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Pfliigers Arch., Bd. 250, S. 431--438 (1948).

Aus 'dem Physiologischen Institut 'der Universit~t Erlangen.

Zur Adaptation des 0hres. Von

E. G. A. VAN BEUNINGEN.

Mi~ 4 Textabbitdungen.

(Ei~gegangen am 27. Februar 1948.)

Auf dem Gebiete der Adaptation des Ohres hat die amerikanisehe und russische Forschnng gan z besonders in den letz'ten Jahren eine Ffille yon VerSffentliehungen aufzuweisen, wi~hrend merkwiirdigerweise deutseherseits kaum Bearbeiter auftreten.

SeAt denVersuchen yon PATTIE konnte man annehmen, dab das Ohr in der Lage ist, sich an weehselnde L~utst~rken anzupassen, also die F~higkeit der Adaptation besitzt. LeAder ward yon PATTIE und e iner Anzah] folgender Autoren an Stelle des Begriffs , ,Adaptation" das Wort , ,Ermfidung" gebracht, was insofern nicht zutreffend ist, Ms es sieh bei diesen Untersuehungen um reine Messungen der Anpassung handelt, wobei durehaus noch keine Ermiidung des Ohres aufgetreten ist.

Im allgemeinen wurde bei den Adaptationsmessungen so verfahren, dab dem Ohr ein Ton gr6Berer Lautst~rke fiber eine gewisse zei t hin dargeboten und anscMiegend diejenige Zeit bestimmt wurde, die das Ohr benStigt, um seine alte Empfindlichkeit vor Gabe des Adaptations- tones wieder zu erreiehen.

An Ste]le des hi~ufig gebrauehten Wortes ,,Wiederherstellungszeit" wollen wAr a~ch bier in Anlehnung an die Sinnesphysiologie die Riiek- kehr des 0hres zu seiner alten Empfindlichkeit mat , ,Readaptation" bezeie~nnen.

Bei Adaptationsmessungen fanden BROH~ST]~I~, :PARKER U. a. im Durchschnitt eine geadaptat ionszei t bis zu 2 MAn. BRo~sTv, I?~ und TSCHURILOW,t konnten eine Abh~tngigkeit der Readaptationszeit yon der HShe des einwirkenden Tones feststellen, wobei sich die l%eadap: tationszeit mat 2000 Hz aufw~rts merklieh ver]angsamte, ttOLWAY wies eine Abh~ngigkeit der Readaptat ion yon der St~trke des Adap- tationst0nes naeh und zeigte, dab sieh die Readaptationszeit mat zu- nehmender Stgrke des Adaptationst0nes verl~ngert.

In der Erkenntnis der Adaptationsf~ihigkeit des Ohres versuchte BROm'~STE~N eine Methode zu entwiekeln, mit,der man den funktionelten Zustand des GehSrorgans prfifen kann. Mit HAlle der Adaptations- messung wollte er verborgengebliebene Ver~nderungen des funktione]len

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Zustandes des tt6rorgans nach Einwirkung starker TSne aufdeeken. K:~JAz~svA wandte die Adaptationsmessung bei russischen Arbeitern aus L/~rmbetrieben praktisch an, um die deutlich Minderwertigen mit vet- 1/~ngerter l~eadaptationszeit oder andere, die eine zu grebe Steigerung der HSrschwelle besM~en, auszulesen und in l~rmlose Fabriken zu versetzen.

Im Verlauf yon HOrschwellenmessungen beobachteten CAITSS~ trod CI:AVASS~ eine Steigerung der HOrempfindlichkeit dureh unterbroehene binaurienlare Reiznng. Die Bedingungen ftir Messung einer monai1ri- cularei1 ttSrempfindlichkeitssteigerung schienen danach die h/~ufige Unterbrechung des Reiztones and das weehselseitige Bestimmen yon Anftauch- und Versehwindungsschwelle zu sein. Diese HSrempfindlich- keitssteigerung be t rug monauricular etwa 3 db, elite GrSl3e, die der Differenz yon monauricularer zu binauricularer Schwelle entsprieht. Aueh BI~OHh-S'rEII~ konnte neben einer Herabsetzung der Erregbarkeit zum Teil eine ErhShung, das hei/~t, eine Sensibilisieri1ng des HOrorgans feststellen, t t ierbei wurde bei l~ngerer Anwendung eines Tones men- aurieularer Schwellenst/irke eii1e Verbesserung der HOrSchwelle um 10 db and sog~r mehr beobachtet.

