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6. Mai 2012ISSN 1436-607X

Magazin der Evangelisch-methodistischen Kirche 10/2012Magazin der Evangelisch-methodistischen Kirche

Warum Singen mehr ist als nur Gesang

Wegweisendn Was andere über das

EmK-Gesangbuch sagen. Seite 3

Mitdenkendn Wie die Kirche zum

Gasthaus wird. Seite 10

Aufweckendn Warum Aktionismus

nicht zum Ziel führt. Seite 11

Kantate

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kurz gesagt

So erreichen Sie unS:Redaktion »unterwegs« Telefon 069 242521-150 E-Mail: [email protected]: 0711 83000-0

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Noch immer neuDas erste Lied spricht aus, worum es geht: »Mein Mund besinge tau-sendfach den Ruhm des Herrn der Welt.« Alles beginnt mit dem Lob Gottes. Ganz programmatisch wurde dieses Lied von Charles Wesley das Lied mit der Nr. 1 im neuen Gesangbuch unserer Kirche. Es ist zwar schon zehn Jahre alt, aber ist immer noch neu. Zwei Dinge begeistern mich an unserem Gesangbuch: Wir haben viele Lieder von Charles Wesley wiederentdeckt und damit unsere Tradition belebt. Im Osterlied »Christ der Herr ist auferstanden« (EM 224) steckt mich die Oster-freude immer wieder an. Die Bitte »Liebe, komm herab zur Erde« (EM 323) ist immer noch aktuell und spricht aus, was wir erhoffen. Bei ökumenischen Gottesdiensten erlebe ich, wie Geschwister aus an-deren Kirchen viele Lieder unseres Gesangbuches gerne mitsingen.Was ich zweitens schätze, ist die Vielsprachigkeit unseres Gesang-buches. Wenn Gäste aus anderen Ländern und Kontinenten auf Englisch in unserem Gottesdienst mitsingen, dann ist das gesungene Gastfreundschaft.Übrigens, kennen Sie schon alle Lieder aus dem neuen Gesang-buch? Einige Schätze wollen noch gehoben werden. Mehr zum neuen Gesangbuch und wie es dazu kam in dieser Ausgabe. Viel Freude beim Lesen und Singen wünscht ihnen Michael Putzke

BiSchöfin roSeMArie Wenner ist jetzt offiziell Präsidentin des Bischofsrats der Evan-gelisch-methodistischen Kirche (EmK). Die 56-Jähri-ge wurde bei der EmK- Generalkonferenz in Florida in ihr Amt eingesetzt. Ihr Vorgänger, Bischof Larry Goodpaster, wünschte ihr Gottes Segen in der neuen Aufgabe. Mit Wenner übernimmt erstmals eine Frau von außerhalb der USA dieses Amt. Als Präsi-dentin leitet sie die Sitzun-gen des Bischofsrats, dem

alle aktiven und pensionier-ten Bischöfe der weltweiten EmK angehören. Das Gremium tagt zweimal im Jahr und vertritt dabei die Generalkonferenz.

Der SenDer BiBel T V darf ab Juli bundesweit ein Radio-programm über den neuen digitalen Standard DABplus übertragen. Das hat die Kommission für Zulassung und Aufsicht der Medien-anstalten beschlossen. Die Lizenz wurde für zehn Jahre vergeben. Die Bibel TV Stiftung mit Sitz in Ham-burg verbreitet bereits die bundesweiten Fernseh-spartenprogramme Bibel TV über Satellit und tru: young television im Internet.

DASS ArMe fAMilien beim ge-planten Betreuungsgeld leer ausgehen sollen, ruft erneut die Opposition auf den Plan. Offenbar gelte für Hartz-IV-Empfänger nicht, was für andere Eltern gelte, nämlich, dass mit dem Betreuungsgeld ihre Erzie-hungsleistung anerkannt werden solle, kritisierte die stellvertretende SPD-Frakti-onsvorsitzende Dagmar Ziegler. Das Betreuungsgeld ist auch koalitionsintern umstritten. Es soll ab 2013 an Mütter oder Väter ge-zahlt werden, die ihre Kinder von einem bis drei Jahren nicht in eine staatlich geför-derte Betreuungseinrichtung geben.

KinDerGärTen sind noch immer eine Frauendomäne: Zwar arbeiten inzwischen rund 16.700 Männer in Kinderta-geseinrichtungen – das sind 50 Prozent mehr als noch vor fünf Jahren –, ihr Anteil an allen Beschäftigten be-trägt aber gerade mal 3,6 Prozent.

hAnDy An iM GoTTeSDienST – dazu ermuntert die Willow-Creek-Gemeinde, in South Barrington bei Chicago ihre Besucher. Pressesprecher Ted Allen Miller macht es vor: »Während des Gottesdiens-tes schlage ich im Internet die Bibelverse der Predigt nach und lese den Kontext.« Er fühle sich dabei nicht mehr geächtet. Vielmehr zeige sein Verhalten gestei-gertes Interesse. Laut Miller plant Willow-Creek, eigene Mini-Programme (Apps) für die Geräte zu entwickeln.

Quellen: kie/epd/idea

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Eine Perle in Griffweite Von Anfang an spielte das Singen eine zentrale rolle im Methodismus – lieder waren und sind ein starkes missionarisches Instrument. Entsprechend wichtig sind auch die Gesangbücher. Einen bedeutenden Impuls hat das neue Gesangbuch der EmK für den deutschsprachigen raum gegeben, das vor zehn Jahren erschienen ist. Es wird nicht nur in unseren Gemeinden, sondern auch über die Kirchengrenzen hinaus von Kirchenmusikern und liedexperten geschätzt. Hartmut Handt, der maßgeblich zum Entstehen des neuen Gesangbuchs beigetragen hat, hat einige Stimmen gesammelt.

Lieder regen das Denken ebenso wie das Empfinden an und verbinden sich beim gemeinsamen Singen intensiv mit persönlichen Erinnerungen und Vorstel-lungen. Gut, wenn ein Gesangbuch Fens-ter und Türen hat, die auch neue Blickwin-kel und Betrachtungsweisen ermöglichen. Mir gefallen am EmK-Gesangbuch des-halb ganz besonders die gut ausgewählten Bildwerke und lyrischen Kurztexte zwi-schen den Liedern, die immer wieder über den eigenen Erfahrungshorizont hinaus-weisen, inspirierende Anstöße geben und die Sinne für überraschende Perspektiven und Deutungen öffnen.Susanne Brandt, Dipl.-Musikbibliothe-karin, Kulturwissenschaftlerin, Liederma-cherin und Autorin, Mitglied der Gruppe TAKT.

Mich fasziniert die durchgehende Vierstimmigkeit – Einladung an Chöre, sich in den Gottesdienst einzubrin-gen und das Buch zum Basis-Chorbuch zu machen. Gut die durchgehende Austattung mit Akkordvorschlägen. Die Mischung aus alten, bewährten und neuen geistlichen Liedern stimmt, auch verschiedene Frömmigkeitsrichtun-gen sind gut berücksichtigt. Manche Perlen aus fernen Ländern (zum Beispiel Nr. 381) habe ich erst hier ent-deckt. Schön die Bildkunstwerke, die abgedruckt sind. Das Layout ist stilsicher. Es ist ein sehr ökumenisches Ge-sangbuch, in dem unter-schiedliche konfessionelle Traditionen zusammenflie-ßen, ohne dass das eigene methodistische Profil verlo-ren geht.Dr. Peter Bubmann, Pro-fes-

sor für Praktische Theologie an der Universität Erlangen-Nürn- berg und nebenberuflicher Kir-chenmusiker.

Ein schönes Gesangbuch, ich blätte-

re gern darin: Seine (welt-)ökumeni-

sche Weite bereichert mich. Seine klare

doxologische Ausrichtung überzeugt

mich. Seine mir ungewohnte Rubrizie-

rung lässt mich Neues entdecken, auch

im vermeintlich Altbekannten. Seine

Vielfalt im Blick auf Texte und Bilder,

Töne und Singformen erfreut mich und

weckt immer wieder neu die Lust, das

alles zum Klingen zu bringen – am

liebsten zusammen mit ande-

ren Menschen. So entsteht

durch dieses Buch Gemeinde.

Dorothea Monninger, Kir-

chenmusikerin in Frankfurt

am Main, Mitarbeiterin am

Evangelischen Gesangbuch

(EG) und Geschäftsführerin

der Arbeit am Begleitwerk

zum EG.

Das EmK-Gesangbuch hat auch aus katholi-

scher Sicht einen hohen Stellenwert. Neben »ty-

pischen« Gesängen findet man die gemeinsa-

men Lieder in mustergültigen Fassungen. Die

Gesangbuch-Sätze sind ein »Muss« für jede/n

ambitionierte/n Kirchenmusiker/in: Orientie-

rung – Maßstab – (gegebenenfalls auch) Kor-

rektur. Dies gilt auch für das Instrumentalbuch,

eine komprimiert-kompetente Ergänzung. In

meinem Bücherschrank stehen die beiden EmK-

Editionen stets in Griffweite!

KMD Prof. Matthias Kreuels, Kirchenmusik-

Referent im (katholischen) Dt. Liturgischen In-

stitut Trier, Co-Sekretär der Arbeitsgemein-

schaft Ökumenisches Liedgut (AÖL).

Was mir am emK-Gesangbuch

besonders gefällt …

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Welchen Stellenwert hat das Chorsingen in unseren Gemeinden?ThoMAS KrAfT: Man kann bestimmte Tendenzen er-kennen. So gibt es etwa dort, wo eher eine traditionel-le Gemeindearbeit gemacht wird, auch eher aktive Chöre. In der EmK ist das etwa im Gebiet der Ostdeut-schen Jährlichen Konferenz (OJK) der Fall, wo der CS viele Mitgliedschöre hat. Dort, wo sich in den letzten Jahrzehnten die geistliche und musikalische Kultur der Gemeinden stark verändert hat, ist auch die Zahl der Chöre zurückgegangen. Das gilt etwa für die Freien evangelischen Gemeinden.

Was tut der CS, um den Chorgesang zu fördern?horST KrüGer: Vor allem durch das praktische Singen mit den Chören und eine Chorliteratur, die auf die Möglichkeiten und Bedürfnisse der Chöre zugeschnit-ten ist. Dabei reagieren wir immer auf das, was die Chöre können und brauchen.ThoMAS KrAfT: Die Hauptarbeit läuft aber an der Ba-sis. Wenn jemand da ist, der die Leute zum Singen be-geistern kann, dann läuft auch was.

Was macht das Angebot des CS einzigartig?ThoMAS KrAfT: Noten und Schulungen bieten auch vie-le andere an. Was uns sicher unterscheidet, ist die Aus-richtung auf Chöre in freikirchlichen Gemeinden mit ihrer besonderen Struktur: Sie arbeiten fast ausschließ-lich mit nicht professionell tätigen Musikern, sondern mit Leuten, die das ehrenamtlich machen und nicht die musikalische Ausbildung haben wie etwa landeskirch-liche Kantoren. Hinzu kommt die besondere geistliche Kultur der Freikirchen. horST KrüGer: Unsere Literatur entsteht vor dem Hin-tergrund dessen, was wir in den Chören erleben. Na-türlich wollen wir das Repertoire der Chöre erweitern, aber wir reagieren immer auf Gemeindestrukturen und theologische Richtungen. Wenn wir Stücke aus-wählen, haben wir dabei immer einen Chor vor Augen.

Wie sieht der typische Chor aus?horST KrüGer: Es gibt natürlich die klassischen Chöre, die auch Literatur aus dem Barock oder der Romantik singen. Auf der anderen Seite gibt es Chöre, die nur dreistimmig singen können und denen wir etwas Gutes tun. Und es gibt auch immer wieder Chöre, die neu anfangen und nur einstimmig mit Klavierbegleitung singen. Auch denen wollen wir Literatur bieten.

In den 1980er Jahren gab es ja einen regelrechten Jugendchor-Boom. Was ist davon geblieben?ThoMAS KrAfT: Ganz viele von denen, die damals zum Chorsingen gekommen sind, singen heute immer noch. Bei unseren Jugendchorhappenings etwa ist das Durch-schnittsalter deutlich über 30 – da sind viele ehemalige Jugendchorsänger dabei. Generell aber ist Chorsingen Teil einer Freizeitkultur, die es ohnehin schwer hat: Verbindlichkeit, wöchentliches Üben, häufiges Singen im Gottesdienst, eine stabile Gruppe. Da steht Chor-singen immer stärker in Konkurrenz zu anderen Events und vor allem zu einer Lebensgestaltung, bei der Ver-bindlichkeit nicht mehr so im Vordergrund steht. Die Leute singen noch, aber sie sind eher bereit, sich in ei-nem befristeten Projekt zu engagieren.

Warum gibt es immer weniger Gemeindechöre?ThoMAS KrAfT: Häufig funktioniert der Generationen-wechsel in den Gemeindechören nicht mehr wie früher. Die Chöre leben in ihrer musikalischen Kultur, werden miteinander alt und irgendwann hört das dann auf. In der OJK gibt es noch immer in vielen Gemeinden ver-schiedene Chöre – Jugendchor, gemischter Chor, Män-nerchor, Kinderchor. Im Westen ist das selten.

für die freude am SingenDer Chor war jahrzehntelang ein fester Bestandteil der Gemeindearbeit. Inzwischen ist das längst nicht mehr selbstverständlich. Über die Gründe dafür und die Zukunft des Gemeindechors hat Volker Kiemle mit Bundeskantor Horst Krüger und Geschäftsführer thomas Kraft vom Christlichen Sängerbund (CS) gesprochen.

Der Christliche Sängerbund (CS) wurde 1879 gegründet. Derzeit gehören dem CS rund 450 Chöre an – 240 aus der EmK, 150 aus den Evangelisch-freikirchlichen Gemeinden (EfG), 40 aus den freien evangelischen Gemeinden (feG) und einige aus landeskirchlichen Gemeinschaften.

www.cs-vsg.de

Der chriSTliche SänGerBunD

Nichts geht über die Arbeit an der Chor-Basis, sagen thomas Kraft (links) und Horst Krüger vom Christlichen Sängerbund (CS).

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horST KrüGer: Man darf nicht vergessen, dass Chor-stunde und Bibelstunde oft die einzigen Angebote der Gemeinde unter der Woche waren. Chorsingen war damit auch eine Möglichkeit zur geistlichen Betäti-gung – in der Übungsstunde und im Gottesdienst. Das hat sich nicht fortgesetzt. Auch in der Gesellschaft hat sich einiges verändert. Dass da einer vorne steht, der sagt, wo es langgeht, das wird nicht mehr so leicht akzeptiert. Man spielt lieber in der Band, wo Individualisten zusammen Musik ma-chen. Aber das sind Einzel-kämpfer, während im Chor alle zusammenkommen durften, die im Chor sein wollten.

Was kann an die Stelle treten?horST KrüGer: Das ist schwer zu sagen. Klar ist: Ohne Übung geht es nicht – sowohl beim Singen als auch in der Auseinandersetzung mit der Mu-sik. Das schreckt viele ab. Chorarbeit klingt eben zu sehr nach Arbeit. Aber man kann sich den Reichtum der Musik und des Musizierens nur er-schließen, wenn man sich damit intensiv beschäf-tigt. Das gilt auch für den geistlichen Aspekt des Singens. Man sollte auch kritisch hinterfragen, was man da singt.

