher 1991) halten Management und Führung für unter-schiedliche Phänomene. So schreibt Northouse (2004:8), dass Managementforschung erst um die Jahrhundertwende des 20. Jahrhunderts aufkam3, während Führungsforschung bereits auf Aristoteles zurückgehe. Dem widerspricht jedoch die Ansicht vieler angloamerikanischer Managementhistoriker, dass es schon in der Antike innerhalb religiöser, politischer und militärischer Organisationen Funktionen gegeben habe, die man als Mana-gement bezeichnen könne (Staehle 1999:3). Die Tatsache, dass die Bezeichnung „Management“ erst im 19. Jahrhundert popu-lär wurde, bedeutet also nicht zwangsläufig, dass die Begriffe Management und Führung unterschiedliche Phänomene be-zeichnen. Zu den Wissenschaftlern, die keinen Unterschied zwi-schen diesen beiden Konzepten sehen, gehört beispielsweise der hoch angesehene amerikanische Managementforscher Henry Mintzberg (2004:6):

„I use the words management and leadership interchangeably. It has become fashionable [...] to distinguish them. Leadership is supposed to be something bigger, more important. I reject this distinction, simply because managers have to lead and leaders have to manage. Management without leadership is sterile; leadership without management is disconnected and encourages hubris.“

Mintzberg gibt damit aber auch zu, dass Management ohne Führung und Führung ohne Management prinzipiell möglich sind. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit soll dennoch nicht zwischen den Begriffen Manager und Führungskraft bzw. Ma-nagement und Führung unterschieden werden. Zwar gibt es Manager, die keine Untergebenen haben (beispielsweise Fi-nanzmanager) – aber auch diese Manager übernehmen norma-lerweise Führungsaufgaben durch ihren persönlichen Einfluss innerhalb des Unternehmens bzw. der Organisation, in der sie tätig sind (Wenek 2003:30). Für Manager, die weisungsbefugt gegenüber Untergebenen sind, sind Führungsaufgaben ohne-hin eine der wichtigsten Voraussetzungen ihres Berufs: „Lea-dership is an important role requirement for managers and a major reason why managerial jobs exist“ (Yukl 2006:22). Dar-über hinaus sollte aber auch berücksichtigt werden, dass die Worte Manager und Führungskraft im Deutschen eher als Syn-onyme gebraucht werden als manager und leader (bzw. mana-gement und leadership) im Englischen (Communal / Senior 1999:27, Staehle 1999:72). Das englische Wort executive, das als Bezeichnung einer Führungskraft viel häufiger gebraucht wird als leader, bezieht sich etymologisch auf eine ausführende Kraft. Die inhaltliche Betonung scheint somit viel mehr auf dem Befolgen und Weiterleiten von Anweisungen (z.B. von den Ei-gentümern des Unternehmens) zu liegen, als es beim deutschen Wort Führungskraft der Fall ist. Diese sprachlichen Unterschiede deuten darauf hin, dass Führung und Management im deutsch-

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sprachigen Raum wahrscheinlich eher als zusammengehörend gesehen werden als in englischsprachigen Ländern.

Es gibt aber auch weitere Unterschiede zwischen dem engli-schen und dem deutschen Gebrauch des Wortes Management. Laut Baecker (2006:1) hat das Substantiv Management im Eng-lischen den Charakter einer ungewissen, mit dem Risiko der Ü-berforderung oder des Scheiterns behafteten Tätigkeit. Dieser Sinn sei in der deutschen Umgangssprache nur bedingt erhalten geblieben und wurde stattdessen um einen anderen Sinnzu-sammenhang erweitert: den Bezug auf „eine hierarchisch ein-gebundene, durch eine Organisation geregelte Tätigkeit, der im Englischen zwar auch vorhanden ist, aber nicht im Zentrum steht“ (Baecker 2006:1). Außerdem meint man mit dem Begriff Management im Deutschen häufig lediglich die oberen Füh-rungsebenen, während im angelsächsischen Sprachraum mit Management alle Organisationsmitglieder gemeint sind, die Vorgesetztenfunktionen wahrnehmen – unabhängig von ihrer Hierarchieebene (Steinmann / Schreyögg 2000:6, Klemm / Mar-tin 2004:23).

Doch nicht nur in der Umgangssprache, sondern auch in der internationalen wissenschaftlichen Literatur mangelt es an einer eindeutigen Festlegung des Begriffs Management (Schirmer 1992:11). Die entsprechenden Unterschiede in den Manage-mentdefinitionen können oft auf die kulturellen Hintergründe der Wissenschaftler zurückgeführt werden. So lautet eine be-sonders in den Vereinigten Staaten sehr bekannte Manage-mentdefinition von Peter Drucker: „Management is getting things done through other people“ (zitiert nach Schneider / Barsoux 2003:32, Montana / Charnov 2000:2).4 Auch diese Definition beinhaltet einige kulturabhängige Glaubenssätze und Werthaltungen (Schneider / Barsoux 2003:32). So schreibt Gib-son (2005): „This emphasis on goals and tasks is not universal, however. Many cultures focus more on people and relation-ships. And some cultures expect managers to spend more time doing things themselves rather than on getting things done by others“. Schneider und Barsoux (2003:32) behaupten, dass das Letztere auch in Deutschland der Fall sei: „For German manag-ers there is a perceived oneness, or inseparability, of technical duties and managerial responsibilities. Therefore management is partly about getting things done, but it also means doing it yourself – a more ‘hands-on‘ approach.“ Solche Aussagen über alle deutschen Manager sind aber eindeutig viel zu verallgemei-nernd. Es ist außerdem offen, inwieweit die hier angesproche-nen Unterschiede zwischen deutschem und amerikanischem Managementverständnis lediglich auf nationalkulturelle Einflüsse zurückzuführen sind. Andere Faktoren können ebenfalls mit-verantwortlich sein.5

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Insgesamt lässt sich feststellen, dass der Begriff Management in der angloamerikanischen und deutschen Forschung meist in zwei Bedeutungsvarianten verwendet wird. Im institutionellen Sinn meint man mit Management eine Gruppe von Personen, die in einer Organisation Anweisungsbefugnisse hat. Im funkti-onalen Sinn bezieht sich der Begriff Management dagegen auf Handlungen und Funktionen, mit denen Prozesse innerhalb ei-ner Organisation gesteuert werden (Steinmann / Schreyögg 2000:5ff., Staehle 1999:71). Der funktionale Ansatz geht zu-rück auf die von Henri Fayol (1916) entwickelte Typologie der Managementfunktionen (Steinmann / Schreyögg 2000:42ff., Carroll / Gillen 1987:38). Laut Fayol besteht die Arbeit eines Managers aus (1) Planung und (2) Organisation als Vorberei-tung des Handelns, dem (3) Befehl, der (4) Koordination als das Handeln selbst und (5) der Kontrolle des Handlungserfolgs (Steinmann / Schreyögg 2000:42ff.). Diese Konzeptionalisie-rung des Managements wird von vielen Forschern nach wie vor als die nützlichste angesehen (Northouse 2004:8, Carroll / Gillen 1987:48). Darüber hinaus gibt es eine große Anzahl anderer Führungs- und Managementtheorien (Yukl 2006:12ff., Yukl 2006:440ff.), auf die an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden soll. Es sollte schließlich noch erwähnt werden, dass die Arbeit von Führungskräften derart komplex ist, dass ein fest umrissenes Berufsfeld und eine entsprechende Definition in dem Maße, wie dies bei vielen anderen Berufen möglich ist, beim Management wohl nie zu erreichen sein wird (Eberwein / Tholen 1990:123). Dennoch handelt es sich bei der Manage-mentarbeit bzw. der Unternehmensleitung eindeutig um einen eigenständigen Beruf (Eberwein / Tholen 1990:123).

Bezüglich der Prämissen der Managementforschung lässt sich sagen, dass der überwiegende Teil der westlichen Management-forscher davon ausgeht, dass Manager das Handeln ihrer Un-tergebenen zu einem nicht unerheblichen Teil beeinflussen kön-nen (Baecker 2006:3, Miller 1984:73). Laut Magala (2005:106) sehen inzwischen zahlreiche Manager und Wissenschaftler aber ein, dass Angestellte viel weniger kontrollierbar seien als früher angenommen. Dementsprechend seien Führungskräfte zu ei-nem großen Teil auf die Kooperation und den guten Willen ih-rer Untergebenen angewiesen. Eine weitere, eng mit der ersten Prämisse zusammenhängende Annahme eines Großteils der westlichen Managementforschung ist, dass das Handeln des Managers die Effektivität seiner Organisation beeinflusst (Yukl 2006:448, Miller 1984:74). Die Größe dieses Einflusses wird a-ber oft überwertet (Yukl 2006:380, Yukl 2006:449, Magala 2005:107) und trotz des bis heute weit verbreiteten Stereotyps des diktatorisch allein regierenden Managers, ist in der Praxis Teamarbeit eindeutig auf dem Vormarsch (Hansen 1995:217ff., Bleicher 1989:28, Eberwein / Tholen 1990:120). Der Trend zur

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Globalisierung führt außerdem dazu, dass Manageraufgaben zunehmend international ausgerichtet sind (Yukl 2006:39). Wenig erforscht bleibt die Veränderung der Managerarbeit durch die Einführung neuer Computer- und Telekommunikati-onstechnologien wie Email, Mobilfunk und Videokonferenzen (Yukl 2006:40, Fiedler / Garcia 2005:190).

2.2 Das Kulturkonzept

Das deutsche Substantiv Kultur und das englische culture sind lateinischen Ursprungs. Das lateinische Verb colo, colui, cultus hat zwei Bedeutungen: 1. pflegen, bebauen, bestellen und 2. anbeten. Ackerbau und Götterverehrung waren zwei der Tätig-keiten, die den Frühmenschen vom Tier unterschieden (Hansen 2003:14). Somit lässt sich bereits in dieser ursprünglichen Be-deutung der Gegensatz zwischen der Natur und der vom Men-schen geschaffenen Kultur erkennen. Folglich bedeutet Kultur im weitesten Sinn Veränderung der äußeren und inneren Natur durch den Menschen (Hansen 2003:15). In der modernen Be-deutung des Wortes Kultur sind zudem auch kollektive Ge-wohnheiten angesprochen, die zusammen mit dem Gegensatz Natur-Kultur die zwei Hauptbestandteile des wissenschaftlichen Kulturbegriffs bilden (Hansen 2003:16, Hansen 2003:39). Kul-tur setzt sich aus den drei gleichwertigen und voneinander ab-hängigen Faktoren (1) Standardisierung, (2) Kollektivität und (3) Zeichen zusammen (Hansen 2003:42 und Hansen 2003:47). Der Begriff Standardisierung meint absichtliches, zum Überle-ben nicht notwendiges Gleichverhalten von Mitgliedern eines Kollektivs (Hansen 2003:43). Eine mögliche Kategorisierung der Standardisierungen ist laut Hansen (2003:44ff.) die Untertei-lung in Standardisierungen der Kommunikation, des Denkens, des Empfindens und des Verhaltens und Handelns6. Bei dem zweiten konstitutiven Merkmal der Kultur – dem Kollektiv – handelt es sich nach dieser Theorie um jede Art menschlicher Gruppierungen, die gemeinsame Gewohnheiten bzw. Standar-disierungen und ein Zusammengehörigkeitsgefühl der Grup-penmitglieder aufweisen (Hansen 2003:194). Entgegen der weit verbreiteten Auffassung, dass nur Völker oder Nationen eigen-ständige Kulturen besäßen, hat somit jedes intranationale Kol-lektiv eine eigene Kultur. Das dritte Merkmal der Kultur sind Zei-chen. Zeichen sind die Grundlage der Kommunikation, wobei Sprache das komplexeste Zeichensystem darstellt. Ein Zeichen entsteht dadurch, dass innerhalb eines Kollektivs einem Bedeu-tungsträger (Wort, Geste usw.) eine Bedeutung zugeordnet wird (Hansen 2003:46ff.).

In vielen Disziplinen die sich mit Kultur beschäftigen lässt sich seit etwa 20 Jahren eine regelrechte „Kultureuphorie“ feststel-len (Hansen 2003:334). Dabei werden jedoch einige wichtige

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Aspekte der Kultur zu wenig zur Kenntnis genommen. Insbe-sondere die Einsichten der kulturkritischen Traditionen, bei-spielsweise bezüglich der absichtlichen Beeinflussung und Mani-pulation des Kulturellen, werden vom mainstream der kultur-wissenschaftlichen Forschung weitgehend ignoriert (Hansen 2003:291ff.). Es wird oft angenommen, dass Kultur zwangsläu-fig einen positiven Einfluss auf das menschliche Zusammenleben haben müsse. Doch in Wirklichkeit handelt es sich bei der Kultur um ein ambivalentes Phänomen, das positiv, negativ oder neut-ral wirken kann: „Kultur ist von sich aus weder praktisch noch vernünftig. Sie ist weder menschlich noch moralisch oder kulti-viert“ (Hansen 2003:313). Als Ursache für diese Ambivalenz des Kulturellen wird die Willkür bzw. fehlende Zwangsläufigkeit der Kultur gesehen (Hansen 2003:312ff.). Laut Sahlins (1976:72) ist sogar nicht nur der kulturelle Einfluss auf den Menschen, son-dern auch der Zusammenhang zwischen Kultur und einer ob-jektiven Realität willkürlich.

Es gibt in der wissenschaftlichen Welt außerdem die weit ver-breitete Meinung, dass es bis heute keine allgemein anerkannte Definition der Kultur gäbe (Dorfman 2004:277, Schneider / Barsoux 2003:21, Holzmann 1995:28). Tatsächlich sind sich aber die meisten Wissenschaftler der unterschiedlichen For-schungsdisziplinen, die sich in irgendeiner Form mit Kultur be-schäftigen, einig, dass es sich bei der Kultur um kollektive Stan-dardisierungen bzw. Gewohnheiten handelt (Hansen 2003: 237).7 Uneinigkeit herrscht dagegen vor allem bezüglich (1) der Art der Gegenständlichkeit der Kultur, (2) der Kohärenz der Kultur und (3) der Funktion der Kultur (Hansen 2003:236). Oh-ne ausführlich auf die einzelnen Streitpunkte einzugehen, soll im Folgenden der aktuelle Forschungsstand kurz festgehalten werden. Die Gegenständlichkeit der Kultur wird als eine kollekti-ve Geistigkeit gesehen, die mehr als reine Abstraktion ist (Han-sen 2003:248). Da Kultur also im menschlichen Bewusstsein angesiedelt und nicht direkt untersuchbar ist, kann sie nur in Form der individuellen Umsetzungen (z.B. Texte, Verhaltenswei-sen, Artefakte usw.) erforscht werden. Allerdings stellen die Umsetzungen niemals Kultur an sich dar, weil in ihnen zwangs-läufig Individuelles mit enthalten ist (Hansen 2003:248). Dem-entsprechend bezieht sich der Begriff Kultur nicht auf konkrete Gedanken, Gefühle oder Verhaltensweisen der Kollektivmitglie-der, sondern auf die „überindividuellen, der individuellen Um-setzung voraus liegenden Verhaltensangebote“ (Hansen 2003: 213). Bei der Frage nach der Kohärenz – also der inhaltlichen Übereinstimmung der Standardisierungen, die in einem Kollektiv gelten – sollte lediglich erwähnt werden, dass bei kleineren und einfacheren Kollektiven die Kohärenz größer ist als bei einem komplexen Riesenkollektiv wie der Nation (Hansen 2003:266). Und schließlich lässt sich über die Funktion der Kultur sagen,

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dass nach aktuellem Forschungsstand das Kulturelle in manchen Aspekten die menschliche Natur beherrscht, während in ande-ren Bereichen die Funktion der Kultur dem von der Natur Vor-gegebenen untergeordnet ist. Es handelt sich somit um ein dia-lektisches Miteinander, bei dem Kultur und Natur in unter-schiedlichen Bereichen unterschiedlich stark aufeinander einwir-ken (Hansen 2003:268ff.).

In den Wirtschaftswissenschaften wurden kulturelle Fragestel-lungen vergleichsweise lange vernachlässigt (Kutschker / Schmid 2002:655ff., Holzmüller 1995:49). Dies lag vor allen Dingen daran, dass man wirtschaftliche Sachverhalte und Zusammen-hänge lange Zeit als weitgehend kulturunabhängig ansah. Erst durch die zunehmende Internationalisierung der Unternehmen wurden immer mehr Manager und Wirtschaftswissenschaftler mit der Tatsache konfrontiert, dass kulturelle Unterschiede gro-ßen Einfluss auf wirtschaftliche Sachverhalte haben können (Kutschker / Schmid 2002:655ff., Schneider / Barsoux 2003: 1ff.). Aufgrund der Methodenähnlichkeit zu den Wirtschafts-wissenschaften (Umfragen, Statistiken usw.) wurde die kultur-vergleichende Psychologie (engl. cross-cultural psychology) bei kulturwissenschaftlichen Fragen einer der Hauptinformationslie-feranten der Wirtschaftsforscher (Hansen 2003:388). Dement-sprechend wurde auch die Kulturtheorie der kulturvergleichen-den Psychologie in den Wirtschaftswissenschaften weitgehend mit übernohmen. Diese Kulturtheorie besagt unter anderem, dass die Kulturen unterschiedlicher Völker auf Grundlage von konstanten Eigenheiten der menschlichen Gattung – den so genannten universals – miteinander verglichen werden können (Kluckhohn 1962:17, Hansen 2003:280). Einer der größten Schwachpunkte dieser Kulturtheorie und der darauf aufbauen-den Methodik ist, dass man Gefahr läuft, kulturelle Gemeinsam-keiten zwischen einigen Kollektiven für Konstanten der gesam-ten menschlichen Gattung zu halten. Laut Hansen (2003:287) handelt es sich dabei um eine unzulässige methodische Vermi-schung der Ebenen Gattung und Kollektiv. Außerdem gibt es sowohl aus der biologischen Forschung als auch aus der mo-dernen Kulturwissenschaft begründete Zweifel, ob psychische (und nicht nur biologische) Attribute konstante Eigenheiten der menschlichen Gattung sein können (Hansen 2003:280, Holz-müller 1995:54ff.). Weitere Problempunkte der kulturverglei-chenden Psychologie werden im folgenden Kapitel als ein Teil der Probleme der international ausgerichteten Managementfor-schung besprochen.

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3. Häufige Probleme internationaler Managementfor-schung

Dieses Kapitel soll einen Überblick über einige der häufigsten Fehler und Problempunkte international ausgerichteter Mana-gementstudien verschaffen. Je mehr solcher Probleme eine ein-zelne Studie aufweist, desto niedriger ist ihre Qualität einzustu-fen.

3.1 Kulturelle Voreingenommenheit

Kulturelle Voreingenommenheit (cultural bias) stellt in der Ma-nagementforschung genauso wie in vielen anderen sozial- und kulturwissenschaftlich orientierten Disziplinen ein zentrales Prob-lem dar (Peterson 1993:16, Culpan 1991:132, Wright 2004: 61). Kulturelle Voreingenommenheit liegt vor, wenn die Beein-flussung der Forschungsansätze und Methoden durch die kul-turellen Hintergründe der Forschenden nicht genügend beach-tet und eingeschränkt wird. So wird beispielsweise das amerika-nische Managementverständnis oft auch außerhalb der USA nicht als spezifisch amerikanisch, sondern implizit als „Weltstan-dard“ angesehen (Pudelko 2004:143, Peterson 1993:13, Guest 1990:390ff., Bleicher 1989:27). Dadurch werden aber diejeni-gen Fragestellungen, die in anderen Teilen der Welt größere Relevanz haben als innerhalb der USA, entweder unzureichend oder überhaupt nicht behandelt (Hasenstab 1999:118). Kultu-relle Voreingenommenheit zwischen Angehörigen unterschied-licher Völker oder Nationalkulturen wird häufig als Ethno-zentrismus bezeichnet (Cohen / Kennedy 2000:376). Kulturelle Voreingenommenheit ist aber auch zwischen intranationalen Kollektiven möglich – also zwischen Kollektiven innerhalb der-selben Nation (Hansen 2003:342). Wahrscheinlich lässt sich kul-turelle Voreingenommenheit niemals vollständig vermeiden. Dennoch sollte sie in der Wissenschaft möglichst gering gehal-ten werden. Bei allen interkulturellen Forschungsprojekten ist die Einbeziehung von Wissenschaftlern mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen eine gute Möglichkeit, dieser Proble-matik zu begegnen (Seipel / Rieker 2003:226).

