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Naunyn-Schmiedeberg's Arch. exp. Path. u. Pharmak. 242, 76--89 (1961)

Aus dem Pharmakologischen Institut der ]~edizinischen Akademie Diisseldorf (Direktor: Prof. Dr. K. G~EE~'F)

Vergleich der neurotoxischen Wirkung von Digitalisglykosiden und Geninen bei intracerebraler

und intraveniiser Injektion an ~I~iusen, Ratten und Meerschweinchen*

Von K. GREEFF** und H. l~ASPERAT

(Eingegangen am 20. Mai 1961)

Klinische Beobachtungen und tierexperimentelle Untersuchungen fiber die neurotoxisehenNebenwirkungen herzwirksamer Glykoside haben zu widerspruchsvollen Ergebnissen gefiihrt. Am Menschen beobachtete schon W. WITHERING, dal3 Digitalisglykoside in hoher Dosierung Er- regungssymptome, z.B. Kri~mpfe, Erbrechen oder Schwindel, auslSsen. Das ist bis in die heutige Zeit wiederholt best~tigt worden (1]bersicht bei ROTHLIN U. B~CHE~). Andererseits wurden nach Verabreichung mancher Glykoside, z.B. aus Adonis vernalis, auch sedative Wirkungen beob- achtet.

I m Tierversuch beobachtete als erster STRAUB (1916), dab an Fr6schen nach Injekt ion yon Digitoxigenin ,,Schreikriimpfe" und L~hmungen auf- t ra ten; da dem Glykosid (Digitoxin) diese Nebenwirkung fehlte, schloB STRAUB, dal~ die zuekerfreien Genine bei geringerer Herzwirksamkeit eine st~rkere Wh'kung auf das Zentralnervensystem besitzen. T]bereinstim- mend hiermit fanden C~EX u. Mitarb., dal3 auch an Katzen die i.v.- Injektion yon Digitoxigenin, nicht aber yon Digitoxin, Kr~mpfe ausl6st und dab die Brechwirkung des Strophanthins und des Digoxins geringer ist als diejenige ihrer Genine. Auch HEvJ3~v,~ beobachtete an Katzen nach subcutaner Injektion yon Digitoxigenin und Gitoxigenin Kri~mpfe, die mehrere Stunden lang anhielten. An Ratten, deren Herz gegeniiber der spezifischen Glykosidwirkung besonders unempfindlich ist, k6nnen auch dutch Glykoside (Seillirosid, Digitoxin u.a . ) Kriimpfe erzeugt werden (GOLD U. Mitarb. ; L]~DLE U. OLDE~BUnO). Da die Kr~mpfe bei Verabfolgung der Glykoside jedoeh erst nach einer Latenzzeit yon meh- reren Stunden auftraten, vermuteten L~NDL~, u. OLDENBURG, dab

* Ein Teil der Versuche wurde am Pharmakologisehen Institut der Universit/~t Frankfurt a. 1Vf. durchgeffihrt und ausfiihrlicher in der Dissertation yon H. KASPERAT (Frankfurt a. M. 1960) dargestellt.

** Mit Unterstiitzung der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

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wiihrend dieser Zeit ein Abbau der Glykoside zum Genin erfolgt sei. An M?iusen beobachteten KOCH u. K~]~II, nach intraven6ser Injektion hoher Digitoxindosen ebenfalls Kr~mpfe.

Demgegeniiber ist bekannt, dab herzwirksame Glykoside - - beson- ders Strophanthusglykoside und -genine - - auch Liihmungen verursachen k6nnen (GRSBElq~; GROSS; SA~TTESSON U. STRINDBERG; LEI~DLE u.a.). Wi~hrend friiher dieser liihmenden Wirkung meist ein zentraler Angriffs- punkt zugesprochen wurde, konnten GR~FF u. WESTERMANN 8n Ra t t en nach l~hmenden Strophanthin-Dosen eine Hemmung der direkten und indirekten Erregbarkeit der Skeletmuskulatur und des Zwerchfells nach- weisen, die verbunden war mit einer dutch die Glykoside bedingten Kali//mie und einer Kalium-Verarmung der Muskulatur. Schon vorher hat te W~ST]~R~A~N gefunden, dab die neuromuskul~re Li/hmungs- wirkung des Succinylcholins und Decamethoniums am isolierten M~use- zwerchfell durch Strophanthin verst~rkt wird.

Kiirzlich versuchten I)AL RI u. SCHMIDT zu ermitteln, ob die nach Appli- kation vonStrophanthin und Digitalisglykosiden auftretende A temldhmung zentral oder peripher bedingt ist, indem sie gleichzeitig vom N. phrenicus und vom Zwerchfellmuskel Aktionspotentiale ableiteten: Nach intra- ven6ser Injekt ion von k-Strophanthin (1--2 mg/kg) kam es zu einer Ab- nahme der Aktionspotentiale des Zwerchfellmuskels, nicht aber des N. phrenicus; das spricht in Ubereinstimmung mit den Untersuchungs- ergebnissen yon GREEFF U. WESTElCMANN fiir eine periphere Hemmung der neuromuskuli/ren Erregungsiibertragung oder der Zwerchfellmusku- latur selbst. H6here Strophanthindosen (4 mg/kg) oder langsame intra- ven6se Infusion yon Strophanthin oder Digitoxin verursachten auch eine Abnahme der Aktionspotentiale des N. phrenicus, was fiir einen zentralen Angriffspunkt spricht.