Welche Bedeutung hat das Chorsingen für Christen?horST KrüGer: Singen im Chor ist eine sehr gute Möglichkeit, sich am Gottesdienst zu beteiligen. Ich gehe in den Gottesdienst, weil Gott mich ein-lädt und ich die Möglichkeit habe, in dieser be-sonderen Stunde Gott zu begegnen. Ich kann neu mein Bekenntnis sprechen oder singen, ich kann danken und klagen. All das kann ich im Chor natürlich sehr gut – eingebunden in eine Gruppe. Diese Möglichkeit, im Gottesdienst zu reagieren und zu agieren, die hat der einzelne Besucher doch sonst gar nicht. Der Chor wird zu sel-ten als eine solche Möglich-keit genutzt.

Viele Gottesdienste sind aber doch eher als Angebot konzipiert ...ThoMAS KrAfT: Das ist richtig. Ich finde aber, der Got-tesdienst sollte wieder mehr Antwort- als Angebots-chrakter haben. Der Anstoß dazu muss aber von den

Theologen kommen, die Musik folgt hier nur. Welche Rolle spielt dabei die Qualität?horST KrüGer: Singen im Gottesdienst ist zunächst einmal Antwort. Deshalb durften früher im Chor

alle mitsingen. Durch die vielen Tonaufnahmen sind unsere An-sprüche heute allerdings immens hoch. Unsere Stimmen sind in der Regel nicht so trainiert, dass wir

diese Qualität liefern können. Wir sollten Gott auf jeden Fall das Beste geben, was wir können. Dafür müssen aber auch die Chorleiter und Musiker in der Lage sein, das für ihren Chor, ihre Band und ihre Gemeinde Passende auszuwählen. ThoMAS KrAfT: Probleme gibt es ja vor allem da, wo ein Chor mehr versucht, als er kann. Bei guter Aus-wahl der Lieder und der Begleiter kann man das ver-meiden. Hier bieten wir als Hilfe entsprechende Li-teratur und Schulungen an.

Es muss also nicht immer der vierstimmige Chor ohne Begleitung sein?horST KrüGer: Es geht darum Gott zu loben. Wenn ein Chor aufgeben will, dann appelliere ich an die Fantasie: Wichtig ist, dass dieser Dienst erhalten bleibt – auch der Dienst einer chorähnlichen Grup-pe, die sich nur auf die Fahne geschrieben hat, Gott zu loben. Das kann einstimmig zur Klavierbeglei-tung sein. Es geht auch mit weniger Aufwand – man muss nur Fantasie haben. Das gilt auch für ältere Sängerinnen und Sänger. Das Wesentliche ist, die Freude am Singen zu erhalten.

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Im Gemeindechor geht es zuallererst darum, Gott zu loben.

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Zurück zu den Wurzeln: 10 Jahre neues GesangbuchAm Erntedankfest 2012 jährt sich zum zehnten Mal der tag, an dem die Gemeinden unserer Kirche im deutschsprachigen Europa aus ihrem neuen Gesangbuch singen konnten. Wir blicken schon jetzt auf die Geschichte zurück.

Für die Ausbreitung des Methodismus war das Singen mindestens ebenso wichtig wie das Predigen und die Ver-

breitung von Druckwerken. John Wesley veröffentlichte bereits 1737 in Amerika, an-geregt auch durch Herrnhuter, die er auf der Überfahrt kennen und schätzen gelernt hatte, sein ers-tes Gesangbuch. Ihm sollten noch mehr als 60 folgen, meist gemeinsam herausge-geben mit seinem Bruder Charles. Die Bedeutung von Charles‘ Gedichten ist für die Frühzeit des Methodismus ebenso hoch einzuschätzen wie die der Predigten seines Bruders, ja sie blieben bis zum Ende des 19. Jahrhunderts Maßstab methodisti-scher Gesangbücher.

Erweckungsbewegungen sind in der Regel Singbe-wegungen. So war es im 19. Jahrhundert auch in Deutschland. Die seit Mitte des Jahrhunderts sich hier ausbreitenden evangelischen Freikirchen hatten daran einen nicht geringen Anteil. Es war auch die Zeit eines erwachenden ökumenischen Bewusstseins. Es entstan-den unter anderem der CVJM, die Evangelische Alli-anz und der Christliche Sängerbund.

Ein Förderer der letztgenannten Bewegungen war Ernst Gebhardt (1832–1899). Er brachte die so ge-nannten Heilslieder in eigenen Übersetzungen nach Deutschland und war ein Motor für geisterfülltes und lebendiges Singen – auch durch eigene Texte, Melodi-en und Tonsätze. Die Heilslieder unterschieden sich von den gebräuchlichen Kirchenliedern nicht nur durch ihre erwecklichen und volkstümlichen Inhalte, sondern auch durch ihre lebendige Rhythmik in der Musik.

ein Buch zur VereinigungDas »Gesangbuch für die EmK«, das 1969 (in der DDR 1971) relativ kurz nach der Vereinigung von Bi-schöflicher Methodistenkirche und Evangelischer Ge-meinschaft erschien, sollte auch und gerade der Identi-fizierung mit der vereinigten Kirche dienen. Zumindest

in vielen Teilen Deutschlands tat es dies auch.

Geprägt war die Liedauswahl weniger durch eigenkirchliche Traditionen (sie wurde erst durch »leben und loben«, das 1987/1989 erschienene Ergänzungsheft, wiederbelebt), als vielmehr durch Be-rücksichtigung der allgemein evangeli-schen Kirchenliedtradition (zumindest in Deutschland) und Einflüsse der Singbe-

wegung der zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Zahlreich findet sich auch pietisti-sches Liedgut. Die Aufnahme von Heilsliedern blieb lange zwischen den Vertretern der beiden

Kirchen kontrovers, bis man mit der Rubrik »Aus der Väter Tagen« einen tragfähigen Kompromiss fand.

Neben manchen inhaltlichen Schwerpunkten zeigt schon der Aufriss des Gesangbuches von 2002 gegen-über den vorherigen sehr deutliche neue Akzentsetzun-gen. Hier einige Beispiele:n Der Gesamtaufbau orientiert sich an dem des US-amerikanischen United Methodist Hymnal von 1989 und in etwas geringerem Maße an den britischen Hymns & Psalms von 1983.n Die Platzierung des Gotteslobes und des Lobes Jesu Christi (Nr. 1 bis 137) ganz am Anfang entspricht wes-leyanischer Tradition.n Der Rubrikentitel »Gnade und Umkehr« und seine Platzierung zeigen den übergeordneten Wert der Gna-de in der wesleyanischen Theologie.n Die Lieder unter der Überschrift »Friede und Ge-rechtigkeit« kennzeichnen in gut methodistischer Tra-dition die Weltverantwortung wie auch die ökumeni-sche Verbundenheit. Letzteres verdeutlichen auch die zahlreichen neuen Lieder aus der internationalen Öku-mene – zum Teil in ihren Originalsprachen.

Dieser text ist ein Auszug aus: ulrike Brodbeck / hartmut handt: Zehn Jahre Gesangbuch der EmK in: Werkbuch zum Gesangbuch der EmK. Das Heft enthält ausführliche Vorschläge, um einen Gottes dienst zum Gesangbuch-Jubiläum zu gestalten. Es kann bei Blessings 4 you bestellt werden: 0711 83000-0.

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Behinderte Menschen durften nicht in den Tempel hinein. Aus heutiger Sicht ist das schwer nachzu-vollziehen, aber so war das in der Antike. Blinde

und Lahme saßen vor der Tempeltür und bettelten. Jesus unterbrach die normalen Abläufe und Gepflo-

genheiten, er säuberte den Tempel, er »jagte alle Händ-ler und Käufer hinaus, stieß die Tische der Geldwechs-ler und die Stände der Taubenhändler um«. Die Ge-genwart von Jesus ermutigte die Blinden und Lahmen dazu, ihren angestammten Platz zu verlassen. Sie ka-men zu ihm in den Vorhof des Tempels. »Und er heilte sie«, heißt es. Sie brauchten ihn gar nicht groß darum zu bitten. Jesus aber tut an den Blinden und Lahmen die Wunder, die den Anbruch der Heils-zeit verkünden. Und er macht sie »tempelfähig« – sie waren nun nicht mehr ausgeschlossen. Die Kinder im Tempel reagierten mit dem Lob Jesu: »Heil dem Sohn Davids!«

Aus sicherer Entfernung schauten die Hohenpriester und Schriftgelehr-ten dem Geschehen zu. Als sie das Geschrei der Kinder hörten, waren sie entrüstet, ja empört! Wie kann man das Geschrei dieser Kinder hier im Tempel nur zulas-sen? Das ist doch die Höhe, da muss Jesus doch ein-schreiten! Nichts stimmt beim Verhalten der Kinder, weder der Ton, noch die Haltung, noch die Einsicht ... Wahrscheinlich wiederholen sie ohne Sinn und Ver-stand nur das, was vor kurzem noch die laute Menge geschrien hat, als Jesus auf einem Esel in Jerusalem einritt: »Hosianna, dem Sohn Davids! Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn! Hosianna in der Hö-he!«

Von Kindern das loben Gottes lernenJesus, was sagst du dazu? »Hörst du denn nicht, was die Kinder da schreien?«, fragen sie ihn. »Ja, ich höre es«, antwortet Jesus. Er fügt ein umwerfendes Zitat

aus Psalm 8,3 an: »Selbst unmündige kleine Kinder werden dich loben!« Jesus sagt damit: Was diese Kin-der schreien, entspricht der Wahrheit. Sie loben und feiern mich als den, den Gott gesandt hat. Ihr Lob kommt von Herzen und ist echt. Man muss nicht theo-logisch gebildet, liturgisch geschult und korrekt geklei-det sein, um Gott würdig loben zu können. Auch oder gerade aus dem Mund der Unmündigen kann ein herz-liches Gotteslob kommen. So meint Jesus dieses Bibel-zitat aus Psalm 8.

Kinder sagen, was sie denken – immer, ungefiltert, wie es aus dem Herzen herauskommt. Kinder haben sich noch keine vorneh-me Zurückhaltung antrainiert. Wir können von ihnen lernen! »Wer das Reich Gottes nicht empfängt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen!«, sagt Jesus (Mk 10,15). Wenn Kinder an Gott glauben, dann glauben und ver-trauen sie ihm nicht nur ein bisschen, sondern ganz und ungeteilt. In ihrem Herzen ist dann Gott und nicht vieler-

lei. Und wir wissen es: »Wes das Herz voll ist, des fließt der Mund über!«

Darum loben die Kinder Gott und singen laut, wenn ihnen danach ist, ganz egal, ob sie gerade im Super-markt sind oder am Postschalter stehen. Sie sagen uns Erwachsenen: Singt auch ihr im Alltag mit unfertigen und schlichten Liedern! Summt, pfeift, jeder, wie er es kann! Stimmt ein in den Gesang der ganzen Kreatur! Und tut das alles zum Lob Gottes, zum Lob Jesu Chris-ti! »Hosianna dem Sohn Davids!«

Wort auf den Weg ::: 7

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»Hörst du denn nicht, was die Kinder da schreien?« »Ja, ich höre es«, antwortete Jesus. »Habt ihr nie gelesen: Selbst unmündige kleine Kinder werden dich loben!?« Matthäus 21,16

Gott ungeniert loben

ANDrEAS HErtIGist Pastor im Bezirk Aue.

»Singt im Alltag mit unfertigen und

schlichten Liedern! Summt, pfeift, jeder,

wie er es kann!«

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Um die Vielfalt der musikalischen Arbeit in ihren Gemeinden wird die Ostdeutsche Jährliche Konferenz (OJK) beneidet. So bekomme ich zu

hören, wenn ich mit Leuten aus den anderen Konfe-renzen zu tun habe. Für jemanden aus der OJK ist das natürlich schmeichelhaft. Aber auch ein bisschen ver-wunderlich: Ist das denn wirklich so besonders, was wir da haben? »Von innen« fühlt es sich ja ganz »nor-mal« an, im Vergleich zu früher sogar eher bescheiden.

Klar, es stimmt: Wenn ich nichterzgebirgischen Be-kannten alle Musikgruppen aufzähle, die es im Bezirk Crottendorf gibt, schütteln sie überrascht den Kopf und staunen. Hier am Ort selbst steht aber neben be-rechtigtem Stolz auf diese Vielfalt auch Ernüchterung: Vor nicht allzu langer Zeit gab es hier eben neun Chö-re und Musikgruppen, jetzt sind es »nur« noch sieben – und von diesen sieben haben zwei zeitweise damit zu kämpfen gehabt, ob und wie es weitergeht, eine weite-re tritt ausschließlich bei besonderen Anlässen in Er-scheinung.

früher war nicht alles besser ...Das scheint nicht untypisch zu sein. Es gibt in unserer Konferenz nicht viel mehr als eine Handvoll Gemein-den, in denen das musikalische Leben reicher und le-bendiger ist als in früheren Jahrzehnten, so etwa zwi-schen 1950 und 1980. Das klingt wenig – und logisch. Die große Zeit des Methodismus war hierzulande die nach dem Zweiten Weltkrieg, mit einem gewissen Hö-hepunkt um 1950, der bildete sich auch im musikali-schen Leben ab. Die Chöre hatten vielleicht um 1960 herum ihre ganz große Zeit. Im Vergleich dazu ist heu-te fast alles irgendwie kleiner.

Wenn ich es richtig sehe, geht auch die Zeit des Ver-gleichens mit ganz früher langsam zu Ende. Es scheint etwas Neues zu entstehen, wenn auch in zarten Anfän-gen. Es sind schon ein paar mehr als nur fünf Gemein-den, die erleben, wie sich neue Möglichkeiten abzeich-nen. So wird beispielsweise das Singen mit Kindern neu entdeckt – schon deshalb, weil wieder mehr Kin-der zur Welt kommen und es dadurch wieder mehr

Kinder in Gemeinden gibt. Zum Teil gehen auch neue Bedingungen und Chancen eine Verbindung mit schwindenden Ressourcen ein – etwa, wenn es in ei-nem Bezirk weniger Chöre gibt, aber aufgrund der zu-nehmenden Mobilität der Chor aus mehreren Gemein-den stammen und in mehreren Gemeinden singen kann, sich die musikalische Arbeit also »vernetzt«.

Die Vielfalt zeigenDiese Tendenzen vor Augen, hat die Ostdeutsche Jähr-liche Konferenz 2010 ein Zwei-Jahres-Programm »Musik in der Kirche« auf den Weg gebracht, angeregt und verantwortet vom gleichnamigen Arbeitskreis. Dem war die Skepsis bekannt, mit welcher zeitlich oh-nehin schon eingespannte Leute alle zusätzlichen An-gebote betrachten. Deshalb wurde vor allem auf das aufmerksam gemacht, was bereits stattfand und sich gut mit dieser Initiative verbinden ließ.

