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11. September 2011ISSN 1436-607X

Trotz allem gehalten: Was ein Leben mit Behinderung besonders macht

Magazin der Evangelisch-methodistischen Kirche 19/2011Magazin der Evangelisch-methodistischen Kirche

Hinschauenn Was der »Generation

Wodka« hilft. Seite 11

Eingreifenn Wie »Pro Asyl« seit

25 Jahren wirkt. Seite 12

Lernenn Was einen christlichen

Ashram ausmacht. Seite 19

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unterwegs 19/2011 ::: 11. September 2011

::: Editorial2

kurz gesagt

So ErrEicHEn SiE unS:Redaktion »unterwegs« Telefon 069 242521-150 E-Mail: [email protected]: 0711 83000-0 TI

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Genau beobachtenUnsere Gesellschaft ist im Wandel. Das betrifft natürlich auch die Art und Weise, wie wir mit Menschen umge-hen, die durch Behinderungen einge-schränkt sind. Viel hat sich in den ver-gangenen 40 Jahren verändert. So ist es inzwischen selbstverständlich, dass Kinder mit Behinderungen zusammen mit Kindern ohne Behinderungen un-terrichtet werden. Menschen mit Be-hinderungen haben inzwischen mehr Rechte und können – soweit es eben geht – über ihr Leben selbst entschei-den. Behinderte Menschen werden nicht mehr zuerst an ihren Defiziten, sondern an ihren Möglichkeiten ge-messen. Am augenfälligsten für die Veränderung ist für mich noch immer die Umbenennung der »Aktion Sor-genkind« in die »Aktion Mensch«.Dies alles ist nicht von alleine gekom-men. Engagierte Eltern kämpften und kämpfen einfallsreich und hartnäckig für ihre Kinder. Viele Mitarbeiter in Behinderteneinrichtungen setzten und setzen sich für die ihnen anvertrauten Menschen ein. Große Verbände leiste-ten und leisten Lobbyarbeit, um Politik und Öffentlichkeit  aufzuklären. Angesichts dieser Fortschritte muss es uns alarmieren, dass es immer mehr Untersuchungen gibt, die Behinderun-gen schon im Mutterleib erkennen sol-len (siehe Seiten 6 und 10). Das erhöht langfristig den Druck auf werdende Mütter, ihr krankes Kind erst gar nicht zur Welt zu bringen. Und es schafft ein gesellschaftliches Klima, in dem Behin-derung ein vermeidbares Problem der Eltern wird. Ist das die Gesellschaft, die wir wollen?Ihr Volker Kiemle

MaSSivE EinScHränkungEn müssen die Methodisten auf den Fidschi-Inseln im Südpa-zifik hinnehmen. So hat die Militärregierung bis auf die sonntäglichen Gottesdienste alle Veranstaltungen der Gemeinden und der Kirche verboten. Betroffen ist auch die Jährliche Konferenz, die nun schon das vierte Jahr in Folge untersagt wurde. Die Regierung wirft den Metho-disten politische Aktivitäten vor. Etwa 65 Prozent der rund 900.000 Einwohner Fidschis sind Christen. Die methodistische Kirche ist die größte und einflussreichste der Inselrepublik. Sie ist als einzige der dortigen Kirchen von den Repressalien betrof-fen. Der Weltrat Methodisti-scher Kirchen hat zum Gebet für die Methodisten auf den Inseln aufgerufen.

rEicHE SoLLEn MEHr STEuErn BEzaHLEn. Das fordert der Ratsvorsitzende der Evange-lischen Kirche in Deutsch-land, Nikolaus Schneider. In der gegenwärtigen Finanzmarktkrise sei es nur gerecht, wenn starke Schul-tern mehr stemmen. Es soll-ten jene mehr Steuern zah-len, die 20 Jahre lang von der Entwicklung profitiert haben, während die meisten anderen zu den Verlieren zählen. Auslöser der Debatte in Deutschland sind Pläne Frankreichs zu einer Sonder-abgabe für Reiche, um die aktuelle Schuldenkrise zu überwinden.

groSSE ForTScHriTTE in dEr ÖkuMEnE sind derzeit nicht zu erwarten. Das hat der Sekretär der katholischen

Deutschen Bischofskonfe-renz, Pater Hans Langen-dörfer, gesagt. Bedeutend sei schon der geplante Besuch von Papst Benedikt XVI. im Erfurter Augustiner kloster, in dem Martin Luther lebte. Der Papst wird nach seinen Worten die Rolle Luthers und der Reformation würdigen. Benedikt XVI. besucht Deutschland vom 22. bis 25. September.

EinE aggrESSivE iSraEL- FEindScHaFT, die auch in Judenhass umschlägt, hat der Zentralrat der Juden in Deutschland an den Rändern der deutschen Gesellschaft festgestellt. Das betreffe neben klassischen Faschisten auch manche Linke und Teile der musli-mischen Bevölkerung, »vor allem unter Jugendlichen«, sagte Zentralratspräsident Dieter Graumann in einem Interview. Er äußerte die Hoffnung auf eine bessere Zusammenarbeit des Zentralrats mit den muslimischen Gemeinden.

Ein kaTHoLiScHEr PriESTEr in der niederländischen Gemeinde Liempde hat es abgelehnt, einen nach aktiver Sterbehilfe Verstor-benen kirchlich beizusetzen. Die Angehörigen mussten für die Trauerfeier in eine Kirche in Sint Oedenrode ausweichen, wie der regionale Rundfunk berichtete. Die römisch- katholische Kirche lehnt offiziell aktive Sterbehilfe ab. Menschen, die sich dafür entscheiden, hätten keinen Anspruch auf kirchliche Beisetzung. epd/kie

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Boten der liebe GottesMenschen mit geistiger Behinderung sind etwas Besonderes. Das ist auch in Gemeinden zu spüren, in denen es solche Menschen gibt. Cornelia Trick, Pastorin in Neuenhain/Taunus, und Jügen fleck, Pastor in Dillenburg (Hessen), haben solche besondere Jugendliche im Kirchlichen Unterricht begleitet und eingesegnet.

Schon seit dem Krabbelalter war Johannes unser ganz besonderes Gemeindekind. Durch ein Down-Syndrom entwickelte er

besondere Fähigkeiten. Seine Begabung, sich in andere einzufühlen, ließ ihn sehr sensibel auf seine Mitmenschen reagieren, sie trösten, wenn sie traurig waren, sich mit ihnen freuen, wenn sie fröhlich waren. Die Kirchliche-Un-terricht-Gruppe, zu der noch sieben andere Jugendliche gehörten, liebte er. Gerne war er dabei, wenn wir lachten, Anspiele einübten, Gebetsgemeinschaften hielten oder wenn die Jungs mal wieder einen Streich ausheckten.

Während der Beschäftigung mit inhaltlichen Fragen der Bibel und des Glaubens hatte ich ihm ein Buch mit Bildern zu biblischen Ge-schichten besorgt, die wir miteinander bespra-chen, während die anderen Stillarbeit mach-ten. Es waren seine Geschichten, die er ver-stand und die in sein Herz eingedrungen sind. In der zweiten Hälfte der Unterrichtsstunden zog sich Johannes zurück, setzte sich in eine

Ecke des Raums und beobachtete uns von Weitem. Er war glücklich. Die Jugendlichen integrierten und respektierten ihn und nahmen Anteil an seinem Leben. Er gehörte dazu.

Johannes fürchtet sich vor dem hohen vor-deren Bereich unseres Gottesdienstraums. So war die Frage, wie er gesegnet werden konnte, ohne in den vorderen Altarraum zu müssen. Wir bauten die Kirche einfach um und feierten die Einsegnung in der Mitte des Raumes, wo die Decke noch niedrig ist.

Johannes ist immer noch mittendrin in un-serer Gemeinde. Er ist der Erste, der merkt, wenn jemand im Gottesdienst oder im Jugend-kreis besonderen Trost braucht. Dann steht er auf und nimmt dessen Hand. Kürzlich haben wir ihn in die Kirchengliedschaft aufgenom-men. Er kann zwar nicht die Aufnahme-Fra-gen intellektuell durchdringen, doch er hat Je-sus im Herzen, er gehört zu uns und er ist ein Bote von Gottes Liebe in dieser Welt.

Cornelia Trick

Es war im Jahr 2007, als ich die Anfrage erhielt, ob es möglich ist, einen geistig eingeschränkten Jungen mit den ande-

ren Jugendlichen des Kirchlichen Unterrichts einzusegnen. Der Junge be-suchte eine Förderschule für geistig und körperlich Be-hinderte. Dort er teilte eine Behindertenseelsorgerin so-wohl Religions- als auch Konfirmanden unterricht stellvertretend für die jewei-ligen Kirchengemeinden. Ich habe mit der Behindertenseelsorgerin Kon-takt aufgenommen und den Konfirmanden-unterricht an der Förderschule wiederholt besucht. Es erfolgte auch ein Besuch der Schüler mit ihrer Seelsorgerin in unserer Ge-meinde zu einem örtlichen Unterricht. Der Unterricht war sehr einfach, ähnlich einer

Vorschule, doch sehr intensiv und Vertrauen stärkend, da zum Beispiel wiederholt der Tod eines Klassenkameraden verarbeitet werden musste.

Die Einzusegnenden kannten den Jungen und waren mit dieser besonde-ren Situation einverstan-den. Im Einsegnungsgottes-dienst übernahm er eine kurze vorher eingeübte Le-sung. Wie die anderen stell-te er einen eigenständigen

thematischen Beitrag vor, der aus einer selbst erarbeiteten Version des Psalms 23 bestand, den er auswendig mit Gegenständen veran-schaulichend präsentierte. Der Gottesdienst bildete eine schöne Einheit, auch wenn die Wege der Jugendlichen dorthin unterschied-lich waren. Jürgen Fleckfo

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Für werdende Eltern gibt es wohl kaum Schlim-meres, als vom Arzt erfahren zu müssen, dass sie ein schwerbehindertes Kind erwarten oder mit

dem schnellen Tod nach der Geburt rechnen müssen. Die Frauen sind dann im fünften oder sechsten Schwangerschaftsmonat, haben das Baby gespürt und ihm vielleicht schon einen Namen gegeben. Nach der Diagnose stehen sie vor der Frage, ob sie das Kind abtreiben lassen.

Für diese Phase nach einer pränataldiagnostischen Untersuchung (PND) hat der Bundestag im Mai 2009 eine erweitere Beratungsregelung verabschiedet, die seit 2010 in Kraft ist. Sie sieht drei Tage Bedenkzeit vor und verpflichtet den Arzt, die Schwangere umfassend zu beraten und zusätzlich auf unabhängige Beratungs-stellen hinzuweisen. Die Frau ist nicht verpflichtet, die Beratungsstelle aufzusuchen.

Der Chefarzt der DRK-Frauenklinik in Berlin-Westend, Heribert Kentenich, beobachtet seit der

Neuregelung eine »überwiegend positive Verän-derung«. Die Pflicht zur Beratung werde ernst-

genommen, die Schwangeren hätten mehr Zeit, ihre Entscheidung zu treffen. »Es

gibt gute Praxen und gute Berater«, sagt der Gynäkologe.

Defizite sieht Kentenich aller-dings noch bei Ärzten: »Es ist vielen Ärzten, die selten mit Schwangerschaftsabbruch nach PND zu tun haben, nicht klar, dass das Gesetz geändert ist.«

Diese Mediziner schickten die Schwangeren nach einer

entsprechenden Diagno-se direkt in die Klinik, ohne die Bedenkzeit einzuhalten.

Ein Gewinn ist aus Sicht des Mediziners die Verbesserung der Statistik. So werden

die Schwangerschaftswochen genauer und einheitlich registriert. Noch wichtiger ist, dass seit 2010 erstmals die Tötung von Embryonen im Mutterleib erfasst wird, der sogenannte Fetozid. Gegenüber 237 Spätabtrei-bungen im Jahr 2009 wurden nach Angaben des Bun-desfamilienministeriums im vorigen Jahr 462 Spätab-treibungen statistisch erfasst, 258 davon erfolgten nach einem Fetozid. Damit hat sich die Zahl der Spät-abbrüche auf den ersten Blick zwar fast verdoppelt.

Tatsächlich wird aber endlich auch der Eingriff er-fasst, der neben dem medikamentösen Abbruch bei Spätabtreibungen der häufigste ist. Insgesamt hält Kentenich die deutsche Regelung für ausgewogen. Sie sei weder zu restriktiv, noch zu liberal, meint er: »Wir sind ethisch in einer guten Situation«, meint er.

