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Stereochemie organischer Verbindungen

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Stereochemie organischer Verbindungen

Inhaltsverzeichnis:

Stereochemische Prinzipien............................................................................................................................... 5

Symmetrie, Symmetrieoperationen, Punktgruppen...................................................................................................5Symmetrieachsen Cn............................................................................................................................................................................5Symmetrieebene σ...............................................................................................................................................................................5Symmetriezentrum i..............................................................................................................................................................................6Drehspiegelachsen Sn..........................................................................................................................................................................6Punktgruppen.......................................................................................................................................................................................6

Chirale Punktgruppen, die chirale Moleküle beschreiben.........................................................................................7Die Punktgruppe C1..............................................................................................................................................................................7Punktgruppen Cn..................................................................................................................................................................................7Die Punktgruppe Dn (Dihedral).............................................................................................................................................................8

Punktgruppen, die nur achirale Moleküle enthalten können....................................................................................8Die Punktgruppe Cs (auch C1h).............................................................................................................................................................8Die Punktgruppe Sn..............................................................................................................................................................................8Die Punktgruppe Cnv.............................................................................................................................................................................9Die Punktgruppe Cnh.............................................................................................................................................................................9Die Punktgruppe Dnd...........................................................................................................................................................................10Die Punktgruppe Dnh...........................................................................................................................................................................10

Zentrale, axiale, planare, faciale Chiralität................................................................................................................11Allgemeine Unterscheidungen asymmetrischer Elemente..................................................................................................................11Verbindungen mit zentraler Chiralität..................................................................................................................................................12Chirale Achsen und Ebenen...............................................................................................................................................................13

Nomenklatur Teil 1: L, D und R, S....................................................................................................................15

Die Fischer Nomenklatur............................................................................................................................................15Die CIP-Nomenklatur................................................................................................................................................... 15

Die R, S Nomenklatur für Aminosäuren..............................................................................................................................................18Die Benennung von chiralen Achsen........................................................................................................................19Planare Chiralität......................................................................................................................................................... 20

Bestimmung der absoluten Konfiguration......................................................................................................21

Die Kristallisationsmethoden von Meir Lahav..........................................................................................................21Gezielte Beeinflussung der Kristallmorphologie.................................................................................................................................22

Anomale Röntgenbeugung.........................................................................................................................................23

Chiroptische Eigenschaften chiraler Verbindungen......................................................................................25

Allgemeines................................................................................................................................................................. 25Drehwert....................................................................................................................................................................... 26Die Optische Rotations Dispersion (ORD)................................................................................................................27CD (Zirkularer Dichroismus) und Berechnungen der absoluten Konformation....................................................28Die Oktantenregel........................................................................................................................................................ 29Exzitonengekoppelte CD Spektren............................................................................................................................32Absolute Konfiguration durch normale Röntgenbeugung......................................................................................33

Begriffe zur Enantiomerenreinheit und dessen Bestimmung........................................................................35

Enantiomerenreinheit und Enantiomerenüberschuss.............................................................................................35Bestimmung von Enantiomerenreinheiten durch NMR Methoden.........................................................................36

Chirale Derivatisierungsreagenziën....................................................................................................................................................36NMR in chiralen Solventiën und in Kombination mit chiralen Shiftreagenziën....................................................................................38

Bestimmung von Enantiomerenreinheiten durch chromatographische Verfahren..............................................39

Prochiralität und Topizität................................................................................................................................. 43

Prochirale Gruppen und Achsen...............................................................................................................................43Das Prochiralitätszentrum...................................................................................................................................................................43

Topizität........................................................................................................................................................................ 44Allgemeines........................................................................................................................................................................................44Homotope Gruppen und Seiten in Molekülen.....................................................................................................................................44Enantiotope Gruppen und Seiten in Molekülen..................................................................................................................................45Diastereotope Seiten und Gruppen....................................................................................................................................................47

NMR-spektroskopische Symmetrieanalyse..............................................................................................................47Nomenklatur enantiotoper Seiten..............................................................................................................................47

Enantioselektive Reaktionen an prochiralen Seiten und Gruppen...............................................................48

Allgemeines................................................................................................................................................................. 48Das Curtin-Hammett Prinzip.......................................................................................................................................49Enantioselektive Additionen an prochirale Carbonylgruppen................................................................................50

Enantioselektive C-C Bindungsknüpfungen........................................................................................................................................50Chirale Verstärkung............................................................................................................................................................................51

Enantioselektive Reduktionen von prochiralen Carbonylgruppen........................................................................55Das Reagenz BINAL-H.......................................................................................................................................................................552,5-Dimethylborolan...........................................................................................................................................................................56Enantioselektive Carbonylreduktionen durch β-Hydridtransfer von einem Kohlenstoff.......................................................................56

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Stereochemie organischer Verbindungen

Die enantioselektive CBS Reduktion von Carbonylgruppen...............................................................................................................58Reduktionen von Carbonylgruppen mit Siliziumreagenziën................................................................................................................59Transferhydrierungen.........................................................................................................................................................................60Neuere Entwicklungen........................................................................................................................................................................61Enantioselektive Allylierungen und Crotonylierungen.........................................................................................................................63

Enantioselektive Reaktionen an prochiralen Doppelbindungen...................................................................67

Enantioselektive Hydroborierungen..........................................................................................................................67Enantioselektive Hydrosilylierungen.........................................................................................................................67Enantioselektive Hydrierungen..................................................................................................................................69Weitere interessante Reaktionen an aktivierten Doppelbindungen.......................................................................73

Michael Addition.................................................................................................................................................................................73Hydroformylierung..............................................................................................................................................................................75Die katalytische enantioselektive Cyclopropanierung.........................................................................................................................75Jacobsen-Katsuki Epoxidierung.........................................................................................................................................................76

Wohin geht die Reise bei der Epoxidierung?................................................................................................................................78Enantioselektive cis-Hydroxylierung.........................................................................................................................78

cis-Dihydroxylierung von Olefinklassen:.......................................................................................................................................80Doppelte Diastereoselektivität............................................................................................................................................................81Folgereaktionen..................................................................................................................................................................................81Sharpless Aminhydroxylierung...........................................................................................................................................................82

Die Sharpless Epoxidierung.......................................................................................................................................83Anwendung der Sharpless Epoxidierung............................................................................................................................................86

Desymmetrisierungen.................................................................................................................................................86Enantioselektive Protonierungen und Deprotonierungen.......................................................................................88

Razemisierungen............................................................................................................................................... 91

Thermisch induzierte Razemisierungen....................................................................................................................91Razemisierungen über Intermediate..........................................................................................................................92Säurekatalysierte Razemisierungen..........................................................................................................................92Basekatalysierte Razemisierungen...........................................................................................................................92Razemisierungen von Aminosäuren.........................................................................................................................93Dynamische kinetische Razematspaltung:...............................................................................................................93

Diastereoselektive Reaktionen......................................................................................................................... 95

Additionen an α-chirale Aldehydgruppen (Felkin-Anh-Modell)..............................................................................95Cram-Selektivität................................................................................................................................................................................95Felkin-Anh-Selektivität........................................................................................................................................................................95Cram-Chelat-Kontrolle........................................................................................................................................................................96

Enolat- und Allyladditionen (Zimmermann-Traxler-Modell)....................................................................................99Chirale Auxiliare (syn Evans, syn nicht Evans).....................................................................................................102

Der Ursprung der Chiralität............................................................................................................................. 107

Anhang............................................................................................................................................................. 109

Abbildungsverzeichnis.............................................................................................................................................109Formelverzeichnis.....................................................................................................................................................111Gleichungsverzeichnis.............................................................................................................................................114Tabellenverzeichnis..................................................................................................................................................... 114

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Stereochemie organischer Verbindungen

Stereochemische Prinzipien

Symmetrie, Symmetrieoperationen, PunktgruppenDer Begriff Stereochemie (griechisch: stereos = Feststoff) bezieht sich auf die Betrachtung der räumlichen d.h.

dreidimensionalen Eigenschaften von Molekülen. Uns interessiert vor allem die Symmetrie der chemischen Moleküle und stereoselektive Transformationen. Diese Symmetrie tritt in verschiedenen Formen auf.

Punktförmige Moleküle Ne

Strichförmige Moleküle H-H

2D-Moleküle

Räumliche 3D-MoleküleTabelle 1 : Symmetrieformen

Viele Moleküle besitzen eine Symmetrie. Um die unterschiedlichen Symmetrieeigenschaften zu charakterisieren unterscheidet man zwischen einzelnen Symmetrieelementen bzw. Symmetrieoperatoren.

Symmetrieachsen (1. Ordnung) Cn Drehachse; n = 2, 3, 4, usw.

Symmetrieebenen (2. Ordnung) σ Spiegelebene

Symmetriezentren (2. Ordnung) ί Inversionspunkt

Drehspiegelachsen (2. Ordnung)Tabelle 2 : Symmetrieelemente

Die oben genannten Symmetrieelemente unterscheidet man bezüglich der Ordnung (1. und 2. Ordnung). Die Symmetrieachse ist ein Symmetrieelement 1. Ordnung, da bei der Drehung materielle Punkte im Molekül bewegt werden. Alle anderen Symmetrieelemente, wie Symmetrieebenen, -zentren, und Drehspiegelachsen, gehören zu den Symmetrieelementen 2. Ordnung, da materielle Punkte im Ausgangsmolekül in z.B. gespiegelten Punkten (immaterielle) überführt werden. Es wird also ein realer Punkt mit einem virtuellen verglichen.

