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Verwirrtheitszustände im Alter- Diagnostik und Therapie Themenblock Psyche Basiskurs

18.9.2014

Caravaggio 1584- 1588

Fallbeispiel

Überblick

• Definition, Symptomatik

• Epidemiologie

• Differentialdiagnosen

• Risikofaktoren

• Pathophysiologie

• Diagnostik, Erfassungsinstrumente

• Prävention

• Therapie, nicht- medikamentös, medikamentös

• Zusammenfassung, Fazit

• Fallbeispiele

Delir Delir (delirare lat. aus der Spur geraten) • Andere Begriffe: Verwirrtheit, Durchgangssyndrom • Häufigster lebensbedrohlicher Notfall bei älteren

hospitalisierten Patienten • Postoperativ bis zu 50% bei Älteren • Bis zu 80% bei Älteren auf Intensivstation • Immer ursächlicher Faktor, häufig dementieller Prozess • Erhöhte Morbidität und Mortalität • Ökonomischer Faktor, längere Verweildauer, höhere

Komplikationsrate, Belastung für die Angehörigen, gehirntoxisch, kürzere Lebenserwartung, vermehrte Immobilität, vermehrter Betreuungsbedarf, Dekubitus, kognitive Einbussen, Wahrscheinlichkeit für Demenz-entwicklung erhöht

Diagnostische Kriterien für Delir nach DSM 293.0

Kriterium A • Eine Bewusstseinsstörung (d.h. eine reduzierte Klarheit der

Umgebungswahrnehmung) mit einer eingeschränkten Fähigkeit, die Aufmerksamkeit zu richten, aufrecht zu erhalten oder zu verlagern

Kriterium B • Eine Veränderung der kognitiven Funktionen (wie Gedächtnisstörung,

Desorientiertheit, Sprachstörung) oder die Entwicklung einer Wahrnehmungsstörung, die nicht besser durch eine schon vorher bestehende, manifeste oder sich entwickelnde Demenz erklärt werden kann Kriterium C • Das Störungsbild entwickelt sich innerhalb einer kurzen Zeitspanne

(gewöhnlich innerhalb von Stunden oder Tagen) und fluktuiert üblicherweise im Tagesverlauf

Diagnostische Kriterien für Delir nach DSM

Kriterium D 293.0 Delir aufgrund eines medizinischen Krankheitsfaktors • Es gibt Hinweise aus der Anamnese, der körperlichen Untersuchung oder den

Laborbefunden, dass das Störungsbild durch die direkten körperlichen Folgeerscheinungen eines medizinischen Krankheitsfaktors verursacht ist

• 291.0 / 292.81 Substanzinduziertes Delir Substanzintoxikations-Delir • Es gibt Hinweise aus Anamnese, körperlichem Befund oder Laborbefunden, für

entweder (1) oder (2): • (1) Die Symptome in Kriterium A und B entwickeln sich während einer Intoxikation • (2) der Gebrauch eines Medikaments steht in einem ätiologischen Zusammenhang

zu dem Störungsbild Substanzentzugs-Delir • Es gibt Hinweise aus Anamnese, körperlichem Befund oder Laborbefunden, dass

sich die in Kriterium A und B beschriebenen Symptome während oder kurz nach einem Entzugssyndrom entwickelt haben.

Diagnostische Kriterien für Delir nach DSM

Delir aufgrund multipler Ätiologien • Es gibt Hinweise aus Anamnese, körperlichem Befund oder Laborbefunden, dass

das Delir mehr als eine Ursache hat (d. h., mehr als einen ursächlichen medizinischen Krankheitsfaktor, einen ursächlichen medizinischen Krankheitsfaktor plus Substanzintoxikation oder Nebenwirkung eines Medikamentes)

780.09 Nicht näher bezeichnetes Delir • 1. Das klinische Erscheinungsbild eines Delirs, von dem angenommen wird, dass es

auf einen medizinischen Krankheitsfaktor oder eine Substanzeinnahme zurückgeht, ohne dass genügend Hinweise für eine spezifische Ätiologie vorliegen

• 2. Delir, das nicht auf in diesem Kapitel genannte Ursachen zurückgeht (z. B. sensorische Deprivation)

(American Psychiatric Association, 2000; Sass et al., 2003) Hasemann, W., Kressig, R. W., Ermini-Fünfschilling, D., Pretto, M., & Spirig, R. (2007). Screening, Assessment und Diagnostik von Delirien. Pflege, 20(4), 191-204.