Auf die Arbeit der Schwangeren-Beratungsstelle beim Diakonischen Werk in Karlsruhe hat die Geset-zesänderung dagegen bisher kaum Auswirkungen. Die Leiterin, Elisabeth Förter-Barth, sagt zwar: »Die Bera-tungszahlen steigen leicht an.« Sie führt dies aber nicht auf die geänderten Gesetze zurück. Vielmehr glaubt sie, dass sich ein Projekt auszahlt, das vom Land Ba-den-Württemberg gefördert wird.

Bereits im dritten Jahr bemüht man sich in Quali-tätszirkeln und Arbeitsgruppen um mehr Zusammen-arbeit zwischen den zuständigen Berufsgruppen, da-runter Hebammen, Gynäkologen und Humangeneti-ker. Das sei notwendig, sagt Förter-Barth, denn Ärzte schickten nach ihrer Beobachtung die Schwangeren nur dann zu Beratungsstellen, wenn sie diese schätzen.

Das Beispiel Karlsruhe sieht Claudia Heinkel vom Bundesverband des Diakonischen Werks als »eine punktuelle Verbesserung«. Es seien aber noch keine flächendeckenden Auswirkungen der neuen Gesetzes-lage auf die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Beratungsstellen auszumachen.

Das Bundesfamilienministerium lässt die erweiterte Beratungsregelung auswerten, Ergebnisse sollen aber erst im Frühjahr 2013 vorliegen. Die Gesamtzahl der Abtreibungen ist indes seit Jahren rückläufig, 2010 waren es 107.330, davor 110.694. epd

Spätabtreibungen: Neue Zähl-methode lässt Zahlen steigenSeit zwei Jahren haben Schwangere mehr Bedenkzeit, wenn bei ihrem Kind eine schwere Behinderung diagnostiziert worden ist. Nach drei Tagen können sie sich für oder gegen eine Abtreibung entscheiden. Die Beratung ist seither deutlich besser geworden, die Entscheidung bleibt aber noch immer schwer. Und manche Ärzte, sagt ein Berliner Gynäkologe, haben von der neuen Pflicht noch nichts gehört.

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Etwas stimmte nicht. Als meine Frau mit einem unserer sechs Kinder schwanger war, gab es alar-mierende Ergebnisse in einer routinemäßigen

Vorsorgeuntersuchung. Während ich dienstlich unter-wegs war – weit weg von allem Geschehen –, wurde meine Frau durch verschiedene Arztpraxen und Insti-tute geschleust, um Gewissheit zu erhalten. Nach einer erlittenen Fehlgeburt waren wir sehr angespannt. Die Antwort war immer dieselbe: Alles deutete auf eine schwere Behinderung des ungeborenen Kindes hin. Die einhellige Empfehlung dreier Ärzte lautete, diese Schwangerschaft unbedingt abzu-brechen.

War es unsere Naivität? War es die fehlende bildliche Vorstellung von den möglichen, schwersten Behinde-rungen eines Kindes, die uns hat an-ders entscheiden lassen? War es viel-leicht Trotz nach dem Motto: Wir wollen es allen zeigen, dass man auch ein behindertes Kind annehmen und lieben kann? Viel-leicht war es eine Mischung aus diesem und anderem. In jedem Fall wurde uns bald bewusst, dass niemand uns die Verantwortung in dieser Entscheidung abneh-men konnte – weder gut meinende Ratgeber aus nah und fern noch die untersuchenden Ärzte, die uns mit Wahrscheinlichkeiten in Zahlen und Prozenten ver-mutlich ein Gefühl von objektiver Entscheidungshilfe vermitteln wollten.

Entscheidung für das kindErleichternd für die Eindeutigkeit unserer Entschei-dung, dass ein Schwangerschaftsabbruch auf keinen Fall in Frage käme, war ein zufällig mitgehörtes Ge-spräch. Ein Arzt telefonierte etwas unbedacht bei halb geschlossener Tür mit einem Kollegen und sagte über eine andere Schwangerschaft sinngemäß: »Wir sollten unbedingt einen Schwangerschaftsabbruch

empfehlen. Das Kind wird einen Klumpfuß haben.« Damit stellte sich auch für uns noch einmal die Frage, wie sich der Begriff Behinderung definieren lässt. Und tatsächlich, diese Frage wird in der Fachwelt ebenso unterschiedlich beantwortet wie die Frage, was nor-mal sei. Das Buch des Theologen und Mediziners Manfred Lütz: »Irre – wir behandeln die Falschen« kann unsere Auffassung über die sogenannten Nor-malen stark erschüttern.

Ich verstehe den Jubel und die große Dankbarkeit, wenn ein gesundes Kind geboren wird. Bis heute emp-

finde ich zugleich eine Hochachtung gegenüber Eltern und Menschen, denen es freiwillig oder unfreiwillig zur Lebensaufgabe geworden ist, Menschen mit Behinderungen unter-schiedlichsten Grades zu begleiten und für sie da zu sein. Oft habe ich den Eindruck, dass sie mehr vom Leben verstehen als die Gesunden

und Normalen. Sie haben mehr Tiefe, mehr Dankbar-keit, mehr Empfinden für die kleinen Wunder des All-tags, dass sie oft auch barmherziger mit anderen sind als diese mit ihnen. Vielleicht, weil sie am ehesten zu den Normalen gehören nach dem Maß des Glaubens: »Was ihr getan habt einem von diesen meinen gerings-ten Brüdern, das habt ihr mir getan.« Unbedingt. Üb-rigens, unser Kind kam völlig gesund zur Welt. Es hätte anders sein können, aber so war es. Wir danken es unserem Gott.

Was ist denn normal ?

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NorBErT roSEist Pastor in der Diakonissen-Schwesternschaft Bethesda e. V.

in Wuppertal.

Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan. Matthäus 25,40

»Niemand konnte uns die Verantwortung in dieser Entscheidung

abnehmen.«

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Was unterscheidet die seelsorgerliche Arbeit mit Menschen mit einer geistigen Behinderung von der mit nichtbehinderten Menschen?daniELa EicHHorn: Wenn man ein wenig genauer hin-schaut, erkennt man in Menschen mit einer geistigen Behinderung im Grunde auch immer sich selbst. Viele gehen ja davon aus, dass es große Unterschiede zwi-schen behinderten und nicht behinderten Menschen gibt. Dem ist aber nicht wirklich so. Vielmehr zeigen geistig behinderte Menschen in großer Offenheit das, was wir alle in uns tragen. Zudem sind geistig behin-derte Menschen oft entwaffnend ehrlich. Unsere Ge-sellschaft ist ja von vielen Konventionen bestimmt – also von dem, was man zu tun oder zu lassen, zu sagen oder auch nicht zu sagen hat etc. –, ohne die unser Zu-sammenleben gar nicht funktionieren würde. Viele der Menschen mit einer geistigen Behinderung leben aber gar nicht in diesen konventionellen Kategorien. Sie sind eben, wie sie sind. Und tragen deshalb oft das, was in uns allen ist, offen nach außen.

Hat sich Ihre Sprache über Gott verändert, seit Sie als Seelsorgerin für Menschen mit Behinderungen arbeiten?daniELa EicHHorn: Das ist schwer zu sagen. In der Verkündigung geht es für mich immer um eine Ver-kündigung mit allen und für alle Sinne – wie Sehen, Hören, Fühlen, Riechen und Schmecken –, nicht nur um Sprache. Ich habe oft mit Menschen zu tun, die kein Sprachverständnis im klassischen Sinne haben. Trotzdem erzählen wir die biblische Geschichte auch

– aber eben mit verschiedenen dramaturgischen Mit-teln. So haben wir etwa das Evangelium von der Stil-lung des Sturms schon mit Donner und Blitz und dunklen Tüchern, die wir zwischen den Besuchern hochgezogen haben erzählt, um ein Gefühl für das Empfinden von Angst und Enge zu vermitteln.

Das geht ja weg von der protestantischen Tradition, in der das gesprochene Wort eine große Rolle spielt ...daniELa EicHHorn: Ich persönlich habe den intellektu-ellen Zugang zum Glauben gebraucht, deshalb habe ich auch Theologie studiert. Aber es gibt mehrere Zu-gangswege zum christlichen Glauben, und das Wort allein ist nicht der einzige Weg, um Gott zu erfahren. Dabei ist es aber ganz wichtig, dass wir verantwor-tungsvoll mit diesen verschiedenen Zugangswegen umgehen. Denn mit einem unüberlegten Einsatz von Gestaltungselementen kann man die eigentliche Bot-schaft eines Textes nur allzu leicht verfremden. Es muss also auch immer sorgfältig darüber nachgedacht werden: Entspricht das Medium der eigentlichen Aus-sage eines Textes oder wird das Evangelium durch das Medium verfälscht? Und dieses Übersetzen in eine an-dere »Sprache« ist eine ur-protestantische Aufgabe – damit bin ich ganz nah bei Martin Luther.

Wie kommen Gottesdienste, die für behinderte Menschen konzipiert wurden, bei Menschen ohne Behinderung an?daniELa EicHHorn: Gerade bei schwer-mehrfach be-hinderten Menschen sind ja oft auch Angehörige mit dabei. Für diese ist es schon eine große Entlastung, wenn ihre Verwandten so sein können, wie sie eben sind – egal, ob sie dazwischenrufen oder laut und et-was schräg mitsingen oder was auch immer. In den üb-lichen gemeindlichen Gottesdiensten stehen die Ange-hörigen da bisweilen unter einer großen Anspannung. Bei uns ist das anders – und das allein schon ist für viele eine Wohltat für die Seele. Zu uns kommen aber auch nicht-behinderte Menschen, denen es einfach nur gefällt, wie wir Gottesdienst feiern. Das hängt mit der

»Das Evangelium ist eine Wohltat für alle Menschen«Wie vermittelt man Menschen mit geistigen Behinderungen das Evangelium? Mit fantasie und einer starken theologischen Basis, sagt Daniela Eichhorn. Sie arbeitet als Seelsorgerin vorwiegend mit schwer-mehrfach behinderten Menschen. Im Gespräch mit Volker Kiemle berichtet sie von ihren Erfahrungen.

daniela Eichhorn ist evangelische Pfarrerin und seit 18 Jahren Seelsorgerin in den von Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel. Dort arbeitet sie in der Seelsorge hauptsächlich mit Kindern und Jugendlichen mit einer Behinderung und mit schwer-mehrfach behinderten Menschen. Sie erteilt Konfirmandenunterricht, gestaltet Andachten und Gottesdienste und begleitet Mitarbeitende und Angehörige.

zur PErSon

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etwas anderen, oft sehr viel sinnlicheren Art des Zu-gangs zusammen, von der ich eben sprach. Und man-chen tun auch nur unsere ganz einfachen Rituale gut.

Wie reden Sie in ihrer Arbeit über den Tod?daniELa EicHHorn: Gerade in diesem Bereich spielen Rituale eine sehr große und unverzichtbare Rolle. Wenn ein behinderter Mensch stirbt, findet in aller Regel und möglichst zeit- und ortsnah eine Ausseg-nungsfeier statt. Das ist für die Menschen, die mit dem Verstorbenen zusammengelebt haben, ein ganz wichti-ger Akt. Der oder die Verstorbene ist aufgebahrt, und für alle Bewohner, Mitarbeitende und Angehörige, die das gerne möchten, gibt es eine kurze Liturgie am To-tenbett. Danach können sich alle von dem Toten ver-abschieden – etwa eine Rose aufs Bett legen oder ihn auch noch einmal segnen und berühren. Sie erleben so, dass der Mensch, der in diesem Zimmer gelebt hat, jetzt nicht mehr am Leben ist.

Es hat sich in der Behindertenhilfe viel verändert. Wie hat sich Ihre Arbeit verändert?daniELa EicHHorn: In unserer Arbeit spiegeln sich natürlich die gesellschaftlichen Entwicklungen wider. So macht der Trend zur Individualisierung auch vor unseren Einrichtungen nicht Halt. Wenn neue Häuser gebaut werden, gibt es sehr viel weniger Gemein-schaftsräume, als das früher der Fall war, dafür sind die einzelnen Zimmer jetzt meist größer. Gleichzeitig wurden bei uns die Freizeitangebote ausgebaut und

professionalisiert, es gibt jetzt viel mehr Möglichkeiten – was wunderbar ist. Als ich hier angefangen habe zu arbeiten, gab es etwa für die in den Ferien im Heim gebliebenen Kinder und Jugendlichen relativ wenig Abwechslung. Damals habe ich für sie kleine Ferien-aktionen organisiert, heute bietet ihnen unser Freizeit-zentrum, die Neue Schmiede, ein sehr viel ausgefeilte-res Programm an. So etwas verändert natürlich auch die seelsorgerliche Arbeit. Hinzu kommt der Trend zur Säkularisierung, den es natürlich auch bei uns gibt.