Alle vorliegenden Arbeitei1 gaben I1ns jedoeh keinen ausreichenden Einbliek in die einzelnen Phasei1, die das Ohr bei akustischer Belastung durehl/~uft, t t ier interessierte besonders der Zeitpunkt, bei dem eine echte Ermiidung des Ohres (bei akustiseher Bela.stung) auftritt . Dabei blieb zu prfifen, wieweit ein ermtidetes Ohr fiir den Horcher leis~ungs- mindernd ist .

Um uns einen Uberblick fiber die Dauer der Leistungsf/thigkeit des HSrapparates unter akustiseher Belastung zu versehaffen, untersuehten wit bei fiber 50 Versuehspersonen in etwa 600 Einzelversuehen die bin- auriculare Adaptation and Readapta~ion, die Ver~nderuzag der HOr- sehwelle bei aki1stischen Eii1zelreizen und die Reaktionszeit auf aku- stische Reize versehiedener Lautst~trke.

Versuchsanordnung. Die Untersuchungen fanden am Tage zwischen 11 und 13 Uhr ~n

gesunden Versuchspersonen im Alter yon i9 21 Jahren start. Da wir an eine ~kustiseh ungflnstige Tageszeit gebunden waren, wurde es nStig, eine behelfsm/~Bige Camera silent~ einzurichten, die wit aus mehrerei1 Zentnern W~tte in einem mSglichst yon Tagesl~rm gesehiitz- ten R~um errichteten. Naeh-Vorversuehen geniigte in dieser schall~rmen Ksmmer ein Aufenthalt yon 40 ~in. , um die Endsehwelle des Ohres zu erreiehei1. Die Kammer selbst hielten wir dunkel, um die Versuchs- person vor jeder Ablenkung zu sehtitzen. Di1rch rote Leuchtzeiehen zeigten wir an, w~nI1 Tongaben und Pausen einsetzten. Die Versuehs-

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person bediente eine Morsetaste, mit der sie in der Lage war, einen etwa alle 3 Sek. erseheinenden Ton ~on ann~hernd 1 Sek. L~nge zu unterbrechen, wenn sic auf die Taste driickte. So wurden ]eieht Sinnes- tguschungen ausgeschaltet, da bei diesen ein Abreil3en des Tones dutch Druck auf die Taste nieht in Erscheinung treten konnte.

Die Versuchsperson h6rte die TSne dutch einen XopfhSrer. Daztt diente uns eine Fliegerkopfhaube, die den Vorteil bet, bei der Lgnge der Yersuehe besonders bequem zu sitzen.

Die Sendestelle lag in einem entfernteren ]~aum. Ein Siemensscher Schwebungssummer (Rel. Sum. 28a) und Verst~rker (Rel. Verst. 141a) mit einer Doppelpotentiometersehaltnng, die aus Rustratreostaten auf- gebaut war, ermSglichte neben der Ver~nderung der TonhShe am Schwebungssummer selbst aueh eine induktionsfreie genaue Laut- st~rken~nderung in kleinsten Stufen und weitesten Grenzen. Ein Multavi gestattete die laufende ~berwaehung der Stromstgrke. Der so abgestufte Ton wurde auf ein Ger~t gegeben, das yon RA~KE ur- sprfinglich ffir Re~ktionszeitmessungen gebaut worden war. E i n kon- stant laufender Motor bewegt eine Gebescheibe, die in der lI in~te 20real in etwas unregelm/~Bigen Zeitabstgnden und jeweils ffir etwa 1 Sek. Dauer gleichzeitig und fiber dasselbe Relais den Ton einschaltet und einen Liehtstrahl auf das Kymographion lenkt . Der Lichtstrahl wird augerdem mechanisch dutch die Gebescheibe so bewegt, dab er e t w a 180 ram j e Sekunde senkrecht zur Transportriehtung des Films wandert. Der Relaisstromkreis kann dureh eine Morsetaste seitens der Versuehs- person unterbrochen werden. Die Lgnge des registrierten Liehtstrahles ist daher ein.MaB ffir die Reaktionszeit der Versuehsperson. Die Seha]l- st/~rke in Dyn/em 2 Druek an der XopfhSrermembran wurde un te r Messung yon Wat t erreehnet.

