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Page 1: Ueber die Elektrolytpermeabilität der roten Blutkörperchen

Cleber die Flektrolytpermeabilitiit der roten BlutkSrperchen.

Von H. R o h o n y i (Budapest). (Aus dem physiol. Institut der KOnigl. ung. Univ. Budapest. Direktor: Franz Tangl.)

(Eingeggngen am 2~. August 1916.)

I n h a l t . I. Einleitung.

II. Ueber die Aufnahme von Nitrit und Chlorat in rote Blutk6rperchen. a) Nachweis der Aufnahme von Nitrit. b) Wird Nitritsalz oder das Nitrit-Ion aufgenommen? c) Umtausch yon Nitrit-lon und Chlor-lon. d) Gasanalytische Untersuchungen. e) Einwirkung von Kaliumchlorat. f) Beeinflussungen der Nitrit- und Chloratwirkung.

g) Einwirkung von Nitrit in Gegenwart von Salzen auf rote Blutk6rperchen.

h~ Einwirkung yon Nitrit in Gegenwart von Salzen auf h~tmo- lysiertes Blut und auf die L6sung von kristallisiertem Hhmoglobin.

111. Ueber die Aufnahme des Ferrizyankaliums. a) Ferrizyan-S~ure-Wirkung und Agglutination.

IV. Diskussion und Zusammenfassung.

I.

Wird von einem Stoffe erklart, dab ffir denselben eine Zelle permeabel ist, so heist dies soviel, daft die Zelle denselben aus seiner L6sung aufzunehmen vermag, so daft, falls die Zelle wieder entfernt wird, die Konzentration der ursprfinglichen L6sung abgenommen hat, das fehlende Quantum aber in der Zelle vorzufinden ist. Bei der hier gegebenen Definition der Permeabilit/it sind zwei wesentliche Momente zu beachten: erstens, daft fiber den physikochemischen Mechanismus der Aufnahme des Stoffes nichts N~heres ausgesagt wird (ob der auf-

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genommene Stoff durch Diffusion, durch Aufl6sung oder aber durcl~ Adsorption in die Zelle gelangt), zweitens, dab bei dieser Definition auf den Unterschied zwischen Eindringen in das Innere der Blutzelle und Fixierung auf der Oberfl/iche der Blutzelle kein Gewicht gelegt wird, sondern bloB jene Frage Beachtung finder, ob der betreffende Stoff nach Entfernung der Zelle sich ebenfalls aus der L6sung entfernt oder nicht. In Anbetracht des gegenwartigen Standes der Lehre fiber die Permeabilit~it erscheint diese Definition zweckm~iBig, denn so kann jede hierher geh6rende Erscheinung, unbeachtet der gegenw/irtigen Unsicherheit derZellen-Struktur, sowie des physikochemischen Mecha- nismus der Aufnahme, hier dennoch besprochen werden,. Die pr/izisere Fassung des Begriffes der Permeabilit/it nach"der einen oder anderen Richtung hin wird erst dann m6glich werden, wenn die diesbezfiglichen Forschungen die endgfiltige L6sung der erw/ihnten Probleme z'eitigen werden.

Bis die Besprechung und Klassifizierung dieser Erscheinungen auf der einzigen exakten Basis, d. h. nach jenen physikochemischen Vorgangen, die sich in denselben offenbaren, m6glich sein wird, er- s cheint es zweckmaBig, die Permeabilit/it nach der Natur des aufge- nommenen Stoffes zu unterscheiden: 1. Permeabilit/it der t(olloide, 2. der organischen Kristalloide und 3. der anorganischen Kristalloide (d. h. der Elektrolyte). DaB diese Unterscheidung nicht ganz ephemerer Art ist, erscheint dutch den Umstand best/itigt, dab bekanntlich die Aufnahme der in diese drei Gruppen klassifizierten chemischen Stoffe in die Zelle dutch ganz verschiedenartige Gesetzm~iBigkeiten bedingt ist, so zwar, dab der Umstand, ob ein Stoff zu den Kolloiden oder organischen Kristalloiden oder den Elektrolyten z~ihlt, auch hinsichtlich der Aufnahme desselben in die Zelle ausschlaggebend ist.

Die Aufnahme der K o l l o i d - K 6 r p e r (unter denselben ein grot~er Teil der Farbstoffe) in die Zelle wurde in zahllosen F~illen untersucht; auf Grund dieser Untersuchungen wurden hinsichtlich des Mechanismus der Aufnahme verschiedene Konklusionen gezogen. Es steht auBer Zweifel, dab heute die Aufnahme der Kolloide auf der einfachsten und allgemeinsten Weise durch die R u h I a n d'sche Theorie beschrieben werden kannl); hinsichtlich der Permeabilit/it der Kolloide sind jene ihrer Eigenschaften maBgebend, welche zugleich die Ge- schwindigkeit ihrer Diffusion in irgend ein Gel bestimmen, also in, erster Reihe der Grad ihrer Dispersitat. Je rascher irgend ein Kolloid

x) Ber. d. Deutsch. botan. Ges. 30, 139 (1912).

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in ein Gelatine- oder anderes Gel diffundiert, desto rascher wird das- selbe von der Zelle aufgenommen. Die elektrische Ladung oder die chemische Natur usw. des Kolloidteilchens kommt bloB nebensiichlich und insofern in Betracht, als all dies blot~ daffir maBgebend ist, ob

' i n der Zelle' das aufgenommene Kolloid gebunden wird oder nicht; die Geschwindigkeit der Aufnahme jedoeh wird durch diese Eigen- schaften nicht beeintfiichtigt.

Die Gesetzm~Bigkeit der Permeabilit~t der o r g a n i s c h e n K r i s t a l - l o i d e wird durch die Lipoid-Theorie, welche bis zur neuesten Zeit allgemeine Geltung besaB, bekanntlich folgendermaBen beschrieben: Die Blutzelle nimmt umsomehr yon dem betreffenden Stoffe auf, je besser sich derselbe in Lipoiden oder in L6sungsmitteln der Lipoide aufl6sen l~iBt. Die Erkliirung dieses Zusammenhanges zwischen Permea- bilifiit und Lipoidl6slichkeit w~ire dutch den Umstand gegeben, d a b die Zellen-Membran ausschlieBlich oder zumindest fiberwiegend aus Lipoiden besteht. Diese Theorie hat bei ihren unbestreitbaren Erfolgen mit vielen Schwierigkeiten zu kiimpfen; heute scheint die T ra u b e'sche Theorie, dureh welche die auch in der Lipoid-Theorie mehr oder weniger erkliirten Tatsachen ohne etwaige spezielle Hypothesen fiber die Natur der Zellen-Membran ausgelegt werden, zur Beschreibung der gesamten hierher geh6rigen Erscheinungen besser geeignet zu seinl). Nach T r au b e werden die Stoffe in jener Reihenfolge aufgenommen, in welcher die- selben die Oberfliichenspannung der Zellen-Membran vermindern.

Wiihrend fiber die Permeabilit~t der Kolloide und organischen Kristalloide in den erwiihnten Theorien sehr weitgehende Kenntnisse niedergelegt erscheinen, sind hinsichtlich der Aufnahme der E 1 e k t r o- l y t e selbst die elementaren Grundbedingungen nicht gekl~rt Die Lehre fiber den osmotischen Druck der Zellen stfitzte sich darauf, dab die im lnneren der Zelle befindliche Elektrolytl6sung yon einer f/it Salzl6sungen semipermeablen Membran umgeben ist. Die yon H a m - b u r g e r, G ry n s, H e d i n und anderen mittelst verschiedener Methodik vorgenommenen Untersuchungen ergaben, dat~ die anorganischen Salze nicht in die Zelle aufgenommen werden; ja, nach B e t h e und W a r b u r g ist dies (mit Ausnahme des Ammoniaks), auch hinsichtlich Laugen und S~uren nicht der Fall2).

Andererseits wurde nachgewiesen, daB, wenngleich die Salzmolekfile auch nicht in die Zelle aufgenommen werden, Rewisse Bestandteile

1) Pflfiger's Arch. 123, 419 (1908). 3) B e the , Pfliiger's Arch. 127, 219 (1909); Warbu rg , Biochem. Zeitschr.

29, 414 (1910). 23*

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derselben ohne Zweifel in die Zelle gelangen kOnnen. So hat zum Beispiel B 0 n n i g e r nachgewiesen, dab die roten Blutk6rperchen Brom aus der L6sung der Alkalibromide aufnehmenl); auch ist es eine 1/ingst bekannte Tatsache, dab die Zellen des mit Kohlens~iure durch- str6mten Blutes yore Serum Chlor entziehen usw. Zur Auslegung dieser Tatsachen hat K o e p p e seine Theorie 2) fiber die lonenpermeabilit/it der Zellen aufgestellt, nach welcher die Salzmolekfile nicht, wohl aber einzelne Ionen durchdringen k6nnen; die gegenseitige Wanderung der Anionen durch die Blutk6rperchen.Oberfl~iche hindurch wird durch Diffusionskr/ifte bewirkt. Mit der freien Diffusion der Anione stimmen viele Feststellungen /jberein, ein wichiiger Umstand ist aber mit dieser Deutung bisher unvereinbar, n~imlich die Differenzen im Gehalt an den einzelnen Anionen, welche zwischen Blutk6rperchen und Serum offenbar bestehen (H6bera ) . Wird aber die lonenpermeabilit~it nicht auf die verschiedenen Diffusionen der Ionen basiert, so kann sie die Folge einer Adsorption oder chemischen Bindung der Ionen sein. In diesem Sinne hat die Permeabilit~it der Zelle f/jr irgend ein Ion soviel zu be- deuten, daft jenes Ion in der Zellenmembran oder in dem Zellenproto- plasma (dutch Adsorption oder chemische Reaktion) gebunden wird; impermeabel aber ist die Zelle f/Jr jenes Ion, welches auf solche Weise nicht gebunden wird.

Meine Experimente haben sich auf Untersuchung dieser Hypo- these und auf die eingehende Kl~rung derselben gerichtet. Der Grundgedanke meiner Untersuchungen war folgender: Zur Unter- suchung der Elektrolytpermeabilit~it sind Zellen zu gebrauchen, welche einen Stoff enthalten, der in Gegenwart des Elektrolyts leicht eine Ver~inderung aufweist; andererseits sind solche Elektrolyte zu pr/jfen, welche zur Hervorbringung dieser Ver/inderung besonders ge- eignet sind. Sodann ist die Einwirkung des Elektrolyts auf den be- treffenden K6rper einmal, wenn sich derselbe in reiner w~isseriger L6sung befindet, zu priifen, und daraufhin ist hiermit die Einwirkung des Elektrolyts dann zu vergleichen, wenn es auf den in d e r Z e l l e be- findlichen K6rper einwirkt; solcherart wird sich die Rolle der Zellen- struktur, sowie jene der Zellenmembran offenkundig zeigen.

Diesen Vorbedingungen ist leicht Gen/jge zu tun, wenn die Ver- anderung des H a m o g l o b i n s d e r r o t e n B l u t k 6 r p e r c h e n b e i E i n wi r k u n g d e r E 1 e k t r o I y t e untersucht wird. Vom Hamoglobin

1) B o n n i g e r , Zeitschr. f. exp. Path. u. Therap. 4, 417 (1904). ~) K o e p p e , Pfliiger's Arch. 67, 189 (1897). a) Hobe r , Physik. Chem. d. Zelle (Leipzig 1911), 500.

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ist es bekannt, dab zahlreiche Stoffe die Umwandlung desselben in Methamoglobin bewirken, was sich in leicht wahrnehmbaren Verande- rungen kundgibt; unter diesen Stoffen sind die Nitrite, Chlorate, Ferrizyanide usw. Elektrolyte. Diese Reaktion des Hamoglobins kann in roten Blutk6rperchen, und nach Hamolyse, ohne Mitwirkung der Zellenstruktur, in w a s s e r i g e r L 6 s u n g beobachtet werden. Das Verhalten der verschiedensten Stoffe auf diese Reaktion kann in der Blutzelle und in der L6sung verglichen werden, wodurch hinsichtlich der Permeabilitat dieser Stoffe indirekte Konklusionen gezogen werden k6nnen.

Meine Untersuchungen'beziehen sich vor allem auf die Frage der Permeabilitat der roten Blutk6rperchen und gewinnen dadurch allge- meine G/iltigkeit, da nach den bisherigen Kenntnissen die Verha|tnisse der Permeabilitat der roten Blutk6rperchen und anderer animaler sowie pflanzlicher Zellen keine wesentlichen Unterschiede aufweisen.

II.

Ueber die Aufnahme yon Nitrit und Chlorat in rote BlutkSrperchen.

Wird zu Blut oder zu hamolysiertem Blut oder zu ieiner Hamo- globinl6sung etwas (Zehntelnormal) Kalium- oder Natriumnitritl6sung getropft, so werden wir nach ein bis zwei Sekunden wahrnehmen, dab das vorher noch lebhaft rote Blut oder L6sung sich dunkel braunlichrot farbt. Diese Aenderung des Hamoglobins wurde yon G a m g e e und nach ihm yon vielen anderen eingehend studiert; es wurde festgestellt, dab im Verlaufe der Reaktion das Hamoglobin sich in Meth~imoglobin umwandelt, dessen Spektrum sich yon jenem des Methamoglobins, welches infolge Einwirkung der Ferrizyansalze erzeugt wurde, einigermaBen unterscheidet; dab ein Mol Kaliumnitrit mit einem Mol Hamoglobin reagiert; dab das Reaktionsprodukt eine Additions- Verbindung zwischen dem Nitritsalz und Hamoglobin ist usw. Bei den durch Nitritsalze verursachten Vergiftungsf~illen hat sich herausgestellt, dab die Blutzellen in solchen Fallen teilweise Nitritmethamoglobin enthalten. Die physikochemischen Vorbedingungen des Verlaufes der Reaktion wurden jedoch, soweit ich weiB, bisher nicht untersucht, weder die in der Blutzelle, noch die in der L6sung vorgehende Reaktion betreffend.

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a) N a c h w e i s d e r A u f n a h m e v o n N i t r i t .

Vor allem prtifte ich, wieviel Nitritsalz v o n d e r ~iut~eren L~sung wahrend der Zeit, in der die Nitritreaktion in der roten Blutzelle vor- geht, verschwindet.