Was möchten Sie den Menschen, für die Sie arbeiten, mitgeben?daniELa EicHHorn: Zunächst bin ich zutiefst davon überzeugt, dass das Evangelium wirklich das ist, was der griechische Begriff meint, nämlich eine frohe Bot-schaft. Und das bedeutet, ich möchte, dass die Men-schen, mit denen ich zu tun habe, etwas von der Wohl-tat dieser Botschaft zu spüren bekommen und Freude daran haben. Daneben aber geht es mir auch darum, ihnen so eine Art Notfallration für die Krisenzeiten ihres Lebens mit auf den Weg zu geben. Dazu gehören etwa Kirchenlieder und Bibeltexte. Diese aber prägen sich nur ein in immer wiederkehrenden Ritualen. Da-rum singen wir zum Beispiel im Gottesdienst immer das gleiche Segenslied, in der Hoffnung, dass dieses Lied den Leuten immer vertrauter wird und sie dann auch ein Leben lang begleiten kann. Dies jedoch auf breiterer Basis umzusetzen und durchzuhalten, ist in der heutigen Eventkultur gar nicht so einfach. fo

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Es gibt viele Zugangswege zum christlichen Glauben, und das Wort allein ist nicht der einzige Weg, um Gott zu erfahren.

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Diese bewegende Geschichte erinnert mich stark an Worte aus der Bibel, und zwar an Worte aus dem zweiten Korintherbrief. Der Apostel Pau-

lus schreibt darin übers Trösten. Er redet vom Ur-sprung des Trostes, wie sich Trost auswirken kann, und wie er das selbst erlebt hat:

»Gepriesen sei der Gott und Vater Jesu Christi, un-seres Herrn, der Vater des Erbarmens und der Gott allen Trostes. Er tröstet uns in all unserer Not, damit auch wir die Kraft haben, alle zu trösten, die in Not sind, durch den Trost, mit dem auch wir von Gott ge-tröstet werden. Wie uns nämlich die Leiden Christi überreich zuteil geworden sind, so wird uns durch Christus auch überreicher Trost zuteil. Wir wollen euch die Not nicht verschweigen, Brüder, die in der Provinz Asien über uns kam und uns über alles Maß bedrückte; unsere Kraft war erschöpft, so sehr, dass wir am Leben verzweifelten. Aber wir haben unser Todesurteil hingenommen, weil wir unser Vertrauen nicht auf uns selbst setzen wollten, sondern auf Gott, der die Toten auferweckt. Er hat uns aus dieser großen Todesnot errettet und rettet uns noch; auf ihm ruht unsere Hoffnung, dass er uns auch in Zukunft retten wird. Helft aber auch ihr, indem ihr für uns betet, da-mit viele Menschen in unserem Namen Dank sagen für

Solange es uns gut geht, fällt es uns nicht schwer, Gott dankbar zu sein. Erst leid und Schmerzen stellen den Glauben auf die Probe. Erst recht, wenn das leiden dauerhaft ist und auch Gott nicht heilend eingreift. oliver Merz kennt das Hadern und die fragen: Er erkrankte mit 20 Jahren an Multipler Sklerose und ist seither in seinen Bewegungen eingeschränkt. Warum er dennoch Trost gefunden hat und wie er dadurch anderen zum Trost werden konnte, das beschreibt der Pastor aus der schweizerischen Stadt Thun.

die Gnade, die uns geschenkt wurde« (2. Korinther 1, Einheitsübersetzung 1999).

Paulus schrieb diesen Brief in erster Linie, um auf Kritik an seiner Person zu reagieren. Einflussreiche Leiter und Gemeindeglieder zweifelten an seiner geist-lichen Vollmacht und Autorität, weil Paulus äußerlich anscheinend eine erbärmliche Erscheinung abgab. Paulus konnte aber anscheinend auch nicht sehr über-zeugend und packend referieren. Durch so einen konn-te unmöglich Gott selbst reden und wirken, folgerten manche. Die Gegner von Paulus gingen teils noch wei-ter und kamen zum Schluss: So einer kann nicht wirk-lich zu Jesus gehören. Gott ist doch ein Gott der Stärke!

Paulus geht bereits im Briefeingang auf diese An-griffe ein. Er leugnet nicht, dass er tatsächlich ziemlich erbärmlich aussieht, stellt das allerdings in einen be-sonderen Zusammenhang. Paulus offenbart uns damit auch einen möglichen Sinn des menschlichen Leidens, ich nenne das den »Trostkreislauf«.

Trost beginnt bei gott selbstWenn Paulus übers Trösten redet, beginnt er bei Gott selbst. Er beschreibt Gott als die Quelle des Trostes: »Gepriesen sei der Gott und Vater Jesu Christi, unseres Herrn, der Vater des Erbarmens und der Gott allen

In einem kleinen Dorf wohnte ein großes Glück. Ein Mann und eine frau bekamen ein Mädchen, das der Sonnenschein aller wurde. Eines Tages wurde

das Kind vor den Augen der Eltern auf der Straße überfahren. Das ganze Dorf nahm Anteil an der Trauer der Eltern. Auch nach über einem Jahr war die Mutter über den Verlust ihres Kindes untröstlich. Sie konnte keine Kinder mehr spielen sehen ohne bitteren Gedanken. langsam wuchsen in ihr Hass und Zorn, Neid und Eifersucht auf alles lebendige und Gesunde. In ihren Gedanken lebten alle Menschen glücklich und zufrieden. Nur sie war geschlagen und voller leid. In ihrer Not ging

sie zum Pfarrer. Der bat sie, durch das Dorf zu gehen und sich aus jedem Haus, in dem kein leid wohnt, eine Blume zu erbitten. Mit dem Strauß sollte sie dann nach einer Woche wiederkommen. Die frau ging durch ihr Dorf von einem Haus zum anderen. Als sie nach einer Woche zum Pfarrer kommt, hat sie nicht eine einzige Blume, aber einen Strauß von Erfahrungen. Sie musste erleben, dass in jedem der Häuser ein leid wohnt, eine Not ist und Trost nötig war. So konnte sie manchen leuten aus ihrer eigenen Schmerzerfahrung raten und beistehen. Das war der Anfang einer inneren Heilung.Aus: Axel Kühner: überlebensgeschichten für jeden Tag. 18. Auflage, Aussaat- Verlag, Neukirchen-Vluyn 2010. Mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

Der Trostkreislauf: Wie leidende zu Tröstern werden

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Trostes.« Es gehört zu Gottes Wesen, dass er sich über dem Schwachen und Notleidenden erbarmt und ihn tröstet. Nach biblischer Gesamtschau fängt alles Gute in und bei Gott an. Paulus steht mit seiner Aussage in guter biblischer Tradition. Jesus sagt etwa, bevor er seine Jünger alleine ihrer Mission überlässt, dass er ihnen den Tröster, den Heiligen Geist, senden werde (Johannes 14,26). Das Wort »Trost« hat im Neuen Testament eine große Bedeutungsbreite – etwa ermuti-gen, ermahnen, zurechtweisen, stärken, innerlich festi-gen. Wenn von Gott als Tröster die Rede ist, meint das also viel mehr als bloß »bemitleiden«.

Mehr als MitleidEntspricht das auch meiner persönlichen Vorstellung von Gott? Kann ich als Mensch mit Behinderung oder als Angehöriger eines behinderten Menschen Gott als tröstenden, stärkenden und fürsorglichen Vater sehen? Als ich mit 20 Jahren plötzlich kaum mehr gehen, schrei-ben und lesen konnte, fragte ich mich, wie ich das nun mit einem liebenden und barmherzigen Gott zusammen-bringen sollte. Ich war gerade mal ein gutes Jahr mit Je-sus unterwegs, und nun tut er mir das an! Ich sehe mich noch heute am Zimmerfenster im Spital stehen und den-ken: Ob ich da nicht lieber runterspringen sollte?

Die Worte von Paulus enden aber nicht beim Philo-sophieren über Gott, den Tröster. Er rechnete oft nicht mehr damit, lebendig aus Notsituationen herauszu-kommen. Dennoch kann er sagen, dass er von Gott getröstet wurde.

Wie erlebte Paulus diesen Trost von Gott? Wir er-fahren es nur bruchstückhaft. Er verstand wohl unter Trost ermutigen, ermahnen und stärken. Genauso er-lebte er es wohl auch. Er sagt, dass er zum Beispiel durch den liebevollen Umgang der griechischen Chris-ten mit einem Freund von ihm getröstet, gestärkt und ermutigt wurde.

In einem erlebte Paulus aber besonders Gottes er-mutigendes und stärkendes Trösten: Er bekam immer wieder die Kraft, um seinen Weg mit Jesus und seinen Dienst für ihn gegen alle Widerstände und vermutlich trotz eines zusätzlichen chronischen Leidens zu gehen.

Leid bleibt LeidWie wurde die Frau aus unserer Geschichte getröstet? Auch ihr Leiden wurde von Gott nicht sofort beseitigt. Ihr Kind blieb tot! Aber sie erlebte mitten in ihrem bitteren Schmerz etwas ganz Unerwartetes: Sie wurde durch die Begegnung und die Gespräche mit anderen herausgeforderten Menschen getröstet. Allein schon

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Eigene leiden machen sensibel für die leiden des Nächsten. Wenn jemand aus eigener Betroffenheit Trostworte spricht, dann sind das mehr als Worte.

Der Trostkreislauf: Wie leidende zu Tröstern werden

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die Erfahrung, dass auch andere Menschen mit Schwe-rem leben lernen müssen, wirkte tröstend.

Bei mir war und ist das ähnlich. Mit anderen Be-troffenen über Erfahrungen und Gefühle im Umgang mit der eigenen Behinderung zu reden, tut meistens gut. Es gibt aber auch Zeiten, in denen es mir nicht nach Reden ist. Da bin ich darauf angewiesen, dass jemand einfach da ist. Es kann bei mir sogar so weit gehen, dass ich Freunde brauche, die für mich glauben und beten, wo es mir nicht mehr danach zumute ist.

Gerade uns Menschen mit Behinderung befreit Gott meistens nicht einfach von unseren Einschränkungen, wie sehr wir ihn auch immer darum bitten mögen. Auch wir brauchen in unserem Leben mit Einschrän-kungen manchmal die Unterstützung von Freunden und der Familie.

Trost ist keine Einbahnstraße Paulus schreibt in seinem Briefeingang: »... damit auch wir die Kraft haben, alle zu trösten, die in Not sind, durch den Trost, mit dem auch wir von Gott getröstet werden.« So kann sich Gottes Trost auswirken. Getrös-tete werden zu Tröstenden! Schon dass wir Gottes Wir-ken in unserer Not tröstend empfinden können, kostete ihn in Jesus alles. Jesus gab seinen Status und die ge-heimnisvolle inner-göttliche Gemeinschaft auf. Gottes Trost ist zutiefst leidgeprüft – alles andere als billig!

Eigene Leiden machen sensibel für die Leiden des Nächsten. Wenn jemand aus eigener Betroffenheit Trostworte spricht, dann sind das mehr als Worte! Auch in meiner aktuellen Untersuchung wurde etwas

davon ersichtlich. Körperlich und seelisch begrenzte Pfarrerinnen und Pfarrer, Priester und Pastoren sind für ihre Kirchen eine unentbehrliche Bereicherung, ein Mehrwert! Sie fallen dadurch auf, dass sie viel einfühl-samer für die Nöte anderer sind. Pfarrer mit offen-sichtlichen Grenzen sind häufig ein Vorbild für den Umgang mit persönlichem Leiden.

Schon kurz nachdem ich selbst an MS erkrankt war, lernte ich andere kennen, die unerwartet mit schweren Diagnosen umgehen mussten. Andere wurden durch mein leidgeprüftes Leben irgendwie von Gott ermutigt und getröstet, ihre eigenen Herausforderungen zu tra-gen. Ich scheine seither Menschen mit schwierigen Le-bensumständen richtiggehend anzuziehen. Das Erstaun-liche ist: Wir werden dabei ermutigt und getröstet!

Trost und Trösten ist also keine Einbahnstraße. Eine Bedingung gibt es allerdings: Wir dürfen nicht in der Isolation, einsam in unseren Herausforderungen blei-ben. Diese Phasen wird es geben. Wenn wir uns danach aber wieder zugänglich zeigen, den Weg ins Leben zu-rück suchen, dann können wir Ähnliches erleben wie Paulus und seine Freunde damals.

Doch es fehlt noch etwas Wichtiges: der Dank. Den Schluss des Briefeingangs im 2. Korintherbrief habe ich lange überlesen, dabei enthält er ein überraschen-des Detail: »Helft aber auch ihr, indem ihr für uns be-tet, damit viele Menschen in unserem Namen Dank sagen für die Gnade, die uns geschenkt wurde.« Am Anfang und am Schluss stehen der Dank und die Ehr-erbietung an Gott.

