Aus dem Pharmakologischen Institut der Universit~it Leipzig. (Direktor: O. Gros.)
Verhalten des kolloidosmotischen Druckes und der Eiweiflfraktionen im Serum auf der H~he der Tonephinwirkung beim Hnnde.
Yon
Dr. M. R. Bonsmann, Ass i s t en t a m I n s t i t u t .
(Eingegangen am 6. XI. 1931.)
Die Bestimmung des kolloidosmotischen Druckes im Blutserum er- hielt fiir die Pharmakologie Bedeutung, als yon Malkin 1 und sparer yon Tada und N a k a z a w a 2 mitgeteilt wurde, dal~ yon den untersuchten Hormonen Thyreoidin den Druck konstant erhShe, w~hrend ihn ~ypo- physin regelm~ig senke. Diese Befunde wurden bereits zu theoretischen ErSrterungen fiber den hIechanismus der Wasserverschiebungen vom Blur ins Gewebe und umgekehrt sowie zur Herstellung von ursachliehen Beziehungen zwisehen Hormonen und ~nderungen der Eiweil~fraktionen im Blut herangezogen. Oelkers 3 hat kiirzlich diese Ergebnisse be- stritten, er land bei beiden Hormonen keine wesentliehe ~nderung des kolloidosmotischen Druckes. Bei Gelegenheit anderer Untersuchungen konnten wir diese Frage am Hunde priifen, w~hrend bisher nur Kanin- chen benutzt sind. Der Hund bietet den Vorteil, dal~ bei ihm eine Blut- entnahme yon 8 10 ccm von geringerer Bedeutung ist als beim Klein- tier. Sodann kSnnen wir bei ihm den HShepunkt der antidiuretischen Wirkung der Hypophysenpr~parate recht genau angeben: etwa 1 Stunde nach tier Injektion. Durch gleichzeitige Anstellung des Diureseversuches ist es also m~glich zu sagen, da~ ein zur onkotischen Untersuchung ent- nommenes Blut sicher zur Zeit gehemmter Harnausscheidung abgenom-
i Klin. Woehensehr. 1930, S. 551. 2 Tohoku journ, of exp. reed. 1930, Bd. 15, S. 119. s Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 1931, Bd. 160, S. 9.
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men wurde. Der Zeitpunkt dieser Blutentnahme scheint uns aber yon gro~er Bedeutung.
Nicht so leicht ist es, den Zeitpunkt der optimalen Wirkung fiir die anderen bisher untersuchten Hormone (Thyreoidin, Insulin, Adrenalin) anzugeben. Die beiden letzteren habe ich yon vornherein ftir die Unter- suchung ausgeschaltet, da schon am Kaninehen keine erheblichen Aus- schl~ge erzielt wurden. Aber auch bei Thyreoidin ist es sehr zweifelhaft, wann man am besten die Blutprobe zur Bestimmung des kolloidosmoti- schen Druckes entnimmt. Selbst bei stark wirkenden Diureticis, wie Salyrgan und Novurit, haben wir trotz zahlreicher Untersuchungen bei gleichzeitiger Kontrolle der Harnausscheidung uns noch nicht festlegen kSnnen; ftir ein so schwaches Diuretikum wie das Thyreoidin ist die Aus- sicht, den giinstigsten Zeitpunkt fiir ein positives Resultat zu gewinnen, gering; ein negatives dtirfte in dem Falle nieht viel besagen. Wir haben daher aueh auf Versuche mit Sehilddriisensubstanz verzichtet.
Als Hypophysenhinterlappenpri~parat benutzten wir das Tonephin 1, das den antidiuretisehen Faktor in zur Zeit reinster Form enth~tlt.
Methodik.
Wir arbeiteten mit ftinf Hunden im Gewicht von 7--16 kg; drei hatten die Wiechowskisehe Blasenfistel, zwei warden kathetrisiert, wie das in einer anderen Arbeit besehrieben ist. Die Tiere bekamen im Kontrollversueh 200 cem Wasser mit Magensehlaueh nttehtern, die Urinportionen wurden 1/2sttindlieh 2 Stunden lang aufgefangen, die Blutentnahme erfolgte 1 Stunde naeh der Wasseraufnahme. Im eigentlichen Versueh bekamen die Tiere ntichtern Ton- ephin, und zwar die kleineren 0,1, die gr01~eren 0,2 cem entspreehend etwa 0,08--0,1 Einheiten pro Kilogramm. 200 ecru Wasser per os. Blutentnahme und Urinsammeln erfolgte wie im Kontrollversuch. Das Intervall zwisehen den beiden Blutentnahmen betrug 8 Tage.