Das waren die so genannten »Tastenworkshops«, Treffen für Orgel- und Klavierspielende und für Pasto-rinnen und Pastoren sowie das »Singen für Unmusika-lische«. Dazu kam eine Reihe von Musiktagen, jeweils an einem Sonnabend, wo die Freude am Musizieren im Mittelpunkt stehen sollte – Entdecken von Liedern, die das Gesangbuch bereithält, und die Möglichkeiten, die damit gegeben sind.

Das Eröffnungsseminar fand im Juni 2010 statt. Die, die gekommen waren, hatten große Freude daran und konnten sich Fortsetzungen gut vorstellen. Schließlich bekam noch – »unterwegs« berichtete dar-über – die Tagung der Jährlichen Konferenz 2011 ein musikalisches Thema, nämlich mit dem Liedtitel: »Gott, singe mich, ich will dein Lied sein.«

Die Tastenworkshops wurden gleichbleibend gut angenommen – von den Tastenspielenden. Das dabei mitverfolgte Ziel, die Kommunikation zwischen den Gottesdienstgestaltenden und denen, die mit der Mu-sik beauftragt sind, zu verbessern (Dauerbrenner: Lie-der nicht erst am Sonnabendabend mitteilen – nur ein Beispiel), blieb ein Ziel; Pastorinnen und Pastoren ha-ben sich für diese Treffen nicht frei gemacht.

»Der Methodismus bleibt eine musizierende Gemeinschaft«Musik in der Kirche ist nicht einfach ein Selbstläufer. Das merkt man besonders dann, wenn Musikgruppen aufgeben. Doch wer ist eigentlich für die Musik in der Kirche zuständig? Jörg Herrmann ist dieser frage nachgegangen und hat überraschende und doch gar nicht so neue Antworten gefunden.

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JörG HErrMANN ist Pastor im Bezirk Crottendorf und Beauftragter

für Kirchenmusik und Gesangbuch in der EmK.

Wer fühlt sich angesprochen, wenn es um »Musik in der Kirche« geht? Mehr als einmal kam als Reakti-on auf die Einladungen: »Ich bin doch gar nicht für Musik zuständig!« Nur ansatzweise ist es gelungen, deutlich zu machen, dass nicht nur ausdrücklich die Beauftragten eingeladen waren. Immerhin haben man-che Bezirke den Impuls aufgenommen und nachvollzo-gen: Musik in der Kirche ist nicht einfach ein Selbst-läufer. Wir haben an der Musik im Gemeindeleben große Schätze, aber Leute, die sie mit großem Einsatz pflegen und zum Glänzen bringen, sind nicht automa-tisch tätig.

Musik braucht keine BegründungDas Besondere an unserer Musikpflege ist die Vielfalt der ehrenamtlichen Arbeit. Ein Chorleiter brachte es in einer Bezirkskonferenz so zum Ausdruck: »Das ist ja das Schöne, dass bei uns nicht nur ein einzelner, wie etwa ein Kantor, bestimmt, welche Musik gemacht wird, sondern ganz viele, die mitmachen.« Diese Kul-tur des Mitmachens ist über Jahrzehnte hin gewach-sen. Sie lässt sich nicht herstellen – wer schon einmal miterlebt hat, wie ein Chor mangels Beteiligung seine Arbeit einstellen muss, kann das nur seufzend bestäti-gen. Dort, wo sie da ist, erhält sie Nahrung von denen, die sich einbringen.

Zwei Dinge scheinen dabei den Beteiligten völlig selbstverständlich zu sein – so selbstverständlich, dass

es einem meistens gar nicht bewusst ist: Musik lebt davon, dass sie Freude macht. Und das ist wichtig. Es braucht keine Begründung dafür, warum Musik zu Kirche und Gemeinde dazugehört. Fällt Musik aus ir-gendeinem Grund einmal aus, dann wird das als Ver-lust gespürt und nach einer Lösung gesucht. Und das Zweite: Musik in Kirche und Gemeinde ist Verkündi-gung. So stark unsere Gottesdienste auch auf die Pre-digt ausgerichtet sind – die Zeilen, die den Leuten nachgehen und an die sie sich erinnern, sind oft Lied-zeilen. Kein Wunder: Die kann man schließlich mit-summen. Aus beidem, aus der tiefen Freude und aus dem Verkündigungsbewusstsein, erwächst der große Ernst, mit dem die Musizierenden in unserer Kirche am Wirken sind.

Ich bin zuversichtlich und sehe viele Anzeichen da-für, dass der Methodismus auch unter sich zunehmend wandelnden Bedingungen eine musizierende Gemein-schaft bleibt und immer neu wird. Um es mit einer Chorliedzeile zu sagen, die ich in letzter Zeit öfters ge-hört habe: »Es führt mich eine gute Hand …«

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Musik in Kirche und Gemeinde ist Verkündigung. Die Worte, die den Gottesdienstbesuchern nachgehen, sind oft liedzeilen.

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dann wollen wir sie nutzen, um be-dürftigen Menschen zu helfen.«

Seit 2003 hat sich der Mittags-tisch zu einem Projekt gemausert, das stadtbekannt und Markenzei-chen unseres Bezirks ist: Etwa 40 ehrenamtliche Mitarbeitende aus Gemeinde und Stadt verköstigen jeden Donnerstag bis zu 170 Gäste. Zudem gibt es eine Lebensmittel-ausgabe, Kleiderverkauf und Floh-markt. Im Anschluss trifft sich eine Gesprächsgruppe für Gäste bei Kaffee und Kuchen, immer wieder ein Ort heißer Diskussionen und existenzieller Gespräche (siehe auch »unterwegs« 11/2009).

für leib und SeeleEnde 2003 wurde das »Gasthaus Kirche« erweitert durch die Lis-beth-Oase. Sie bietet Frauen, die es sich sonst nicht leisten können, je-de Woche am Montag- und Diens-tagnachmittag eine einladende Ca-féatmosphäre. Mittwochs verteilt seit drei Jahren die Frankfurter Ta-fel Lebensmittel an Bedürftige. Komplettiert wird unser Angebot freitags und samstags durch einen Lángos-Stand auf dem Hof und

Mehr als 260 Bezirke gibt es in der Evangelisch-methodistischen Kirche in Deutschland. Alle haben ihre eigene Prägung. Um diese Vielfalt zu zeigen, stellen sich in »unterwegs« regelmäßig EmK-Bezirke vor. In dieser Ausgabe geht es in den Bezirk frankfurt-Innenstadt.

sonntags durch den regelmäßigen Kirchenkaffee nach dem Gottes-dienst.

»Gasthaus Kirche« ist mehr als ein Schlagwort, es ist ein Konzept: Gastfreundschaft bevormundet nicht, sie schafft Orte, an denen Menschen eine Zeitlang verweilen können und menschliche Gemein-schaft erleben. Sie verbindet Wert-schätzung für den Gast mit einem eigenen Stil, der von den Hoffnun-gen und Überzeugungen der Gast-gebenden geprägt ist. Wir erleben dankbar, dass Gäste auch Gemein-deveranstaltungen besuchen. Eini-ge sind Glieder geworden und ver-ändern das Gesicht der Gemeinde.

Durch monatliche oft sehr gut besuchte Konzerte erreichen wir viele Menschen aus der Stadt. Vor der Kirche ist ein Kinderspiel-platz. Mit einem Kinderchor ver-suchen wir, ein Angebot für die Kinder aus der Umgebung zu schaffen. Der Merianplatz ist ein attraktiver Platz im Nordend, ei-nem Stadtteil, der zu den kinder-reichsten Stadtgebieten Deutsch-lands gehört.

Es gibt natürlich weitere leben-dige Gemeindegruppen wie Sonn-tagschule, Jungschar, Chor, Haus-kreise, Frauenabendkreis, Senio-renkreis, Männerkreis, After-Work-Meeting und Bibelgespräche.

Pastor Hans-Ulrich Hofmann

n Zum Bezirk frankfurt-Innenstadt gehören die Gemeinde der Christuskirche und das oberin- Martha-Keller-Haus auf dem Mühlberg. n Der Bezirk hat 165 Glieder.

www.emk-frankfurt.de

BezirK frAnKfurT-innenSTADT

Der Frankfurter Journalist Thorben Leo beschrieb die Christuskirche als »Gast-

haus am Merianplatz«. Damit hat er ein Wesensmerkmal unserer Ge-meindearbeit formuliert.

Die 1889 erbaute ehemalige Zi-onskirche ist nicht nur ein beein-druckendes Bauwerk. Sie beher-bergte nach dem Krieg auch eine große Gemeinde: 1958 gab es 565 Glieder, davon ein Drittel Diako-nissen. In den 90er Jahren aber zeigte sich, dass die damals drei selbstständigen Bezirke Erlöserkir-che, Eben-Ezer-Kirche und Zions-kirche in Frankfurt nur durch ei-nen Zusammenschluss Zukunfts-chancen hatten. 1999 fand die Ver-einigung statt. Die Kirche am Merianplatz wurde zum gemeinsa-men Standort und Christuskirche genannt. Dabei wurde der Kirchen-saal in einen Gottesdienstraum umgestaltet.

Im Rahmen der Renovierung ent-stand auch eine neue Großküche.

Das war der Impuls für das Projekt »Mittagstisch für alle«,

weil man sich sag-te: »Wenn wir schon eine so leistungsfähige Küche haben,

Die Kirche als Gasthaus

Eine sehr lebendige Gemeinde: frankfurt-Innenstadt

unterwegs erlebt :::

Markantes Gebäude: Die Christuskirche am Merian-platz.

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::: Gemeindeportrait

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unterwegs 10/2012 ::: 6. Mai 2012

titelthema: Singt! ::: 11

Wie immer im Frühsommer sind meine Reisen durch die Tagungen der Jährlichen Konfe-renzen bestimmt. In diesem Jahr kommt

noch die Generalkonferenz dazu, die gerade zu Ende geht, wenn diese unterwegs-Ausgabe erscheint. Bei den Konferenzen gibt es eine gewisse Routine. Die ver-schiedenen Werke berichten Jahr für Jahr oder im Fal-le der General- und Zentralkonferenz alle vier Jahre. Man führt Bewährtes fort und lässt sich Neues einfal-len, um die unterschiedlichsten Menschen von den Jüngsten bis zu den Ältesten anzusprechen und die Ge-meinden in ihren Aufgaben zu unterstützen. Wir leis-ten viel und haben vielen Menschen zu danken für ih-ren engagierten Einsatz.

Bei der Tagung der Norddeutschen Jährlichen Kon-ferenz, die in der Woche nach Ostern in Berlin statt-fand, sprachen etliche Berichterstatter auch von dem, was nicht (mehr) geht. Wir haben nicht genug pastora-le Kräfte, um alle Stellen zu besetzen. Das Kinder- und Jugendwerk sucht Regionalbeauftragte. Viele Gemein-den sind so klein, dass es nicht sinnvoll ist, für jede Altersgruppe ein spezielles Angebot zu machen. Ob-wohl der Rückgang in der Zahl der Kirchenglieder we-niger groß ist als in anderen Jahren, gibt es leider kein Plus in der Mitgliederentwicklung.

»Es ist gut, dass wir die Situationen so beschreiben, wie sie sind. Das ist auch befreiend!«, sagte ein Konfe-renzmitglied. Ob uns das österliche Konferenzthema half, realistisch zu sein, ohne in Resignation zu verfal-len? Christi Zuspruch »Ich lebe und ihr sollt auch le-ben« erinnerte daran, was es bedeutet, Kirche zu sein. »Die sichtbare Kirche Christi ist eine Gemeinschaft von Gläubigen, in welcher das reine Wort Gottes ge-predigt wird und die Sakramente in allen notwendig

zu denselben gehörigen Stücken nach Christi Anord-nung richtig verwaltet werden«, heißt es in den Glau-bensartikeln der Methodistenkirche und in ähnlichem Wortlaut in denen der Evangelischen Gemeinschaft, die gemeinsam wiedergeben, was wir als Evangelisch-methodistische Kirche bekennen. Das Wort Gottes predigen und die Sakramente dem Evangelium gemäß verwalten – mehr braucht es nicht, um Kirche zu sein. Indem Menschen Gottes Wort hören und Gott in ih-nen Glauben weckt und sie in Christi Nachfolge hält, wächst das Reich Gottes.

Vielleicht hilft uns diese Einsicht, manches Wün-schenswerte zu lassen. Wir müssen uns nicht müde ar-beiten in der Hoffnung, Erfolg zu produzieren. So brennen wir höchstens aus. Um weder in atemlosen Aktionismus noch in resignierte Lähmung zu verfallen, dürfen wir das Wunder feiern, dass Gott in Christi Auferweckung Leben schenkt. Leben aus Gott kann nicht ausgebremst werden, wie schwer die Steine auch sein mögen, die sich dem Auferstandenen in den Weg stellen.

Erlöst und erleichtert sind wir, was wir durch Got-tes Gnade sind, nämlich Boten der Hoffnung und An-wältinnen des Lebens. Da gibt es viel zu tun. Aber das Entscheidende ist schon getan, weil Jesus lebt und weil der Heilige Geist die Kirche Jesu Christi lebendig macht. Dass die Osterbotschaft immer wieder zur Sprache kam, hat der Tagung der Norddeutschen Jähr-lichen Konferenz gut getan. »Christus lebt, drum lasst das Jammern …« (EM 240), sangen wir zum Schluss der Geschäftssitzung, und weiter: »Christus lebt, drum sagt es weiter allen Menschen in der Welt.« Ich bete für Konferenztagungen, von Hoffnung geprägt, und dafür, dass sie in die Gemeinden hineinwirken.

Sichtbar Kirche seinDie Konferenzen unserer Kirche tagen in diesen Wochen. Immer wieder wird dabei deutlich, was nicht mehr geht. Der Kern aber bleibt: Das Wort Gottes predigen und die Sakramente dem Evangelium gemäß verwalten - mehr braucht es nicht, um Kirche zu sein, sagt Bischöfin rosemarie Wenner.

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::: unterwegs info16

unterwegs 10/2012 ::: 6. Mai 2012

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persönlich

tErMINE

Bietigheim ::: EmK Christus-kirche, rathenaustraße 31, 6. Mai, 18 Uhr, Jubiläumskonzert des Posaunen- und Gemein-dechores; 15. Mai, 20 Uhr, Kirche kauft ein, Vortrag von Dr. thorsten Göbel.frankfurt ::: EmK Christuskirche, Merianplatz 13, 6. Mai, 17 Uhr, Konzert für alle – festliche Kam-mermusik; 20. Mai, 17 Uhr, Klez-mer-Musik, mit dem Ensemble Shoshana.leingarten ::: festhalle, 12. Mai, 9 Uhr, flohmarkt. nürnberg ::: Eben-Ezer-Kirche, Stadenstraße 68, 9. Mai, 17 Uhr,

Wenn die Schulter schmerzt, mit Dr. Georg liebel und Dr. frank riedel. Stuttgart ::: EmK-Hoffnungs-kirche, Silberburgstraße 134, 17. Mai, feiertag für Menschen ohne und mit Wohnung.