Hier schließt Paulus zum Thema Trost einen Kreis. Wer in der Not erlebt, dass er von Gott und von Men-schen getröstet wird, der ist auch ermutigt, Gott wie-der und wieder um seine Hilfe zu bitten! Und er ist sich nicht zu schade, auch andere in seinem Umfeld über seine Situation zu informieren und um Gebet für ihn zu bitten. Nicht zuletzt schwingt hier auch eine missio-narische Dimension mit!

Trost und Trösten sind keine Einbahnstraße. Dazu dürfen wir aber nicht einsam in unseren Herausforderungen bleiben.

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olIVEr MErZist Theologe und lebt mit

seiner familie in Thun, Schweiz.

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17unterwegsinfounterwegs 19/2011 ::: 11. September 2011

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Christsein kann bunt und viel-fältig sein, ebenso wie die

Landschaft der unterschiedlichen christlichen Gemeinden und Ge-meinschaften im Raum Sieg-Dill-Lahn. Beim ersten »Tag der Ge-meinden« am 20. August wirkte der Wilhelmsplatz in Dillenburg wie ein südländischer Basar, der zum Umhergehen, Verweilen und Gute-Gespräche-Führen einlud.

15 Gemeinden und Gemein-schaften präsentierten sich, ihre Arbeit und ihren Einsatz für unse-ren gemeinsamen Herrn an fanta-sievollen, informativen und einla-denden Ständen. Unter der Feder-führung von Bürgermeister Micha-el Lotz war diese Initiative zustande gekommen. Hier kommt es zu ei-nem Miteinander von Jesus-Freaks und Katholischer Kirche, Sieben-ten-Tags-Adventisten und Freien evangelischen Gemeinden, Brüder-gemeinden und Evangelischer Lan-deskirche, Freien Pfingstgemeinden und EmK und einigen mehr.

Damit auch möglichst viele Be-sucher alle Gemeinden kennen ler-nen konnten, wurden sowohl die Erwachsenen als auch die Kinder jeweils mit einer Rallye auf den Weg geschickt, um an den einzel-

nen Ständen bestimmte Fragen oder Aufgaben zu lösen. Unsere EmK hatte sich dabei wie im wirk-lichen Leben als Brückenbauer zwischen Gott und den Menschen und untereinander präsentiert.

Umrahmt wurde dieser Tag mit stündlichen Andachten, Lobpreis-

bands, Kinderchor und Anspielen. Zum stillen Gebet lud die Krypta der nahegelegenen katholischen Kirche ein. Den Abschluss bildete der Aufstieg von 500 Gasballons, die vorher gesammelte Gebetskärt-chen in den Himmel trugen.

Jürgen Fleck

Dillenburg: Christliche Vielfalt erleben

kurz &bündigBErEiTS zuM driTTEn MaL reiste eine Gruppe der EmK-Gemein-den Marienberg-Olbernhau, Zschopau, Dittersdorf, Ehren-friedersdorf und Venusberg in die ökumenische Klosterge-meinschaft Taizé. Dort lernte die Gruppe die einzigartige Atmosphäre dieses besonderen Ortes kennen. Dazu gehört neben dem Morgen-, Mittag- und Abendgebet auch die Mitarbeit in der Klosterge-meinschaft, was das Zusam-menleben innerhalb dieser Zeit erst ermöglicht. Außerdem war die gemeinsame Bibelarbeit fest

in den Tagesablauf integriert. Bei bis zu 5.000 jungen Christen aus allen Teilen der Erde fielen die Arbeitsgruppen dabei sehr bunt aus. Nicht zuletzt diese Vielfalt trug dazu bei, dass alle mit vielen neuen Erfahrungen und schönen Erinnerungen an die gemeinsame Woche in Taizé nach Hause zurückkehrten.

Tobias Buschbeck

in ungarn vErLiErEn mehr als 340 Kirchen ihre staatliche An-erkennung. Das hat das ungari-sche Parlament in einem neuen Religionsgesetz festgelegt, das

Anfang 2012 in Kraft tritt. Betroffen ist auch die ungarische EmK, zu der in Ungarn 34 Gemeinden gehören. Die EmK will sich aber um eine Anerken-nung bemühen. Unterstützung kommt dabei von den Bischöfen der Evangelisch-Lutherischen und der Reformierten Kirchen sowie von der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa und der Konferenz Europäischer Kirchen. kie

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Beim »Tag der Gemeinden« präsentierten sich die EmK und Pastor Jürgen fleck als Brückenbauer.

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persönlich

SEMINArE

ich höre dir zu – Einführung in die Seelsorge ::: EmK Ellerbek, 24. September. Informationen bei Gabriele fellenberg, Telefon 04101 35605.

Exerzitien ::: Ökumenisches Angebot, 12. bis 16. oktober, Haus St. Michael/Schwanberg (Mainfranken). Information und Anmeldung: Burkhard Seeger, Telefon 0711 2156-205, E-Mail: [email protected]

Trauerwege ::: Vom Umgang mit der Trauer, 28. bis 30. oktober, Bildungswerk Stuttgart-Giebel, leitung: Doris franz und Stefan Herb. Informationen und Anmeldung: Telefon 0711 8600690, E-Mail: [email protected]

Mauer oder Brücke – zwischen konfessionen und kulturen ::: Wochenendtagung für konfessi-onsverbindende Paare und familien und für ökumenisch Interessierte, 7. bis 9. oktober, Dornstadt bei Ulm. Information und Anmeldung: Telefon 0711 86006-90, E-Mail: [email protected]

TErMINE

abstatt-Happenbach ::: Gemeindezentrum friedens-kirche, richard-Bäuerle-Straße 3, 23. September, 20 Uhr, Black Gospel live mit Caroline Aigbe und gospel.ag Band.

Stuttgart-Bad cannstatt ::: Christuskirche, Daimlerstraße 15, 10 Uhr, Abschlussfest zur restaurierung der Christus-kirche. Informationen unter Telefon 0711 565566.

Weinsberg ::: Christuskirche, Bleich 38, 25.9., 20 Uhr, Claas P. Jambor – solo, Informationen unter Telefon 07134 2782.

rUNDfUNK

im internet

radio m kompakt: Podcast- Magazin – engagiert. radio m im gespräch: Podcast-Gespräche über den Glauben. radio m Themen: Berichte und reportagen. radio m andachten: Kostenlos zu abonnieren:www.radio-m.deradio m bei klassik radio(bundesweit) Andachten »Carpe diem«:19. bis 24.9., kurz nach 6 Uhr:mit Anja Kieser;Sonntagsmagazin »Klassik und Kirche«: sonntags, 7–8 Uhr: mit Anja Kieser.

radio arEF – sonn- und feiertags von 10-12

Uhr. www.aref.de und UKW 92,9 MHz (Großraum Nürnberg)

ErFJeden Donnerstag,

20 Uhr, Bilanz, mit Horst Marquardt.

Br2 radio25.9., 6.45 Uhr, PoSITIoNEN, mit reiner Kanzleiter.

phoenix 17.9., 20.15 Uhr,

Petrus der fels.

AUfGENoMMEN

neuenhain i.Ts. ::: am 21. August Johannes Bolay (21), yasemin Dere (20), Matthias Hartmann (17), Jan Hitschfeld (20) und Susanne Trick (17).

WIr GrATUlIErEN

Braunschweig ::: Herbert Preuss zum 90. Geburtstag.Eichwalde ::: Hanna und Günter rätzer zur goldenen Hochzeit.Ellefeld ::: ruth löffler zum 90. Geburtstag.Friedrichsdorf ::: feodora leonhardt zum 90. Geburtstag; Marta Volz zum 90. Geburtstag.Hamburg-Eimsbüttel ::: renate und Hans-Walter Boller zur goldenen Hochzeit.Hannover ::: Hanna und Paul Tiedtke zur diamantenen Hochzeit.

naila ::: Elfi und Herbert Heinrich zur goldenen Hochzeit.neuhütten ::: Christine und fritz Schmidgall zur goldenen Hochzeit.raschau ::: Hanna fischer zum 90. Geburtstag; Johanna lein zum 90. Geburtstag.recklinghausen/Marl ::: Marianne Hirsch zum 90. Geburtstag.Schneeberg ::: Anita und Horst Anger zur goldenen Hochzeit.Sindelfingen ::: Marianne und Pastor i.r. friedrich Macco zur goldenen Hochzeit.Wolfsburg ::: Alma und Kurt redweik zur goldenen Hochzeit.Wüstenrot ::: Hanna und Gerhard Hüfner zur diamantenen Hochzeit; Ursula Prinzing zum 90. Geburtstag.zschorlau ::: Esther leonhardt zum 90. Geburtstag.

HEIMGEG ANGEN

albstadt-Tailfingen ::: Edi lorch am 24. August, 70 Jahre.allendorf/Eder ::: luise franziska Weirich geborene Traute am 15. Juni, 93 Jahre.Bebra ::: Elisabeth Grebe am 12. August, 90 Jahre; Dr. Heinrich Caselitz am 13. August, 84 Jahre.Berlin-kreuzberg ::: Hildegard Massau geborene Pieper am 23. August, 93 Jahre.Berlin-Wittenau ::: Günter Marinski am 16. August, 95 Jahre.Burkhardtsdorf ::: Hanna Zinke am 23. August, 90 Jahre.dittersdorf ::: Hildegard Büttner am 3. August, 91 Jahre.Fellbach ::: Eugen Kollmer am 21. August, 97 Jahre.

wowannwas

Freiburg ::: Karin Meyer geborene Mayer am 10. August, 74 Jahre.Friedrichsdorf ::: Ernst Hecker am 11. Juli, 87 Jahre.Heimsheim ::: Dieter Körner am 13. August, 89 Jahre.kassel ::: ruth Ganns am 10. August, 97 Jahre.kirchentellinsfurt ::: Erika finger am 21. August, 77 Jahre. Sindelfingen ::: Heinrich rothfuß am 16. August, 82 Jahre.Tuningen ::: Adelinde Szugsdies geborene Sölch am 23. August, 82 Jahre.vorpommern ::: frieda Kedrowski am 9. August, 82 Jahre.zschorlau ::: lisbeth Große geborene Brüderlein, am 20. August, 90 Jahre.

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Im Gespräch: Stanley Jones und Bischof friedrich Wunderlich.

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Christlicher Ashram – ist das nicht ein Wider-spruch in sich? Wie kann ein Ashram, also eine Besinnungsart der Hindus, christlich sein? Ist

das nicht eine gefährliche Vermengung von Religio-nen? Irritationen dieser Art haben dazu geführt, dass die deutsche Ashram-Bewegung bereits seit einigen Jahren stattdessen von geistlichen »Einkehrtagen« spricht. »Ashram« kommt aus dem Sanskrit (alt-in-disch) und bedeutet so viel wie »weg von harter Ar-beit«.

Es war der amerikanische Missionar Dr. Eli Stanley Jones (1884–1973), der diese Art religiöser Besinnung bei den Hindus kennen und schätzen gelernt hat. 1907 sendet die methodistische Missionsgesellschaft in den USA den Dreiundzwanzigjährigen nach Indien. Zu-nächst arbeitet er unter den Ausgestoßenen, und zwar der Kaste der Diebe – aus der später einige der besten indischen Prediger kamen. Bald wird er mit dem Amt des Superintendenten für den Lucknow-Distrikt be-traut, außerdem leitet er das methodistische Verlags-haus.

dienst unter den intellektuellenJones bekommt Kontakt zu gebildeten Schichten: Beim Tennisspielen lernt der Sportsmann Stanley Ärzte, Ju-risten und Verwaltungsbeamte kennen. Ein Hindu-Richter fragt ihn, warum er sich nur um Randgruppen kümmere: »Wir brauchen Sie auch!« Dadurch wird ihm seine Lebensaufgabe klar: der evangelistische Dienst unter den Intellektuellen der höheren Kasten. Jones studiert den Hinduismus und hält landauf land-ab Vorträge vor gebildeten Nichtchristen. Dabei stellt er ihnen allein den biblischen Christus vor Augen, los-gelöst von allem kirchlichen Beiwerk. Nach seinem Vortrag beantwortet er Fragen.

Eine literarische Frucht seiner Tätigkeit ist das Buch »The Christ of the Indian Road« von 1925. Drei Jahre später erschien es bereits in dritter Auflage als »Der Christus der indischen Landstraße«.