3.2 Vernachlässigung von Einflussfaktoren

Ein großes Problem stellt die Tendenz vieler Wissenschaftler dar, jegliche festgestellten Unterschiede zwischen zwei Nationen nur auf den Einfluss der Nationalkultur zurückzuführen. So wird Kultur häufig als Residualgröße zur Erklärung der Ergebnisse der internationalen Managementforschung verwendet (Hasenstab 1999:116). Dadurch werden aber andere Einflussfaktoren igno-riert – so beispielsweise die politischen, rechtlichen und sozio-ökonomischen Gegebenheiten einer Gesellschaft (Dorfman

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2004:326) oder solche Faktoren wie die Größe der Unterneh-men (Peterson 1993:18), die Unternehmensbranchen und die Hierarchiestufen der Manager (Peterson 1993:19, Yukl 2006:431). Auch der Einfluss von Organisationskulturen auf die Forschungsergebnisse wird in der Managementforschung häu-fig vernachlässigt. So setzt sich bei vielen Forschern zwar immer mehr die Erkenntnis durch, dass Organisationskulturen einen erheblichen Einfluss auf die Organisationsmitglieder und damit auch auf das Management haben können (Adler 2002:67ff.) – dennoch bleibt in der internationalen Managementforschung dieser Faktor oft unberücksichtigt. So ignoriert Hofstede (1980) bis heute den Einfluss der stark ausgeprägten Unternehmens-kultur von IBM auf die Ergebnisse seiner in diesem Unterneh-men durchgeführten internationalen Studie (Hansen 2003:285, Taras / Steel 2006b:7).

3.3 Mangelnde Bedeutungsäquivalenz

Viele internationale Managementstudien „fail to take into ac-count the limitations of language in conveying equivalent mean-ing in two or more languages“ (Peterson 1993:17). Insbeson-dere wörtliche Übersetzungen wirken meist inhalts- und bedeu-tungsverzerrend (Lonner 1990:60). Manche Forscher sind sogar der Meinung, dass auch Angehörige der gleichen Nation „rarely talk truly and precisely about exactly the same ob-ject/subject, since the effective meanings are filtered through the cognitive world and cultural condition of each person“ (Gulbro / Herbig 1994:330). Diese oft feinen Bedeutungsunter-schiede – Konnotationen, Denotationen und Assoziationen (Kel-ler 1979:119, Daheim 2000:78) der verwendeten Wörter – fal-len bei gleichsprachigen Gesprächspartnern wahrscheinlich nicht so oft auf wie bei Übersetzungen in Fremdsprachen (Han-sen 2003:79). Je unterschiedlicher die Sprachen und andere Standardisierungen der Kollektive, denen zwei Gesprächspartner angehören, desto wahrscheinlicher sind Missverständnisse. Die Ursache dieses Problems ist die Tatsache, dass jedes Kollektiv jedem Bedeutungsträger (jedem Wort, jeder Geste, jedem Arte-fakt usw.) unterschiedliche Bedeutungen zuweisen kann. Mög-lich macht dies die bereits erwähnte Willkür der Kultur: es gibt zwischen den Bedeutungsträgern und den ihnen verliehenen Bedeutungen keinen zwingenden Zusammenhang. Daraus lässt sich ableiten, dass mangelnde Bedeutungsäquivalenz nicht nur für internationale Studien ein Problem darstellt, sondern für jede Studie, die sich mit Kulturen unterschiedlicher Kollektive befasst.

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3.4 Prämisse der Kohärenz von Nationalkulturen

In vielen Managementstudien wird von der Annahme ausge-gangen, dass Nationalkulturen kohärent seien – dass also die Mitglieder der gleichen Nation sich in ihren Gewohnheiten und Werten auf jeden Fall ähnlicher seien als Mitglieder unterschied-licher Nationen. Kulturen komplexer Kollektive wie der Nationen zeichnen sich aber nicht durch Kohärenz, sondern durch Diver-genz und Widersprüchlichkeit aus (Hansen 2003:184, Hansen 2003:284). Denn jede Nationalkultur setzt sich aus rivalisieren-den Kollektiven zusammen, die sich in ihren Standardisierungen des Denkens, Fühlens, Kommunizierens und Handelns unter-scheiden (Vogt 2000, Hansen 2004:5). Durch die Annahme der Kohärenz von Nationalkulturen werden die Unterschiede zwi-schen intranationalen Kollektiven nicht genügend beachtet, was zu einer erheblichen Verzerrung der Forschungsergebnisse führt. Die Prämisse der Kohärenz von Nationalkulturen ist in der internationalen Managementforschung häufig auch einer der Gründe für das nächste Problem: den hohen Verallgemeine-rungsgrad.

3.5 Hoher Verallgemeinerungsgrad

Der Verallgemeinerungsgrad von international ausgerichteten Managementstudien ist oft zu hoch (Hansen 2004:3). Dies ist insbesondere auf den Reduktionismus quantitativ ausgerichte-ter Forschungsarbeiten zurückzuführen, die die derzeitige Ma-nagementforschung dominieren (Magala 2005:127). Ein Beispiel dafür sind Kulturvergleiche auf Grundlage der bereits erwähn-ten universals – der angeblichen psychischen Konstanten der menschlichen Gattung. Da man mit solchen Konstanten eine kaum messbare Anzahl von Kontexten, Situationen und Ge-wohnheiten zu erfassen versucht, sind Reduktionismus und zu starke Verallgemeinerungen meist die Folgen (Hansen 2003:282). Verallgemeinerungen können hilfreich und er-kenntnisfördernd sein, so wie es auch zulässige Stereotypen gibt, die die Wirklichkeit nicht verfehlen (Hansen 2003:325, Gannon 2004). Zu starke Verallgemeinerung führt aber zu Ver-zerrungen innerhalb der Forschungsergebnisse. Hier bleibt an-zumerken, dass zu starke Verallgemeinerung auch als „dünne Beschreibung“ anzusehen ist. Die von Clifford Geertz geforder-te dichte Beschreibung (Geertz 1973:3ff.) wird dadurch er-reicht, dass der jeweilige Forschungsgegenstand in seinem Ge-samtkontext untersucht wird. Mit anderen Worten, man darf nicht schon vorher eine Minderheit von Details für wichtig er-klären und eine Mehrheit für unwichtig (Hansen 2003:30). Eine dichte Beschreibung wird durch qualitative und interpretative Vorgehensweisen viel eher erreicht als durch die von der kultur-

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vergleichenden Psychologie bevorzugten quantitativen Metho-den (Hansen 2003:282, Wright 2004:57). Zu diesen Methoden gehören vor allem Umfragen, die mit Hilfe der Statistik ausge-wertet werden.

3.6 Umfrage als einzige Erhebungsmethode

In vielen international ausgerichteten Managementstudien wird die Umfrage als einzige Erhebungsmethode eingesetzt (Peterson 1993:18, Heinze 2001:62). Dabei ist es grundsätzlich bedenk-lich, dass Forscher sich dabei nicht auf ihre eigene Beobachtung stützen, sondern lediglich auf vermittelte Erkenntnisse aus der Befragung Dritter (Hansen 2004:2). Die Festlegung auf eine Umfrage als einzige Erhebungsmethode wird außerdem den oft kulturwissenschaftlich geprägten Fragestellungen der internati-onalen Managementforschung nicht gerecht. Die tieferen Be-deutungszusammenhänge bleiben bei einem solchen Erhe-bungsansatz oft verborgen. Ein weiterer Problempunkt ist die Nichtbeachtung soziokulturell unterschiedlicher Reaktionswei-sen auf Umfragen (Holzmüller 1995:52, Taras / Rowney 2006:19.). So wurde beispielsweise bei nicht-englischsprachigen Umfrageteilnehmern die Tendenz festgestellt, in ihrer Mutter-sprache extremere Antworten zu geben als in englischsprachi-gen Umfragen (Taras / Rowney 2006:20).

3.7 Statistische Trugschlüsse

Auch die bei der Auswertung der Umfrageergebnisse eingesetz-ten statistischen Methoden müssen kritisch hinterfragt werden. Statistiken schließen zwar Beobachtungsirrtümer aus (Hansen 2003:255), es wird aber viel zu häufig übersehen, „daß weder die Prämissen der Statistik noch die aus ihren Ergebnissen gezo-genen Schlußfolgerungen empirisch, geschweige denn natur-wissenschaftlich zustande kommen“ (Hansen 2003:24, Heinze 2001:62ff., Shenkar 2004:168ff.). So führt beispielsweise die Berechung von Mittelwerten nicht selten dazu, dass ein völlig falscher Gesamteindruck entsteht. Solche arithmetischen Mit-telwerte lassen sich immer errechnen – egal wie weit die Daten auseinander liegen. Dabei werden individuelle Unterschiede rechnerisch so weit nivelliert, bis scheinbar Gemeinsamkeiten entdeckt werden (Hansen 2004:2, Krämer 2000:61ff., Taras / Steel 2006a:4).

Ein weiterer Kritikpunkt, der ebenfalls mit den statistischen Me-thoden zusammenhängt, ist die Annahme bzw. Suggestion von Kausalität. Dabei handelt es sich um den in der Statistik häufi-gen Trugschluss, dass bei einem Parallelverlauf von zwei Variab-len ein Kausalzusammenhang zwischen den beiden bestehen müsse (Krämer 2000:165). Grundsätzlich gilt aber, dass Kausal-zusammenhänge niemals allein durch Korrelationswerte oder

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andere Formen der statistischen Analyse begründet werden können. Es müssen immer zuerst sachlogische und theoriegelei-tete Überlegungen herangezogen werden (Christian / Ludwig-Mayerhofer 2005, Boyacigiller et al. 2004:141). Unter Statisti-kern ist diese Problematik auch als Scheinkorrelation bekannt:

„Die Scheinkorrelation richtet sich auf das Problem, dass die Zusammenhangs-maße (auch: Korrelationsmaße) lediglich einen statistischen Zusammenhang feststellen, der nicht automatisch etwas über Ursache-Wirkungs-zusammenhänge aussagt. [...] Die Schwierigkeit liegt darin, mögliche Drittvari-ablen zu erkennen. [...] In den Kultur- und Sozialwissenschaften kommt er-schwerend hinzu, dass nur selten genau ein Einflussfaktor ausgemacht werden kann, der für die Ausprägungen eines Merkmals verantwortlich ist.“ (Burzan 2005:152)

Eine häufige Folge der Scheinkorrelationsproblematik ist, dass in vielen Studien, in denen statistische Methoden eingesetzt wer-den, ein direkter Zusammenhang zwischen Kultur und individu-ellem Verhalten bzw. Handeln angenommen wird. Auf welche Weise Kultur auf Verhalten und Handeln einwirken kann wird dabei aber oft nicht näher erörtert (Boyacigiller 2003:141). In vielen statistisch angelegten Studien, die sich mit interkulturellen Themen beschäftigen, fehlen somit auch überzeugende kultur-theoretische Überlegungen.

3.8 Mangelnde theoretische Verankerung

„As many authors [...] have pointed out, international man-agement is still a field characterized by a lack of theoretical un-derstanding“ (Wright 2004:52). Mangelnde theoretische Ver-ankerung ist in der Forschung nicht nur deswegen problema-tisch, weil Theorien den Interpretationsrahmen für wissen-schaftliche Daten darstellen, sondern auch weil mit Hilfe von Theorien die Entscheidung getroffen wird, welche Aspekte ü-berhaupt untersucht und somit Gegenstand der Forschung werden sollten (Heinze 2001:38). Somit führt das Fehlen einer ausreichenden theoretischen Basis bei einer Forschungsarbeit dazu, dass zentrale Fragestellungen unberücksichtigt bleiben. Insbesondere bei der Kulturkonzeption fehlt es in der internati-onalen Managementforschung oft an einer wissenschaftlich fundierten Basis (Holzmüller 1995:68, Geier 2000:38ff.). Über die Folgen dieser Vernachlässigung schreibt Holzmüller:

„Die mangelnde theoretische Verankerung eines Forschungsprojektes im Be-reich der Kulturkonzeption führt zu einer Fülle von Problemen, die sich in wei-terer Folge auf die Qualität der Ergebnisse auswirken. Insbesondere ist im Rah-men der Veröffentlichung von Forschungsergebnissen die ungenügende Dar-legung der grundlegenden Position, die gegenüber dem Konstrukt Kultur be-zogen wurde, als deutlich qualitätsmindernd zu beurteilen. Wird die jeweilige Sichtweise nicht offengelegt und damit auch nicht begründet, warum diese Vorentscheidung getroffen wurde, wird eine zentrale Problematik der interkul-turellen Forschung aus der Argumentation ausgeblendet.“ (Holzmüller 1995:68)

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Die oft mangelnde theoretische Verankerung führt in der in-ternationalen Managementforschung dazu, dass diese thema-tisch und konzeptionell weitgehend unkoordiniert verläuft. Dementsprechend hat das bisher produzierte Wissen in diesem Forschungsbereich höchstens fragmentarischen Charakter (Ha-senstab 1999:118, Peterson 1993:16, Pieper 1993:334).

4. Ausblick

Die derzeit in der internationalen Managementforschung einge-setzten Konzepte und Methoden weisen erhebliche Schwächen auf, so dass die Forschungsergebnisse dementsprechend ver-zerrt sein können. Insbesondere die kulturtheoretische Veran-kerung innerhalb dieser Disziplin lässt vieles zu wünschen übrig. Es bleibt zu hoffen, dass die internationale Managementfor-schung sich bald der modernen Kulturtheorie aus der Ethnolo-gie oder den Cultural Studies öffnet und beispielsweise die dich-te Beschreibung von Clifford Geertz zu einer Forschungsmaxi-me erhebt. Dies würde sehr viel zur Steigerung der For-schungsqualität innerhalb dieser Disziplin beitragen.

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1 Zum Kulturbegriff siehe Kapitel 2.2.

2 Die Ursache dafür ist meist die Annahme der Kohärenz von Nationalkulturen. Siehe dazu Kapitel 3.4.

3 Staehle (1999:22) hält dagegen bereits die industrielle Revolution für die Geburtsstunde der Managementforschung.

4 Diese Aussage stammt aus dem Jahr 1980, als Peter Drucker Vorsitzender der American Management Association war (Montana / Charnov 2000:2, Schnei-der / Barsoux 2003:32). Drucker gilt bis heute als einer der einflussreichsten Managementautoren (Staehle 1999:76).

5 Siehe dazu Kapitel 3.2.

6 Handlungen setzen Problembewusstsein, Überlegungen und den Entschluss zugunsten einer Alternative voraus. Dagegen erfolgt das Verhalten automatisch – ohne Problembewusstsein, Überlegungen oder bewusstem Entschluss. Verhal-ten ist eingeübt und dadurch von mechanischen Reflexen zu unterscheiden (Hansen 2003:122ff).

7 Schon Edward B. Tylors Definition der Kultur als gesellschaftliche Gewohnhei-ten stimmt weitgehend mit der modernen Kulturdefinition überein (Tylor 1871:1).

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Abst rac t

This study developed a differentiation scheme to ascertain cul-tural effects on independent, interdependent and relational self-construal (Sedikides / Brewer 2001) as well as Self-Acceptance and Acceptance of Others (Bergemann / Johann 1985). Self-conceptions have a regulative function for motivational, affec-tive and cognitive processes in social interactions. Until now, cross-cultural research has failed to show systematically the ef-fects of cultural conditioning on fundamental self-conceptions. Therefore, a systematic analysis was conducted providing an orientation framework.

This study was conducted in Germany and classified German and international undergraduates (N=154) into the horizontal and vertical dimension of individualism and collectivism accord-ing to their answer behaviour in culture sensitive scenarios (Tri-andis / Chen / Chan 1998). As a result, interdependence is based on the extension of collectivistic values; Acceptance of Others is based on the extension of horizontal values. Accep-tance of Others and relational self-construal showed significant gender effects. Self-Acceptance was significantly lower for ver-tical collectivistic people. There were no significant cultural ef-fects for the independent and relational self-construal.

1. Einleitung

Im Zuge der Globalisierung arbeiten Menschen verschiedener kultureller Herkunft deutlich häufiger und in zunehmendem Maß miteinander sowohl im Ausland (z.B. als Expatriat; Kühl-mann 1995) als auch im Inland (z.B. in multikulturellen Teams; Weppler 2004) miteinander. Manager und Mitarbeiter, die in unterschiedlichen kulturellen Kontexten effektiv und angemes-sen agieren können, sind von zentraler Bedeutung für den Un-ternehmenserfolg (Calligiuri / Santo 2001). Konsequenterweise beschäftigt sich die Forschung daher seit über 30 Jahren inten-siv mit der Frage, wie interkulturelle Kompetenz (Bolten 2001, Bolten 2005, Cant 2004, Fantini 2006, Graf 2004), globale Kompetenzen (Calligiuri / Santo 2001), interkulturelle Intelligenz (Earley / Mosakowski 2004, Hampden-Turner / Trompenaars 2006) oder interkulturelle Kommunikationskompetenz (Chen / Starosta 1998) entwickelt und diagnostiziert werden kann. Die hier beispielhaft aufgeführten Arbeiten verdeutlichen sowohl die Vielfältigkeit der Herangehensweise an das Forschungsfeld als auch die Fragmentierung desselben. Bis zum heutigen Zeit-punkt hat sich kein empirisch bewährtes und praktisch brauch-bares Gesamtmodell interkultureller Kompetenz durchgesetzt (Fritz 2001; für einen Überblick siehe Bhawuk / Brislin 2000, Müller / Gelbrich 2001, Bergemann / Bergemann 2005) und es

Kul tu rel le Untersch iede im Selbstkonzept : E in Differenzierungsschema

Daniela Gröschke1

Dipl.-Psych., wissenschaftliche Mit-arbeiterin am Lehrstuhl Arbeitsma-nagement und Personal des Insti-tuts für Arbeitswissenschaften (IAW), Ruhr-Universität Bochum; Forschungsschwerpunkt: interkul-turelles Kompetenzmanagement

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bleibt bisher auch noch offen, ob es eine verbindliche Definition geben kann (Deardorff 2006).

Was aber trägt zur Handlungsfähigkeit in kulturell unterschied-lichen Situationen bei? Ergebnisse der neueren Kompetenzfor-schung verdeutlichen, dass Selbstorganisations- und Selbstregu-lationsdispositionen (Erpenbeck / von Rosenstiel 2003) in kom-plexen und unsicheren Situationen von Bedeutung sind. Insbe-sondere interkulturelle Situationen zeugen von Komplexität und Unsicherheit. Dem Selbstmanagement scheint somit eine be-sondere Rolle zuzukommen (Meynhardt 2002).

Der vorliegende Beitrag nähert sich der Problemstellung aus Perspektive der Selbstkonzeptforschung, da das Selbstkonzept soziale Interaktionen stimuliert und reguliert (Schütz 2003, van Knippenberg et al. 2005). Das Selbstkonzept einer Person be-zieht sich auf das Bild, welches ein Individuum von sich selbst als einzigartige Persönlichkeit (independent self), als Gruppenmit-glied (interdependent self) und als Interaktionspartner in wich-tigen persönlichen Beziehungen (relational self; Sedikides / Bre-wer 2001) hat. Gleichzeitig beeinflusst das Selbstkonzept moti-vationale, kognitive sowie affektive Prozesse (Lord et al. 1999), die kompetentes Handeln in interkulturellen Situationen ermög-lichen oder behindern können (Meynhardt 2002).

Die interkulturelle Forschung belegt eindrucksvoll, dass sich Selbstkonzepte in Abhängigkeit vom kulturellen Imperativ un-terscheiden (z.B. Markus / Kitayama 1990, Singelis / Brown 1995, Matsumoto 1996, Oyserman / Coon / Kemmelmeier 2002). Kritisch muss jedoch angeführt werden, dass in der psy-chologischen Forschung weniger interkulturelle Unterschiede als eher internationale Unterschiede gemessen wurden (Graf 2004), da die Nationalität für viele Forschungsdesigns die einzig abgrenzbare kulturelle (unabhängige) Variable darstellt(e). Prob-lematisch an diesem Vorgehen ist, dass Nationen politisch ab-gegrenzte Gebiete sind, die sich nicht aus kulturell homogenen Gruppen zusammensetzen. Intra-nationale kulturelle Unter-schiede wurden in der kulturvergleichenden (etic approach) Forschung demnach nicht berücksichtigt. Wird Kultur aber als ein System von Konzepten, Überzeugungen, Einstellungen und Wertorientierungen definiert, welches sich im Verhalten und Handeln der Menschen und in ihren geistigen und materiellen Produkten abbilden lässt (Maletzke 1996), dann sollten kulturel-le Unterscheidungskriterien auch intranational gültig sein.

Eine Kultur kann auf individueller und soziokultureller Ebene beschrieben werden (Hofstede 1997). In der Forschung wurden beide Ebenen jedoch häufig vermischt, sodass unzulässigerweise von der gesellschaftlichen Ebene auf die individuelle Ebene ge-schlossen wurde (vgl. Oyserman et al. 2002) ohne zu berück-sichtigen, dass „(e)co-logic differs from individual psychologic“

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(Hofstede 2001:17). Die Vernachlässigung individueller Unter-schiede in der interkulturellen Forschung (Doblhofer 2003) führte zum „sophisticated stereotyping“ (Osland / Bird 2000).

Ziel dieses Beitrages ist es daher erstens, kulturdimensionale Ef-fekte unabhängig von der Nationalität auf der individuellen E-bene zu erfassen und zweitens die Auswirkungen der kulturel-len Prägung auf das individuelle Selbstkonzepten zu verdeutli-chen. Es resultiert ein empirisch begründetes Differenzierungs-schema, welches zum Aufbau eines interkulturellen Orientie-rungsrahmens beitragen kann.

