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Personalisierte Tumortherapie

(incl. Tumormarker und Liquid Biopsy)

W. Schmiegel / A. Baraniskin

05.2016

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Key concept

Therapieoptimierung durch individuell angepasste Therapie

Biomarker helfen bei der Auswahl der Therapie

Mutationsanalyse aus dem Blut ist möglich

Präzise nicht‐invasive Therapieüberwachung

Effektivere Tumortherapie

weniger Nebenwirkungen

Kostenersparnis

Personalisierte Tumortherapie

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RKI, Bericht „Krebs in Deutschland“, 10. Ausgabe, 2015

KrebserkrankungenEpidemiologie: Inzidenz

JETZT In 20 Jahren

Daten gelten für westeuropäische Länder und Nordamerika

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Der Krebs „Tsunami“

Bis 2030 Verdreifachung der  Krebserkrankungen weltweit

Zunahme um ca. 30% inDeutschland 

Krebs wird führende Todesursache

Ältere besonders betroffen

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KrebserkrankungenHäufigste Todesursache bei <65J

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KrebserkrankungenVerbesserte Therapien

Deutsches Ärzteblatt, 2016

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Ernst & Young, Personalized Medicine Coalition, Mai 2009; McKinsey Quaterly, Februar 2010

Ineffiziente Behandlung durch unspezifische Zielstrukturen 

Das Risiko einer ineffizienten 

Behandlung ist am häufigsten bei onkologischen Patienten

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Kosten der Krebsmedizin

Howard et al. J Economics Perspectives 2015, Winter Vol 29, No.1, pp 139‐162

In 1995 zahlten Patienten und die Versicherer $ 54,100 für 1 Jahr Leben unter Therapie.

Eine Dekade später, in 2005, zahlten sie $ 139,100 für das gleiche. 

In 2013 zahlten sie $ 207,000.

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Der Weg zur Individualisierten TherapieCharakteristika der Krebszellen

Hanahan & Weinberg, Cell 144, 2011

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Personalisierte KrebsmedizinVom Marker zur Therapie

Chin et al., Nature Medicine 2011; 364: 297‐303

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Tumormarker

Definition: Alle nachweisbare Substanzen, die auf einen Tumor hinweisen oder zurCharakterisierung und Messung seiner Ausbreitung und Therapie‐Ansprechen beitragen können.

• von malignen Tumorzellen direkt gebildet• Synthese wird in normalen Zellen durch den Tumor induziert • Glykoproteine der Zelloberfläche• indirekt gebildete Stoffwechselprodukte (Enzyme, Hormone)• zytogenetische Veränderungen (insbes. bei Leukämien)• zelluläre Marker• RNA‐Moleküle• DNA‐Methylierungsnachweise (Epigenetik)

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Tumormarker

Welche Fragestellungen kann ein Tumormarker beantworten?

Diagnostischer Tumormarker => ermöglichen es, die Erkrankung eines Patienten innerhalb einer Gruppe von ähnlichen Krankheiten genau zu definieren

Verlaufsmarker => korrelieren mit der Tumormasse und sind bei der Beurteilung des Therapieansprechens hilfreich

Prädiktiver Tumormarker => ermöglichen Aussagen über das voraussichtliche Ansprechen auf eine bestimmte Therapie und erleichtern damit die Auswahl der individuell besten Behandlung 

Prognosemarker => erlauben Aussagen über die voraussichtlichen Heilungschancen und/oder den Krankheitsverlauf 

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Tumormarker

Der perfekte Tumormarker:

1. Hohe Sensitivität: positiv auch bei geringem Tumorbefall2. Hohe Spezifität: nie positiv, wenn kein Tumor vorliegt3. Blutspiegel korreliert eng mit Ausmaß des Tumors

Dazu wichtig:a) Einfach und reproduzierbar zu messenb) Preisgünstigc) Wird von den Krankenkassen übernommen

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TumormarkerCEA (Carcinoembryonales Antigen)

• entdeckt von Gold und Freedman in 1965 • Biologische Halbwertszeit: 2‐8 Tage• Maligne Erkrankungen: Kolorektale Karzinome, Oesophagus‐, 

Magen‐, Pankreas‐, Mamma‐, Bronchial (NSCLC)‐, Uterus‐, Zervix‐ und medulläres Schilddrüsenkarzinom, Karzinome des Kopf‐Hals‐Bereichs.

• Auch als Zweitmarker bei Leber‐ und Gallenwegs‐, Prostata‐ und Blasenkarzinom sowie beim Melanom.

• CEA kommt einem universellem Tumormarker nahe: fast 80% aller fortgeschrittenen Malignome zeigen erhöhte CEA‐Werte. 

• Benigne Erkrankungen und Zustände: Rauchen, Leberzirrhose, akute Pankreatitis, Bronchitis, Lungenemphysem, Colit. ulcerosa.

• Postoperativ bleibt CEA durch entzündliche Veränderungen 2‐4 Wochen erhöht.