In seinem Dienst merkt Stanley aber, wie sein per-sönliches geistliches Leben mit seiner Verkündigung

nicht mehr Schritt hält. Wenn Leben und Lehre über-einstimmen sollen, kann der Verkündiger nicht nur geben, er muss auch empfangen. Die Sendung muss aus der Sammlung kommen. Er schreibt: »Ich kam zu dem Schluss, dass ich die Disziplin einer Gruppe nötig hatte sowohl für mich selbst als auch für meinen Dienst.«

So kommt er auf die Idee, den indischen Ashram für sein Anliegen nutzbar zu machen. Hatte er doch selbst einen Ashram unter der Leitung von Mahatma Gandhi (1869–1948), dem Vater des modernen Indien, miter-lebt. Er schreibt darüber: »Gandhis Ashram organi-sierte sich um die Persönlichkeit Gandhis und spiegelte seinen Geist und sein Anliegen wider. Es ist also der ›Guru‹ (Lehrer), der den Ashram zu etwas Gutem oder Schlechtem macht. Im ›christlichen Ashram‹ haben wir auch einen ›Guru‹, aber niemals einen menschlichen; denn kein Mensch ist gut und weise genug, um der Mittelpunkt einer religiösen Bewegung sein zu kön-nen. Deshalb beschlossen wir: Der Guru unseres Ashram ist allein Jesus Christus.«

Stanley Jones hat also nichts anderes getan, als eine hinduistische Form mit christlich-biblischem Inhalt zu füllen. Ein christlicher Ashram meint demnach so-

ferien mit Gott: Wie der Ashram nach Deutschland kamKann ein hinduistisches ritual christlich sein? Ja, sagte der amerikanische Missionar Stanley Jones. Er entdeckte in Indien den »Ashram«, besonders gestaltete Einkehrtage, und richtete sie auf Jesus Christus aus. Vor 50 Jahren kam die Idee auch nach Deutschland und fand viele Interessierte. Hans Jakob reimers blickt zurück.

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viel wie »Ferien mit Gott«. Der Ashram will die Mög-lichkeit bieten, zur Stille vor Gott zu gelangen. Dieser Sachverhalt lässt sich von einer Seite her beleuchten, von der wir wohl zuletzt Aufschluss erwarten würden: In der litauischen Sprache heißt »ashramus« so viel wie: »Ich werde still.«

die »Stunde der offenen Herzen«1930 hält Stanley Jones selbst den ersten christlichen Ashram in Sat Tal (zu deutsch: »Sieben Seen«), einem 162 Hektar großen Anwesen bei Lucknow im gemä-ßigten Klima unterhalb des Himalaya. Kriegsbedingt kommt diese Arbeit in Indien 1940 allerdings zum Er-liegen. Als unerwünschter Ausländer muss er die da-mals noch britische Kronkolonie verlassen. Nun macht er den Ashram in seiner Heimat, den USA, bekannt.

Ein Charakteristikum des Ashram ist das immer-währende Gebet: In einem separaten Raum sollte stän-dig jemand beten, ursprünglich im Stunden-Takt rund um die Uhr. In Deutschland ist man bald dazu überge-gangen, nur tagsüber zu beten, und zwar im halb-stündlichen Wechsel. In dem dafür vorgesehenen Raum liegt ein Heft aus, in das Gebetsanliegen einge-tragen werden.

Nach dem Abendsegen ist Schweigen geboten bis zum nächsten Morgen. Das Schweigen wird beendet nach der Stillen Zeit mit dem Gruß »Jesus ist Herr«. Jeder Ashram beginnt mit der so genannten »Stunde der Offenen Herzen«. Alle Teilnehmenden haben Gele-genheit, ihre Erwartungen zu äußern. Am Ende der Freizeit steht die »Stunde der überfließenden Herzen«. Sie gibt allen die Möglichkeit, der Gruppe mitzuteilen, welchen Segen sie in den Tagen empfangen haben. Vo-rausgeht als Höhepunkt der Segnungsgottesdienst. Alle können sich unter Handauflegung segnen lassen.

Die Vormittage und Abende gehören den Bibelar-beiten. Nach dem Mittagessen haben alle die Zeit bis 16 Uhr zur freien Verfügung. An den Nachmittagen treffen sich Gebetsgruppen. Schwerpunkte der Fürbit-te sind Persönliches, die jeweilige Heimatgemeinde, die Kirche Jesu Christi weltweit und Brennpunkte der Weltpolitik.

Bereits im August 1931 veröffentlicht Stanley Jones im methodistischen Sonntagsblatt »Der Evangelist« einen großen Artikel unter der Überschrift »Jesus in einer indischen Waldschule«. Darin berichtet er über seine Ashramarbeit in Indien. Es wird aber noch drei-ßig Jahre dauern, bis er den ersten Ashram in Deutsch-land anbieten kann: Das geschieht vom 11. bis 14. Juni 1961 im damals gerade erst eingeweihten »Haus der sieben Brüder« in Hunoldstal/Taunus. An ihm nimmt neben manchen Pastoren auch Bischof Wunderlich (1896–1990) teil. Damals gehörte auch noch körper-liche Arbeit dazu.

Einer der Bahnbrecher der Ashramarbeit in Deutsch-land ist Pastor Wolfgang Hammer (1919–1999), der spätere Kongo-Missionar. Seine Nachfolge tritt Paul Orlamünder (1904–1986) an. Zwischen 1972 und 1982 lädt er achtzehnmal zu Ashram-Tagungen ein: nach Hunoldstal und Braunfels, später nach Wüsten-rot. Ihm assistiert Hermann Neef (1921–2010). Er hat die Arbeit 1993 von Wüstenrot nach Vesperweiler bei Freudenstadt verlegt.

Die mit Abstand meisten Freizeiten im Sinne des Christlichen Ashram hat Siegfried Ermlich verantwor-tet – insgesamt über 60. Der Schwerpunkt seiner Ashramarbeit war der norddeutsche Raum mit den Ta-gungsorten Braunfels und Oewerdiek, Clausthal und Klecken, der Heideburg und dem Sunderhof in Seevetal bei Hamburg. Als Gastredner war der schwedische Pas-tor unserer Kirche, Sten Nilsson, zwölfmal dabei, aus England der methodistische Pastor Bill Burridge.

In einem Prospekt heißt es: »Die Christliche Ashram-Bewegung ist nur einer unter den Versuchen, die Gemeinschaft der Kirche Jesu Christi zu erneuern. Sie ist ein Weg, der beschritten wird hin zu dem, der von sich gesagt hat: Ich bin der Weg.« fo

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Die nächsten Einkehrtage sind für die Zeit vom 16. bis 20. November 2011 im Haus Höhenblick in Braunfels vorgesehen sowie vom 27. Juni bis zum 1. Juli 2012 in Vesperweiler bei freudenstadt. Informationen zu Braunfels unter Telefon 06442 9370, E-Mail: [email protected]; Informationen zu Vesperweiler unter Telefon 06403 7746343, E-Mail: [email protected]

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EMK-DiaKoniE: Wir MElDEn uns zu Wort Helfen und Heilen 21

»Es zählt nur der Glaube, der in der liebe tätig ist«. Paulus schrieb dies an die Gemeinden in der Gegend von ankara. Es wurde ein zentrum methodistischer Frömmigkeit. Für John Wesley gehörte diese zusammenfassung von Glau-be als liebe in das alltägliche leben. Die Einheit von Wort und tat war eine Wirklichkeit seines lebens. »Wir können gar nicht anders, als den nächsten zu lieben, wenn wir wirk-lich der liebe vertrauen, mit der Gott uns geliebt hat«, predigte er seinen zuhörern.Jahrzehnte lang war es in Deutschland üblich, denen, die sich einer methodistischen Gemeinde anschließen wollten, vorher ein kleines Blättchen in die Hand zu geben. sie soll-ten prüfen, ob sie sich auf die darauf beschriebene art, ihren Glauben zu leben, einlassen wollten. Drei unverzicht-bare Elemente waren darauf beschrieben, die untrennbar zusammengehören. sie fordern zu einem heiligen leben auf, in dem der Glaube in der liebe zur Wirkung kommt. Wer in der methodistischen Gemeinschaft Mitglied werden und bleiben will, der oder die soll: Erstens, nichts Böses tun, sondern Böses aller Art vermeiden. Konkret hieß das auch den Sonntag heiligen, keine Trunkenheit, kein Sklavenhalten, keine nichtversteuerten Waren kaufen oder verkaufen … zwei-tens: Gutes tun, in jeder Hinsicht nach dem Vermögen sich barmherzig erweisen, bei jeder Gelegenheit Gutes aller Art, soweit die Kräfte reichen, allen Menschen erzeigen. Das hieß: Hungrige speisen, nackende kleiden, Kranke und Gefange-ne besuchen und ihnen behilflich sein … Drittens: die von Gott verordneten Gnadenmittel gebrauchen, d. h. Gottes-dienstbesuch, abendmahlsteilnahme, Gebet und schrift-forschung, verbunden mit einem christlichen lebensstil.

Die Übersicht zeigt: es geht nicht um dogmatische richtig-keiten, so wichtig sie sind, sondern um den bewusst diako-nisch gestalteten Glauben.als vor einiger zeit alle Kirchen in Deutschland das »Jahr der Bibel« gestalteten, organisierte anschließend unsere Kirche – leider alleine – ein »Jahr der Diakonie«. Das war typischer ausdruck methodistischer Frömmigkeit. zur Bibel gehört die Diakonie, zur Diakonie die Bibel.als in Frankfurt am Main, Hamburg und Berlin methodisti-sche Gemeinden entstanden, lebten sie mit den ersten Dia-konissen unter einem Dach. Diakonissen suchten in den Großstädten die Ärmsten auf, die Prediger und Gemeinde-glieder unterstützten sie. Vorbildlich, ja selbstverleugnend gewagt war der Einsatz der Diakonissen in Hamburg, als die stadt 1892 von einer Cholera-Epidemie heimgesucht wurde. Es war ein mutiges gemeinsames zeugnis.Die weitere Entwicklung zeigte, dass es für die Gemeinde bequem war, mit Krankenhäusern und Gemeindeschwestern eine »diakonische abteilung« zu haben, auf die man sich verlassen konnte und die ihnen viele Dienste abnahmen. Es ist hoffnungsvoll, dass unsere Gemeinden ihre diakoni-sche Verantwortung selber wieder entdecken. Wer genau auf das Wort der Bibel hört und wer ehrlich betet, der kann »gar nicht anders, als den nächsten dienend zu lieben«. Karl Heinz Voigt, Pastor i.R.

Die erstaunliche diakonische Wirksamkeit von Gemeinde und Diakonissen beschreibt Karl Heinz Voigt konkret in seinem 2010 erschienen Buch »Methodistische Mission in Hamburg 1850–1900«.

Glaube ist in der liebe tätig

Gemeinde und Diakonie

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22 Helfen und Heilen EMK-DiaKoniE: Wir MElDEn uns zu Wort

zweimal in der Woche bieten die Ge-meinderäume der Evangelisch-metho-distischen Kirche in Görlitz Platz zur Begegnung für Menschen, die sonst wenig Möglichkeit zur Gemeinschaft haben oder denen es oft nicht leicht

fällt, sich anderen Menschen zu öff-nen. zwischen 10 und 20 Frauen und Männer unterschiedlichen alters fi n-den sich zusammen, denen eines ge-meinsam ist: sie leiden an psychi-schen Erkrankungen. nicht selten führen solche Beeinträchtigungen des seelischen lebens zu sozialer isola-tion, stigmatisierung, Einsamkeit und – damit einhergehend – zur Vernei-nung der eigenen Persönlichkeit oder grundsätzlicher des lebens überhaupt. Dies wollten ein Gemeindeglied und der auf dem Bezirk tätige Pastor, rein-hard Melzer, nicht einfach tatenlos hinnehmen. und so regten sie an, die Gemeinderäume für die Begegnung psychisch erkrankter Menschen zu öff-nen. anfangs gab es verständlicher-weise viel unsicherheit: Würde man sich auf diese leute einstellen kön-nen? Ja, würde überhaupt jemand von

dieser Möglichkeit Gebrauch machen und sich damit ja auch als Betroffener zu erkennen geben? Bald aber schon zeigte sich, dass der Bedarf durchaus vorhanden war und das angebot des treffpunkts rege angenommen wurde. Der zuspruch war sogar so groß, dass die damit verbundenen aufgaben nicht mehr ehrenamtlich oder neben-amtlich zu bewältigen waren. Dank intensiver unterstützung und Förde-rung durch die arbeitsagentur gelang es, eine sozialarbeiterin zumindest zu 50 Prozent anzustellen, freilich nur für eine begrenzte zeit. zudem konnten Personen auf der Basis einer zuver-dienstmöglichkeit die räumlichkeiten den Erfordernissen des treffpunktes besser anpassen und kreative tätig-keiten der teilnehmenden anleiten. auch durch diesen Personenkreis er-

weiterte sich der Besucherstamm kontinuierlich. Wenn die Menschen dort zusammen-kommen, dann dient dies der Begeg-nung, dem austausch und der gegen-seitigen stärkung. Durch verschiedene