2. Theoretischer Rahmen

2.1 Kulturdimensionen nach Hofstede

Das wohl einflussreichste Modell auf die interkulturelle For-schung stammt von Hofstede (1980, 2001). Hofstede (1980) entwickelte auf Basis einer weltweiten, standardisierten Befra-gung bei 88.000 IBM-Mitarbeitern eine Typologie, die Nationen auf den vier bipolaren Dimensionen Machtdistanz, Individualis-mus, Maskulinität und Unsicherheitsvermeidung voneinander unterscheiden lässt. Auf jedem Kontinuum lässt sich mithilfe eines Indexwertes eine Nation abbilden. Damit verdeutlicht Hofstede (1980), dass sich kulturelle Unterschiede zwischen Na-tionen zeigen und messen lassen.

Die Kritik an der Arbeit von Hofstede ist vielfältig (z.B. Javidan et al. 2006). Der vielleicht größte Kritikpunkt bezieht sich auf die Methodik. Viele Forscher stellen in Frage, inwieweit Hofste-des Befunde generalisierbar sind, da sie sowohl methoden- als auch stichprobenabhängig (IBM-Mitarbeiter) sind (z.B. Chiang 2005). Weitere Kritik bezieht sich auf die bipolare Konzeption der Kulturdimensionen. Yeganeh und Su (2006) weisen bei-spielsweise darauf hin, dass in jeder Nation auch die kulturellen Werte des oppositionalen Eckpunktes vorhanden sind, nur der andere Punkt mathematisch dominanter ist. Replikationsstudien zu den Hofstede-Dimensionen deuten auf die Gültigkeit der Di-mensionen hin (z.B. Chiang 2005, Merkin 2006), jedoch ohne Forschungsartefakte auszuschließen.

Die Kulturdimension, die die größte Aufmerksamkeit in Replika-tionsstudien erhielt, ist die Individualismus/Kollektivismus (Ind/Col) Dimension. Triandis (1995) beschreibt diese Dimension auch als Kulturdimension mit dem wahrscheinlich größten Auf-klärungsbeitrag. Die Effekte der Ind/Col-Dimension wurden be-reits mehrfach untersucht. (z.B. für einen Überblick Oyserman et al. 2002), gleichzeitig wird die konzeptionelle und methodi-sche Herangehensweise aber scharf kritisiert (Bond 2002, Fiske 2002).

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Die Individualismus/Kollektivismus-Dimension bezeichnet den Grad der emotionalen Abhängigkeit zu Familien-, Gruppen- oder Organisationsmitgliedern sowie das Ausmaß individuellen Auto-nomiestrebens. Individualistische Kulturen (Ind) sind Gesellschaf-ten mit lockeren Bindungen zwischen Individuen, in denen freie Meinungsäußerung und Aufgabenerfüllung geschätzt werden. Konflikte werden meist offen und direkt ausgetragen. Individu-en identifizieren sich über die eigene Person, so dass sie sich nur selbst gegenüber verpflichtet fühlen und ausschließlich auf die eigenen Interessen und die ihrer engsten Verwandten achten (Hofstede 1980 und 1997). Im Gegensatz dazu ist ein Indivi-duum in kollektivistischen Gesellschaften (Col) aufgrund des Ge-burtsstandes oder späterer Ereignisse in einer sozialen Gruppe integriert, die es ein Leben lang schützt und dafür bedingungs-lose Loyalität verlangt. Somit liegt die eigene Identität im sozia-len Netzwerk begründet. Daraus resultiert, dass die Bezie-hungspflege Vorrang vor der Aufgabenerfüllung hat und kol-lektive Interessen über die individuellen Interessen gestellt wer-den. Zur Vermeidung des Gesichtsverlustes und zur Bewahrung der Harmonie werden Konflikte stets indirekt ausgetragen (Hofstede 1980, Hofstede 1997).

Folgt man der Argumentation von Triandis (1995), so ist eine Differenzierung der Ind/Col-Dimension notwendig. Er begrün-det dies damit, dass sich global betrachtet nur 28% der Menschheit in individualistischen Kulturen einordnen lassen. Rund zwei Drittel der Weltbevölkerung lebt im Cluster kollekti-vistischer Kulturen, jedoch wird das Ausmaß an individualisti-scher Orientierung durch weitere Industrialisierung und mit steigendem Reichtum zunehmen (Triandis 1995).

2.2 Horizontaler und vertikaler Individualismus/Kollek-tivismus

Mit Bezug auf kulturelle Schnittstellen und politischen Systemen erweitern Triandis und Gelfand (1998) die Ind/Col-Dimension um die Dimension der Horizontalität vs. Vertikalität. Horizontali-tät bezieht sich dabei auf das Ausmaß an Offenheit, dem Stre-ben nach Selbstverwirklichung und nach Gleichheit im sozialen Status. Sie beinhaltet eher konfuzianische Werte mit geringerer Wettbewerbsausprägung und höherer Solidarität. Vertikalität bezieht sich demgegenüber auf das Bewusstsein und die Akzep-tanz von Hierarchien und Ungleichheiten im sozialen Status (vgl. Abbildung 1). Sie zeichnet sich durch eine höhere Sensitivität gegenüber Autoritäten und der Bereitschaft der Unterordnung aus. Unter dem Blickwinkel einer erweiterten Ind/Col-Dimension lassen sich die vier Kulturdimensionen auf der soziokulturellen Ebene folgendermaßen beschreiben:

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• Horizontal individualistische (HorInd) Kulturen sind durch einen hohen Gerechtigkeitsausgleich, dem Streben nach Freiheit im politischen System und Demokratie gekenn-zeichnet (Bsp. Norwegen, Schweden).

• Horizontal kollektivistische (HorCol) Kulturen weisen eben-falls ein Streben nach hoher Gerechtigkeit auf. Die Freiheits-ausprägung ist dahingehend geringer zu betrachten, als das alles auf ein kommunales Teilen ausgerichtet ist (Bsp. israeli-sche Kibbuze).

• Vertikal individualistische (VerInd) Kulturen folgen einer au-toritären Rangfolge, das politische System ist geprägt von hoher Freiheit aber geringer Gerechtigkeit (Bsp. USA, Frank-reich).

• Vertikal kollektivistische (VerCol) Kulturen betonen sowohl kommunales Teilen als auch autoritäre Rangfolgen. Sie sind durch einen geringen Freiheitsgrad und geringe Gerechtig-keit im politischen System gekennzeichnet (Bsp. China).2

Abb. 1: Die Kulturdimensionen vertikaler und horizontaler Individualis-mus/Kollektivismus nach Triandis, Quelle: in Anlehnung an Chen, Meindl und Hunt (1997)

Diese soziokulturellen Strukturen gehen einher mit „shared standard operating procedures, unstated assumptions, tools, norms, values, habits about sampling the environment“, somit mit den Elementen einer Kultur (Triandis 2001:908) bzw. Kul-turstandards (Thomas 1991). Kulturstandards sind dynamisch und beeinflussen mehr oder weniger implizit den individuellen Sozialisationsprozess, werden also vom Individuum internalisiert, hierarchisiert und differenziert (Trommsdorff 1989). Mitglieder einer Kulturdimension lassen sich demnach auf der individuellen Ebene folgendermaßen beschreiben (Triandis 1995, Triandis 2001):

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• Horizontaler Individualismus (HorInd): Das Individuum möchte einmalig, einzigartig, unabhängig und autonom a-gieren, dabei aber nicht „herausstechen“. Dem sozialen Sta-tus Anderer wird wenig Beachtung geschenkt, da ein Ver-gleich zu anderen Personen nicht im Vordergrund steht.

• Vertikaler Individualismus (VerInd): Das Individuum strebt hier nach Unabhängigkeit, Einzigartigkeit und Autonomie. Allerdings orientiert sich das Individuum verstärkt am Wettbewerb, um im Vergleich besser als andere zu sein.

• Horizontaler Kollektivismus (HorCol): Das Individuum orien-tiert sich stark an der Gruppe und möchte sich einbringen, wobei hierarchische Unterschiede zwischen den Personen nicht relevant sind. Die individuelle Ausrichtung auf die Gruppe ist von zentraler Bedeutung, ohne sich jedoch den Normen der Gruppe unterzuordnen.

• Vertikaler Kollektivismus (VerCol): Das Individuum unter-stützt die Autoritäten der in-group, nimmt die Normen der Gruppe an und ist bereit, sich für seine in-group zu opfern. Hierarchische Unterschiede und Statusunterschiede werden erwartet und akzeptiert.

Empirisch konnte gezeigt werden, dass sich Nationen hinsicht-lich ihrer Verteilung dieser kulturellen Werte Unterscheiden (Chen / Meindl / Hunt 1997, Chiou 2001, Soh / Leong 2002). Beispielsweise fanden Gouveia et al. (2003) Spanier stärker hori-zontal kollektivistisch als vertikal individualistisch. Triandis (1995) weist in Auswertung von Interviews darauf hin, dass Chinesen stärker horizontal als vertikal kollektivistische Werte, in geringe-rem Ausmaß auch vertikal und horizontal individualistische Werte vertreten. Spieß und Brüch (2002) zeigen für Deutsch-land hohe horizontal individualistische und kollektivistische so-wie in geringerem Ausmaße vertikal individualistische und kol-lektivistische Ausprägungen. Vor diesem Hintergrund sollte stets von Verteilungswahrscheinlichkeiten kultureller Prägungen in Nationen ausgegangen werden, wodurch nationale Stereoty-pisierungen vermindert werden können.

Die vorliegende Untersuchung wurde an einer sächsischen Uni-versität in Deutschland durchgeführt. Deutschland wird in der Metaanalyse von Oyserman et al. (2002) als individualistisch wie Nord-Amerika und Australien beschrieben. Der Index Machtdis-tanz von Hofstede (1980) gibt für Deutschland einen eher nach Gleichheit strebenden Mittelwert an. In Anlehnung an die Er-gebnisse der oben genannten Studie von Spieß und Brüch (2002) wird Hypothese 1 abgeleitet:

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Hypothese 1:

Individuen deutscher Nationalität identifizieren sich stärker mit horizontal individualistischen Werten, gefolgt von horizontal kollektivistischen und in niedrigerem Ausmaß mit vertikal indivi-dualistischen Werten. Vertikal kollektivistische Werte besitzen für Deutsche nur geringste Bedeutung.3

Da das Ziel des vorliegenden Beitrages darin liegt, kulturelle Ef-fekte der horizontalen und vertikalen Individualismus/Kol-lektivismus-Dimensionen auf fundamentale Selbstkonzepte zu verdeutlichen, wurde vor dem Hintergrund des vermuteten Deutschland-Profils die Untersuchung auf Teilnehmer unter-schiedlicher Nationalitäten ausgedehnt, um die Wahrscheinlich-keit zu erhöhen, alle vier Kulturdimensionen abzubilden.

2.3 Independentes, interdependentes und relationales Selbstkonzept

Der kulturelle Sozialisationsprozess beeinflusst die Entwicklung des individuellen Selbstkonzeptes. Insbesondere für die Ind/Col-Dimension wurde mehrfach verdeutlicht, dass das Selbst in asia-tischen Kulturen anders zu verstehen ist als in westlichen Kultu-ren (Markus / Kitayama 1991). Menschen im asiatischen (kollek-tivistischen) Raum definieren sich durchschnittlich stärker inter-dependenter während Menschen aus westlichen (individualisti-schen) Gesellschaften sich stärker über die independente Aus-prägung ihres Selbst definieren.

Das independente Selbstkonzept basiert auf der Einschätzung eigener Fähigkeiten, Gedanken und Gefühle (Markus / Kitayama 1991). Diese Beschreibung des Selbst beinhaltet das Verständnis eines autonomen, unabhängigen Menschen. Je höher ein inde-pendentes Selbstkonzept ausgeprägt ist, desto stärker bringt das Individuum seine Einzigartigkeit zum Ausdruck, verwirklicht persönliche Ziele und kommuniziert direkt. Das independente Selbstkonzept stützt sich somit auf interpersonelle Vergleichs-prozesse und dem Bedürfnis, die eigene Person psychologisch zu schützen (Brewer / Gardner 2001).

Das interdependente Selbstkonzept beruht auf der fundamen-talen Verbundenheit mit anderen Menschen bzw. der Zugehö-rigkeit zu einer sozialen Gruppe (Markus / Kitayama 1991). Da-bei wird zwischen den Mitgliedern der Gruppe, zu der man ge-hört (in-group), und den Mitgliedern einer anderen Gruppe (out-group) differenziert. Das interdependente Selbst fußt so-mit auf Vergleichprozesse innerhalb einer Gruppe und ist mit dem Motiv verbunden, die in-group zu schützen bzw. deren Status zu erhöhen (Brewer / Gardner 1996). Interdependenz drückt sich daher stärker über externale Merkmale wie Status,

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Rollen und Beziehungen aus, die erwünschte und sozial akzep-tierte Verhaltensweisen zur Gesichtswahrung unterstützen.

Während die Arbeit von Markus und Kitayama (1991) auf eine bipolare Unterscheidung von independentem und interdepen-dentem Selbstkonzept verweist, wird in neueren Forschungsar-beiten die Koexistenz beider Selbstkonzepte in einem Indivi-duum belegt (Singelis 1994, Triandis 1995, Hannover 1997, Singelis et al. 1999, Lee / Aaker / Gardner 2000). Kulturell be-dingte Unterschiede ergeben sich durch die Leichtigkeit, mit der auf diese selbstbezogenen Konstrukte zugegriffen werden kann (Higgins / Roles / Jones 1977; zitiert nach Pöhlmann 2000). Das Ausmaß, in dem das independente oder interdependente Selbstkonzept dominiert, variiert nicht nur intrakulturell son-dern auch intrapersonal in Abhängigkeit davon, welche Sicht-weise auf das Selbst gerade aktiviert ist (Lee / Aaker / Gardner 2000). Es ist somit nicht davon auszugehen, dass Personen aus einer asiatischen Kultur per se ein stärker interdependentes Selbstkonzept aufweist. Diese Annahme sollte daher immer auf individueller Ebene geprüft werden. Die individuelle Überprü-fung erfolgt in der vorliegenden Untersuchung konform zum bisherigen interkulturellen Forschungsstand über die Hypothe-sen zwei und drei:

Hypothese 2:

Für (horizontal und vertikal) individualistisch sozialisierte Indivi-duen besitzen Aussagen zum independenten Selbstkonzept hö-here Relevanz als für kollektivistisch sozialisierte.

Hypothese 3:

Für (horizontal und vertikal) kollektivistisch sozialisierte Individu-en besitzen Aussagen zum interdependenten Selbstkonzept höhere Relevanz als für individualistisch sozialisierte.

Nach Sedikides und Brewer (2001) definieren sich Personen nicht nur über ihre einmaligen Fähigkeiten (independentes Selbstkonzept) und ihre Gruppenzugehörigkeit (ihrer sozialen Identität; interdependentes Selbstkonzept) sondern auch über ihre dyadischen Beziehungen (relationales Selbstkonzept). Das relationale Selbstkonzept entsteht durch die Assimilierung mit wichtigen anderen Personen wie z.B. Eltern und Partner. Es be-ruht auf dem Prozess der reflektierten Bewertung, um wichtige Beziehungen zu schützen und zu verbessern. „Within any cul-ture, individuals can place some importance on individual uniqueness, interpersonal relationships, and group member-ships, (…), and place value of self, specific others and groups as a whole“ (Brewer / Chen 2007:141). Allerdings scheint es, dass sich ein Geschlechtereffekt auf dieser Facette abzeichnet. Frau-en unterscheiden sich auf der relationalen Dimension von Män-nern, indem sie sich im stärkeren Ausmaß emotional an andere

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Menschen gebunden fühlen (Hazan / Shaver 1994, Brewer / Gardner 1996). Neuere interkulturelle Forschungsergebnisse verdeutlichen, dass interkulturelle Unterschiede demnach das independente und interdependente Selbstkonzept betreffen, intrakulturelle (Geschlechts-) Unterschiede sich auf der relationa-len Ebene wiederfinden (Kashima et al. 1995).

Hypothese 4:

Die Identifikation mit wichtigen Beziehungspersonen (relational self) ist unabhängig vom kulturellen Hintergrund für Frauen wichtiger als für Männer.

Die vorgenannten fundamentalen Selbst-Repräsentationen wer-den in der Literatur hauptsächlich in Bezug auf die Ind/Col-Kulturdimension diskutiert. Die Auswirkungen der Dimension Horizontalität/Vertikalität auf fundamentale Selbstrepräsentati-onen oder auf andere Aspekte des Selbstkonzeptes wurde bis-her noch nicht systematisch erfasst. Valide Messinstrumente liegen für die Abbildung dieser Dimension auf Selbstkonzepte daher nicht vor.

2.4 Selbstakzeptanz und Akzeptanz Anderer

Vertikalität, d.h. das Bewusstsein und die Akzeptanz von Hie-rarchien sowie Ungleichheiten im sozialen Status, wird in der Organisationsforschung über das Verhalten bei Gruppenarbei-ten (social loafing, free riding) und Horizontalität (Streben nach Gleichheit und Gerechtigkeit) über Kooperationsverhalten von Individuen untersucht (vgl. Chen at al. 1997). Doch welche Auswirkungen hat diese Dimension auf das Selbstkonzept? Das Streben nach Gleichheit und Gerechtigkeit (Horizontalität) setzt voraus, andere Personen auch mit ihren Werten und Verhal-tensweisen zu akzeptieren. Selbstkonzepte vertikaler Kulturen müssten demgegenüber sich darauf stützen, den Status der eigenen Person (Individualismus) oder der eigenen Gruppe (Kol-lektivismus) im Vergleich zu Anderen/anderen Gruppen zu schützen. Daher werden für die vorliegende Arbeit die Konzep-te „Selbstakzeptanz“ und „Akzeptanz Anderer“ eingeführt.

Selbstakzeptanz wird als die Verlässlichkeit eigener Werte und Normen, das Vertrauen in eigene Fähigkeiten der Lebensbewäl-tigung, das Akzeptieren von Gefühlen, Motiven und Einschrän-kungen definiert. Unter Selbstakzeptanz wird auch das Ausmaß der Anerkennung der eigenen Person als ebenso wertvoll wie andere Personen verstanden. Akzeptanz Anderer bedeutet, an-dere Personen, ihre Werte und Verhaltensweisen, die im Gegen-satz zum eigenen Verhalten stehen, nicht abzulehnen und zu verurteilen. Es geht auch darum, die Rechte anderer der eige-nen Vorteile wegen nicht zu verletzen (Bergemann / Johann 1985). Diese beiden Fähigkeiten sollten im interkulturellen Kon-

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text eine besondere Rolle spielen, da sowohl Selbstreflexion als auch Akzeptanz und Toleranz wichtige Fähigkeiten im Umgang mit kulturell verschieden geprägten Personen sind und zum Bei-spiel zur Entwicklung interkultureller Sensibilität beitragen kön-nen (Bennett 1986).

Individualistische Kulturen fördern und unterstützen positive Selbsteinstellungen (Heine et al. 1999). Realo et al. (2002) be-richten einen positiven Zusammenhang zwischen Individualis-mus und den Werten Autonomie, Selbstverantwortlichkeit und Einzigartigkeit, wobei sich der Zusammenhang für die horizon-talen Individualisten stärker zeigte als für die vertikalen Individu-alisten. Hypothese fünf lässt sich daher theoretisch ableiten:

Hypothese 5:

Selbstakzeptanz ist bei vertikal kollektivistischen Individuen am niedrigsten ausgeprägt.

In der traditionellen Sichtweise führt Selbstakzeptanz zur Ak-zeptanz Anderer (Crocker / Schwartz 1985). Jedoch weisen Schütz, Renner und Sellin (2007) darauf hin, dass Akzeptanz Anderer eher ein Konstrukt ist, welches nicht mit Selbstwert-schätzung, sondern eher auf einer Einverstandenheits-Dimension („agreeableness“) korreliert. Selbstakzeptanz und die Akzeptanz Anderer sollten eher zwei voneinander unabhängige Konstrukte sein. In Anlehnung an die Theorie der komplexen sozialen Identität (Roccas / Brewer 2002) kann davon ausge-gangen werden, dass die Zugehörigkeit zu einer in-group zur Abwertung der Mitglieder einer out-group führt. Dies könnte in eine niedrigere Akzeptanz Anderer münden. Fraglich bei der Beantwortung der Skala Akzeptanz Anderer bleibt nur, ob die Items auf die in-group oder die out-group bezogen werden. Vertikale Personen definieren sich stärker über Status, Macht-unterschiede und der Abgrenzung der eigenen Person (Ind) oder der Gruppe (Col) gegenüber anderen. Umgekehrt besitzen für horizontale Personen Gerechtigkeit und Gleichheit einen hohen Stellenwert. In der notwendigen Auseinandersetzung mit anderen Personen werden sie daher Andere in höherem Ausmaß akzeptieren als vertikale Personen.

Hypothese 6:

Individuen mit horizontaler kultureller Prägung akzeptieren An-dere in höherem Ausmaß als Individuen aus vertikalen Kulturen.

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3. Methodisches Vorgehen

3.1 Untersuchungsdesign

Grundlage des hier vorgestellten Differenzierungsschemas bildet die individuelle Einteilung auf der Dimension Individualis-mus/Kollektivismus als auch deren Erweiterung um die Dimensi-on Horizontalität/Vertikalität. Eine Einteilung in die vier Kultur-dimensionen erfolgt in Abhängigkeit des Antwortverhaltens der Befragten unabhängig von ihrer Nationalität. Damit leistet die Untersuchung ausgehend von einer bestimmten kulturellen Prägung kulturelle bedingte Unterschiede in den Ausprägungen der Selbstkonzepte darzustellen.