Symmetrieachsen Cn

Die Symmetrieachse beschreibt eine Achse, durch die bei Drehung des Moleküls um 360° / n, die neue Position mit der alten überlagerbar ist.

Beispiel:

Abbildung 1 : Symmetrieachsen Cn

Da jedes Molekül nach Drehung um 360° um eine beliebige Achse mit sich selbst überlagerbar ist, ist das Symmetrieelement C1 universell und somit trivial. Diese Symmetrieoperation wird in der nachfolgend beschriebenen Gruppentheorie mit dem Buchstaben E bezeichnet. Oben sind einige Moleküle gezeigt, deren Symmetrie durch verschiedene Drehachsen C2, C3, C5 und C6 beschreibbar ist.

Sind in einem Molekül Drehachsen vorhanden, so schließt dies nicht aus, dass das Molekül chiral ist. Chiralität bedeutet, dass von einem Molekül Bild und Spiegelbild nicht identisch, d.h. durch Drehung nicht ineinander überführbar sind. Chiralität heißt also nicht Asymmetrie!

Symmetrieebene σ

Eine Symmetrieebene ist eine Spiegelebene, durch die jedes Atom in einem Molekül mit einem, an einer anderen Stelle im Moleküls befindlichen, gleichen Atom zur Deckung gebracht werden kann.

Beispiel:

Abbildung 2 : Symmetrieebene σ

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Man unterscheidet zwischen drei Symmetrieebenen.

● ΣV verläuft entlang der Hauptachse des Moleküls

● σh verläuft senkrecht zur Hauptachse des Moleküls

● σd verläuft diagonal bzw. in der Winkelhalbierenden zweier C2 - Achsen

Beispiel:

Abbildung 3 : Symmetrieebenen σV und σh

Symmetriezentrum i

Ein Symmetriezentrum überführt einen Punkt in einem Molekül durch Spiegelung an einem Punkt in einen identischen Punkt.

Beispiel:

Abbildung 4 : Symmetriezentrum i

Drehspiegelachsen Sn

Durch das Symmetrieelement der Drehspiegelachse werden in einem Molekül zuerst durch Drehung (360°/n) und anschließend durch eine Spiegelung in einen identischen Punkt überführt. Die Spiegelebene steht senkrecht zur Drehachse.

Beispiel:

Abbildung 5 : Drehspiegelachsen Sn

Eine S2 - Achse entspricht einem Inversionspunkt i, der sich am Kreuzpunkt von Achse und Spiegelebene befindet. Eine S1 - Achse entspricht einer Symmetrieebene σ.

Die Gruppentheorie beweist, dass jedes Molekül, welches eine Spiegelebene, ein Inversionszentrum oder eine Drehspiegelachse enthält mit seinem Spiegelbild identisch ist. Moleküle, die diese Symmetrieelemente 2. Ordnung enthalten können nicht chiral sein.

Anmerkung: Die Spiegelung von Atomen in einem Molekül an einer im Molekül befindlichen Spiegelebene muss streng von einer Spiegelung des ganzen Moleküls unterschieden werden. Im ersten Fall handelt es sich um die Symmetrie des Moleküls, im zweiten Fall wird das Spiegelbild des ganzen Moleküls erzeugt.

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Punktgruppen

Eine Punktgruppe ist die Summe der Symmetrieoperationen die in einem Molekül durchführbar sind. Ist eine der möglichen Symmetrieoperationen 2. Ordnung so ist das Molekül achiral. Es gehört zu einer achiralen Punktgruppe. Sind nur Symmetrieoperationen 1. Ordnung durchführbar, kann das Molekül chiral sein. Dann gehört es zu einer chiralen Punktgruppe. Eine Symmetrieoperation bringt ein Molekül in eine Lage, die von der Ausgangsposition nicht unterschieden werden kann. Dies gelingt durch Anwendung eines oder mehrerer Symmetrieelemente in Symmetrieoperationen.

Besitzt ein Molekül eine C4 - Achse, so kann es dreimal um 90° gedreht werden bis die Identität, also die Ausgangsposition wieder erreicht ist. Nach jeder Drehung ist das „neue“ Molekül vom Ausgangszustand nicht zu unterscheiden.

E, C41, C4

2, C43, E = Symmetrieoperationen durch Symmetrieoperatoren

Hierbei bezeichnet E die Identitätsoperation, d.h. die Drehung eines Moleküls um 360°. C41 steht für die erste Drehung

um 90°, C42 für eine zweite Drehung um 180° und C4

3 für eine dritte Drehung des Moleküls um dann insgesamt 270°. Eine weitere Drehung bringt das Molekül zurück in die Ausgangslage.

Abbildung 6 : Punktgruppen

Die Summe aller möglichen Symmetrieoperationen die an einem Molekül durchführbar sind definiert wie gesagt die Punktgruppe des Moleküls. Da nicht beliebige Symmetrieoperatoren kombiniert werden können, ergeben die möglichen Kombination von Symmetrieelementen am Ende eine definierte Zahl von Punktgruppen. Einige dieser Punktgruppen sollen im folgenden kurz beschrieben werden.

Chirale Punktgruppen, die chirale Moleküle beschreiben Chirale Moleküle gehören aufgrund des Ausschlusses von Symmetrieoperationen 2. Ordnung zu den Punktgruppen C1,

Cn, Dn und selten auch zu T, O, I. Diese Punktgruppen enthalten nur Drehachsen. Die einfachsten Punktgruppen haben nur eine einzige Achse. Das Punktgruppensymbol ist dann identisch mit dem Symbol der einzigen Drehachse.

Die Punktgruppe C1

Zu dieser Punktgruppe gehören Moleküle, denen jegliche Symmetrie fehlt. Die einzige Symmetrieoperation die durchführbar ist, ist in diesen Fällen die Identitätsoperation E = C1 die Drehung um 360°. Diese asymmetrischen Moleküle können chiral sein.

Beispiel:

Abbildung 7 : Punktgruppe C1

Punktgruppen Cn

Moleküle, die dieser Punktgruppe zugeordnet werden, besitzen lediglich eine Symmetrieachse Cn (Drehachse). Chiralität ist hierbei möglich.

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Stereochemie organischer Verbindungen

Beispiel:

Abbildung 8 : Punktgruppen Cn

Die C3 Punktgruppe ist relativ selten. Gezeigt ist hier das Tri-o-thymotid. Die optisch aktive Verbindung racemisiert durch Umklappen der Ringe mit einer Aktivierungsenergie von etwa 92 kJ/mol (22 kcal/mol).

Die Punktgruppe Dn (Dihedral)

Diese sogenannte „Dieder-“Punktgruppe besitzt als Charakteristikum zur Hauptachse Cn senkrecht verlaufende n C2-„Neben-Achsen. Die in der Punktgruppe befindlichen Moleküle sind hochsymmetrisch. Die Moleküle können trotzdem chiral sein.

Beispiel:

Die D2-Punktgruppe beinhaltet zwei zueinander senkrecht stehende C2-Achsen

Die D3-Punktgruppe besitzt drei zu einer C3-Achse senkrecht stehende C2-Achsen

Abbildung 9 : Punktgruppe Dn (Dihedral)

Außer den oben beschriebenen Punktgruppen gibt es Punktgruppen der Platonischen Körper, Körper mit höchster Symmetrie. T (= Tetrahedral), O (= oktaedrisch, kubisch), I (= ikosaedrisch) und Kh (= Kugelform). T hat 4 C3- und 3 C2-Achsen.

Beispiel:

Abbildung 10 : Platonische Körper

Punktgruppen, die nur achirale Moleküle enthalten können

Die Punktgruppe Cs (auch C1h)

Diese Punktgruppe besitzt nur eine Spiegelebene σ. Moleküle die eine Spiegelebene enthalten können nicht chiral sein.

Beispiel:

Abbildung 11 : Punktgruppe Cs (auch C1h)

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Stereochemie organischer Verbindungen

Die Punktgruppe Sn

Moleküle dieser Punktgruppe besitzen eine n-fache Drehspiegelachse.

Beispiel:

Durch Dimerisierung heterochiraler Alanine L-Ala und D-Ala

Durch Dimerisierung homochiraler Alanine L-Ala und L-Ala

Abbildung 12 : Punktgruppe Sn

Die Dimerisierung identischer Moleküle, die zueinander heterochiral sind ergibt also nicht notwendigerweise ein chirales Dimer.

Die Punktgruppe Cnv

Moleküle, die dieser Gruppe zugeordnet werden, enthalten eine Drehachse Cn und mehrere Symmetrieebenen σv, in der die Achse liegt.

Beispiel:

Abbildung 13 : Punktgruppe Cnv

Eine C∞-Symmetrieachse ist eine Achse, die um jeden Winkel gedreht werden kann, wobei jede Drehung ein mit dem Original überlagertes Bild liefert.

Beispiele für C∞v:

Abbildung 14 : C∞v-Symmetrieachse

Die Punktgruppe Cnh

Diese Punktgruppe besitzt eine Cn-Drehachse und eine zu dieser Drehachse senkrecht (horizontal stehende, wenn wir annehmen, dass die Drehachse vertikal liegt) stehende Symmetrieebene σh.

Beispiel:

Abbildung 15 : Punktgruppe Cnh

Im Rahmen der Untersuchung von Photosynthesemodellverbindungen sollte das chinonüberbrückte Porphyrindimer synthetisiert werden.