Ich zentrifugierte frisches, defibriniertes Rinderblut und wusch die Zellen 4 - - 5 m a l mit 0,85prozentiger KochsalzlSsung. Zu der so gewonnenen kochsalzhaltigen BIutzellen-Suspension gab ich abgemes- sene Mengen von Normal-Natriumnitritl6sung. Nach erfolgtem Durchschiitteln br~iunten sich sofort die Zellen; nach 1 0 - - 15 Minuten stellte ich mittelst des H~imokrites in der Suspension das Blutzellen-Volum fest sowie in der au~eren L6sung durch Titrierung mit Kal ium-Permanganat die Konzentration des Natriumnitrites. (Nach- dem die Zellen vorher griindlich ausgewaschen wurden, blieb yore urspriinglichen Serum keinerlei reduzierender K6rper zuriick, wovon ich mich in jedem einzelnen Falle eigens /.iberzeugte in der Weise, dab ich die letzte Waschflfissigkeit mit einigen Tropfen n/10 Permanganat- 16sung versetzte; in keinem Falle trat eine Reduktion der Permanganat- !6sung ein.)

Als Beispiel m6ge ein Versuch ausffihrlich beschrieben werden: Die Zellen yon defibriniertem Rinderblut werden mehrmals mit

Kochsalzl6sung ausgewaschen. Zu 50 ccm dieser Suspension werden 5 ccm n 1 NaNO~-L6sung hinzugef/igt; in diesen 5 ccm sind nach vorhergehender Bestimmung 0,270 g NaNO~ enthalten. Blutzellenvolum, gemessen mittelst des H~imotokriten: 47 Proz., d. h. die 55 ccm-Sus- pension enth~ilt 26 ccm Zelle (A) und 29 ccm L6sung (B). Die Titrierung yon B ergibt einen Oehalt yon 0,0063 g pro ccm, rnithin in 29 ccm 0,182 g. Also sind yon den zugesetzten 0,270 g 0,088 g ( = 0,270 - - 0,182) verschwunden. Soviel f~illt auf 26 ccm Zelle; auf 1 ccm Zelle fallen 0,0034 g, was (wenn das ganze Volum der Zelle als eine wasserige L6sung betrachtet wird) einer n/20-L/3sung entspricht.

Die aus drei solchen Versuchen erhaltenen Daten lasse ich in der nachfolgenden Tabelle folgen:

T a b e l l e I.

[ Zur, Blutsus- Nr. d. ~ pen'sion~hin-

zugegebene Versuchs Nitritmenge

i n g

1 0,162 2 .0,270 3 0,270

g NaNO~ g NalNO2 Blut- gefunden verschwun- korperchen-

in der den aus der LOsung LOsung volum

I 0,120 0,042 33 Proz. 0,182 0,088 47 0,216 0,054 28 ,,

Konzen- tration der BlutkOrper-

chen an Na N O~

n/16 n/20 n/16

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Aus dieser Tabelle geht hervor, daft die in Kochsalzl6sung sus- pendierten roten Blutk6rperchen eine 'betr~ichtliche Nitrilmenge aufzu- nehrnen verm6gen.

b) W i r d N i t r i t s a l z o d e r d a s N i t r i t - I o n a u f g e n o m m e n ?

Die zweite Frage war, in welcher Form das zu den Blutk6rperchen :gegebene Nitritsalz aufgenommen wird: gelangen undissoziierte Nitrit- molekfile oder die Ionen in die Zelle? und welches Verhiiltnis besteht im letzten Falle zwischen der Aufnahme des Kations und des Anions?

Zur Untersuchung dieser Frage verwendete ich anstatt NaNO2 das Kalziumsalz, Ca (NO~)2, da dies ein Nitritsalz ist, bei welehem sich auch das Kation m i t L e i c h t i g k e i t bestimmen liii~t. DieSus- pension der mit Rohrzuekerl6sung ausgewaschenen roten Blutk6rperehen versetzte ich mit einer genau abgemessenen Menge einer Ca (NO~)2- L6sung und zentrifugierte sie nach kriiftigem Durchschfitteln. Dann titrierte ich in einer Portion der fiber den roten Blutk6rperchen stehenden klaren Flfissigkeit den Nitritgehalt; in einer anderen Portion ffillte ich das Kalzium mittelst Ammoniumoxalates und titrierte den ent- sprechend behandelten Oxalatniederschlag mit Permanganat und erhielt :auf diese Weise den Kalziumgehalt.

Als Beispiel diene Versuch 3 der Tab. II. Rote Blutk6rperehen yon Rinderblut werden mit 8 Proz. RohrzuckerlOsung bis zum Ver- schwinden der Chlorreaktion in der Waschflfissigkeit an der Zentrifuge gewaschen. Zugleieh wird konstatiert, dab 5 ccm der Wasehflfissigkeit �9 eine m/100 KMnO4-L~Ssung bei 400 C n i c h t reduzieren. 35 ccm der Zellensuspension werden nun mit 5 ecru einer m/8 Ca (NO~)2-L6sung versetzt; 1 ccm der Ca (NO2),.,-L6sung enthiilt 4,478 mg Ca und 10,20 mg NO,2. Nach Schfitteln ist die Suspension braunrot gefiirbt. Volum der Blutk6rperchen in der mit Ca (NO2)2-L~sung versetzten Suspension mit H~imotokrit bestimmt =- 43 Proz. Die Zellensuspension wird jetzt zentrifugiert; in einem Teile der obenstehenden L6sung wird Nitrit-Bestimmung, im anderen Teile Kalzium-Bestimmung vorgenommen. lch fand in 1 ccm der L6sung 0,982 mg Ca und 1,189 mg NO,~. Um zu erfahren, wieviel Ca, bzw. wieviel NO2, aus der L6sung ver- schwunden ist, berechne ieh, wieviel davon vorzufinden w~ire, wenn vom Ca (NO2),~ gar nichts verschwunden w~ire. Nachdem das Blut- zellen-Volum 43 Proz. macht, bestand die 40 ccm-Suspension aus 22,8 ccm L6sung und 17,2 ecru Blutk/~rperchen; die 5 ccm Ca (NO~)~- Li)sung wurde also auf 22,8 cem verdtinnt, d. h. ihre Konzentration hat sich 0,219fach vermindert. Demgemiit~ mfiBte die L6sung (wenn

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weder Ca, noch NO2 aus ihr verschwunden wiire) in 1 ccm 4,478 . 0 ,2 t9 = 0,980 mg Ca, und 10 ,2 .0 ,219 ----- 2,234 mg NO~ enthalten. Ein Vergleich mit den gefundenen Werten zeigt sofort, daft Ca nicht,. vielmehr I NO 2 in sehr bedeutender Menge aus der LSsung verschwun- den ist.

Die nachfolgende Tabelle enthalt die aus ftinf Versuchen erhaltenen Ergebnisse; tiberall wurde berechnet, wieviel Kalzium, bzw. Nitrit-Ion, in de r L6sung Vorzufinden sein m/if$te, wenn die Zelle davon nichts, in sich aufgenommen hatte. In der vorletzten Rubrik der Tabelle ist angeftihrt, wieviel Proz. des hinzugegebenen NO.2 abgegangen ist;. die letzte Rubrik zeigt die auf 1 ccm Blutk6rperchen entfallenden Nitrit- quantit~iten in mg.

T a b e l l e II.

Nr~ d. Ver-

suchs

Blut- Ca Ca II N O3 N O3 k0rper- berechnet gefunden[[berechnet gefunden chen- mg mg I[ mg mg volum in 1 ccm in 1 ccm][in 1 ccm in 1 ccm

3,40 3,65 0,98 0,98 1,18

3,49 3,57 0,98 0,94 1,16

7,85 8,53 2,23 2,28 2,72

6,74 7,60 1,19 1,52 1,47

Ver- N 0'2 schwund pro ccm

NO3 Blut- Proz. kOrperch.

1 34,5 2 30,0 3 43,0 4 35,5 5 46,0

15,4 10,9 47,1 33,3 46,0

2,11 2,17 1,40 1,38 1,45

Aus dieser Tabelle geht unzweifelhaft hervor, dag d i e r o t e n, B l u t k O r p e r c h e n z u r Z e i t , wo s i e d e n N i t r i t - B e s t a n d [ e i l in g r o B e r M e n g e a u f n e h m e n , a u s e i n e r Ca ( N O ~ ) ~ - L 6 s u n g n i c h t z u g l e i c h K a l z i u m a u f n e h m e n . Im g e g e n w / i r t i g e n F a l l e e r s c h e i n t es a l s o u n z w e i f e l h a f t n a c h g e w i e s e n , was d u r c h i n d i r e k t e B e w e i s e bek r / i f t i g t l ~ n g s t b e h a u p t e t w u r d e , daI3 d i e Z e l l e , i o n e n p e r m e a b e l " is t .

Die letzte Rubrik der Tabelle zeigt, dab das durch die Volumeinheit der roten Blutk6rperchen aufgenommene Nitritquantum v o n d e r Kon- zentration des hinzugegebenen Ca (NO2) 2 abhfingt; bei den ersten zwei Experimenten f~llt dieselbe, weft das Quantum des hinzugegebenen Ca (NO~)2 : 5 gr6ger war, bedeutend gr6ger aus (2,11 und 2,17), als beim dritten, vierten und ftinften Experiment (1,40, 1,38, 1,45), wo weniger Ca (NO2)2 hinzugegeben wurde. Wurde abet bei zwei Experimenten (dritten und vierten) das gleiche Quantum Ca (NO~)2. z u de n Zellen gegeben, so fie! die auf die Volumeinheit der Zelle entfallende Menge Nitrit ebenfalls gleich aus (1,40 und 1,38).

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c) U m t a u s c h v o n N i t r i t - I o n u n d C h l o r - l o n . Es ist auf elementaren elektrochemischen Prinzipien begrfindet,

dab das Anion eines Salzes nur dann ohne das entsprechende Kation yon der Zelle aufgenommen wird, wenn an Stelle des aufzunehmenden Anions ein anderes Anion aus der Zelle scheidet. Diese Vorbedingung hat bereits K o e p p e zur Chlor: Permeabilit~it der roten Blutk6rperchen zufolge der S~_ure-Einwirkung gestellt. Bei einem anderen Falle hat sodann B 6 n n i g e r hinsichtlich der nat/irlichen Brom -Ion-Permeabilit~it der roten Blutk6rperchen die Stichhaltigkeit dieser Vorbedingung nach- gewiesen; B 6 n n i g e r fand, dab die roten Blutk6rperchen bei Aufnah me der Brom-lonen Chlor-Ionen abgeben.

Die roten Blutk6rperchen enthalten auBer den Chlor-lonen auch andere, insbesondere Phosphat- und Karbonat-Ionen; vermuttich k6nnen an Stelle des aufgenommenen Anions aui~er den Chlor-Ionen auch diese hinzutreten. Da jedoch im Verh~iltnis zur Konzentration der Chlor- Ionen sonstige Ionen in verschwindend kleiner Menge in roten Blut- k6rperchen vorhanden sind, habe auch ich bei meinen diesbez/iglichen Untersuchungen mein Augenmerk ausschlieBlich auf den Umtausch der Nitrit-Chlor-Ionen gerichtet.

Kann der Chlor-lonengehalt der roten Blutk6rperchen durch Nitrit- lonen ersetzt werden? Tritt an Stelle eines jeden aufgenommenen Nitrit-lons Chlor-Ion heraus, so wird nach Waschen der roten Blut- k6rperchen mit isotonischer Nitritl6sung deren Chlorgehalt stetig ab- nehmen, so welt, dab das Chlor endlich ganz aus den Zellen ver- schwinden wird; werden andererseits die durch Waschen mit einer Nitritl6sung von ihrem Chlorgehalt befreiten Blutk6rperchen wieder mit isotonischer Kochsalzl6sung behandelt, werden sie wieder Chlor aufnehmen.

Ich wusch den einen Tell der Zellen yon defibriniertem Rinderblut mit isotonischer Rohrzuckerl6sung, einen zweiten Teil davon mit m/8

Ca (NO2)2-L6sung mehrmals an der Zentrifuge; ein dritter Teil wurde nach dem Auswaschen mit der m/8 Ca (NO~)2-L6sung weiter mehrmals mit physiol. Kochsalzl6sung und endlich mit isotonischer Rohrzucker- 16sung (bis zum Verschwinden der CI'- Reaktion in der Waschfl/issigkeit) gewaschen. In je 5 ccm des nach dem letzten Waschen eine halbe Stunde lang zentrifugierten Blutk6rperchenbreies bestimmte ich den Chlor- gehalt. Die Chloranalyse erfolgte nach V o l h a r d , nachdem vorher der Blutk6rperchenbrei in (3egenwart von Salpetersfiure mit Kalium- permanganat zerst6rt und das/iberflfissige Permanganat mit Ferrosulfat reduziert wurde (Methode von v. K o r ~i n y i).

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Die nachfolgende Tabelle enth~lt die Ergebnisse dreier Solcher Ver- suche. Die Zahlen geben an, wieviel mg Chlor in 5 ccm Blutk6rperchen gefunden wurden.

T a b e l l e III .

Nach Waschen Nr. des Nacla Waschen Nach Waschen

mit isotonischer mit rn/8 1. mit m/8 Ca (NO2)_,-L0s. Versuchs Rohrzuckerl6sung Ca (NO2)2-L0sung 2. physiol. KochsalzlOung

3. isoton. Rohrzuckerl6sung

1 : 5,6 0,12 6,2 2 7,1 . 0,05 , 9,3 3 6,5 0,12 6,3

Diese Zahlen zeigen, 1. dab d u r c h W a s c h e n m i t den Ni t r i t - l o n e n d a s C h l o r - l o n b i s a u f e i n e n O e h a l t v o n 0,002 P r o z . C h l o r a u s d e n r o t e n B l u t k S r p e r c h e n e n t f e r n t w e r d e n k a n n , 2. d a b d i e a u f g e n o m m e n e n N i t r i t - I o n e n d u t c h W a s c h e n m i t p h y s i o l . K o c h s a l z l ~ s u n g w i e d e r d u t c h C1- I o n e n e r s e t z t w e r d e n k 6 n n e n .

Aendert sich im Serum die Chlor-Konzentration, wenn zum Blut Nitritsah gegeben wird?

Bei den vorherigen Experimenten wurden die roten Blutk6rperchen mit (chlorfreier) Ca (NO2)o-L6sung gewaschen; die Blutk6rperchen haben also ihren Chlorgehalt in ein Medium abgegeben, welches keine Chlor-Ionen besat~; bei meinen nachfolgenden Experimenten dagegen beobachtete ich den Umtausch der Chlor-Nitrit-lonen in einem Medium - - nfimlich im Serum - - , welches auch selbst Chlor-lonen enth~ilt. Das Rinderblut-Serum ist bekanntermatSen eine LSsung, in welcher die Kon- zentration der Chlor-lonen die der roten Blutk6rperchen ungef~ihr um das Zweieinhalbfache /ibersteigt; die Frage war, ob w~ihrend der Aufnahme der Nitrit-Ionen auch im Blute der Chlorgehalt der roten BlutkSrperchen abnimmt, ob also g e g e n die Richtung des partiellen osmotischen Druckes ein Umtausch der Chlor-Ionen erfolgen kann?

