Transcript

XVII.

Aus der Chirurgischen und der Medizinisehen Klinik ztt Heidelber G,

78. Uber Fieber naeh Entfernung der Sehilddriise.

Von

E. E n d e r l e n , O. B l a n c o un/[ I-I, Gel~ler.

(Eingeg~ngen am 15. II. 1927,)

Die Bedeutung der Schilddrt~se ftir die W~rmeregulation ist noch umstritten. So sehr die Beobaehtungen an Kranken mit MyxSdem und Basedow ftir einen wesentliehen Einflu~ der Schilddriise spreehen, so sehr widersprechen sich doch die experimentellen Erfahrungen auf diesem Gebiet, so da~ jede eindeutige Beobachtung die gr56te Beaehtung vet- dient.

Nun hat D i t t l e r 1) bei seinen Versuehen zur Physiologie der Be- fruohtung festgestellt, dal~ Kaninchen, bei denen naeh Entfernung der Schilddriise eine Injektion mit arteigellem $perma gemacht wurde, zwar Fieber bekamen, da,bei abet keine Stoffwechselsteigerung, vial- mehr sogar eine Stoffweehselsenkung aufwiesen, wahrend bei den fol- genden Einspritzungen das entstehende Fieber in gewShnlicher Weise mit einer Erh6hung des Umsatzes "+erkntipft war.

Dieser Befund ist einmM yon Interesse wegen des bier geftihrten 37aehweises, dal3 fats~ehlich bei Schilddrtisenmangel Veranderungen im w~rmeregulatorischen ~eehanismus vorkommen, noch mehr aber in Rtieksicht auf die Fieberlehre, well hier ein Fall beschrieben ist, in dem Fieber auftritt infolge reiner Warmestauung sogar bei herabgesetztem Energieverbrauch. Methodisch einwandfreie ahnliehe Beobachtungen sind bisher nicht gemach~ worden.

Gegen die u yon Di t t l e r mul~ das Bedellken geltend ge- maeht werden, dal] der ftir das Ergebnis entseheidende O-Verbrauch indirekt aus Gewichtsverlust des Tieres, C02-Abgabe und H~0-Aus-

1) Zeitschr. f. Biol. 1922, Bd. 76, S. 141. 13"

196 XVII. E. E~D]~aL]~<, G. BLANCO und H. G]~SZLER.

seheidung bereehnet wird (Ha ldanesehe Methode), und dab aul]erdem bei kurzfristigen Versuehen (1 Stunde) sehon geringe Differenzen der Muskelt~tigkeit sehr wesentlich ins Gewieht ~allen. D i t t l e r fiihrt selbst an, dal~ bei den normalen Tieren meist allerhand >>kleine kSrperliehe Bet~tigungen<< unvermeidlieh waren, da6 dagegea nach der Injektion die >>au~erordentliche kSrperliehe Ruhe geradezu charakteristiseh<< sei.

Wenn wir uns bei der prinzipiellen Wiehtigkeit des Befundes zu einer Naehpriifung der Versuehe veranla~t sahen, so kam es offenbar darauf an, die l~nge l der H a l d a n e s e h e n Versuehsanordnung auszu- sehalten. Dies war uns dadureh mSglieh, dal~ wit anstatt karzfristiger langdauernde Versache maehten und ans einer Methodik bedienten, bei der der O-Verbraueh nieht reehneriseh bestimmt, sondern dureh exakte Gasanalyse genau gemessen werden konnte.

Wit benutzten den naeh dem Reignaul t -Reise tschen Prinzip van Grafe gebauten Respirationsapparat der medizinisehen Klinik, in dem die Tiere 20--22 Stunden sich aufhielten. Dadureh, dal~ sie w~hrend dieser ganzen Zeit im Thermostaten bei 22--25 ~ eingesehlossen blieben, war es unmSglieh, die K6rpertemperatur in der gewShnliehen Weise zu messen. Wit haben daher die ~essung van au~en auf thermoelektrisehem Wege vorgenommen. Kierzu war es nStig, die Tiere in einen engeu' Drahtk~fig einzusperren, der ihneu jegliehe erhebliehe Bewegung uum5glich machte. Ohne diese Vorsiehtsmafi- regel gelang es den Tieren leieht und raseh, die in den Darm eingesehohenen mit Gummi umhallten Thermodr~hte aus dem Darme zu entfernen. Zudem war die Vermeidung van Bewegungen aueh naeh den obigen Aus~ahrungen sehr vorteilh~dt.