3.2 Stichprobe

Zur Erhöhung der Wahrscheinlichkeit, alle vier Kulturdimensio-nen erfassen zu können, werden sowohl deutsche als auch in-ternationale Studierende hinsichtlich ihrer kulturellen Werte als auch ihrer Selbstkonzeption befragt. An der Befragung nah-men insgesamt 171 Studierende einer sächsischen Universität teil. Die 135 deutschen Studenten (105 Frauen und 30 Männer) studierten im Haupt- oder Nebenfach Diplom-Psychologie. 107 Studenten (87 Frauen, 20 Männer) sind in den neuen Bundes-ländern und 25 Studenten (15 Frauen, zehn Männer) in den alten Bundesländern geboren und aufgewachsen. Das Durch-schnittsalter der deutschen Studenten, zumeist im zweiten Se-mester, betrug 22,4 Jahre. Die 36 internationalen Studenten (24 weiblich und 12 männlich) kamen aus China (acht Frauen, sieben Männer), Bulgarien (sieben Frauen, drei Männer), Tsche-chien (drei Frauen, ein Mann), Finnland (zwei Frauen, ein Mann), Italien (zwei Frauen), Frankreich (eine Frau), Slowenien (eine Frau) und Russland (eine Frau). Im Durchschnitt waren die in-ternationalen Studenten 24,5 Jahre alt, studierten im vierten Semester und waren mit Ausnahme der Slowenin nicht im Stu-dienfach Psychologie immatrikuliert. Sie erhielten für ihre freiwil-lige Teilnahme eine Süßigkeit, außerdem wurden drei Kinogut-scheine verlost. Sieben chinesische und fünf deutsche Studen-ten mussten aus der Untersuchung ausgeschlossen werden, da sie den Fragebogen nicht vollständig bearbeitet hatten, so dass eine Zuordnung zu einer kulturellen Gruppe aufgrund der feh-lenden Informationen nicht möglich gewesen war. Insgesamt wurden die Daten von 154 Studenten in die Auswertung einbe-zogen.

Die Rekrutierung der internationalen Studenten erfolgte über das Patenprogramm der sächsischen Universität. Sie erhielten per Email eine Einladung zu der Befragung. Um Missverständ-

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nissen und Sprachproblemen begegnen zu können, stand die Autorin während der Befragung jederzeit für Rückfragen zur Verfügung. Eine Ausnahme bildeten die Chinesen. Ihr Koordina-tor bzw. Betreuer kam allein zu der Befragung. Er ging gemein-sam mit der Autorin den Fragebogen durch, um Übersetzungs- und Verständnisprobleme auszuräumen und übernahm dann die Verteilung der Fragebögen an Studierende chinesischer Na-tionalität.

Die ungleich verteilte Stichprobe hinsichtlich des Merkmals Nati-onalität ist unbedenklich, da die Nationalität kein vergleichendes Merkmal in der Untersuchung darstellt. Die ungleichmäßige Verteilung des Geschlechts ist darauf zurückzuführen, dass der Männeranteil im Psychologie-Studiengang nur um 20% liegt. Zur Absicherung der Daten wurde daher bei auftretenden Ge-schlechtsunterschieden zusätzlich ein Varianzhomogenitätstest gerechnet, so dass die Geschlechtsunterschiede nicht auf Aus-reißer in der männlichen Stichprobe zurückführbar sind.

3.3 Erhebungsinstrumente

Erfassung der Kulturdimensionen. Triandis, Chen und Chan (1998) entwickelten 16 Szenarien, die soziale, politische, öko-nomische, philosophische und ästhetische Erfahrungsbereichen von Studenten darstellen. Einem hypothetischen kurzen Szena-rio folgen vier Antwortalternativen, die als prototypisch für eine der HorInd, HorCol, VerInd und VerCol-Kulturdimension gilt. Die Antwort erfolgt in Form eines Rankings, wonach der besten Alternative Rang eins und der zweitbesten Alternative Rang zwei gegeben werden wird. Die beiden anderen Alternativen werden nicht weiter bewertet. Da diese Szenarien nur in engli-scher Sprache vorlagen, wurden sie ins Deutsche übersetzt und auf Vollständigkeit und Sinnhaftigkeit geprüft.

Szenarien im forced choice Format gelten als kultursensitives Messinstrument, da sie keine Referenzgruppe bei der Beurtei-lung von Items erfordern, soziale Vergleiche minimieren, so dass Selbstdarstellungstendenzen und Antwort-Biases reduziert werden (Heine et al. 2002). Weiter bieten sie den Vorteil, auf-grund der Entscheidungssituation alltagsnahes Antwortverhal-ten abzubilden. Dadurch wird eine genauere Differenzierung ermöglicht und die externe Validität erhöht (Baron 1996).

Forced choice Formate generieren ipsative Daten. Ipsative Da-ten repräsentieren die relative Ausprägung eines Konstruktes (bspw. horizontaler Individualismus) im Vergleich zu den ande-ren erfragten Konstrukten (vertikaler Individualismus, horizonta-ler und vertikaler Kollektivismus). Bei ipsativen Messungen korre-lieren die Konstrukte negativ miteinander, da aufgrund der Zu-stimmung des einen Items automatisch das andere Item negiert wird. In der vorliegenden Untersuchung korrelieren alle Dimen-

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sionen negativ miteinander (r=-.09 bis r=-.65; p=.00 bis p=.59). Es kann daher von trennscharfen Items ausgegangen werden.

Zur Prüfung der Inhaltsvalidität der Gruppenzuordnung sollten die Befragten angeben, woraus sie ihre Selbstwertschätzung beziehen. Crocker und Wolfe (2001) identifizierten sieben kul-turübergreifende Quellen der Selbstwertschätzung, die sich auf die familiäre Unterstützung, Wettbewerb, Aussehen, religiöse Orientierung, Erfolg haben, Wertorientierung (Tugend, Morali-tät) und Anerkennung von Anderen beziehen. Die Befragten sollten diese Contingencies of self-worth in eine Rangreihe von eins (am wichtigsten) bis sieben (am unwichtigsten) bringen.

Zur Erfassung der fundamentalen Selbstkonzepte musste auf Rating-Skalen zurückgegriffen werden, auch wenn der Einsatz von Rating-Skalen in der interkulturellen Forschung stark kriti-siert wird (Ji / Schwarz / Nisbett 2000, Schimmack et al. 2000), da nach Kenntnisstand der Autorin keine anderen Arten von validierten Erfassungsinstrumente zum Selbstkonzept vorliegen.

Erfassung des independenten und interdependenten Selbstkon-zeptes. Singelis (1994) konstruierte die Self-Construal-Scale (SCS) zur Unterscheidung von Personen mit independenten und in-terdependenten Selbstkonzepten. Die Skala besteht aus zwei Subskalen mit je 12 Items zur Erfassung des independenten Selbst und des interdependenten Selbst. In kulturvergleichen-den Studien validiert Singelis (1994) die Skala mit dem Ergebnis, dass Personen individualistischer Kulturen auf der independen-ten Subskala höhere Scores und Vertreter kollektivistischer Kul-turen höhere Scores auf der interdependenten Subskala aufwei-sen. Eine Übersetzung der Skala ins Deutsche liegt von Kühnen (1999; zitiert in Pöhlmann 2000) vor. In der vorliegenden Stu-die lag für die SCS-Skala Cronbachs-Alpha bei = .66, für die independente Subskala (Beispielitem: „Ich sage lieber offen ‚Nein’, als zu riskieren, missverstanden zu werden.“) bei = .61 und die interdependente Subskala (Beispielitem: „Meine Zufrie-denheit ist abhängig von der Zufriedenheit der Personen um mich herum.“) bei = .74.

Erfassung des relationalen Selbstkonzeptes. Cross, Bacon und Morris (2000) entwickelten die Relational-Interdependent Self-Construal Scale (RISC). Das relationale und interdependente Selbstkonzept bilden ihrer Auffassung nach zwei kontinuierli-che, anstelle einer bipolaren Dimension. Die elf Items der RISC erfassen die Bedeutung und die individuelle Identifikation mit engen Beziehungen und Freundschaften (Beispielitem: „Wenn ich jemandem sehr nahe stehe, habe ich oft das Gefühl, dass diese Person ein Teil von mir ist.“). Da die RISC-Skala bisher noch nicht im deutschen Sprachraum zur Verfügung stand, wurde sie vom Englischen ins Deutsche übersetzt und auf inhaltliche Genauigkeit und Sinnhaftigkeit geprüft. Für die RISC-Skala be-

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trug Cronbachs-Alpha = .84 in der vorliegenden Untersu-chung.

Erfassung der Selbstakzeptanz und Akzeptanz Anderer. Der in den USA entwickelte Fragebogen zur Erfassung der Selbstak-zeptanz und der Akzeptanz Anderer von Berger (1952) wurde von Bergemann und Johann (1985) für den deutschsprachigen Raum übersetzt und validiert. Die Skala besteht insgesamt aus 24 Items, wobei 14 Items die Selbstakzeptanz (Bsp. „Ich fürch-te mich nicht davor, neue Leute zu treffen.“) und zehn Items die Akzeptanz Anderer (Bsp.: „Ich versuche, auf die eine oder andere Art zu erreichen, dass die Leute das tun, was ich möch-te.“(-)) erfassen. In der vorliegenden Untersuchung betrug Cronbachs-Alpha = .85 für die Skala Selbstakzeptanz und = .77 für die Skala Akzeptanz Anderer.

4. Ergebnisse

4.1 Einteilung der Stichprobe in Kulturdimensionen

Nach Auswertung der Szenarien kann festgehalten werden, dass sich Studierende der Psychologie und deutscher Nationali-tät zu 86 Prozent für die horizontal individualistische, elf Pro-zent für die horizontal kollektivistische und drei Prozent für die vertikal individualistische Kulturdimension entscheiden. Keiner der befragten deutschen Studenten findet sich in der vertikal kollektivistischen Gruppe wieder. Dies bestätigt Hypothese 1. 59% der internationalen Studierenden entschieden sich für die HorInd-Situationen, 17% für HorCol, 10% für VerInd und 14% für VerCol. Für eine gleichmäßigere Gruppenaufteilung wurde die Gruppenzuordnung durch z-Transformation standardisiert. Alle weiteren Ergebnisse werden aufgrund dieser Zuteilung in-terpretiert. Es handelt sich also nachfolgend weniger um reale Unterschiede, als um Unterschiede innerhalb dieser Stichprobe. Die Unabhängigkeit von der Nationalität bleibt aber gewährleis-tet. Nach der Standardisierung sind 40 Studierende (32 Frauen, acht Männer) in der HorInd-, 38 (30 Frauen, acht Männer) in der HorCol-, 44 (31 Frauen, 13 Männer) in der VerInd- und 32 (23 Frauen, neun Männer) in der VerCol-Gruppe. Es gibt keinen Geschlechtseffekt (F(3,150) = .49, p = .49) über die Gruppen (vgl. Abbildung 2).

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Geschlecht

Kulturdimension Anzahl weiblich männlich

Horizontaler Individualismus 40 32 8

Horizontaler Kollektivismus 38 30 8

Vertikaler Individualismus 44 31 13

Vertikaler Kollektivismus 32 23 9

154 116 38

Abb. 2: Gruppenzuordnungen aufgrund standardisierter Werte

Zur Prüfung der Inhaltsvalidität der Gruppenzuordnung sollten die sieben Faktoren der Contingencies of Self-Worth Scale (Cro-cker / Wolfe 2001) in eine Rangfolge gebracht werden. Die Auswertung erfolgte mithilfe von Kreuztabellen (siehe Abbil-dung 3). Wie deutlich wird, kann die Zuordnung der Gruppen als inhaltlich valide angesehen werden.

Rang HorInd HorCol VerInd VerCol

1 Familie Familie Familie & Erfolg

Familie & Erfolg

2 Akzeptanz Akzeptanz – Akzeptanz

3 Erfolg Erfolg Akzeptanz Ethik

4 Ethik – Wettbewerb –

5 Aussehen Aussehen Aussehen –

6 Wettbewerb Wettbewerb & Ethik

Ethik Aussehen

7 Gott Gott Gott Gott & Wettbewerb

Abb. 3: Rangordnung der Selbstwertquellen über die vier Kulturdimensionen; Anmerkung: HorInd = Horizontaler Individualismus, HorCol = Hori-zontaler Kollektivismus, VerInd = Vertikaler Individualismus, VerCol = Vertikaler Kollektivismus

4.2 Kulturelle Effekte auf fundamentale Selbstrepräsen-tationen

Zur Überprüfung der Effekte der vier Kulturdimensionen auf die Ausprägungen fundamentaler Selbstrepräsenationen wurde eine univariate Varianzanalyse (ANOVA; Signifikanzniveau 5%) gerechnet. Signifikante Unterschiede über die vier Kulturdimen-sionen hinweg zeichnen sich hinsichtlich der Selbstdefinition in den Bereichen der interdependenten Selbstkonstruktion (F(3,148)=7.23, p=.00, Eta2=.13), der Selbstakzeptanz

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(F(3,149)=3.37, p=.02, Eta2= .06) und Akzeptanz Anderer (F(3,147)=9.87, p=.00, Eta2= .17) ab. Auf der independenten Selbstkonzept-Skala (F(3,144)=1.82, p=.14, Eta2=.09) und der RISC (F(3,149)=1.13, p=.34, Eta2= .02) treten keine signifikan-ten interkulturellen Unterschiede auf.

Zur Verdeutlichung der Unterschiede zwischen den vier Kultur-dimensionen wurde jeweils ein Post-Hoc-Tukey Test gerechnet. Abbildung 4 verdeutlicht, welche kulturelle Gruppe sich signifi-kant von den anderen Gruppen hinsichtlich einer Selbstkon-zeptausprägung unterscheidet. Es wird deutlich, dass eine diffe-renzierte Betrachtung der Ind/Col-Dimension eine größere Auf-klärungsleistung bringt.

HorInd VerInd HorCol VerCol

SCS – independent 4,94 5,09 4,76 4,85

SCS – interdependent 3,97a 4,08a,b 4,58c 4,47b,c

RISC 5,04 5,02 5,33 5,04

Selbstakzeptanz 4,88b 4,94b 4,80a,b 4,29a

Akzeptanz Anderer 4,92b,c 4,10a 5,14c 4,50a,b

Abb. 4: Inter-Gruppen-Vergleich auf den Selbstkonstruktions-Skalen; Anmerkung 1: Grundlage war jeweils eine 7stufige Ranking Skala, wobei 1 gar keine Zustimmung und 7 volle Zustimmung bedeutet. Mittelwerte in einer Reihe, die nicht denselben Buchstaben teilen, un-terscheiden sich signifikant auf dem 5%-Niveau; Anmerkung 2: HorInd = Horizontaler Individualismus, VerInd = Verti-kaler Individualismus, HorCol = Horizontaler Kollektivismus, VerCol = Vertikaler Kollektivismus, SCS = Self-Construal Scale,, RISC = Relational-Interdependent Self-Construal Scale

Zur Absicherung bisheriger Erkenntnisse und zur Verdeutli-chung der Beziehung untereinander wurden zusätzlich je die Dimensionen Individualismus (HorInd, VerInd) / Kollektivismus (HorCol, VerCol) und Horizontalität (HorInd, Hor-Col)/Vertikalität (VerInd, VerCol) zusammengefasst. Die Ergeb-nisse werden bei entsprechenden Hypothesenprüfungen be-richtet.

4.2.1 Kulturelle Effekte auf das independente, interde-pendente und relationale Selbstkonzept

In Bezug auf das independente Selbstkonzept ergeben sich we-der zwischen den vier Kulturdimensionen (vgl. Abbildung 3) auf der Ind/Col-Dimension (F(1,127)=2.21, p=.14) noch auf der Hor/Ver-Dimension (F(1,127)=1.30; p=.26) statistisch bedeut-same Unterschiede. Die kulturelle Zugehörigkeit hat also keinen Einfluss auf die Ausprägung des independenten Selbstkonzep-

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tes. Hypothese 2 muss für die untersuchte Stichprobe abge-lehnt werden.

Signifikante Unterschiede treten bei Ausprägungen des interde-pendenten Selbstkonzeptes auf. Das interdependente Selbst-konzept ist bei Individuen mit kollektivistischer Prägung (M=4.50, SD=.65) signifikant höher ausgeprägt als bei individua-listisch geprägten (M=4.01, SD=.73; F(1,127)=15.34; p=.00; Eta2=.10). Hypothese 3 wird bestätigt. Jedoch zeigt der Post Hoc Tukey Test, dass sich die vertikalen Individualisten (M=4.08, SD=.72) nicht signifikant von den vertikalen Kollektivisten (M= 4.47,SD=.67; p=.07) unterscheiden. Am niedrigsten ist das in-terdependente Selbstkonzept bei horizontal individualistischen Personen (M=3.97, SD=.68) ausgeprägt. Damit unterscheiden sie sich signifikant von horizontal (M=4.58, SD=.63; p=.00) und vertikal kollektivistisch geprägten Personen (p=.01). Eine bipola-re Einteilung in Individualisten und Kollektivisten ist somit nicht zur Erklärung kultureller Unterschiede ausreichend.

Für das relationale Selbstkonzept können keine signifikanten kulturellen Unterschiede auf der Dimension Individualismus-Kollektivismus (F(1,127)=.63; p=.43), auf der Dimension Hori-zontalität-Vertikalität (F(1,127)=1.54; p=.21) oder auf der vier-dimensionalen Ebene (F(3,149)=1.13; p=.34) aufgezeigt wer-den. Der erwartete Geschlechtsunterschied lässt sich jedoch abbilden (F(1,148)=4.71; p=.03). Das relationale Selbstkonzept der Frauen (M=5.20, SD=.74) ist signifikant höher ausgeprägt als das der Männer (M=4.84, SD=1.09) (vgl. Abbildung 5). Hypothese 4 wird daher bestätigt. Die Männer allerdings, die der horizontal kollektivistischen Gruppe angehören, erreichen insgesamt den höchsten Mittelwert (M=5.56, SD=.74). Dieser Effekt ist im Vergleich zu den Männern der anderen Kulturdi-mensionen (HorInd: M=4.47, SD =1.33; VerInd: M=4.87, SD=1.11 und VerCol: M=4.48, SD=.88) nicht signifikant (F(3,34)=1.93; p=.14), jedoch weist die Effektgröße von Eta2

=.15 auf einen mittleren Effekt hin. Der Levene-Test ergibt kei-nen signifikanten Unterschied (p=.09) hinsichtlich der Varianz-homogenität der Geschlechter.

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Abb. 5: Kulturelle Unterschiede in der Ausprägung des relationalen Selbstkon-zepts

4.2.2 Kulturelle Effekte auf Selbstakzeptanz und Akzep-tanz Anderer

Kulturelle Unterschiede lassen sich in Bezug auf Selbstakzeptanz abbilden. Vertikal kollektivistisch geprägte Personen akzeptieren sich selbst in geringerem Ausmaß (M=4.29, SD=1.07) als hori-zontal individualistische Personen (M=4.88, SD=.79; p=.04) und vertikal individualistische Personen (M=4.94, SD=.84; p=.02). Hypothese 5 kann bestätigt werden. Auf der Ind/Col-Dimension wird der Unterschied zwischen Individualisten (M=4.91, SD=.84) und Kollektivisten (M=4.60, SD=1.13) signifikant (F(1,127) =3.78, p=.05). Dieser Effekt ist auf die niedrige Ausprägung der vertikal kollektivistischen Gruppe zurückzuführen, nicht aber auf die horizontal kollektivistische. Somit wird auch hier die Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung der Ind/Col-Dimension deutlich.

Die Hor/Ver-Dimension hat Effekte auf die Ausprägung der Ska-la Akzeptanz Anderer (F(1,127)=22.81; p=.00; Eta2=.15). Hori-zontal geprägte Personen erreichen hier deutlich höhere Werte (M=5.09, SD=.88) als vertikal geprägte Personen (M=4.29, SD=1.00). Hypothese 6 wird bestätigt. Der Post-Hoc Tukey Test verdeutlicht, dass horizontal kollektivistisch geprägte Personen (M=5.14, SD=.71) das höchste Maß an Akzeptanz Anderer aufweisen und sich damit signifikant von vertikal kollektivisti-schen (M=4.50, SD=1.02; p=.03) und vertikal individualistischen Personen (M=4.10, SD=.95; p=.00) unterscheiden. Akzeptanz Anderer ist ebenfalls bei horizontal individualistischen Personen hoch ausgeprägt (M=4.92, SD=1.01), so dass der Effekt zu ver-

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tikal individualistischen Personen signifikant (p=.00) ist. Außer-dem tritt ein signifikanter Geschlechtereffekt auf der Skala Ak-zeptanz Anderer auf (F(1,146)=6.46; p=.01). Frauen (M=4.79, SD=.99) erreichen deutlich höhere Werte auf der Skala Akzep-tanz Anderer als Männer (M=4.19, SD=1.05). Eine Ausnahme bilden die horizontal kollektivistisch geprägten Männer (M=5.31, SD=.07), die Andere in signifikant höherem Maße als vertikal individualistische Männer (M=3.76, SD=1.02; p=.00) akzeptieren (vgl. Abbildung 6). Der Levene-Test ergibt keinen signifikanten Unterschied (p=.50) bzgl. der Varianzhomogenität der Geschlechter.