Ich filtrierte defibriniertes Rinderblut mehrfach dutch Gaze; das derart gereinigte Blur teilte ich in zwei Teile. Den einen Teil (1.) zentrifugierte ich und bestimmte den Chlorgehalt des Serums; zugleich bestimmte ich mittelst des H~imatokrites auch das Zellenvolumen des Blutes. Vom anderen Teile des Blutes (2.) mat~ ich 50 ccm, gab 5 ccm n/1 NaNO2 hinzu, worauf ich das Blut zentrifugierte; sodann be- stimmte ich den Chlorgehalt des derart gewonnenen Serums und das Zellenvolumen des Na NO2 enthaltenden Blutes. An Hand dieser Daten kann mit Leichtigkeit berechnet werden, ob zufolge der Einwirkung

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ROHONYI, ELEKTROLYTPERMEABILIT,~T ROTER BLUTKORPERCHEN 347

�9 des Nitritsalzes ein Chlorumtausch im Blute vorgegangen ist und wenn ja, in welchem Marie? Um dies beurteilen zu k6nnen, erschien es

zweckmfigig, die Chlortinderung auf 1 ccm roter Blutzellen zu berechnen. Die hierauf berechnete Formel lautet wie folgt:

(100_ 0 ( 00

A 100

wo A = Blutmenge im 2. Teile des Versuchs (50 ccm) B = A + Volum der NaNO2-L6sung im 2. Teile des Versuchs

( = 55 ccm)

u ----- Blutk6rperchenvolum im 1. Teile des Versuchs

•---- . ,, 2 . . . . .

CIA~---- ccm AgNOa verbraucht beim Titrieren von 5 ccm Serum im 1. Teile des Versuchs

CIB---- ccm AgNO~ verbraucht beim Titrieren von 5 ccm Serum im 2. Tei[e des Versuchs

V ---- Aenderung des Chlorgehalts yon 1 ccm Blutk6rperchen in mg Cl' ausgedrfickt (wenn V positiv, ist eine Verminderung, wenn negativ, eine Vermehrung des Chlorgehalts vorhanden).

Ich unternahm zwei derartige Experimente, deren Ergebnisse in der nachstehenden Tabelle folgen:

T a b e l l e IV.

Nr. des Versuchs A u CIA B fl CIB V

1 50 51 11,24 55 41 10,02 0,699 2 50 41 11,90 60 32 9,40 0,568

In beiden Experimenten war also eine Verminderung des Chlor- gehaltes der roten Blutk6rperchen zu konstatieren; die Verminderung

macht etwa 50 Proz. des normalen Chlorgehaltes des roten BlutkSrper- chens(s . TabelleIII, S. 346) aus. W i r d a l s o z u B l u t i s o t o n i s c h e N i t r i t l S s u n g h i n z u g e f f i g t , so t r i t t a u s d e n r o t e n B l u t -

k 6 r p e r c h e n C h l o r e n t g e g e n s e i n e m p a r t i e l l e n o s m o t i s c h e n D r u c k e in d a s S e r u m . D i e s e T a t s a c h e b e w e i s t e k l a t a n t ,

daft d i e s e r I o n e n a u s t a u s c h ke in D i f f u s i o n s v o r g a n g se in k a n n .

Es hat sich also bisher herausgestellt, daft die roten Blutk6rperchen nicht das Nitritsalz, sondern das Nitrit-lon aufnehmen; das Nitrit-|on

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348 ' K O L L O I D C H E M I S C H E B E I H E F T E BAND VIII , H E F T 11--12

tritt in die roten Blutk6rperchen an Stelle der Chlor-Ionen ; die solcherart freigewordenen Chlor-Ionen wandern in das Serum. Von den aufge- nommenen Nitrit-Ionen verbindet sich blo],~ ein kleiner Tell mit dem Hiimoglobin, die /ibrigen behalten ihre Form und k6nnen durch Chlor-

lonen ersetzt werden. Es unterliegt keinem Zweifel, dab die Nitrit-Hiimoglobin-Reaktion

nur dann vor sich gehen kann, wenn das Nitrit-lon aufgenommen wurde; wird die Aufnahme des Nitrit-Ions verhindert, so wird die Reaktion nicht erfo]gen; wird sie bef6rdert, wird sie in gr6Berer Kon- zentration aufgenommen, so wird auch die Reakfion rascher yon statten gehen. U m g e k e h r t k a n n v o n d e r ( 3 e s c h w i n d i g k e i t d e r R e a k t i o n - - s o f e r n d i e E i n w i r k u n g s o n s t i g e r F a k t o r e n a u s g e s c h l o s s e n w e r d e n k a u n - - a u f d a s Q u a n t u m d e r a u f g e n o m m e n e n N i t r i t - I o n e n F o l g e r u n g g e z o g e n w e r d e n .

Die Geschwindigkeit der Nitritreaktion kann auf zweierlei Art beobachtet werden. Quantitativ wird die Reaktion verfolgt, indem die Q u a n ti t i i t e n des inzwischen erzeugten Methiimoglobins zeitweise festgestellt werden. Um Vergleiche vorzunehmen, genfigt es jedoch, den Farbenumschlag zu bestimmen, welcher mit der Bildung des Met- hiimoglobins eintritt.

d) G a s a n a l y t i s c h e U n t e r s u c h u n g e n .

Wird zu defibriniertem Rinderblut etwas hypertonische Kalium- nitritl6sung hinzugegeben, so wird sich nach einigen Sekunden das vorher noch lebhaft rote Blut dunkel briiunlichrot fiirben. Nach Zentrifugieren k6nnen wir konstatieren, dab keine H~imolyse erfolgt ist; die Reaktion ging also in der Zelle von statten. Vom Hamoglobin unterscheidet sich das entstandene Meth~moglobin dadurch, dab es Oxygen nicht zu binden vermag; die herabgesetzte Fahigkeit des Blutes, Oxygen zu binden, kann also als MaB zur Beurteilung der Menge des erzeugten Methamoglobins gelten. Die oxygenbindende Fiihigkeit des Blutes maB ich mit dem Barc ro f t ' s chen ,Differential-Blutgas-Analysier- Apparate". In das eine K61bchen des Apparates gab ich 2 ccm natives Blut, in das andere K61bchen 2 ccm mit Nitritsalz versetztes Blut; das Oxygen wurde mit saponinhaltiger, auf kaltem Wege ge- siittigter Ferrizyankaliuml6sung ausgetrieben. Erst lieB ich die Ferrizyan- 16sung in das native Blut herabflieBen und notierte sodann den Druck, welcher dem daraus heraustreibbaren gesamten Oxygen entspricht; sodann liet~ ich auch auf der anderen Seite die Ferrizyanl6sung herab- flieBen und notierte sodann die Differenz des Druckes, welche sich, au's.

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ROHONYI, ELEKTROLVTPERMEABILIT~T ROTER BLUTKC)RPERCHEN 349

der Differenz des aus beiden Blutproben heraustreibbaren gesamten Oxygens ergibt; ich brachte dies in Prozenten des Oxygendruckes des nativen Blutes zum Ausdruck. Diese Zahl zeigt, um wieviel Prozent der Oxygengehalt des nativen Blutes im untersuchten Blute abgenommen hat, wie auch ferner, wieviel Prczent vom Oxyh~imoglobingehalt des untersuchten Blutes sich in Methfimoglobin umwandelte.

1. K a n n d e r g e s a m t e O x y h ~ i m o g l o b i n g e h a l t d e r r o t e n B l u t k 6 r p e r c h e n

in M e t h a m o g l o b i n u m g e w a n d e l t w e r d e n ?

Zu 10 ccm defibrinierten Blutes wird 3,00 ccm physiologische Kochsalzl6sung gegeben (a); zu anderen 10 ccm gebe ich 3,00 ccm n/1 KNO~-L6sung (b). Nach erfolgter Aufsch/jttelung notierte ich nach Verlauf einer Stunde und nach Verlauf yon f/jnf Stunden (Zimmer- temperatur) in der vorher beschriebenen Weise den Oxyhamoglobin- gehalt von a) und b). Den Oxyh/imoglobingehalt des (a) Blutes f/Jr 100 nehmend, fand ich, dab nach einer Stunde der Oxyh~imoglobin- gehalt des (b) Blutes 47, nach ffinf Stunden 0 war.

Das KNO~ b e w i r k t a l s o n a c h e i n e r g e w i s s e n Z e i t , dab das g e s a m t e O x y h / i m o g l o b i n d e s r o t e n B l u t k 6 r p e r - c h e n s s i c h in M e t h ~ i m o g l o b i n u m w a n d e l t .

2. B e s t e h t e i n U n t e r s c h i e d in d e r R e a k t i o n s - G e s c h w i n d i g k e i t d e r N i t r i t w i r k u n g , je n a c h d e m d a s

N i t r i t s a l z auf das im rloten B l u t k 6 r p e r c h e n b e f i n d l i c h e H ~ m o g l o b i n o d e r a u f d a s g e l 6 s t e H / i m o g l o b i n e i n w i r k t ?

Zu 20 ccm defibrinierten Blutes gab ich 0 , 5 - - 2 , 0 ccm NaNO~- L6sung und zerteilte es sodann in zwei Teile; den einen Tell h~imo- lysierte ich, indem ich etwas Saponin hinzugab. Daraufhin notierte ich yon Zeit zu Zeit auf vorher beschriebene Weise den Oxyh~imo- globingehalt von je 2 ccm beider Teile, indem ich den Vergleich mit dem Oxyhamoglobingehalt yon nitritfreiem Blute vornahm.

Die Ergebnisse zweier solcher Versuche lasse ich der leichten Uebersicht wegen im Koordinaten-System aufgezeichnet folgen, indem ich auf der Ordinate die Zeit, auf der Abszisse den Prozentsatz des Oxyhamoglobins (den Oxyhamoglobingehalt des Kontrollblutes mit 100 genommen) verzeichne. Die ausgezogene Kurve bezieht sich auf die roten Blutk6rperchen, die punktierte auf das" hamolysierte Blut.

Page 14: Ueber die Elektrolytpermeabilität der roten Blutkörperchen

3 5 0 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE BAND VIII, HEFT 11--12

1. 20 ccm Blut -+- 0,5 ccm n/1 NaNO2

2. 20 ecru Blut + 2,0 ccm n/1 NaNO2

OIZg6r 02

7S' ao' I k

0 250 can 3 0 z

I' I

II I ~ I I

15' I

F~g. ! 3~

lu3o ' 5 ~

Fig. 2

Aus der Fig. 1 geht hervor, daiS im hiimolysierten Blute bereits nach einer halben Stunde gar kein Oxyhiimoglobin vorzufinden war, in den roten Blutk6rperchen dagegen auch nach drei Stunden 30 Proz. des Hfimoglobins in Form von Oxyhiimoglobin zugegen waren. Im 2. Versuche hat sich im hiimolysierten Blute nach 15' das gesamte Oxyhiimoglobin in Methiimoglobin umgewandelt, in den Zellen da- gegen erfolgte dies ]edoch erst nach f/inf Stunden.

Aus beiden Kurven ist deutlich zu ersehen, dais u nt e r g I e i c h e n V o r b e d i n g u n g e n d i e E i n w i r k u n g d e s N i t r i t s a l z e s b e -

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ROHONYI, ELEKTROLYTPERMEABILIT.~T ROTER BLUTKORPERCHEN 35

d e u t e n d r a s c h e r a u f d a s g e l 6 s t e H / i m o g l o b i n , a l s a u f d a s in d e r Z e l l e b e f i n d l i c h e H ~ m o g l o b i n e r f o l g t .

3. U e b e r d i e h e m m e n d e E i n w i r k u n g e i n e s A l k a l i s a l z e s (KC1) a u f d i e N i t r i t r e a k t i o n .

Bei der Prfifung der Nitritreaktion dutch eine andere Methode ~ habe ich - - wie dies weiter unten genau ersichtlich sein wird - - gefunden, dab gewisse Salze die Einwirkung des Nitrit-Ions auf das rote Blutk6rperchen in bedeutendem Maf~e zu hemmen verm6gen. Um etwaigen Kontroversen zu begegnen, schien es mir zweckmiit.~ig, diese hemmende Einwirkung der Salze auch noch durch die exaktere Methode I

der Gas-Analyse zu untersuchen. Ich nahm Zellen yon defibriniertem Hundeblut, wusch diese an

der Zentrifuge mit physiologischer Rohrzuckerl6sung und suspendierte sodann in einer etwa anderthalbfachen Menge dieser Rohrzuckerl6sung. Zu 5 ccm der Suspension gab ich 2 ccm n2 K C1-L6sung (a), zu anderen 5 ccm dagegen setzte ich 2 ccm RohrzuckerlOsung hinzu (b) ; sodann gab ich zu jeder Suspension 0,5 ccm n8 NaNO~-L6sung. Nach erfolgter Durchschfittelung bestimmte ich yon Zeit zu Zeit das Quantum des aus a) und b) austreibbaren gesamten 02; die Oe- Kapazitiit von a) und b) wurde separat mit der Oxygenkapazit~it yon nitritfreiem, iihnlich verdfinntem Blut (5 ccm Suspension + 2,5 ccm Rohrzuckerl6sung) gemessen.

Die Darstellung der Daten erfolgt in der gleichen Weise wie vorher. Die ausgezogene Kurve schildert die Umwandlung im System A, die punktierte Kurve jene im System B.

C D

,x,

o u ~ ~j

0, 320 c~,~' 0z

Fig. 3

Page 16: Ueber die Elektrolytpermeabilität der roten Blutkörperchen

3 5 2 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE BAND Vlllp HEP'r 11-12

Wahrend in der salzfreien Rohrzucker-Suspension nach 15' bloB 2 Proz. des ursprfinglichen Oxyhiimoglobingehaltes fibrig geblieben ist und auch dieser Rest nach einer halben Stunde in Meth~imoglobin ver- wandelt wurde, war in der kaliumchloridhaltigen Suspension nach 15' noch 24 Proz., nach einer halben Stunde aber noch immer 11 Proz. Oxyh~imoglobin zu finden, und hat sieh die Reaktion erst nach einer Stunde 30' ganz vollendet.

Es e r s c h e i n t a l s o d u r c h d i e G a s a n a l y s e d e s B l u t e s n a c h g e w i e s e n , dat3 d a s K a l i u m c h l o r i d d i e E i n w i r k u n g d e s N i t r i t s a l z e s a u f d i e r o t e n B l u t k 6 r p e r c h e n (schon in einer Konzentration yon n/60) b e t r ~ i c h t l i c h h e m m t .

.e) E i n w i r k u n g d e s K a l i u m c h l o r a t s auf r o t e B l u t k S r p e r c h e n u n d a u f h ~ i m o l y s i e r t e s B lu t .

