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B. GnV~Nzw~IG, ProteinkSrpertherapie bei StSrungen usw. 57

5. Herr B. G r u e n z w e i g (Mghr. Ostrau):

Proteinki irpertherapie bei St6rungen im vegetat iven Nervensystem.

Bei I)atienten n i t StSrungen im vegetativen Nervensystem nache ich seit 17 Monaten systenatisch ProteinkSrpertherapie. l~ber meine Erfahrungen wie auch Erfolge Will ich hier kurz beriehten. Soweit n i r die deutsche Literatur zugiinglich war, hat niemand die Prot. bei vege- tativen StSrungen systematisch angewendet, obwohl viele den Einfluft der Prof. vermuteten und angegeben haben (N o n n e n b r u c h u. a.), nut bei G u i 11 a u m e finder diese Behandlungsnethode eine Wtirdi- gung, wenn aueh nut in einem Satz und das nur nebenbei, obwohl das Werk eine Monographie yon grol~en Umfang ist. Deswegen ffihle ich n i eh fast verpflichtet die Wahrnehnungen, die ieh gemaeht babe, hier, wo das Thema eben behandelt wird, vorzulegen, speziell da ich sehr gute Erfolge erzielt babe. Da mir als praktisehen Arzt keine wissen- schaftliehen BeheKe zur Verfiigung standen, habe ieh die Diagnose der St5rungen im vegetativen Nervensysten nut auf Grund der S y n p t o - m a t o 1 o g i e gestellt. Sorgfiiltig sammelte ieh die A n a n n e s e , sowohl die p e r s S n l i c h e , wie aueh die F a n i l i e n a n a m n e s e , da ja die StSrungen faniliiir auftreten, wenn aueh in versehiedenen Endorganen. So hatte ein Urticariafall eine Schwester mit Ule. ventr., sein Vater lift an Asthma bronehiale, Ein Herzneurotiker hatte einen Bruder, der Stotterer war. Von den ffinf SShnen eines Hypertonikers hatten die zwei ~ltesten nornalen Tonus, der dritte war ein Hypotoniker (90 rim), der vierte Sohn, 31 Jahre alt, und der fiinfte 30 jahrige hatten 175 mm, bei seinen TSehtern war der Tonus bei der 33 j~hrigen 140 rim, bei der jiingsten - - 26 jiihrigen - - 95 n n . Die genaue Anannese er- g~nzte ieh dutch die Untersuchung des Patienten und fahndete naeh d e n Pulsus irregularis respiratorius, C z e r m a k , E r b e n , 0 r t n e .r, A s c h n e r , naeh der Art der Dermographie, H5he des Tonus usw. Ieh iibergehe sehon das einfache Symptom, das n i t anfgefallen ist, dal] der H/indedruek bei der Begriil3ung oft eine kaltversehwitzte Hand zeigte. Die Gewiehtsabnahme in den letzten Monaten und Jahren, das Benehnen des Patienten, seine Weitsehweifigkeit, die Beredsamkeit in der Sehilderung seiner Beschwerden, die hgufig mitgebraehte sehrift- liehe Aufzeiehnung derselben, damit er ,,ja niehts vergesse" usw., das Symptom yon L u b 1 i n s k i , wie aueh der sog. negative Befund der Erfolgsorgane fiihrten n ich zur Annahme, dag ich es mit einer StSrung im vegetativen Nervensystem zu tun babe. Die von n i t angewendete

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58 B. GR~sszwsiG

Therapie besteht aus fiinf Aolaninjektionen s 1 ec*n (in Wirklichkeit sind in der Phiole etwa 2 ee.n), jeden dritten Tag eine Injektion, evtl. eine Atropaverintablette ts und nach der Injektionskur ein Kalk- priiparat (Calciu.n Sandoz). Bis jetzt habe ieh auf diese Weise 99 F/ille behandelt, davon waren:

M ~ g e n . . . . . . . . . . . . D ~ r m ( O b s t i p ~ t i o n - D i a r r h 6 e ) . . G ~ l l enb l ~se . . . . . . . . . . P ~ n k r e a s . . . . . . . . . . . M i g r ~ n e , V e r t i g o , C e p h M g i ~ . . t t e r z . . . . . . . . . . . . ] - I y p e r t h y r e o i d i s r n u s . . . .. . . A s t h m a b r o n e h i ~ l e . . . . . . H e u s c h n u p f e n . . . . . . . . t t y p e r t o n i e . . . . . . . . . . U r t i c a r i a , O e d e m ~ Q u i n e k e ,

E k z e m ~ . . . . . . . . . . N e u r a l g i e . . . . . . . . . . D y s m e n o r r h 6 e . . . . . . . . N e u r o s i s t r ~ u m ~ t i e a . . . . . . A d i p o s i t ~ s . . . . . . . . . .