In den vorliegenden Untersuchungen sollte festgestellt werden, welche neurotoxischen Symptome bei direkter intracerebraler Injektion der Glykoside bzw. Genine auftreten. Zum Vergleich wurden die gleichen Cardenolide auch intraven6s injiziert. I m Hinblick aufdie noch ungekl~rte Frage nach der Bedeutung des Zuckerrestes fiir zentrale Nebenwirkungen haben wir die Wirksamkeit von Geninen und Glykosiden mit verschie- denem Zuckergehalt verglichen (siehe Tab. 1).

Methodik 18--22 g schwere m~nnliche Albino-M~iuse erhielten intraven6s (Schwanzvene)

0,1 ml pro 10 g K6rpergewicht der frisch zubereiteten L6sungen. Die intracerebrale Injektion erfolgte nach der yon HALE¥ U. MCCORMICK angegebenen Methode: es wurde eine auf 3 mm verkiirzte Injektionskaniile (Nr. 20) 2--3 mm lateral yon der sutura sagittalis in H6he der Verbindungslinie der vorderen Ohrbasen ein- gestochen. Injiziert wurden jeweils 0,02 ml pro 10 g K6rpergewicht mit I-Iilfe einer Pr~zisionsspritze. In Vorversuchen kontrollierten wit die Injektionsteehnik durch

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Applika~ion einer Tuschel6sung, die 1 : 10 mit 0,9°/oiger NaC1-L6sung ver4firmt war, mit anschlieBender Sektion des Gehirns.

Alle Glykoside und Genine wurden in 96°/0igem oder 48°/oigem ~_tharml gelSst und zur Injektion mit 0,9°/0iger NaC1-L6sung verdfinnt. Der -~thanolanteil betrug bei intraventricul~rer Injektion 1 --20/0, bei intravenSser Injektion meistens 2--5°/0, bei den h6chsten Konzentrationen einiger Glykoside (Lanatosid A und DigRoxin) bis zu 10°/0 . In Kontrollversuchen valrden intracerebml 2,00/oige ~thanoll6sungen

Tabelle 1. Verwendete Glykoside und Genine

Mol.- Art und Anzahl Substanz Gewicht Genin der Zucker

k- Strophanthidin k-Strophan~hin c¢

(Cymarin) k- Strophanthin y

(Strophanthosid)

Digitoxigenin Monodigitoxosid

des Digitoxigenins Digitoxin AcetyldigRoxin a

Lanatosid A

404 548

872

390

508 764 807

968

Strophanthidin Strophanthidin

Strophanthidin

Digitoxigenin

Digitoxigenin Digitoxigenin Digitoxigenin

Digitoxigenin

1 Cymarose

1 Cymarose 2 Glucose

1 Digitoxose 3 Digitoxose 2 Digitoxose 1 Aeetyldigitoxose 2 Digitoxose 1 Aeetyldigitoxose 1 Glucose

(0,02 ml/10 g) symptomlos ver~ragen, 5°/oige AthanollSsungen hatten eine hypno- tische Wirkung un4 verursaehten 1--3 miu lung Seitenlage. IntravenSs waren 2--5°/0ige AthanollSsungen (0,1 ml/10 g) ebenfalls wirkungslos, 10°/oige Athanol- 15sungen wirkten dageger~ leieht hypnotisch (taumeliger Gang, keine Seitenlage). Die Angaben der neurotoxischen Wirkungen und der Toxicitat der Cardenolide beziehen sich auf eine Beobachtungszeit von 3 Std; die l~aumtemperatur betrug 25--27°C.

Fiir die ~berlassung der Genine und Glykoside danken wir den Firmen C. F. Boehringer & Soehne, Mannheim (k-Strophanthidin, k-Strophantin a und y, Mono- digitoxosid des Digitoxigenins); P. Beiersdorf und Co. (Digitoxigenin, Acetyldigi- toxin ~, Digitoxin, LanatosidA) ; Sandoz AG. (k-S~rophanthiny, Acetyldigitoxin a) und der Firma E. Merck AG (Digitoxin).

Ergebnisse

1. k-Strophanthidin a) Nach intraventricul?irer In jekt ion ansteigender k-Strophanthidin-

Dosen mach ten wir folgende Beobachtungen: 0,5 nMol/lO g (0,2 ~) warea wirkungslos. I nMol/lO g (0,4 ~) bewirkten bei sieben yon neun Tieren klonische

oder klonisch-tonische Kr/~mpfe, die 2 - -3 rain nach der In jek t ion ein- setzten und 10--20 see lung anhielten. Die Krampfanf~Ue wiederholten sich zwei- oder dreimal im Verlauf von 25 min. Es bestand eine Tachy- pnoe. Drei Tiere s~arben im AnschluB an einen S~reckkrampf 20--25 min

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nach der Injektion; die fibrigen Tiere zeigten 1 Std nach der Injektion normales Verhalten.

2 nMol/lO g (0,8 y) 15sten bei allen Tieren 1--2 min nach der Injek- tion kloniseh-tonische Krampfe aus. Im Gegensatz zu den vorangehenden Versuchen mit 1 nMol/10 g t raten die Krampfanfalle h~ufiger auf und hieltea bis zu 3 min lang an; die tonisehe Komponente war deutlicher ausgepr£gt, und bei manchen Tieren kam es zu reinen Streckkrampfen. Drei yon sieben Tieren starben 17--45 min nach der Injektion im An- sehluI~ an einen Streekkrampf, die iibrigen Tiere iiberlebten.