Das Kaliumchlorat ist langst unter den Stoffen bekannt, welche das Hamoglobin in Meth/imoglobin verwandeln. Um diese Einwirkung am einfachsten zu demonstrieren, wird zu Blur oder zu Hamoglobin- 16sung Kaliumchlorat hinzugegeben, und dieses sodann in den 370 C- Thermostat gesetzt. Nach einigen Stunden wird das lebhaft rote Blut oder L6sung dunkelbraun werden. Das Kaliumchlorat ist, well es die BlutkSrperchen in iso- oder hypertonischer L6sung nicht hamolysiert, ebenfalls zu Permeabilit~its-Untersuchungen fiir rote Blutk6rperchen geeignet; dem raschen Verlauf der Nitriteinwirkung gegen/iber ist bier bloB der Nachteil zu berficksichtigen, d a b die Einwirkung des Chlorats erst bei erh6hter Temperatur und nach einer lfingeren Zeit vor sich geht. Die Untersuchung der Chlorateinwirkung babe ich deshalb stets nur behufs Generalisierung der hinsichtlich der Nitriteinwirkung auf- gestellten Gesetzm/iBigkeiten vorgenommen.

lch gab zu 20 ccm defibrinierten Rinderbluts 2 ccm n/6 K CIOs- L6sung, und nachdem ich dieselbe nach Aufschiittelung in zwei Teile geteilt hatte, h/imolysierte ich den einen Tell durch Hinzugabe yon etwas Saponin; sodann setzte ich beide Proben in 37 o C-Thermostat und bestimmte zeitweise, durch Vergleich mit der Oxygenkapazitiit yon 20 ccm.Blut -k- 2 ccm physiolog. Kochsalzl6sung, deren Oxyh~imoglobin- gehalt. Die Darstellung der Daten (Fig. 4) erfolgt in derselben Weise wie vorher; die ausgezogene Kurve bedeutet die Umwandlung der Zellen, die gespaltene Kurve die Umwandlung des hamolysierten Blutes.

Page 17: Ueber die Elektrolytpermeabilität der roten Blutkörperchen

ROHONu ELEI(TROLYTPERMEABIL1TAT ROTER BLUTKORPERCHEN 3 5 3

\ x

' i ~ Zh. 5 s k I I "~ 8~ Fig. 4

Aus der Figur erscheint es evident, daft das C h l o r a t , ebenso wie das Nitritsalz, b e d e u t e n d r a s c h e r a u f d a s g e l 6 s t e H~imo- g l o b i n , a l s a u f d a s Z e l l e n - H ~ i m o g l o b i n e i n w i r k t .

Aus der Figur ist ferner zu entnehmen, daiS die Chlorateinwirkung in der Zelle nach einer anderen Reaktions-Gleichung sich zu vollziehen scheint, als in der L6sung. Diese Tatsache wird sp~iter noch erw~ihnt werden; zur eingehenden Untersuchung derselben war mir bisher noch keine Gelegenheit geboten.

f] B e e i n f l u s s u n g e n d e r N i t r i t - u n d C h l o r a t w i r k u n g .

Die bisher angewandten Methoden haben nur auf die der Pr/ifung unterzogenen grundlegenden Fragen exakte Aufschl/isse geboten; die- selben k6nnen abet, zufolge der Umsfiindlichkeit der Ausffihrung und der beschr~inkten Vorbedingungen, nicht als solche Methoden angesehen werden, welche leicht durchgef/ihrt werden kOnnen, sobald die bei der eingehenden Untersuchung auftauchenden unz~ihligen Fragen die zweck- entsprechende L6sung erheischen. Die Nitriipermeabilit~it wollte ich, aus mehreren Riicksichten, unter vielfachen Einwirkungen pr/ifen. Zu diesem Zwecke ben6tigte ich eine leicht ausfiihrbare, allgemein an- wendbare Methode; andererseits rnuiste ich kein Qewicht darauf legen, v o n d e r Methode absolute quantitative Ergebnisse zu verlangen, sondern es konnte mir genfigen, wenn dieselbe zuverl~issige vergleiehende Werte gab.

Wird zur stark verdfinnten Suspension von mit Rohrzucker oder Traubenzucker ausgewaschenen roten Blutk6rperchen eine L6sung von Nitrit- oder Chloratsalz gegeben, so werden dieselben binnen kiirzerer

24

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3 5 4 KOLLOIDCHEMISCHE BE1HEFTE BAND VIII, HEFT 11--12

oder l~ingerer Zeit, je nach der Temperatur oder der Konzentration des: Nitrites oder Chlorates braun werden. Werden mehrere mit der gleiehen Menge Zellen-Suspension gef/illte Eprouvetten nebeneinander gesetzt, welcher man sodann sukzessiv gr6Bere Mengen Nitrit- (oder Chlorat-) Ionen hinzugibt (z. B. in die erste Eprouvette 0,1 ccm nS-L6sung , in die zweite 0,1 ccm n4-L6sung usw.), so wird nach einigem Stehen bei vergleichender Beobachtung der Farbe der Suspensionen die yon Zeit zu Zeit fortschreitende Reaktion mit Leichtigkeit zu messen sein. Die Brauchbarkeit dieser Methode erscheint durch den Umstand be- w~ihrt, dab die durch die oben mitgeteilten Methoden gefundenen Eigen- t/imlichkeiten, namentlich die Abh~ingigkeit der Reaktionsgeschwindig- keit yon der Konzentration des Nitrits oder Chlorates, der Unterschied der Reaktionsdauer des gelSsten H~moglobins und des Zellen-H~imo- globins die hemmende Einwirkung des KCI (auch auf diese Weise). quaiitativ ebenso zu konstatieren waren.

An der Hand dieser Methode war es nicht mehr schwierig, den Einflufi der verschiedensten Stoffe auf die Nitritpermeabilit~it zu beob-

achten.

1. E i n w i r k u n g von Sa l zen , S ~ i u r e n , L a u g e n , A l k o h o l usw. a u f d i e N i t r i t p e r m e a b i l i t ~ i t .

Zu 5 ccm der L6sung des zur Pr/ifung gezogenen Salzes, S/iure usw. gab ich 1 ccm 10 fach verdtinnte Rohrzucker- Blutzellen- Suspension und 0,1 ccm n8 NaNO2-LOsung. Zu gleicher Zeit setzte ich gleiche Mengen Zellensuspension und NaNO~ zu 5 ecm physiologiseher Rohr- zuckerl6sung (8 Proz.) und stellte diese als Kontrolle im Eprouvetten- Schrank neben die fibrigen L6sungen. Die in der physiologisehen Rohrzuckerl6sung suspendierten Zellen wurden allerdings je nach der Frische der verwendeten roten Blutk6rperchen usw. etwas verschieden, im allgemeinen aber im Verlaufe einer Minute merklich braun, bis sie in 2 ' - - 3 " sich maximal braun f~irbten, worauf sich die Farbe nicht mehr ~inderte. In in den ~brigen L6sungen suspendierten Zellen erfolgte diese Umwandelung teils rascher, tells aber langsamer. Diese Beein- flussungen waren, wie aus nachstehender Tabelle ersichtlich, zum Teile

sehr betr~ichtlich. Die Wirkungen der verschiedenen Stoffe sind in drei Ta-

bellen zusammengestellt, je nachdem eine Beschleunigung (A), Hem- mung (B), oder aber gar keine Beeinflussung (C) zu konstatieren war. AuBer dem Namen des Stoffes sind noch die Konzentrationen ange- geben und zwar in A und C die m i n i m a l e n Konzentrationen, die:

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ROHONYI, ELEKTROLYTPERMEABILITA, T ROTER BLUTKORPERCHEN 355

noch eine gut beobachtbare Beeinflussung auszutiben vermochten, bei B die m a x i m a 1 e n Konzentrationen, in denen noch keine bemerkbare Hemmung oder Beschleunigung eintrat. Um Hypotonie zu vermeiden, wurden die Stoffe, Wenn n 6 t i g , in 8,1prozentiger Rohrzucker- 16sung angewendet; Htimolyse blieb immer aus. Die Versuche er- folgten bei Zimmertemperatur.

T a b e l l e V. A. B e s c h l e u n i g u n g . Die NO2-Wirkung ist statt in 2'

schon in 1' beendet.

Nr. Name des Stoffes Minimale Konzentration

Ag N 0:-3 A1 C13

Hg CI2 Th (N Oa)s

Liquor ferri oxyd. Rohrzucker

He S 04 Alanin

m/200 m/2500

m/10000 m/25000 0,04 Proz.

30 Proz. n/2500

m/8

B. O h n e W i r k u n g .

Nr. Name des Stoffes Minimale Konzentrat.

' I 1 j Morphinchlorid : 0,5 Proz. 2 Strychninnitrat 0,2 Proz. 3 i Alkohol m/2 4 i Hg(CN)2 2 Proz. 5 iKaliumferrozyanid m/2 6 'Kaliumferrizyanid : m/2

C. H e m m u n g . Die NOe-Wirkung ist start in 2'

erst in 15' beendet.

Nr. Name des Stoffes

1 KC1, K J, KBr , KNO3, K S CN

2 Ke S 04 3 Natriumbenzoat 4 K CI O~ 5 Ammoniak 6 K O H

Minimale Konzentrat.

m/10 m/1

m/50 m/l

m/2000 m/2000

Aus der Tabelle geht hervor, d a b S~ iu ren s o w i e h y d r o l y - s i e r e n d e S a l z e v o n m e h r w e r t i g e n K a t i o n e n (A1CIa, Th(NO3)4, f e r n e r K o l l o i d e p o s i t i v e r L a d u n g ( F e r r i h y d r o x y d ) , a l l e s S t o f f e , w e l c h e d i e r o t e n B l u t k 6 r p e r c h e n zu a g g l u t i n i e r e n v e r m 6 g e n , d i e N i t r i t e i n w i r k u n g , a u c h i n b e r e i t s s e h r b e t r ~ i c h t l i c h e r V e r d f i n n u n g , b e d e u t e n d b e - s c h l e u n i g e n . D e m g e g e n / i b e r s i n d L a u g e n , a u c h in . b e : r e i t s s e h r b e t r ~ i c h t l i c h e r V e r d i i n n u n g , in b e d e u t e n d e m

24*

Page 20: Ueber die Elektrolytpermeabilität der roten Blutkörperchen

356 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE BAND VIII, H E F T 11--12

M a B e h e m m e n d e F a k t o r e n . D e s g l e i c h e n s i n d in g r 6 B e - r e r K o n z e n t r a t i o n a u c h d i e e i n w e r t i g e A n i o n e n e n t - h a l t e n d e n A l k a l i m e t a l l s a l z e v o n b e d e u t e n d e r h e m m e n d e r E i n w i r k u n g ; d a s K a l i u m c h l o r a t w i r k t a u c h in g r o B e r K o n z e n t r a t i o n b l o B in u n b e d e u t e n d e m M a B e h e m m e n d , u n d d i e A l k a l i m e t a l l s a l z e , w e l c h e zwe i - u n d d r e i w e r t i g e A n i o n e n e n t h a l t e n , v e r m 6 g e n k a u m o d e r a u c h g a r n i c h t d i e R e a k t i o n zu b e e i n t r / i c h t i g e n . A l a n i n i s t in g r 6 B e - r e r K o n z e n t r a t i o n v o n b e s c h l e u n i g e n d e r W i r k u n g ; s e h r s t a r k k o n z e n t r i e r t e r R o h r z u c k e r w i r k t e b e n f a l l s b e - s c h l e u n i g e n d . D a s S t r y c h n i n n i t r a t (etwas hydrolytisch sauer) b e s c h l e u n i g t e i n w e n i g ; N a t r i u m b e n z o a t (etwas hydrolytisch alkalisch) w i r k t b e d e u t e n d h e m m e n d ; Q u e c k - s i l b e r z y a n i d , M o r p h i n c h l o r i d , A l k o h o l h a b e n k e i n e n E i n f l u g a u f d i e R e a k t i o n .

Auf die Bedeutung dieser Tatsachen werde ich im Laufe der theoretischen Er6rterungen des n/iheren eingehen. Einstweilen m6chte ich bloB darauf aufmerksam machen, dag nach diesen Daten die Nitriteinwirkung nur dutch Stoffe m i t e 1 ek t r i s c h e r L a d u n g bedeu-

tend beeintr/ichtigt wird. Nicht-Elektrolyte verm6gen, auch wenn es Narkotika oder Alka-

loide sind, nur bei groBer Konzentration und auch dann in unbe~ deutendem MaBe die Reaktion zu beeinflussen, das gleiche gilt f/Jr Salze, welche nieht elektrolytisch dissoziiert sind (Hg(CN)2). Die mit positiver Elektrizit/it geladenen Teilehen (H+, Th -q-+++) wirken be- schleunigend, die negativ geladenen Teilchen wirken hemmend. Von den Anionen hemmen die einwertigen am meisten. Das zweiwerlige Anion S 04 hemmt nur in gr6Beren Konzentrationen, die drei- bzw. vierwertigen Anionen Ferrizyan '1' und Ferrozyan"'" sind noch in m/2- Konzentration wirkungslos. Unter den einwertigen Anionen nimmt das ChloraV einen besonderen Platz ein, da es nut in sehr groBen Konzentrationen hemmt. Auch auf diese Eigentfimlichkeiten werden wit sp~iter zur/ickkommen.

2. A e h n l i c h e P r f i f u n g e n m i t K a l i u m c h l o r a t .

Den vorherigen /ihnliche Versuche nahm ich fiber die Einwirkung des Kaliumchlorats vor. Wie bereits erw~ihnt, vollzieht sich diese Ein- wirkung bei Zimmertemperatur sehr langsam, und auch bei 87 0 C (ie naeh der Konzentration des Chlorats) in den Zeitr/iumen yon einer Viertelstunde bis zu 24 Stunden. Die Chloratversuche erfolgten des-

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ROHONYI, ELEKTROLYTPERMEABILITA.T ROTER BLUTKORPERCHEN 357

halb in einem 37 o C-Thermosta t ; zu 5 ccm der L6sung des Stoffes, dessen Einwirkung der Prfifung unterzogen wurde, gab ich 1 ccm Blutzellensuspension und 1 ccm n 6 K CIO3-L6sung; als Grundlage des Vergleichs wurde auch hier das aus achtprozentiger Rohrzucker- 16sung q- 1 ccm Blutk6rperchen q- 1 ccm n 6 K C103 bestehende System genommen. Die bewirkte Beschleunigung oder Hemmung war, zufolge der verl/ingerten Reaktionsdauer, bei weitem anschau- licher zu beobachten, als bei der Nitriteinwirkung.

Zur Prfifung wurden die bereits bei der Beschreibung der Nitrit- reaktion angeffihrten Stoffe genommen. Ich halte es ffir fiberflfissig, diese in einer separaten Tabelle anzuffihren, denn das Ergebnis war ganz dem vorherigen gleich. D i e d e r P r f i f u n g u n t e r z o g e n e n S t o f f e b e e i n t r a c h t i g e n . d i e E i n w i r k u n g d e s K a l i u m - c h l o r a t e s a u f d a s H / i m o g l o b i n d e r r o t e n B l u t z e l l e g a n z in d e r s e l b e n W e i s e , w i e s i e d i e N i t r i t r e a k t i o n b e e i n - t r / i c h t i g e n .