SEMINArE

erlebniswochenende für Väter mit ihren Kindern ::: Schul-landheim Mönchshof bei Kai-sersbach, 29. Juni bis 1. Juli; leitung: Stefan reinhardt und Jürgen Hofmann. Anmeldung bei Stefan rein-hardt, telefon 07161 77950, E-Mail: [email protected]

rUNDfUNK

radio m bei Klassik radio(bundesweit) Andachten »Carpe diem«: 14. bis 19.5., 6.20 Uhr, mit Anja Kieser;Sonntagsmagazin »Klassik und Kirche«, sonntags, 7–8 Uhr, mit Anja Kieser.

radio Aref – sonn- und feiertags von 10-12

Uhr. www.aref.de und UKW 92,9 MHz (Großraum Nürnberg)

erf Plus Jeden Donnerstag, 20 Uhr, Bilanz – Horst Marquardt im Gespräch mit Männern und frauen 60+.

13.5., 10 Uhr und 14 Uhr, Gottesdienst aus der EmK Weinsberg, mit thomas Brinkmann.19.5., 10.45 Uhr, Bibel heute, mit Dr. Klaus thimm.20.5., 11.45 Uhr, Bibel heute, mit Gisela thimm.

erf 113.5., 11 Uhr, 17.30 Uhr, 22 Uhr, Gottesdienst aus der EmK

Weinsberg, mit thomas Brinkmann.

mdr fiGAro20.5., 10 Uhr, Gottesdienst aus der EmK-Zionskirche Albernau, mit Mitja fritsch.

mdr 1 radio Sachsen-Anhalt20.5., 6.04 und 9.04 Uhr, Wort zum tag, mit Walter Seiler.

AUfGENoMMEN

Berlin-Tegel ::: am 26. februar rita Plötz (70).ellefeld ::: am 22. April Annett reiher (32).hirzenhain ::: am 15. April Kathleen-Marion Sturm (49).Kirchentellinsfurt ::: am 15. April Monika Sarkar (48).Murrhardt ::: am 8. April Christine Nentwich (31) und Miriam Pfähler (27).naila ::: am 8. April Sabrina Schmidt (19).Selbitz ::: am 8. April Philipp Heinrich (20) und robin Heinrich(17).Simmern im hunsrück ::: am 25. April Dirk Hartmann (40), Sabine Hartmann (37) und Sonja lauf (24).

WIr GrAtUlIErEN

Antonsthal ::: Elfriede Prager zum 90. Geburtstag.Balingen-frommern ::: otto König zum 90. Geburtstag.Bebra ::: Margarete Cavalier zum 100. Geburtstag.ellefeld ::: Hanna tittel zum 90. Geburtstag; Brigitte und Eckhard thoß zur goldenen Hochzeit.Karlsruhe-Durlach ::: Walter Krauß zum 100. Geburtstag.

Magdeburg ::: Magdalena Kossin zum 90. Geburtstag.nürnberg ::: Diakonisse Elisabeth Mistele zum 102. Geburtstag.Pfrondorf ::: Ingeborg Wunder zum 90. Geburtstag.Schwarzenberg ::: Helga und Hilmar römer zur goldenen Hochzeit. Schwenningen ::: Hanna und Gerhard Spingler zur diamante-nen Hochzeit; Helga und Hans Strohm zur goldenen Hochzeit; Elsa und Siegfried Adler zur diamantenen Hochzeit.Tuningen ::: Martin Gruhler zum 104. Geburtstag.

HEIMGEG ANGEN

Antonsthal ::: Jutta Schramm am 14. März, 81 Jahre.Bad cannstatt ::: Inge Köhnlein am 7. April, 80 Jahre.Baiersbronn ::: Kurt riegraf am 28. März, 81 Jahre.Berlin-Tegel ::: Jens Saße am 21. März, 46 Jahre; Pastor i. r. Herbert Manns am 21. April, 89 Jahre.Besigheim ::: ruth Jäger am 9. März, 82 Jahre; Manfred Joos am 7. April, 76 Jahre.essen ::: Karl Homann am 8. April, 90 Jahre.

freiburg ::: ruth Hörger geborene Gärttner am 30. März, 80 Jahre.hannover ::: Ernst thaler am 4. April, 91 Jahre. lage ::: Heinz Schwarze am 15. April, 86 Jahre.leer/ostfriesland ::: Hermine therese Köster geborene Pleis am 13. April, 72 Jahre.Mülheim an der ruhr ::: Siegfried Hinz am 18. April, 86 Jahre.oberdresselndorf ::: Claudia Heinz geborene Jung am 18. April, 51 Jahre.Pirmasens ::: Johannes Justus am 14. April, 75 Jahre.Sehma ::: Hildegard Meier am 7. April, 80 Jahre.Siegen ::: Gertrud Vesen am 27. März, 89 Jahre. Venusberg ::: Uta Annelie Seidel geborene Melzer am 12. April, 69 Jahre; Ursula Anny Schaarschmidt geborene richter am 22. April, 60 Jahre.Weitefeld ::: lilli Stühn am 7. April, 87 Jahre.

NACHrUf

Am 12. April wurde Pastor i. r. Konrad Jordan von Gott heim-gerufen. Konrad Jordan wurde am 3. Juli 1927 als viertes von

wowannwas

fünf Geschwistern in Schönheide geboren. Hier wuchs er auf und lernte seine spätere frau Christa kennen. Beruflich schlug er die Postlaufbahn ein. Durch die Predigt eines laienbruders traf ihn sein Berufungswort: »Der Herr wird für euch streiten und ihr werdet still sein.« 1948 begann Jordan in Schönheide seinen Dienst als Gehilfe. 1948/49 war er in dieser funktion auch im Bezirk Marien-berg tätig. Von 1949 bis 1952 war er am theologischen Seminar in frankfurt am Main. Zunächst konnte er nicht in die DDr zurück und kam nach Bookholzberg bei Bremen. Dort heiratete er auch 1953. Im oktober 1953 folgte das Ehepaar dem ruf nach Zschopau. In der Zschopauer Zeit wurden ihnen zwei Kinder geschenkt. Weitere Statio-nen des Dienstes waren der Bezirk Gelenau von 1961 bis 1973, der Bezirk Bockau von1973 bis 1986 und der Bezirk Marienberg von 1986 bis 1991. In Marienberg ver-brachte das Ehepaar Jordan den aktiven ruhestand. Konrad Jordan stand viele Jahre dem reparatur-dienst des Dresdner Distriktes vor, die Begegnungs- und Bildungsstät-te Scheibenberg war ihm eine Her-zensangelegenheit. Seine Ehefrau stand ihm bis zum letzten Hände-druck zur Seite. Matthias Zieboll

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EMK-DIAKONIE: WIR MELDEN UNS ZU WORT Helfen und Heilen 17

P� egepersonal ist knapp. Wo suchen und � nden Sie für Ihre Einrichtungen genügend Personal?Die Ausbildung von P� egekräften in den Krankenp� egeschulen unseres Konzerns stellt einen wichtigen Pfei-ler dar. Das Diakonieseminar Agaplesi-on bietet mehr als 100 Plätze für die Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenp� eger. Die Krankenp� ege-schule am Agaplesion Markus Kran-kenhaus ist eine Kooperation mehre-rer Einrichtungen. Vielfältige soziale Leistungen steigern unsere Attraktivi-tät als Arbeitgeber: Es gibt Program-me zur Gesundheitsförderung, � exib-le Arbeitszeitregelungen, beitrags -freie Zusatzaltersversorgung, an eini-gen Standorten Kinderbetreuung oder sogar einen eigenen Kindergarten so-wie umfangreiche Fort- und Weiterbil-dung vor Ort und in unserer Akademie in Heidelberg. Nicht zu vergessen sind ein mitarbeiterorientiertes Betriebs-

klima, ein ausgezeichneter Ruf als Arbeitgeber und die christliche Werte-orientierung unserer Einrichtungen.

Welche Rolle spielt Personal aus dem Ausland?Durch internationale Anzeigen kam-pag nen und Präsenz vor Ort konnten wir insbesondere aus ost- und südeu-ropäischen Ländern, zum Beispiel aus Ungarn, Rumänien und Griechenland, gut ausgebildete P� egekräfte gewin-nen. Wir unterstützen sie unter ande-rem durch Integrationsbeauftragte in den Einrichtungen, durch die Bereit-stellung von Wohnraum und die Orga-nisation einer mehrmonatigen Sprach -ausbildung.

Welche � nanziellen Anreize sind möglich?Trotz der � nanziellen Belastungen un-serer Einrichtungen sind wir bestrebt, � nanzielle Anreize für besondere Leis-

Drei Fragen an Bernhard Sohni, Geschäftsbereichsleiter Personal und Organisation, AGAPLESION gAG

Die Anforderungen in der P� ege sind hoch, die Bezahlung oft nicht üppig. Was tun die Einrichtungen der methodistischen Diakonie, um trotz steigendem Wettbewerb genügend Mitarbeitende zu � nden? Was geschieht, um diese gesund und motiviert zu erhalten? Was schätzen Mitarbeitende an ihrer Tätigkeit, was hilft ihnen? Wie erlebt ein junger Mitarbeiter im Bundesfreiwilligendienst seinen ersten Einblick in eine Klinik? Braucht man zum P� egeberuf eine besondere Berufung? Fragen zum vielfältigen Thema »Personalgewinnung«, zu denen diese Ausgabe von Helfen und Heilen nach Antworten sucht.

tungen und besonderes Engagement zu gewähren. Dies trifft insbesondere auf das Rhein-Main-Gebiet zu, wo ein starker Wettbewerb vorherrscht, der oft auch über übertari� iche Vergü-tungsbestandteile geführt wird. Eini-ge unserer Einrichtungen haben ein Jahresbudget für ein übertari� iches Leistungsentgelt zur Verfügung. Am Jahresende zahlen sie es nach festen Kriterien und einem Punktesystem an die Mitarbeiter, welche die Kriterien erfüllen, aus.

Wie gewonnen, so behalten

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18 Helfen und Heilen EMK-DIAKONIE: WIR MELDEN UNS ZU WORT

»Ich hätte genauso gut Maschinenbau studieren können«, sagt Joachim Böhringer, P� egedirektor am Agaple-sion Bethesda Krankenhaus Stuttgart. »Aber die Arbeit mit Menschen statt Werkstücken hat mich noch mehr be-geistert.« Er gehörte zu den ersten Männern, die sich in den 1970er-Jah-ren für eine Krankenp� egeausbildung bewarben. Bereut hat er es nicht. »Der Krankenp� egeberuf ist der schönste

Beruf der Welt«, sagt Böhringer mit Überzeugung. Eine spezielle Berufung möchte er nicht unbedingt geltend machen: »Gott schenkt jedem Men-schen Gaben und Talente, die er in ganz unterschiedlichen Berufen ein-setzen kann. Meine Gaben passen sehr gut zu meinen Aufgaben in der Kran-kenp� ege und ich denke schon, dass Gott mich an diesem Platz brauchen kann. Aber ich weiß nicht, ob ich das als Berufung bezeichnen würde.« Seit Martin Luther gibt es in den evan-gelischen Kirchen sowieso keine Un-terscheidung zwischen religiösen und weltlichen Berufen: Jegliche Tätigkeit soll nach 1. Korinther 7,20 als Beru-fung von Gott her verstanden werden.Dass man für die Krankenp� ege eine besondere Liebe für leidende Men-schen mitbringen muss, steht außer Frage. Bei der Gründung der Kranken-p� egeschule am Bethesda Kranken-

Wie P� egende ihre Berufung sehen

haus in Stuttgart im Jahr 1947 sagte der ärztliche Leiter Dr. Paul Barchet: »Menschen, die herzlos und lieblos sind, taugen nicht zur Krankenp� ege. Sie sollen irgendeinen anderen Beruf ergreifen.« Gerade Patienten, die aus ihrem normalen Alltag gerissen und auf Hilfe angewiesen sind, brauchen neben medizinischer und p� egeri-scher Kompetenz ein einfühlsames, verständnisvolles Gegenüber. »Der

Begriff Dia ko nie kommt aus dem Grie-chischen«, erklärt Pastor Burkhard Seeger, »der Ausdruck ›dia chonos‹ heißt wörtlich übersetzt ›durch den Staub‹. Unsere Diakonie, unser Dienst hat also immer auch etwas mit Staub zu tun.« Und er ergänzt etwas zuge-spitzt: »Wem das nicht bewusst ist, der hat seinen Beruf verfehlt.«In den letzten Jahren hat die P� ege-wissenschaft enorme Fortschritte ge-macht und sich zum eigenständigen Beruf entwickelt. Nur gemeinsam errei-chen Ärzte, P� egende und Therapeu-ten die bestmögliche Betreuung, mul-tiprofessionelle Zusammenarbeit ist selbstverständlich. Die Krankenp� e-geausbildung am Evangelischen Bil-dungszentrum für Gesundheitsberufe in Stuttgart umfasst ein anspruchsvolle Curriculum, das durch einen akademi-schen Abschluss ergänzt werden kann.»In der P� ege kranker Menschen

braucht man eine Menge Sozialkom-petenz, eine hohe Flexibilität und muss viel Verantwortung überneh-men«, sagt Jutta Schrempf, Stations-leitung im Bethesda Krankenhaus. »Halbgötter in Weiß gibt es nicht mehr, kein Tag ist wie der andere, ständig begegnet man unterschiedli-chen Menschen und Situationen.« Für sie war schon als Kind klar, dass sie Krankenschwester wird, wie ihre Mut-

ter und ihre Tante. »Es ist mein Traum-beruf«, sagt sie, »manchmal aller-dings durch den wirtschaftlichen Druck auch ein Albtraum.« Die � nan-ziellen Zwänge sind enorm, die Perso-naldecke ist dünn und die Dokumenta-tionsp� ichten sind lästig.Trotzdem ermutigt Schwester Jutta gerade junge Leute, diesen Beruf ein-mal kennen zu lernen: »Ein FSJ oder BFD im Krankenhaus ist die beste Möglichkeit, um Sozialkompetenz, Empathie und Flexibilität zu lernen. Der Umgang mit so vielen verschiede-nen Menschen ist interessant und kann so viel Spaß machen!« Immer wieder entdecken Jugendliche über solche Schnuppermonate ihre Beru-fung für die Krankenp� ege.

Christine Haag-Merz, Unternehmens-kommunikation Agaplesion Bethesda Krankenhaus Stuttgart

»Der schönste Beruf der Welt«

Joachim Böhringer Pastor Burkhard Seeger begrüßt in einem Gottesdienst den neuen Krankenp� egekurs

Jutta Schrempf

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Es tut einfach gut, Be-wohner fröhlich zu se-hen und zu wissen, dass sie sich wohlfühlen. Ge-meinsam zu lachen und

Spaß zu haben ist eigentlich der schönste Dank, den man als P� ege-kraft erhalten kann. Oder wenn ein Bewohner sagt: »Schön, dass Sie wie-der da sind.« Das motiviert und macht mich glücklich. In unserem christlich geführten Haus spielen Werte wie Nächstenliebe und Wertschätzung eine große Rolle. Das ist es, was das Arbeiten hier anders macht.