Kulturdimension

VerColHorColVerIndHorInd

MW

A

kzepta

nz A

ndere

r7,0

6,0

5,0

4,0

3,0

2,0

1,0

0,0

Geschlecht

weiblich

männlich

4,2

5,3

3,8

4,1

4,6

5,1

4,3

5,1

Kulturdimension

VerColHorColVerIndHorInd

MW

A

kzepta

nz A

ndere

r7,0

6,0

5,0

4,0

3,0

2,0

1,0

0,0

Geschlecht

weiblich

männlich

4,2

5,3

3,8

4,1

4,6

5,1

4,3

5,1

Abb. 6: Kulturelle Unterschiede in der Ausprägung der Akzeptanz Anderer

5. Diskussion

Es wurden kulturelle Effekte auf die Ausprägungen fundamen-taler Selbstrepräsentationen untersucht. Zu Beginn des Artikels wurde kritisch festgehalten, dass interkulturelle Untersuchun-gen meist Nationen gegeneinander testen. Kulturdimensionen spiegeln jedoch nur Verteilungswahrscheinlichkeiten einer Nati-on wider, so dass der Schluss von der Nationalität auf die kultu-relle Prägung des Individuums unzulässig ist.

Ein Ziel der Arbeit war es daher, kulturelle Unterschiede unab-hängig von der Nationalität zu erfassen. Vor dem Hintergrund der Verteilungswahrscheinlichkeit einer deutschen Stichprobe wurden daher sowohl deutsche als auch internationale Studen-ten anhand ihres Antwortverhaltens in kultursensitiven Szena-rien den Kulturdimensionen zugeordnet wurden. Damit wurde die Wahrscheinlichkeit erhöht, alle vier Kulturdimensionen ab-zubilden und in Bezug auf ihre Selbstkonzepte zu vergleichen.

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Die methodologischen Probleme, die durch den Einbezug inter-nationaler Studenten auftreten, stehen dem Erkenntnisgewinn aufgrund der erhöhten Wahrscheinlichkeit, alle vier Kulturdi-mensionen abbilden zu können, gegenüber und werden in Kauf genommen.

In Auswertung der Szenarien zeigt sich eine starke Dominanz der horizontal individualistischen Kulturdimension. Die Befrag-ten dieser Untersuchung streben demnach stark nach individu-eller Selbstverwirklichung. Die Dominanz der horizontal indivi-dualistischen Dimension kann im deutschen Studiensystem be-gründet liegen, welches zum Zeitpunkt der Befragung im Dip-lom-Studiengang ein interessenbetontes Studieren ermöglichte. Es kann aber auch auf die für diese Arbeit ins Deutsche über-setzten Szenarien von Triandis et al. (1998) und auf die Stich-probenzusammensetzung zurückgeführt werden. Vielleicht spiegeln die Antwortalternativen der Szenarien in nur geringem Maße deutsche Kulturstandards (Thomas 1991) wider. Die Vali-dierung der Szenarien erfolgte an Studenten in den USA und in China, deren Alltag anders gestaltet ist als das Studentenleben an deutschen Universitäten. Beispielweise unterscheidet sich das Verhältnis zwischen Professoren und Studenten in USA und Deutschland (vgl. Vaters / Schepers 1997).

Jedoch konnte die Inhaltsvalidität der Gruppenzuordnung über das Ranking der Selbstwertkontingenzen bestätigt werden. Für alle Personen ist mehrheitlich „Rückhalt in der Familie zu haben“ die wichtigste Selbstwertquelle. Dieses Ergebnis ist wenig über-raschend. Endo, Heine und Lehman (2000) führen aus, dass die Aufwertung enger sozialer Beziehungen universell in allen Kul-turen gleich stark vertreten ist. Jedoch kann davon ausgegan-gen werden, dass Kollektivisten den Begriff Familie weiter fassen als Individualisten (Triandis 1995). Konform mit dem Konstrukt der Vertikalität wird die Kontingenz „Erfolg“, im Sinne von „gu-te Leistungen zu erbringen, erfolgreich zu sein“ bei beiden ver-tikalen Dimensionen auch mit an erster Stelle genannt. Dagegen stufen Personen der horizontalen Dimensionen „Erfolg“ zwei Ränge darunter ein. Für sie war es wichtiger, „von anderen ak-zeptiert zu werden“ (Rang zwei). Dies stimmt mit den Ergebnis-sen der Skala Akzeptanz Anderer überein. Auch hier werteten die horizontalen Gruppen Akzeptanz Anderer höher als die ver-tikalen Gruppen. Abweichungen im Ranking fallen auch bei der Kontingenz „Wettbewerb“ auf. Für vertikale Individualisten ist es am viertwichtigsten, „besser zu sein als andere“. Dies stimmt mit der Definition des VerInd überein. Für Personen der hori-zontalen Gruppen war diese Kontingenz dagegen die vorletzte Selbstwertquelle, d.h. Personen der horizontalen Gruppe ver-gleichen sich nicht so stark mit Anderen (vgl. Dechesne / Postel / van Knippenberg 2002). Für vertikale Kollektivisten sind so-wohl Wettbewerb als auch die religiöse Orientierung eher nach-

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rangige Selbstwertquellen. Aus der Analyse der Selbstwertkon-tingenzen lässt sich schlussfolgern, dass die Zuordnung der kul-turellen Gruppen inhaltlich valide war.

Ein weiteres Ziel der Untersuchung war es, die Auswirkungen dieser kulturellen Prägung auf fundamentale Selbstkonzepte darzustellen. Es resultiert ein 2x2 Differenzierungsschema, wel-ches die beiden bipolaren Dimensionen Ind/Col und Hor/Ver kombiniert. In Abbildung 7 werden die Auswirkungen der kul-turellen Prägungen auf fundamentale Selbstkonzepte zusam-menfassend dargestellt. Die Interdependenz, also die Verbun-denheit mit anderen Personen, klärt die Ind/Col-Dimension am ehesten auf und Akzeptanz Anderer die Hor/Ver-Dimension. Die kulturellen Gruppen unterscheiden sich nicht hinsichtlich der Ausprägung des independenten und relationalen Selbstkon-zeptes (in der Mitte der Grafik). Die ähnlich hohe Ausprägung aller kulturellen Gruppen in Bezug auf das independente Selbst-konzept kann im Zusammenhang mit der akademischen Ausbil-dung als auch in der Annahme begründet liegen, dass Indepen-denz aus evolutionstheoretischer Perspektive vorgezogen wird (Gaertner et al. 2002). Die niedrige Reliabilität der independen-ten Subskala der SCS schränkt die Aussagefähigkeit weiter ein. Der Geschlechtereffekt beim relationalen Selbstkonzept weist auf die höhere relationale Gebundenheit von Frauen hin. Dies bestätigt die Forschungsergebnisse von Kashima et al. (1995), Cross et al. (2000), Eaton und Louw (2000) und Watkins et al. (2003). Außerdem akzeptieren Frauen Andere in höherem Ausmaß als Männer.

Abb. 7: Differenzierungsschema kultureller Unterschiede in fundamentalen Selbstrepräsentationen

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Bei differenzierter Betrachtung zeichnen sich die vertikal indivi-dualistischen Personen durch geringe Interdependenz, hohe Selbstakzeptanz und niedrige Akzeptanz Anderer aus. Die Ver-bundenheit gegenüber anderen Personen oder ihrer in-group steht der eigenen Anerkennung nach. Die hohe Selbstakzeptanz führt bei ihnen nicht zu einer höheren Akzeptanz Anderer, was die Annahme von Schütz et al. (2007) stützt.

Vertikale Kollektivisten definieren sich in hohem Maße über ihre Gruppenzugehörigkeit und ordnen sich Gruppennormen unter. Diese Annahme wird durch das Ergebnis bestätigt, dass sie im Vergleich zu den anderen Gruppen sich selbst und auch andere Personen in geringstem Ausmaß akzeptieren. Daher lässt sich die geringere Selbstakzeptanz über die Bedeutung der in-group erklären.

Horizontal individualistische Personen definieren sich am ge-ringsten über ihre Gruppenzugehörigkeit und unterscheiden sich damit bedeutsam von den beiden kollektivistischen Grup-pen. Dieses Ergebnis steht in Einklang mit der Annahme, dass horizontal individualistische Personen nach individueller Selbst-verwirklichung streben. Horizontal kollektivistische Personen definieren sich hingegen in höherem Maße über ihre Gruppen-zugehörigkeit als die beiden individualistischen Gruppen. Insge-samt zeichnen sich die beiden horizontalen Gruppen durch ho-he Selbstakzeptanz und auch hohe Akzeptanz Anderer aus. Die inkonsistenten Ergebnisse zur Annahme, Selbstakzeptanz führt zur Akzeptanz Anderer (vgl. Schütz / Sellin 2003), könnte so-mit über eine differenzierte Betrachtungsweise von Kulturun-terschieden aufgeklärt werden.

An dieser Stelle kann festgehalten werden, dass die beiden Ska-len, die in der interkulturellen Forschung bisher keine Anwen-dung gefunden haben, eine hohe Aufklärungsleistung bezüg-lich kultureller Vielfalt in der Selbstdefinition besitzen. Die Skala Selbstakzeptanz bildet den Unterschied auf der Individualis-mus/Kollektivismus-Dimension ab. Allgemein betrachtet verfü-gen Individualisten über eine statistisch bedeutsame höhere Selbstakzeptanz als Kollektivisten. Die Notwendigkeit einer diffe-renzierteren Betrachtungsweise der Ind/Col-Dimension findet empirische Evidenz, da die horizontal kollektivistischen Personen eine ebenso hohe Selbstakzeptanz aufweisen wie die Individua-listen. Die Skala Akzeptanz Anderer leistet einen Aufklärungsbei-trag auf der Dimension Horizontalität/Vertikalität. Horizontal geprägte Personen stimmen den Items dieser Skala in höherem Maße zu als vertikal geprägte Personen. Das Geschlecht der Be-fragten moderiert hier den Effekt. Frauen akzeptieren Andere in höherem Ausmaß als Männer.

Interessante Tendenzen weisen die Männer der horizontal kol-lektivistischen Gruppe auf. Sie definieren sich in hohem Maße

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sowohl über dyadische als auch über interdependente Bezie-hungen und stimmen den Items für die Akzeptanz Anderer am stärksten zu. Damit unterscheiden sie sich von den anderen männlichen Befragten, die eine geringere relationale Bindung und eine signifikant niedrigere Akzeptanz in Bezug auf andere Personen aufweisen.

Die Ergebnisse sind beachtlich, denn obwohl es sich nicht um „reale“ Gruppen handelt, treten Unterschiede auf, die sich kon-zeptionell auf die Konstrukte HorInd, VerInd, HorCol und Ver-Col zurückführen lassen. Dies scheint weitreichende Implikatio-nen zu beinhalten. Wenn sich in einer derart kulturell homoge-nen Gruppe kulturelle Unterschiede in den Selbstdefinitionen abbilden lassen, dann sollten die Effekte in Stichproben, die sich hinsichtlich ihres sozioökonomischen Status und demografi-scher Werte stärker unterscheiden, um einiges größer sein. Weiter scheinen die Ergebnisse darauf hinzudeuten, dass beide bipolare Dimensionen miteinander interagieren und in der In-teraktion eine stärkere Aufklärungsleistung liefern.

5.1 Praktische Implikationen

Es wurde zu Beginn festgehalten, dass in der interkulturellen Kompetenz die Schlüsselfunktion zur Überbrückung interkultu-reller Schwierigkeiten gesehen wird. Bolten (2001) verdeutlicht, dass eigen- und fremdkulturelles Wissen eine Determinante in-terkultureller Kompetenz ist. Eigen- und fremdkulturelles Wissen kann mithilfe des hier vorgestellten Differenzierungsschemas systematisiert werden. Das Differenzierungsschema ermöglicht erstens konzeptionelle Klarheit über die Auswirkungen von Indi-vidualismus/Kollektivismus und bietet gleichzeitig Orientierung in interkulturellen Interaktionen an. Ein ähnliches Schema stellen auch Brewer und Chen (2007) vor, wobei sie die Auswirkungen der fundamentalen Selbstkonzeptionen auf die Identität, Glau-be und Verpflichtung erläutern ebenfalls und in ein Orientie-rungsraster einordnen.

Zweitens kann ein empirisch begründetes Differenzierungsmög-lichkeiten zur Differenzierung von Schemata beitragen, was eine notwendige Voraussetzung zum Aufbau interkultureller Kompetenz ist (Bolten 2001). Führungskräfte, Expatriaten und Teammitglieder verfügen aufgrund ihrer interkulturellen Erfah-rungen über mehr oder weniger systematisch eruierte Schema-ta. Das Differenzierungsschema kann die eigene, individuelle Wertorientierung verdeutlichen (Bewusstwerdung) und ermög-licht gleichzeitig die Erkenntnis, worüber sich andere Personen definieren. Die Darstellung des Zusammenhanges von kultureller Sozialisation und Selbstkonzept und damit einhergehender Ver-haltensweisen unterstützt das Selbstmanagement. Somit bietet das Differenzierungsschema für Führungskräfte die Möglich-

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keit, Mitarbeiter konkreter zu beobachten und zu befragen, um Motivierungspotentiale in der Arbeit für den Mitarbeitenden zu eruieren. Für Expatriaten könnte das Raster darüber hinaus die Möglichkeit bieten, zunächst eine offene Grundhaltung im Aus-land einzunehmen. Für die Expatriaten-Auswahl kann es vielver-sprechend sein, auf eine höhere relationale Ausprägung des Selbstkonzeptes zu achten (z.B. weibliche Expatriaten; Sehner / Leung 2003). Für die Zusammenarbeit in interkulturellen Teams spielt die Verdeutlichung von kulturellen Unterschieden eben-falls eine wesentliche Rolle (Maznevski / DiStefano 2000). Erste Untersuchungen belegen die Auswirkungen eines independen-ten oder interdependenten Selbstkonzeptes auf ein aufgaben-orientiertes bzw. beziehungsorientiertes Konfliktverhalten (z.B. Oetzel 2000, Tjitra 2000, Hamdorf 2003). Inwieweit sich das relationale Selbstkonzept, oder Facetten der Selbstakzeptanz und Akzeptanz Anderer auf das Konfliktverhalten in Gruppen auswirkt, ist bisher jedoch weniger untersucht.

5.2 Limitierungen der Studie

Limitierungen der Studie werden hauptsächlich in der Stichpro-benauswahl und in den Messinstrumenten gesehen. Zum einen war die Stichprobe äußerst homogen hinsichtlich Alter und Bil-dungsstand. Auf der anderen Seite können aber nur so verläss-liche Unterschiede berichtet werden. Die Kultursensitivität der Messinstrumente, insbesondere der Ratingskalen muss noch weiter überprüft werden. Außerdem müssen die berichteten statistisch bedeutsamen Ergebnisse an den geringen Effektgrö-ßen relativiert werden. Das bedeutet, dass die Einteilung der Stichprobe nach Kulturdimensionen nur geringe Unterschiede in den Skalen zum Selbst hervorrufen. Allerdings weisen Cross et al. (2000) darauf hin, dass beispielsweise für Geschlechtsun-terschiede grundsätzlich geringe Effektstärken gefunden wer-den. Auch die Berechnung von Kontrastanalysen, um die Kul-turdimensionen in stärkerer Relation zueinander zu setzen, er-höhten die Effekte nicht bedeutsam.

Darüber hinaus sind die Ergebnisse der vertikal kollektivistischen Gruppe mit Vorsicht zu interpretieren. Nach der Standardisie-rung setzt sich diese Gruppe jeweils zur Hälfte aus deutschen und internationalen Studenten zusammen. Dabei waren 56 Prozent aller internationalen Studenten in dieser Gruppe. Sprachprobleme können hier verstärkt aufgetreten sein, die zu unterschiedlicher inhaltlicher Bewertung der Items (Sato / Ca-meron 1999) führte. Die anderen internationalen Studenten verteilten sich gleichmäßig auf die anderen drei Gruppen (Ho-rInd, VerInd und HorCol), waren aber jeweils stark unterreprä-sentiert. Sprachprobleme und Verzerrungen im Antwortverhal-ten müssten sich so in den Gruppen relativiert haben.

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5.3 Ausblick

Die vorliegende Arbeit ist als Grundlagenforschung und als Er-klärungsansatz für den Aufbau interkulturellen Wissens zu be-trachten. Weitere Untersuchungen sind aber notwendig, um die Ergebnisse und die abgeleiteten Schlussfolgerungen abzusi-chern. Die Ausreifung und Validierung von Messmethoden soll-te dabei im Vordergrund stehen. Denkbar wäre aber auch die Entwicklung von Verfahren zur Messung impliziter Einstellun-gen, die sowohl auf interkulturelle Sozialisationsprozesse als auch auf selbstbewertende Einstellungen (Schütz / Schröder 2003) fokussieren. Dadurch könnten die kritisierten Referenz-gruppeneffekte und Antworttendenzen minimiert werden, um so zu validen Aussagen kultureller Unterschiede in den Selbstbe-schreibungen zu gelangen.

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1 Ich danke Astrid Schütz, Uta Wilkens und Lea Campbell für Hinweise zu früheren Versionen dieses Artikels.

2 Bei der Konzeption von Horizontalität/Vertikalität fällt die Ähnlichkeit zur Kulturdimension Machtdistanz von Hofstede (1980) auf. Die Cluster, die Hofstede veröffentlicht hat, stim-men aber nicht mit den theoretischen Ableitungen (bspw. sind USA und Frankreich als prototypisch vertikal individualistisch nicht in einem Cluster) von Triandis und Gelfand (1998) überein. In Anbetracht des Erhebungszeitraumes Anfang der 70er Jahre der Untersuchungen von Hofstede und der dynamischen An-passung von Kulturen setzte sich in der Forschung die Dimensi-on Horizontalität/Vertikalität zur Differenzierung von Individua-lismus und Kollektivismus durch. Allerdings wird auf Operationa-

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lisierungsschwächen der einzelnen Dimensionen hingewiesen (vgl. Chen et al. 1997).

3 Spieß und Brüch (2002) berichten zwar auch vertikal kollekti-vistische Ausprägungen für die deutsche Stichprobe, allerdings ist dies auf ihr Messinstrument, eine Rating-Skala, zurückzufüh-ren, auf der die Höhe, aber nicht die Relevanz eines Wertes er-fasst wird.

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Buchwald / Ringeisen: Wie bewältigen Lehrer interkulturelle Konflikte in der Schule?

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Abst rac t

In times of globalisation, dealing with intercultural conflicts has become a major challenge for teachers at school. However, ex-isting research has been limited to an explorative analysis of conflict categories and associated coping behaviour, without addressing the complexity of multinational education settings (Ringeisen et al. 2006, Ringeisen et al. 2007a). In response, the current study examined quality and efficacy of intercultural coping within a theoretical framework, the multiaxial coping model (Hobfoll 1989, Hobfoll 1998). Based on qualitative con-tent analysis of 132 semi-structured interviews with teachers, all reported coping behaviours could be classified within the model. Roughly half were identified as ‘cautious action’, fol-lowed by assertiveness (16%) and indirect action (10%). Sex differences were most prominent on the prosocial-antisocial dimension, with women engaging in more prosocial (cautious action and social joining) and men in more self-centered social strategies (antisocial action, aggressive action and seeking social support). Reported efficacy was highest for the three most frequent strategies, as well as for antisocial and aggressive ac-tion. In essence, the current study provides first evidence that the multiaxial coping model may serve as a helpful framework not only to theoretically classify coping efforts with regard to intercultural stressors at schools, but also to understand their efficacy in relation to the cultural profile of the sample of inter-est.

1. Interkulturelle Konflikte an Schulen: Ein theoretisch-empirischer Überblick

Interkulturelle Konflikte in der Schule sind ein neues und an Ak-tualität gewinnendes Problemfeld, das in Zeiten von Globalisie-rung und zunehmender Migration an Dringlichkeit gewinnt. Aufgrund solch neuartiger Konfliktsituationen entsteht für Leh-rende eine erhöhte Stressbelastung im Schulalltag und somit ein Bedarf an effektiven Bewältigungsmöglichkeiten. Bisherige Stu-dien zum Umgang mit interkulturellen Konflikten in der Schule beschränken sich auf eine explorative Analyse der genutzten Strategien, ohne diese theoretisch in den Kontext eines Coping-Modells einzubetten (z. B. Nassar-McMillan et al. 2006, Wagner et al. 2001). Die vorliegende Studie untersucht dagegen Strate-gien der interkulturellen Stressbewältigung bei Lehrern, wobei Art und Wirksamkeit einzelner Verhaltensweisen theoriegeleitet analysiert werden. Die theoretische Grundlage liefert die Con-servation of Resources-Theorie (COR) bzw. Theorie der Ressour-cenerhaltung von Stevan Hobfoll (1989, 1998). Eingebettet in diese Theorie ist das multiaxiale Copingmodell, welches bei der

Wie bewält igen Lehre r in terkul tu rel le Konfl ikte in der Schu le? Eine Wirksamkeitsanaly-se im Kontext des m ul-t iaxialen Coping-Modells

Prof. Dr. Petra Buchwald

Professorin für Erziehungswissen-schaft, Bergische Universität Wup-pertal

Dr. Tobias Ringeisen

Diplom-Psychologe; Lehrender am Bildungszentrum der Bundesfi-nanzverwaltung / FH des Bundes, Münster

Buchwald / Ringeisen: Wie bewältigen Lehrer interkulturelle Konflikte in der Schule?