4 nMol/lO g (1,6 y) bewirkten, wie die vorangehende Dosis, bei allen Tieren innerhalb von 2 rain klonisch-tonisehe Kr~mpfe, die ebenfalls anfallsweise auftraten. Wi~hrend der krampffreien Phase ertrugen die Tiere Seitenlage und reagierten nieht auf Sehmerzreize. Alle Tiere starben innerhalb yon 2 Std naeh der Injektion.

b) Nach intraven6ser Injektion hoher Strophanthidin-Dosen standen Liihmungserscheinungen im Vordergrund, niedrige Strophanthidin-Dosen wirkten erregend. Im einzelnen machten wir folgende Beobaehtungen:

50 nMol/lO g (20 ~) waren wirkungslos. 100 nMol/lO g (40 y) fiihrten nach 5-- 10 min zu Erregungszust~nden :

Die Tiere liefen umher, sprangen im K~fig hoch und reagierten auf taktile Reize mit heftigen Abwehrbewegungen. Dabei bestanden Tremor und leichte Ataxie. Dieser Zustand hielt etwa 30 rain lang an. Alle Tiere iiberlebten.

250 nMol/lO g (100 ~) verursachten 10--15 rain nach der Injektion Lahmungen, die besonders deutlich an der Naekenmuskulatur (head drop) und den hinteren Extremit~ten in Erscheinung traten. Die Tiere konnten sich teilweise nur miihsam mit den vorderen Extremit~ten fort- bewegen und schleppten die hinteren Extremit~ten naeh. Die Atem- frequenz war herabgesetzt. Daneben war auch bei diesen Tieren, wie nach der kleineren Dosis von 100 nMol/10 g, eine gewisse Ubererregbarkeit zu erkennen, indem sie bei Beriihrung starke Abwehrreaktionen zeigten. Die Symptome klangen im Verlauf yon 40--60 min ab; alle Tiere iiberlebten.

1000 nMol/lO g (400 y) wirkten 6, 8 bzw. 27 min naeh der Injektion bei drei yon acht Tieren tSdlieh. Gleichzeitig mit L~hmungserscheinungen t ra t bei diesen Tieren eine stark verlangsamte, krampfhafte Atmung auf. Es ist wahrseheinlieh, daI~ der Tod durch Atemliihmung verursaeht war, denn die Herzti~tigkeit setzte -- wie wir durch Palpation oder Er6ffnung des Thorax feststellten -- erst 2--3 min naeh dem Atemstillstand aus. Die iibrigen fiinf Tiere, bei denen ebenfalls Li~hmungserseheinungen und Bradypnoe auftraten, erholten sich nach 2--3 Std.

2000 nMol/lO g (800 F) fiihrten bei fiinf von sechs Tieren innerhalb von 7--15 min zum Tode, dem, ~hnlieh wie bei der vorangehenden Dosierung, L~hmungserseheinungen und Bradypnoe vorangingen.

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Die bisherigen Versuche zeigen, dab das Aglukon k-Strophan~hidin bei intraventricul~rer und intraven6ser Injektion sehr versehiedene Ver- giftungssymptome verursacht: intraventricul5r stehen Erregungswir- kungen, intravenSs Li~hmungserscheinungen im Vordergrund. Im ersten Fall erfolgt der Tod unmittelbar im AnsehluB an einen Streckkrampf, im zweiten Fall sterben die Tiere an einer Atemliihmung.

Eine Erregungswirkung intraven6ser Strophanthidin-Injektionen beobachteten wir nut naeh kleinen Dosen (100 nMol/10 g), ohne dab es dabei zu Kri~mpfen kam. Ein Hundertstel dieser Dosis gentigte bereits, u m b e i intraeerebraler Injektion Kriimpfe zu verursachen. In bezug auf die tSdliche Wirkung war Strophanthidin intraventricul~r etwa 800real wirksamer als intraven6s (siehe Tab. 3).

2. k-Strophanthin y (Strophanthosid)

a) Nach intraventriculdrer Injektion yon k-Strophanthin y maehten wir folgende Beobachtungen :

0,25 nMol/lO g (0,218 y) waren wirkungslos. 0,5 nMol/lO g (0,436 y) bewirkten, i~hnlich wie die intraventricul~re

Injektion von 2 nMol/10 g Strophanthidin, bei allen Tieren klonisch- tonische Kr~mpfe, die wieder anfallsweise auftraten und 15--30 sec lang anhielten. Im Gegensatz zum Strophanthidin setzten beim Glykosid die Kr~mpfe erst sparer, 6--15 min nach der intraventricul~rea Injektion ein und wiederholten sich dann fiber eine Zeitspanne von 2--3 Std. Wiihrend der krampffreien Intervalle waren die Tiere erregt. Aeht von neun Tieren starben im Anschlul] an einen Streekkrampf 30--180 rain naeh der Injektion.