Nadine Reinicke Stellvertretende Wohnbereichsleiterin im Agaplesion Bethanien Sophienhaus, Berlin-Steglitz

An meiner Arbeit mit chronisch psy-chisch kranken Bewohnern gefällt mir, dass man mit ihnen arbeitet und nicht an ihnen, mit ihnen Ziele � ndet und sie weiterbringt. Mit der tierge-stützten Therapie erreiche ich die See-le der Bewohner, durch die Alpakas werden sie ausgeglichener. Für mich ist es schön zu sehen, wie sie sich ent-wickeln. Durch unser christliches Pro-� l und die seelsorgerische Betreuung durch unseren Pastor ist das Arbeits-klima herzlicher, sein offenes Ohr hilft weiter.

Linda TemizkanErgotherapeutin mit Schwerpunkt tiergestützte Alpaka-Therapie im Agaplesion Bethanien Radeland, Berlin-Spandau

Ich arbeite gerne im Diakoniewerk Mar-tha-Maria, weil hier Menschlichkeit und Miteinander jeden Tag gelebt werden. Die-

ses Zusammengehörigkeitsgefühl ist meine Motivation, auch zukünftig Menschen für die Arbeit in der Diakonie begeistern und gewinnen zu können.

Denise KirstenReferentin für Personalentwicklung, Zentrale Dienste Personal von Martha-Maria, Nürnberg

Derzeit läuft in Mar-tha-Maria die Aktion MMMI, Martha-Ma-ria – meine Idee. Bei mir heißt MMMI: Martha-Maria – mei -ne Identi� kation.

Von Gott als sein Kind erwählt, bin ich im Vertrauen auf seine guten Wege mit mir nach Martha-Maria gekommen. Hier erfuhr ich mehr von Gottes Liebe und es drängt mich seitdem, mich mit meinen Gaben und Fähigkeiten an dem Platz einzubringen, an dem mich mein Herr haben will. Mit wechselnder Priorität ist dieser Platz in meiner Familie, in unserer Nürnberger Paulus-gemeinde oder in Martha-Maria.

Siegfried WegenastLeitender OP-P� eger und OP-Manager im Krankenhaus Nürnberg, seit 39 Jahren in Martha-Maria

Die wichtigste Auf-gabe meines ärztli-chen Berufes ist für mich, erkrankten Menschen zur Seite

zu stehen, ihnen zu helfen und sie aufzufangen. Dabei geht es immer um den ganzen Menschen. Die Genesung der Patienten, ihre Dankbarkeit und ihre Zuversicht geben mir viel Kraft zurück. Hier im Agaplesion Bethesda Krankenhaus Wuppertal fühle ich mich mit meiner Berufung in einer starken Gemeinschaft aufgehoben, in der die christliche Nächstenliebe ge-lebt wird. Ich wünsche mir, dass ent-gegen allen wirtschaftlichen Zwängen dieser diakonische Geist in unserem Haus erhalten bleibt.

Christoph LandmeyerOberarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Agaplesion Bethesda Krankenhaus Wuppertal

Von Gott als sein Kind erwählt, bin ich im Vertrauen auf seine guten Wege mit mir nach Martha-Maria gekommen. Hier erfuhr ich mehr von Gottes Liebe und es drängt mich seitdem, mich mit meinen Gaben und Fähigkeiten an dem Platz einzubringen, an dem mich mein Herr haben will. Mit wechselnder Priorität ist dieser Platz in meiner Familie, in unserer Nürnberger Paulus-gemeinde oder in Martha-Maria.

Siegfried WegenastLeitender OP-P� eger und OP-Manager im Krankenhaus Nürnberg, seit 39 Jahren in Martha-Maria

Es tut einfach gut, Be-wohner fröhlich zu se-hen und zu wissen, dass sie sich wohlfühlen. Ge-meinsam zu lachen und

Spaß zu haben ist eigentlich der Spaß zu haben ist eigentlich der

Ich arbeite gerne im Diakoniewerk Mar-tha-Maria, weil hier Menschlichkeit und Miteinander jeden Tag gelebt werden. Die-

ses Zusammengehörigkeitsgefühl ist

Martha-Maria, Nürnberg

Derzeit läuft in Mar-tha-Maria die Aktion MMMI, Martha-Ma-ria – meine Idee. Bei mir heißt MMMI: Martha-Maria – mei -ne Identi� kation.

Von Gott als sein Kind erwählt, bin ich

Die wichtigste Auf-gabe meines ärztli-chen Berufes ist für mich, erkrankten Menschen zur Seite

zu stehen, ihnen zu helfen und sie

Helfen und Heilen

Agaplesion Bethanien Radeland, Berlin-Spandau

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18 Helfen und Heilen EMK-DIAKONIE: WIR MELDEN UNS ZU WORT

»Ich hätte genauso gut Maschinenbau studieren können«, sagt Joachim Böhringer, P� egedirektor am Agaple-sion Bethesda Krankenhaus Stuttgart. »Aber die Arbeit mit Menschen statt Werkstücken hat mich noch mehr be-geistert.« Er gehörte zu den ersten Männern, die sich in den 1970er-Jah-ren für eine Krankenp� egeausbildung bewarben. Bereut hat er es nicht. »Der Krankenp� egeberuf ist der schönste

Beruf der Welt«, sagt Böhringer mit Überzeugung. Eine spezielle Berufung möchte er nicht unbedingt geltend machen: »Gott schenkt jedem Men-schen Gaben und Talente, die er in ganz unterschiedlichen Berufen ein-setzen kann. Meine Gaben passen sehr gut zu meinen Aufgaben in der Kran-kenp� ege und ich denke schon, dass Gott mich an diesem Platz brauchen kann. Aber ich weiß nicht, ob ich das als Berufung bezeichnen würde.« Seit Martin Luther gibt es in den evan-gelischen Kirchen sowieso keine Un-terscheidung zwischen religiösen und weltlichen Berufen: Jegliche Tätigkeit soll nach 1. Korinther 7,20 als Beru-fung von Gott her verstanden werden.Dass man für die Krankenp� ege eine besondere Liebe für leidende Men-schen mitbringen muss, steht außer Frage. Bei der Gründung der Kranken-p� egeschule am Bethesda Kranken-

Wie P� egende ihre Berufung sehen

haus in Stuttgart im Jahr 1947 sagte der ärztliche Leiter Dr. Paul Barchet: »Menschen, die herzlos und lieblos sind, taugen nicht zur Krankenp� ege. Sie sollen irgendeinen anderen Beruf ergreifen.« Gerade Patienten, die aus ihrem normalen Alltag gerissen und auf Hilfe angewiesen sind, brauchen neben medizinischer und p� egeri-scher Kompetenz ein einfühlsames, verständnisvolles Gegenüber. »Der

Begriff Dia ko nie kommt aus dem Grie-chischen«, erklärt Pastor Burkhard Seeger, »der Ausdruck ›dia chonos‹ heißt wörtlich übersetzt ›durch den Staub‹. Unsere Diakonie, unser Dienst hat also immer auch etwas mit Staub zu tun.« Und er ergänzt etwas zuge-spitzt: »Wem das nicht bewusst ist, der hat seinen Beruf verfehlt.«In den letzten Jahren hat die P� ege-wissenschaft enorme Fortschritte ge-macht und sich zum eigenständigen Beruf entwickelt. Nur gemeinsam errei-chen Ärzte, P� egende und Therapeu-ten die bestmögliche Betreuung, mul-tiprofessionelle Zusammenarbeit ist selbstverständlich. Die Krankenp� e-geausbildung am Evangelischen Bil-dungszentrum für Gesundheitsberufe in Stuttgart umfasst ein anspruchsvolle Curriculum, das durch einen akademi-schen Abschluss ergänzt werden kann.»In der P� ege kranker Menschen

braucht man eine Menge Sozialkom-petenz, eine hohe Flexibilität und muss viel Verantwortung überneh-men«, sagt Jutta Schrempf, Stations-leitung im Bethesda Krankenhaus. »Halbgötter in Weiß gibt es nicht mehr, kein Tag ist wie der andere, ständig begegnet man unterschiedli-chen Menschen und Situationen.« Für sie war schon als Kind klar, dass sie Krankenschwester wird, wie ihre Mut-

ter und ihre Tante. »Es ist mein Traum-beruf«, sagt sie, »manchmal aller-dings durch den wirtschaftlichen Druck auch ein Albtraum.« Die � nan-ziellen Zwänge sind enorm, die Perso-naldecke ist dünn und die Dokumenta-tionsp� ichten sind lästig.Trotzdem ermutigt Schwester Jutta gerade junge Leute, diesen Beruf ein-mal kennen zu lernen: »Ein FSJ oder BFD im Krankenhaus ist die beste Möglichkeit, um Sozialkompetenz, Empathie und Flexibilität zu lernen. Der Umgang mit so vielen verschiede-nen Menschen ist interessant und kann so viel Spaß machen!« Immer wieder entdecken Jugendliche über solche Schnuppermonate ihre Beru-fung für die Krankenp� ege.

Christine Haag-Merz, Unternehmens-kommunikation Agaplesion Bethesda Krankenhaus Stuttgart

»Der schönste Beruf der Welt«

Joachim Böhringer Pastor Burkhard Seeger begrüßt in einem Gottesdienst den neuen Krankenp� egekurs

Jutta Schrempf

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2220 Helfen und Heilen EMK-DIAKONIE: WIR MELDEN UNS ZU WORT

Weil sein Opa dort an der Hüfte ope-riert wurde, bekam der 20-jährige Benjamin Demmler Kontakt zu den Zeisigwaldkliniken Bethanien Chem-nitz. Weil er nach der Schule etwas an-deres sehen wollte, bewarb er sich dort als Zivildienstleistender. Weil der Zivildienst inzwischen abgeschafft war, wurde er statt Zivi eben Bufdi.Seit Oktober 2011 ist er im Bundesfrei-willigendienst in den Zeisigwaldklini-ken Bethanien Chemnitz tätig, derzeit als einer von sechs Bufdis – bei neun möglichen Stellen. »Das habe ich noch nie gesehen. Man lernt alles Schritt

für Schritt«, sagt er. »Sobald man weiß, wie man hingreifen kann, macht es echt Spaß, auch wenn es anstren-gend ist.« Demmlers Arbeitstag be-ginnt um 6.45 Uhr. Er sah bei Operati-onen zu und merkte, dass die Darstellung im Fernsehen nichts mit der Realität zu tun hat. Er lernte, die OP-Tische und Patienten vorzuberei-ten. Er bringt Instrumente weg, holt das Frühstück und wechselt die Wä-schesäcke. Nach der Operation fährt er die Patienten hinaus und bringt sie zurück. Mit dem Transportband umzu-gehen, empfand er anfangs als gar nicht so einfach. Im ersten Monat kam er sich manchmal komisch vor, doch das ist vorbei. »Ich versuche, mein Bestes zu geben, fühle mich als voll-

wertiger Mitarbeiter, fühle mich von den anderen anerkannt. Je länger ich da war, desto besser wurde es, das hätte ich nicht gedacht.«Benjamin Demmler hat das Bufdi-Da-sein bereits an Freunde weiteremp-fohlen. »Bei mir hat es genau das ge-troffen, was ich machen und sehen wollte.« Freunde und Familie zeigen reges Interesse an seinen Erfahrun-gen: »Man erzählt von den schwieri-gen Fällen.« Wenn Demmler beim Fuß-ball Blessuren davonträgt, ist er froh, immer einen Arzt fragen zu können. Die Vergütung sei niedriger als ehe-

Das habe ich noch nie gesehen

mals bei den Zivis, bedauert er. »Aber ich mache es nicht des Geldes wegen. Wenn man zuhause wohnt, geht es.«Einen komplett medizinischen Beruf kann er sich nicht vorstellen, denn »ich kann nicht unbedingt alles se-hen«. Aber die Arbeit mit dem menschlichen Körper sehr wohl, viel-leicht im Fitness- und Sportbereich, kombiniert mit seinem langjährigen Berufsziel als Lehrer. Falls es mit dem Studium nicht gleich klappt, will Demmler seine Zeit als Bufdi vielleicht verlängern.Egal wann, er wird die Zeisigwald -kli niken Bethanien Chemnitz mit wertvollen Erfahrungen verlassen. Andere nutzen nach ihrer Zeit als Buf-di oder im Freiwilligen Sozialen Jahr ihre guten Chancen für eine Ausbil-dungsstelle. »Jedes Jahr beginnen ehemalige Freiwilligendienstler bei uns eine Krankenp� egeausbildung«, sagt Pastor Frank Eibisch, Theologi-scher Geschäftsführer bei Bethanien Chemnitz und Direktor des Evange-lisch-methodistischen Diakoniewerks Bethanien. Peter Dietrich

ZAHLEN UND FAKTEN ZUM PFLEGEBERUF■ In den mehr als 2000 deutschen Krankenhäusern arbeiten insgesamt

1,1 Millionen Menschen. ■ In einer Befragung des Instituts für Demoskopie Allensbach im Jahr 2011 genossen

nur Feuerwehrleute noch mehr Vertrauen und Achtung als Ärzte und Krankenp� eger.■ In der P� ege dominieren die Frauen: Im Jahr 2010 waren laut den Zahlen des

Statistischen Bundesamtes 86 Prozent der P� egekräfte im Krankenhaus weiblich. Von 405 000 Altenp� egern waren nur 55 000 männlich.

■ In keinem anderen Berufszweig ist der Altersdurchschnitt so hoch wie in der Krankenp� ege. Für die kommenden Jahre ist ein verstärkter Ersatzbedarf an quali� ziertem Personal zu erwarten.

■ Trotzdem sanken die Ausbildungszahlen für Gesundheits- und Krankenp� egende laut P� ege-Thermometer 2009 von 2000 bis 2008 um zehn Prozent auf 62.486. Anfang 2010 lag die Arbeitslosenquote unter einem Prozent.

■ Von 1996 bis 2008 wurden in der Krankenhausp� ege rund 50 000 Vollkraftstellen abgebaut, das entspricht jeder siebten Stelle. Die Zahl der Patienten nahm hingegen seit 1995 um zwölf Prozent zu. Der Anteil der Teilzeitp� egenden stieg von 35 Prozent im Jahr 2000 auf 46 Prozent im Jahr 2008.

■ In 24 der 27 EU-Länder gelten zwölf Jahre Allgemeinbildung als Voraussetzung zur P� egeausbildung, in Deutschland sind es derzeit zehn Jahre.