Der operative Eingri~f ist sehr einfaeh, er mu~ nur mit Geduld und unter zartem Vorgehen ausgefahrt werden, um jede Blutung zu vermeiden. Sie war de die ~Jbersiehtliehkeii stSren und so Veraulasgung geben, dal~ Driiseu- reste zuraekbleiben.

Schnitt geuau in der 1Viittellinie his auf die Trachea. Beiseitesehieben der l~uskulatur. Umgehung der G d ~ e am oberen uud untereu Pal mit fol- gender Unterbiudung. Danaeh gelingt es leieht, die Drase (Isthmus einge- schlossen) ohne jede Verletzung aus ihrem Lager zu entieraen. Erst l~aht der Muskulatur, dann der Haut.

Im abrigen hielten wit uns genau an die van Di t t l er angegebene Methodik. Der einzelne Versueh wiekelte sich ab wie folgt: Jeweils am 3. ttungertage

wurde der Gaswechsel der Kaninchen in einem 20--22 standigen Respirations- versuche festgestellt; die Tiere be~anden sieh dabei mit eingelegtem Thermo- meter im Drahtk~fige. Am ansehlie~enden 4. Hungertage bekamen die Tiere eine Spermainiektion van 1--2 ecru. Das Sperma wurde unmittelbar oder am Abend rather gewonnen und auf Eis aufbewahrt; einmal gelang die Sperma- aspiration nut naeh vorherigem Einffihren van etwas iohysiologiseher Koch- salzlSsung in den Uterus. Die Temperatur wurde den' Tag abel" verfolgt, meist bis zur Rackkehr der Norm am Abend. Bei einem Versuehe sehlo~ sieh am 5. Tage noch ein Normalversuch an.

l~ber Fieber nach Enffernung der Schilddrtise. 197

Die Versuehe fanden 6 Tage bis 3 ~ionate nach der Sehflddrtisen- exstirpation start.

Ira ganzen haben wir ftinf techniseh einwandfreie Versuche ge- maeht, wovon zwei Beispiele in der Tabelle angefiihrt sind.

Datum i Hunger- tag

1926

24. II. 3.

25. II. 4.

26. II. 5. 20. XI. 3.

21. XI. 4.

Gewieht in g

?to Kilo Kalo- } Kalo- ~_nde- und RQ n.en rien rung

Minute ! . m . pro kg in % iCO~l 0.~ ] i ~ ~ ' / I

Temperaturverlauf Bemerkungen

3000- 90014,49 5,42!0,83 m,5

2900--2800 5,09]6,28 0,811 124,1

I 2800 3,96 5,12 I

3100--3000 3,98 4,85

3000--290014,76 5,83

37,8

43,5

0,79 98,7 I 35,3 0,82 103,31i 33,9

D,821 119,4 40,5 I

-{- 19

i

+ 20

38,2 ~ 8 Tage naeh Operation.

Injektion 12 h 00 ' 38,1 o, l:a 00, 38,9 o, ] 21~00'39,6~ 4h00 ' ] 39,4 ~ 7 h 00' 38,5~ i

38,1 ~ [ -- 38,4 o 13 Monate nach

Operation. J

! Injektion 9 ~ 00' i -- 38,4 ~ lOll30 ' 39,3 ~ ] llh30' 40,2 o, 2 +, 00' I 39,7 ~ 61100 ' 38,8~

Das Ergebnis ist eindeutig: Alle Tiere, die Fieber bekamen, wiesen einen um etwa 20 ~ erhShten Energieumsatz auf, nut bei einem Tiere, bei dem nur 1 ccm verdtinnCes Sperma verwendet werden konnte, blieben Temperatur und Stoffwechsel unver/~ndert. Ein Unterschied zwischen den Versuchen I Woche nach der Operation und den sp/iteren in grSl~erem Abstund wurde nicht beobachtet. Bei vier Tieren lagen die Normal- werte mit 32,1--38,1 Kalorien pro Kilogramm recht erheblieh unter den bei Kaninchen sonst beobachCeten Werten, ein deutliches Zeiehen dafiir, dal~ der Mangel der Schilddrtise sich bemerkbar maehte; beim ftinften Tiere betrug der Normalwert 56,6 Kalorien pro Kilogramm. Die Temperatursteigerung wies Werte yon 1,5--2,3 ~ auf.

Wir konnten also das Versuehsergebnis yon D i t t l e r nicht besti~tigen und fanden aueh bei thyreoidektomierten Tieren Temperatursteigerung immer mit Stoffwechselsteigemng verkntipft. Die Frage, ob in Tempe- raturhShe und fieberhafter Stoffwechselsteigerung ein Unterschied zwi- schen normalen und Chyreoidektomierten Tieren besteht, haben wir nicht geprtift.


Recommended