I nMol/lO g (0,87 y) ffihrten bei allen Versuchstieren 10--15 rain nach der Injektioa zum Tode, der, wit bei der vorangehenden Dosierung, im Anschlul~ an einen tonisehen Krampfanfall erfolgte.

b) Nach intravenSser Injektion yon k-Strophanthin y standen, iihnlich wie naeh intraven6ser Gabe yon Strophanthidin, Liihmungserscheinun- gen im Vordergrund. Daneben verursaehte k-Strophanthin y, im Gegen- satz zum Genin, aber aueh bei intraven6ser Injektion krampfartige Erregungszustiinde :

5 nMol/lO g (4,4 ~,) waren wirkungslos. 10 nMol/lO g (8,7 y) fiihrten 2--3 min naeh der Injektion zur Ataxie,

6--10 rain spiiter zu einer Liihmung der Extremit~ten- und Naeken- muskulatur. Die Atmung war verlangsamt. Bei einigen Tieren traten neben diesen Li~hmungserscheinungen auch 5--10 sec dauernde krampf- artige Erregungszust~nde auf, wobei die Tiere pl6tzlich wild im K~fig herumrannten, hochsprangen und manehmal im AnsehluB daran in einen klomschen Krampfzustand verfielen, der 15--30 see anhielt. Sechs yon zehn Tieren starben 13--20 min naeh der Injektion nieht im Ansehlul3 an

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einen Krampfanfall, sondern an L/~hmungserscheinungen. Die iibrigen vier Tiere erholten sieh im Verlauf von 1--2 Std und iiberlebten.

20 nMol/lO g (17,4~) wirkten bei allen Tieren tSdlich; einige Tiere starben innerhalb yon wenigen Minuten im klonischen Krampfanfall, andere 5--10 min nach der Injektion an L/~hmungserseheinungen und Atemstillstand.

Aus den Versuchen geht hervor, dab k-Strophanthin ~ wie das Genin k-Strophanthidin bei intracerebraler Injektion Kr~mpfe verursacht; das Glykosid war zwei- bis dreimal wirksamer als das Genin (siehe Tab.2). Im Gegensatz zum Genin fiihrte das Glykosid auch bei intravenSser Injektion h/iufig zum Auftreten kloniseher Kr/~mpfe. Gemessen an der tSdliehen Wirkung, war das Glykosid nun etwa 140 mal wirksamer als das Genin.

3. k-Strophanthin ~ (Cymarin) Qualitativ bestand weder bei intraeerebraler noeh bei intravenSser

Injektion ein Wirkungsunterschied zwisehen Cymarin und dem um zwei Glueosemolekiile reieheren k-Strophanthin ~. Quantitativ war Cymarin in beiden Applikationsformen weniger wirksam als k-Strophanthiny, aber st/~rker wirksam als das Genin (siehe Tab. 3).

4. Digitoxigenin a) Nach intraventricul~irer Injektion von Digitoxigenin traten, wle

beim k-Strophanthidin, 2--3 rain naeh der Injektion toniseh-klonisehe Kr/~mpfe auf, die 10--20 see lang anhielten und sich drei- bis sechsmal im Verlauf yon 30--60 min wiederholten. Die mittlere Krampfdosis betrug 1,5 nMol/10 g (0,5 y), die DL50 5,0 nMol/10 g (i,95 y).

b) Nach intravenSser Injektion yon Digitoxigenin beobachteten wir, im Gegensatz zur intravenSsen Injektion von Strophanthidin, neben L/£hmungserseheinungen auch deutliche Krlimp/e; dadurch ist die Wir- kuag des Digitoxigenins eher mit derjenigen der Glykoside Cymarin und k-Strophanthin ~ vergleichbar.

5 nMol/lO g (1,95 y) waren wirkungslos. lOnMol/lOg (3,9y) verursaehten 5- -10m in nach der Injektion

Ataxie, Bradypnoe und L/~hmungen. Bei vier yon neun Tieren traten einmal 10--15 rain naeh der Injektion Kr/impfe auf. Nach 20--40 min erholten sieh alle Tiere und fiberlebten.

25 nMol/lO g (9,75 y) bewirkten zwar, wie die vorangehende Dosis, zun/~chst L~hmungserscheinungen, danach traten aber bei allen Tieren toniseh-klonisehe Krampfanf/~lle auf, die sich im Verlauf yon 30 mirl mehrmals wiederholten. W/~hrend der krampffreien Phase ertrugen die Tiere Seitenlage und reagierten nieht auf Sehmerzreize. 30--60 rain naeh der Injektion erholten sich alle Tiere und iiberlebten.

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50 nMol/lO g (20 ?) bewirkten nach 1--2 min toniseh-klonisehe Kr~mpfe, die 2--3 min lang anhielten und bei allen Tieren zum Tod fiihrten.

Die Wirkung des Aglukons Digitoxigenin unterseheidet sich demnach yon der Wirkung des Strophanthidins dadurch, dab nicht nur bei intra- cerebraler, sondern auch bei intraven6ser Injektion tSdliche Kr£mpfe auftreten. AuBerdem is~ das Wirksamkeitsverh£1tnis (Dosis letalis) der beiden Gelfine bei intraven~ricul~rer und intravenSser Injektion ver- schieden: k-Strophanthidin ist intracerebral etwa 800real, Digitoxigenin nur etwa seehsmal wirksamer als intravenSs.