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Stereochemie organischer Verbindungen

Abbildung 16 : Chinonüberbrücktes Porphyrindimer

Der untere Teil des Moleküls wurde durch Kondensation des Anthracen-Aldehyds mit einem Dipyrrolmethan und nachfolgender Oxidation mit DDQ synthetisiert. Bei dieser Reaktion entstehen zwei gut trennbare Substanzen mit C2h und C2v Symmetrie. Die Zuordnung der Strukturen ist mit NMR nicht möglich.

Abbildung 17 : Syntheseweg (unterer Teil des Porphyrins)

In diesem Fall wurde das Problem durch Reaktion beider Verbindungen mit Malonsäuredichlorid gelöst. Nur die C2v-symmetrische kann ein überbrücktes Derivat liefern. Tatsächlich reagierte eine der beiden Verbindungen nur zu einem Polymer während die andere ein definiertes Produkt ergab, dass der erwarteten überbrückten Verbindung entsprach.

Die Punktgruppe Dnd

Zu dieser Punktgruppe sind Moleküle zu zählen, welche eine Hauptdrehachse und n senkrecht dazu stehende Drehachsen, sowie eine oder mehrere Spiegelebenen, in der die Hauptachse liegt, besitzen. Dnd heißt eine Hauptachse mit dazu senkrechten Nebenachsen und einer Spiegelebene in der die Hauptachse liegt.

Beispiel:

Abbildung 18 : Punktgruppe Dnd

Die Punktgruppe Dnh

Diese Punktgruppe besitzt ähnliche Symmetrieelemente wie die oben beschriebene Dnd-Punktgruppe. Die Spiegelebene steht in diesem Fall allerdings senkrecht auf der Hauptachse.

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Stereochemie organischer Verbindungen

Beispiel:

Abbildung 19 : Punktgruppe Dnh

Zentrale, axiale, planare, faciale ChiralitätObjekte, die mit ihrem Spiegelbild nicht durch Drehung zur Deckung gebracht werden können sind chiral. Die

Chiralität ist direkt mit der Symmetrie eines Moleküls verknüpft. Die Punktgruppen C1 (asymmetrische Moleküle) und Cn

sowie Dn (dissymmetrische Moleküle) beinhalten nur Symmetrieelemente 1. Ordnung. Die ihnen zugeordneten Moleküle können chiral sein. Alle anderen Punktgruppen beschreiben symmetrische Moleküle, die achiral sind. Die Bedeutung der Chiralität in der Chemie ist enorm groß, da die meiste Zahl der in der Natur vorkommenden Verbindungen chiral ist.

Allgemeine Unterscheidungen asymmetrischer Elemente

Die Chiralität tritt in verschiedenen Erscheinungsformen auf, die im folgenden Teil näher beschrieben werden sollen.

Man kennt Verbindungen mit einem Chiralitätszentrum. Hierbei handelt es sich um ein einzelnes stereogenes Zentrum, wie z.B. ein C Atom mit vier verschiedenen Substituënten. Moleküle können darüber hinaus eine Chiralitätsachse enthalten oder eine Chiralitätsebene besitzen.

Abbildung 20 : Chiralität

Die Folge der Chiralität ist die Existenz von Stereoisomeren chiraler Verbindungen.

Stereoisomere, die bei gleicher Konstitution sich wie Bild und Spiegelbild verhalten und sich durch Drehung nicht zur Deckung bringen lassen, heißen Enantiomere.

Die beiden Enantiomere besitzen eine unterschiedliche Konfiguration (Hierbei kann es sich um ein unterschiedlich konfiguriertes C-Atom handeln).

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Stereochemie organischer Verbindungen

Abbildung 21 : Enantiomere

Diese Enantiomere besitzen ein unterschiedlich konfiguriertes C-Atom

Konfigurative Stabilität: Wenn die Barriere zur Umwandlung der Enantiomere ineinander hoch ist, sind beide Formen stabil. Dann spricht man von Isomeren!

Wenn die Barriere niedrig ist, ist die Umwandlung ineinander schnell auf der betrachteten Zeitskala. In diesem Fall bezeichnet man die Moleküle als Konformere mit einer entsprechenden Konformation.

Abbildung 22 : Chirale Konformere

2 chirale Konformere, die zueinander enantiomer sind und rasch bei RT1 interkonvertieren

Abbildung 23 : Achirales Konformer

Stereoisomere, die sich nicht wie Bild und Spiegelbild verhalten bezeichnet man als Diastereomere. Sie besitzen erneut die gleiche Konstitution aber unterschiedliche Konfigurationen. Hier z.B. eine unterschiedlich konfigurierte Doppelbindung.

Abbildung 24 : Diastereomere

Was ist Stereoisomerie?

Die Konstitution einer Verbindung beschreibt die Verknüpfung der Atome im Molekül miteinander. Die Konfiguration hingegen beschreibt die Orientierung der Atome im Raum.

Wenn sich 2 Konfigurationsisomere wie Bild und Spiegelbild verhalten sind es Enantiomere. Sie unterscheiden sich durch die Konfiguration am vorhandenen stereogenen Zentrum, der Achse oder der stereogenen Fläche.

Die Eigenschaft eines Moleküls, mit seinem Spiegelbild durch Drehung nicht in Deckung gebracht werden zu können heißt Chiralität.

Stereoisomere, die z.B. durch Drehung um eine C-C Bindung auseinander hervorgehen nennt man Konformationsisomere (Konformere).

Verhalten sich Konfigurationsisomere nicht wie Enantiomere spricht man von Diastereomeren.

Verbindungen mit zentraler Chiralität

Ein asymmetrisch substituiertes C-Atom (nicht asymmetrisches C-Atom) ist ein stereogenes Zentrum (nicht ein Chiralitätszentrum).

Definition eines stereogenen Zentrums durch Mislow und Siegel: „Vertauschung zweier Substituënten führt zu einem anderen Stereoisomer“. Verbindungen die ein stereogenes Zentrum enthalten sind immer chiral. Verbindungen mit mehr als einem Stereozentrum hingegen können achiral sein.

1 Raumtemperatur

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Stereochemie organischer Verbindungen

Abbildung 25 : Verbindungen mit zentraler Chiralität

Zentrale Chiralität gibt es auch an 3-fach koordinierten stereogenen Atomen. Hier fungiert das freie Elektronenpaar als vierter Substituënt. Eine Ausnahme bildet der Stickstoff. Ein dreifach-substituiertes N-Atom schwingt schnell durch. Die Enantiomere sind nur bei sehr tiefer Temperatur zu isolieren.

Abbildung 26 : Zentrale Chiralität am Stickstoff

Die Erhöhung der Inversionsbarriere erfolgt durch den Einbau in ein rigides System:

Abbildung 27 : Erhöhung der Inversionsbarriere

Die Substituënten am N bestimmen maßgeblich die Barriere des Durchschwingens. Ist ein Substituënt aromatisch so ist das Durchschwingen erleichtert, da die N-C Bindung Doppelbindungscharakter hat. Sind die Substituënten σ-Akzeptoren wie Cl, Br oder F, so wird das N-Atom stark pyramidalisiert. Sie erniedrigen die Energie des n-Orbitals, so dass die Umhybridisierung in ein 2pz-Niveau im planaren N erschwert wird.

Chirale Achsen und Ebenen

Moleküle können neben Chiralitätszentren auch Chiralitätsachsen enthalten. Ein Beispiel ist das Allen. Allen selber hat zwei interne Spiegelebenen. Es ist deshalb achiral. Wird ein H-Atom durch einen Substituënten ausgetauscht so verbleibt eine Spiegelebene. Mono-substituierte Allene sind daher auch achiral. Werden zwei H-Atome jedoch durch andere Substituënten (gleiche oder ungleiche) ausgetauscht, so wird das disubstituierte Allen chiral. Bild und Spiegelbild lassen sich nicht länger durch Drehungen ineinander überführen.

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Stereochemie organischer Verbindungen

Abbildung 28 : Chiralität im Allen

Neben Chiralitätsachsen kennen wir auch Chiralitätebenen. Darüber hinaus gibt es Moleküle die ein inhärent chirales Molekülgerüst besitzen. Hierzu gehören die Helicate aber auch verschiedene Fullerene und die molekularen Knoten.

Abbildung 29 : Inhärent chirales Molekülgerüst

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Stereochemie organischer Verbindungen

Nomenklatur Teil 1: L, D und R, S

Die Fischer NomenklaturDie Darstellung von Verbindungen mit einem oder mehreren Chiralitätszentren kann durch die Fischer-Projektion (Emil

Fischer) erfolgen: Hierbei wird die Kohlenstoff-Hauptkette z.B. von Zuckern, die längste Kohlenstoffkette, vertikal angeordnet. Das C-Atom mit der höchsten Oxidationsstufe wird nach oben geschrieben und erhält damit die niedrigste Stellungsziffer. Übereinkunftsgemäß zeigen in der Fischerprojektion die vertikalen Bindungen nach hinten, die horizontalen Bindungen kommen aus der Papierebene nach vorne heraus. Unten wird das Prinzip am Beispiel des Glyceraldehyds verdeutlicht:

Abbildung 30 : Fischer-Projektion

L, D: Bezeichnet im Fall der Zucker, ob an dem stereogenen Zentrum, das am weitesten vom höchstoxidierten C-Atom entfernt ist, die OH-Gruppe, oder eine andere Gruppe, links (L) oder rechts (D) steht. Die planare Fischer Projektion wird heute nur noch für Aminosäuren und Zucker verwendet.

