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der Monochlorcitramalsaure. 117

Das Bleisalz verhalt sich eben so. Auch hier beginnt, wenn auch minder heftig, bald die Entwickelung von Kohlen- saure, und dieFliissigkeit nimmt nur eine sehr schwach saure Reaction an, welche eine Losung von Chlorblei, das sich reich- lich abscheidet, in vollig gleichem Grade darbietet. Eben mit der Untersnchnng dieser Vorgange beschaftigt , erwahne ich hier nur vorlaufig , dafs ich bereits eine deutlich krystalli- sirende Saure als ein weiteres Product dieser Reaction aufge- funden habe. Wenn, was ich noch keineswcgs in Abrede stellen will, sich bei dem von C a r i u s eingeschlagenen Ver- fahren aus den1 Baryumsalze Citraweinsaure gewinnen lafst, so kann doch ihre Entstehung hestimmt nicht so eintreten, dafs sammtlicher Kohlenstoff der Monochlorcitramalsaure sich in dem Producte als Citraweinsaure findet. Ich behalte mir vor, binnen Kurzem ausfiihrlicher iiber diese Reaction zu be- richten.

Ueber die Nitrirung des Chloroforms ; von Edmund J . Mills *).

Nach der gewohnlichen Angabe it*) ist die Nitrirung des Chloroforms bis jetzt ohne Erfolg versucht worden. Ich finde jedoch, dafs diese Aufgabe nicht ganzlich unlosbar ist.

16 Vol. Salpetersaurehydrat , welches reichlich Unter- salpetersaure enthalt , werden mit 7 Vol. Chloroform einge- schmolzen und wahrend 120 Stunden bei 90 bis 100° erhitzt.

*) bus Journal of the chemical Society, August 1871, vom Yerfasser mitgetheilt.

**) W a t t ’ s Dictionary I, 920.

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118 M i l l s , iiber die Nitrirung des Chloroforms.

Zweckmafsig giebt man den Digestionsrohren eine solclie Lage, dafs sie mit dcr Horizontalen einen Winkel von etwa 30" bil- den, da, wie es scheint, bei mehr horizontaler Lage alles etwa gebildete Nitroproduct zerstort wird , wahrend bei aufrechter Stellung die Einwirkung aufserordentlich langsam vor sich geht. Nach beendigter Digestion erscheint das Voluni des Chloroforms sehr viel grofser als zuvor: wcgen der verfliissig- ten Gase , nanientlich Untersalpetersanre, die jetzt in ihm ge- lost sind. Man offnet die Riihren am besten inittelst einer Flamme und lafst sie 12 Stunden stchen. Ihr Inhalt wird dann in Wasser gegossen, mit Wasser gewaschen, danach uber Chlorcnlcium getrocknet und der fractionirten Destillation unterworfen.

Bei der Destillation geht zuerst viel Chloroform uber, diesem folgt in sehr geringer Menge eine Fliissigkeit, deren Natur nicht zu verkennen ist. Sie hat den aufserst stechen- den und hochst charakteristischen Geruch des Chlorpikrins, ist fast farblos und betrachtlich schwerer als Wasser ; sie siedete bei 110°,5 in einem Apparat, in welchem Chlorpikrin aus Pikrin- saure den Siedepunlrt 11i0,6 zeigte (beide corrigirt) ; die Chlorbestimmung ergab :

Substans Chlorsilber Clllor-pC. 0,3287 0,8714 65,54 0,2661 0,7063 65,52.

0,6955 Grm. Chlorsilber von der zweiten Bestimmung gaben 0,5239 Silber = 75,33 pC. (berecbnet 75,28), dasselbe enthglt also keine schiitzbare Menge von Cyanur.

Eine andere Darstellung gab folgende Zahlen : Substanz Chlorsilber Chlor-pC. 0,3245 0,8545 65,lO.

(Der bereclinete Procentgehalt des Chlorpikrins ist 64,74. Chloroform enthalt 89,12 pC. Chlor ; Dinitrodichlormethylen 40,57.)

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0,2371 Grm. derselben Substanz gnbcn mit wiisseriger Jodwasscr- stoKsSure *) (spec. Gewicht 1,527 bei 1 6 O ) eirie 0,1424 Platin entsprechende Menge Ammonialr.

In 100 Theilen : gefunden Chlorpilrrin

Stickstoff 8,51 8,52.

Eine bei 108 his 110°,6 (corrigirt) siedende Fraction ergab :

Substanz Chlorsilber 0,2733 0,7334;

diefs entspricht einem Gelialt von 6,56 pC. Chloroform. 0,6049 Grm. derselben Substanz (0,5652 Chlorpikriu mithin) gaben

Die Chlorbestimmung und die Sticlrstoffbestimmung fuhr- ten offenbar zu dein gleichen Resultat.

Die gasformigen Producte der Einwirkung von rotlier Salpetersaure auf Chloroform, nacheinander durch Wasser, Silberlosung und Barytwasser geleitet, gaben dic gewohnliclien Reactionen auf freics Chlor und Iiolilcnsiiure , wahrend das unzersetzte Chloroform, welches Chlorpikrin entlialt, in Wasser gegossen unter lebhaftem Aufwallen reichlich Untersalpeter- saure entwickelte.

Wird Chloroform mit Salpetersiiure in der bescliricbenen Weise , aber bei Abwesenheit von Untersalpetersaure erhitzt, so wird es sehr vie1 schwieriger angegriffen; ob sich dabci Chlorpikrin bildet, ist sehr zweifelhaft. Diese Beobachtung, dazu die Thatsache, dafs Untersalpetersanre vie1 leichter von Chloroform als von Salpetersaure gelost wird, machen es wahr- scheinlich , dafs die Untersalpetersaure das eigentliche Agens der Nitrirung ist.

Das einheitliche Radical NO2 eines Nitrats , welches mit Jodwasserstoff Stickoxyd liefert, wird im Clilorpikrin mittelbar in eine andere Nitrogruppe urngesetzt, die mit Jodwasserstoff

”) Journal of the chem. SOC. XYII, 155.

0,3334 Platin, entsprechend 8,35 pC. Stickstoff.

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Ammoniak erzeugt. Alkoholisches Kali andererseits verwandelt dieses NO2 des Chlorpikrins in das Nitrit-NOo. Wie der Ver- such zeigt , veranlafst die Einwirkung eines sauren Korpers auf Chlorpikrin dessen Nitrogruppe zur Bildung eines Alkali’s, wahrend in Gegenwart eines alkalischen Stoffes die gleiche Nitrogruppe in Saure ubergeht. Wiederum also ein Fall, aus dein hervorgeht, was schon bei friiheren Gelegenheiten dar- gelegt wurde , dafs Isomerie sich nicht unabhangig erklaren lafst, sondern von Umstanden bedingt ist.

M i l l s , uber die Nitrirung des Chloroforms.

Ausgegcben am 4. November 1871.


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