5. Digitoxin a) Bei intraventriculdrer Injektion von Digitoxin bestand gegeniiber

dem zuckerfreien Genin (Digitoxigenin) qualitativ kein wesentlicher Wirkungsunterschied. Die tonisch-klonisehen Krampfanf£11e setzten etwas sparer (2--6 rain nach der Injektion) ein als beim Genin und wieder- holten sich h~iufiger. Das Glykosid war etwa doppelt so wirksam wie das Genin (minimal wirksame Krampf-Dosis des Glykosids 0,5 nMol/10 g; absolut tSdliehe Dosis 2 nMol/10 g).

b) Intraven6s injiziertes Digitoxin verursachte, im Gegensatz zum Genin, reine L~hmungserseheinungen, die bei hSherer Dosierung (100 nMol/10 g) bis zu 6 Std lang anhielten. Die Todesursaehe war eine Atem- l£hmung. Kr£mpfe wurden in keinem Fall beobachtet.

6. Acetyldigitoxin Es wurde nur die intraventricul~re Wirksamkeit mit derjenigen des

Digitoxins vergliehen. Dabei ergab sich kein signifikanter Unterschied (siehe Tab. 2).

7. Monodigitoxosid des Digitoxigenins a) Intraventriculdr injiziert, traten, wie bei dem um zwei Molekiile

Digitoxose reicheren Digitoxin, klordsch-tonisehe Kri/mpfe auf (Wir- kungsverh~l~nis siehe Tab. 2).

b) Intraven6s injiziert, nahm das Monodigitoxosid des Digitoxigenins eine ZwisehensteUung zwischen dem Genin und dem Digitoxin ein. W~hrend das Genin Kr~mpfe und das Digitoxin Li~hmungen verursaehte, traten beim Monodigi~oxosid des Digitoxigenins nur bei niedriger Dosie- rung (50 nMol/10 g) reine Liihmungswirkungen auf, wi~hrend bei h6herer Dosierung (100--200 nMol/10 g) aueh Kri~mpfe beobachtet wurden.

8. Lanatosid A a) Bei intraventriculi~rer Injektion yon Lanatosid A war auffallend,

dal3 die tonisch-klonisehen Krampfanf~lle erst mit einer Latenzzeit von 10--20 rain naeh der Injektion einse~z~en. Sie hielten dann, wie bei den

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iibrigen Glykosiden, 5--20 sec lung an und wiederholten sich mehrmals Lnnerhalb yon 30--60 min. Die mittlere Krampfdosis betrug 0,18, die DL 50 0,33nMol/10g (siehe Tab.2). Lanatosid war also bei intra- cerebraler Injektion wirksamer als die zucker£rmeren Glykoside und als das entsprechende Genin.

b) Nach intraven6ser Injektion yon Lanatosid A traten ohne grSSere Latenzzeit, wie nach Digitoxin, L/ihmungserscheinungea auf, die 10--20 min nach der Injektioa begannen, dana abet bei hSheren Dosie- rungen (200 nMol/10 g) fiber 6 Std anhielten. Kr/~mpfe wurden nach intravenSser Injektion nicht beobachtet. Die DL 50 betrug 220 nMol/10g, lag also im Gegensatz zur intracerebralen Injektion hSher als bei den zucker/~rmeren Glykosiden und dem Genin.

9. Glykoside aus Adonis vernalis Da die Adonisglykoside am Mensehen und im Tierversuch eine sedative und

antikonvulsive Wirkung besitzen sollen (l~bersieht bei LE~DLE), ffihrten wir einige Versuche mit einem standardisierten, mit 70°/0igem ~thanol hergestellten Perkolat aus Adonis vernalis (Chemiewerk Homburg) durch. Ebenso wie die bisher unter- suchten Glykoside und Genine, so bewirkte auch der Adonisextrakt bei intracere- braler Injektion Kr/~mpfe; die mittlere Krampfdosis betrug 0,55 Meersehweinchea- einheiten pro 10 g KSrpergewicht. lqach intraven6ser Injektion yon 12,5 M_E/10 g beobachte%en wir L~hmungserseheinungen, die 30--50 min lang anhielten und iiber- lebt wurden.

Besprechung der Yersuehsergebnisse 1. Bei intraventriculdrer injektion verursachten alle verwendeten

Glykoside und Gen~e Kr/~mpfe, die 2--10 rain nach der Injektion be- gannen, 5--30 sec lung anhielten und sich abh/~ngig yon der Dosierung zwei- bis sechsmal wiederholten. Der Tod erfolgte bei intraventricul/~rer Injektion stets im Anschlul3 an einen Streckkrampf. Diese Befunde stehen im Einklang mit Untersuchungsergebnissen anderer Autoren, wonach Gitalin bei subduraler Applikation bei Kaninchen (SA~T~SSO~ u. STRrSD- BERG), k-Strophanthia bei intraventriculiirer Injektion bei Hunden (KoRT~ u. Mitarb.) und Lanatosid C, Digitoxin und Digoxin bei Katzen (~IELVII~LW U. SHIS~R) Kr/~mpfe auslSsen.

Die Wirksamkeit der einzelnen Glykoside und Genine war dagegen bei intraventricul/irer Injektion verschieden. In der Tab.2 wurde diejenige I)osis errechnet, die bei 500/0 der Tiere KrKmpfe auslSst (Krampfdosis 500/0) bzw. 500/0 der Tiere tStet (Dosis letahs 500/0). Die Bereehnung er- folgte naeh LITCHFIELI) U. WILCOXO~ unter Verwendung der voran- gehenden Versuehsprotokolle, die noch durch Zwisehendosierungen er- g/~nzt waren.