Emil Fischer hat dem rechtsdrehenden (α)-Glyceraldehyd einfach die D-Konfiguration zugeordnet. Das hätte falsch sein können, doch stelle sich später heraus, dass Fischer zufällig recht hatte. Bis heute ist die Bestimmung der absoluten Konfiguration einer Verbindungen jedoch kein triviales Unterfangen. Es dauerte nach der Fischer Festlegung noch 50 Jahre bis von einer chiralen Verbindung die absolute Konfiguration zugeordnet wurde.

Anmerkung: Man sollte die L, D Nomenklatur nicht mit den kleinen Buchstaben l und d verwechseln, die oft nur den Drehsinn angeben. l = eine Verbindung dreht linear polarisiertes Licht nach links, d = eine Verbindung dreht linear polarisiertes Licht nach rechts.

Aminosäuren werden heute ebenfalls noch häufig mit L oder D angegeben. Unten ist das verdeutlicht. Die natürlichen Aminosäuren sind meistens L-konfiguriert:

Abbildung 31 : Konfiguration von Aminosäuren

Für die Zuordnung von Aminosäuren zur L und D Reihe schreibt man erneut die Hauptkette vertikal und betrachtet nun das Chiralitätszentrum, das die Aminogruppe trägt. Viele natürlich vorkommende Zucker sind D-konfiguriert wie z.B. (β)-D-Glucose oder (β)-D-Desoxyribose. Die proteïnogenen Aminosäuren sind L-konfiguriert, unten ist noch einmal ein Zuckerbeispiel angegeben. Bei Zuckern ist wie ausgeführt das Stereozentrum mit dem höchsten Lokanten für die Zuordnung entscheidend.

Abbildung 32 : Konfiguration von Zuckern

Die CIP-NomenklaturHeute verwendet man zur Benennung von Stereozentren fast ausschließlich die Cahn, Ingold, Prelog (CIP)-

Nomenklatur oder R/S Übereinkunft. Hierbei werden zunächst die Substituënten am chiralen C-Atom nach bestimmten Regeln geordnet, d.h. mit einer Prioritätszahl, oder einem prioritätsangebenden Buchstaben versehen. Für die Zuordnung der Prioritäten gelten die folgenden Regeln:

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Stereochemie organischer Verbindungen

- Hohe Ordnungszahl vor der niedrigeren

- Freie Elektronenpaare erhalten immer die niedrigste Priorität

- hohe Massenzahl vor der Niedrigeren (das ist wichtig für Isotope)

- Kettenverzweigungen: –C(CH3)3 > -CH(CH3)2 > -CH2-CH3 > -CH3

- (R) vor (S) und (R,R) vor (R,S), sowie (S,S) vor (S,R)

- Z > E

- M > P

- like > unlike

- r > s für Pseudoasymmetriezentren

Alle am stereogenen Zentrum vorhandenen Substituënten werden mit den Deskriptoren a, b, c, d (oder 1,2,3,4) versehen. Dann wird das Molekül so angeordnet, dass der Substituënt mit der niedrigsten Priorität (d) nach hinten steht. Man betrachtet das Molekül nun vom stereogenen C-Atom aus in Richtung des Atoms mit der niedrigsten Priorität ( d). Nun dreht man von dem Substituënten mit der höchsten Priorität (a) über (b) zum Substituënten mit der zweitniedrigsten Priorität (c). Muss man hierbei linksherum drehen (gegen den Uhrzeigersinn), so besitzt das Stereozentrum die Konfiguration (S). Dreht man rechtsherum so handelt es sich um ein (R)-konfiguriertes Stereozentrum.

Beispiel:

Abbildung 33 : CIP-Nomenklatur

Die Verteilung der Prioritäten:

Kann man durch Betrachtung der Atome direkt am Stereozentrum keine Entscheidung bezüglich der Prioritäten fällen, so geht man in Sphären zum nächsten Atom vor. Zuerst vergleicht man die Atome in der ersten Schale. Dann geht man in die zweite Schale etc. Hierbei folgt man immer dem Weg auf dem die höheren Prioritäten erreicht werden.

Beispiel:

Abbildung 34 : Verteilung der Prioritäten 1

Das unten stehende Beispiel verdeutlicht, das man immer dem Weg entlang der höheren Prioritäten folgt. Der Weg wird durch die Br bzw. F Atome in der zweiten Schale festgelegt. Man muss den Weg nehmen, der einen über die höher priorisierten Atome führt.

Abbildung 35 : Verteilung der Prioritäten 2

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Stereochemie organischer Verbindungen

Etwas komplizierter ist auch die Betrachtung von Doppelbindungen. Diese müssen zunächst aufgelöst werden. Bei der Auflösung wird jedes Atom an einer Mehrfachbindung mit einem Phantomatom ergänzt, dass der Atomspezies auf der anderen Seite der Mehrfachbindung entspricht.

Beispiel:

Abbildung 36 : Auflösung bei Doppel- und Dreifachbindungen

Auch cyclische Verbindungen müssen aufgelöst werden. Man überführt diese in eine acyclische Baumstruktur. Hierbei geht man vom Knotenpunkt (z.B. dem Stereozentrum) in beide Richtungen bis der Verzweigungspunkt wieder erreicht ist. An dieser Stelle wird die cyclische Struktur geöffnet und ein Phantomatom eingeführt, dass dem Knotenatom entspricht. Das Phantomatom hat dabei eine geringere Priorität als ein reales Atom, aber es ist höher gewichtet als gar kein Atom. Das wird am Beispiel unten deutlich.

Abbildung 37 : Auflösung von Ringstrukturen 1

Ein weiteres Beispiel, dass die Auflösung von Ringstrukturen verdeutlichen soll:

Abbildung 38 : Auflösung von Ringstrukturen 2

Wie geht man mit Phenylringen um? Auch diese müssen aufgelöst werden. Zuerst ergänzt man mit Phantomatomen gemäss der Doppelbindungsregel, dann schneidet man den Ring auf.

Abbildung 39 : Auflösung von Ringstrukturen 3

Die Zuordnung von Prioritäten zu Doppelbindungen ist von deren Konfiguration abhängig und der Stellung von Substituënten zum chiralen Zentrum. So gilt zunächst die einfache Regel Z > E.

Abbildung 40 : Zuordnung von Prioritäten zu Doppelbindungen 1

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Stereochemie organischer Verbindungen

Zusätzlich gilt: Der olefinische Ligand, in welchem der höchst priorisierte Substituënt auf der gleichen Seite wie das chirale Zentrum liegt erhält die höhere Priorität.

Abbildung 41 : Zuordnung von Prioritäten zu Doppelbindungen 2

Man kann die Stereozentren die in der Fischer Projektion dargestellt sind natürlich in der R/S Konvention beschreiben. Eine Beispiel findet sich unten:

Abbildung 42 : R/S Konvention bei der Fischer Projektion

Die R, S Nomenklatur für Aminosäuren

Die proteïnogenen L-α-Aminosäuren sind fast immer 2S-konfiguriert. Das ergibt sich aus der CIP Nomenklatur.

Abbildung 43 : CIP-Nomenklatur für L-α-Aminosäuren

Cysteïn (R = H) und Selenocysteïn (Ersatz der –SH Gruppe durch eine –SeH Gruppe) sind hingegen R-konfiguriert. Zwar ist die Stellung der Substituënten im Raum die gleiche, doch erhält der schwefelenthaltende Substituënt die höhere Priorität.

Abbildung 44 : Konfiguration bei schwefelenthaltenden Aminosäuren

Während in der Fischer Nomenklatur alle proteïnogenen Aminosäuren L konfiguriert sind, geht diese Einheitlichkeit in der CIP Nomenklatur verloren.

Zwei Aminosäuren haben ein zusätzliches stereogenes Zentrum, Threonin und Isoleucin.

Abbildung 45 : Aminosäuren mit zwei stereogenen Zentren

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Stereochemie organischer Verbindungen

Die zwei proteïnogenen Isomere dieser L-Aminosäuren sind 2-(S),3-(R)-Threonin und 2-(S), 3-(S)-Isoleucin. Die entsprechenden Spiegelbilder, also die D-Aminosäuren sind 2-(R),3-(S)-Threonin und 2-(R),3-(R)-Isoleucin. Um die Enantiomeren zu erhalten muss die Konfigurationsbezeichnung an allen Stereozentren umgedreht werden. Neben diesen beide L und D Aminosäuren kennt man noch die sogenannten allo-Formen, bei denen nur jeweils ein Stereozentrum invertiert wird.

→ D-allo-Isoleucin 2(R),3(S)

→ L-allo-Isoleucin 2(S),3(R)

→ D-allo-Threonin 2(R),3(R)

→ L-allo-Threonin 2(S),3(S)

Die Benennung von chiralen Achsen.Die Benennung chiraler Achsen erfolgt mit den Buchstaben P (+) und M (-). Betrachten wir z.B. das Allen mit seiner

chiralen Achse. Am Ende der Achse werden die Substituënten erneut nach deren Priorität geordnet. Man legt die Achse dann senkrecht zur Papierebene (Bildschirmebene) und schaut entlang der Achse auf das Molekül. Man dreht erneut den vorne liegenden Substituënten mit höherer Priorität a in Richtung α’. Dreht man im Gegenuhrzeigersinn, so ist die Konfiguration der Achse mit M zu bezeichnen. Dreht man im Uhrzeigersinn so ist die Achse P konfiguriert.

Das gilt auch für Helices. Die rechtsgängige α-Helix ist P-konfiguriert, linksgängige Helices sind M-konfiguriert.

Allene und ähnliche Verbindungen sind bereits chiral, wenn sich an jedem Ende der Achse zwei unterschiedliche Substituënten befinden (unten: H und Cl). Die beiden Enden müssen sich nicht einmal unterscheiden (unten: H und Cl an jedem Ende).