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TumormarkerCA 19‐9

• Kohlenhydrat‐Antigen, nachgewiesen von Koprowski in 1981

• Biologische Halbwertszeit: 4‐8 Tage

• Maligne Erkrankungen: Pankreas‐, Gallengangs‐ und 

kolorektale Karzinome (in Kombination mit CEA)

• Benigne Erkrankungen und Zustände: Pankreatitis, 

Cholangitis, Ulcera, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa

• Bei Personen mit der Blutgruppenkonstellation Lewis‐a‐/b‐ (3‐

7% der Bevo ̈lkerung) exprimieren kein CA 19‐9.

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TumormarkerPSA

(Prostataspezifisches Antigen)

• PSA von Wang et al. in 1979 entdeckt

• Biologische Halbwertszeit: 2‐4 Tage

• Maligne Erkrankungen: Prostatakarzinom

• Empfehlung für die Krebsvorsorge bei Männern ab dem 50. 

Lebensjahr.

• Benigne Erkrankungen und Zustände: Prostataadenom (meist 

unter 10 μg/L), Prostatitis, diagnostische und therapeutische 

Manipulationen an der Prostata, Z.n. Fahrradfahren

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TumormarkerCA‐12‐5

• Biologische Halbwertszeit:  5 Tage

• erster Test von Bast et al in 1980 

• Maligne Erkrankungen: Ovarialkarzinom (in Kombination mit 

CA 72‐4)

• Benigne Erkrankungen und Zustände: Schwangerschaft, 

Adnexitis, Peritonitis, Pankreatitis, Endometriose, Cholecystitis, 

Leber‐ zirrhose, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa

• ggf. Screening bei hereditärer Brust‐ und Ovarialkrebsbelastung 

(BRCA1/2)

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TumormarkerAFP (Alpha‐Fetoprotein)

• Biologische Halbwertszeit: 2‐8 Tage• Maligne Erkrankungen: 

Primäres Leberzellkarzinom (Beim Cholangiozell‐Karzinom und den meisten Lebermetastasen ist AFP normal) Bei chronischer Hepatitis‐ und Leberzirrhose zur 

Früherkennung eines Leberzellkarzinoms. Keimzelltumoren

Bei erhöhtem Risiko eines Keimzelltumors (Maldescensustestis, gesunder Zwilling eines betroffenen Patienten).

• AFP und b‐hCG immer parallel bestimmen.• Benigne Erkrankungen und Zustände: Bei Hepatitis, Leberzirrhose 

sowie in der Schwangerschaft sind leichte AFP‐Erhöhungen bis 400 U/mL möglich.

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Tumormarker

Welche nicht-Tumorerkrankungen können die Tumormarker erhöhen?

• Entzündliche Darmerkrankungen• Leberzirrhose• Gallengangsverschluss• Niereninsuffizienz• Falsch positive Erhöhungen, etwa durch eine Veränderung

der Messmethode

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TumormarkerPrädikative Biomarker

Prädikative Marker dienen nicht der Diagnosestellung, sondern sagen das Ansprechen auf eine bestimmte Therapie voraus

Beispiele:• RAS‐Mutation => Kolorektales Karzinom; Anti‐EGFR‐Therapie• HER2‐Amplifikation => Mamma‐CA und Adeno‐CA des Magens und 

Ösophagus; Anti‐HER2‐Therapie• Östrogen und Progesteron => Mamma‐CA, Uterus‐CA; Antihormonelle 

Therapie• EGFR‐Mutation => Lungen‐CA; EGFR‐Inhibitoren• ALK‐Mutation => Lungen‐CA; Crizotinib• CD30‐Expression => T‐Zell‐Lymphom; Anti‐CD30‐Therapie• BCR‐ABL=> CML, B‐ALL; Imatinib

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Liquid profilingBEAMing Technologie

Exon Mutation

2

G12SG12RG12CG12DG12AG12VG13D

3

A59TQ61LQ61HQ61H

4

K117NK117NA146TA146V

Exon Mutation

2

G12SG12RG12CG12DG12AG12VG13RG13DG13V

3

A59TQ61KQ61RQ61LQ61HQ61H

4K117NK117NA146T

KRAS                  NRAS

Die Konkordanz zwischen der RAS‐Mutationsanalyse mittels BEAMing aus ctDNA und der gewebsbasierten Analyse (Goldstandard) liegt bei ca. 95% 

Hahn et al, ESMO 2015; Scott et al, ESMO 2015

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Individuelle Krebstherapie – ProblemeInterläsionale Heterogenität

Heterogenität – Adenome ‐ Primärtumor ‐Metastase

Vakiani, JCO 2012

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RAS‐Mutationen 

NCI, 2014

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Zusatznutzen der Liquid Biopsyfür den klinischen Einsatz

• Nicht invasiv

• Ergänzung zur gewebsbasierten Testung

• Abbild der inter‐ und intratumoralen genetischen Heterogenität

• Therapiemonitoring (on/off)

• Durchführbar auch bei nicht darstellbaren und nicht 

zugänglichen Tumorläsionen

• Validiert an großen Kohorten

• Schnelle  und standardisierte Ausführung

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Personalisierte Krebstherapie ‐ Vision

Onkologe Chirurg

Mut X

Signatur Y

Positiv?Tumor

Pathologe

Schnitte

H&E Färbung

GezielteTherapie

Mutationsstatuszurück an Onkologen

Molekulares Test-Center

DNA Extraktion und Mutations-Detektion

Gewebe-proben

JA

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit !


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