Internationale Klassifikation psychischer Störungen

ICD

F0 Organische, einschließlich symptomatischer psychischer Störungen F05.– Delir, nicht durch Alkohol oder andere psychotrope Substanzen bedingt • Ein ätiologisch unspezifisches hirnorganisches Syndrom, das charakterisiert ist

durch gleichzeitig bestehende Störungen des Bewusstseins und der Aufmerksamkeit, der Wahrnehmung, des Denkens, des Gedächtnisses, der Psychomotorik, der Emotionalität und des Schlaf-Wach-Rhythmus. Die Dauer ist sehr unterschiedlich und der Schweregrad reicht von leicht bis zu sehr schwer

F05.0 Delir ohne Demenz F05.1 Delir bei Demenz F05.8 Sonstige Formen des Delirs • Delir mit gemischter Ätiologie F05.9 Delir, nicht näher bezeichnet (Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information – DIMDI, 2007)

ICD

• A. Bewusstseinsstörung (Bewusstseinstrübung), d.h. verminderte Klarheit in der Umgebungswahrnehmung, mit einer reduzierten Fähigkeit, die Aufmerksamkeit zu fokussieren, aufrechtzuerhalten und umzustellen.

• B. Störung der Kognition, manifestiert durch die zwei folgenden Merkmale: • 1. Beeinträchtigung des Immediatgedächtnisses (der unmittelbaren Wiedergabe)

und des Kurzzeitgedächtnisses bei relativ intaktem Langzeitgedächtnis • 2. Desorientierung zu Zeit, Ort oder Person. • C. Mindestens eine der folgenden psychomotorischen Störungen: • 1. rascher, nicht vorhersagbarer Wechsel zwischen Hypo- und Hyperaktivität • 2. verlängerte Reaktionszeit • 3. vermehrter oder verminderter Redefluss • 4. verstärkte Schreckreaktion • D. Störung des Schlafs oder des Schlaf-Wach-Rhythmus, mindestens durch eines

der folgenden Merkmale manifestiert:

ICD

• 1. Schlafstörung, in schweren Fällen völlige Schlaflosigkeit, mit oder ohne Schläfrigkeit am Tage oder Umkehr des Schlaf-Wach-Rhythmus

• 2. nächtliche Verschlimmerung der Symptome • 3. unangenehme Träume oder Alpträume, die nach dem Erwachen als, Halluzinationen oder

Illusionen weiterbestehen können. E. Plötzlicher Beginn und Änderung der Symptomausprägung im Tagesverlauf F. Objektiver Nachweis auf Grund der Anamnese, der körperlichen, neurologischen und laborchemischen Untersuchungen einer zugrundeliegenden zerebralen oder systemischen Krankheit (außer einer durch psychotrope Substanzen bedingten), die für die klinischen Symptome A bis E verantwortlich gemacht werden kann. Kommentar: Affektive Störungen wie Depression, Angst oder Furcht, Reizbarkeit, Euphorie, Apathie oder staunende Ratlosigkeit, Wahrnehmungsstörungen (Illusionen oder Halluzinationen, meist optische) und flüchtige Wahnideen sind typisch, aber für die Diagnose nicht spezifisch. Der Beginn ist gewöhnlich akut, im Tagesverlauf wechselnd, die Gesamtdauer der Störung beträgt weniger als sechs Monate. Mit der vierten Stelle soll kodiert werden, ob das Delir eine Demenz überlagert oder nicht (Dilling, Mombour, Schmidt & Schulte-Markwort, 2006)