Aus der Tab.2 geht hervor, dall bei intraventrieul/~rer Injektion mit zunehmendem Zuckergehalt sowohl die Krampfwirkung als aueh die tSd- lithe Wirkung der Cardenolide zunimmt. Eine Ausnahme machen nur

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Digitoxin und Aeetyldigitoxin, die etwas weniger wirksam sind als das zueker~rmere lVIonodigitoxosid. Die zuckerfreien Genine sind aber in jedem Fall weniger wirksam als die Glykoside. Der Widerspruch zu friiheren Beobachtungen, wonaeh Digitoxigenin bei oraler, subeutaner oder intraven6ser Applikation eine sti~rkere zentrale Wirkung besitzen sol1 als Digitoxin (STRAUB; C ~ N ; LV, NDL~ U. 0LDV, NBURG), k6nnte dadurch zu erkl~iren sein, dal~ das Genin auf dem Blutwege besser in das Gehirn eindringt.

Tabelle 2. Kramp/wirlcung und t6dliche Wirlcung der Genlne und Glykoside bei intracerebraler Injektion an Mdusen

Substanz

k- Strophanthidin k-Strophanthin a k- Strophanthin y

Digitoxigenin 3lonodigitoxosid

des Digitoxigenins Digitoxin Aeetyldigitoxin a Lanatosid A

nl~[ol/10 g intraventricul~r

Krampfdosis 50%

0,84 (0,69-- 1,02) 0,47 (0,35--0,63) 0,38 (0,33--0,44)

1,46 (1,12--1,89)

0,25 (0,15--0,43) 0,53 (0,38--0,74) 0,71 (0,52--0,96) 0,18 (0,14--0,26)

Dosis letMis 50%

1,55 0,76 0,40

5,0

0,64 1,06 1,43 0,33

Q DL/KD

1,85 1,6 1,0

3,4

2,56 2,0 2,0 1,8

Aus der Tab. 2 geht ferner hervor, dab bei iIltraventrieul/~rer Injektion der Quotient Dosis letalis 50°/0/Krampfdosis 500/o mit zunehmendem Zuekergehalt kleiner wird. Das bedeutet, dab mit zunehmendem Zucker- gehalt die Kr/~mpfe h/~ufiger zum Tode f'dhren und umgekehrt, dab die zuekerfreien Genine in einem gr6Beren Dosierungsbereich Kr/impfe aus- 16sen, otme die Tiere zu t6ten. Den gr6Bten Quotient hat das Digitoxi- genin, bei dem die Dosis letalis 3,4fach h5her ist als die Krampfdosis; bei Digitoxin und Lanatosid betr/~gt der Quotient nur 2,0 bzw. 1,8 und beim k-Strophanthin sogar nur 1. Dieser Unterschied k6nnte dadureh bedingt sein, dab die Genine schneller im Gehirn inaktiviert werden oder weniger stark haften als die Glykoside. Mit zunehmendem Zuekergehalt wiirde dann die Elimination der Glykoside aus dem Gehirn erschwert.

2. Bei intraven6ser Injektion waren die neurotoxischen Symptome der einzelnen Genine und Glykoside im Gegensatz zur intraeerebralen Injek- tion uneinheitlieh. Im Vordergrund standen L/~hmungswirkungen, da- neben traten aber in verschieden starkem MaBe auch Krampfwirkungen in Erseheinung. Die Vergiftungssymptome sind in Tab.3 zusammen- gefagt: Reine L/~hmungen traten nach intraven6ser Injektion von k-Strophanthidin, Digitoxin und Lanatosid A auf. Die Krampfwirkung war am deutliehsten beim Digitoxigenin, weniger deutlieh beim Mono- digitoxosid und bei k-Strophanthin e und ~.

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Neurotoxische Wirkung yon Digitalisglykosiden und Geninen 85

Wie aus der Tab. 3 hervorgeht, wirkt sich bei intravenSser Injekt ion die Verkniipfung der beiden Genine (Digitoxigenin und k-Strophanthi- din) mit dem Zuckerrest versehieden aus: In der Strophanthinreihe n immt mit ansteigendem Zuckergehalt die tSdliche Wirkung zu, in der Digitoxinreihe n immt sie mit ansteigendem Zuckergehalt ab. Die Ursache k6nnte sein, dab in dem einen Fall das Glykosid (k-Strophanthin), im anderen Falle das Genin (Digitoxigenin) besser in das Gehirn eindringt. Hierfiir spricht auch, dab in der Strophanthinreihe die Glykoside und in

Tabelle 3. Verglelch der t6dlichen Wirkung der Glykoslde und Genine nach intraven6ser und intraventriculdrer In~ektion an Mdusen

Substanz

k- Strophanthidin k-Strophanthina

(Cymarin) k-Strophanthin (Strophanthosid)

Digitoxigenin

Monodigitoxosid d. Digitoxigenins

Digitoxin Ace~yldigitoxina Lanatosid A

Dosis letalis 50°/o bei M~usen nach intravenSser In ~ktion intraventricul~rer Injektion

nMol/10 g

1,55 (1,09--2,2) 0,76 (0,52--1,12)

0,40 (0,33--0,48)

5,0 (3,38--7,4)

0,64 (0,44--0,93)

1,06 (0,79--1,42) 1,43 (0,92--2,23) 0,33 (0,24--0,46)

Symptome

Kr~,mpfe Kr~mpfe

Kr/~mpfe

Kr/~mpfe

Kr/~mpfe

Kriimpfe Kr~mpfe Kr/~mpfe

nMol/10 g

1350,0 (1000--1822) 51,0(30--90)

9,5(7,7--11,8)

35,5 (31,7--39,7)

86,0 (60,0--125,0)

145,0 (91,0--230,0)

220,0(146,0-332,0)

Symptome

Lahmungen L/~hmungen (Krgmpfe) L/~hmungen (Kr/~mpfe)

Kr/~mpfe L/ihmungen L/~hmungen (Kr/~mpfe) L~hmungen

L&hmungen

Q i.v./i.vent.