Ergebnisse. Bei Vorversuehen, die wir unter den in der Versuchsanordnung

gegebenen Bedingungen durehfiihrten, beobaehteten wir bei einzelnen Versuchspersonen haufig eine Vergnderung der Schwe]lenempfindlieh- keit bei der Readaptation. Im Yerlauf der folgenden Versuehe be- miihten wir uns, die hgufig erseheinende Schwe]lenwanderung wahrend der Gesamtversuehszeit zu messen.

]3ei einer Gruppe yon 10 Versuehspersonen, die eingehender unter- sucht wurde, konnte mit gewissen persSnliehen Abweichungen eine verhgltnism/~gig fibereinstimmende Ver~nderung der Schwellenwande- rung gefunden werden.

Be re t diese Versuchspersonen in die schallarme Xammer kamen, hat ten sie durch einen Aufenthalt yon 2--3 Stunden i n Grogstadt- stragen und HSrsglen unter einer Belastung yon etwa 70 Phon gestanden.

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I n der schallarmen K a m m e r geniigten im allgemeinen 40 Min., um die binauriculare Endschwelle fiir 1000 I-Iz zu erreichen. In dieser Zei t gab es Versuchspersonen, die bei einer alle 10 ~in . stat tf indenden I-ISrschwellenmessung steil zum Endschwellenwert abfielen und solehe, .die trotz gleicher Belastung bei der ersten Schwellenbestimmung in der sehallarmen Kammer yon vornherein mit ihrem Schwellenwert t iefer lagen und ihren Endsehwellenwert der Kurve naeh flacher er- Teiehten. Man hgtte hier den Eindruek bekommen kSnnen, d a ] e s einerseits s tark umst immbare und andererseits gering oder gar nicht umst immbare Versuchspersonen gibt.

Naeh den erw~hnten 40 Min. Erholung in der schall~rmen K a m m e r begann die eigentliehe Untersuehung mit einer Adaptat ion an einem Ton yon 1000 Hz, der in einer Lautst~rke yon 70 Phon (etwa 1 Dyn/cm ~ 1VIembrandruek des Kopfh0rers) gegeben wurde. Die Dauer des Adap- tat ionstones wurde laufend verdoppeR.- I m Anschlu[~ an den Adapta- ~i0nston fand die Messung des Readapta t ion start . Dal~ wir fiir den Adapta t ions ton eine Lautstgrke yon 70 Phon w~hl t~ , hat te seinen Grund in den praktisehen Anforderungen, die an die Versuehspersonen gestellt wurden Anf~tnglieh wurde ein Schalldruck yon 150 D y n ' e m ~ (etwa l l 0 Phon) angewandt, jedoeh bew~hrte sieh ein so hoher Schall- druck nicht, da zu grol~e Naehwirkungen auftraten, die mit der Gefahr einer Schallsch~digang verbunden waren.

Nach jeder Adaptation best immten wir die Readapta t ion in Ver- schwindungs- und Auftauehsehwelle, ebenso ermittel ten wir die Emp- ~indliehkeit des Ohres vor der Adaptat ionstongabe.