ICD F1 Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen

• F10. Störungen durch Alkohol

• F11. Störungen durch Opioide

• F12. Störungen durch Cannabinoide

• F13. Störungen durch Sedativa oder Hypnotika

• F14. Störungen durch Kokain

• F15. Störungen durch andere Stimulanzien, einschließlich Koffein

• F16. Störungen durch Halluzinogene

• F17. Störungen durch Tabak

• F18. Störungen durch flüchtige Lösungsmittel

• F19. Störungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen

.3 Entzugssyndrom • Es handelt sich um eine Gruppe von Symptomen unterschiedlicher

Zusammensetzung und Schwere nach absolutem oder relativem • Entzug einer psychotropen Substanz, die anhaltend konsumiert worden ist. Beginn

und Verlauf des Entzugssyndroms sind • zeitlich begrenzt und abhängig von der Substanzart und der Dosis, die unmittelbar

vor der Beendigung oder Reduktion des Konsums • verwendet worden ist. Das Entzugssyndrom kann durch symptomatische

Krampfanfälle kompliziert werden. .4 Entzugssyndrom mit Delir • Ein Zustandsbild, bei dem das Entzugssyndrom (siehe vierte Stelle .3) durch ein

Delir, (siehe Kriterien für F05.) kompliziert wird. Symptomatische Krampfanfälle können ebenfalls auftreten. Wenn organische Faktoren eine beträchtliche Rolle in der Ätiologie spielen, sollte das Zustandsbild unter F05.8 klassifiziert werden.

• Delirium tremens (alkoholbedingt) (Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information – DIMDI, 2007)

Vergleich ICD und DSM

• ICD strenger, diagnostische Kriterien, geringere Sensitivität (mehr falsch Negative)

• Bei DSM- Kriterien Anwendung Screening notwendig da keine diagnostischen Kriterien angegeben

Hyperaktives Delir

• Dieser Subtyp tritt am seltensten auf. Hier besteht eine quasi zweckgerichtete, unangebrachte Überaktivität, die zum Umherwandern, Suchen, Nesteln und zu verbal und physisch aggressiven Ausbrüchen führen kann. Die affektiven Reaktionen wie Wut oder Furcht lassen sich durch den negativen Stress als Reaktion auf die Halluzinationen und eingebildeten Verfolgungen erklären. Hyperaktive und furchtsame Patienten befinden sich oft in einem vegetativen Erregungszustand. Der Redefluss kann verstärkt sein.

• Weitere neurologische und motorische Symptome können verschiedene Bewegungs- und Koordinationsstörungen wie Ataxie, Myoklonien, Tremor, sowie verschiedene Sprach- und Sprechstörungen sein. Bei älteren Patienten kann eine Urin- und Stuhlinkontinenz auftreten.

Intranet Stadtspital Triemli, Zürich, Gesamtspitalweisung, Delir/akute Verwirrtheit, Version 03, (2009), S.6/31.12.2009

Hypoaktives Delir

Diese Erscheinungsform tritt beim älteren Menschen häufiger auf und wird oft verkannt

(bis zu 80%) Die zweckgerichtete motorische Aktivität ist herabgesetzt und zeigt sich in verlangsamten, verzögerten Bewegungen wie auch in ebensolchem Sprechen. Die Patienten erscheinen apathisch und zeigen wenig affektive Reaktionen, obwohl sie sich in einem Zustand starken Leidens befinden können. Intranet Stadtspital Triemli, Zürich, Gesamtspitalweisung, Delir/akute Verwirrtheit, Version 03, (2009), S.6/31.12.2009