Die Tatsache, dab sich die Chlorateinwirkung erst bei erh6hter Temperatur in l~ingerer Dauer vollzieht, 1/1fit die wichtige Frage auf- kommen, ob die A u f n a h m e des Chlorats, oder abet die Chlorat- H ~ i m o g l o b i n - R e a k t i o n die erh6hte Temperatur und die l/ingere Dauer erfordert? Es ist mit zwei M6glichkeiten zu rechnen: dab n~mlich das Chlorat-Ion bei Zimmertemperatur sofort in die Zelle dringt, ]edoch erst bei erh6hter Temperatur usw. auf das H~imoglobin einwirkt; oder aber das Chlorat wird bei gew6hnlicher Tempe- ratur yon der Zelle gar nicht aufgenommen. Diese Frage be- handelte ich folgendermaBen: Ich gab zu 5 ccm Rohrzucker-Blut- zellen-Suspension 2 ccm n6 K CIO3-L6sung und teilte dieselbe nach erfolgter Aufschfittelung in zwei Teile. Der eine Teil blieb unberfihrt (a), den anderen Tell zentrifugierte ich nach 5 ' - - 1 0 ' und wusch ihn mehrfach mit achtprozentiger Zuckerl6sung solange, bis sich die Waschflfissigkeit nach Kochen mit Schwefels~iure und Ferroammonium- sulfat bei Hinzugabe yon AgNO3 nicht trfibt - - ein Zeichen daffir, dab sie kein Chlorat enthielt (b). Sodann gab ich beide Suspensionen in den 37 0 C-Thermostat . Wurde das Chlorat bei der Zimmertem- peratur aufgenommen, so mut~ bei b die Chlorateinwirkung w~hrend der gleichen Dauer erfolgen wie bei a, denn mit Zuckerl6sung k6nnen bekanntlich Elektrolyte aus der roten Blutzelle nicht ausgewaschen werden. Ich habe nun gefunden, dat~ wiihrend a nach 30' dunkel- braun wurde, b auch nach Stunden noch rot blieb. Gab ich anstatt n 6 KCIO~ zur Zellensuspension n l KCIO~, so wurde a bereits

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3 5 8 t(OLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE BAND VIII, HEFT 11--12

nach 10' dunkelbraun, b dagegen blieb auch jetzt nach Stunden unver~indert. D i e T e m p e r a t u r b e e i n t r ~ i c h t i g t d e m n a c h n i c h t n u r d i e C h l o r a t r e a k t i o n , s o n d e r n a u c h d i e C h l o - r a t a u f n a h m e ; d i e A u f n a h m e d e s C h l o r a t e s e r f o l g t e r s t b e i e r h 6 h t e r T e m p e r a t u r .

g) E i n g e h e n d e P r f i f u n g e n f i b e r d i e E i n w i r k u n g d e r S a l z e .

In Tabelle V wurde ersichtlich gemacht, daft einige Salze in der Konzentration m/2 die Nitriteinwirkung bedeutend hemmen, einige andere abet dieselbe nicht beeintr~ichtigen. Zufolge der bedeutenden hemmenden Einwirkung dieser groi3en Salzkonzentration waren kleinere Abweichungen in der Einwirkung der einzelnen Salze nicht wahrzu- nehmen; sobald abet kleinere Konzentrationen des zur Priifung ge- nommenen Salzes verwendet werden, kann auch bei solchen Salzen ein Unterschied der Einwirkung beobachtet werden, welche in der Tabelle V als yon gleicher Einwirkungskraft bezeichnet wurden.

1. E i n w i r k u n g d e r S a l z e g l e i c h e n K a t i o n s u n d v e r s c h i e d e n e n A n i o n s .

Die hemmende Einwirkung der Salze ist schon in ihrer m/100- L6sung wahrnehmbar, in ihrer m/50-L6sung aber bereits ausdrficklich vorhanden. Die nachfolgenden Versuche erfolgten derart, dab ich zu 5 ccm m / 1 0 0 - o d e r m/50-L6sung l) der zur Prfifung genommenen Verschiedenen Salze 1 ccm Rohrzucker-Blutzel |en-Suspension gab und in einem Eprouvettenschrank nebeneinander setzte; zum Ver- gleiche hat stets das aus 5 ccm achtprozentigen Rohrzuckers und

1 ccm Blutzellen-Suspension bestehende System gedient. Sodann habe ich m6glichst rasch in jede Eprouvette drei Tropfen n 8 Na- triumnitrit-L6sung gegeben und beobachtete, indem ich die Zeit notierte, nach Durchsch/ittelung das Eintreten der Farben~inderungen. Ich pr/ifte die folgenden Salze: K CI, K J, KSCN, KNO~, K2(COO)~, K2SO4. Zwischen dem Grade der Einwirkung dieser Salze waren konstante und gut wahrnehmbare Zeitunterschiede. So zum Beispiel haben s ich aus den mit m/100-Salzl6sungen vorgenommenen Pr/i- fungen folgende Daten ergeben: in der Rohrzuckerl6sung ist nach 1" die Farbenverfinderung gut zu beobachten; beinahe so rasch ist dies

x) Diese L0sungen wurden derart angefertigt, dal3 ich den Elektrolyt in m~100 bis m/50-Konzentration in achtprozentiger Rohrzuckerl0sung 1Oste.

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ROHONYI, ELEKTROLYTPERMEABILITAT ROTER BLUTKC)RPERCHEN 3 0 9

'Jm Sulfat der Fall; im Chlorid und Jodid ist die Farbenver~inderung in 2', im Nitrat erst nach 3', im Oxalat in 20', im Rhodanid in 30' erfolgt.

Bei Salzl6sungen von m/50 und Verwendung von vier Tropfen Nitrit n 8 ist: Rohrzucker und Sulfat binnen 2', Chlorid, Jodid nach 3 ' , Nitrat nach 5', Oxalat nach 15' braun geworden; Rhodanid blieb :nach 30' noch rot.

In der hemmenden Einwirkung der Anionen ist also entschieden .eine gewisse Reihenfolge konstatierbar. Am wenigsten hemmt Sulfat, am st~irksten Rhodanid; dab Ferro- und Ferrizyan sogar i n einer Kon- zentration yon m/2 vollkommen wirkungslos ist, wurde bereits bei

~erTabel le Vgesehen. D i e R e i h e n f o l g e d e r A n i o n e n , w e l c h e a u f d i e R e a k t i o n d e s N i t r i t - B l u t z e l l e n - H ~ i m o g l o b i n s . e i n w i r k e n , i s t a l s o f o l g e n d e : Ferrozyan, Ferrizyan < Sulfat

Chlorid, Jodid ~ Nitrat < Oxalat ~ Rhodanid.

2. E i n w i r k u n g y o n S a l z e n m i t g l e i c h e m A n i o n u n d v e r s c h i e d e n e m K a t i o n .

Zu diesen Versuchen wurden die Nitrate des Kaliums, Natriums, Lithiums, Rubidiums, Ammoniums, Kalziums und Bariums genommen. Wird zu 5 ccm der m/8-L/3sungen dieser Nitrate 1 ccm Zellensus- pension und 1 ccm Nitrit n/8 gegeben, so vollzieht sich, mit Aus- ,nahme des Ammoniumnitrates, in den /ibrigen Salzen die Farbenver- ~nderung in gleicher Zeit. Die Suspension mit H4N(NO.~) ist abet viel rascher (nach 1', die /ibrigen erst naeh 15') braun geworden; nach Zentrifugieren der Suspension stellte sich aber heraus, dab die- selbe stark h~imolytisch ist.

In Versuehen mit SalzlOsungen m/100 fand ich, dab K, Na, Ru, Li, H4N in gleichem MaBe hemmen; Ca und Ba hemmen etwas sttirker.

Wird in Betracht genommen, dab in den Versuchen mit m/8- L/Jsungen das abweichende Verhalten des H4N-Ions darin seine Be- grfindung hatte, dab das Ion h~imolytisch war (denn in den Versuchen mit m/100 - L6sungen, wo also das H~N- Ion in nicht h/imolysierender Konzentration gegeben wurde, verhielt es sich den /ibrigen gleich); ,dab ferner die Salze Ca und Ba deshalb in etwas gr6Berem MaBe hemmend wirkten, well sie das zweifache Quantum vom Anion ent- hielten, so kann ausgesprochen werden, d a b d i e E i n w i r k u n g der v e r s c h i e d e n e n K a t i o n e n a u f d i e N i . t r i t z e l l e n - H a m o g l o b i n -

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360 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE BAND Vlll, HEFT 11--12

R e a k t i o n s i c h n i c h t v o n e i n a n d e r u n t e r s c h e i d e t . D i e s b e s a g t g l e i c h z e i t i g , d a b d i e E i n w i r k u n g d e r S a l z e in d e r E i n w i r k u n g i h r e r A n i o n e n b e s t e h t , u n d dat~ d i e K a t i o n e n w i r k u n g s l o s s i n d .

3. V e r s u c h e z u r A e n d e r u n g d e r A n i o n e n - R e i h e n f o l g e .

Einer Erw/igung zufolge, die ich im theoretischen Teile erw~lhnen, werde, versuchte ich, die oben beschriebene Reihenfolge der Anionen dadurch zu ~mdern, dat~ ich den H+-Gehalt des Suspensionsmediums /inderte. Bei einer Reihenfolge der Anionen yon m/100-, m/50-, m/8- Konzentrationen gab ich zu 5 ccm Salzl6sung 0,1--1 ccm nS0 H2SO4 bzw. 0 ,1--0 ,5 ccm n/100KOH, und beobachtete sodann die Anionen- Reihenfolge; ich habe also die Reaktion des Mediums soweit ge~indert, als es, ohne Gefahr der Hamolyse, nur m6glich war. Abgesehen yore Platzwechsel zweier nebeneinander stehender Anionen (im stark saaer reagierenden Medium nicht Sulfat < Chlorid, sondern Chlorid < Sulfat), war in der Anionenreihe eine Aenderung nicht wahrzunehmen. D i e R e i h e n f o l g e d e r h e m m e n d e i n w i r k e n d e n A n i o n e n h / i n g t a l s o v o m H y d r o g e n i o n g e h a l t d e s M e d i u m s n i c h t ab.

4. A b h / i n g i g k e i t d e r E i n w i r k u n g d e r A n i o n e n v o n d e r K o n z e n t r a t i o n d e s A n i o n s .

Werden die Salze in noch verdiinnteren L6sungen als m/100 angewendet, so wird man wahrnehmen, dab dieselben in gewissen Konzentrati0nen nicht hemmend einwirken, sondern vielmehr die Nitrit- Zellen- H/imoglobin- Reaktion beschleunigen ; jener Grad der Kon- zentration, welcher diese entgegengesetzte Wirkung erzeugt, ist je nach den geprfiften Anionen verschieden.

Da ich hier sehr minimale Salzkonzentrationen auf ihre Wirkung bin in Priifung nahm, habe ich bei diesen Experimenten mit m6g- lichster Sorgfalt ausgewaschene rote Blutk6rperchen verwendet, damit die suspendierende Rohrzuckerl6sung die Elektrolyte des Serums auch nicht in Spuren enthalte. Ich wusch die Zellen des defibrinierten Blutes 8 - -10fach mit Rohrzuckerl6sung an der Zentrifuge solange, bis in der Waschfliissigkeit Chlor auch in Spuren nicht mehr nach- weisbar war. Ich machte die W'ahrnehmung, dab be i E r l a n g u n g d i e s e s G r a d e s d e r E l e k t r o l y t l o s i g k e i t d i e r o t e n B l u t - k i b r p e r c h e n s t e t s t e i l w e i s e a g g l u t i n i e r t e n , was reich bei den spateren Versuchen bewog, das Eintreten der Agglutination als

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ROHONYI, ELEKTROLYTPERMEABILITJ~T ROTER BLUTKORPERCHEN 361

Zeichen der genfigend ausgefallenen Waschung zu betrachten. Gab. ich zur solcherart agglutinierten Zellensuspension eine S p u r yon Elektrolyt, dann verteilten sich die Zellen wieder als gleichm/lBige Suspension.

(Da ich bei diesem meines Wissens bisher unbekannten Ph/lnomen, weiter nicht verweile, will ich hier ganz kurz fiber das Wesen des- selben sprechen. Diese Agglutination der roten Blutk6rperchen repr/l- sentiert eigentlich den Grenzfall der S/lure-Agglutinationen; ich land niimlich, dab die S/lure-Agglutination der suspendierten Zellen irgend einer Elektrolytl6sung bei einer umso kleineren H+-Konzentration er- folgt, je verdtinnter die Elekti'olytl6sung ist. Die in physiologischer Kochsalzl6sung suspendierten Zellen agglutinieren bei Hinzugabe eines bestimmten Quantums Minerals~iure, reagieren aber nicht bei Einf/Jh- rung von COe-Gas. Die mit Rohrzuckerl6sung ein- bis zweimal ausgewaschenen Zellen aber werden bei Einf/ihrung yon COs-Gas sogleich agglutinieren. Werden nun nach vielfachem Auswaschen auch die Spuren der lonen aus dem Suspensionsmedium entfernt, so. wird auch bei neutraler Reaktion Agglutination zustande kommen.

Es ist eine aus der Kolloidchemie bekannte Erscheinung, dab wenn aus der L6sung eines hydrophilen Kolloids die darin befind- lichen Elektrolyte durch Dialyse vollkommen entfernt werden, die Kolloidl6sung instabil wird. Nachdem es an der aufladenden Einwir- kung der aus der L6sung absorbierten lonen, der zufolge die mit ho- mogener Elektrizit/lt geffillten Teilchen einander abstot~en, fehlt, kleben sich die Teilchen aneinander und kommt dadurch Koagulation zustande. Es ist bekannt, dab die in Elektrolytl6sung suspendierten roten Blut- k6rperchen anodisch, d. h. yon negativer Ladung sind; ihre Stabilit/lt wird dann a m kleinsten sein, wenn diese negative Ladung durch eine S/lure, deren Kation adsorbiert wurde, neutralisiert wird; die hierzu ben6tigte H+-Konzentration aber mag umso kleiner ausfallen, ]e schw/lcher die negative Ladung der Zellenoberfl~iche ist. Sobald diese Ladung - - zufolge Entfernung der Elektrolyte - - aufh6rt, muB die Agglutination, auch wenn keine S/lure vorhanden ist, von selbst ein- treten.)