Um den Ablauf des einzelnen Phasen, die das Ohr w~h.rend der Ge- samtversuehszeit durchlguR, mSgliehst genau zu erfassen, bew~thrte es sich, ffir die Gesamtdauer der Versuche in den entspreehenden zei~liehen Abst~nden das ~ i t t e l der gemessenen Auftaueh- und Versehwindungs- sehwelle fiir die Readapta t ion in ein Koordinatensystem einzuzeiehnen. Hierbei ~rugen wit auf der Ordinate die Schallstgrke in Dyn/cm 2 Mere- brandruck des KopfhSrers ab, w~hrend wit auf der Abszisse die laufende Versuchszeit zur Darstellung brachten. So t r i t t bei allen Versuehs- personen ganz allgemein ein klares Bild des Schwellenwunderung zutage.

Es zeiehnen sieh w~hrend der Versuchszeit 3 Phasen mehr odes weniger deutlich ab. Die 1. Phase hat eine Dauer yon durehschnittl ieh 20 ~in . , gerechnet veto Ende der 40 ~in . langen Erhotung. Diese Phase besitzt eine ann~hernd konstante Schwelle. I m Verlauf des weiteren ~kustisehen Reizungen, die aus Einzelreizen bei Best immung der Auf- ranch- und Verschwindungsschwelle mit sehwellennahen Lauts tarken und aus Dauerreizen st~rkerer Art Jois zu 70 Phon bestehen, t r i t t naeh Ablauf der ersten 20 Min. eine 2. Phase auf, in der die Sehwelle, wieder- ~m bes t immt aus dem Mittel yon Auftaueh- und Verschwindungs-

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sehwelle, laufend starker absinkt, und dann nach einer gewissen Zei$ wieder his zur H6he der konstanten Phase ~nzusteigen.

Diese 2. Phase kann man als die ,,Sen-~qn/e~z sibilisierungsphase" anspreehen, innerhalb der das Ohr infolge der vorausgegangenen akusti- schen l~eizung empfindlieher geworden ist. Hierbei konnten wir Empfindlichkeit ssteigerung bis zu 5,4 db beobaehteu. Die yon B~o~s~]~IN bis zu 10 db beobaehtete Sensibilisierung trat dann h~ufig in Erscheinung, wenn wir Mlein die Versehwindungssehwelle bertieksichLigen.

Im AnsehluB an die Sensibilisierungsphase folgte eine zeitliekst~rk~r sehwankende 3. Phase, die wohl mig l~echt als die Phase der Ermiidung ungesehen werden mug. W£hrend dieser Phase s~iegen die Sehwellenlautst/~rken stark an. Die hier beobaehtete Ermiidung ist nicht mit dem Begriff Ermiidung zu verwechseln, den die meisten Autoren an Stelle des Wortes Adap- tation benutzen.

Bei anderen Versuchspersonengruppen traten nun die einzelnen Phasen nicht immer so deu$1ieh wie bei der ersten Gruppe in Er- seheinung. Sie waren versehieden stark ausge- pr~gt~ es konnte also durehaus sein, dag eine Versuehsperson naeh einer kurzen konstanten Phase und fliiehtiger Andeutung der Sensibili- sierungsphase verh/~ltnism/~Big frfihzeitig in die 3. Phase der Ermiidung fiel. Diese Beobaeh-

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Abb. 1. Besonders ~yPi- sehe F~tle m i t den einzel- ~3en P h ~ s e n b i n a u r a l e r ~ d a p t a ~ i o n bei la l f fender akus t i s che r ,Belas~ung. Ord ina te : D y n / c m z Mem- b r a n d r u e k des ]~:opfhS- rers . Abszisse: Gesam~- versuehszeit~ (D- -O- -O Er - ho lnng in tier s e h a l l a r m e n h a m m e r . . . . - • . . . K o n - s~ante Phase . . . . Sen- s ibi l is ierungsDhase.-- . . . .

E r m i i d u n g s p h a s e .

tung maehten wir h~ufig bei Versuchspersonen, denen wir bis zu 1 Stunde akustische Erholung gew~hrten, naehdem sie' vorher sehon eine Anzahl Adaptations- messungen his zu ihrer Ermt~dung hinter sigh hatten.