Möglichkeiten künstlerischer Gestal-tung werden aber auch die kreativen Fähigkeiten der Besucherinnen und Besucher gefördert. richtige Kunst-werke sind im laufe der Jahre ent-standen, die auch durch ausstellun-gen einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. und selbstverständlich darf das Feiern nicht fehlen, was in gewissen abstän-den auch Gelegenheit zur Begegnung mit Gemeindegliedern bietet. im Jahr 2010 hat das Evangelisch-me-thodistische Diakoniewerk Bethanien mit sitz in Chemnitz die trägerschaft für diese arbeit übernommen, nach-dem sie bis dahin bei der Kirche ange-siedelt war. leider ist es bis heute nicht gelungen, eine regelfi nanzierung für diese wich-tige tätigkeit zu erhalten. angesichts der derzeitigen Kürzungen im sozial-haushalt des landes sachsens ist die Hoffnung auch eher verhalten. Den-noch wird derzeit der Versuch unter-nommen, den treffpunkt zu einer Kontakt- und Beratungsstelle auszu-gestalten, was freilich nur durch die Bewilligung einer weiteren Förderung, durch die Gewinnung von Kooperati-onspartnern und die deutliche Erhö-hung des spendenaufkommens mög-lich wäre. Eine Fortsetzung der arbeit ist auf jeden Fall wünschenswert, ja um der Besucherinnen und Besucher willen dringend erforderlich. Ein satz einer teilnehmerin unterstreicht das eindrücklich: »Wenn es den treffpunkt nicht gäbe, dann gäbe es mich auch nicht mehr.«

Pastor Frank Eibisch, ChemnitzDirektor des Evangelisch-methodisti-schen Diakoniewerks Bethanien

Hand in Hand: treffpunkt Görlitz – ein ort der Geborgenheit

Kunstwerk einer Besucherin aus dem Treffpunkt Görlitz

Treffpunkt-Besucher präsentierten sich mit einem Stand beim Altstadtfest

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23Helfen und Heilen

Die Bethesdagemeinde Wuppertal- Elberfeld ist seit jeher dem heutigen agaplesion Bethesda Krankenhaus und seniorenzentrum sowie der stadtteil-arbeit, dem second-Hand-laden und dem Gästehaus der Diakonissen-schwesternschaft Bethesda verbun-den – und das nicht nur durch die räumliche nachbarschaft. Durch Ge-bet und ehrenamtliche Mitarbeit brin-gen sich Gemeindeglieder ein. sowohl die außenwirkung als auch die identi-fi kation der Gemeinde werden darum auch vom label »Bethesda« mitge-prägt. sie entwickelt und platziert je-doch auch ein eigenes Profi l. Freundli-ches, förderliches und vertrauensvolles interesse wird ihr dabei entgegen ge-bracht.Besonders gilt das für die Bethesda Kindertagesstätte: sie wurde 1998 durch das Diakoniewerk und das Kran-kenhaus Bethesda sowie die Bethes-dagemeinde gegründet. Kirche und Kindertagesstätte stehen nebeneinander. Das gilt für die Gebäu-de, die kaum 10 schritte voneinander trennen. Das gilt aber auch für die Men-schen: anstoß zum Betrieb einer Kita war damals der Wunsch, ein angebot für die Mitarbeitenden im Diakonie-werk und für die Menschen des stadt-viertels zu machen. Für Kinderbetreu-ung gibt es einen großen Bedarf. Die Gemeinde will sich bisher gemeinde-fremden Menschen bewusst öffnen.Die Kindertagesstätte zeichnet sich durch ein hohes niveau aus in Bezug auf Gebäude, ausstattung, Personal-schlüssel und die inhaltlichen stan-dards. so wird es vielen erleichtert, Familie und Beruf zu vereinbaren.Das christliche Welt- und Menschen-bild berührt viele themen, Fragen und

Problemstellungen von jungen Fami-lien. Das ist in Elterngesprächen oft entscheidend hilfreich. Die christliche Kultur ist spürbare Grundlage der ar-beit und des umgangs mit den Kin-dern. Der Bedarf nach beratender und praktischer Hilfe wächst. Berührungs-punkte zwischen Kita und Gemeinde sind zum Beispiel gemeinsame Gottes-dienste. sie werden im team vorberei-tet und sind, was themen, Öffentlich-keitsarbeit, Verkündigung, Musik und Medien anbelangt, auf Bedürfnisse und Kultur von Eltern und Kindern ausgerichtet. Das hat auswirkungen auf das gesamte Gottesdienstleben der Gemeinde und ist durchaus noch ausbaufähig.Die persönlichen Kontakte, die zwi-schen Kita und Gemeinde entstehen sollen, sind herausfordernd. nur ver-bindliche Kontakte können ein sozial-diakonisches angebot zu einer Chance des Gemeindeaufbaus werden lassen. Hilfreich sind die gemeinsamen »Brun-ches« nach den Familiengottesdiensten.Eine neue, gemeinsame Kultur des Feierns entwickelt sich. Jährliche

Höhepunkte bilden die Christvesper und im sommer der open-air-Gottes-dienst zur segnung der schulkinder. Das angebot der Kita wird von der Gemeinde mit ihrem schwerpunkt »Junge Familien« durch eine Krabbel-gruppe, die sonntagsschule, das jähr-liche Kinder-Übernachtungswochen-ende und – perspektivisch – durch den Jugendkreis ergänzt. Die Kita ist ein hilfreiches und integratives angebot. in vier Gruppen leben 85 Kinder. Bis zu zwölf von ihnen sind unter drei Jahre alt. Knapp 30 Kinder haben einen Migrationshintergrund. ihre Familien sind agnostisch, muslimisch und christlich in reichen schattierun-gen: evangelisch, freikirchlich, ka-tholisch oder orthodox. Damit sind der Bethesda-Kita und die Bethesda-gemeinde in Wuppertal-Elberfeld ein spiegel der Gesellschaft und ihrer Probleme, ihrer Chancen und der Möglichkeiten, uns hilfreich für ande-re einzubringen.

Pastor Thorsten KelmGemeinde Wuppertal-Elberfeld

Hand in Hand: treffpunkt Görlitz – ein ort der Geborgenheit

Hand in Hand: Die Kleinen gehören dazu

Die Kinder-tagesstätte (Gebäude rechts) befindet sich unmittelbar neben der Kirche der Bethesda-gemeinde in Wuppertal- Elberfeld.

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23Helfen und Heilen

Die Bethesdagemeinde Wuppertal- Elberfeld ist seit jeher dem heutigen agaplesion Bethesda Krankenhaus und seniorenzentrum sowie der stadtteil-arbeit, dem second-Hand-laden und dem Gästehaus der Diakonissen-schwesternschaft Bethesda verbun-den – und das nicht nur durch die räumliche nachbarschaft. Durch Ge-bet und ehrenamtliche Mitarbeit brin-gen sich Gemeindeglieder ein. sowohl die außenwirkung als auch die identi-fi kation der Gemeinde werden darum auch vom label »Bethesda« mitge-prägt. sie entwickelt und platziert je-doch auch ein eigenes Profi l. Freundli-ches, förderliches und vertrauensvolles interesse wird ihr dabei entgegen ge-bracht.Besonders gilt das für die Bethesda Kindertagesstätte: sie wurde 1998 durch das Diakoniewerk und das Kran-kenhaus Bethesda sowie die Bethes-dagemeinde gegründet. Kirche und Kindertagesstätte stehen nebeneinander. Das gilt für die Gebäu-de, die kaum 10 schritte voneinander trennen. Das gilt aber auch für die Men-schen: anstoß zum Betrieb einer Kita war damals der Wunsch, ein angebot für die Mitarbeitenden im Diakonie-werk und für die Menschen des stadt-viertels zu machen. Für Kinderbetreu-ung gibt es einen großen Bedarf. Die Gemeinde will sich bisher gemeinde-fremden Menschen bewusst öffnen.Die Kindertagesstätte zeichnet sich durch ein hohes niveau aus in Bezug auf Gebäude, ausstattung, Personal-schlüssel und die inhaltlichen stan-dards. so wird es vielen erleichtert, Familie und Beruf zu vereinbaren.Das christliche Welt- und Menschen-bild berührt viele themen, Fragen und

Problemstellungen von jungen Fami-lien. Das ist in Elterngesprächen oft entscheidend hilfreich. Die christliche Kultur ist spürbare Grundlage der ar-beit und des umgangs mit den Kin-dern. Der Bedarf nach beratender und praktischer Hilfe wächst. Berührungs-punkte zwischen Kita und Gemeinde sind zum Beispiel gemeinsame Gottes-dienste. sie werden im team vorberei-tet und sind, was themen, Öffentlich-keitsarbeit, Verkündigung, Musik und Medien anbelangt, auf Bedürfnisse und Kultur von Eltern und Kindern ausgerichtet. Das hat auswirkungen auf das gesamte Gottesdienstleben der Gemeinde und ist durchaus noch ausbaufähig.Die persönlichen Kontakte, die zwi-schen Kita und Gemeinde entstehen sollen, sind herausfordernd. nur ver-bindliche Kontakte können ein sozial-diakonisches angebot zu einer Chance des Gemeindeaufbaus werden lassen. Hilfreich sind die gemeinsamen »Brun-ches« nach den Familiengottesdiensten.Eine neue, gemeinsame Kultur des Feierns entwickelt sich. Jährliche

Höhepunkte bilden die Christvesper und im sommer der open-air-Gottes-dienst zur segnung der schulkinder. Das angebot der Kita wird von der Gemeinde mit ihrem schwerpunkt »Junge Familien« durch eine Krabbel-gruppe, die sonntagsschule, das jähr-liche Kinder-Übernachtungswochen-ende und – perspektivisch – durch den Jugendkreis ergänzt. Die Kita ist ein hilfreiches und integratives angebot. in vier Gruppen leben 85 Kinder. Bis zu zwölf von ihnen sind unter drei Jahre alt. Knapp 30 Kinder haben einen Migrationshintergrund. ihre Familien sind agnostisch, muslimisch und christlich in reichen schattierun-gen: evangelisch, freikirchlich, ka-tholisch oder orthodox. Damit sind der Bethesda-Kita und die Bethesda-gemeinde in Wuppertal-Elberfeld ein spiegel der Gesellschaft und ihrer Probleme, ihrer Chancen und der Möglichkeiten, uns hilfreich für ande-re einzubringen.

Pastor Thorsten KelmGemeinde Wuppertal-Elberfeld

Hand in Hand: treffpunkt Görlitz – ein ort der Geborgenheit

Hand in Hand: Die Kleinen gehören dazu

Die Kinder-tagesstätte (Gebäude rechts) befindet sich unmittelbar neben der Kirche der Bethesda-gemeinde in Wuppertal- Elberfeld.

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2224 Helfen und Heilen EMK-DiaKoniE: Wir MElDEn uns zu Wort

iMPrEssuM FÜr DiEsE EinHEFtunGHerausgeber: Evangelisch-methodistische Diakoniewerke (EmD) • Redaktion für diese Ausgabe: oberin schwester Elisabeth Dreckhoff, Diakonissen- schwesternschaft Bethesda e.V., Hainstraße 41, 42109 Wuppertal, telefon 0202 26551110, E-Mail: [email protected] • Fotos: Bettina osswald, privat

Das seniorenzentrum Martha-Maria nagold wurde am 17. Mai 2007 einge-weiht und ist die nachfolgeeinrich-tung für das alten- und Pfl egeheim Pilgerruhe. Die Pilgerruhe wurde im Jahr 1905 von Pastor Wilhelm Klein-knecht als »letzte lebensstätte für arme, alte und schwache« mit 35 Plätzen gegründet. Bis 1998 war das alten- und Pfl egeheim in der träger-schaft des sozialwerks süd der Evangelisch-methodistischen Kirche. seit 1999 ist das Diakoniewerk Mar-tha-Maria träger der Einrichtung.zum ziel hat sich das seniorenzentrum gesetzt, älteren, pfl egebedürftigen Menschen Hilfe zu geben, ihnen Gebor-genheit und sicherheit zu vermitteln und sie bei ihrer lebensbewältigung zu unterstützen. Wir tun dies einerseits vor dem Hintergrund unseres christli-chen auftrags, dem sich die Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter verpfl ichtet fühlen, andererseits auf der fachlich-professionellen Grundlage eines mo-dernen Dienstleistungsunternehmens. Das seniorenzentrum bietet 84 Men-schen auf drei Etagen ein zuhause.