Den sehr verdfinnten Salzl6sungen gab ich die mit Rohrzucker- 16sung verd/innte Suspension der solcherart ausgewaschenen roten Blutk6rperchen hinzu; sodann babe ich, nach Zutropfen yon etwas Nitritl6sung, den Zeitpunkt der Farbenver/lnderung notiert. Zum Ver- gleiche wurde elektrolytfreie Rohrzueker-Suspension genommen. Der Verlauf eines solchen Versuchs war folgender: lch gab in sechs neben-

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362 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE BAND VIII, HEFT 11--12

.einander stehende Probiergl~ischen je 5 ccm folgender L6sungen: 1. Achtprozentigen Rohrzucker, 2. achtprozentigen Rohrzucker, ent- haltend n /100000 KC1, 3. Rohrzucker, n/10000 KC1, 4. Rohrzucker, n/1000 KC1, 5. Rohrzucker, n/100 KC1, 6. Rohrzucker, n /10 KC1. Sodann gab ich jeder L6sung 1 ccm Blutzellen-Suspension und schlieBlich zwei Tropfen n 8 Natriumnitrit-L6sung hinzu. Die Farben- ver/inderung war in 1 und 2 nach 3', in 3 und 4 nach 2', in 5 nach 5 ' wahrzunehmen; 6 blieb auch nach 10' rot. Es folgt hieraus, dab das KCI die Nitriteinwirkung in Konzentrationen zwischen n /10000 bis n/1000 besehleunigt; darunter vermag es die Nitriteinwirkung nieht zu beeintr~tchtigen, darfiber wirkt es hemmend ein.

q

KSCN I

_k i i / , 2 ' g ' [~' 8 ' t O '

i 5

q

3

K ct 1

z ' y 5'

K SO '

2 ' q ' ~' ' 10'

Fig. 5

Das derartige Verhalten des KCI, K S C N und K~SO4 illustriere ich hier im Koordinatensystem (Fig. 5). Auf der Ordinate verzeich- nete ich den Zeitpunkt der eingetretenen Farbenver/inderung (in Mi- nuten); der Mittelpunkt der Ordinate ist ]ener Zeitpunkt, in welchem die Reaktion des vollst/indig elektrolytfreien Mediums abzulesen war;

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ROHONYI, ELEKTROLYTPERMEABILIT.~T ROTER BLUTKORPERCHEN 363

.die vom Zentrum rechts fallenden Punkte bezeichnen demnach die Hemmung, die links fallenden Punkte die Beschleunigung. Auf der Abszisse trug ich, in nach aufwarts fallendem Werte, den Logarithmus der Konzenlration des Salzes auf (m/10 ---- 1, m/100 z 2 usw.).

Aus den Figuren ist ersichtlich, dab das S C N - I o n in Konzen- tration n/10 000 beschleunigt, in h6herer Konzentration bereits hemmt; das Cl-Ion wirkt auch in Konzentration n/1000 noch beschleunigend und hemmt bloB in einer diese an [St/irke /ibersteigenden Konzen- tration; das SO~-lon beschleunigt bis zur n/10-Konzentration und wirkt auch noch in n/10-Konzentrat ion nicht hemmend ein. Die

Reihenfolge ist also auch hier SO4 < C1 < S C N.

h) E i n w i r k u n g v o n N i t r i t in G e g e n w a r t e i n i g e r S a l z e a u f h ~ i m o l y s i e r t e s B l u t u n d a u f d i e L 6 s u n g v o n k r i s t a l l i s i e r t e m H ~ i m o g l o b i n .

Auf Grund experimenteller Ergebnisse wurde oben bereits aus- gef/ihrt, dab die Nitr i t -Hamoglobin-Reaktion sich in h~imolysiertem Blute rascher als im nativen nicht h~imolysierten Blute vollzieht. Nach- stehend bespreche ich meine Versuche, dutch welche ich die letzt- beschriebenen verschiedenen Einfl/isse der Nitritreaktion (Salze usw.) auf das h ~ i m o l y s i e r t e B l u t untersuchte.

Der Verlauf dieser Untersuchungen war derselbe, wie jener der unter Punkt f u n d g angef/ihrten Experimente mit den roten Blut- k6rperchen. Der Unterschied bestand nur darin, dab zu 5 ccm der L6sung des Stoffes, dessen EinfluB den Gegenstand der Pr/ifung bildete, nicht 1 ccm Blutzellen-Suspension, sondern 1 ccm entsprechend verd/inntes hamolysiertes Blur gegeben wurde. Letzteres wurde erzeugt, indem ich die mit achtprozentiger Rohrzuckerl6sung ausgewaschenen Zellen 1 0 - - 20 fach mit destilliertem Wasser verd~nnte ; hierauf erfolgte vollst~indige H~,molyse, die ich in vielen Fallen durch Hinzugabe yon etwas Saponin noch beschleunigte. Zu diesen Systemen gab ich so- dann 2 - - 3 Tropfen n $0 Natriumnitrit.

Das Ergebnis dieser Experimente kann ich hier kurz zusammen- fassen. Jene Stoffe, deren Einwirkung auf die roten Blutk6rperchen in der Tabelle V zusammengefaBt wurde, wirken, soweit dies die Richtung und den Unterschied des Einflusses betrifft, auch auf das h~imolysierte Blut fast in gleicher Weise ein. Die S/iuren also be- schleunigen, die Laugen hemmen, die einwertigen Anionen (Chlor aus-

g e n o m m e n ) hemmen, das Alanin, der Rohrzucker, das Strychnin, das

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364 K O L L O I D C H E M I S C H E B E I H E F T E B A N D V I I I , H E F T 1 1 - - 1 2

Morphin, Alkohol beeintr~chtigen in der gleichen Richtung und in

dem gleichen Mafle. Die Einwirkung der Salze auf die gel6sten Blutk6rperchen - -

der Einwirkung auf die Zellen gegenfiber - - weist folgende Unter-

schiede auf: Die hemmende Einwirkung ist erst bei m/8 oder noch hGherer Konzentration ausdr/icklich bemerkbar. Die Anionenreihe ist nicht vollkommen mit der bei den Zellen geltenden Anionenreihenfolge

identisch.

Die Reihenfolge bei den Zellen war:

Sulfat < Chlorid, Jodid < Nitrat < Oxalat < Rhodanid,

bei den h~.molysierten Zellen dagegen ist die Reihenfolge

Chlorid < Oxalat < Sulfat < Nitrat < Jodid < Rhodanid,

stellenweise also fibereinstimmend, anderw~irts abweichend. Die Ein- wirkung des Ferri- und Ferrozyankaliums konnte hier nicht untersucht werden, weft diese das gel6ste H~imoglobin auch selbst in Methamo- globin verwandein.

I

\ \ " I ~

iz KSCN

t 3 , i " ~ f ._1 r 2' ~' 6' 8' I0" 12' 19'

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-- ' ' . ._k . . . . . . " ~ ' d' 6' 8' zo' 7z' T~' ,~'-

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L' '~' 6' 8'

Fiff. 6

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ROFIONYI, ELEKTROLYTPERMEABIL1T~,T ROTER BLUTKORPERCHEN 365

Die Einwirkung der Anionen ist auch hier yon der Konzentration des Anions abh~ingig: es beschleunigt bei den minimalen Konzentra- tionen und hemmt bei den h6heren. Des Vergleiches wegen habe ich die mit der lonen-Konzentration vorgehende Ver~inderung der Cl;, S 04" und S C N'-Einwirkung auf die Nitritreaktion der gel6sten Blut- k6rperchen in Fig. 15 in derselben Weise dargestellt, wie dies welter oben mit der Einwirkung auf die Zellen erfolgte.

Die hemmende Einwirkung des Rhodan-Ions ist also auch hier bei n 1000-Konzentration bereits bemerkbar; das Sulfat wirkt hier in n 10-L6sung bedeutend hemmend ein, wogegen es dort wirkungslos blieb; das Chlor hemmt hier erst in n l0-Konzentration, dort war dies bereits bei n l 00 -L6sung der Fall. Die Rejhenfolge war dort S 04 < CI < S C N, hier ist sie C1 K S 0 4 "~ S C N.

ZwischeiJ der Einwirkung der Nitrate yon K, Na, Li, Ru, H4N, Ca und Ba ist in aquimolekularer Konzentration aueh hier kein wesent- licher Unterschied wahrzunehmen.

Um die Reaktion frei yore Einflusse der anl~ifilich der H~imolyse in die LBsung gelangenden fibrigen Zellenbestandteile beobachten zu kOnnen, habe ich fiber die Einwirkung der Salze den obigen ~ihnliche Versuche mit r e i n e m (kristallisiertem) H / i m o g l o b i n angestellt. Das Hiimoglobin stellte ich aus Pferdeblut in der iiblichen Weise dar; ich zentrifugierte defibriniertes Pferdeblut und wuseh die Zellen an der Zentrifuge dreimal mit physiologischer Kochsalzl6sung, sodann gab ich ein gleiches Quantum ausgekochtes destilliertes Wasser hinzu. Die solcherart h~imolysierte L6sung liet~ ich auf 0 0 C abkiihlen und gab J/4 Volum auf 0 0 C abgekiihlten 96 prozentigen Alkohol dazu; das Gemisch liet~ ich 24 Stunden lang in einem Eisbade yon 0 ~ C stehen. Wahrend dieser Zeit kristallisierte ein Tell des Oxy- h~imoglobins. Nachdem ich die Kristalle dutch Zentrifugieren in auf 0 ~ C abgektihlten Oef~il~en yon der L6sung isolierte, liet~ ich die- selben mit etwas destilliertem Wasser bei 38 o C wieder aufl6sen. Sodann kiihlte ich die L6sung ab und kristallisierte sie wieder, indem ich Alkohol gleichen Volums hinzugab. Nach 24sttindigem Stehen auf 0 ~ C zentrifugierte ich, 16ste die Kristalle in destilliertem Wasser auf und erhielt solcherart eine reine Oxyh~imogtobin-LOsung.

In d i e s e r O x y h ~ i m o g l o b i n - L 6 s u n g n i m m t d i e N i t r i t - e i n w i r k u n g d e n s e l b e n V e r l a u f , w i e d i e s im h ~ i m o l y - s i e r t e n B l u t e d e r F a l l i s t . D i e h e m m e n d e E i n w i r k u n g d e r A n i o n e n , d i e R e i h e n f o l g e d e r A n i o n e n , d i e W i r k u n g s - l o s i g k e i t d e r N i ' c h t e l e k t r o l y t e u n d d e r K a t i o n e n , d i e

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366 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE BAND VIII, HEFT 11--12

S / i u r e - , d i e L a u g e n e i n w i r k u n g usw . i s t e b e n s 0 w a h r -

z u n e h m e n w i e im h / i m o l y s i e r t e n B l u t e .

111. Untersuchungen fiber die Permeabilit/it des Ferr izyankal iums.

Es ist eine altbekannte Tatsache, dab das Ferrizyankalium, welches das H/imoglobin des h~imolysierten Blutes momentan in Meth/imoglobin umwandelt, auf das H/imoglobin des unversehrten roten Blutk6rper- chens nicht einzuwirken vermag. H o p p e- S e yl e r, der erste, der auf diesen Umstand aufmerksam machte, legte dies dahin aus, dab er die Hypothese aufstellte, dab das in der Zelle befindliche H/imoglobin (das Arterin) sich vom gel6sten H/imoglobin c h e m i s c h unterscheide. Seitdem man Sich aber mit den Erscheinungen der Permeabilit/it ein- gehender befaBt, wird diese auch sonst unbegrfindete Hypothese nicht mehr akzeptiert, sondern die Wirkungslosigkeit des Ferrizyankaliums wird derart ausgelegt, dab dasselbe nicht in die Zelle eindringt ; d e s h al b ist es auf das mit dem gel6sten H/imoglobin i d e n t i s c h e Zellen- H/imoglobin ohne Wirkung. Die Bedingungen dieser ,,Impermeabili- t/it" wurden aber bislang keiner Prfifung unterzogen.

Das Ferrizyankalium bildet also (nebst dem Ferrozyankalium) einen scharfen Gegensatz zu den Nitriten und Chloraten, welche, wie nachgewiesen wurde, auf das gel6ste und auf das Zellen-H/imoglobin in fast gleicher Weise einwirken. Ich unternahm sehr viele Versuche, um fiber das Wesen dieser Verschiedenheit Klarheit zu schaffen. Ich setzte die roten Blutk6rperchen den mannigfaltigsten chemischen und physikalischen Einwirkungen aus, damit sie ffir das Ferrizyankalium permeabel wurden, ohne dab ich dessen Zeichen, das Braunwerden der roten Suspension, konstatieren konnte. Speziell habe ich die Blut- k6rperchen mit h/imolytischen Agentien (Alkohol, Chloroform, Saponin) bis zu den sogen, h/imolytischen Grenzkonzentrationen dieser Stoffe behandelt, auch ganzlich erfolglos. Endlich gelang es mir einen Stoff zu linden, unter dessert Einwirkung das Ferrizyankalium fast momentan auf das Zellen-H/imoglobin einwirkt, ohne dab inzwischen H~imolyse

entstanden w/ire. Die Beurteilung des Einflusses des Ferrizyankaliums erfolgte dann

dutch Vornahme gasanalytischer Messungen. Wird der Suspension roter Blutk6rperchen Ferrizyankalium hinzugegeben, kann - - solange die Zellen nicht irgendwie h/imolysiert werden - - im Barcroft 'schen Apparat keinerlei Freiwerden yon Oxygen nachgewiesen werden, mag

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ROHONu ELEKTROLVTPERMEABILIT,~T ROTER BLUTK()RPERCHEN 367

die Konzentration des Ferrizyankaliums noch so stark sein. Wird abet zugleich etwas S/ iu re hinzugegeben, so wird die Gasentwick- lung sogleich eintreten, trotzdem die angewendeten S/iurequantit~iten allein, ohne Ferrizyankalium, kein Oxygen. aus dem Blur herauszu- treiben verm6gen.

Zum Beweis dessen, dab die der H/imoglobin-L6sung hinzu- gegebene S/iure allein keine Oxygenbildung hervorruft, mag folgender Versuch dienen: Ich gab in das eine (linksseitige) (3ef/ifi des Diffe- rential - (3as -Analysier-Apparates 2 ccm K o c h s a I z - B 1 u t z e 11 e n - S u s p e n s i o n , ein wenig Saponin und 0,4 ccm destilliertes Wasser; in das andere (rechtsseitige) (3ef/iB gab ich 2 ccm Blutzellen-Sus- pension, Saponin und 0,4 ccm n 5-Schwefels~iure. Nach Durchschfitteln h~imolysierend, lasse ich die L6sungen 5' fang an der Luft stehen und verbinde sie sodann mit dem Manometerteile des Apparates. Nachdem in der Zimmertemperatur des Wasserbades das Temperatur- Oleichgewicht eingetreten war, lieB ich von aufw~irts die vorher her- eingebrachte, kalt ges/ittigte Ferrizyankalium-L6sung beiderseits ein- flieBen und notierte sodann nach Aufsch/ittelung den Gasdruck der beiden Seiten. Der Oasdruck war auf beiden Seiten gleich ; das Ferri- zyankalium hatte also aus beiden (3ef/iBchen ein gleiches Quantum Oxygen herausgetrieben, was nut so m6glich sein konnte, wenn die in das linksseitige Oef/iB gegebene S/iure vorher kein Oxygen austrieb.