■ Vier von fünf jungen P� egenden sehen insgesamt gute Entwicklungschancen im Beruf. Fast 40 Prozent denken an ein P� egestudium. Peter Dietrich

IMPRESSUM FÜR DIESE EINHEFTUNG Herausgeber: Evangelisch-methodistische Diakoniewerke (EmD) · Redaktion: Pastor Frank Eibisch, Direktor des Evangelisch-methodistischen Diakoniewerks Bethanien e.V., Zeisigwaldstraße 101, 09130 Chemnitz, Telefon 0731 430 1000, E-Mail: [email protected] • Peter Dietrich, Freier Journalist, E-Mail: [email protected] • Fotos: Archiv Agaplesion Bethesda Krankenhaus Stuttgart (19/20/21ur), Marcus von Amsberg (19ul), Bernd Lammel (19ol), Michael Veihelmann (20), privat

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21

Im November 2003 haben wir mit drei Bewohnern das Ambulant Be-treute Wohnen im Jakob-Albrecht-

Haus in Pfullingen begonnen. Die Arbeit entwickelte sich aus der Notwendigkeit weiterer Un-terkünfte nach der Adap-tionsbehandlung in Ebhau-sen. Die Kostenzusagen der Rentenversicherungsträger für die Adaption liefen aus, doch die Zeit war viel zu kurz, um eine berufliche und soziale Eingliederung der Klienten in einem Zeitrahmen von drei bis vier Monaten zu schaffen. So entstand der Bedarf für weitere Plätze im Ambulant Be-treuten Wohnen. Die ersten drei Bewohner kamen aus der Adaption Eb-hausen – sie waren ohne Arbeitsstelle und auch ohne eigene Wohnung. So fingen wir langsam an, eine Struktur für die Arbeit zu entwickeln. Fest stand von Anfang an, dass verpflich-tend einmal wöchentlich ein Einzelge-spräch mit den Mitarbeitenden statt-findet und auch die Teilnahme an ei-nem Gruppengespräch. Aus der EmK-

Gemeinde in Pfullingen bildete sich ein Betreuerkreis, der es sich zur Auf-gabe machte, regelmäßige Kontakte

zu den Bewohnern zu pflegen. Samstags alle zwei Wochen

werden die Bewohner zum Brunch eingeladen. Manch guter Kontakt und man-che Hilfestellung hat sich daraus ergeben. Inzwischen hat sich die Ar-

beit hoch professionalisiert. Wir sind eingebunden in das

Suchthilfenetzwerk in Reutlingen und werden finanziert nach SGB XII § 53 Eingliederungshilfe durch die zustän-digen Landratsämter.

56 Bewohner wurden seit 2003 aus dem Ambulant Be-treuten Wohnen im Jakob-Albrecht-Haus entlassen (37 regulär und 19 irregu-lär). Aktuell leben 11 Bewoh-ner im Jakob-Albrecht-Haus, darunter eine Bewohnerin mit ihrem elfjährigen Sohn. Alle Bewoh-ner waren bei der Aufnahme zunächst arbeitslos.

Die Wiedereingliederung in das Ar-beitsleben in irgendeiner Form ist we-sentliches Ziel und Bestandteil der Hilfeleistung im Ambulant Betreuten Wohnen. Es ist der strukturierte Ta-gesrhythmus, das Empfinden von »Wert« und »Bedeutung«, das sich nicht nur in unserer Gesellschaft, son-dern auch tief verwurzelt in jedem einzelnen Menschen in wesentlichen Anteilen über das (schöpferische) Tä-tigsein definiert. Ebenso schlicht das Verdienen des eigenen Einkommens, was den Anteil der Arbeit auch im Leben eines suchtkranken Menschen so wichtig macht.

In Bezug auf Arbeit kommen einige Bewohner schnell

an ihre Leistungsgrenzen, wenn es denn gelungen ist, einen Arbeitsplatz zu finden. Die Leistungsan-

forderungen sind hoch. Ni-schenarbeitsplätze, die eine individuelle Anpassung an die

Möglichkeiten des einzelnen Arbeit-nehmers zulassen, gibt es kaum noch. Für einige dieser Personen ist die

Die Arbeit im Jakob-Albrecht-HausAcht Jahre Ambulant Betreutes Wohnen in Pfullingen

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Freunde!

unser Ambulant Betreutes Wohnen (ABW) mit 42 Plätzen ist neben der Therapieeinrichtung in Ebhausen eine sehr erfolgreiche Arbeit zur Wiederein-gliederung suchtkranker Menschen. Langzeitarbeitslose finden trotz man-cherlei Rückschlägen wieder eine Pers-pektive, Arbeit und Wohnung oder eine

andere Teil-habemöglich-keit. Da unser Jahresfest diesmal am 1. Juli in Pfullingen sein wird, beschäftigt sich unser Rundbrief schwerpunkmäßig mit der Arbeit im Ja-kob-Albrecht-Haus in Pfullingen. In die Außenwohngruppen (AWG) fließt ein wesentlicher Teil Ihrer Spenden und wir möchten mit unterschiedlichen Beiträ-gen zeigen, wie wichtig die längere Zeit der Betreuung für viele Bewohner ist. In sechs AWGs an verschiedenen Orten arbeiten zwei Sozialpädagogen und Herr Link.

Außerdem helfen elf

ehrenamt liche Mitarbeitende aus ver-

schiedenen EmK-Gemeinden mit Gesprächen, in der Freizeitgestal-tung und manchem anderen seit vielen Jahren regelmäßig mit. Für alles Begleiten, Finanzieren und Beten möchten wir uns bei Ihnen bedanken. Mit herzlichen Grüßen

Kurt Wegenast und Herbert Link

L E B E N S Z E N T R U M E B H A U S E N 21

Margit Asmus

Winfried Schwab

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2220 Helfen und Heilen EMK-DIAKONIE: WIR MELDEN UNS ZU WORT

Weil sein Opa dort an der Hüfte ope-riert wurde, bekam der 20-jährige Benjamin Demmler Kontakt zu den Zeisigwaldkliniken Bethanien Chem-nitz. Weil er nach der Schule etwas an-deres sehen wollte, bewarb er sich dort als Zivildienstleistender. Weil der Zivildienst inzwischen abgeschafft war, wurde er statt Zivi eben Bufdi.Seit Oktober 2011 ist er im Bundesfrei-willigendienst in den Zeisigwaldklini-ken Bethanien Chemnitz tätig, derzeit als einer von sechs Bufdis – bei neun möglichen Stellen. »Das habe ich noch nie gesehen. Man lernt alles Schritt

für Schritt«, sagt er. »Sobald man weiß, wie man hingreifen kann, macht es echt Spaß, auch wenn es anstren-gend ist.« Demmlers Arbeitstag be-ginnt um 6.45 Uhr. Er sah bei Operati-onen zu und merkte, dass die Darstellung im Fernsehen nichts mit der Realität zu tun hat. Er lernte, die OP-Tische und Patienten vorzuberei-ten. Er bringt Instrumente weg, holt das Frühstück und wechselt die Wä-schesäcke. Nach der Operation fährt er die Patienten hinaus und bringt sie zurück. Mit dem Transportband umzu-gehen, empfand er anfangs als gar nicht so einfach. Im ersten Monat kam er sich manchmal komisch vor, doch das ist vorbei. »Ich versuche, mein Bestes zu geben, fühle mich als voll-

wertiger Mitarbeiter, fühle mich von den anderen anerkannt. Je länger ich da war, desto besser wurde es, das hätte ich nicht gedacht.«Benjamin Demmler hat das Bufdi-Da-sein bereits an Freunde weiteremp-fohlen. »Bei mir hat es genau das ge-troffen, was ich machen und sehen wollte.« Freunde und Familie zeigen reges Interesse an seinen Erfahrun-gen: »Man erzählt von den schwieri-gen Fällen.« Wenn Demmler beim Fuß-ball Blessuren davonträgt, ist er froh, immer einen Arzt fragen zu können. Die Vergütung sei niedriger als ehe-

Das habe ich noch nie gesehen

mals bei den Zivis, bedauert er. »Aber ich mache es nicht des Geldes wegen. Wenn man zuhause wohnt, geht es.«Einen komplett medizinischen Beruf kann er sich nicht vorstellen, denn »ich kann nicht unbedingt alles se-hen«. Aber die Arbeit mit dem menschlichen Körper sehr wohl, viel-leicht im Fitness- und Sportbereich, kombiniert mit seinem langjährigen Berufsziel als Lehrer. Falls es mit dem Studium nicht gleich klappt, will Demmler seine Zeit als Bufdi vielleicht verlängern.Egal wann, er wird die Zeisigwald -kli niken Bethanien Chemnitz mit wertvollen Erfahrungen verlassen. Andere nutzen nach ihrer Zeit als Buf-di oder im Freiwilligen Sozialen Jahr ihre guten Chancen für eine Ausbil-dungsstelle. »Jedes Jahr beginnen ehemalige Freiwilligendienstler bei uns eine Krankenp� egeausbildung«, sagt Pastor Frank Eibisch, Theologi-scher Geschäftsführer bei Bethanien Chemnitz und Direktor des Evange-lisch-methodistischen Diakoniewerks Bethanien. Peter Dietrich

ZAHLEN UND FAKTEN ZUM PFLEGEBERUF■ In den mehr als 2000 deutschen Krankenhäusern arbeiten insgesamt

1,1 Millionen Menschen. ■ In einer Befragung des Instituts für Demoskopie Allensbach im Jahr 2011 genossen

nur Feuerwehrleute noch mehr Vertrauen und Achtung als Ärzte und Krankenp� eger.■ In der P� ege dominieren die Frauen: Im Jahr 2010 waren laut den Zahlen des

Statistischen Bundesamtes 86 Prozent der P� egekräfte im Krankenhaus weiblich. Von 405 000 Altenp� egern waren nur 55 000 männlich.

■ In keinem anderen Berufszweig ist der Altersdurchschnitt so hoch wie in der Krankenp� ege. Für die kommenden Jahre ist ein verstärkter Ersatzbedarf an quali� ziertem Personal zu erwarten.

■ Trotzdem sanken die Ausbildungszahlen für Gesundheits- und Krankenp� egende laut P� ege-Thermometer 2009 von 2000 bis 2008 um zehn Prozent auf 62.486. Anfang 2010 lag die Arbeitslosenquote unter einem Prozent.

■ Von 1996 bis 2008 wurden in der Krankenhausp� ege rund 50 000 Vollkraftstellen abgebaut, das entspricht jeder siebten Stelle. Die Zahl der Patienten nahm hingegen seit 1995 um zwölf Prozent zu. Der Anteil der Teilzeitp� egenden stieg von 35 Prozent im Jahr 2000 auf 46 Prozent im Jahr 2008.

■ In 24 der 27 EU-Länder gelten zwölf Jahre Allgemeinbildung als Voraussetzung zur P� egeausbildung, in Deutschland sind es derzeit zehn Jahre.

■ Vier von fünf jungen P� egenden sehen insgesamt gute Entwicklungschancen im Beruf. Fast 40 Prozent denken an ein P� egestudium. Peter Dietrich

IMPRESSUM FÜR DIESE EINHEFTUNG Herausgeber: Evangelisch-methodistische Diakoniewerke (EmD) · Redaktion: Pastor Frank Eibisch, Direktor des Evangelisch-methodistischen Diakoniewerks Bethanien e.V., Zeisigwaldstraße 101, 09130 Chemnitz, Telefon 0731 430 1000, E-Mail: [email protected] • Peter Dietrich, Freier Journalist, E-Mail: [email protected] • Fotos: Archiv Agaplesion Bethesda Krankenhaus Stuttgart (19/20/21ur), Marcus von Amsberg (19ul), Bernd Lammel (19ol), Michael Veihelmann (20), privat

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22 ::: Lebenszentrum Ebhausen

»Pfullingen liegt im fruchtbarsten Obstgarten, in der lieblichsten, mildesten Gegend«, schrieb im Jahre 1823 der Dichter Gustav Schwab. Auch heute noch ist die Stadt kurz vor dem Albaufstieg eine sehr schö-ne Gegend und genau hier hat das Lebenszentrum Ebhausen einen Standort für die Suchtkrankenhilfe in Form von ambulant betreutem Wohnen geschaffen.

Fast ein Jahr ist nun vergangen, seit ich mich nach einer Langzeit-therapie auf dem Höchsten und der Frauenadaption dazu entschloss, hier im Jakob-Albrecht-Haus mit professioneller Hilfe meinen Neuan-

fang in ein suchtmittelfreies Leben vorzubereiten. Dieser Anfang war na-türlich nicht einfach. Die stetige Um-sorgung, die man in der Therapie noch hat, fällt zum Großteil weg.

Man ist wieder selbst verantwort-lich für alltägliche Arbeiten wie das Führen des Haushalts, einkaufen, sich eine Tagesstruktur aufzubauen. Auch die Kommunikation mit Ämtern und Behörden wird wieder verstärkt not-

wendig. Doch egal was es für Sorgen und Wehwehchen bei der Einge-wöhnung gibt, die Betreuer des Hauses haben immer ein offenes Ohr und bieten in allen Bereichen ihre Hilfe an.

In Einzelgesprächen konnte ich immer wieder herausfinden, wo ich gerade stehe. Mein Gefühlschaos ließ sich ordnen und die Sichtweise mancher Dinge wurde zurechtgerückt. Viele Entscheidungen standen an, z. B. ob ich nach der Zeit in Pfullingen in meinen Heimatort zu-rückgehe, was mit meiner beruflichen Zukunft geschehen soll.

Kaum war ich etwa zwei Wochen da, überschlugen sich auch privat die Ereignisse, denn meine Mutter erkrankte plötzlich an Brustkrebs und mein geschiedener Ehemann beschloss, unseren Sohn einfach so bei mir abzugeben. Es war ein Segen, zu wissen, dass ich nicht alleine dastehe. Alles, was man mir an Hilfe geben konnte, wurde ermöglicht. Mein Sohn und ich konnten die große Wohnung beziehen. Ich war regelmäßig im Gespräch mit meiner Betreuerin Frau Asmus. Sie gab mir Mut und Kraft, nicht aufzugeben.

Das Jakob-Albrecht-Haus Arbeit in einer Werkstatt für behinder-te Menschen die einzige Möglichkeit, am Arbeitsleben teilzuhaben.

Meist ist es für die Bewohner sehr schwierig und ein langer mühsamer Weg, nach vielen

Jahren von Suchtmittelkonsum mit all den psychischen und körperlichen Aus-wirkungen auf die Gesundheit, nach oft langjähriger Arbeitslosigkeit, zer-störten Beziehungen und angehäuf-ten Schulden sich wieder ganz konkret mit all diesen Dingen zu konfrontie-ren. Es ist hart, sich dennoch zu moti-vieren, den Weg der kleinen Schritte zu gehen und sich das Leben wieder neu aufzubauen.

In diesen Entwicklungsprozessen (im privaten und im beruflichen Be-reich) drängt sich bei vielen Bewoh-nern immer wieder die Suchterkran-kung in den Vordergrund und damit die Versuchung, Probleme mit Alkohol lösen zu wollen. Es gibt Rückfälle in das »alte«, süchtige Verhalten. In vie-len Fällen kann diese alte Problemlö-sungsstrategie aufgearbeitet und po-sitiv genutzt werden, um neue Verhal-tensmuster einzuüben.

Die meisten Bewohner erleben die-ses Hilfsangebot »Ambulant betreutes Wohnen« in seiner Gesamtheit als gro-ße Chance, sich stabilisieren zu kön-nen und ihr Leben neu zu gestalten.

Margit Asmus und Winfried Schwab

Gelungene WiedereingliederungDie Geschichte eines ehemaligen Bewohners: Herr S., geboren in Reutlingen, kam über die Adaption in das Betreute Wohnen nach Pfullingen. Einstmals hatte er eine feste Anstellung über viele Jahre bei der Bahn. In einer Lebenskrise kam sein Leben ins Wanken. Er griff zum Alkohol. Als er keine Lösung für sich mehr sah, stieg er aus, lebte mehrere Jahre obdachlos in Esslingen unter der Brücke. Er kam ins Jakob-Albrecht-Haus. Zwei Arbeitsversuche scheiterten. Die Kostenzusage vom Landratsamt war längst abgelaufen, doch Dank unseres Spenderkreises konnte der Bewohner länger bleiben und betreut werden. Der dritte Arbeitsver-such war erfolgreich. Seit etwa fünf Jahren arbeitet der ehemalige Bewohner in einer Firma in Pfullingen. Er hat inzwischen eine eigene Wohnung und kann sich ein eigenes Auto leisten. Er hält weiterhin Kontakt und berichtet uns immer wieder, wie gut es ihm ginge. Sein Leben kann er ohne Alkohol leben.