Mitten im Grünen und doch nur fünf Gehminuten vom nagolder stadtkern entfernt. in direkter nachbarschaft entsteht die landesgartenschau 2012. sie können einen Besuch der landes-gartenschau mit einem Besuch des seniorenzentrums Martha-Maria na-gold verbinden. angemeldete Ge-meindegruppen laden wir gerne zu Kaffee und Kuchen ein.Die sehr enge Beziehung zwischen dem nagolder Bezirk der Evangelisch-methodistischen Kirche und unserem Haus ist auch durch die trägerschaft des sozialwerkes der EmK entstanden. als das alten- und Pfl egeheim Pilger-ruhe in die trägerschaft des Diakonie-werkes Martha-Maria überging, blieb der sehr gute Kontakt bestehen. nach dem neubau und dem Einzug am 19. Mai 2007 in das seniorenzentrum Martha-Maria wurde der Kontakt durch die räumliche nähe noch hervorge-hoben. in sichtweite zur Evangelisch-methodistischen Friedenskirche steht das seniorenzentrum, sodass immer wieder einzelne Bewohnerinnen und Bewohner den Gottesdienst um 10.15

uhr in der Friedenskirche besuchen. Die EmK-Gemeinde sieht die unter-stützung der seniorinnen und senio-ren als ihren diakonischen auftrag. Der sonntägliche 9-uhr-Gottesdienst im seniorenzentrum wird von der EmK-Gemeinde musikalisch und pas-toral geleitet; einmal monatlich wird die Predigt vom Geistlichen der evan-gelischen oder katholischen Kirche übernommen. Bei den wöchentlich stattfi ndenden Bibelstunden wech-seln sich die Kirchen ab. neben den kirchlichen angeboten ist die Gemein-de sowie die Bevölkerung aus nagold und umgebung immer wieder zu den Veranstaltungen wie Konzerten, Vor-trägen, informationsveranstaltungen und jahreszeitlichen Festen in das

seniorenzentrum eingeladen. Gerne werden vom seniorenzentrum auch nachmittage für seniorenkreise ge-staltet. neben einem gemütlichen Beisammensein bei Kaffee und Ku-chen wird über die verschiedensten themen der altenhilfe informiert. zu-sätzlich besteht auch die Möglichkeit das seniorenzentrum Martha-Maria in nagold zu besichtigen.

Michael ZimberSeniorenzentrum Martha-Maria NagoldLeiter der Einrichtung

Hand in Hand: Mit betagten Menschen in nagold

Bewohner des Senioren-zentrums beim Sommerfest der Friedenskirche

iMPrEssuM FÜr DiEsE EinHEFtunGHerausgeber: Evangelisch-methodistische Diakoniewerke (EmD) • Diakonissen- schwesternschaft Bethesda e.V., Hainstraße 41, 42109 Wuppertal, telefon 0202 26551110, E-Mail: [email protected]

iMPrEssuM FÜr DiEsE EinHEFtunG

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unterwegs 19/2011 ::: 11. September 2011

2525Meine Meinung :::

recht auf fehlerMuss das wirklich sein? Das perfekte Gesicht, der perfekte Körper, die perfekte Ernährung, der perfekter lebenslauf, die perfekte familie, die perfekte Erziehung, die perfekte Geldanlage, die perfekte Gemeinde, die perfekte Kirche. Muss das wirklich sein? Es wird uns suggeriert, dass jeder heute die Möglichkeit hat alles richtig zu machen. Die Buchläden sind voll von ratgebern für alle lebenslagen. Im fernsehen wird gezeigt, wie man es richtig macht. Und wer es trotzdem nicht drauf hat, wird vor laufender Kamera an den Pranger gestellt. Muss das wirklich sein?

fehler zu haben oder fehler zu machen, scheint in unserer Gesellschaft etwas wirklich Schlimmes zu sein. In der Schule werden fehler mit schlechten Noten bestraft, lerneifer wird so im Keim erstickt. fehler im lebenslauf führen nicht selten zu Chancen losigkeit im Berufsleben. Muss das wirklich sein?

Ich finde, wir sollten alle das recht auf fehler haben. Was hätten wir für ein Entwicklungspotenzial, wenn wir ohne Angst vor Ausgrenzung zu fehlern stehen könnten. Stattdessen ist das ganze leben danach ausgerichtet eben diese zu vermeiden. Im öffentlichen leben gipfelt dies nicht selten darin, dass fehler mit kreativem Perfektionismus vertuscht werden. fehler werden überall schön geredet oder gar totgeschwiegen. Dabei gilt mein uneingeschränkter respekt denen, die Verantwortung für fehler übernehmen, selbst wenn sie dadurch Nachteile haben.

Das müsste wirklich sein: ohne viele Erklärungen fehler auf seine Kappe zu nehmen oder einfach dazu zu stehen. Es gibt nichts Menschlicheres, als nicht perfekt zu sein. Vielleicht sollte ich aufhören meine grauen Haare zu färben – mein fehler ist nur, dass ich noch nicht so weit bin.

SIMoNE SCHÄCHTErlE ist Sozialpädagogin und feste Autorin für »unter-

wegs«. Sie lebt mit ihrer familie in rutesheim.

Was meinen Sie?diskutieren Sie mit!www.board.emk.de

kirche im viertelFranz Meurer/Peter otten: Wenn nicht hier, wo sonst? Kirche gründlich anders, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2011, 192 Seiten, Klappenbroschur, 14,99 Euro. ISBN: 978-3-579-06560-1

Das, was in diesem Buch berichtet wird, wird nicht nur Metho-distinnen und Methodisten erfreuen, begeistern und anregen – sie aber hoffentlich besonders. Der Stadtteil, in dem Franz Meu-rer katholischer Pfarrer ist, liegt direkt neben dem, in dem wir wohnen. Es ist ein sozialer Brennpunkt mit hoher Arbeitslosig-keit, hohem Migrantenanteil und vielen Hartz IV-Empfängern. Wie ist da kirchliche Arbeit zu gestalten? Die grundsätzliche Antwort ist einfach: Den Menschen dort begegnen, wo sie sind, also die so genannten Geh-Strukturen stärken. Das macht die Kirche zu einem öffentlichen Raum und gibt vielen die Möglich-keit, sich zu engagieren. Eine Voraussetzung, die fast auf jeder Seite des geradezu aufregenden Buches durchschimmert, ist das Menschenbild, dass die Akteure in HöVi (so der »Kunstname des Kölner Doppelstadtteils Höhenberg und Vingst) bewegt: Niemand wird abgeschrieben, jeder ist kostbar; diejenigen, die vom Leben und ihrer eigenen Art geschlagen, verstört und belas-tet sind, besonders. Das Buch des Pfarrers und des Journalisten macht nachdenklich und begeistert zugleich. Wie von selbst stellt sich dir Frage: Was könnte in meiner Gemeinde verwirklicht werden, wenn wir wirklich die genannte Voraussetzung teilten und zu den Menschen gingen, statt auf ihr Kommen zu warten? Hartmut Handt

Shakespeare!William Shakespeare: Die lieder und Gedichte aus den Stücken. Englisch und deutsch, übertragen und mit Anmerkungen versehen von Kurt Kreiler, Insel Verlag, Berlin 2011, 212 Seiten, Halbleinen, 24,90 Euro. ISBN: 978-3-458-17506-3

Dieses schön aufgemacht Buch ist eine willkommene Veröffent-lichung für Literaturfreundinnen und -freunde, besonders für solche, die Lyrik lieben. Der herausgebende Shakespeare-Kenner Kreiler hat aus den Dramen des Dichters 67 Gedichte ausgewählt und übersetzt. In einigen wenigen Fällen lehnt er sich dabei an frühere Übersetzungen an. Neue Übersetzungen hält er für nötig, weil die früheren »die filigrane englische Lyrik manchmal zu Tode gereimt« hätten, während es »den modernen ... mehr auf die Stücke als auf die Lieder« ankomme.

Das Buch enthält zudem Informationen über die inhaltliche Stellung und Bedeutung der Gedichte in den jeweiligen Stücken, über literarische Entlehnungen und Parallelen, sprachliche Be-sonderheiten und zeithistorische Anspielungen. Hinzu kommt ein reichhaltiges Vertonungsverzeichnis. Hartmut Handt

Neu im Buchregal

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in Deutschland!

::: rätsel26

So spricht der Herr

auflösung des rätsels aus dem letzten Heft 18/2011

Nicht Schönheit ist die Erlösung

Genau das ist doch unsere Sehnsucht: Dass jemand mich in der

Masse von (aus meiner Sicht) Schöneren sieht, jemand, der

zehn Kühe zahlt, in dessen Liebe ich aufblühen kann, der mei-

ne Persönlichkeit so zum Leuchten bringt, dass Menschen mei-

ne Schönheit wahrnehmen.

Gott hat gezahlt! Er hat jeden von uns gesehen in der Mas-

se der Menschen und hat gesagt: Wie schön! Deine Augen,

dein Lachen, deine Gestalt. Gott sieht auch die Freude und die

Trauer in meinem Herz, meine Kämpfe, meine Mutlosigkeit und

meine Sehnsucht. Und er sagt zu mir: »Lebe mit MIR! Ich will

dir Raum geben, deine Schönheit zu finden und zu entfalten.«

Gott will Ihnen und mir die Gelegenheit geben, uns selbst zu

finden, ein JA zu uns zu finden und ein JA zu IHM.

Im Gegensatz zu dem, was uns die Werbung verspricht, ist

nicht Schönheit die Erlösung – es ist die Folge von Erlösung. Frei

vom Zwang der Selbsterlösung werden wir erst da, wo wir uns

rufen lassen, so wie die Frau in der Geschichte. Wo wir dem fol-

gen, der uns bedingungslos liebt und uns freimacht von falschen

Vorstellungen. Wenn wir Jesus folgen, der unsere Schuld tilgt –

Schuld, die viel schwerer wiegt als das »Sündigen« beim Essen

oder die falsche Creme –, dann erst sind wir erlöst und frei.

Es bleibt die Herausforderung gegen »reich, jung, schön«.

Aber ich will für mich entdecken, welche Kraft darin liegen

kann, nicht davon abhängig zu sein, sondern meinen Wert und

meine Schönheit in der Beziehung zu Gott zu finden.

Ich will mein individuelles Aussehen, mein Alter, meine Le-

bensumstände entspannt lächelnd annehmen und so der Liebe

Gottes mehr Recht geben als den Normen der Gesellschaft. Denn

es stimmt, dass Gott mich nach seinem Bilde (1. Mose 1, 27)

geschaffen hat, darum will ich diesem Stück Herrlichkeit Gottes

in mir mehr und mehr Raum geben, bis es nach außen strahlt im

Blitzen meiner Augen, meinen Emotionen, meinem Wesen.

Und dabei kann ich mir dann durchaus auch Mühe geben, die

»Hülle« schön zu gestalten – einfach, weil ich es wert bin!

DIE AUTOR IN für heute

Angelika Rieber

lebt in Langenargen.

Sie weiß um

ihre Schönheit,

und zwar um

die echte.

Wir freuen uns auf

Ihre Zuschriften:

[email protected]

IMPRESSUM

»für heute« wird herausgegeben vom Medienwerk

der Evangelisch-methodistischen Kirche in Deutschland

Ludolfusstraße 2-4, 60487 Frankfurt am Main

Redaktion: Thomas Mozer, Telefon: 0 79 45/94 00 03,

E-Mail: [email protected]

Gestaltung: Grafisches Atelier Arnold, Dettingen/Erms

Verantwortlich: Volker Kiemle

Herstellung: frechdruck GmbH, Stuttgart

Bezugspreis: Vierteljährlich € 3,70 zuzüglich Versand

Vertrieb: Blessings 4 you GmbH, Postfach 31 11 41,

70471 Stuttgart, Telefon: 0711/83 000-51, Fax: -50

Titelfoto: MEV

Foto innen: MEV

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llliiilil eeebbbeee eeerrfffrfr aafaffaf hhhrrreerer nn gggoootttttttt vvvveeerrrtttrtrrtr rrraaararrar uuueeennn

Bei meinem Bekannten mit der Flugangst könnte die Botschaft

seiner Angst sein: Du kannst nicht alles kontrollieren. Du kannst

dich nur hingeben und loslassen. Du kannst auf deinen Atem ach-

ten und versuchen, es dir so bequem wie möglich zu machen. Viel-

leicht gelingt es dir ja, in deiner Phantasie deine Ankunft vorzu-

stellen und was du dann alles tun möchtest. Er kann seiner Angst dann antworten: »Liebe Flugangst, schön,

dass du mich daran erinnerst, mich der Situation hinzugeben,

für mein Wohlergehen zu sorgen und mich zu entspannen.«Egal, worauf sich Ihre Ängste beziehen, nehmen Sie sie ernst.

Respektieren und akzeptieren Sie Ihre Ängste. Begegnen Sie Ihrer

Angst freundlich und versuchen Sie nicht, gegen sie zu kämpfen.