Das gemeinsame Zusammenwirken der S~iure ~-Ferrizyankalium erscheint durch das folgende Experiment beleuchtet:

Ich gab in das eine (3ef/iB (A) des Differential-(3as-Analysier- Apparates 2 ccm Kochsalz-Blutzellen und 0,2 ccm kalt ges/ittigter Ferrizyankalium-L6sung, in das andere Gef/iB (B) auBerdem noch ein wenig Saponin ; nach Aufschiittelung bleiben die L6sungen 5' lang an der Luft. Inzwischen muB im System B alles Oxygen entbunden sein; als Zeichen der vollzogenen Meth/imoglobinbildung wird die L6sung braun ; im Systeme A ist keine Meth/imoglobinbildung eingetreten, demgem/iB blieb die Suspension rot. Sodann werden die (31aschen mit dem Manometerteile verbunden; aus dem oberen Beh/ilter lasse ich S/iure in die (3ef/iBe fliet~en und notiere nach vorherigem Durchschfittetn den Oasdruck. Da in beide Oef/iBe die gleiche Menge Sfiure gelangte, ist aus beiden Gef~iBen das gleiche Volum Kohtens/iure vertrieben worden und kann daher die beobachtete Druckdifferenz ausschliefilich vom herausgetriebenen Oxygen herstammen. Dutch einen separaten Versuch bestimmte ich stets die Oxygenkapazit/it der Suspension, so dab ich die Menge des aus dem System A herausgetriebenen Oxygens

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368 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE BAND VllI, HEFT t1--12

in Prozenten des gesamten (bei der Kapazitfitsbestimmung erhaltenen) Oxygengehaltes ausdrficken konnte (dritte Kolumne der Tabelle VI). Nach vorgenommener Gasanalyse gob ich den Inhalt des GefiiBes A in ein Zentrifugierglas und verschaffte mir durch Zentrifugieren Ueber- zeugnng davon, dab Hamolyse eingetreten ist oder nicht; die Sus- pension war jetzt b r a u n , und man konnte in der Suspension eine mehr oder weniger vollstandige Ag g 1 u t i n a t i o n der Blutk6rperchen konstatieren. Die Ergebnisse dieser Bestimmungen sind aus Tabelle VI ersichtlich.

T a b e l l e VI.

i Die S~iure und Nummer 02 ausgetrieben I

des Ideren Konzentration (in Prozenten des Bemerkung Versuchs f~ in der Suspension gesamten O2)

1

2

3

4

0,015 n HzSOa

0,015 n H~SO4

0,014 n HCI

0,028 n H CI

0,084 n H C1

![in Spuren hamolytisch; 85 ! mit destilliertem Wasser

1/vollkommen h~imolysier- 72 i~ bar

23 ~ nicht h~imolytisch ; h~mo- ! lysierbar ]/ein wenig h~molytisch,

54 i| nicht hamolysierbar

92 I nicht h~imolytisch, nicht i/ h~imolysierbar

Diese Zahlen beweisen, d a b b e i G e g e n w a r t e i n e s g e - w i s s e n Q u a n t u m s y o n S~iure d a s F e r r i z y a n k a l i u m 2 3 b i s 92 P r o z e n t v o m H a m o g l o b i n d e s r o t e n B l u t k 6 r p e r c h e n s in M e t h ~ i m o g l o b i n u m w a n d e l t , trotzdem die Zellen hiimoly- siert blieben.

In der Rubrik Bemerkung erwg.hne ich bei jedem Falle, ob die nach der Bestimmung zentrifugierten und ausgewaschenen roten Blut- kOrperchen mit destilliertem Wasser hamolysierbar waren oder nicht. Ueber die Bedeutung der Prfifung dieses Umstandes ist in meiner Abhandlung ,Beobachtungen fiber zwei Eigentfimlichkeiten der roten Blutk6rperchen" AufschluB zu finden. Einstweilen will ich bloB darauf aufmerksam gemacht haben, dab die Einwirkung des Ferrizyankaliums

auch bei jenen Versuchen eine bedeutende war (1, 2, 3), wo die Siiurekonzentration nicht dazu genfigte, den Zellen die H~imolysier- barkeit zu nehmen. Dies beweist, dab die beiden Erscheinungen: Hiimolysierbarkeit und Ferrizyans~iure-Wirkung keinen engen Zusam- :.menhang mit einander haben. Ich erwiihne noch,, dab das Serum,

Page 33: Ueber die Elektrolytpermeabilität der roten Blutkörperchen

R O H O N Y I , E L E K T R O L Y T P E R M E A B I L I T , ~ T ROTER B L U T K ( ) R P E R C H E N 369

welches nach der Gasanalyse durch Zentrifugmren gewonnen wurde, bei Hinzugabe von Ferrichlorid eine stark blaue Farbe erhielt (Ferri- ferrozyanid, Berlinerblau), ein Zeichen daf/ir, dab w/ihrend der Ein- wirkung ein Tell des Ferrizyankaliums reduziert worden ist. Dies entspricht jener bekannten Tatsache, dab das Ferrizyankalium, indem es das Oxy-H/imoglobin in Meth~imoglobin umwandelt, sich zu Ferro- zvankalium reduziert.

a) F e r r i z y a n s ~ i u r e - W i r k u n g u n d A g g l u t i n a t i o n .

Es wurde oben (S. 368) bemerkt, dab nach der Ferrizyans/iure- Einwirkung die Blutzellen meist agglutiniert gefunden worden sind. In dem Folgenden beschreibe ich eine Versuchsreihe, in der ich fiber das Verh/iltnis dieser zwei Erscheinungen Klarheit zu schaffen bestrebt war. Blutk6rperchen von defibriniertem Rinderblut wurden mehrmals mit a c h t p r o z e n t i g e r R o h r z u c k e r l 6 s u n g a u s g e w a s c h e n , dann in dem 20fachen Volum a c h t p r o z e n t i g e r R o h r z u c k e r - 16 s u n g suspendiert. In sechs Reagenzgl/iser, die je 5 ccm einer m/8 K4Fe Cy6-L6sung enthielten, wurden je 1 ccm dieser Blutk6rper- chen-Suspension und dann je 1 ccm Salzsaurel6sung yon verschie- dener Konzentration gegeben, aufgeschfittelt, yon Zeit zu Zeit die sichtbaren Ver/inderungen verzeichnet und in einer Tabelle eingetragen. In d i ~ Tabelle bedeutet + eine Agglutination, I-I das Braunwerden der Blutk6rperchen (Meth/imoglobinbildung); das Minuszeichen be- deutet, daft keine Agglutination, das Kreiszeicben (o), dab keine Farben- anderung auftritt.

T a b e l l e VII.

K-onzentration der hq-n ~- . . . . . . . . . . . . . . . . . . z u g e f f i g t e n

_ _ Salzsaurelosung

nach 5' Uer-

ande- nach 4h rungen

nach 24h

0,0002 n

�9

�9

�9

0,001 n

�9

�9

§ �9

0,0025 n

�9

+ �9

+

0,005 n

+

§ [] +

0,01 n

4_ 0 §

0 , 0 2 n

+

+ [] + []

Es ist ersichtlich, dab 1. zur Meth/imoglobinbildung in diesen Versuchen viel kleinere S~iurekonzentrationen genfigten, wie in den Versuchen mit Kochsalz-Blutzellen-Suspensionen (Tabelle VI); 2. dab Agglutination und Meth~imoglobinbildung nicht immer zusammenfallen, vielmehr dab die Agglutination der Methamoglobinbildung immer

25

Page 34: Ueber die Elektrolytpermeabilität der roten Blutkörperchen

370 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE BAND VIII, HEFT 11--12

v o r a u s g e h t . Auf die Bedeutung dieser Tatsache werden wir in

dem n~ichsten Kapitel zurfickkommen.

IV.

Diskussion.

Meine Untersuchungen best~itigen vor allem, dab die Elektrolyt-

aufnahme der roten Blutk6rperchen I o n e n a u f n a h m e darstellt. Den p h y s i k o c h e m i s c h e n V e r l a u f dieser Ionenaufnahme betreffend,

ffihren meine Untersuchungen zur Erkenntnis dessen, dab dieser Vor- gang k e i n e M e m b r a n - D i f f u s i o n s e i n k a n n . Wit haben ge- sehen, dab die Nitrit- und Chlorateinwirkung und deren mannigfache

Beeinflussungen in der Zelle und in einer H~imoglobinltisung fast ganz

in derselben Weise von statten gehen. In meiner Abhandlung: ,,Beob- achtungen fiber zwei Eigentfimlichkeiten der roten Blutk6rperchen" und in meiner mit A. L 6 r ~i n t gemeinsam ausgeftihrten Abhandlung- ,Zur

Kenntnis der Wirkung yon CO2 und 02 auf die Elektrolytpermeabilit~it

der roten Blutk~Srperchen" sind dann noch mehrere Erscheinungen in den BlutkSrperchen und in einer H~imoglobinlSsung verglichen, wobei

sich eine fast durchgehende Identit~it der Reaktionsumst~inde heraus- gestellt hat. Die sehr kleinen Unterschiede im Verhalten von Blut- k6rperchen einerseits und h~imolysiertem Blute andererseits in bezug

auf diese Erscheinungen sind offenbar dadurch bedingt, dab das Blut- k6rperchen auch ,,ohne Membran" hinsichtlich der Konzentration des H~imoglobins und der Elektrolyte usw. von dem h~imolysierten Blute

jedenfalls differiert. Es ist bei Vorhandensein einer Lipoid- (oder im

allgemeinen einer nicht aus H~imoglobin bestehenden) Membran un- denkbar, wie die mannigfachsten Stoffe auf das gel6ste H/imoglobin

dieselbe Wirkung ausliben k/3nnen bezw. die Wirkung eines Stoffes auf dieselbe Weise beeinflussen k6nnen, als die auf das Zellen- Hamoglobin ;

wfirde doch die Membran einigen Stoffen den Eintritt gew~ihren, anderen Stoffen verwehren usw. Vermissen wir also in allen diesen Erschein-

ungen jede Spur einer solchen Membranwirkung, so bedeutet das, d a b e i n e s o l c h e M e m b r a n e b e n n i c h t e x i s t i e r t u n d d a ~ d ie B l u t k 6 r p e r c h e n - O b e r f l ~ i c h e im w e s e n t l i c h e n e i n e

H~im o g l o b i n - O b er f l~ ich e d a r s t e l l t . Zur Beantwortung der Frage nach den p h y s i k o - c h e m i s c h e n

V o r g~i n ge n bei der lonenaufnahme in die BlutkSrperchen dienten.

mir jene bekannten kolloidchemischen Prinzipien als Ausgangs-

punkt, welche sich auf die Elektrolytaufnahme s u s p e n s o i d e r K o | -

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ROHONYI, ELEKTROLYTPERMEABILITAT ROTER BLUTKORPERCHEN 371

1 o id e, oder grob suspendierter Teilchen, beziehen. Wir wissen, dab die Elektrolytaufnahme der Suspensoide durch Adsorption geschieht, und die Art, sowie die Menge des aufgenommenen Ions, in erster Reihe davon bedingt ist, welcher Art (-~- oder - - ) und wie stark die elektrische Ladung des suspendierten Teilchens ist. Hinsichtlich des M e ch a n i s m u s der Aufnahme wurde folgende Theorie allgemein akzeptiert (Fr e u n d li c h): Die Ladung irgend eines suspendierten Kolloides wird dnrch die (w/ihrend ihrer Herstellung adsorbierten) Elektrolyte erzeugt; das Kolloid bindet beide [onen des Elektrolyten, yon diesen aber adsorbiert es, seiner che- mischen Natur entsprechend, blot~ das Anion oder bloB das Kation, das andere Ion wird durch seine elektrostatische Anziehung auf der Oberfl~iche des Teilchens festgehalten. Das Kolloid Ferrihydroxyd hMt z. B. Ferrichlorid in Spuren adsorbiert; das F e + + + - I o n verleiht dem Kolloid die Ladung (auf der inneren Seite der Doppel-Schicht), das Chlor-Ion dagegen bleibt, seiner elektrostatischen Ladung zufolge, auf der ~iuBeren Seite der Doppel-Schicht. Gibt man das Kolloid in die L/~sung irgend eines (anderen) Salzes, so werden sich die Anionen, ihrem osmotischen Drucke zufolge, austauschen; die fester gebundenen Kationen dagegen werden nicht ausgetauscht. Dieser Mechanismus der Aufnahme gibt in der Kolloidchemie unter anderem Aufklfirung dar/.iber, weshalb bei der Ausflockung positiv geladener Kolloide die Anionen, und bei der Ausflockung negativer Kolloide die Kationen mat~gebend sind.

Die Tatsache des Ionenaustausches in diesen Erscheinungen er- scheint /ibrigens dutch quantitative Messungen best~itigt. Es wurde auch festgestellt, dab die Aufnahme irgend eines Anions dutch andere Anionen gehemmt werden kann; dab die Zahl der aufgenommenen A n i o n e n durch Hinzugabe yon S~iure bedeutend erhSht und dutch Lauge gehemmt wird, dab ferner der elektrochemische Weft des Ions eine grot3e Rolle spielt usw.

Die Elektrolytaufnahme der roten Blutk6rperchen betrachte ich nun f/it eine Erscheinung, welche im wesentlichen mit der Elekrolyt- aufnahme suspensoider Kolloide identisch ist. Dutch Anwendung dieser These k/~nnen die gesamten Erscheinungen der ,,Anionenpermeabilit~it" der roten BlutkOrperchen unschwer erkl~irt werden.

Die H~imoglobinoberfl~iche der roten Blutk/~rperchen enth~ilt Chlor- Ionen (und Phosphat-, Karbonat- und andere Anionen) adsorbiert. Diese kmen kBnnen sich mit anderen Anionen vertauschen und sind durchWaschen mit der L6sung eines solchen Anions (Br , NO2 , ClOg ) aus der Zelle vollst~indig zu entfernen. Die im Serum oder in neutraler LC~sung r~ e g a t i v geladene Zellenoberfl[iche nimmt Anionen (NO 2 , CIO 3 usw. )

25*

Page 36: Ueber die Elektrolytpermeabilität der roten Blutkörperchen

372 KOLLOIDCHEMISCPIE BEIHEFTE BAND VIIIj H E F T 11-12

in Anwesenheit von S~iure in weit grOl~erer Zahl auf, denn das H§ Ion der S~iure - - auf die H~imoglobin-Oberflache adsorb ie r t verleiht ihr positive Ladung; die Anionen der S~iure k6nnen dann durch die vorhandenen anderenAnionen (NO,2 , CI O~ usw.) verdr~ingt und letztere auf diese Weise aufgenommen werden. Durch diese einfachen Annahmen k6nnen s~mtliche Erscheinungen, die ich in der Zusammenfassung (s. weiter unten) in den 1 - - 5 Punkten aufz~ihle, ungezwungen erkl~irt werden.