Gemischtes Delir

• Anteile von hyperaktiven und hypoaktiven Phasen

Epidemiologie

Häufigkeit 1-2%

14% älter als 85 Jahre

30% aller älteren Patienten

10-40% der älteren hospitalisierten Patienten

Hospitalisation: Notfallabteilung 14-24%, postoperativ 15-53%, intensiv 70-80%

20-25% der jährlichen Hospitalisationen

Häufigste Komplikation bei Hospitalisationen

Mortalität verdoppelt

Epidemiologie

Delir verlängert Intensivpflicht

Unterdiagnostiziert

Dauer Wochen bis Monate, länger eher bei Älteren

EEG: Verlangsamung

Pathomechanismen: Cholinerges Defizit, Dopamin, Cytokine, Stresscortisolismus, Noradrenalin, Serotonin, GABA, Glutamat, Melatonin

BMJ Assessment of Delirium 30.9.2013

Epidemiologie

Angaben schwanken wg. diagnostischer Unsicherheit

• Hypoaktiv: eher hypoxisch, metabolisch, Anticholinergikawirkung 48% (15-71%)

• Hyperaktiv: eher bei Alkoholentzug, Intoxikationen, unerwünschten Arzneimittelreaktionen (13-46%)

JAMA Evidence Care at the Close of Life 2010: Evidence and Experience

Stephen J. McPhee, Margaret A. Winker, Michael W. Rabow, Steven Z. Pantilat, Amy J. Markowitz

W. 0:191–204

Hasemann et al. Screening, Assessment und Diagnostik von Delirien Pflege 2007; 2

Prävalenz verwirrter Patienten

Differentialdiagnosen

Das Delir beim geriatrischen Patienten, Christian Walcher 2012

Risikofaktoren

• Delir vor allem Störung der Aufmerksamkeit, Reizdiskrimination vermindert, prämorbides Aufmerksamkeitsdefizit erhöht Risiko

• Ältere Menschen über 65 Jahre m>f

• Seh‐ und Hörvermögen beeinträchtigt

• Prämorbide kognitive Störungen, Demenz,

Depression

Risikofaktoren

• Große Operationen oder Traumata

• Fieber, Schock, Unterkühlung

• Obstipation, Schmerzen, Palliativ / Terminal

In Klinik

• Narkose, Immobilisierung, Blasenkatheter, Fehlernährung (Gebiss), mehr als 3 neue Medikamente

Risikofaktoren

• Infektionen (Atemwege, Harnwege, gastrointestinal, Weichteile, HIV)

• Metabolisch (Hypoxie, Elektrolyte, Hyper-, Hypoglykämie)

• Schwere körperliche Krankheit, neoplastisch, Organinsuffizienz (Lunge, Herz, Leber, Nieren), selten Porphyrie, Karzinoid

• Vaskulär (Herzinsuffizienz, TIA / Stroke, Thrombose, Embolie)

• Endokrine Störungen (Diabetes mellitus, M.Cushing, Thyreotoxikose)

Risikofaktoren

• Poly‐Pharmakotherapie (PRISCUS‐ Liste http://www.priscus.net für Ältere/, Medikamenten‐ NW)

• Flüssigkeitsmangel, Mangelernährung • Vitaminmangel (B1, B6, B12, Folsäure) • Toxisch/medikamentös (z.B. Alkohol, Barbiturate,

Opiate, Benzodiazepine, Kortikosteroide, Antidepressiva, Anticholinergika)

• Substanzabhängigkeit vor allem Alkohol und Benzodiazepine

• Entzugssyndrome (Alkohol, Barbiturate, Sedativa, Hypnotika)

Risikofaktoren

Medikamente

Zentral anticholinerg

• Analgetika, Antihistaminika, Antiparkinsonmittel (z.B. Amantadin), Antibiotika, Anticholinergika, Antiarrhythmika, Antikonvulsiva, atypische Antipsychotika, Antidepressiva (z.B. Amitriptylin)

Mögliche Hyponatriämie

• Antidepressiva, Antikonvulsiva, Antipsychotika

Serotonerg

• Antidepressiva

Dopaminerg

• Dopaminagonisten, L- Dopa

Pathophysiologie

• Störung des Gleichgewichts der Neurotransmitter • Störung der cholinergen Übertragung (z.B. Anticholinergika) • Relativer Dopaminüberschuss kann Delir vorausgehen,