871 67

24

7

134

137

667

der Digitoxinreihe das Genin Kr~imp]e verursachen. - - Auch der grofle Wirksamkeitsunterschied der beiden Genine bei intravenSser Gabe kSnnte dutch das verschiedene EindringungsvermSgen fit das Gehirn zu erkli~ren sein: Digitoxigenin, das tSdliche Kr~mpfe auslSst, ist etwa 40mal wirk- samer als k-Strophanthidin, das durch (periphere) Ateml/£hmung den Tod verursacht. Chemisch ist in diesem Zusammenhang interessant, dab k-Strophanthidin sich yon Digitoxigenin nur dadurch unterscheidet, dab es an C 5 eine drit te Hydroxylgruppe und an C10 an Stelle einer Methyl- gruppe eine Aldehydgruppe besitzt.

Anhang: Versuche an Ratten und Meersehweinchen

Nachdem in den vorangehenden Versuchen an M~usen die Genine bei intracerebraler Injekt ion - - entgegen der bisher vertretenen Meinung -- stets weniger wirksam waren als die entsprechenden Glykoside, sollte das Wirksamkeitsverh~iltnis noch an anderen Tierarten iiberpriift werden. Wir beschr/~nkten uns dabei auf k-Strophanthidin, k -S t rophan th in~

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86 K. GREEFF undH. KASPERAT:

(Strophanthosid), Digitoxigenin und Digitoxin, die bei Ratten intra- ventricul~r und intraven6s, bei Meersehweinehen nur intraventricul~r injiziert wurden.

Methodisches

Die intracerebrale Injektion an Ratten (200--250g) und l~Ieerschweinchen (350--400 g) erfolgte in Anlehnung an die Methodik yon H~EY u. lVIcCoRmOK mit Hilfe einer 5,3 mm langen Injektionskaniile Nr. 15. Injiziert wurden jeweils 0,025 ml/100 g der in ~thanol gel6sten und mit 0,9°/oiger NaC1-LSsung verdiinnten Car- denolide. Die ~thanolkonzentration betrug 1--5°/o und war in Kontrollversuchen unwirksam. Wie an M/iusen, kontrollierten wir die Technik und die Verteilung der L6sung in den Ventrikeln durch Vorversuche mit TuschelSsungen. Intraven6s wur- den an Ratten 0,25 ml/100 g (Sohwanzvene) injiziert. Die Athanolkonzentration betrug im H6chstfall 10°/o und war in Kontrollversuchen unwirksam; erst 15°/oige ~thanolkonzentrationen (0,25 ml/100 g) hatten eine hypnotische Wirkung (taumeli- ger Gang) und 20°/oige Konzentrationen bewirkten 1--4min lang anhaltende Seitenlage.

Ratten. Wie an M/~usen, so bewirkte die intracerebrale Injektion der Glykoside und Genine aueh an Rat ten Kr/~mpfe, die bei der Applikation yon k-Strophanthidin, k-Strophanthin und Digitoxigenin nach 2- -5 min, beim Digitoxin nach einer Latenzzeit yon 5--12 min einsetzten und 15 bis 30 see ]ang anhielten. Auffallend war, dab die Krampfanfiflle h~ufiger,

Tabelle 4 Vergleich der W~rkung bei intracerebraler und intraven6ser In#ktion aN Ratten

Substanz nMol/100 g intraventricul/tr

Krampfdosis 50% [ Dosis letalis 50°/0

k- Strophanthidin 4,8(3,5--6,6) 17,5(10,9--28,0) k-Strophanthin ~ 2,3 (1,6--3,2) I 6,4(3,7--10,8) Digitoxigenin 90,0 (54,0--158,0) 134,0 (96,0--187,6) Digitoxin 11,5 (8,0--16,0) 50,0 (39,0--64,0)

nMol/100 g intravenSs DL 50%

3,6 > 10000,0 2,7 910,0 (520--1590) 1,5 172 (140--210) 4,3 > 1000

und zwar bei mittleren Krampfdosen 10--15mal im Verlauf yon 60 bis 100 min auftraten und einen mehr klonischen Charakter hatten. Streek- kr/impfe wurden bei Ratten seltener beobachtet; die Tiere starben meist nicht im Krampfanfall, sondern wiihrend des krampffreien Intervalls. Die mittlere Krampfdosis des Strophanthidins und k-Strophanthins an Rat ten entsprach -- bezogen auf das K6rpergwieht -- etwa derjenigen an M~usen; Digitoxigenin und Digitoxin waren an Ratten etwa fiinf- bzw. zweimal weniger wirksam (Tab. 4). 0]oereinstimmend waren beide Genine aber aueh an Ratten stets weniger wirksam als die Glykoside.