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Beschreibung und Erklärung von Stressbewältigung (engl. Co-ping) im Gegensatz zu herkömmlichen Copingmodelle den sozi-alen Kontext der Handelnden berücksichtigt. Diese sozial-kontextuelle Konzeption von Bewältigung prädestiniert das multiaxiale Copingmodell zur Analyse interkultureller Konfliktsi-tuationen. Insgesamt wurden 132 Interviews mit Lehrenden anhand dieses multiaxialen Copingmodells ausgewertet.

Bevor Qualität und Effektivität verschiedener Bewältigungsmodi näher betrachtet werden, wird im folgenden Kapitel zunächst die Entstehung interkultureller Konfliktsituationen im Schulkon-text erläutert. Als Ausgangspunkt wird die Bedeutung des Beg-riffs „Kultur“ aufgezeigt, der als Konstellation von unterschied-lich ausgeprägten Normen und Werten definiert ist. Exempla-risch wird dabei anhand des vierdimensionalen Kulturmodells von Hofstede (2001, 2006) erläutert, in welcher Form sich kul-turelle Einflüsse im Denken und Fühlen von Lehrern wie Schü-lern manifestieren. So steigt mit zunehmender Abweichung des kulturellen Werteprofils in interkulturellen Lernumgebungen das Risiko aufkeimender Konflikte. Abschließend wird die Entste-hung interkultureller schulischer Konflikte und ihre Auswirkun-gen auf Lehrende thematisiert, wobei neben Formen der Bewäl-tigung auch Implikationen für den Schulalltag zur Diskussion stehen.

Auf dieser theoretisch-empirischen Basis werden im zweiten Ka-pitel die zentralen Forschungsfragen abgeleitet. Mit Stichprobe, Erhebungsmethodik und Datenauswertung wird im dritten Ka-pitel die Methodik der Studie vorgestellt. Komplementär zu den Forschungsfragen werden im vierten Kapitel die Ergebnisse der Untersuchung dargelegt und unter Rückgriff auf die zuvor ein-geführten Konzepte im fünften Kapitel diskutiert.

1.1 Was ist Kultur?

Die Anzahl von Schülern mit Migrationshintergrund ist in den letzten Jahren erheblich gestiegen und multi-national zusam-mengesetzten Schulklassen haben sich an vielen Schulen zur Regel entwickelt (KMK & Bundesministerium für Bildung und Forschung 2006, OECD 2001). Diefenbach (2007) beispielsweise berichtet einen Anstieg von 801.587 ausländischen Schülern im Jahr 1991 auf 950.490 Schüler im Jahr 2000. In den Statisti-schen Veröffentlichungen der Kultusministerkonferenz von Ok-tober 2002 werden Daten veröffentlicht, die die Verteilung der Schüler mit Migrationshintergrund auf die einzelnen Bundes-ländern verdeutlichen. In Nordrhein-Westfalen sind etwa ein Drittel ausländische Schüler vertreten, etwa 20% besuchen Schulen in Baden-Württemberg. Damit verteilt sich die Hälfte aller ausländischen Schüler auf diese beiden Länder.

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Die Zunahme des Anteils ausländischer Schüler an deutschen Schulen bringt eine Veränderung des Schulalltages mit sich. Un-terschiedliche Werte und Normen treffen aufeinander, wobei jeder Schüler eine eigene Identität hat, die je nach Kultur sehr unterschiedlich geprägt sein kann. Aus der psychologisch-pädagogischen Perspektive wird der Begriff „Kultur“ als ein viel-schichtiges Konstrukt multidimensionaler Struktur betrachtet. Beispielsweise schlagen Lehman, Chiu und Schaller (2004:690) vor, Kultur aufzufassen als „a coalescence of discrete behavioral norms and cognitions shared by individuals within some defin-able population that are distinct from those shared within other populations”. Jede Gesellschaft bringt nach dieser Defini-tion ihre eigenen Normen und Werte hervor, die von ihren Mit-gliedern geteilt und akzeptiert werden. Dies hat zur Folge, dass die Angehörigen einer Kultur ein bestimmtes Ereignis in ähnli-cher Form bewerten, vergleichbare Gefühle empfinden und mit ähnlichem, allgemein akzeptiertem und daher angemessenem Verhalten reagieren können. Angehörige eines anderen Kultur-kreises haben mit großer Wahrscheinlichkeit ein anderes System an Normen und Werten ausgebildet, das zu abweichenden Mustern im Denken, Erleben und Handeln führt (vgl. Scholz 2007, Triandis 1989, Triandis 1995b). Begegnen sich nun An-gehörige unterschiedlicher Kulturkreise, so folgt jeder der Betei-ligten oft unbewusst weiterhin dem eigenen Interpretations-schema, also der eigenen ‚kulturelle Brille’. In der Folge wird sowohl das Verhalten des fremdkulturellen Gegenübers als auch die Folgen des eigenen Handelns falsch gedeutet. Besonders im Kontext Schule ist dies auffällig. Dort erweisen sich ansonsten erfolgreiche Reaktionsmuster plötzlich als ineffektiv und es kommt zu Störungen der Kommunikation oder zu sozialen Konflikten (Thomas 1996, Thomas / Wagner 1999, Triandis 1995a, Triandis 1995b).

1.2 Abbildung von Interkulturalität: das mehrdimensio-nale Kulturmodell von Hofstede

Im Folgenden wird anhand des Modells von Hofstede (2001, 2006) erläutert, in welcher Form sich kulturell variierende Wer-teprofile auf das Denken, Erleben und Verhalten von Lehrern und Schülern auswirken und zu Problemen im Schulalltag füh-ren können. Das Modell entstammt dem Bereich der Wirt-schaftswissenschaften, lässt sich aber sehr gut auf den Schul-kontext übertragen. So zeigte sich in ersten Untersuchungen, dass kulturelle Unterschiede im Hofstede’schen Werteprofil so-wohl für Interaktionsmuster im Unterricht als auch für das Auf-treten und den Umgang mit Konfliktsituationen eine Rolle spie-len (Hofstede 1986, Ringeisen et al. 2006, Ringeisen et al. 2007a, Ringeisen et al. 2007b). Mit den Dimensionen Machtdis-tanz, Individualismus-Kollektivismus, Unsicherheitsvermeidung,

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und Maskulinität-Feminität unterscheidet Hofstede vier kultur-spezifische Dimensionen, die den Umgang von Lehrern und Schülern im Kontext Schule beeinflussen.

Machtdistanz beschreibt „das Ausmaß, bis zu welchem die we-niger mächtigen Mitglieder von Institutionen bzw. Organisatio-nen eines Landes erwarten und akzeptieren, dass Macht un-gleich verteilt ist“ (Hofstede 2006:59). In Deutschland, einem Land mit geringer Machtdistanz, zählt daher innerhalb von Fa-milie und Schule Gleichberechtigung als hohes Gut. Extremer Respekt der Kinder gegenüber Erziehungspersonen - wie es in manchen anderen Kulturen mit hoher Machtdistanz üblich ist - ist unerwünscht (Hofstede 2001, Hofstede 2006). Das Lehrer-Schüler-Verhältnis in Deutschland spiegelt dementsprechend relative Gleichberechtigung wider und der Unterricht wird schü-lerorientiert ausgerichtet. Schüler müssen ihre Lehrer nicht als absolute Respektperson sehen, sondern dürfen ihre Meinung vertreten, ungeachtet dessen ob sie mit der der Lehrenden ü-bereinstimmt. Hierarchische Strukturen in der Institution Schule resultieren in Deutschland eher aus einer ungleichen Rollenver-teilung und nicht aus einer als natürlich erlebten Ungleichheit zwischen Lehrern und Schülern.

Die Dimension Individualismus-Kollektivismus ist wohl die am meisten angewendete Dimension in der kulturvergleichenden Forschung (Mattl 2006). Sie beschreibt die unterschiedlichen Ausprägungen einer Kultur hinsichtlich ihrer gruppen- versus individuumsorientierten Einstellung. Individualistisch geprägte Kulturen empfinden lockere Bindungen zwischen Individuen als normal und akzeptieren, dass jeder Mensch nur für sich und seine unmittelbare Familie sorgt. Kinder lernen in „Ich“-Begriffen zu denken und dem Selbst anstatt dem Wir Vorrang zu geben - Selbstverwirklichung steht im Vordergrund. In kol-lektivistisch geprägten Kulturen ist der einzelne von Geburt an in eine Wir-Gruppe integriert, die ihn schützt und der er bedin-gungslose Loyalität verspricht. Er lebt mehr für die Gruppe als für sich selbst, Beziehungen haben Vorrang vor der Aufgabe, Harmonie soll bewahrt und direkte Auseinandersetzungen ver-mieden werden. Wie viele andere Länder des anglo-amerikanischen und west-/nordeuropäischen Kulturkreises ver-fügt Deutschland über eine stark individualistisch ausgerichtete Kultur, auch im Kontext Schule, in der das direkte Äußern der eigenen Meinung als Kennzeichen eines aufrichtigen Menschen gilt (Hesse 2001, Hofstede 2006).

Die Dimension Femininität-Maskulinität unterscheidet den Grad der Geschlechtsrollenstereotypisierung. „Eine Gesellschaft defi-niert man als maskulin, wenn die Rollen der Geschlechter emo-tional klar gegeneinander abgegrenzt sind: Männer haben be-stimmt, hart und materiell orientiert zu sein, Frauen dagegen

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[...] bescheidener, sensibler [...] Die femininen Gesellschaften lassen es zu, dass sich [...] die Rollen der Geschlechter emotional überschneiden“ (Hofstede 2006:165). Im Hinblick auf das er-wünschte Leistungsverhalten von Schülern kann Deutschland als maskulin ausgerichtetes Land eingestuft werden, in dem Merkmale wie Ehrgeiz, Leistungsbereitschaft und Selbstbehaup-tung gefördert werden. Ferner hegt man Sympathie für den Starken, Versagen in der Schule ist eine Katastrophe, der beste Schüler ist die Norm und Lehrende mit hervorragendem Fach-wissen werden geschätzt. Gleichzeitig jedoch wird in Deutsch-land auf der Ebene des sozialen Verhaltens von männlichen wie weiblichen Schülern und Lehrern kooperatives und sozial integ-rierendes Verhalten befordert, das der Pflege zwischenmensch-licher Beziehungen dient (Ringeisen et al. 2007a, Ringeisen et al. 2007b). Diese Verhaltensweisen entsprechen einer femininen Orientierung. Dabei stellt der durchschnittlich gute Schüler die Norm dar, für die Schwachen wird Sympathie gehegt und För-derung angeboten. Die freundliche Lehrkraft wird geschätzt und Konflikte werden beigelegt, indem man miteinander ver-handelt und nach einem Kompromiss sucht, anstatt sie auszu-tragen.

Unsicherheitsvermeidung schließlich zeigt an, wie sehr unbe-kannte Situationen als bedrohlich empfunden werden. Eine ho-he Ausprägung drückt sich u. a. in einem Bedürfnis nach Vor-hersehbarkeit mit geschriebenen und ungeschriebenen Regeln aus (Hofstede 2001). Menschen in Kulturen mit hoher Tendenz zur Unsicherheitsvermeidung wie Griechenland, Spanien oder Deutschland erleben die dem Leben innewohnende Unwägbar-keit als Bedrohung, die es zu bekämpfen gilt. Uneindeutige Si-tuationen und Andersartigkeit werden als stressreich und be-ängstigend erlebt. Beispiele für hohe Unsicherheitsvermeidung im Schulkontext sind eine stets genaue Unterrichtsplanung und die Aufstellung genau definierter Verhaltensregeln. Lernumge-bungen sind von Strukturiertheit und Klarheit geprägt und von Lehrenden wird erwartet auf alles eine Antwort zu wissen (Ringeisen et al. 2007a).

1.3 Auswirkung der Kulturmerkmale im Schulkontext

Eine Reihe von Studien konnte die Bedeutung des Modells von Hofstede für den Bereich Schule bereits bestätigen (für einen Überblick siehe Ringeisen et al. 2007a). Geht man für deutsche Lehrer aufgrund aktueller Studien (Hofstede 2006, Ringeisen et al. 2007b) von einer moderaten Machtdistanz, einer klar indivi-dualistischen und eher femininen Ausprägung, sowie einer ho-hen Unsicherheitsvermeidung aus, so steigt die Entstehung von Konfliktsituationen mit zunehmender Profilabweichung zwi-schen den Beteiligten (Ringeisen et al. 2007a, Ringeisen et al.

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2007b). In diesem Fall befinden sich Lehrer und Schüler zwar in derselben Lernumgebung, bewerten gegenseitiges Verhalten jedoch in Abhängigkeit ihres kulturellen Profils gemäß der vier o. g. Dimensionen unterschiedlich und variieren entsprechend in der Einschätzung über einen angemessenen Umgang unter-einander.

Deutsche Lehrende mit einem geringen Machtdistanzempfin-den erwarten z. B. von ihren Schülern selbstständiges Arbeiten und Eigeninitiative bei der Beteiligung am Unterricht. Für Schü-ler aus Kulturen mit hoher Machtdistanz wäre Eigeninitiative aber ein Zeichen von Respektlosigkeit. Aus ihrer Sicht muss jede Initiative im Unterricht vom Lehrer ausgehen. Weisen die Schü-ler aber eine Kombination aus hoher Machtdistanz und hohem Kollektivismus auf, so ist es wahrscheinlich, dass deutsche Lehr-kräfte nicht als Autoritätspersonen akzeptiert werden und Dis-ziplinprobleme auftreten (Ringeisen et al. 2007a, Ringeisen et al. 2007b). Als weiteres Beispiel dienen Eigenschaften wie Konkur-renzdenken, Durchsetzungsvermögen und Selbstbehauptung, die sich bei maskulinen Schülern offen im Unterricht zeigen und in Leistungswettbewerb münden. Für Schüler aus femininen Ländern wie Skandinavien oder den Niederlanden ist offene Konkurrenz aber eher fremd, sie praktizieren gegenseitige Soli-darität und erwarten von Lehrenden Unterstützung und indivi-duelle Förderung.

Zusammenfassend wird die Entstehung interkultureller Proble-me neben dem Werteprofil der Beteiligten vor allem durch ver-schiedene Aspekten der Lernumgebung begünstigt: Neben der kulturell unterschiedlichen (1) sozialen Position von Lehrenden und Lernenden kommt (2) der Struktur und Relevanz des Lehr-plans sowie den (3) impliziten Modellen für Lehrer-Schüler-Interaktionen entscheidende Bedeutung zu.

1.4 Interkulturelle Konflikte an Schulen

Die Psychologie unterscheidet intrapersonelle von interpersonel-len Konflikten und versteht darunter Situationen, in der sich für Betroffene nicht absehbare, unlösbare Schwierigkeiten in Inter-aktionen mit sich oder anderen ergeben (Deutsch 1976). Inter-personelle Konflikte sind dadurch gekennzeichnet, dass sich die beiden Konfliktparteien negativ zueinander verhalten, sich an-greifen. Die Form des Angriffs ist nicht klar definiert. Konflikte lassen sich auf unterschiedlichste Weisen austragen, etwa mit Worten, feindseligem Schweigen oder mit körperlichen Tätlich-keiten. Es muss auch dann von einem Konflikt gesprochen wer-den, wenn ihn nur eine Seite wahrnimmt, denn diese Person muss im Moment der Wahrnehmung bereits mit ihm umgehen (Mattl 2006).

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Gerade in der Schule treten häufig Konflikte auf, weil das Leh-rer-Schüler-Verhältnis und die Struktur des Systems Schule hier-für eine geeignete Grundlage zu bieten scheinen (Neubauer 1999). Interkulturalität an Schulen geht Hand in Hand mit an-dersartigen Konfliktsituationen in interkulturellen Schüler-Lehrer-Interaktionen, u. a. ausgelöst durch unterschiedliche kulturelle Wertempfindung und Verhaltensmuster. Die zum Teil sehr un-terschiedlichen Verhaltensmuster tragen ein recht hohes Kon-fliktpotential in sich (Kosubek 2001, Lenz 2006). Es „machen sich kulturelle Unterschiede bei interkulturellen Begegnungen immer wieder als Verständnisbarrieren störend bemerkbar“ (Auernheimer et al. 1996:15). Es sind die fremden Verhaltens-weisen und Werte der anderen Kulturen, die „als störend, be-fremdlich oder gar als anstößig empfunden“ werden (Auern-heimer 1994:15), da sie allein durch die eigene „kulturelle Brille“ wahrgenommen werden. Diese Brille erklären Bender-Szymanski et al. (2000) als eigenkulturelle Selbstverständlichkeit, die bei den Konfliktparteien zwangsläufig zu Missverständnissen führt. Ihrer Ansicht nach hat eigenkulturelle Selbstverständlichkeit eine unbewusste Basis, die sich wiederum mit kultureller Identität erklären lässt. Eine interkulturelle Konfliktsituation ist, wie jeder andere Konflikt, nicht erst dann gegeben, wenn es zu bewusst sichtbaren Problemen kommt, sondern auch die ungewohnten Handlungen oder Äußerungen des kulturfremden Gegenübers können bereits konfliktlastig sein. „Nicht erst der offene, feind-liche Konflikt zwischen Interaktionspartnern verschiedener kul-tureller Orientierungen, sondern auch der intrapersonelle kog-nitive Konflikt, der entsteht, wenn kulturell Unvertrautes mit dem bisher Vertrauten nicht in Einklang gebracht werden kann, ist ein kulturbezogener Konflikt“ (Bender-Szymanski et al. 2000:214).

Hinzu kommt, dass gerade Konflikt- und Stresssituationen dazu führen, dass die eigenen kulturellen Eigenschaften, Ansichten und Verhaltensweisen verstärkt aufkommen (Baumer 2002, Wagner et al. 2001). Man reagiert intensiver gemäß der eige-nen Auffassung, kann sein Gegenüber weniger verstehen oder bedenkt seine Andersartigkeit nicht. So kann es passieren, dass sich die kulturellen Gegensätze in diesen Momenten verstärken und die Kommunikation zwischen den kulturell unterschiedli-chen Personen noch konfliktreicher wird. „Es gilt zu lernen, die Gründe oder Motive nachzuvollziehen, die das Verhalten und die Handlungen von Menschen aus anderen Kulturen verständ-lich machen und sie -zumindest in bezug auf ihre Lebenssituati-on- rational erscheinen lassen“ (Auernheimer 1994: 22).

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1.5 Auswirkung sozialer Konflikte auf Lehrende

Die Art in schulischen Konfliktsituationen zu handeln, hängt eng mit der Lehrer-Identität zusammen. Lehrende, die ihre I-dentität bewahren und der Wirklichkeit annähern, haben in Konfliktsituationen einen sicheren Stand. Die von ihnen ausge-hende Echtheit (Rogers 1983) erleichtert es, Problemsituationen zu klären und zu bearbeiten. Die sich für Lehrkräfte neu erge-bende Situation bedroht ihre Lehrer-Identität. Es ist das Emp-finden eines Konfliktes, der eine weitere, nämlich interkulturelle Komponente birgt und somit neue Herausforderungen an Leh-rende stellt. Sie können in der Regel nicht auf altbewährte Stra-tegien zurückgreifen, da interkulturelle Konflikte oft unbekann-te oder unbewusste Wurzeln haben, die Lehrende nicht direkt erkennen und nachvollziehen können. Da die kulturelle Identität deutscher Lehrende durch hohe Unsicherheitsvermeidung ge-kennzeichnet ist, wird ein interkultureller Konflikt allein schon deshalb als sehr stressreich empfunden werden, weil er kaum vorhersehbar, planbar und durchschaubar ist.

Es besteht laut Wagner et al. (2001:19) ohnehin schon eine Verhaltensunsicherheit bei Lehrern, die durch die „Komplexität der pädagogischen Aufgaben und der Widersprüchlichkeit und Diffusität von Anforderungen“ entsteht. Gerade in so prekären Lagen wie interkulturellen Konfliktsituationen verstärkt sich die-se Unsicherheit weiter und führt zur psychischen Belastung. Konflikte haben einen wesentlichen Anteil am Unbehagen der Lehrkräfte. „Feeling deskilled shakes teachers’ confidence in their own perception of routinely desirable activities, and may lead to growing dissatisfaction [...], thus contributing to teach-ers’ stress“ (Ben-Peretz 1996:195). Der Zusammenhang zwi-schen Stress, Konflikten und beruflicher Unzufriedenheit ist of-fenkundig. Lehrende, die sich oft in konfliktträchtigen Situatio-nen befinden, erleben andauernden Stress, der ihr persönliches und berufliches Selbstbild beeinflusst und zu Burnout führen kann (Buchwald / Hobfoll 2004). Die eingehende Untersuchung interkultureller Konflikte in der Lehrer-Schüler-Interaktion soll dazu beitragen, für die Zukunft hilfreiche Modelle der Bewälti-gung und adäquate Bewältigungsstrategien zu entwickeln. Wir geben nun einen Einblick in die Möglichkeiten der Bewältigung von Stress und Konflikten, insbesondere im Zusammenhang mit der Conservation of Resources-Theorie (dt.: Theorie der Res-sourcenerhaltung; Hobfoll 1998, Hobfoll / Buchwald 2004).