Anzahl der

]?~ille

16 14

]

1 20 ,o

2 1

11

lggnaer Franen

6 10 8

1 - - 1 2 i ] 8 1 3 2 3

2 9

3 i 3

1

I durch mehr. I i ~on~te be- Ge- ~ v e r d e f r e i bessert

9 10

1

13 8 3 1

5

2

Ohne Effolg

4 3 4

6 1 1 1

1 - - 1 9 2

In Einzelheiten einzugehen ist bier keine Zeit, nur generaliter will ich hervorheben, dal~ die zahlreichen Magen-Dar.nfglle fast alle genesen sin& Die Monate, sogar Jahre dauernde spastische Obstipation bes- serte sieh zusehends. Als phar.nakologisehe Probe gab ieh 5fters Atropa- verin oder Vasano 1 .nal tgglich eine Tablette zu*n Frfihstiiek. Bei vielen Fs habe ieh aueh das unterlassen und nut Aolan gegeben. Eine Kolitis, die woehenlang dauerte - - es handelte sieh u.n einen Kollegen - - besserte sieh sohlagartig gleieh naeh der ersten Injektion. Der Kollege ka.n gltiekstrahlend zur zweiten Injektion *nit der Nach- richt, dab er endlieh einen gefor.nten 8tuhl hatte, wobei er eigentlieh keine spezielle Dii~t einhielt. I%eh interessanter ist der Fall, welcher zwar unter den Herzfgllen registriert ist, der aber auch E.notionsdiar- r1~Sen hatte. Wie bekannt, s sieh die St6rung des vegetativen Nervensyste.ns selten in einem Organ (D r e s e 1 s ,,intensive para- sy.npathisohe Funktionssteigerung") und weehselt *nit der Zeit den Sitz, indem sie ein anderes Organ angreift, z. B. vet Jahren Urticaria, naehher Herzneurose *nit Arhythmie, spgter nnstillbares Erbreehen *nit Vertigo usw. Nun zuriickgehend zu de.n Patienten ,nit den E.no- tionsdiarrhSen, der aus einer nervSsen Familie sta.n.nt. Er hatte das

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Proteink6rperther~pie bei S~Srungen im vege~ativen Nervensystem. 59

Peeh, in Karlsbad, we er eben zur Kur war, einen Passanten auf der Strage an einem Herzsehlag sterben zu sehen. Seit dieser Zeit Iebte er in der Vorstellung, dal~ aueh ihn der Sehlag treffen mug, nnd er bekam 5frets Anf~ille yon Sehluekbesehwerden, Wiirgegefiihl and Regurgi- tation, Pressen im Hinterkopf ,,als wiirde das gauze Blur ibm in den Kopf steigen", er wiirde ganz rot im Gesieht, und der Anfall endete gewShnlieh mit eirter DiarrhSe. Im Restaurant oder Kaffeehaus saBer immer bei der Tilt, da sehon oft der Anbliek der Suploe oder des Kaffees und das. gesehlgssene Lokal die Sehluekanfglle und das Erstiekungs- geftihl herbeifiihrten; er zahlte die Zeehe im voraus, nm nut ins Freie davonlaufen zu kSnnen. Piinktlieh wie eine Uhr stellte er sieh bei mir ein, sobald in der Chronik des Naehmittagsblattes Bin plStzlieher Todes- fall gemeldet wurde. Naeh der Kur (Aolan, Atropaverin, Calcium Sandoz) verl0r er alle diese Symptome, und ieh sah ihn unlgngst in einem Restaurant gemiitlieh sein igittagessen verzehren - - nieht bei der Tiir.