Dopaminantagonisten verbessern Delir • Hyperaktiv Dopaminexzess • Hypoaktiv Dopaminmangel • Im Alter Verlust an Acetylcholin, bei Demenz

pathologischer Verlust • Zerebrale Minderperfusion • Inflammation • Stress, Hypercortisolismus

Pathophysiologie

PD Dr. med. Thomas Münzer

Chefarzt Geriatrische Klinik St. Gallen, 22.5.2014

Diagnostik

In erster Linie klinisch • Basale kognitive Funktionen prüfen • Fremdanamnese und/oder Vorbefunde prämorbides kognitives

Funktionsniveau • Quantifizierung der Bewusstseinslage GCS • Mehrfach täglich klinisches Bild erfassen • Alle Screening und Assessmentinstrumente basieren auf DSM-

Kriterien • Screening ab 65 Jahren aller Pat., da sonst hypoaktive Delirien leicht

übersehen werden können, proaktiv bedeutet Prävention und Früherkennung und -behandlung

• Hypoaktives Delir am besten erkannt unter Einsatz eines Screeninginstruments z.B. DOS

Instrumente zur Delirdiagnostik Instruments for assessment of arousability of the patient

• RASS[9]

Instruments for screening for premorbid cognitive disturbances

• IQCODE[10,11]

Screening instruments

• NEECHAM Confusion Scale[12]

• Nursing Delirium Screening Scale[13]

• Delirium Observation Screening Scale/Delirium Observation Scale[14,15]

• Intensive care delirium screening checklist[16]

• Pediatric Anesthesia Emergence Delirium scale[17]

• Global Attentiveness Rating[18]

Diagnostic instruments

• Delirium Symptom Interview[19]

• Saskatoon Delirium Checklist[20]

• Delirium Rating Scale-revised version[21]

• Memorial Delirium Assessment Scale[22]

• Confusion Assessment Method[23]

• CAM-ICU[24,25]

• Paediatrics CAM-ICU[26]

• Clinical Assessment of Confusion - A and B[27,28]

Instrumente zur Delirdiagnostik

Instruments for assessment of cognitive symptoms only • Mini Mental Status Examination[35] • Cognitive Test for Delirium[36,37] • Clock Drawing test[38] • Digit Span Test[39,40] • Vigilance “A” Test[40] • Mental state Questionnaire[41,42] • Short Portable Mental Status Questionnaire[43] Motor symptoms • Delirium Motor Checklist, Delirium Motor Symptom Scale[44,45] • Richmond Agitation and Sedation Scale[9] • Motoric items of Delirium Rating Scale, Delirium Rating Scale-Revised-98, • Memorial Delirium Assessment Scale[21,22,29] Etiology, risk factors • Delirium Etiology Checklist[46] Distress with delirium experience • Delirium Experience Questionnaire[47] World Journal of Psychiatry, Sandeep, Natasha, 22; 2(4):58- 60, 2012

Instrumente zur Delirdiagnostik

Instruments for Assessment of severity of delirium • Delirium Rating Scale[29] • Delirium Rating Scale-Revised-98[21] • Confusion Assessment Method[23] • Confusion Assessment Method for Intensive Care Unit

assessment tool[24,25] • Delirium-O-Meter[30] • Delirium Index[31] • Memorial Delirium Assessment Scale[22] • Confusional State Evaluation Scale[32] • Delirium Assessment Scale[33] • Delirium Severity Scale[34]

RASS ICU Weckbarkeit

Delirium Observation Screening Scale (DOS) Beobachtung, Screening

DOS

• Screening DOS (Schuurmans 2003) Beobachtung, sehr rasch anwendbar bei Anstieg des Scores um ab 3 Punkten Intervention

• Demenz: oft 3-4 Punkte, wenn weiterer Anstieg evtl. beginnendes Delir

ICDSC (Bergeron, 2001)

Screening, Beobachtung

CAM Diagnosestellung, Schweregrad

• Das von Inouye et al. (1990) entwickelte Assessmentinstrument

• Confusion Assessment Method (CAM) ist der Goldstandard und zählt zu den am weitesten verbreiteten Delirskalen

• Dieses erfordert ein strukturiertes Interview, z.B.