1.6 Bewältigung interkultureller Konflikte

Konfliktsituationen und der Versuch passende Bewältigungs-strategien zu entwickeln und zu evaluieren sind seit jeher Be-standteil der psychologischen Forschung. Wellendorf (1979:30)

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stellt Ende der siebziger Jahre fest „daß es eine Schwäche tradi-tioneller Formen des Umgangs mit Konflikten sei, jene meist gar nicht erst in Frage zu stellen“. Für ein differenziertes Verständ-nis sozialer Konflikte in der Schule sei es aber wichtig, die Art der Konflikte und die Techniken der Bewältigung zu analysieren. Es sei also notwendig, vernünftige Konfliktlösestrategien in den Vordergrund einer kritischen Betrachtung zu stellen.

Konfliktlösungs- und Stressbewältigungsstrategien werden der-zeit vermehrt untersucht, da sich Stress und Konflikterleben auf sehr viele Lebensbereiche des Menschen ausweitet und ihn be-einträchtigt (Buchwald 2006). Diese Beeinträchtigungen kön-nen ein starkes Ausmaß annehmen, bis hin zu körperlichen Krankheiten. In Bezug auf den Lehrerberuf ist bekannt, dass das Burnout-Syndrom (Buchwald / Hobfoll 2004) in vielen Fällen zur Lehrunfähigkeit oder frühzeitigem Ruhestand führt. Grundsätzlich möchten Menschen aber Konfliktsituation mög-lichst so bewältigen, dass ihnen keine Verluste entstehen und sie negative Konsequenzen vermeiden (Hobfoll 1998). Stressbewäl-tigung, auch Coping genannt, nennt man dabei alle Anstren-gungen einer Person mit Stresssituationen fertig zu werden. Richard Lazarus (1991) war einer der einflussreichsten Stress-forscher unserer Zeit, der mit seiner transaktionalen Stresstheo-rie seit den 1960er Jahren die Stressforschung stark prägte. Die Weiterentwicklung des transaktionalen Modells hat der ameri-kanische Stressforscher Stevan Hobfoll (1998) vorgenommen.

1.6.1 Die Theorie der Ressourcenerhaltung nach Hobfoll

Eine der vielen Besonderheiten der neuen Stresstheorie von Hobfoll (1998) ist darin zu sehen, dass sie neben den Ansätzen der kognitiven Stresswahrnehmung und Bewältigung auch die Umwelt bzw. den sozialen Kontext mit einbezieht. Subjektiv wahrgenommener sowie der tatsächlicher, objektiver Verlust von Ressourcen werden als hinreichende Auslöser für Stress betrachtet. Ressourcen die mit dem Auftreten von Stress in Zusammenhang stehen, sind einziger notwendiger Faktor um Stress zu verstehen. Nach Hobfoll (1998) können Ressourcen materielle Dinge sein, wie Auto, Haus und Kleidung, persönliche Ressourcen wie Intelligenz und soziale Kompetenzen. Bedin-gungsressourcen sind z. B. Gesundheit, Arbeit, Familienstand und unter Energieressourcen versteht er Geld, Zeit und Wissen. Die Bedeutung von Ressourcen kann variieren, je nach dem in welcher Familie, Gruppe und Kultur man lebt. Hobfoll (1998:51) führt die Kultur als wichtigen Faktor des Stresserlebens an, denn Stress ist „shaped by cultural experiences“. Ressourcen-management und Coping von Menschen verschiedener Klassen oder Kulturen unterscheiden sich:

„There also appear to be ethnic differences in coping behaviors which are not captured by current coping models. Differences in the emphasis placed on so-

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cial relationships, and the role others play in the definition of the self, can be noted across cultures“. (Monnier et al. 1998:5)

1.6.2 Das multiaxiale Copingmodell

Das multiaxiale Copingmodell als Teil der Theorie der Ressour-cenerhaltung hat sich empirisch bereits mehrfach bewährt (z.B. Buchwald 2002). Das Modell (s. Abb. 1) berücksichtigt neben der individuellen Stressbewältigung, abgebildet auf der Achse aktiv-passives Coping, soziale Bewältigung (prosozial-antisoziale Achse). Die Achse indirekt-direktes Coping soll vor allem kulturel-len Unterschieden bei der Bewältigung Rechnung tragen. Die drei Achsen schließen sich gegenseitig keinesfalls aus, z. B. kann antisoziales Coping gleichzeitig aktiv sein.

Abb. 1: Multiaxiales Copingmodell nach Hobfoll (1998)

Die Achse aktiv - passiv beschreibt, in welchem Ausmaß eine Person aktiv oder passiv bei der Bewältigung bzw. beim Aufbau von Ressourcen ist. Aktives Handeln setzt kontrolliertes und selbstbehauptendes, assertives Handeln voraus. Passives Coping wird durch Vermeidungsverhalten repräsentiert. Prosoziales Coping kann passive Anteile haben, wenn es sehr vorsichtig und mit Bedacht ausgeführt wird. Die Achse prosozial - antisozial beschreibt die soziale Dimension der Bewältigung und zeigt, auf welche Weise Menschen Stress gemeinsam, in der Interaktion miteinander bewältigen (Hobfoll / Buchwald 2004). Die Achse direkt -indirekt soll Bewältigungsverhalten in unterschiedlichen Kulturen aufdecken. In kollektiven Kulturen wird man eher indi-rekte Bewältigungsstrategien beobachten im Sinne einer sanf-ten Form des ‚auf etwas aufmerksam Machens’ ohne das der andere einen Gesichtsverlust erleidet, wohingegen man in indi-vidualistischen Kulturen Probleme eher direkt anspricht. Die drei Dimensionen des multiaxialen Copingmodells werden durch

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neun Bewältigungsstrategien erfasst (Hobfoll 1998, Hobfoll / Buchwald 2004):

• Assertiveness (selbstbehauptendes Handeln) bezeichnet den aktiven Willen zur Selbstbehauptung der handelnden Per-son, die mit Durchsetzungsvermögen ihre Konflikte bewäl-tigt.

• Avoidance (Vermeidungsverhalten) meint Bewältigung durch Vermeidung von Handlungen. Die Person zieht sich zurück, umgeht Probleme oder widmet sich anderen Din-gen zur eigenen Ablenkung vom Konflikt.

• Cautious action (vorsichtiges Handeln) bedeutet, alle Hand-lungszusammenhänge und möglichen Konsequenzen zu berücksichtigen. Erst nach sorgfältiger Abwägung aller Al-ternativen handelt man – daraus kann eine gewisse Passivi-tät resultieren. Die Strategie ist positiv konnotiert, denn sie impliziert Empathie, Respekt und Rücksichtnahme anderen gegenüber.

• Seeking social support (Suche nach sozialer Unterstützung) integriert andere in die Lösung von Konflikten, z. B. durch Erbitten von Rat oder Tat.

• Social joining (Team- bzw. Koalitionsbildung) umfasst den Versuch, Probleme gemeinsam mit anderen Mitmenschen zu lösen.

• Antisocial action (antisoziales Handeln) hat zur Intention, andere zu verletzen oder die Folgen negativer Handlungen bewusst zu ignorieren, um die Schwächen andere zum ei-genen Vorteil ausnutzen.

• Aggressive action (aggressives Handeln) sind bewusst ag-gressive Handlungen oder aggressives Auftreten, um ande-re abzuschrecken und zu unterdrücken.

• Instinctive action (instinktives Handeln) beschreibt sponta-nes, intuitives Reagieren, das sozusagen ‚versehentlich’ auch aggressiv und antisozial sein kann.

• Indirect action (indirektes Handeln) bezeichnet ein strategi-sches, diplomatisches Vorgehen, das man einsetzt um durch geschicktes Taktieren zur Problemlösung zu gelan-gen. Der gewünschte Erfolg liegt darin, dass das Gegenüber in gewisser Weise ‚von selbst’ richtig handelt. Der andere wird nicht direkt angewiesen und bevormundet und erfährt keinen Gesichtsverlust.

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1.6.3 Geschlechtsspezifisches Coping

Die bisherige Copingforschung belegt, dass sich Männer und Frauen bei der Bewältigung von Stress unterscheiden. Im Rah-men der Unterscheidung von problem- versus emotionsorien-tierter Bewältigung nach Lazarus (1991, Lazarus / Folkman 1984) zeigten sich Männer eher aktiv und problemorientiert, wohingegen Frauen mit emotionszentrierten Strategie an Prob-leme herangehen. Bei dieser Konzeptualisierung von Coping wurde aber soziales Coping vernachlässigt. Neuere Befunde deckten auf, dass Frauen Probleme aktiv bewältigen, dabei aber häufig zu prosozialen Bewältigungsstrategien greifen. Männer agieren unter Stress eher aktiv-antisozial (Hobfoll / Buchwald 2004, Starke 2000). Prosoziale Bewältigungsstrategien erklären maßgeblich die erfolgreiche Bewältigung von Frauen (Monnier et al. 1998).

2. Forschungsfragen der empirischen Studie

Wagner et al. (2001) stellen fest, dass es zwar Untersuchungen auf dem Gebiet der interkulturellen Konfliktforschung gibt, die-se aber meist älteren Datums und nicht anwendbar auf die ak-tuelle Problematik von interkulturellen Konflikten, die Lehrende im Schulkontext erleben. Alte Studien analysieren vielmehr die außerschulische Praxis oder sind bezüglich der aktuellen Zuwan-derungssituation und der zunehmenden Ausgrenzung auf-grund rassistischer Motive nicht mehr angemessen. Aktuellere Forschungsarbeiten berücksichtigen zwar die veränderten Ge-gebenheiten multinationaler Lernumgebungen, beschränken sich jedoch auf eine explorative Analyse der genutzten Strate-gien (Nassar-McMillan et al. 2006, Wagner et al. 2001). Die sys-tematische Passung der identifizierten Strategien mit den Be-wältigungsdimensionen eines Coping-Modell fehlt jedoch bisher.

Als Lösung bietet das multiaxiale Copingmodell in Kombination mit einem mehrdimensionalen Kulturmodell einen viel verspre-chenden Ansatz zur Erforschung kulturell begründeter Konflik-te, wie sie z. B. in der Schule stattfinden (Buchwald et al. 2007, Ringeisen i. D.). Langfristiges Ziel ist schließlich, Möglichkeiten aufzeigen interkulturelle Konflikte für Lehrende durchschauba-rer zu machen und ihnen damit präventiv entgegenzuwirken bzw. Bewältigungsstrategien ableiten zu können. Die hier vor-liegende Pilotstudie überprüft zunächst, ob das multiaxiale Co-pingmodell mit der dazugehörigen Messskala ‚Strategic Appro-ach to Coping Scale’ (abgek. SACS bzw. in der dt. Adaptation Stressbewältigungsinventar, abgek. SBI; Buchwald et al. i. D.) die Untersuchung von konfliktgeladenen Anspannungsmomen-ten von Lehrenden ermöglicht und deren Coping in interkultu-rellen Konfliktsituationen angemessen abbilden kann.

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1. Kann das multiaxiale Copingmodell die Realität der Bewälti-gungsstrategien von Lehrern in interkulturellen Konfliktsituatio-nen abbilden?

2. Welche Unterschiede bezüglich des interkulturellen Bewälti-gungsverhaltens lassen sich anhand des multiaxialen Copingmo-dells bei Männern und Frauen feststellen?

3. Empfinden die Lehrenden die genutzten Bewältigungsstrate-gien als effektiv?

3. Methode

Gegenstand der vorliegenden Studie waren die Aussagen von Lehrkräften zu interkulturellen Konfliktsituationen. Dazu muss-ten sich Lehrende in einem Interview in eine bereits vergangene, persönlich erlebte interkulturelle Konfliktsituation hineinverset-zen. Die Beschreibung ihres persönlichen Erlebens der Situation wurde dann mit Hilfe der qualitativen Inhaltsanalyse (Mayring 2007) ausgewertet. In einem zweiten Schritt wurde eine Kate-gorisierung der gewonnen Antwortreaktionen anhand der neun Bewältigungsmodi des multiaxialen Copingmodells vorge-nommen. Bei der abschließenden quantitativen Auswertung der Ergebnisse wurden folgende Aspekte berücksichtigt:

• Häufigkeit der einzelnen Bewältigungsstrategien,

• geschlechtsspezifische Unterschiede,

• subjektiv wahrgenommen Effektivität der Bewältigung.

3.1 Der Interviewleitfaden

Die vorliegende Untersuchung ist Teil eines groß angelegten Forschungsprojektes der Universitäten Wuppertal und Bremen sowie der Fachhochschule des Bundes (Münster) zu interkultu-rellen Konflikten in Schule, Aus- und Weiterbildung. Im Rahmen der Untersuchung wurden die Lehrer anhand eines halbstruktu-rierten Interviews zu ihrer Erfahrungen mit Multikulturalität im Schulkontext befragt, wobei das Augenmerk auf dem Umgang mit interkulturellen Konfliktsituationen lag. Die Interviewtechnik stellt eine besonders geeignete Methode zur Untersuchung von interkulturellen Bewältigungsstrategien an Schulen dar, da sie eine gute Möglichkeit bietet, die Wahrnehmung und Bewer-tungen von Lehrkräften nuanciert und ausführlich zu erfragen (Mayring 2007). Für die empirische Untersuchung wurden hier drei Items aus dem Interview ausgewählt und analysiert, die sich ausschließlich auf die Bewältigung einer vorher vom Lehrenden ausführlich beschriebenen Konfliktsituation bezogen, die im Kontext interkultureller Konflikte in der Schule aufgetreten war.

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Item 1: „Wie sind Sie mit der Situation umgegangen? Bitte be-schreiben Sie kurz, wie Sie sich verhalten haben.“

Item 2: „Haben Sie die o. g. Situation erfolgreich bewältigt?“

Item 3: „Bitte beschreiben Sie kurz, warum Sie die Situation er-folgreich bewältigen konnten oder nicht.“

Die Items 1 und 3 waren offen zu beantworten, bei Item 2 mussten die Lehrer sich zwischen „Ja“ oder „Nein“ entscheiden und dementsprechend ankreuzen.

3.2 Stichprobe

Die Interviews wurden mit 132 Lehrkräften durchgeführt, da-von waren 28% männlich (N = 37) und 72% weiblich (N = 95), ihr Durchschnittsalter betrug 45,2 Jahre. Der jüngste Lehrende war 25 Jahre und der älteste 64 Jahre alt. Die Erhebung der Daten begann in 2005, die meisten Daten stammen aus 2006/2007.

Die befragten Lehrenden waren alle in Deutschland aufgewach-sen und stuften sich im Hinblick auf die Nationalität zu 93% als Deutsch ein. Nahezu die gesamte Stichprobe (95%) der Lehren-den hatten Erfahrung im Unterrichten multinationaler Klassen, wobei als Durchschnitt eine Dauer von mehr als 13 Jahren an-gegeben wurde. Etwa die Hälfte der Stichprobe hatte bereits an einem interkulturellen Trainingsprogramm teilgenommen. Um eine große Variabilität in den Antworten zu erreichen, wurden Lehrer verschiedener Schultypen befragt, welche als Klassenleh-rer, Fachlehrer, Direktor oder Referendar beschäftigt waren. Die Mehrzahl der Schulen gehörte der Sekundarstufe an (Ge-samtschule, Haupt- und Realschule) mit annähernder Gleichver-teilung von Jungen und Mädchen pro Klasse.

Die Befragung fand in sechs verschiedenen Bundesländern statt. Während Bayern, Berlin, Baden-Württemberg und Nieder-sachsen nicht so stark repräsentiert waren, sind die Bundeslän-der Bremen mit 17,4% und Nordrhein-Westfalen, mit 44% am häufigsten vertreten. Bei 19% der Befragten fehlte die Angabe zum Bundesland.

Die ungleiche Verteilung von Lehrerinnen und Lehrern (Ver-hältnis 2,5:1) in unserer Stichprobe entspricht in etwa den rea-len Verhältnissen. Zum Vergleich werden die Veröffentlichun-gen des Statistischen Bundesamts von 2005/06 herangezogen. Demzufolge sind in den sechs Bundesländern der Stichprobe insgesamt 436.408 Lehrer und Lehrerinnen hauptberuflich tä-tig, davon sind 149.740 männlich. Das entspricht einem Ver-hältnis von 2,9:1.

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3.3 Weitere Instrumente

Nach Abschluss des Interviews wurde anhand eines standardi-sierten Fragebogenverfahrens, der Value Survey Method (VSM; Hofstede 2001), das kulturelle Werteprofil der Lehrenden erho-ben. Der VSM erfasst die vier Dimensionen Machtdistanz, Indi-vidualismus-Kollektivismus, Unsicherheitsvermeidung und Femi-nität-Maskulinität anhand von jeweils 5 Items. Alle Subskalen zeigten zufriedenstellende Reliabilitäten zwischen = .56 und .73.

In Übereinstimmung mit bisherigen Studien (vgl. Hofstede 1986, Hofstede 2006, Ringeisen et al. 2007b) zeigte sich für die Lehrer ein Kombination aus hoher Unsicherheitsvermeidung, geringer Machtdistanz, extremer geringer Maskulinität (= sehr hohe Feminität) und hoher Individualismus-Orientierung (siehe Abb. 2). Die deutsche Normstichprobe weist im Vergleich mo-derate Werte für Unsicherheitsvermeidung und Machtdistanz auf, zeigt aber ähnliche Ausprägungen für Maskulinität und Individualismus.

Abb. 2: Werteprofil auf den vier Kulturdimensionen nach Hofstede (links das Profil der aktuellen Stichprobe, rechts die Werte für Deutschland aus Hofstede 2006)

3.4 Auswertungsmethodik

Zur theoriegeleiteten Identifikation der Copingstrategien wurde die halbstrukturierte Interviewtechnik mit einer quantifizieren-den inhaltsanalytischen Auswertung verbunden. Den Antwor-ten der Lehrkräfte wurden inhaltliche Informationen entnom-men, die in ein Kategoriensystem eingeordnet und als solche weiterverarbeitet wurden (Gläser / Laudel 2006). Als Katego-

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riensystem dienten die neun Subskalen der SACS. Die 132 Text-stellen des Interviews wurden mit dem Textanalyseprogramm MAXQDA einer inhaltlichen Analyse unterzogen. MAXQDA ist ein Computerprogramm, das eine Textverwaltung und systema-tische Auswertung der Texte durch Codierung inhaltlich diffe-renziertere Beurteilungsschemata ermöglicht.

4. Ergebnisse

Bei der Kodierung wurden die einzelnen Fundstellen den Kate-gorien zugeordnet. Dieser Schritt wurde durch Dialog-Konsens von zwei Kodierern abgesichert. Textstellen, die sich nicht in die vorhandenen Kategorien einordnen ließen, gab es nicht.

4.1 Häufigkeit der Anwendung einzelner Strategien

Abbildung 3 zeigt die unterschiedliche Häufigkeit der Nutzung. Die Bewältigungsstrategie vorsichtiges Handeln wurde mit ca. 44% am weitaus häufigsten genutzt, gefolgt von selbstbehaup-tendem Handeln (16%) und indirektem Handeln (10%).

Abb. 3: Häufigkeit der Nutzung von Bewältigungsstrategien in %

Die Bewältigungsstrategien Vermeidungsverhalten, instinktives Handeln, Teambildung und Suche nach sozialer Unterstützung werden mit einer Häufigkeit von 5% bis 7% angewendet, Be-wältigung durch antisoziales (1,4%) und aggressives Handeln (3,4%) kamen selten vor.

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4.2 Geschlechtsspezifische Bewältigungsstrategien

Um die prozentuale Verteilung bei Männern und Frauen bezüg-lich der Häufigkeit der Anwendung einzelner Bewältigungsstra-tegien zu untersuchen, werden die neun Strategien in Säulen-diagrammen dargestellt, separat für männliche und weibliche Lehrende.