Die Konfiguration wird mit den Stereodeskriptoren M (-) und P (+) oder Ra bzw. Sa angegeben. Das kleine a steht für axial.

Abbildung 46 : Chiralität bei Allenen 1

Zur Benennung schaut man entlang der Achse, wobei egal ist, von welcher Seite man schaut. Beispiel für P (Sa) 1.3-Dichlorallen.

Abbildung 47 : Chiralität bei Allenen 2

Nun ordnet man die Substituënten nach den Prioritätsregeln des CIP-Systems, wobei die dem Betrachter näher liegenden Substituënten Vorrang haben d.h. a > a’ und b > b’. Nun dreht man a in Richtung a’. Dreht man gegen den Uhrzeigersinn so ist die Chiralitätsachse mit M (-) zu benennen. Dreht man im Uhrzeigersinn so ist die Achse P (+) konfiguriert. Bei der Ra bzw. Sa Nomenklatur werden die Substituënten entsprechend den Prioritätsregeln mit a, b, c und d bezeichnet,

Abbildung 48 : Chiralität bei Allenen 3

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Stereochemie organischer Verbindungen

wobei erneut die dem Betrachter nahen Substituënten die höhere Priorität erhalten. Sind nun die Gruppen a, b und c in dieser Reihenfolge im Uhrzeigersinn angeordnet so ergibt sich Ra. Sind sie im Gegenuhrzeigersinn angeordnet so ergibt sich Sa.

Damit ergibt sich: Ra = M und Sa = P.

Auch Atropisomere werden so benannt, wenn sie eine chirale Achse haben.

Abbildung 49 : Atropisomer mit chiraler Achse

Planare ChiralitätChiral planar beschreibt ein ebeneres (planares) Molekülfragment mit einem aus der Ebene herausragenden

Substituënten. Nun werden die Deskriptoren Rp oder Sp sowie erneut P oder M benutzt. Das kleine p steht für planar.

Abbildung 50 : Planare Chiralität

Zunächst muss ein Leitatom festgelegt werden. Es ist das Atom das außerhalb der Ebene gebunden ist. Man nimmt immer dasjenige Atom welches am nächsten zum Atom höchster Priorität in der Ebene liegt. Von diesem Leitatom aus betrachtet man die ersten drei Atome innerhalb der Ebene. Es gilt Rp = P und Sp = M. Ganz allgemein gilt, dass chirale Ebenen weniger gut definiert sind als Achsen.

Abbildung 51 : Chirale Ebenen

Zur Benennung schaut man auf die chirale Ebene von dem Atom aus, das außerhalb der Ebene liegt. Man nimmt das Atom, das der Ebene am nächsten ist. Das gewählte „Pilot-Atom wird mit einem Pfeil markiert. Die benachbarten in der Ebene liegenden Atome werden nun mit a, b, c bezeichnet in ihrer Reihenfolge. Nun dreht man a über b nach c. Dreht man im Uhrzeigersinn = Rp (P). Dreht man im Gegenuhrzeigersinn = Sp (M). Systeme wie c bilden eine Ausnahme. Obwohl die Verbindungen eine chirale Ebene haben, wird so getan als ob das Cr kovalent an Position 2 angeknüpft ist. 2 wird ein chirales Zentrum und so benannt.

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Stereochemie organischer Verbindungen

Bestimmung der absoluten Konfiguration

Die Kristallisationsmethoden von Meir LahavEs wurde schon früh erkannt, dass es eine enge Beziehung gibt zwischen der Symmetrie einer Verbindung und der

Morphologie des Kristalls, den die Verbindung bei der Kristallisation ergibt. Pasteur trennte 1848 die beiden Enantiomere des Natrium-Ammoniumtartrats durch optisches Sortieren der Enantiomorphen. Die Kristallisation ist noch heute eine beliebte Methode zur Trennung von Enantiomeren. Vor allem die Zugabe von Additiven wird genutzt um die Kristallisation in der gewünschten Weise zu beeinflussen.

Viele Razemate kristallisieren in zwei enantiomorphen Formen. Es handelt sich um eine spontane Razematspaltung auf Grund molekularer Erkennungsprozesse. Ein Enantiomer bildet den einen Kristall, das andere den anderen. (RS)-Glutaminsäure*HCl kristallisiert z.B. in dieser Weise. Gibt man zu der Lösung nun 0,05 bis 1,5 Gew-% (S)-Lysin als Additiv, baut sich das (S)-Lysin in den Kristall der kristallisierenden (S)-Glutaminsäure ein. Das Wachstum der (S)-Glutaminsäure Kristalle wird stark behindert, z.T. um Tage verzögert, so dass das gewünschte andere Enantiomer gezielt durch Kristallisation isolierbar wird. Auch (RS)-Threonin kann durch Zugabe von R- oder S-Glutaminsäure getrennt werden. Das zugegebene Enantiomer hemmt die Kristallisation der ebenso konfigurierten Verbindung. Die andere fällt selektiv aus. HPLC Analyse der Kristalle zeigt, dass das Additiv tatsächlich nur im Kristall gleicher absoluter Konfiguration eingebaut wurde. Diese Regel heißt „Chiralitätsumkehr-Regel“. Durch Additive lässt sich das Auskristallisieren von gewünschten Substanzen also gezielt unterdrücken. Für Beispiele siehe folgende Tabelle:

Trennung von Konglomeraten (Gemisch der enantiomorphen Kristalle) aus enantiomeren Verbindungen oder Kristallen. Bekannte Trennungen mit chiralen Additiven in Einklang mit der „Chiralitätsumkehr-Regel“.

Konglomerat Chirales Additiv [a] Enantiomer, das zunächst im Überschuss auskristallisiert

Glu (S)-Asp, (S)-Leu (R)-Glu

Glu (S)-Glu-OMe (R)-Glu

(Asp-O)2-CO (S)-Glu, (S)-Ala ((R)-Asp-O)2Cu

NaNH4-Tartrat D-(+)Äpfelsäure D-(-)-NaNH4-Tartrat

Narwedin (-)-Galanthamin (+)-Narwedin

p,p’-Dimethylchalkon (2R,3S)-2,3-Dibrom-1,3-bis(p-tolyl)-1-propanon 4 aus d-Kritallen [b]

p,p’-Dimethylchalkon, 1-Kristalle [b]

3,3’-(p-Phenylen)-diacrylate 5 [c]

Dimere 3,3’-(p-Phenylen)-diacrylate 6 aus Kristallen [b]

3,3’-(p-Phenylen)-diacrylate, 1-Kristalle [b]

Thr (S)-Glu, (S)-Gln, (S)-Asn, (R)-Cys,(S)-Phe, (S)-His, (S)-Lys, (S)-Asp

(R)-Thr

Glu*HCl (S)-Lys, (S)-Orn, (S)-His, (S)-Ser,(S)-Thr, (S)-Cys,

(R)-Glu

Asn*H2O(S)-Tyr, (S)-Leu, (S)-Glu, (S)-Asp,(S)-Ser, (S)-Gln, (S)-Lys, (S)-Orn,(S)-His

(R)-Asn

p-Hydroxyphenyl-glycin-p-toluolsulfonat

(S)-Phenylglycin, (S)-Tyr,(S)-p-Methoxy-phenyl-glycin,(S)-Phe, (S)-Dopa

(R)- p-Hydroxyphenylglycin

His*HCl (S)-Trp, (S)-Phe (R)-His

3-Phenylhydracrylsäure (S)-Phenylmilchsäure (R)- 3-Phenylhydracrylsäure

Tabelle 3 : Bekannte Trennungen mit chiralen Additiven in Einklang mit der „Chiralitätsumkehr-Regel“

[a] Alle Aminosäuren, die als chirale Additive verwendet wurden, gehören der L-Reihe an, d.h. mit Ausnahme von Cys sind sie (S)-konfiguriert.[b] d und l bezeichnen willkürlich die unterschiedliche Chiralität der Kristalle (ohne Bezug zur absoluten Konfiguration).[c] Beispiele: R1=COOOCHEt2, R2=COOMe, COOEt, COOnPr; R1=(RS)-COOsBu, R2=COOEt, COOnPr.

Man beobachtet ferner, dass die gehemmt wachsenden Kristalle auch eine andere Morphologie besitzen. Das ist am Beispiel unten gezeigt.

Abbildung 52 : Morphologie von gehemmt und ungehemmt wacgsenden Kristallen

Bild a zeigt (S)-Asparagin*H2O ohne oder mit einem (R)-Additiv. Bild b zeigt (S)-Asparagin*H2O mit einem (S)-Additiv.

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Stereochemie organischer Verbindungen

Dass sich das Additiv gleicher Konfiguration selektiv einbaut, kann durch Farbexperiment verdeutlicht werden das unten dargestellt ist. Kristallisiert man (RS)-Glutaminsäure z.B. in Gegenwart von farbigem Nε-(2,4)-Dinitrophenyl-(S)-Lysin, so kristallisiert zunächst die farblose (R)-Glutaminsäure aus (a). Dann beobachtet man auch die Bildung von gefärbten Kristallen (b). Sie ergeben sich aus (S)-Glutaminsäure mit dem eingebauten Farbstoff. Die dritte Fällung (c) besteht dann nur noch aus den angefärbten (S)-Glutaminsäure Kristallen.