• den Mental Status Questionnaire (Kahn et al., 1960) oder

• den Mini-Mental-Status (Folstein et al., 1975)

CAM

• Diagnosestellung mittels CAM benötigt Interview, z.B. MMS, dauert länger als DOS (Screening)

• Schweregrad und Verlauf von Delir mittels CAM-ICU für Beatmete, darum vorher Screening sinnvoll

• CAM: akuter Beginn (Fremdanamnese) und/oder fluktuierender Verlauf (Beobachtung), Aufmerksamkeitsstörung und formale Denkstörung oder veränderte Bewusstseinslage wenn 1a und 1b und 2 und 3 oder 4 dann sicheres Delir, wenn 1a oder 1b und 2 und 3 oder 4 dann wahrscheinliches Delir

MDAS Diagnosestellung Schweregrad Motorik

Delirium Rating Scale

Trzepacz 1988

16 Items

>18 Delir

Diagnose

Schweregrad

Prävention

• Vermeidung von Stress- Schmerzmanagement, Bezugspflege, Verbesserung der Kommunikationsfähigkeit mit Seh- und Hörhilfen, Vermeiden von Zimmer- und Stationswechseln • Malnutrition- Essprotokolle, Zusatznahrung • Infektionen- Pneumonie-, Dekubituspropylaxe, vermeiden von Dauerkathetern

Prävention

• Behandlung von metabolischen Entgleisungen, Ausgleich von Elektrolytstörungen, Flüssigkeits-, Vitaminmangel

• Therapie von neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen

• Verhaltensmaßnahmen, die die Orientierung des Patienten erleichtern

(Cochrane Database Syst Rev , 2001)

Prävention

• Kognitiv stimulierende Tätigkeiten (z.B. Puzzle, Kartenspiel, Brettspiel) und körperliche Aktivität (Kolanowski et al., 2010, Aging ment health)

• Hobbies und Interessen fördern

• Vertraute Gegenstände zur Verfügung stellen, mit Photos umgeben

Therapie

• Evidenzbasierte Prophylaxe und Therapie

• Auch in Palliativsituation behandelbar

• Frühe Behandlung:

Diagnostisch Ursachensuche z.B. Infekt,

Harnverhalt

• Behandlung der Ursache z.B. Antibiose und der Delirsymptome

Nicht- medikamentöse Therapie

• Umgebungsreize wichtigster Faktor für Bildung von Neuronen und Synapsen

• Orientierungs‐Förderung (verbal, Kalender, Uhren, Tageszeitungen etc.)

• Umgebungsgestaltung (Kommunikation, Aufklärung, Lichtgestaltung, Nachtlicht, Lärmreduktion, vermeiden vieler Menschen im gleichen Raum, Mobilisation, Reduktion freiheitseinschränkender Maßnahmen)

Nicht- medikamentöse Therapie

• Visuelle und auditive Hilfen (Brille, Hörgerät) • Gefahren‐Reduktion (Gegenstände f. Eigen‐ oder

Fremdgefährdung ) • Patienten‐Begleitung (Empathie, Sitzwache,

Angehörige) • Bezugspersonenpflege, Gespräch mit dem

Patienten, nicht über ihn, Validation bei Demenz • Ausreichender Schlaf Cave: Schlaf‐Unterbrechung

Nicht- medikamentöse Therapie

• Klare, einfache, repetitive Kommunikation, Fremdsprachlichkeit?