Aueh die Sensibilisierungs- phase konnte unter Umgehung der konstanten Phase sehr friih auftreten. Je naehdem war die eine oder die andere Phase mehr

M[R.

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l 0 I Z 3 4' M/R.

Reudaplc:I/~n Abb. 2. Beziehungen vo~ ~dap~tion zu Readap~a~ion. Ordinate: Read~p~ations- zei~. Abszisse : Adap~a~ionszei t . • ,o,I Resu l t i e r ende der konstal lLen Phase . O O O t t e sn l t i e r ende tier Sensibi l is ier~mgsphase.

oder weniger deutlich ausgepr/£gt. Einzelne Phasen waren verl~ngert, andere verkiirzt. Die Sensibilisierungsphasen traten ebenfalls versehieden

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stark auf. Jedenfalls beobachteten wir keinen Sensibilisierungseffekt, der mehr als 6 db betrug, bes~immt aus dem Mittel yon Auftauch- und Versehwindungsschwelle.

Innerhalb dieser drei verschiedenen Phasen bestimmten wir im An- schlu{3 an die Adaptation die Readaptationszeit. Hierbei zeigte sich eine deutliche Beziehung yon Adaptations- und Readaptationszeit , nur war es nStig, die einzelnen Werte unter Berficksiehtigung der oben erwghnten "Phasen d~rzustellen.

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0 10 30 30 ~0 ,/v//o. Abb. 3. U n m i t t e l b a r e b inau ra l e E m p f i n d - l i ehke i t n a e h ve r s ch i eden l a n g e n i d a p - ~a t ions t6nen zur Zei t der Sensibi l is ierungs- phase bei 3 Versuehspe r so~en . O r d i n a t e : D y n / e m ~ Membrand ruck . des Kopfh6 re r s .

Abszisse : A d a p t a t i o n s l e i s t ~ n g e n .

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i la's o gl a,z 43 a,~ o,5 o,~ Sek. Re~r b~'/anazeH Abb. 4. Reak t i onsze i t in ± b h g n g i g k e i t yon der Seha l l s~ i rke bei 6 Ver suehspe r sonen . Ord ina t e : Dyn/cm-" M e m b r a n d r u c k des X:opfhSrers. Abszisse : Zei t in Seknnden .

Vergleieht man nun das Verh~ltnis yon geadaptat ionszei t zu Adap- tationstonl~nge sowohl wghrend der konstanten ats auch w~hrend der Sensibilisierungsphase, so zeigt sieh eine auff/illige Verkfirzung der lge- adaptationszeit wghrend der Sensibilisierungsphase. Bei der Sensibili- sierungsphase verl~tuft die I~eadaptation 4--5real sehneller als zur Zeit der konstanten Phase, z. B. bei einer Adaptationszeit yon 2 Min. betrug die Zeit der Readaptation wghrend der konstanten Phase annghernd die gleiehe Zeit, wie die gegebene Adapgationslgnge. W&hrend der Sensibilisierungsphase aber war die Readaptationszeit fast 5mal kfirzer als znr Zeit der konsganten Phase, bier etwa 25 Sek.

In der Ermtidungsphase t ra ten in nieht tibersehbarer Weise sowohl ungewShnlieh lange wie sehr kurze Readaptationszeiten auf. Wir fanden bei keiner Versuehsperson wghrend der Ermiidung eine deutliehe

Zur Adaptation des Ohres, 437

Ordnung. Es semen so, als ob konstante und Sensibilisierungsphase wechselnd vorkamen.

Im Gegensatz zu den Feststeliungen yon B~o~csTEI~ scheint sich also unter Beriieksiehtigung der einzelnen Phasen durchaus eine Be- ziehung zwisehen Adaptation und t~eadaptation deutlieh abzuzeiehnen. Wie aus der Abbildung ersichtlich ist, gelten ffir die konstante and Sensibilisierungsphase hierbei lineare Beziehungen. Die Punkte der Ermfidungsphase wfirden auf der Abbildung zwischen der Resultieren- den der Sensibilisierungsphase his unterhalb der gesultierenden der konstanten Phase streuen.