Abbildung 53 : Farbexperiment zum selektiven Einbau von Additiven

Gezielte Beeinflussung der Kristallmorphologie

Bestimmt man die Struktur einer chiralen Verbindung in einem chiralen (polaren) Kristall, so ist die absolute Richtung des chiralen Moleküls bezüglich der Kristallachsen nicht ermittelbar. In der Abbildung unten bedeutet dies, das wir nicht zwischen den Fällen (a) und (b) unterscheiden können. Die Orientierung von X-A relativ zur b-Achse bleibt also unbestimmt. Betrachtet man den Kristall, so liegen die Flächen f1 und f2 in +b-Richtung und f3, f4 und f5 in –b-Richtung. Die Flächen unterscheiden sich aufgrund der Polarität des Kristalls. Gibt man das wachstumshemmende Additiv X-Y zu, so wird es im Fall des Kristalls (a) an den Flächen f1 und f2 adsorbiert. Dort hemmt es das Wachstum. Der Inhibitor Z-A wird entsprechend das Wachstum in Richtung f3, f4 und f5 vermindern. Im Fall des Kristalls (b) ist es genau umgekehrt. X-Y hemmt das Wachstum in Richtung f3, f4, f5 und Z-A in Richtung f1 und f2.

Abbildung 54 : Gezielte Beeinflussung der Kristallmorphologie

Z.B. kristallisiert (S)- und (R)-Lysin so wie angegeben. Die Lysine liegen entlang der b-Achse orientiert. (Kristall P21). Der NH2-CH-COOH Teil des Lysins zeigt in Richtung +b, der ε-NH2-Teil in Richtung –b. Zugabe von Lysin-Methylester vermindert das Wachstum in Richtung +b und Norleucin vermindert es in Richtung –b. Erneut kann die anisotrope Verteilung des Additivs im Kristall durch Schneiden der Kristalle und HPLC nachgewiesen werden.

Abbildung 55 : HPLC-Nachweis des eingeschlossenen Additivs

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Stereochemie organischer Verbindungen

Oben gezeigt ist der HPLC-analytische Nachweis des in (S)-Lysin*HCl*2H2O Kristallen eingeschlossenen Additivs (S)-Norleucin. (a) +b Bruchstück des Kristalls, (b) –b Bruchstück des Kristalls.

Betrachtet man razemische, zentrosymmetrische, Kristalle welche aus Razematen oder meso-Verbindungen bestehen, so ist in solchen Fällen die Orientierung der Moleküle bezüglich der Kristallachsen bestimmbar. Diese Kristall erlauben dann sogar die Ermittlung der absoluten Konfiguration unbekannter Verbindungen. Im Schema unten wird das verdeutlicht. Eine spezifische funktionelle Gruppe eines Enantiomere zeigt nur zu einer Fläche. A in den (R)-Molekülen weist in Richtung f-1 und nicht nach f1. Nach f1 zeigt die funktionelle Gruppe A im Fall des (S)-Enantiomeren. Gibt man ein Additiv R’ zu, so baut sich dieses bevorzugt ein. Y-R’-X lagert sich an der f-1 Fläche an. X-S’-Y wird an f1 eingebaut. D.h. Y-R’-X hemmt in Richtung –b und X-S’-Y hemmt in Richtung +b.

Abbildung 56 : Razemisch, zentrosymmetrischer, Kristall

Beispiel: (RS)-Serin. Hier zeigt das pro-S-CH Atom des (S)-Serins in +b-Richtung. Das pro-R-CH des (S)-Serins zeigt in Richtung –b. Zugabe von (S)-Threonin in dem das pro-R-CH durch eine Methylgruppe ersetzt ist hemmt das Wachstum in –b-Richtung. (R)-Threonin hemmt in Richtung +b.

Abbildung 57 : Kristallmorphologie von Serin in Gegenwart von Threonin

In der Abbildung oben sind die tafelförmigen (RS)-Serin Kristalle gezeigt (a). In Gegenwart von (R)- (b) oder (S)-Threonin (c) gibt es andere enantiomorphe Kristallformen.

Fazit: Die Kristallmorphologie kann durch Zugabe von selektiven Inhibitoren gezielt beeinflusst werden. (crystal engineering). Da nur die Wachstumsgeschwindigkeit der Flächen, die das wachstumshemmende Additiv absorbieren, beeinflusst wird, unterscheiden sich Kristalle, die mit bzw. ohne Additiv gewachsen sind. Kennt man den Kristall, so kann man z.B. die absolute Konfiguration des Additivs ermitteln.

Anomale RöntgenbeugungRöntgenstrahlung ist elektromagnetische Strahlung mit einer Wellenlänge von ungefähr 100 pm. Sie kann erzeugt

werden indem man eine Metalloberfläche mit hochenergetischen Elektronen beschießt. Da Röntgenstrahlen eine Wellenlänge besitzen, die ungefähr den Abständen der Gitterebenen eines Kristalls entspricht, können sie beim Durchtritt durch einen Kristall gebeugt werden. Diesen Vorteil nutzt die Röntgenstrukturanalyse aus. Bei der normalen Röntgenstrukturanalyse hängt die Intensität der gebrochenen Strahlen von den Abständen zwischen den Atomen, aber nicht von der absoluten räumlichen Orientierung der Struktur ab. In zentrosymmetrischen Kristallen ist es deshalb egal ob der Kristall von der einen oder der anderen Seite der Messstrahlung ausgesetzt wird. Das Beugungsmuter ist zentrosymmetrisch. Die Friedelpaare Fhkl und F-h-k-l sind gleich intensiv. Das gilt bei zentrosymmetrischen Kristallen streng. Experimentell wird das Quadrat des Strukturfaktors S F2

hkl bestimmt.

Abbildung 58 : Prinzip der Röntgenstrukturanalyse

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Stereochemie organischer Verbindungen

Auch in nicht zentrosymmetrsichen Kristallen, die z.B. von chiralen Verbindungen gebildet werden gilt in erster Näherung Fhkl = F-h-k-l, weshalb mit normaler Röntgenbeugung keine enantiomorphen Strukturen unterschieden werden können.

Bestrahlt man allerdings eine Verbindung die ein Schweratom enthält mit Röntgenstrahlung einer Wellenlänge nahe an der Absorptionskante dieses Schweratoms, so tritt eine Phasenverzögerung auf (anomale Dispersion), die für R oder S Konfiguration unterschiedlich ist und berechnet werden kann. Dies bezeichnet man als anomale Dispersion. Das heißt: In nicht-zentrosymetrischen Kristallen ist doch Fhkl etwas anders als F-h-k-l. Dieser Intensitätsunterschied der Beugung an der Unterseite oder Oberseite des Kristalls reicht, um nun doch enantiomorphe Strukturen zu bestimmen.

Bijovet gelang es erstmals 1951 die absolute Konfiguration einer Verbindung über die anomale Dispersion zu bestimmen. Es handelte sich hierbei um die mit Zirkonium-Kα-Strahlung angefertigte Röntgenstrukturanalyse von Natrium-Rubidium-Tartrat. Für das (+)-Tartrat-Dianionen wurde die Konfiguration R, R ermittelt. Dieser Durchbruch gilt als Meilenstein in der Geschichte der Stereochemie, da die (+)-Weinsäure mit einer Vielzahl anderer chiraler Verbindungen, besonders Zuckern chemisch korreliert wurde.

Abbildung 59 : Konfiguration der Weinsäure

Etwas später wurde die absolute Konfiguration eines Hydrobromids der Aminosäure D-(-)-Isoleucin bestimmt. Hierbei wurden Uran-Lα-Strahlen verwendet, welche durch Anwesenheit des Bromatoms eine Phasenänderung erfahren.

Abbildung 60 : Konfiguration des D-(-)-Isoleucin Hydrobromids

Heute werden bei der anomalen Röntgenstrukturanalyse Kupfer-Kα-Strahlung und Atome mit einer Ordnungszahl über 14 verwendet, z.B. Phosphor, Schwefel oder Brom. In Einzelfällen kann auch Sauerstoff benutzt werden, allerdings nur wenn ein sehr guter Kristall zur Verfügung steht.

Damit ist die anomale Dispersion die Methode der Wahl, wenn die Bestimmung der absoluten Konfiguration einer chiralen Verbindung gefordert ist. Bedingung ist aber das Vorhandensein eines Schweratoms und man benötigt einen guten Kristall!

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Stereochemie organischer Verbindungen

Chiroptische Eigenschaften chiraler Verbindungen

AllgemeinesWenn ein Lichtstrahl in ein anderes Medium eintritt, ändert sich seine Ausbreitungsgeschwindigkeit. Man spricht von

Lichtbrechung. Der Brechungsindex wird definiert als:

Gleichung 1 : Definition des Brechungsindex

Die optische Aktivität einer Substanz führt zu einer unterschiedlichen Brechung von rechts (ηR) und links (ηL) polarisiertem Licht. Es gilt daher: ηR ≠ ηL. Auf diesem Effekt beruht sowohl die optische Aktivität einer Verbindung als auch die Bestimmung der absoluten Konfiguration mittels ORD (Optische Rotations Dispersion).

Die CD (Circular Dichroismus) hingegen beruht auf dem Unterschied in der Lichtabsorption von rechts- und links-polarisiertem Licht.

Gleichung 2 : Unterschiedliche Lichtabsorption

Was ist Licht?

Licht ist eine elektromagnetische Strahlung, die mit einem zeitabhängigen elektrischen und magnetischen Feld assoziiert ist. Man unterscheidet zwischen drei Arten:

Isotropes Licht Lichtwellen oszillieren in allen Richtungen

Anisotropes Licht Lichtwellen oszillieren nur in einer Ebene (linear polarisiert)

Circular polarisiertes LichtDer elektrische Feldvektor folgt einer helicalen Bewegung. Wie eine Helix, die in Richtung des Beobachters geschoben wird.