Dann kann es Ihnen gelingen, die Botschaft Ihrer Angst zu hören.

Versuchen Sie, mit Ihrer Angst ins Gespräch zu kommen. Fragen

Sie Ihre Angst, was sie Ihnen sagen möchte, ob Sie etwas überse-

hen haben und warum sie Sie ausgerechnet in diesem Moment be-

sucht. Vielleicht verlieren Sie durch das Gespräch mit Ihrer Angst

ein wenig die Angst vor der Angst und es gelingt Ihnen ein sorg-

samerer Umgang mit sich selbst.Beziehen Sie Gott in dieses Gespräch mit ein. Mit unserer Angst

müssen wir nicht alleine bleiben. Gott als Spender und Geber un-

serer Angstreaktionen weiß auch um die Botschaften unserer

Angst. Er weiß um die Hilfe, welche unsere Angst uns in gefahr-

voller Situation bietet, genauso wie über die Last, welche die

Angst macht, wenn wir sie überhören.Im Gespräch mit Gott können wir die Angst benennen und an ihn

weitergeben im Vertrauen, dass er es gut mit uns meint.

DE R AU T O R für heute Sven Tiesler

aus Cottbus, der sich in

ängstliche Menschen gut einfühlen kann.

Wir freuen uns auf Ihre Zuschriften:

[email protected]

I M P R E S S U M»für heute« wird herausgegeben vom Medienwerk

der Evangelisch-methodistischen Kirche in DeutschlandLudolfusstraße 2-4, 60487 Frankfurt am Main

Redaktion: Thomas Mozer, Telefon: 0 79 45/94 00 03, E-Mail: [email protected]

Gestaltung: Grafisches Atelier Arnold, Dettingen/ErmsVerantwortlich: Volker KiemleHerstellung: frechdruck GmbH, Stuttgart

Bezugspreis: Vierteljährlich € 3,70 zuzüglich VersandVertrieb: Blessings 4 you GmbH, Postfach 31 11 41, 70471 Stuttgart, Telefon: 0711/83 000-51, Fax: -50

Titelfoto: cc-vision

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Danke, liebe Angst!

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Lieber Vater. Ich danke dir, dass du mir zusprichst: Fürchte dich nicht. Diese Zusage macht mir Mut, wenn meine Angst mich packen und lähmen will. Ich bitte dich: Hilf mir, meine Angst als einen wertvollen Teil

von mir zu verstehen und mehr auf ihre Botschaft zu hören.

Schenke, dass ich meine Angst als eine Helferin begreife,

die mich im Leben unterstützen möchte.Amen.

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unterwegsHerausgegeben von derEvangelisch-methodistischenKirche in DeutschlandLudolfusstraße 2-460487 Frankfurt am MainZeitschriftenredaktionim Medienwerk der EmK:Redaktionsleiter Volker Kiemle Stellvertretender Redaktionsleiter Michael Putzke Ludolfusstraße 2-460487 Frankfurt am MainTelefon 069 242521-150Telefax 069 242521-159E-Mail: [email protected] • Anzeigen- undAbonnementsverwaltung:Blessings 4 you GmbHPostfach 31 11 41 · 70471 StuttgartTelefon 0711 83000-51 Telefax -50Anzeigendisposition:E-Mail: [email protected] gilt der Anzeigentarif 2011.Bezugspreise:Bei Bezug über die EmK-Gemeinde:im Quartal € 13,75. Bei Direktlieferung durch die Post: jährlich € 55,– + Versandkosten.Direkt gelieferte Abonnements verlängern sich jeweils um ein Jahr, wenn bis zum 30. September keine schriftliche Kündigung vorliegt. DTP-Produktion: Grafisches Atelier Arnold, 72581 Dettingen an der ErmsHerstellung: frechdruck GmbH, 70499 Stuttgart

Einheftung in dieser Ausgabe: Helfen & Heilen

Beilagen in dieser Ausgabe: Neukirchner

WeLLnessoaseHotel Artos, CH-3800 Interlaken, T +41 33 828 88 44, www.hotel-artos.ch

Der Christliche Sängerbund e.V. (CS) bietet als Chorverband mit rund 400 Chören überwiegend aus dem Bereich der Freikirchen Schulungen und Seminare an. Ein weiterer bedeutender Arbeitszweig ist die Ver­öffentlichung von Noten und anderer Literatur im angeschlossenen Verlag Singende Gemeinde. Die Bundesgeschäftsstelle koordiniert die Angebote des Vereins und des Verlages.

Für unsere Geschäftsstelle in Wuppertal suchen wir zum nächst­möglichen Zeitpunkt, spätestens jedoch zum 1. Januar 2012 eine/einen

Geschäftsführerin/Geschäftsführer mit Erfahrungen im VerlagswesenWelche Aufgaben erwarten Sie:

Verantwortung des operativen Geschäfts im Bereich Finanzen (Haushaltsplan, Gehalt, Verlagsbudget, Spenden)Personalverantwortung für die AngestelltenBüroleitung der GeschäftsstelleMitarbeit in der Öffentlichkeitsarbeit und im Marketingallgemeine VerlagstätigkeitenEntwicklung neuer Produktideen und deren UmsetzungOrganisation und Teilnahme am fachlichen Austausch (Gremienarbeit)Motivation und Einbindung ehrenamtlicher Mitarbeiterinnen und MitarbeiterKreative Weiterentwicklung des Fundraisings

Was Sie mitbringen sollten: Zugehörigkeit zu einer Kirche, die der VEF angehörtAbgeschlossene kaufmännische Ausbildung, idealerweise als Verlagskauffrau/­mann oder einige Jahre Berufserfahrung im (Musik­)VerlagswesenUnternehmerisches DenkenOrganisationstalent, Verlässlichkeit, Einsatzwille und KommunikationsfähigkeitÜberzeugendes und gleichzeitig verbindliches AuftretenSicherer Umgang mit dem PC

Was wir Ihnen bieten können:Geschäftsführungsposition in Voll­ oder Teilzeit (nach Absprache)Selbstständiges, verantwortungsvolles und abwechslungsreiches Arbeiten in einem guten Team aus Angestellten und Ehren­amtlichenBezahlung in Anlehnung an AVR Hilfe bei der Wohnungssuche

Selbstverständlich können Sie sich auch bewerben, wenn Sie die eine oder andere Voraussetzung (noch) nicht erfüllen.

Ihre Bewerbung mit Lebenslauf und ggf. weiteren Anlagen senden Sie bitte bis zum 15.10.2011 – gerne auch per E­Mail – an den Bundesvorsitzenden Pastor Gabriel Straka, Dieffenbachstr. 39, 10967 Berlin, Telefon 030­6 93 62 57, E­Mail gabriel.straka@cs­vsg.de

Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Er gilt als altmodisch, bedächtig und konservativ – und steht doch für eine politische Revolution. Er ist bekennender Katholik, Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken und hat doch dafür gesorgt, dass die seit über einem halben Jahrhundert regierende christliche Volkspartei abgewählt wurde. Das kenntnisreiche, kluge politische Porträt einer ungewöhnlichen Politik er­persönlichkeit. Und die Analyse einer spannenden politischen Bewegung, die in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Ein aktuelles Buch von zwei renommierten Journalisten, die den Weg und den Aufstieg des Winfried Kretschmann verfolgt haben, seit er 1979 die Grünen in Baden­Württemberg mitbegründete.

Peter Henkel/Johanna Henkel­Waidhofer:

Winfried KretschmannDas Porträt

Herder Verlag, 160 Seiten, Gebunden mit Schutzumschlag

ISBN 978-3-451-33255-5 • 14,95 €

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unterwegs 19/2011 ::: 11. September 2011

28 ::: Portrait

Zwei mit je zwei Pferden bespannte Kutschen halten vor dem Vier-Sterne-«Hotel am See« in Rheinsberg in Brandenburg. Das Aus- und Ein-

steigen der Fahrgäste dauert etwas länger. In der ersten Kutsche wird eine Rampe herausgeklappt. Zwei Frau-en auf elektrisch angetriebenen Rollstühlen müssen rangieren, bis es passt und sie gefahrlos die Rampe herabrollen können. Ein Mann braucht eine helfende Hand, weil er sehr wackelig auf den Beinen ist.

Etwas weniger Probleme scheinen die 20 Gäste in der zweiten Kutsche zu haben. Doch auch sie benöti-gen meist Hilfe. Sie sind blind oder leiden unter Mus-kelschwäche. Ein normaler Ferientag bei einem Ur-laubsangebot des Schweizer Vereins »Glaube und Be-hinderung«.

Doch der Verein will mehr, als einen schönen Ur-laub zu ermöglichen. »Es geht um unsere Beziehung zu Gott«, sagt die Vorsitzende des Vereins, Ruth Bai-Pfei-fer (Pfäffikon bei Zürich). Sie weiß aus eigener Erfah-rung, dass manche Betroffene an Gott zweifeln oder ganz ihren Glauben verlieren: Sie lebt selbst mit einer Muskelkrankheit – und kritisiert manche Fehlentwick-lungen. So erlebte sie 1988 den US-amerikanischen charismatischen Theologen John Wimber (1934–1997) in der Schweiz. Wimber vertrat die These, dass jeder behinderte oder kranke Mensch von Gott geheilt werden könnte, wenn er richtig glaube, genug bete und dem richtigen Heiler begegne. Sie fragte sich, ob sie ihr ganzes Leben lang falsch geglaubt habe. Konnte sie sich eigentlich noch zu einer christlichen Gemeinde halten, wenn sie nicht geheilt wurde?

auf gott wütend Mit ihrer direkten Art hatte sie viele Kontakte zu ande-ren Behinderten geknüpft. Viele Gesprächspartner er-lebte sie entmutigt: Eltern behinderter Kinder, Partner von Betroffenen und ihre Familien. Alle waren trotz Gebeten nicht gesund geworden. Sie mussten lernen, mit ihren Behinderungen zu leben. Beim Thema Hei-lung traf Ruth Bai-Pfeifer fast durchweg auf eine für sie unerwartet große Wut gegen Gott, aber auch gegen die sich immer mehr ausbreitenden charismatisch ge-prägten Gemeinden, falls in ihnen Heilung verspro-chen wurde. Ihr wurde klar: All diesen, von nicht ein-getroffenen Heilungen enttäuschten Behinderten muss ein »Auffangbecken« geboten werden, damit sie sich

nicht vom Glauben an Jesus Christus abwenden. 1989 gab es das erste Treffen in der Schweiz. Obwohl nur durch Mund-Propaganda dazu eingeladen wurde, ka-men 40.

Hauptredner war der nach einem Autounfall erblin-dete Bibelschul-Dozent Raymond Timm. Zugleich knüpfte sie Kontakte zu der bekannten amerikani-schen, durch einen Badeunfall querschnittsgelähmten Autorin Joni Eareckson Tada, die damals Ansprech-partner für ihre Arbeit in Europa suchte. 1992 wurde ein Verein als Arbeitszweig der Schweizerischen Evan-gelischen Allianz gegründet.

der körper als gefängnis Die Vorsitzende weiß: Behinderte Menschen empfin-den ihren Körper oft als Gefängnis. Sie sind unver-schuldet dort hineingeraten. Aber die Entscheidung, wie sie damit umgehen, liegt bei ihnen. Das Bibelwort »Ich will dich nicht verlassen und dich nicht verges-sen« (Hebräer 13,5) beziehen christliche Behinderte bewusst auf sich. »Wir dürfen vertrauen, dass Jesus uns bis ans Ziel bringt«, sagt Ruth Bai-Pfeifer. Längst sind Freunde von »Glaube und Behinderung« Fachleu-te rund um alle geistlichen Fragen bei Behinderungen.

Auch in der Bibel finden sie Stellen. Wenn etwa Gott zu seinem Volk im alttestamentlichen Buch Zephania 3,19 sagt: »Ich bringe dich, mein Volk, nach Hause, auch diejenigen, die nicht mehr richtig gehen können.« Für die Behinderten ist klar: »Das gilt uns.« Bai-Pfeifer: »Er bringt uns dorthin, wo es kein Leid, keine Behin-derung, keine Tränen und keinen Tod mehr gibt.«

Wenn Gott nicht heilt 8,6 Millionen Menschen in Deutschland haben eine Behinderung, in der Schweiz sind es 865.000 – also jeweils über zehn Prozent der Bevölkerung. Darunter sind auch viele Christen. Um sie im Glauben zu stärken, hat die Schweizerin ruth Bai-Pfeifer vor mehr als 20 Jahren den Verein »Glaube und Behinderung« gegründet. Klaus rösler hat sie auf einer reise des Vereins getroffen.

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ruth Bai-Pfeifer