Die Magensymptome, Me tIwloeraeidit~it, Gastralgie, AufstoBen, Sodbrennen, Druek im Magen, Ubelkeit, Erbreehen versehwanden naeh der Kur, nur bei einem Patienten mul3te ieh naeh 9 Monaten die Injektionen wiederholen. Herzneurosen mit allen mSgliehen Sen- sationen und Arh~hmien reagierten sehr gut auf die ProteinkSrper- therapie. Kolofsehmerzen , Sehwindel, Migrgne wurden entweder g~inz- lieh beseitigt oder zeigten monatelange Remissionen. Bei allen diesen Patienten beobaehtete ieh genau die G e w i e h t s z u n a h m e , welehe aueh ein Mal3stab der Besserung, des Ansehlagens der Kur war. Die in der Anamnese angegebene Gewiehtsabnahme maehte Platz einer Zunahme sehon wghrend der Injektionen, was das GewShnliehe war, oder erst naeh beendeter Kur. Bis 12 kg Zunahme in 1--8 Woehen babe ieh gesehen. Ein sehwerer Hyperthyreoidismusfall, der yon 61,5 kg auf 18,5kg heruntergekommen war (in I Monaten, davon 1 Monat im Sanatorium), nahm W~ihrend,der Injektionen, also in 12 Tagen, 3 kg zu, nm dann gleieh naehher noch weitere 3 kg zuzunehmen. J e r a p i d e r die Gewiehtsabnahme vor der Kur, desto s e h n e 11 ~ e r die Gewiehtszunahme wghrend und naeh der Kur. Dal~ die Protein- therapie bei Asthma yon Erfolg ist, ist niehts Neues. Dagegen versagte sie mir vollstiindig bei einem tIeusehnupfenfall. Eine ehronisehe Urti- caria bei einem Junggesellen, der auf die Restaurationskost angewieSen war, besserte sieh bedeuterid, indem die Rezidive je 3--4 Wochen kamen und nut far halbe Stunden, w~ihrend sie friiher Tage und Woehen dauer- ten, d a g e g e n versehwand ggnzlieh ein ehronisehes Ekzem der

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60 B. GRUI~NZWEIG, ProteinkSrpertherapie bei St6rungen.

Hgnde und in den AchselhShlen, welches kombiniert war mit Dysme- norrhSe, Kopfschmerzen und abwechselnd Obstipation und DiarrhSe. Ein Odema Quincke Joei einer Patientin, die vor Jahren wegen Struma und Tachykardie mit R5ntgen bestrahlt wurde, reagierte prompt, und die intelligente Patientin behauptete, dal~ sie sich noch nie so frisch und stark fiihlte, wie jetzt. Diese E u p h o r i c ist eharakteristiseh, ich mSehte sagen ein Ex-juvantibus-Zeichen far die Richtigkeit der Diagnose: Ein 5~j~hriger Patient, welcher hunderte Klagen bei der crsten Ordination vorbrachte, die fast alle auf die spa stische Obstipa- tion zurfickgefiihrt werden konnten, behauptete noch 7 Monate nach der Kur, da[~ er sich iung und kr~tftig fiihle, dag sich sogar die Potenz bei ibm besserte. Ich sah auch Erfolge bei DysmenorrhSen sowohl bei Frauen, wie auch bei ~dehen .