Abb. 4: Geschlechtsspezifische Nutzung der Bewältigungsstrategien in %

Die Nutzung der Strategien antisoziales und aggressives Han-deln erfolgte bei männlichen Lehrern (2,8% bzw. 5,6%) pro-zentual häufiger auf als bei Frauen (1,1% bzw. 3,2%). Mit Hilfe von Vermeidungsverhalten einen Konflikt zu bewältigen war ebenfalls bei männlichen Lehrern (13,9%) signifikant stärker ausgeprägt als bei Lehrerinnen (3,2%), genauso wie die Suche nach sozialer Unterstützung (Lehrer: 11,1% / Lehrerinnen: 6,5%). Strategien, die von weiblichen Lehrkräften öfter einge-setzt wurden waren das vorsichtige Handeln (Lehrerinnen: 51,6% / Lehrer:44,4 %) und Teambildung (Lehrerinnen: 9,7% / Lehrer 2,8%). Selbstbehauptendes Handeln wurde in der An-wendung von Lehrerinnen (18,3%) und Lehrern (16,7%) annä-hernd gleich oft gebraucht. Dies trifft auch auf die Strategien instinktives (Lehrerinnen: 7,5% / Lehrer: 5,6%) und indirektes Handeln zu (Lehrerinnen: 11,8% / Lehrer: 11,1%). Es bleibt festzuhalten, dass Männer und Frauen unterschiedlich bewältig-ten. Die Copingachse prosozial-antisozial verdient in diesem Zu-

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sammenhang besondere Beachtung. Mehrheitlich von Frauen genutzte Strategien waren vorsichtiges Handeln und Teambil-dung und von Männern wurde antisoziales, aggressives Han-deln, Vermeidungsverhalten und die Suche nach sozialer Unter-stützung häufig angewandt. Tendenziell bestätigt sich ein Trend, der in der Forschung bereits gut belegt ist, dass nämlich Männer eher antisozial und Frauen eher prosozial bewältigen (Hobfoll 1998, Buchwald 2002). Auffallend ist, dass Männer zwar öfter als Frauen die prosoziale Strategie der Suche nach Hilfe anwenden, diese aber als ineffektive Strategie erleben (s. u.). Bei der Bewältigungsstrategie Vermeidung zeigte sich der größte geschlechtsspezifische Unterschied.

4.3 Erfolgreiche versus erfolglose Bewältigung

Item 2 der vorliegenden Studie stellte die Frage nach der erfolg-reichen Bewältigung der beschriebenen Konfliktsituation. Es handelte es sich um eine geschlossene Frage, die mit „ja“ oder „nein“ zu beantworten war, einige Lehrende beantworteten diese Frage dennoch mit „teils/teils“. Es sind 129 Ergebnisse die zu insgesamt 146 kategorisierten Aussagen führten.

Bewä lt igungsstrategie bewältigt teils/ teils nicht

bewältigt

antisoziales Handeln 2 - -

aggressives Handeln 5 - -

selbstbehauptendes Handeln 18 3 2

indirektes Handeln 10 2 3

vorsichtiges Handeln 35 12 17

instinktives Handeln 3 - 6

Vermeidung 2 1 5

Teambildung 5 2 3

Suche nach sozialer Unter-stützung

2 1 7

Abb. 5: Übersicht über die von Lehrenden subjektiv wahrgenommene Effek-tivität der Bewältigungsstrategien

Aus den Ergebnissen lässt sich schließen, wie oft die jeweiligen Bewältigungsstrategien angewendet wurden und ob die Leh-renden diese jeweils als erfolgreich oder erfolglos empfanden. Antisoziales Handeln wurde nur zweimal gewählt, aggressives

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Handeln trat als Strategie fünfmal auf und beides wurde zu 100% als erfolgreich empfunden. Das selbstbehauptende Han-deln wurde in 23 Fällen gewählt und in fast 80% der Fälle als erfolgreich angesehen, dabei fielen 11% fielen in den Bereich ‚teils/ teils’ und nur ca. 9% empfanden diese Art der Konflikt-bewältigung als nicht erfolgreich. Indirektes Handeln wurde 15-mal gewählt und etwa 67% erlebten diese Strategie als erfolg-reich, 13% bewältigen damit zum Teil erfolgreich und in 20% der Fälle wurde es für nicht erfolgreich gehalten. Die signifikant meist gewählte Strategie vorsichtiges Handeln wurde zumeist (54,7%) als erfolgreiche Bewältigungsstrategie empfunden, 18,75% fanden es zum Teil und 26,6% gar nicht erfolgreich. Teambildung wurde 10-mal als Strategie angegeben und zu 50% als erfolgreich angesehen, 20% fanden es teilweise und 30% nicht erfolgreich. Das instinktive Handeln ist neunmal ver-treten, wurde in einem Drittel der Fälle als nützliche Bewälti-gungsstrategie gesehen und ist in 74% der Fälle als erfolglos eingestuft worden. Vermeidungsverhalten tritt in acht Fällen auf und wurde ebenfalls meist als erfolglos bewertet (62,5%), 25% sehen es als erfolgreiche Bewältigungsstrategie an, 12,5% fanden es teilweise erfolgreich. Die Suche nach sozialer Unter-stützung wurde ebenfalls in 10 Fällen genutzt und nur 20% erlebten dies als erfolgreich, 10% empfanden es teilweise und 70% gar nicht erfolgreich.

4.4 Geschlechtsspezifisch erfolgreiche versus erfolglose Bewältigungsstrategien

Aus den bisher vorliegenden Ergebnissen der Untersuchung lässt sich ableiten, dass die Bewältigungsstrategien selbstbe-hauptendes, indirektes, vorsichtiges, antisoziales und aggressi-ves Handeln sowie Teambildung als erfolgreiche Verhaltenswei-sen erlebt wurden und instinktives Handeln, Vermeidung und die Suche nach Unterstützung als erfolglos empfunden wur-den. Für Lehrerinnen ergibt sich daraus, dass ihnen zwei von drei ihrer meist gewählten Copingstrategien als erfolgreich er-schienen. Sie erlebten damit ihre Konfliktbewältigung insgesamt öfter als erfolgreich als männliche Lehrkräfte. Diese nutzen vier Bewältigungsstrategien besonders häufig und betrachteten zwei davon als eher erfolglose Strategien (Suche nach Unter-stützung und Vermeidung).

5. Diskussion

Im Zuge von Globalisierung und zunehmender Interkulturalität an Schulen bekommen interkulturelle Konfliktsituationen für Lehrende eine neue Tragweite. Konflikte an Schulen gab es schon immer, aber das Aufeinandertreffen von unterschiedli-

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chen Kulturen hat sich in den letzten Jahren verstärkt. Unter-schiedliche Kulturen führen bei Menschen zu verschiedenen kulturellen Identitäten und erzeugen andere Situationswahr-nehmungen. Die ‚kulturelle Brille’ (Ringeisen et al. 2006:12) dient hier als passende Bezeichnung für differente Wahrneh-mungen ein und derselben Situation. Dies ist in vielen Fällen die Erklärung für die Entstehung von Konflikten sowie die Tatsache, dass sie meist ungewollt entstehen und zugleich schwer durch-schaubar sind.

Konfliktsituationen bedeuten für die Beteiligten Unbehagen und Stress. Diese Arbeit versucht eine differenzierte Betrachtung von kultur- und geschlechtsspezifischer Bewältigung und wählt als theoretische Grundlage das multiaxiale Copingmodell (Hob-foll 1998), erfasst durch den Fragebogen Strategic Approach to Coping Scale (SACS) mit neun Subskalen. Diese neun Stress-bewältigungsstrategien dienten hier zur Kategorienbildung bei der inhaltsanalytischen Auswertung von Lehrerinterviews. Unse-re zentrale Frage war, ob das multiaxiale Copingmodell die Reali-tät der Bewältigung von Lehrenden abbilden kann (Forschungs-frage 1). Die Ergebnisse bestätigen dies deutlich. Bei der Aus-wertung fiel auf, in welch eindeutiger und klarer Weise die Ein-ordnung der Lehreraussagen in die Kategorien erfolgen konnte. Alle neun Kategorien wurden benötig, es musste weder eine zusätzliche Kategorie eröffnet werden, noch eine Restkategorie für nicht zuzuordnende Aussagen. Dies spricht für die ausge-zeichnete Anwendbarkeit des multiaxialen Copingmodells, das offensichtlich ein weites Verhaltensspektrum männlicher und weiblicher interkultureller Konfliktbewältigung von Lehrkräften erfassen kann.

Neben der sehr guten Passung zwischen den berichteten Stra-tegien und den Bewältigungsmodi im multiaxialen Coping-Modell, stimmen sowohl die Wahl der Strategien als auch ihre berichtete Wirksamkeit mit dem kulturellen Profil der Lehrer-stichprobe überein (vgl. Hofstede 1986, Hofstede 2006, Ringei-sen et al. 2007b). Es zeigt sich eine Kombination aus hoher Un-sicherheitsvermeidung, geringer Machtdistanz, extremer gerin-ger Maskulinität (= sehr hohe Feminität) und hoher Individua-lismus-Orientierung (siehe Abb. 2).

Die signifikant meistgenutzte Strategie war vorsichtiges Han-deln. Eine derartige Bevorzugung dieses Vorgehens mag an der eingeschränkten Perspektive bzw. „kulturellen Brille“ liegen, die interkulturelle Konflikte nicht vollständig durchschaubar er-scheinen lassen. Es liegt nahe, interkulturelle Konflikte zunächst zu versuchen durch vorsichtiges Vorgehen behutsam aufzulö-sen und sich dabei nicht auf unsicheres Terrain zu begeben, das einem selbst schwer durchschaubar erscheint. Ein solches vor-sichtiges Agieren ist zugleich bezeichnend für deutsche Lehr-

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kräfte, die sich durch hohe Unsicherheitsvermeidung auszeich-nen (Hofstede 1986, Hofstede 2006, Ringeisen et al. 2007b). Vorsichtige, umsichtige und vorausplanende Aktionen, verbun-den mit einer genauen Überlegung der einzelnen aufeinander folgenden Handlungsschritte in der Konfliktsituation sind ty-pisch für die Strukturiertheit der Lehrenden im deutschen Bil-dungssystem. Bedenkt man, dass sie zudem innerhalb ihres in-stitutionellen Rahmens handeln, versteht man das vorsichtige Vorgehen noch besser: Handlungen in Konfliktsituationen müs-sen nicht nur persönlich vertretbar sein, sondern zugleich kon-form mit dem System Schule.

Im Umkehrschluss kann das möglicherweise auch erklären, wa-rum die befragten Lehrer antisoziale Bewältigungsstrategien nur sehr selten anwendeten. Im schulischen Kontext ist dies keine sozial erwünschte Verhaltensweise und nur in Ausnahme-fällen zur Durchsetzung von Regeln und Normen adäquat. In Übereinstimmung mit bisherigen Studien mit deutschen Lehr-kräften wiesen auch die Lehrer in der aktuellen Studie zudem eine geringe Machtdistanz auf (vgl. Hofstede 1986, Hofstede 2006, Ringeisen et al. 2007b). Dies spiegelt sich ebenfalls ein-deutig in der minimalen Nutzung aggressiv-antisozialer Bewälti-gungsstrategien wider. Das Lehrer-Schüler-Verhältnis folgt hier eher demokratischen als autoritären Regeln. Nur sieben Lehrer haben diese Strategien bemüht. Die Nutzung der Kategorie in-direktes Handeln im schulischen Rahmen zeigt erneut, dass die befragten Lehrer dem Schüler nicht auf eine autoritäre Art und Weise entgegen treten, sondern einer geringen Machtdistanz-ausprägung gerecht werden und respektvoll und schülerorien-tiert handeln. Hobfoll hat das indirekte Handeln in sein multiaxi-ales Copingmodell aufgenommen, da er besonders kulturellen Unterschieden in kollektiven versus individuellen Gesellschaften gerecht werden wollte. In kollektivistischen Gesellschaften möchte man Harmonie bewahren und direkte Auseinanderset-zungen vermeiden. Regelverletzungen führen dort zu Beschä-mung und Gesichtsverlust für einen selbst und die Gruppe, so-dass man indirekt vorgeht, um einen direkten Gesichtsverlust zu vermeiden. In Untersuchungen bei Prüfling-PrüferIn-Dyaden von Buchwald (2002, 2007) zeigte sich bereits, dass indirekte Bewäl-tigungsstrategien trotz der individualistisch ausgerichteten deutschen Gesellschaft doch eine entscheidende Rolle bei der Stressbewältigung im deutschen Kulturraum spielen, und zwar in Dyaden mit Hierarchiegefälle. Anscheinend ist indirektes Agie-ren in der Lehrer-Schüler-Interaktion eine angezeigte Form der Bewältigung. In interkulturellen Konfliktsituationen agierten die Lehrkräfte dementsprechend sehr umsichtig, die Harmonie be-wahrend und vermieden Gesichtsverluste. Die Indirektheit lag darin, Schülern aus verschiedenen Kulturen eine gegenseitig akzeptierende Haltung nahe zulegen, indem z. B. spezielle Un-

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terrichtsthemen ausgewählt wurden, die auf interkulturelle Konfliktauslöser fokussierten. Die Intention der Lehrende be-stand u. a. darin, den Schülern nicht direkt mangelnde interkul-turelle Kompetenz vorzuwerfen, sondern sie auf indirekte Weise zur Reflektion kulturell unterschiedlicher Normen und Werte anzuregen.

Andererseits gab es aber durchaus Belege, für die individualis-tisch geprägte Art der Bewältigung von Lehrenden. So findet sich in der vorliegenden Studie eine verhältnismäßig geringe Nutzung der Strategien Teambildung und Suche nach sozialer Unterstützung wieder. Diese beiden Strategien implizieren den Miteinbezug weiterer Personen zur Konfliktlösung, also einem eher kollektiven Vorgehen. Sie wurden in der Untersuchung jedoch in nur 20 Fällen genutzt. Dies unterstreicht das ausge-prägte ‚Einzelgängertum’ der Lehrenden im hiesigen Schulsys-tem (Schaarschmidt / Kieschke 2007).

Die Befunde bezüglich der geschlechtsspezifisch bevorzugten Bewältigungsstrategien (Forschungsfrage 2) stimmen weitest-gehend mit bisherigen Forschungsbefunden überein. So zeigte sich, dass Frauen besonders prosoziale Strategien nutzen, und zwar bevorzugt vorsichtiges Handeln und Teambildung. Ebenso sind die Bewältigungsstrategien antisoziales und aggressives Handeln mehrheitlich von männlichen Lehrern genutzt worden, ebenfalls ein häufig belegter Befund (Hobfoll 1998). Es zeigte sich außerdem, dass Männer besonders häufig Vermeidungs-verhalten an den Tag legten. Dies ist keine typisch männliche Verhaltensweise und wurde im Rahmen des transaktionalen Stresskonzepts nach Lazarus (1991) eher bei Frauen gefunden. Es könnte darauf hinweisen, dass Männer interkulturellen Kon-flikten aus dem Weg gehen, da sich davon überfordert fühlen. Für eine Überforderung spricht auch, dass gerade Männer oft nach sozialer Unterstützung und Hilfe gesucht haben, dies aber wiederum als ineffektiv empfanden. Hier sollte in zukünftigen Untersuchungen u. a. der Frage nachgegangen werden, ob sich vielleicht gerade in geschlechtsheterogenen Lehrer-Schüler-Interaktionen Vermeidungsverhalten zeigt. Denkbar wäre, dass eine männliche Lehrkraft in interkulturellen Konflikten mit einer weiblichen Schülerin besondere Zurückhaltung übt, Angst hat sich falsch zu verhalten und Hilfe und Unterstützung sucht.

Für den Lehrerberuf anscheinend eher untypische Formen der Bewältigung sind die beiden sozialen Strategien Teambildung und Suche nach sozialer Unterstützung. Sie sind in den Ant-worten seltener wieder zu finden. Auffällig ist, dass die Strate-gie Teambildung eher von Lehrerinnen, die Strategie Suche nach sozialer Unterstützung jedoch mehrheitlich von Lehrern genutzt wurde. Dieser Befund weicht ab von den bisher erlang-ten Erkenntnissen in der Social Support-Forschung (Greenglass

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1993), wo sich diese Strategien durchgehend bei Frauen zeig-ten. Eine nahe liegende Erklärung für das hier festgestellte Er-gebnis, ist die bereits angesprochene Tendenz zum Einzel-kämpfertum, die der Berufsgruppe der Lehrenden generell at-testiert wird (Schaarschmidt / Kieschke 2007).

Die 3. Forschungsfrage bezieht sich auf die von Lehrenden empfundene erfolgreiche versus erfolglose Bewältigung der erlebten Situation. Geht man davon aus, dass aggressiv-antisoziale Strategien in der Schule keine schätzenswerten Ver-haltenweisen sind, so ist auffällig, dass sie hier als erfolgreich erlebt wurden. Vor dem Hintergrund der Kulturdimensionen Hofstedes könnte man zu der Vermutung gelangen, dass sich diese Interaktionen möglicherweise mit Schülern aus einer Kul-tur mit hoher Machtdistanz ereigneten. Sie erwiesen sich viel-leicht deshalb als erfolgreich, weil sie aus einer Schülerperspekti-ve mit kultureller Prägung zu hoher Machtdistanz (z. B. aus der Türkei, Südamerika) dem Machtverhältnis zwischen Lehrenden und Lernenden durchaus entsprachen und der Schüler sich durch die aggressive Ansprache den von ihm als angemessen erlebten Machverhältnissen sofort unterordnete. Auch auf das selbstbehauptende Handeln, das ebenso weitestgehend als er-folgreich empfunden wurde, ließe sich diese Annahme in An-sätzen anwenden. Vor allem entsprechen aber diese Strategien einer maskulinen Gesellschaft und werden wahrscheinlich auch deshalb als adäquat und erfolgreich betrachtet. In weiteren Un-tersuchungen sollte die dyadische Untersuchung solcher Inter-aktionen unbedingt miteinbezogen werden, um dieser Frage-stellung weiter nachzugehen. Die meisten Lehrenden, die ein indirektes Handeln wählten waren ebenso der Ansicht, den Konflikt erfolgreich bewältigt zu haben.

Zu den als erfolglos erlebten Strategien zählten instinktives Handeln, Vermeidungsverhalten und interessanterweise auch die soziale Strategie Suche nach sozialer Unterstützung. Hier ließe sich fragen, ob ein Zusammenhang zwischen der negati-ven Bewertung der Bewältigungsstrategien und dem Ge-schlecht, welches diese Strategien genutzt hat, besteht. Im Falle von Vermeidung, mehrheitlich von Männern genutzt, bestünde die Möglichkeit, dass diese Strategie auch deshalb von Männern als erfolglos bewertet wurde, weil sie nicht den sonst für ihr Geschlecht typischen aktiven, problemorientierten Strategien entspricht. Dieselbe Überlegung ließe sich für die Suche nach sozialer Unterstützung anstellen, das dem Stand bisheriger For-schungen entsprechend eine eher frauentypische Strategie ist, in der vorliegenden Studie aber wiederum mehrheitlich von männlichen Lehrern benutzt und dabei zu 70% nicht als erfolg-reiche Bewältigungsstrategie empfunden wurde. Eventuell emp-fanden die männlichen Lehrenden aber auch die Art der Hilfe

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nicht als adäquat. Instinktives Handeln widerspricht zudem dem Bedürfnis nach Unsicherheitsvermeidung.

Die auffällig oft gewählte Strategie vorsichtiges Handeln gehört nach den vorliegenden Ergebnissen in die Kategorie der Strate-gien, die bei den Lehrern ein Gefühl von erfolgreicher Bewälti-gung hinterließen. Dazu ist aber anzumerken, dass immerhin noch fast 20% diese Strategie nur teilweise erfolgreich fanden. Dies deutet darauf hin, dass dabei zwar ein Gefühl positiver Be-wältigung vorherrschte, aber immer noch viel Unsicherheit in der Nutzung dieser Strategie liegt, so dass nicht von einer zu-frieden stellenden Konfliktbewältigung gesprochen werden kann.

Die Dimension Femininität-Maskulinität lässt sich auf die Ergeb-nisse der vorliegenden Studie nur unter Vorbehalt anwenden. Die Lehrkräfte des deutschen Schulsystems haben nach Hofste-de (2001) eine eher maskulin ausgerichtete Ausprägung. Die Ergebnisse der eigenen Untersuchung aber sprechen eher für eine feminine Ausprägung deutscher Lehrer. Die Nutzung von Bewältigungsstrategien, die dieser Prägung entsprechen ist durchweg von beiden Geschlechtern gleichermaßen häufig er-folgt. Selbstbehauptendes Handeln wäre nach Hofstede eine typisch männliche Verhaltensweise in maskulin ausgeprägten Kulturkreisen, wurde hier aber gleichermaßen von Lehrerinnen und Lehrern genutzt worden. Soziale Strategien, die in maskuli-nen Gesellschaften reine frauentypische Bewältigungsformen sein müssten, wendeten wiederum Lehrkräfte männlichen wie weiblichen Geschlechts in annähernd gleicher Zahl an.

Insgesamt sind 82 der Konflikte mit Hilfe von Bewältigungsstra-tegien erfolgreich bewältigt worden, 43 Konflikte wurden nicht erfolgreich bewältigt und bei 21 der erlebten Situationen waren die Lehrenden sich nicht sicher. Die Mehrzahl der Konflikte wurde also als bewältigt angesehen, jedoch ist die Anzahl der erfolglos bewältigten Konflikte und solcher, die ein Unsicher-heitsgefühl hinterließen immer noch hoch. Demnach erleben Lehrende zwar Stress in interkulturellen Konfliktsituationen an der Schule, sind aber nicht ausreichend in der Lage, damit um-zugehen. Dies trifft vor allem auf männliche Lehrende zu. Eine weitergehende Forschung und Auseinandersetzung mit der aktuellen Thematik ist also angezeigt. Das multiaxiale Coping-modell hat sich dafür als geeignet erwiesen und liefert zu-kunftsweisende Anregungen für die Schulpraxis.

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