Betrachtet man die Empfindliehkeit des Ohres unmittelbar nach Abschalten des Adaptationstones zur Zeit der Sensibilisierungsphase, so nimmt die Empfindliehkeit des Ohres mit der Dauer des Adaptations- tones laufend zu, wie die in der Abbildung dargestellten hy-perbel- ~hnlieh abfallenden Kurven zeigen.

Die l~eaktionszeit bestimmten wit am I~ANKEschen t~eaktionszeit- ger~t. Es wurde aueh bier ein Ton yon 1000 Hz mit versehiedenen Lautst£rken gegeben, die bis zur Sehwellenlautsti~rke herabgesetzt wurden. Bei jeder Lautst~rke wurde mindestens 50mal die t{eaktions- zeit hintereinander bestimm& An der Schwelle war die Reaktionszei~ im Durchsehnitt um das 2,4fache srerlitngert. Verkfirzungen der t{e- aktionszeit wi~hrend der Sensibilisierungsphase konnten bis jetzt nieht beobachtet werden.

Im iibrigen diente uns die um das 2,4fache verl~ngerte Reaktions- zeit als Kontrolle, ob wirklich in jedem Fall die gewiinschte Sehwelle ffir 1000 t tz erreicht wurde.

Die praktisehe Bedeutung der obigen Ergebnisse k6nnen darin zu suchen sein, dab derjenige, der fiber eine gewisse Zeit hin einen Ton bestimmter K6he nahe der Sehwellenlatttstgrke nach der Einwirkung eines StSrpegels yon etwa 70Phon zu hSren hat, naeh etwa 40--50~in. soweit akustiseh ermfidet ist, dab mit einer t{erabsetzung seiner l:ISr- leistung gereclmet werden mug. Es wfirde also die Grenzeffir dasH6ren sehwellennaher T6ne bei laufender Belastung des Ohres zeitlieh etwa bei 50 5{in. liegen. Uber diese Zeit hinaus wiirde es sieh dann nieht mehr empfehlen, eineVersuchspersonffir akustische Aufgaben heranzuziehen, sondern sie einer akustisehen Sehonung far mindestens I Stunde zuzuffihren, wobei ansehliel3end dann zeitlieh nicht mehr die gleichen Leistungen auftreten, sondern die einzelnen Phasen verkfirzt ablaufen und die Ermiidung frtiher erscheint.

Zusammen/assung. Bei binauricularen Adaptationsmessungen an 52 Versuehspersonen

in etwa 600 Einzelversuchen wurde beobachtet, dab nach Bel~s~ungen

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des Ohres m i t einem Ton yon 1000 I-Iz und einem Druck yon e twa 1 Dyn /em 2 Membrandruck des Kopfh5rers fiber l~ngere Zeit hin das Ohr in folgender Weise reugiert : Zu Beginn der Gesamtversuchszei t bleibt die Schwelle ffir die Readap ta t ion nach Absehal ten des belasten- den Tones kons tan t (konstante Phase). Bei mehrmal iger Wiederholung des b e l a s t e n d e n Tones sinkt die Schwelle innerhalb der Gesamtver- suchszeit nach etwa 20 Min., e twa ffir die gleiche Zeit laufend, urn fast 6 db ab, wobei sich die Readapta t ionsze i ten verkfirzen (Sensibili- sierungsphase). Bei weiterer For t f f ihrung des gleichen ¥ersuches steigt dann etwa nach 40 Min. Gesamtversuchszei t die Schwelle s tark an, um aus der Sensibilisierungsphase in eine echte Ermfidungsphase zu geiangen. Be t r ach te t man die Zeiten der Adap ta t ion und Readap- ta t ion, so bes teht w~hrend der kons tan ten und w~hrend der Sensi- bilisierungsphase zwischen Adaptat iOn und ]~eadaptat ion eine lineare Beziehung. I n der Ermfidungsphase t re ten derart ig klare Beziehungen nicht zutage. Die p raktisehe Bedeu tung der Ergebn,isse wird kurz besprochen.

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