• Bewegungsdrang nachgeben

• Basis‐ADL‐Training, „One task at a time“

(http://www.europeandeliriumassociation.com)

Medikamentöse Therapie

• Im differentialdiagnostischen Zweifel wie Delir behandeln

• Neuroleptika • In erster Linie Haldol (auch Atypika z.B. Seroquel) • Cave EPS • Benzodiazepine • V.a. bei Alkohol‐ Sedativaentzug • Kombination mit Neuroleptika • Cave Atemdepression, Muskelrelaxation • Für Effekt von Donepezil gibt es keine Evidenz (Overshott R. et al., Cochrane Collaboration, 2009)

Therapie

• Dopaminüberschuss (kann auch relativ sein): Nesteln, motorische Unruhe, Halluzinationen (Haldol, Quetiapin, Absetzen anticholinerger Medikamente)

Zusammenfassung

Definition

• Störung des Bewusstseins, der Aufmerksamkeit, der Wahrnehmung, des Denkens, der Orientierung, der Sprache, des Gedächtnisses, der Psychomotorik, der Emotionalität und des Schlaf‐Wach‐Rhythmus

• Nicht besser durch z. B. Demenz oder Koma erklärbar

• Entwicklung innerhalb kurzer Zeitspanne (Stunden oder Tage) und Fluktuation im Tagesverlauf

• Verursachung durch medizinischen Krankheitsfaktor

Zusammenfassung Differentialdiagnosen Delir • Plötzlich, fluktuierend • Bewusstsein, Aufmerksamkeit, Psychomotorik beeinträchtigt, Tremor, Koordinationsstörungen,

optische Halluzinationen, Suggestibilität

Demenz • Langsame Entwicklung, 24h Verlauf gleichmässiger (Sundowning) • Bewusstsein, Aufmerksamkeit, Psychomotorik meist intakt, beeinträchtigte Wortfindung, selten

Halluzinationen, Illusionen

Psychose • Rasche Entwicklung, 24h Verlauf gleichmässiger • Bewusstsein ungestört, Aufmerksamkeit wechselnd, Psychomotorik kann auffällig sein,

Halluzinationen akustisch

Depression • Entwicklung in Monaten, Leistungsschwankung bei Aufgaben gleichen Schweregrads DD

hypoaktives Delir, Klagsamkeit, Grübelzwang, Suizidgedanken, Antriebsmangel, psychomotorische Verlangsamung, gute Alltagskompetenz, schlechte Tests, keine Desorientierung, Besserung auf AD und Psychotherapie, keine Fluktuation (Morgentief), Stimmungstief

Zusammenfassung Erfassungsinstrumente

Weckbarkeit Richmond Agitation and Sedation Scale (RASS) Delirscreening Delirium Observation Scale (DOS) Intensive Care Delirium Screening Checklist (ICDSC) Delirdiagnose Confusion Assessment Method (CAM, CAM-ICU) Schweregrad Memorial Delirium Assessment Scale (MDAS) Schweregrad Delirium rating scale (DRS) Schweregrad

Zusammenfassung

Prävention

• Sinnesorgane

• Kognitive Stimulation

• Bewegung

• Vertraute Umgebung, keine Ortswechsel

• Vermeiden von Stress

• Ernährung

• Behandlung somatischer Komplikationen

Zusammenfassung

Therapie nicht- medikamentös

• Förderung der Orientierung

• Klare Kommunikation, Begleitung

• Gefahrenreduktion

• Ausreichender Schlaf, Schlaf- Wach- Rhythmus

• Bewegung und Selbständigkeit fördern

Zusammenfassung

Therapie medikamentös

Bei Dopaminüberschuss

• Haldol

• Quetiapin

Bei Acetylcholinmangel

• Absetzen cholinerger Medikamente

Benzodiazepine vor allem bei Alkoholentzug

Fazit

• Delir weit verbreiteter Notfall bei Älteren • Nach Delir für Monate Risiko erhöht für erneutes

Delir • Auch nach mehreren Jahren Outcome (Tod,

Institutionalisierung, Demenz) schlechter nach Delir

• Prädisponierende Faktoren nicht alleine erklärend (Alter, Geschlecht, komorbide Erkrankungen, Demenz)

• Outcome auch ohne diese Faktoren mindestens so schlecht wie mit

Fazit

• Schwere Erkrankung mit ungünstigem Outcome

• Rasches Erkennen und Behandeln des Delirs

• Outcome dennoch wenig beeinflussbar

• Delirvermeidung essentiell

• Erkennen von Risikosituationen notwendig

• Risiko für Delir multifaktoriell

Vielen Dank für die

Aufmerksamkeit

Fallbeispiel 1

• Herr W.B., 77 J.