Die /ibrigen Erscheinungen betreffend, m/issen wir vor Au~en halten, dab das g e l O s t e H~imoglobin bei einer H+-Konzentration 1 ,8 .10 -7 (also in ungefahr neutraler L6sung) keine bestimmte elek- trische Ladung besitzt; demgegeniiber wandern die roten Blutk6rperchen in neutraler L6sung anodisch, besitzen also negative Ladung. Diesen Tatsachen entsprechend, kann das gel6ste H~imoglobin, wie wir ge- sehen haben, in neutraler L6sung gr6Bere Mengen Nitrit und Chtorat aufnehmen, als die dieselben Mengen Hfimoglobin enthaltenden roten Blutk6rperchen.

Das Wesen der Ferrizyanwirkung erheischt, eingehender er6rtert zu Werden, da diese, wie ich schon bemerkt habe, bisher als eine wichtige Stfitze der ,Membran-Theorie" galt. Die Ferrizyanwirktmg verlauft n~imlich in einer Hamoglobinl6sung scheinbar ganzlich anders, als in einer Blutk6rperchen-Suspension. Das Wesen dieser Verschieden- heit besteht nach meinen Versuchen darin, dab das Ferrizyankalium auf das gel6ste H~imoglobin auch in neutraler LOsung einzuwirken ver- mag, wahrend es zur Einwirkung auf das H~imoglobin des unversehrten roten Blutk6rperchens einer (unter Umst~inden betr~ichtlichen) Saure- konzentration bedarf. Die Untersuchung des Zusammenhanges zwischen der Meth~imoglobin bildenden und a g g 1 u t i n i e re n d e n Wirkung der Ferrizyans~iure f/ihrte zur richtigen Deutung dieser Verschiedenheit in dem Verhalten binnen und auBer dem Blutk6rperchen. Wir haben ge- sehen, dab die meth~imoglobinbildende Wirkung des Ferrizyans~iure- gemisches in der Blutzelle i m m er yon einer Agglutination begleitet wird, und zwar entsteht bei steigenden S~iuremengen im m er erst Agglutination und dann Methiimoglobinbildung. Nun wissen wir, dat~ die S ~i u r e a g g 1 u t i n a t i o n e i n e elektrochemische Erscheinung ist ~) : die natfirliehe negative Ladung der Blutk6rperchen wird durch die H+-Ionen der S~iure neutralisiert, worauf eine Ausfl0ckung einiritt.

!

~) H 0 b e r, Pfl/iger's Arch. 101,607 (1904) ; B e c h h o 1 d, Zeitschr. f. ptlysil~.. Chem. 48, 385 (1904).

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ROHONYI, ELEKTROLYTPERMEAB1LIT.~T ROTER BLUTKORPERCHEN 373

Durch das Ferrizyansiiuregemisch werden also die B 1 u t k 6 r p e r c h e n

erst entladen (Agglutination), dann positiv aufgeladen, und erst dann wird das Ferrizyan-lon aufgenommen (Meth/imoglobinbildung). Hingegen

kann sich das adsorbierte Chlor-Ion des g e 16s t e n H~moglobins schon

in neutraler L6sung mit Ferrizyan-Ion vertauschen, da das gel6ste H/imo- globin, wie erw/ihnt, in neutraler L6sung keine bestimmte elektrische Ladung besitzt.

Die Tatsache, daft - - wie wir gesehen haben - - die Nitrit- und Chlorataufnahme dutch einwertige Anionen gehemmt wird, findet seine

einfache L6sung darin, daft durch letztere jene yon der Oberflache der H/imoglobinteilchen verdr/~ngt werden. Die gefundene Unwirksamkeit der K a t i o n e n, die wirkenden Hydrogen- und Schwermetallkationen au s-

genommen, ferner die Unwirksamkeit al 1 e r Nichtelektrolyte, erscheint hiernach als selbstverst~indlich. Dagegen mug nach unserer Theorie

die Aufnahme der Anionen NO2 und CIO.~- dutch Hydrogen- und Schwermetallkationen, ferner durch Kolloide positiver Ladung, dutch

welche die negative Ladung der Zellenoberflfiche aufgehoben wird, be- sehleunigt werden; dies wurde in meinen Versuchen best/itigt. Dag

eine solche Auffassung dieser letzteren Tatsachen richtig ist, wird da- durch bewiesen, daft - - wie wit gesehen haben - - alle die NO~ und

CI 03 (und Ferrizyan: )-Aufnahme bef6rdernden Stoffe zugleich a g g 1 u - t i n i e r e n d , also die negative Ladung der Blutk6rperchen aufhebend wirken.

Wir haben gesehen (s. S. 369), dag die meth~moglobinbildende

Wirkung des Ferrizyankaliums auf Rohrzuckerblutk6rperchen bei viel kleineren S/iurekonzentrationen erfolgt, als es bei der Wirkung auf Koehsalzblutk6rperehen der Fall ist. Wir erinnern daran, dag auch

zur Si~ure a g g 1 u t i n a t i o n d e r Blutk6rperchen viel kleinere S/iure- konzentrationen genfigen, wenn die Blutk6rperchen in einer Rohrzueker- 16sung, als wenn sie in einer (physiol.) Kochsalzl6sung suspendiert

sind (S. 369).

Die Aufnahme der Nitrit- und Chlorat- lonen wird - - wie wit ge- sehen haben - - yon Anionen zwei- und dreifacher Ladung viel weniger

gehemmt, als yon einwertigen Anionen. Wir fassen das als eine Folge der Tatsache auf, dag zwei- und dreiwertige Anionen auf negative Ober-

fl~ichen in Viel geringerem Mafle adsorbie~t werden; demgemfifl k6nnen durch diese Ionen das NO2 und CIOa -Ion yon der Oberfl~iehe nicht verdrlingt werden. Dieser Auffassung gem/it3, kann die Untersuchung

der Nitrit- oder Chlorateinwirkung hinsichtlich der Au f n a h m e e i n e s b e I i e b i g e n I o n s AufschluB geben. Es muff niimlich die methi~mo-

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3 7 4 KOLLOIDCHEMISCHE BEIHEFTE BAND VIII, HEFT 11-12

globinbildende Wirkung der NO2 und C10~ -Ionen auf rote Blut- kSrperchen durch andere aufnahmsfiihige ( z permeable) Anionen ge- hemmt, durch aufnahmsf~ihige Kationen beschleunigt werden; imper- meable Ionen werden aber die Reaktion nicht beeinflussen kOnnen. Wir haben z. B. gesehen, dat~ KC103 die Nitritwirkung nur in sehr grot~en Konzentrationen zu hemmen vermag (Tabelle V, C, S. 355). Daraus folgt, dab dieses Anion iiberhaupt nicht, oder nur in minimalen Mengen in das rote Blutk6rperchen aufgenommen wird. Daf diese Folgerung richtig ist, wurde durch meine Versuche mit K CI 03 (S. 352) in ganz eklatanter Weise bewiesen; es hat sich herausgestellt, daf dieses Ion nur bei h6heren Temperaturen (38 0 C) aufgenommen wird.

Ich habe schon bei einer frfiheren Gelegenheit auf Grund meiner ~ilteren Versuche fiber die elektromotorische Kraft der Niederschlags- membranen 1) und fiber die Theorie der bioelektrischen Str6me 2) auf die Notwendigkeit einer genauen Definition der ,lonenpermeabilitat" hingewiesen. Ich bin in jenen Untersuchungen zu dem Resultat ge- langt, dat~ die Erscheinungen der Ionenpermeabilitat der Zelle nicht durch den Unterschied der Wanderungsgeschwindigkeit der Kationen und Anionen in der Zellmembran bedingt werden, lch habe dort darauf hingewiesen, dab die quantitativ verschiedene Kat ionen-und Anionenadsorption an der Zelloberflache notwendigerweise die che- mischen und elektrochemischen Erscheinungen der Ionenpermeabilitat erzeugt (loc. cit. S. 236). Ich glaube, dat~ es mir gelungen ist, in vorliegender Arbeit letztere Hypothese zu stfitzen.

lch erw~ihnte bereits und betone hier nochmals, daf das Haupt- gewicht bei dieser neuen Theorie der Elektrolytpermeabilit~it der Blut- k6rperchen nicht auf die lonenadsorption, sondern darauf zu legen ist, dat~ die Elektrolytaufnahme der Zelle mit jenem Ph~inomen identisch ist, welches die Elektrolytaufnahme yon fein suspendierten strukturlosen Teilchen (Mastix-, Kohlesuspension) oder von Suspensionskolloiden be- griindet. In der Kolloidchemie wird heute in der Theorie dieser Er- scheihungen allgemein yon dem Begriff der I o n e n a d s o r p t i o n aus- gegangen, und mit Hilfe desselben ist es tats~ichlich m6glich, diese Erscheinungen - und, wie dies ausgeffihrt wurde, auch die Elektrolyt- aufnahme der roten Blutk6rperchen - - befriedigend auszulegen. Nlan- cherseits wird demgegen/iber die Hypothese aufgestelit, daft das Ion

1) H. R o h o n y i , Iollcnpertueabilit~tt und Membra~poteutial. (Biochem. Zcitschr. 66, 231, 1914.)

2) H. R o h o n y i , Zur Theorie der bioelektrischcu Str~imc. (Biochem. Zeitschr. 66, 248, 1914.)

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ROHONYI, ELEKTROLYTPERMEABILIT~,T ROTER BLUTI(()RPERCHEN ~TD

auf der Oberfl/iche von kolloiden Teilchen c h e m i s c h gebunden wird ; dieser Ausgangspunkt besitzt den Vorteil, dab durch denselben die etwaigen s p e z i f i s c h e n Einwirkungen der Ionen leichter verst/indlich gemacht werden k6nnen. Im Laufe meiner Experimente wurden zwei Tatsachen erkannt, welche darauf hinzuweisen scheinen, dab die Ionenaufnahme der roten Blutk6rperchen nicht durch Adsorption, sondern dutch chemische Bindung erfolgt. Die eine Tatsache ist, dab K CI 03 in die roten Rinder- blutzellen bei Zimmertemperatur nicht aufgenommen wird, sondern erst bei 37~ C; die andere Tatsache ist abet, dab blot~ gr6Bere Salzkonzen- trationen die Nitritreaktion der suspendierten roten Blutzellen hemmen, Spuren yon Elektrolyten dagegen dieselbe beschleunigen. Die erste Tat- sache bedeutet, dab die Chlorataufnahme ein solcher ProzeB ist, welcher erst bei erh6hter Temperatur erfolgt, bezw. durch Erh6hung der Tem- peratur in sehr groBem MaBe beschleunigt wird; dies ist bekanntlich nicht die Eigenschaft einer Adsorption, kann aber die Eigenschaft einer chemischen Reaktion sein. Die zweite Tatsache besagt hinwieder, dab ein Anion die Aufnahme eines anderen Anions beschleunigen kann; dies w~ire schwer verst~indlich, wenn die Aufnahme des Ions durch Adsorption erfolgen wiirde, ist aber m6glich, wenn eine chemische Reaktion vorausgesetzt wird. Hierfiir spricht vielleicht auch der Urn- stand, dab die Anionenreihen sich unabh/ingig yon der Hq--Konzen- tration des Mediums gestalten (S. k160), pflegt doch bei lediglich auf elektrische Ladung ankommenden Erscheinungen den beiden Seiten des isoelektrischen Punktes eine lonenreihenfolge entgegengesetzter Richtung zu entsprechen.

Zusammenfassung. 1. Die roten Blutk6rperchen yon Rinderblut verm6gen betr/ichtliche

Nitritmengen aufzunehmen; ihr gesamter Oxyh~imoglobingehalt kann dadurch in Meth~imoglobin umgewandelt werden.

2. Aus der L6sung yon Ca (NO2)2 wird nur der Nitritbestandteil aufgenommen; das Kalzium bleibt in der L6sung.

3. Durch Waschen mit NaNO~ kann fast der ganze Chlorgehalt von Rinderblutk6rperchen enffernt werden; durch erneutes Waschen mit physiol. Kochsalzl6sung treten dann wiederum Chlor-lonen ein.

4. Durch das Nitrit-Ion kann das Chlor-lon auch gegen ein osmo- tisches Druckgefiille aus dem roten Blutk6rperchen getrieben werden.

5. Die Nitritaufnahme kann nur durch elektrisch geladene Teil- chen beeinfluBt werden, und zwar beschleunigen im allgemeinen die positiv geladenen Teilchen, wiihrend negative Teilchen hemmend wirken.

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3 7 6 KOLL0!DCHEMISCHE BEIHEFTE BAND VIII, HEET ~ll-r-~l~, , ,

6. Die Anionenreihe der hemmenden Wirkung ist: Rhodanid > Oxalat > Nitrat > Jodid, Chlorid > Sulfat. Diese Anionenreihe kann durch Aenderung des Hydrogeniongehaltes des Mediums nicht ge~indert werden. In sehr verd~nnten L6sungen wirken dieselben Anionen be- schleunigend auf die Nitritaufnahme.

7. Alle diese Beeinflussungen auf das hamolysierte Blut und auf die L6sung von kristallisiertem H/imoglobin gestalten sich in fast identischer Weise und zwar nicht nur im Falle der Nitritwirkung, sondern auch im Falle der Chloratwirkung. Das Chlorat-Ion wird nur bei h6herer Temperatur (380 C) aufgenommen.

8. Das Ferrizyan-Ion wirkt in neutraler L6sung nur auf h~imoly- siertes Blur, nicht aber auf die Blutk6rperchen. Von einer bestimmten Saurekonzentration an wirkt es aber momentan auch a u f die Blut- k6rperchen.

9. In Gegenwart yon Ferrizyankalium und gewisser Mengen Saure kommt in einer Suspension yon mit Rohrzuckerl6sung ausgewaschenen roten Blutk6rperchen immer auch eine Agglutination zustande. Die Agglutination geht ein wenig der Methiimoglobinbildung voraus.

10. Die Blutk6rperchen besitzen keine spezielle Membran; die Blutk6rperchenoberfliiche besteht m wie das lnnere - - haupts/ichlich aus H/imoglobin.

11. Die Ionenaufnahme der roten Blutk6rperchen beruht auf dem- selben physikalisch-chemischen Vorgang, wie die Elektrolytaufnahme von grob suspendierten Teilchen und von Suspensionskolloiden.


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