Tabelle 4 : Arten von Licht

Abbildung 61 : Rechts circular polarisiertes Licht

Linear polarisiertes Licht wird technisch realisiert durch eine Kombination von links und rechts zirkular polarisiertem Licht, das sich kohärent fortbewegt.

Mit Hilfe des linear polarisierten Lichts ist es möglich chemische Verbindungen in zwei Gruppen einzuteilen. Zum einen Verbindungen in Lösung, welche die Ebene des linear polarisierten Lichts nicht drehen. Sie sind optisch inaktiv. Zum anderen Verbindungen, welche die Ebene des linear polarisierten Lichts drehen. Man bezeichnet diese Verbindungen als optisch aktiv.

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Stereochemie organischer Verbindungen

DrehwertDer spezifische Drehwert einer Substanz ist eine stoffspezifische Konstante und ist ein Maß für die optische Aktivität

dieser Substanz. Der Drehwert wird als α bezeichnet und wird mit Hilfe eines Polarimeters bestimmt. Dieses Polarimeter erzeugt links- und rechts zirkular polarisiertes Licht, welches durch Überlagerung linear polarisiertes Licht ergibt. Durchdringt linear polarisiertes Licht ein optisch aktives Medium, so wird das links bzw. rechts zirkular polarisierte Licht unterschiedlich gebrochen, da cL ≠ cR.

Im Experiment wird daher die Polarisationsebene linear polarisierte Licht durch die Brechung nach links oder rechts gedreht.

Abbildung 62 : Polarimeter (Prinzip)

Es gilt:

Gleichung 3 : Optische Drehung

Beispiel: Na-D Linie λ   =   589 [nm] 2-Butanol α = 11,2 [°]

T = 20 [°C]l = 1 [dm]

Es folgt daher:

Gleichung 4 : Drehwertdifferenz

Die Brechungsindices ηR und ηL unterscheiden sich also nur um einen sehr kleinen Betrag.

Für den spezifischen Drehwert gilt:

Gleichung 5 : Spezifischer Drehwert

Der spezifische Drehwert ist eine tabellierbare Stoffkonstante.

Die Angabe des spezifischen Drehwertes erfolgt folgendermaßen:

Experimentell kann man α = ±n * 180° nicht unterscheiden. Will man das Vorzeichen der Drehung genau bestimmen, so verändert man hierzu die Weglänge l im Experiment. Man misst mit unterschiedlichen Küvetten. Dies ist aber meist nicht nötig.

Bei einem Vergleich ähnlicher Verbindungen vergleicht man häufig die Molare Drehung Φ.

Gleichung 6 : Molare Drehung

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Stereochemie organischer Verbindungen

Die Optische Rotations Dispersion (ORD)Bei der Methode der ORD wird die Änderung der molaren Drehung [Φ] mit der Wellenlänge des eingestrahlten Lichtes

gemessen. Statt nur mit der Na-D Linie einzustrahlen, wird im ORD-Experiment die Wellenlänge durchgestimmt. Gemessen wird die spezifischen Drehung [α]. Die daraus resultierende molare Drehung [Φ] wird als Funktion der Wellenlänge aufgetragen. Hat die Verbindung gar keine Absorption im Wellenlängenbereich des eingestrahlten lichtes, erhält man folgendes ORD-Spektrum:

Abbildung 63 : ORD-Spektrum

Man sieht, dass die molare Drehung betragsmäßig zunimmt, wenn die Wellenlänge des eingestrahlten linear polarisierten Lichtes abnimmt.

Obwohl es bei ORD um Brechung und nicht um Absorption geht, kann man im Bereich der Absorption der untersuchten Verbindung eine Anomalie beobachten. Beim Absorptionsmaximum geht [Φ] durch 0. Diese Anomalie des 0-Durchgangs nennt man Cotton-Effekt (CE).

Abbildung 64 : Cotton-Effekt

In der Abbildung dargestellt ist das Absorptionsspektrum von (+)-Campher mit einem schwachen (ε=32) Absorptionsmaximum bei 292 nm. Das ORD-Spektrum zeigt die Anomalie. Man unterscheidet zwei unterschiedliche Cotton Effekte.

Positiver Cotton Effekt: [Φ] nimmt erst zu, mit abnehmender Wellenlänge dann ab.

Negativer Cotton Effekt: [Φ] nimmt erst ab, mit abnehmender Wellenlänge dann wieder zu.

In beiden Fällen ergibt sich ein 0-Durchgang nahe dem Absorptionsmaximum. Der Cotton Effekt zeigt deutlich, dass das Vorzeichen der Drehung per se nicht mit der absoluten Konfiguration korreliert werden kann.

Wir sehen auch, dass [α] umso kleiner wird je langwelliger man misst. Es gibt also chirale Verbindungen, die nur einen sehr kleinen Drehwert besitzen. Vor allem, wenn viel langwelliger als die langwelligste Absorption gemessen wird. Ein Beispiel für eine chirale Verbindung, die trotzdem keinen Drehwert bei 578 nm hat ist unten gezeigt.

Abbildung 65 : Chirale Verbindung ohne Drehwert

Wenn man keinen Drehwert misst, heißt das also nicht zwingend, das die Verbindung achiral ist.

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Stereochemie organischer Verbindungen

CD (Zirkularer Dichroismus) und Berechnungen der absoluten Konformation

Abbildung 66 : Circularer Dichroismus

Beim ORD Experiment misst man Unterschiede in der Brechung von rechts- und links-polarisiertem Licht und somit Unterschiede in der Geschwindigkeit der Lichtausbreitung. Beim CD Experiment hingegen geht es um die ungleiche Absorption von rechts und links zirkular polarisiertem Licht.

Aus dem linear polarisierten Licht wird deshalb elliptisch polarisiertes Licht. Beim CD-Experiment bestimmt man also nicht nur die spezifische Drehung, sondern man misst auch die Intensitätsunterschiede von links- und rechts-linear polarisiertem Licht. Die Messung von εR und εL sind sehr aufwendig, da die Unterschiede sehr klein sind. CD-Spektrometer sind daher teuere und empfindliche Geräte. Das unten stehende Bild verdeutlicht das Experiment.

Die Elliptizität Ψ ist definiert als: tan Ψ = b/a. Bei kleiner Elliptizität gilt tan Ψ = Ψ. Des weiteren unterscheidet man zwischen:

Gleichung 7 : Spezifische und molare Elliptizität

Abbildung 67 : Optischer circularer Dichroismus

Fazit: Wenn linear polarisiertes Licht durch ein chirales Medium fällt, gilt:

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Stereochemie organischer Verbindungen

Gleichung 8 : Drehung und Elliptizität des polarisierten Lichts bei chiralen Medien

Im Beispiel unten sieht man das Absorptionsspektrum von (+)-Campher und die gemessene molare Elliptizität (CD-Effekt) sowie das ORD-Spektrum.

Abbildung 68 : Absorptionsspektrum und die gemessene molare Elliptizität von (+)-Campher

Unten ist noch einmal die Beziehung zwischen der Absorption, dem CD-Effekt (εL#εR) und dem ORD-Spektrum gezeigt.

Abbildung 69 : Beziehung zwischen Absorption, CD-Effekt und ORD-Spektrum

Im CD sind es die Chromophore, die in einer chiralen Umgebung den CD-Effekt verursachen. Ohne Chromophor keine Absorption und damit auch kein CD-Effekt. Im ORD-Spektrum hingegen geht es um Brechungsindices.

Die OktantenregelIm Prinzip lässt sich durch ab initio Verfahren aus dem gemessenen CD-Spektrum die absolute Konfiguration

bestimmen. Die heutigen Rechenverfahren reichen dafür aber noch nicht aus.

Deshalb gibt es empirische oder semiempirische Regeln, sogenannte Sektoren- und Helizitätsregeln die es uns ermöglichen die absolute Konfiguration unbekannter Verbindungen zu ermitteln. Diese Methoden ergänzen die Möglichkeiten der anomalen Dispersion oder der Kristallisation. Für diese Regeln gelten die folgenden Vorraussetzungen:

● Man muss die Konstitution und Konformation eines Moleküls kennen um aus den CD-Spektren die Konfiguration ableiten zu können.

● Die Berechnungen beruhen darauf, dass durch das eingestrahlte, zirkular-polarisierte Licht, die Elektronen in der absorbierenden Gruppe in eine „cyclische Bahn“ gebracht werden.

Man unterscheidet:

● Achirale Gruppen in einer chiralen Umgebung. Diese ergeben schwache CD-Effekte.

● Chirale Chromophore wie Helicene, Binaphthyle, etc. Diese ergeben sehr starke CD-Effekte.

Diese Tabelle zeigt typische Chromophore, deren ε-Werte und die CD-Effekte:

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Stereochemie organischer Verbindungen

Wellenlänge UV CD g NummerÜbergang

Λ [nm} ε Δε g = Δε/ε [103]

298 16 +0,48 30 n-π*

185 1.200 +1,00 0,8 n-σ*

200 1,08 * 104 -17,1 2 Πx-Πx*

181 0,90 * 104 +17,0 2 Πx-Πy*

(+)-Hexahelicene325 2,8 * 104 +196 7,0

Π-Π*c

244 4,8 * 104 -216 7,7

247 7 * 104 -245 3

Π-Π*

couplet

231 6 * 104 +135 2

Tabelle 5 : ε-Werte und CD-Effekte typischer Chromophore

In den Sektorenregeln, wie z.B. in der Oktantenregel, wird der Raum um eine chromophore, achirale Gruppe in Sektoren eingeteilt. Dann werden die Substituënten relativ zu ihren Beiträgen zum CD Signal eingestuft.