• Im Januar 2014 nach Angaben des ambulant behandelnden Psychiaters und der Lebens-partnerin Entwicklung von Unruhe, Anspannung, Kommunikation mit nicht im Raum anwesenden Personen, nächtliche Unruhe, zunehmende Unselbständigkeit

• Medikation Ludiomil (Maprotilin), Mianserin, Dormicum bis Januar 2014, trotz Ausschleichen Persistenz der Symptomatik

Fallbeispiel 1

• Aufnahme im Juni 2014

• Rufen, Schreien, zeitweise aggressive Abwehr pflegerischer Massnahmen und der Nahrungsaufnahme, zeitweise apathischer Rückzug, kurze Reaktion auf Ansprache und Wegdriften der Aufmerksamkeit

• Laborparameter weitgehend unauffällig

• Im MRT Neurokranium frontal betonte Atrophie

Fallbeispiel 1

3 Monate stationär Tagesstruktur, Physiotherapie, Aktivierung Medikation: • Haloperidol, Quetiapin ohne deutliche Wirkung • Unter Risperidon Verbesserung der deliranten

Symptomatik, allmählich wieder Teilnahme am Stationsalltag, aber kognitive Verschlechterung im Vergleich zum prämorbiden Niveau

• Verlegung ins APH möglich Prolongiertes gemischtes Delir mit Wechsel von hyper- und hypoaktiven Phasen • RF anticholinerge Medikation, Benzodiazepinabhängigkeit

(in der Vorgeschichte Alkoholabhängigkeit)

Fallbeispiel 2

• Herr P.C., 82 J.

• Ehefrau leidet unter dementiellem Syndrom, lebt im APH, Sturz zu Hause mit Handgelenks-fraktur

• Im August 2014 Umzug von zu Hause ins selbe APH, dort massive Unruhe mit Schreien, Lachen, Singen, laut Tochter fluktuierender Verlauf

Fallbeispiel2

• Stationäre Aufnahme

• Rasch abklingende Symptomatik ohne neuroleptische Medikation

• Bei Bedarf bei Unruhe Gabe von Lorazepam

Fallbeispiel 2

• Zu Hause hatte Alkoholkonsum bestanden,

• im APH ist von einem Entzug auszugehen, dieser fand ohne Substitution statt

• Abklingen der massiven Symptomatik innerhalb zwei Wochen

Hyperaktives Delir

• RF prämorbide dementielle Entwicklung, Ortswechsel, Alkoholentzug

Fallbeispiel 3

• Frau M.N., 87 J. • Verlust des Ehemanns vor einem Jahr, der an einem

dementiellen Syndrom gelitten und den die Patientin gepflegt hatte, weitgehend selbständig in ihrer Wohnung

• Schon während Erkrankung des Ehemanns Gedächtnisprobleme

• Nun Entwicklung von Misstrauen, paranoiden Ideen, Tag- Nacht- Umkehr, optischen Halluzinationen, ist in der Nacht umtriebig, klingelt bei den Nachbarn mehrfach an die Tür, weil sie Angst vor Einbrechern und Diebstahl habe

Fallbeispiel 3

• Kein Alkohol, keine regelmässigen Medikamente, gelegentlich Torem

• Zu Beginn Gabe von Risperidon, später Valproat und Lorazepam

• Entlassmedikation Ebixa, Seroquel, Risperidon

• Allmähliches Wiedererlangen des Realitätsbezugs

• Platzierung wegen Progredienz der Defizite

Fallbeispiel 3

• Ehemann verstorben, keine Kinder, kaum Kontakte, dementielle Entwicklung

Hyperaktives Delir

• RF Deprivation bei dementieller Entwicklung


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