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23Lebenszentrum Ebhausen :::

Inzwischen, fast ein Jahr später, sehe ich diese für mich harte Anfangszeit als eine Art Prüfung an. Und – ich habe sie bestanden! Ich bin nicht rückfällig geworden. Habe nicht versucht, all meinen seeli-schen Schmerz und die widrigen Umstände im Alkohol zu ertränken. In den Jahren zuvor hatte sich der Alkohol zu meinem Freund und Hel-fer in allen Notlagen gemacht. Und da gab es viele.

Gewalttätige, abhängige Beziehungen, immer wieder Streit und Demütigungen von Seiten meines Ex-Mannes, mein Sohn, der mich beanspruchte und schließlich auch die Arbeit im Kindergarten. Ich war in einem Strudel von Überforderungen gefangen und konnte al-leine nicht mehr da raus.

Heute, hier und jetzt mag ich behaupten, über die schlimmste Zeit hinweg zu sein. Die Krankheit meiner Mutter konnte erfolgreich be-handelt werden und meinem Sohn geht es jetzt auch gut. Er fühlt sich in der neuen Schule wohl und hat viele Freunde gefunden, aber vor allem hat er jetzt wieder eine Mutter, auf die er sich verlassen kann, die ihre Probleme angeht und nicht mehr herunterschluckt.

Die wöchentliche Gruppe im Haus hat mir dabei geholfen zu sagen, was ich denke und fühle, was mir gefällt oder auch nicht, zu mir selbst zu stehen und mich nicht von anderen abhängig zu machen, meiner Intuition zu vertrauen und nicht immer nur meine Schwächen zu sehen. Natürlich ist nicht immer alles rosarot und himmelblau, es gibt schwere, trübe Tage, die depressiven Phasen melden sich immer noch zu Wort, doch ich habe gelernt zu sprechen, gelernt offen zu sein.

Und wenn ich manchmal ungeduldig bin und mir alles nicht schnell genug geht, dann lese ich einen Kalenderspruch, ein einzelnes Zettel-chen, das ich beim Stöbern und Aufräumen im Keller des Hauses gefunden habe:

»Siehst Du nicht, wie die Krone der Geduldüber Dir leuchtet,während Du meinst, all Dein Kämpfen sei umsonst?Harre aus – und sie wird Dein.«

Ich bin allen dankbar, die mich auf diesem beschwerlichen Weg be-gleitet haben, die geduldig zugehört, beraten und mir immer wieder Mut gemacht haben. Dankbar denen, die sich ohne Vorbehalte um uns Suchtkranke kümmern, auch in Pfullingen. Denen, die uns jeden zwei-ten Samstag besuchen, mit uns frühstücken und jederzeit ihre Hilfe anbieten. Jedes gutgemeinte Wort, jeder wohlwollende Blick, jeder wertschätzende Augenblick mit anderen Menschen hilft uns immer wieder, einen kleinen Schritt zu gehen und ins abstinente Leben zurückzukehren. M. S.

Das Jakob-Albrecht-Haus Ehrenamtliche Mitarbeit im Jakob-Albrecht-Haus

Es ist immer wieder bewundernswert, mit welcher Energie die Bewohner des JAH gegen ihre alten Suchtgewohn-heiten kämpfen.

Vielleicht kann dazu auch unser Betreuerkreis ein wenig beitragen. Dieser Kreis entstand, nachdem das Lebenszentrum Ebhausen im Jakob-Albrecht-Haus Wohnungen für Sucht-kranke eingerichtet hatte.

Wir verstehen uns als Gesprächs-partner, die sich beim 14-täglichen Brunch mit der Bewohnergruppe tref-fen. Wir tauschen uns in der Gruppe oder in Einzelgesprächen über alltäg-liche Fragen wie Ausbildung, Glaube, Kultur, Sport ..., aus. Wir hören zu und erzählen aber auch von eigenen Er-fahrungen.

Auf diese Weise lernen wir uns ken-nen. Den Bewohner fällt es dann leichter uns anzusprechen, wenn Fra-gen und Probleme auftauchen.

Zur Zeit besteht der Betreuerkreis aus vier Ehepaaren, von denen zwei zum EmK-Bezirk Pfullingen gehören. Wir haben im Laufe der Jahre gelernt, wie wichtig es für die Bewohner des JAH ist, nach der Therapie wieder zu einem selbstbestimmten Leben zu ge-langen. Wir freuen uns, wenn wir bei diesem Prozess dabei sein können. Wichtig ist dabei auch die vertrauens-volle Zusammenarbeit mit den Thera-peuten vom Jakob-Albrecht-Haus.

Roswitha und Karl Ziefle

Herzliche Einladung zum Jahresfest am Sonntag, 1. Juli 2012 im Jakob-Albrecht-Haus10.00 Uhr Gottesdienst in der EmK Pfullingen

Wolfgangstraße 2, 72793 Pfullingen Predigt: Pastor Ulrich Jahreiß i. R.

12.00 Uhr Mittagessen im Jakob-Albrecht-Haus Gwand vor dem Ahlsberg 1, Pfullingen

13.30 Uhr Ehrungen ehemaliger Bewohner14.00 Uhr verschiedene Angebote rund um das

Jakob-Albrecht-Haus

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22 ::: Lebenszentrum Ebhausen

»Pfullingen liegt im fruchtbarsten Obstgarten, in der lieblichsten, mildesten Gegend«, schrieb im Jahre 1823 der Dichter Gustav Schwab. Auch heute noch ist die Stadt kurz vor dem Albaufstieg eine sehr schö-ne Gegend und genau hier hat das Lebenszentrum Ebhausen einen Standort für die Suchtkrankenhilfe in Form von ambulant betreutem Wohnen geschaffen.

Fast ein Jahr ist nun vergangen, seit ich mich nach einer Langzeit-therapie auf dem Höchsten und der Frauenadaption dazu entschloss, hier im Jakob-Albrecht-Haus mit professioneller Hilfe meinen Neuan-

fang in ein suchtmittelfreies Leben vorzubereiten. Dieser Anfang war na-türlich nicht einfach. Die stetige Um-sorgung, die man in der Therapie noch hat, fällt zum Großteil weg.

Man ist wieder selbst verantwort-lich für alltägliche Arbeiten wie das Führen des Haushalts, einkaufen, sich eine Tagesstruktur aufzubauen. Auch die Kommunikation mit Ämtern und Behörden wird wieder verstärkt not-

wendig. Doch egal was es für Sorgen und Wehwehchen bei der Einge-wöhnung gibt, die Betreuer des Hauses haben immer ein offenes Ohr und bieten in allen Bereichen ihre Hilfe an.

In Einzelgesprächen konnte ich immer wieder herausfinden, wo ich gerade stehe. Mein Gefühlschaos ließ sich ordnen und die Sichtweise mancher Dinge wurde zurechtgerückt. Viele Entscheidungen standen an, z. B. ob ich nach der Zeit in Pfullingen in meinen Heimatort zu-rückgehe, was mit meiner beruflichen Zukunft geschehen soll.

Kaum war ich etwa zwei Wochen da, überschlugen sich auch privat die Ereignisse, denn meine Mutter erkrankte plötzlich an Brustkrebs und mein geschiedener Ehemann beschloss, unseren Sohn einfach so bei mir abzugeben. Es war ein Segen, zu wissen, dass ich nicht alleine dastehe. Alles, was man mir an Hilfe geben konnte, wurde ermöglicht. Mein Sohn und ich konnten die große Wohnung beziehen. Ich war regelmäßig im Gespräch mit meiner Betreuerin Frau Asmus. Sie gab mir Mut und Kraft, nicht aufzugeben.

Das Jakob-Albrecht-Haus Arbeit in einer Werkstatt für behinder-te Menschen die einzige Möglichkeit, am Arbeitsleben teilzuhaben.

Meist ist es für die Bewohner sehr schwierig und ein langer mühsamer Weg, nach vielen

Jahren von Suchtmittelkonsum mit all den psychischen und körperlichen Aus-wirkungen auf die Gesundheit, nach oft langjähriger Arbeitslosigkeit, zer-störten Beziehungen und angehäuf-ten Schulden sich wieder ganz konkret mit all diesen Dingen zu konfrontie-ren. Es ist hart, sich dennoch zu moti-vieren, den Weg der kleinen Schritte zu gehen und sich das Leben wieder neu aufzubauen.

In diesen Entwicklungsprozessen (im privaten und im beruflichen Be-reich) drängt sich bei vielen Bewoh-nern immer wieder die Suchterkran-kung in den Vordergrund und damit die Versuchung, Probleme mit Alkohol lösen zu wollen. Es gibt Rückfälle in das »alte«, süchtige Verhalten. In vie-len Fällen kann diese alte Problemlö-sungsstrategie aufgearbeitet und po-sitiv genutzt werden, um neue Verhal-tensmuster einzuüben.

Die meisten Bewohner erleben die-ses Hilfsangebot »Ambulant betreutes Wohnen« in seiner Gesamtheit als gro-ße Chance, sich stabilisieren zu kön-nen und ihr Leben neu zu gestalten.

Margit Asmus und Winfried Schwab

Gelungene WiedereingliederungDie Geschichte eines ehemaligen Bewohners: Herr S., geboren in Reutlingen, kam über die Adaption in das Betreute Wohnen nach Pfullingen. Einstmals hatte er eine feste Anstellung über viele Jahre bei der Bahn. In einer Lebenskrise kam sein Leben ins Wanken. Er griff zum Alkohol. Als er keine Lösung für sich mehr sah, stieg er aus, lebte mehrere Jahre obdachlos in Esslingen unter der Brücke. Er kam ins Jakob-Albrecht-Haus. Zwei Arbeitsversuche scheiterten. Die Kostenzusage vom Landratsamt war längst abgelaufen, doch Dank unseres Spenderkreises konnte der Bewohner länger bleiben und betreut werden. Der dritte Arbeitsver-such war erfolgreich. Seit etwa fünf Jahren arbeitet der ehemalige Bewohner in einer Firma in Pfullingen. Er hat inzwischen eine eigene Wohnung und kann sich ein eigenes Auto leisten. Er hält weiterhin Kontakt und berichtet uns immer wieder, wie gut es ihm ginge. Sein Leben kann er ohne Alkohol leben.

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24 ::: Lebenszentrum Ebhausen

Herzlichen Dank

Als Gründungsmitglied war Traugott Kurtz von 1984 an im Lebenszentrum Ebhausen e. V. mit dabei. Bei der zu-rückliegenden Mitgliederversammlung wurde er nun nach 28 Jahren aktiven Mittragens und Mitgestaltens aus der Arbeit des LZE verabschiedet.

Mit hoher Fachkompetenz hat er als Mitglied des Vorstandes die beachtliche Entwicklung unserer Einrich tung(en) begleitet und mitgeprägt. Die finanziel-len und wirtschaftlichen Aspekte fest im Griff, hat er nie den Blick für die Menschen verloren. Sich der hohen Ver-antwortung für nachhaltiges Wirtschaf-ten und der Verpflichtung unseren Spenderinnen und Spendern gegen-über stets bewusst, war er jedoch im-mer offen für Innovationen und bereit zu notwendigen Investitionen. Mit größter Sorgfalt und mit leidenschaftli-chem Herzen hat Traugott Kurtz trotz seiner vielen anderen Aufgaben in un-serer Kirche viel Kraft und Zeit in seine Mitarbeit im LZE eingebracht, zuletzt auch bei angeschlagener Gesundheit. Entscheidender Antrieb für seinen Ein-satz war immer die tiefe Überzeugung, dass Gottes Liebe unterschiedslos je-dem Menschen gilt und sie die entschei-dende Kraftquelle ist für ein selbstbe-stimmtes Leben ohne Suchtmittel.

Für dieses außerordentliche ehren-amtliche Engagement sagen wir als Le-benszentrum ein ganz herzliches Dan-keschön! In diesen Dank schließen wir auch Frau Kurtz mit ein, die das große Engagement ihres Mannes stets mitge-tragen hat. Für den »LZE-Ruhestand« wünschen wir von Herzen Gottes Segen!Harald Rückert, Vorsitzender des Vereins

Draußen vor der TürBei der Aufgabe, ein Schmuddeleck am Verwaltungsgebäude in ein Stück blühenden Garten zu verwandeln, fühlte ich mich zunächst nicht nur körperlich überfordert. Als ich meine Bedenken äußerte, riet man mir, es ruhig angehen zu lassen. Eine alte Tür war zu entsor-gen, nein, nicht mit mir! Eine Seite rot, die andere blau gestrichen (drinnen und draußen), zwischen zwei Pfosten gehängt und das gan-ze »draußen vor der Tür« genannt, frei nach Borchert. Ich hatte wäh-rend des Entstehungsprozesses viele interessante Gedanken und Gespräche, die mir geholfen haben, mich aus einem emotionalen Tief zu befreien. Klaus Bischoff

Und wenn das Kleine …Kunst hat mich schon immer fasziniert. Ich habe jahrelang mit Holz gearbeitet und meine Produkte auf Weihnachtsmärkten verkauft.

In der Kunsttherapie in Birkenbuck hatte ich die Möglichkeit, mit Ton zu arbeiten. Ich hatte die Idee, Objekte von Giacometti zu kopie-ren, um dessen Arbeitsweise kennen zu lernen. Dabei geht es darum, eine Metallstruktur mit Gips oder Ton zu kombinieren. Die Drahtkons-truktion meines ersten Objekts gefiel meinem Therapeuten und er riet mir, es nicht weiter mit Ton zu bearbeiten, sondern es zu lassen, wie es war. Daraufhin habe ich weitere Objekte mit Draht geschaffen (Spin-ne, Ameise, Hirschkäfer, etc.). Ich denke, dass man alles mit Draht darstellen kann, egal ob lebendig oder materiell. Die Arbeit mit diesem Material (Draht) gibt mir sehr viel Zufriedenheit. Fabrice

Künstler aus dem LZEIm Rahmen der Landesgartenschau in Nagold wurden an die Bevölke-rung 10.000 Holzpfosten ausge-geben. Jeder konnte einen »Kunst-leitpfosten« nach seinen Vorstel-lungen gestalten, die rund um die Gartenschau aufgestellt wurden. Auch das LZE hat sich an dieser künstlerlischen Aktion beteiligt.

IMPRESSUM FÜR DIESE EINHEFTUNGHerausgeber: Lebenszentrum Ebhausen e.V. • Verantwortlich: Pastor Kurt Wegenast • Anschrift: Carl-Schickhardt-Straße 27, 72224 Ebhausen, Telefon (0 74 58) 99 92-0 Fax (0 74 58) 99 92-22, E-Mail: [email protected] • Internet: www.emk.de/lebenszentrumSpendenkonto: Evangelische Kreditgenossenschaft Kassel (BLZ 520 604 10), Konto-Nr. 100 417 092 • Fotos: Lebenszentrum Ebhausen e.V.