Bei intravenSser Injektion waren die neurotoxisehen Symptome der verschiedenen Glykoside und Genine uneinheitlieh: Kr/impfe wurden nur naeh intraven6ser Gabe von Digitoxigenia beobaehtet, w/~hrend alle anderen Cardenolide L/~hmungen verursachten. Auffallend ist, dab die bei intraven6ser Injektion ~n Ratten ermittelte DL 50 fiir k-Strophanthin

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Neurotoxische Wirkung von Digitalisglykosiden und Geninen 87

etwa zehnmal hSher ist als an M/iusen (910 bzw. 95 nMol/100 g), w/ihrend Digitoxigenin an Rat ten sogar etwas wirksamer ist (172 bzw. 355 nMol/ 100 g).

Meerschweinchen. Versuehe an Meerschweinehen ergaben, da$ die Cardenolide bei intraeerebraler Injektion aueh an dieser ,,digitalisempfind- lichen" Tierart toniseh-klonische Kr/~mpfe auslSsten, die ebenfalls 2--10 min nach der Injektion auftraten und sich je nach der Dosierung drei- bis seehsmal wiederholten. Aus der Tab. 5, in der die Krampfdosis und die Dosis letalis bei intraeerebraler Injektion gegeniibergestellt sind,

Tabelle 5. Kramp/wirkung u~l t6dliche Wirkung der Cardenolide bei intracerebraler In~ektion an Meerschweinchen

Substanz

k- S t rophanth id in k- S t rophanth in 7 Digitoxigenin Digitoxin

nMol/100 g intraventriculgr

Krampfdosis 50"/.

2,5 (1,66--3,75) 1,8 (1,33--2,43) 3,0 (1,6--5,7) 2,14 (1,55--2,95)

nosis letalis 50°/Q

4,6 (2,9--7,36) 2,1 (1,53--2,82)

12,5 (9,4--16,5) 7,7 (5,0--11,9)

Q DL]KD

1,84 1,16 4,17 3,6

geht hervor, dab der Wirksamkeitsunterschied zwisehen Genin und Glykosid beim Meersehweinehen zwar geringer ist als bei M/iusen und Ratten, da$ abet auch bier das Glykosid wirksamer ist als das Genin. - - Bemerkenswert ist, dab die Krampfwirkung der Cardenolide an Meersehweinehen nieht wesentlich st/~rker ist als an tier ,,glykosid- unempfindlichen" Rat te oder der Maus: Die mittlere Krampfdosis betrug z.B. fiir k-Strophanthin am Meersehweinchen 1,8 nMol/100g (15,7 7), an der Rat te 2,3 n)5ol/100 g (20,1 7) und an der Maus 3,8 nMol/ 100 g (33,1 7)"

Zusammenfassung

1. Bei intraventricul~irer Injektion an M/~usen, Rat ten und Meer- schweinehen verursaehten alle verwendeten Genine (k-Strophanthidin, Digitoxigenin) und Glykoside (k-Strophanthin 7 und ~, Monodigitoxosid des Digitoxigenins, Digitoxin, Aeetyld_igitoxin, Lanatosid A) Krampf- anf/~lle, die 2--10 min naeh der Injektion einsetzten, 5--30 see lang anhielten und sich mehrmals im Verlauf yon 1--2 Std wiederholten. Die Genine waren stets weniger wirksam als die Glykoside.

2. Bei intravenSser Injektion an M/iusen und Rat ten waren die neuro- toxischen Symptome uneinheithch. Im Vordergrund standen L~ihmungs- wirkungen; daneben besaBen das Aglukon Digitoxigenin und bei M/~usen aueh die Glykoside k- Strophanthin 7 und :¢ eine deutliehe Kramp/wirkung. Die Ergebnisse spreehen dafiir, dab bei intravenSser Injektion das

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88 K. G~E]~ und H. KASPERAT:

Aglukon Digitoxigenin besser in das Gehirn eindringt als die Glykoside Digitoxin bzw. Lanatosid, w/ihrend andererseits das Aglukon k-Strophan- thidin sehlechter eindringt als die Glykoside k-Strophanthin ~, und ~¢.

Summary

1. On intraventricular injection in mice, rats and guinea pigs, the genins k-Strophanthidin and Digitoxigenin and the glycosides k-Stro- phanthin y and ~, Digitoxin, Acetyldigitoxin, Digilanid A and the Mono- digitoxoside of Digitoxigenin produced convulsions. These appeared 2--10 min after injection, lasted 5--30 see, and occurred several times during a period of 1--2 hrs. The genins were less active than the glyco- sides.

2. On intravenous injection in mice and rats, the neurotoxic effects varied. Depressant effects predominated, but the aglyeone Digitoxigenin and in mice also the glycosides k-Strophanthin y and ~ had convulsant actions. The results indicate that, following intravenous injection, the aglyeone Digitoxigemn enters the brain more readily than the glycosides Digitoxin and Digilanid. In contrast, the aglycone k-Strophanthidin enters the brain less readily than the glycosides k-Strophanthin y and a.

Fraulein E. HOLLISGSHXUS danken wit fiir ihre Hilfe bei der Durchf/ihrung der Versuche.

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Prof. Dr. K. GREEFF und Dr. H. K~SPERAT, Pharmakologisehes Institut der Medizinischen Akademie Diisseldorf, MoorenstraBe 5


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