Die Bestimmung des kolloidosmotischen Druckes geschah - - wie in unseren frtiheren u mit Narkotieis2 mit der zweiten Methode von Krogh und Nagazawa 3. Die Eiweil~bestimmungen wurden mit Mikrokjeldahl ge- maeht, die Fraktionen naeh Howe 4.
Das Ergebnis ist aus nebenstehender Tabelle ersichtlich:
a bedeutet in der Rubrik jedes Hundes den KontroUversuch.
1 Tonephin wurde uns yon der I. G. Farbenindustrie A.-G. liebenswtirdigst zur Verfiigung gestellt.
2 Bonsmann und Brunelli , Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmako]. 1930, Bd. 156, S. 125.
Biochem. Zeitschr. 1927, Bd. 188, S. 241. 4 Rona, Praktikum d. physiol. Chemie IL S. 163.
Verhalten des kolloidosmotischen Druckes u. der Eiweii3fraktionen im Serum. 213
b ist der Versuch mir Tonephin; hier bedeutet die eingeklammerte Prozentzah] in Spalte A wieviel Prozent der Norm im Tonephinwersuch ausgeschieden wurde.
In Spalte B, C, E, F finder man die absoluten Werte, wie sie mit dem 0smometer bzw. Kjeldahl nachgewiesen wurden.
In Spalte D ist der kolloidosmotische Druck pro Prozent Eiwei~ be- stimmt, in G und H ist der Albumin- und Globulingehalt in Prozenten des Gesamteiweil~es berechnet.
Bei Vergleich der Werte in Stab D zeigt sich, da~ der kolloid- osmotische Druck im allgemeine n u n t e r der Wirkung yon Tonephin
Tabelle.
A B C D E F G H
EiweiI3fraktion p. Onk, ] % El- Eiwei•fraktion
Hammenge weiB p. onk. im Serum (abso- I pro % im Serum in % des
Hund im Versuch tm EiweiB Gesamteiweii3es
lut) Serum AIbU-min GlobU-ltn AlbU-min GlobU-lin
I. Komondor a 210 358 6,6 54,2 4,3 2,3 65,l 34,8 b 42 (20 %) 370 7,4 50,0 4,1 3,3 55,4 44,6
II. Tate a 159 373 6,1 61,0 3,6 2,5 60,0 40,0 b 35 (22 %) 380 6,25 60,8 3,5 2,75 56,0 44,0
III. Susi a 147 376 6,3 60,0 3,75 { 2,55 60,0 40,0 b 73 (50%) 367 6,1 60,0 3,6 2,5 60,0 40,0
IV. Puzzi a 195 335 6,4 52,3 4,3 2,1 67~0 33,0 b 52 (27 %) 337 6,8 50,0 3,9 2,9 57,3 42,7
V. Klob a 2il 341 6,4 b 46 (21%) 337 6,1
53,3 4~4 [ 2,0 55,0 3,9 ] 2,2
70,0 30,0 64,0 36.0
gleich ist dem im Kontrollversuch. Nur im Fall I i s t eine Senkung des Druckes unter Tonephin festzustellen, in IV ist sie angedeutet. Bemer- kenswert ist, dal~ in beiden Fallen eine Globulinvermehrung gefunden wurde. Aus diesen beiden Befunden darf man aber keine weitgehenden Schltisse ziehen: In Fall IV ist die Differenz im Druckwert D a und D n nicht erheblich, in Fall I mui~ man auf Grund der wesentlichen Diffe- renzen im Serum-Eiwefl~gehalt daran denken, dal~ hier besondere, nicht ohne weiteres iibersehbare Verh~ltnisse vorliegen kSnnen. An@re Ver- suche fiber Gesamteiwei~ und Eiwefl3fraktionen beim Hun@ ergaben uns, dab geringe Schwankungen gar nicht so selten sind.
Arehiv f. experiment. Path. u. Pharmakol. Bd. 164. 145
214 ~I. R. Bo~s~:~N: Verhalten des koIIoid0smotischen Druckes.
Zusammenfas sung .
Untersuchungen am wasserbelasteten Hunde ergaben, dab auf der HShe der Diuresehemmung durch Tonephin der kolloidosmotische Druck Und die Eiwei~fraktionen im Blutserum meist nicht wesentlich verandert w a r e I 1 .
Die Ansicht, dal~ die Hypophysenpriiparate tiber die ~nderung des osmotischen Druckes der Eiwei~kSrper im Serum antidiuretisch wirken, l~i]~t sich mit unseren Befunden nicht sttitzen.