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25Meine Meinung :::::: im interview

Der MaßstabAls Praktikant habe ich den Satz zu hören bekommen: »Jedes lied, das älter ist als 50 Jahre, ist Mist und gehört nicht mehr gesungen.« Das war ernst gemeint – und ich war nachhaltig getroffen. lieder drücken Glaubenserfahrungen aus. Da gibt es kein Verfallsdatum. Die Bibel ist schließlich auch älter als 50 Jahre. Vor ungefähr zehn Jahren kam nach dem Gottesdienst der organist zu mir und sagte: »Dieser Begleitsatz ist unerträglicher musikalischer Dilettantismus. Den musste ich abändern.« Heraus kam dann ein Choralsatz in Moll für »Ich bin durch die Welt gegangen«. Mir hatte die Abänderung weh getan. Alles Gefühlvolle war aus diesem lied verschwunden. Der eine wollte nur modernes liedgut haben, der andere kompromisslos zurück. Beiden gemeinsam war die Überzeugung: »Was ich will, ist richtig und alle anderen haben mir zu folgen!« Ich halte nichts von solchen musikalischen richtungskämpfen. Sie sind lieblos und verletzend. Sie dienen ganz sicher nicht dem lob Gottes. leider kommen sie immer wieder vor und werden vehement geführt. Wer seine Meinung so absolut setzt und sich selbst für das Maß aller Dinge hält, der stiftet Unfrieden. Die Achtung vor den Wünschen und Bedürfnissen anderer Menschen in der Gemeinde gehört zur Nachfolge Jesu dazu. Es geht darum, einen gemeinsamen Weg zu finden, der Vielen gerecht wird. Dabei werde ich Kompromisse schließen müssen. letztendlich muss es um das lob Gottes gehen, nicht darum, meinen Musikstil jemandem überzustülpen.

ANDrEAS JAHrEISSist Pastor im Bezirk Schweinfurt/Würzburg.

Was meinen Sie?Diskutieren Sie mit!

www.board.emk.de

In der »Wetten, dass ..?«-Sendung vom 4. Dezember 2010 stürzt der damals 23-jährige Samuel Koch schwer, als er mit Sprungstelzen über ein fahrendes Auto springt. Seitdem ist er vom Hals abwärts gelähmt. Zusammen mit dem Autor Christoph Fasel hat er seine Autobiografie geschrieben. Volker Kiemle hat mit ihm gesprochen.

Was fasziniert Sie an Samuel Koch?chriSToPh fASel: In der Öffentlichkeit weiß man ja nicht viel über Samuel Koch. Wenn man ihn näher kennenlernt, erlebt man eine er-staunliche Fülle von Lebensfreude, Tatkraft und Menschlichkeit. Das beeindruckt mich sehr.

Haben Sie bei der Arbeit mit Samuel Koch auch Mitleid empfunden?chriSToPh fASel: Das ist das Verrückte: Mitleid habe ich gar nicht empfinden müssen. Samuel Koch ist ein starker Mensch, der auch in den schwierigsten Situationen immer wieder Kraft zum Leben findet. Wir haben sogar sehr viel gelacht, während wir das Buch geschrieben haben – wehmütig über das, was er verloren hat, aber auch dankbar über das, was er Schönes erlebt hat in der Zeit vor und nach dem Un-fall. Er hat ein lustiges und wildes Leben geführt, geprägt von Sport und Bewegung.

Was haben Sie in den Begegnungen gelernt?chriSToPh fASel: Ich bewundere, wie er mit diesem persönlichen Su-per-Gau umgeht und versucht, fertig zu werden. Das ist er sicherlich noch lange nicht. Aber seit der Begegnung mit Samuel weiß ich, dass das, was ich früher als Probleme gesehen habe, nun wirklich keine sind.

Was erwartet die Leser?chriSToPh fASel: Das Buch ist ein radikal ehrliches Selbstzeugnis eines jungen Mannes, der mit 23 Jahren auf dem Tiefpunkt seines Lebens angekommen ist und der dennoch nicht aufgibt. Es zeigt uns, warum Samuel nicht aufgibt und was ihm geholfen hat, zu überleben. Das Buch ist – auch wenn es seltsam klingt – eine Liebeserklärung an das Leben.

BUCHtIPP

n Christoph fasel: Samuel Koch – zwei leben. Adeo-Verlag, Asslar 2012, 17,99 Euro. ISBN: 978-394-220-853-6 Es kann bei Blessings 4 you bestellt werden: 0711 83000-0.

Dr. christoph fasel ist Journalist, Medienentwickler und Coach und leitet als Professor für Medien und Kommunikationsmanagement das Institut für Verbraucherjournalismus in Calw. Unter anderem war er redakteur bei »Eltern«, reporter des »Stern« und Chefredakteur des deutschen und österreichischen »reader‘s Digest«. Er arbeitet als Autor für zahlreiche Zeitungen und Zeitschriften und lehrt unter anderem in tübingen, Hamburg, München und Innsbruck.

Samuel Kochs liebes-erklärung an das leben

24 ::: Lebenszentrum Ebhausen

Herzlichen Dank

Als Gründungsmitglied war Traugott Kurtz von 1984 an im Lebenszentrum Ebhausen e. V. mit dabei. Bei der zu-rückliegenden Mitgliederversammlung wurde er nun nach 28 Jahren aktiven Mittragens und Mitgestaltens aus der Arbeit des LZE verabschiedet.

Mit hoher Fachkompetenz hat er als Mitglied des Vorstandes die beachtliche Entwicklung unserer Einrich tung(en) begleitet und mitgeprägt. Die finanziel-len und wirtschaftlichen Aspekte fest im Griff, hat er nie den Blick für die Menschen verloren. Sich der hohen Ver-antwortung für nachhaltiges Wirtschaf-ten und der Verpflichtung unseren Spenderinnen und Spendern gegen-über stets bewusst, war er jedoch im-mer offen für Innovationen und bereit zu notwendigen Investitionen. Mit größter Sorgfalt und mit leidenschaftli-chem Herzen hat Traugott Kurtz trotz seiner vielen anderen Aufgaben in un-serer Kirche viel Kraft und Zeit in seine Mitarbeit im LZE eingebracht, zuletzt auch bei angeschlagener Gesundheit. Entscheidender Antrieb für seinen Ein-satz war immer die tiefe Überzeugung, dass Gottes Liebe unterschiedslos je-dem Menschen gilt und sie die entschei-dende Kraftquelle ist für ein selbstbe-stimmtes Leben ohne Suchtmittel.

Für dieses außerordentliche ehren-amtliche Engagement sagen wir als Le-benszentrum ein ganz herzliches Dan-keschön! In diesen Dank schließen wir auch Frau Kurtz mit ein, die das große Engagement ihres Mannes stets mitge-tragen hat. Für den »LZE-Ruhestand« wünschen wir von Herzen Gottes Segen!Harald Rückert, Vorsitzender des Vereins

Draußen vor der TürBei der Aufgabe, ein Schmuddeleck am Verwaltungsgebäude in ein Stück blühenden Garten zu verwandeln, fühlte ich mich zunächst nicht nur körperlich überfordert. Als ich meine Bedenken äußerte, riet man mir, es ruhig angehen zu lassen. Eine alte Tür war zu entsor-gen, nein, nicht mit mir! Eine Seite rot, die andere blau gestrichen (drinnen und draußen), zwischen zwei Pfosten gehängt und das gan-ze »draußen vor der Tür« genannt, frei nach Borchert. Ich hatte wäh-rend des Entstehungsprozesses viele interessante Gedanken und Gespräche, die mir geholfen haben, mich aus einem emotionalen Tief zu befreien. Klaus Bischoff

Und wenn das Kleine …Kunst hat mich schon immer fasziniert. Ich habe jahrelang mit Holz gearbeitet und meine Produkte auf Weihnachtsmärkten verkauft.

In der Kunsttherapie in Birkenbuck hatte ich die Möglichkeit, mit Ton zu arbeiten. Ich hatte die Idee, Objekte von Giacometti zu kopie-ren, um dessen Arbeitsweise kennen zu lernen. Dabei geht es darum, eine Metallstruktur mit Gips oder Ton zu kombinieren. Die Drahtkons-truktion meines ersten Objekts gefiel meinem Therapeuten und er riet mir, es nicht weiter mit Ton zu bearbeiten, sondern es zu lassen, wie es war. Daraufhin habe ich weitere Objekte mit Draht geschaffen (Spin-ne, Ameise, Hirschkäfer, etc.). Ich denke, dass man alles mit Draht darstellen kann, egal ob lebendig oder materiell. Die Arbeit mit diesem Material (Draht) gibt mir sehr viel Zufriedenheit. Fabrice

Künstler aus dem LZEIm Rahmen der Landesgartenschau in Nagold wurden an die Bevölke-rung 10.000 Holzpfosten ausge-geben. Jeder konnte einen »Kunst-leitpfosten« nach seinen Vorstel-lungen gestalten, die rund um die Gartenschau aufgestellt wurden. Auch das LZE hat sich an dieser künstlerlischen Aktion beteiligt.

IMPRESSUM FÜR DIESE EINHEFTUNGHerausgeber: Lebenszentrum Ebhausen e.V. • Verantwortlich: Pastor Kurt Wegenast • Anschrift: Carl-Schickhardt-Straße 27, 72224 Ebhausen, Telefon (0 74 58) 99 92-0 Fax (0 74 58) 99 92-22, E-Mail: [email protected] • Internet: www.emk.de/lebenszentrumSpendenkonto: Evangelische Kreditgenossenschaft Kassel (BLZ 520 604 10), Konto-Nr. 100 417 092 • Fotos: Lebenszentrum Ebhausen e.V.

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unterwegsHerausgegeben von derEvangelisch-methodistischenKirche in DeutschlandLudolfusstraße 2-460487 Frankfurt am MainZeitschriftenredaktionim Medienwerk der EmK:Redaktionsleiter Volker Kiemle Stellvertretender Redaktionsleiter Michael Putzke Ludolfusstraße 2-460487 Frankfurt am MainTelefon 069 242521-150Telefax 069 242521-159E-Mail: [email protected] • Anzeigen- undAbonnementsverwaltung:Blessings 4 you GmbHPostfach 31 11 41 · 70471 StuttgartTelefon 0711 83000-51 Telefax -50Anzeigendisposition:E-Mail: [email protected] gilt der Anzeigentarif 2011.Bezugspreise:Bei Bezug über die EmK-Gemeinde:im Quartal € 13,75. Bei Direktlieferung durch die Post: jährlich € 55,– + Versandkosten.Direkt gelieferte Abonnements verlängern sich jeweils um ein Jahr, wenn bis zum 30. September keine schriftliche Kündigung vorliegt. DTP-Produktion: Grafisches Atelier Arnold, 72581 Dettingen an der ErmsHerstellung: frechdruck GmbH, 70499 Stuttgart

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Nach zehn Stunden Flug erreichten wir den internationalen Flughafen von Seoul in Korea. Direkt hinter der Sperre wur-den wir herzlich begrüßt. Pastor Hong

und mehrere seiner Co-Pastoren holten uns mit dem gemeindeeigenen Bus vom Flughafen ab. Aber es wa-ren auch acht Vorstandsmitglieder der Methodisti-schen Kirche von Bupyeong dabei, in deren Gästehaus wir die nächsten sechs Tage zu Gast waren. Nur zur Begrüßung waren sie mitgekommen. Für sie gab es nichts zu tun, außer uns willkommen zu heißen. Doch dafür hatten sie sich Urlaub genommen.

Und so ging es in den nächsten Tagen weiter. Nichts hat mich in Korea mehr beeindruckt als die Gast-freundschaft. Kein Wunsch war zu abwegig, kein Klimmzug zu schwer – Hauptsache wir als Gäste fühl-ten uns wohl. Und diese Haltung war nicht nur Teil ihrer Kultur, sondern vor allem ihres Glaubens. Es war ihnen ein großes Anliegen, auf diese Weise etwas von der überschwänglichen Liebe Gottes weiterzugeben.

Vor vier Wochen erhielten wir als Gemeinde die An-frage, ob wir bereit wären, einmal in der Woche einen Chor zu beherbergen. Die Anfrage kam eigentümlich zaghaft. Vor einem Jahr hätten sie angefangen, mit Leuten Gospel und Lobpreis zu singen, die normaler-weise weder singen noch eine Kirche betreten. In der Zeitung wurden sie gefeiert. Doch immer gab es Schwierigkeiten mit der jeweils gastge-benden Gemeinde. Die Sängerinnen und Sänger hatten keine Ahnung, wie man sich in Kirchen verhält, stellten Tische und Stühle um, ohne sie korrekt aufzuräumen, brachten Kinder mit, die irgendwo spielten, während die Mütter sangen

– kurzum: Sie waren keine dem deutschen Kulturpro-testantismus besonders nahestehende Gruppe. Vor meinem inneren Auge sah ich Eugenia, Leopold, Hed-wig und Co. ihrem Buch »Hilfe, die Herdmanns kom-men« entspringen und mit stetig wachsender Zahl un-sere Friedenskirche durcheinanderwirbeln.

Inzwischen singen »die Herdmanns« nun in unserer Kirche. Jeden Freitag. Und sie benutzen alle Räume. So viele haben wir in Bremerhaven ja auch gar nicht. Da-mit es gar keine Frage ist, ob sie hierhergehören, wird das Gospel-Projekt als Kooperation angeboten. So ist es »unser« Chor, der da singt. Und es ist uns ein Anlie-gen, parallel zum Singen eine Kinderstunde anzubie-ten. Ob wir es immer schaffen werden, wissen wir noch nicht. Die Gemeinde ist klein, doch wir wollen es versuchen. Wir frühstücken gemeinsam. Das hätte Je-sus auch so gemacht. Gar keine Frage. Und dass hin-terher geputzt werden muss, ist schon fest eingeplant, es ist bei unseren anderen Gruppen nicht anders.

Was als Raumanfrage begann, ist zu einem richtigen Projekt geworden. Wenn diese Menschen so gut wie noch nichts von Kirche und Glaube mitbekommen ha-ben, dann möchten wir, dass vor allem eins bei ihnen hängenbleibt: Dass sie uns wichtig sind und wir uns über sie freuen. Und Gott freut sich auch.Als wir Korea nach zehn Tagen wieder verließen, stan-den über 100 mit Fähnchen winkende Kinder auf dem Flughafen. Mein erster Gedanke: »Jetzt übertreiben sie aber wirklich!« Doch dann kam die polnische Fußball-nationalmannschaft, die im gleichen Flieger zurück nach Europa flog. Es sind eben nicht immer nur die Christen … www.glaube-am-montag.de

frühstücken mit den HerdmannsWie ist das, wenn plötzlich Menschen vor unseren Kirchentüren stehen, mit denen wir überhaupt nicht gerechnet haben? Die auf den ersten Blick gar nicht zu uns passen? Pastor Christhard Elle hat in seiner Gemeinde in Bremerhaven ermutigende Erfahrungen gemacht.

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