Die essentielle ttypertonie mit allen ihren Synonyma ist nach Ansich~ yon P a l , D r e s e l , K y l i n , K r a u s , M u n c k und andereneine vegetative Neurose. Auch die Hypotonie, die ich so oft bei meinen Patienten als 1Nebenbefund fcstgestellt babe, ist ein Symptom der StSrung im vegetativen Nervensystem (K y 1 i n u. a.). Da mir die Proteink5rper- therapie so gute Dienste bei anderen Neurosen.leistete, babe ich nun be- schlossen, die Prot. bei Hypertonie anzuwenden. Leider hatte ich im Laufe der ganzen Zeit nut 3 Patienten mit essentieller I-Iypertonie, und keine~ unterzog sich der Kur, die einen glaubten gar nicht, da[t sie krank sind, trotzdem der Tonus 175 mm iiberstieg, die anderen aus Mangel an Gclegenheit. Ich versuchte daher die Prof. bei sekund~rer Hypertonie, und zwar auch dort, wo schon anatomische Ver~nderungen bestanden (Herz, Niere, Augenblutungen, Apoplexien), und dann bei Klimakte- rischen usw. Abet auch die Beobachtung dieser F~lle zeigte viele Eigen- tiimliehkeiten, welehe ich hier hervorheben will. Was die Klimakte- risehen anbelangt, sind die Werte yon 210 auf 175, yon 175 auf 135, von 178 auf 138 gesunken. Wichtiger ist aber, dal] die subjektiven Symptome, die das Klimakterium so oft mit sich bringt, also alle die l~stigen Sensationen, die ieh bier nicht aufz~hlen mul3, nachliel3en oder verschwanden. Das Klimakterium ist abet kein Mal3stab, da aueh spon- tan Besserungen eintreten kSnnen. Besser illustrieren den Erfolg die Fglle, wo Iange Zei~ naeh Apoplexien die Kur gemaeht wurde: der Btutdruek sank yon 210 auf 175 mm (vorm.),' das Flimmern vor den Augen, Me aueh der Schwindel verschwand. Bei einem Fall mit Claudicatio inter- mittens und Hypertonie sank der Blutdruck yon 175 anf lg0, und das Gehen wurde wieder mSglieh. Auch die Falle, wo die Niere schon

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L. (IUTTMANN, Die nerv6sen Leitungsbahnen der SchweiBsekretion usw. 61

liidiert war und rSntgenologisch ein links vergrSBertes Herz und ver- breiterte Aorta bestanden, verloren zwar nicht die Albuminurie, aber die lgstigen nerv6sen Symptome, wie Druek im Kopf, Vertigo, Flim- mern vor den Augen usw., welehe dem Patienten mehr zusetzen als die Albuminurie, yon weleher er ja niehts wissen muir. Endlieh ein Fall mit Asthma eardiale-iihnlichen Anfiillen, welche schon im Laufe der Kur ggnzlieh verschwunden sind, obwohl die 56 aahre alte Patientin, Telephonistin, ihren anstrengenden Dienst welter verrichtet hat.

Soweit sich aus diesen Fgllen folgern lgl~t, steht zu erwarten, dab bei der essentiellen Hypertonie, die noch k e i n e r 1 e i organisehe Schgdigtmgen verursacht hat, v o 11 e E r f o 1 g e zu erreichen sein werden. Diese Fglle sind abet weige Raben, nieht weil sie selten sind, abet aus dem Grunde, dab sie selten zum Arzt kommen, um ihn zu kon- sultieren, und wenn sie sehon kommen, wird selten der Blutdruek unter- sueht. Nur das Prinzip, bei jedem Patienten den Blutdruek zu unter- suehen - - so wie man den Urin auf Eiweil] und Zueker untersueht - - , kSnnte die tfickisehe Krankheit in der Wiege entlarven, damit sie in diesem Stadium als Neurose mit Erfolg behandelt werden kann. So~ bald der Erfolg naehlassen sollte, kann ja die ProteinkSrpertherapie wiederholt werden. - - Speziell an Sie, meine Herren, die tiber groBes poliklinisehes Material verffigen, appelliere ieh, meine Anregung wohl- wollend zu berfieksiehtigen!

6. L. G u t t m a n n (Hamburg-Friedriehsberg):

Die nerviJsen Le i tungsbahnen Oer Schweiltsekretion beim Mensehen.

(Mit 9 Abbfldungen.)

M. D. u. H. ! Die Grundlage ffir meine heutigen Ausffihrungen bilden Untersuchungen zur Topik der SchweiBsekretion, die ich an der F o e r s t e r schen Klinik, Breslau, in Gemeinscha{t mit Herrn Drl L i s t ausgefiihrt babe. Hinzu kommen noeh Beobaehtungen, die ieh zu dieser Frage seit einiger Zeit an dem Krankenmaterial der psychiatrisehen Universit~tsklinik Hamburg maehen konnte. Auf das Prinzip und die Technik der V. M i n o r schen Jod-St~rkemethode, mit der alle Unter- suchungen ausgeffihr* worden sind, kann ich bier nicht eingehen und verweise auf das M i n o r sche Referat, das er fiber seine Methode auf dem Wiener Kongrel] der deutschen Nerveniirzte 1927 gehalten hat. Fiir die Damen und Herren, die mit der Methode nicht vertraut sind,


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