Die Oktandenregel generalisiert das Vorzeichen des CE-Signals einer Carbonylgruppe bei 300 nm n→π* Übergang.

Abbildung 70 : Generalisierung des Vorzeichens des CE-Signals

Wie bereits erwähnt wird in der Oktandenregel der Raum um die Carbonylgruppe in acht Sektoren eingeteilt. Jedes Atom in der Nähe zur Carbonylgruppe beeinflusst das CD-Signal der chromophoren C=O Gruppe und bestimmt somit das Vorzeichen des CE-Signals.

Die nachfolgende Abbildung verdeutlicht die Einteilung in die acht Sektoren. Das linkshändige Koordinatensystem xy schneidet das π*-Orbital der C=O Gruppe. Die Sektoren sind mit (+) oder (–) gekennzeichnet. Substituënten, die in einem solchen Sektor liegen führen zu einem (+) oder einem (-) CD Beitrag zum Gesamtspektrum.

Abbildung 71 : Die 8 Sektoren nach der Oktandenregel

Anwendung der Oktandenregel auf Cyclohexanon:

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Stereochemie organischer Verbindungen

Die Substituënten C und alle Halogene außer F sowie S beeinflussen das CE-Signal wie oben diskutiert.

Abbildung 72 : Anwendung der Oktandenregel auf Cyclohexanon

Weitere Beispiele:

Anwendung der Oktandenregel auf die Stereoïde. Stereoïde sind sehr starre Verbindungen mit gut definierter Konformation. Sie eignen sich gut zur Bestimmung der absoluten Konfiguration mit Hilfe der Oktandenregel.

Abbildung 73 : Anwendung der Oktandenregel auf die Stereoïde

Im Fall 3 liegt der Großteil der Reste um die C=O Gruppe herum in negativen Sektoren. Tatsächlich misst man ein negatives CD-Signal. Im Fall der Verbindungen 4 und 5 sind die großen Reste in positiven Sektoren. Entsprechend positiv ist der gemessene CD-Effekt.

Abbildung 74 : CE-Werte zu Abbildung 72

Neben der hier besprochenen Oktandenregel gibt es weitere Sektoren- und Helizitätsregeln.

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Stereochemie organischer Verbindungen

Exzitonengekoppelte CD SpektrenStehen zwei Chromophore in einer Nachbarschaft (ohne direkte Kopplung) in einer chiralen Umgebung so erfolgt eine

Exzitonen Kopplung – Davydov-Splitting.

Z.B. zwei Aromaten mit π→π* Übergängen. In jedem Fall ist die Basis der Kopplung eine Dipol-Dipol Wechselwirkungen der elektrischen Übergangsdipolmomente der beiden beteiligten Chromophore.

Abbildung 75 : Exzitonen Kopplung – Davydov-Splitting

Im CD beobachtet man nahe der UV-Absorptionsbande ein CD Dublett.

Ist die relative Konfiguration zweier chiraler Zentren zueinander bekannt, so kann die absolute Konfiguration aus dem exzitonengekoppelten CD-Spektrum ermittelt werden.

Die Bestimmung der absoluten Konfiguration von Molekülen die primäre Amine oder sekundäre OH Gruppen neben einem stereogenen Zentrum besitzen, kann mit Hilfe excitonengekoppelter CD-Spektren erfolgen. Zunächst wird das Amin oder der Alkohol mit einer Säure zu einem Ester bzw. einem Amid umgesetzt.

Formel 1 : Umsetzung eines Alkohols/Amins mit Säure

Im Anschluss an diese Derivatisierung erfolgt die Komplexierung des derivatisierten Diamins mit einem Bis-Zn Porphyrin, das eine starke Exzitonkopplung aufweist.

Abbildung 76 : Konfiguration von primären Alkoholen und Aminen

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Stereochemie organischer Verbindungen

Die Konfiguration des Liganden bestimmt die Konformation des Porphyrin-Wirtmoleküls. Die Enantiomere führen im Komplex zu einer unterschiedlichen Anordnung der Porphyrine zueinander. Dieses ergibt unterschiedliche Vorzeichen bei den chiroptischen Phänomenen. Das Standardkriterium zur Charakterisierung von Enantiomeren ist:

Gleichung 9 : Standardkriterium zur Charakterisierung von Enantiomeren

Die Zuordnung der Konfiguration zu einem Enantiomeren heißt eine Korrelation herzustellen von α > 0 und α < 0 mit R oder S.

Absolute Konfiguration durch normale RöntgenbeugungIn Abwesenheit der zuerst von Bijovet ausgenutzten anomalen Röntgenstreuung lässt sich per Röntgenstrahlung nur die

relative Konfiguration zweier chiraler Zentren ermitteln.

Ist die absolute Konfiguration eines Zentrums bekannt, kann die andere dann abgeleitet werden.

Abbildung 77 : Absolute Konfiguration und Ableitung

Das ermöglicht es und die chirale Verbindung durch eine chemische Verknüpfung oder die Bildung von Salzen mit bekannten chiralen Basen oder Säuren zu derivatisieren. Diese Derivate müssen dann kristallisiert werden.

Formel 2 : Derivatisierung für Röntgenbeugung

Das Beugungsexperiment ergibt die nachstehende Röntgenstrukturanalyse.

Abbildung 78 : Ergebnis der Röntgenstruckturanalyse

Gelingt dieses für einige Schlüsselverbindungen, so lässt sich vieles durch chemische Korrelation ableiten!

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Stereochemie organischer Verbindungen

Beispiel:

Abbildung 79 : Ableitung durch chemische Korrelation

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Stereochemie organischer Verbindungen

Begriffe zur Enantiomerenreinheit und dessen Bestimmung

Enantiomerenreinheit und EnantiomerenüberschussDer Zusammenhang zwischen Chiralität und optischer Aktivität ist so eng, dass die Begriffe oft synonym verwendet

werden. Optische Aktivität ist aber eine Eigenschaft chiraler Moleküle. Chiralität ist die Ursache für die optische Aktivität.

Die Quantifizierung der optischen Aktivität erfolgt über den Drehwert. Die Drehwerte reiner Enantiomere haben den gleichen Betrag aber unterschiedliche Vorzeichen. Eine Mischung beider Enantiomeren in einem Verhältnis von 1:1 hat daher keinen Drehwert.

Ungleiche Mischungen von Enantiomeren haben Drehwerte, die proportional zur Zusammensetzung der Mischung sind. Die über die optische Aktivität ermittelte Enantiomerenreinheit nennt man optische Reinheit.

Gleichung 10 : Optische Reinheit

Der Drehwert des reinen Enantiomer [α]max ist sehr schwierig zu erhalten. Will man also die optische Reinheit über den Drehwert ermitteln, so ist der limitierende Faktor das Wissen um [α]max. Ein weiteres Problem ist, dass Verunreinigungen sehr hohe Drehwerte haben können und deshalb sehr wenig einer stark drehenden Nebensubstanz den Wert [α] sehr stark beeinflussen kann.

Beispiel:

Die Verunreinigung besitzt hingegen einen Drehwert von [α]λT = +110, dann wird der gemessene Drehwert

verdoppelt, wenn nur 5 % Verunreinigung im Gemisch vorhanden sind.

Ein Problem ist auch, dass viele in der Literatur beschriebene [α]max-Werte falsch sind. Die gemessene Drehung entspricht daher nur im Idealfall dem Anteil des einen Enantiomeren, der über das Razemat hinausgeht.

Bei einem Enantiomerenverhältnis von 80 : 20 ergibt sich daher ein Enantiomerenüberschuss von nur 60 % und ein Drehwert [α], der diesen Überschuss wiederspiegelt. Die im Experiment bestimmbare optische Reinheit (op%) gleicht daher numerisch im Idealfall dem Enantiomerenüberschuss ee (enantiomeric excess). Dieser wird nach folgender Formel berechnet:

Gleichung 11 : Berechnung des Enantiomerenüberschuss

Wobei m+ - m- den molaren Anteil des Überschussenantiomeren angibt.

Die eigentlich wichtige Größe ist jedoch nicht der Enantiomerenüberschuss sondern das Enantiomerenverhältnis e.r. (enantiomeric realm). Dieser Wert ist wie folgt definiert:

Gleichung 12 : Enantiomerenverhäktnis

Oftmals gibt man in Bezug zur optischen Reinheit aber immer noch den Enantiomerenüberschuss e.e. an.

Gleichung 13 : Enantiomerenüberschuss

Im Idealfall ist also % o.p. = % e.e..

Vor etwa 1965 wurde nahezu ausschließlich die optische Methode zur Bestimmung der Enantiomerenreinheit verwendet.

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Stereochemie organischer Verbindungen

Im Realfall gibt der Drehwert allerdings wie oben beschrieben oft ein verfälschtes Bild der tatsächlichen Enantiomerenreinheit. Die Gründe sind hier noch einmal zusammen gestellt:

● [α]max ist oft nicht hinreichend genau bekannt.

● [α] ist nicht immer linear in Bezug auf e.e.

Dies ist der Fall, wenn die Enantiomere unterschiedliche homo- und heterochirale Wechselwirkungen in Lösung untereinander eingehen, z.B. H-Brücken, hydrophobe Wechselwirkungen, etc.

Unten ist der zweite Effekt verdeutlicht. Gezeigt ist wie die gemessene optische Reinheit (o.p.%) von der tatsächlichen vorhandenen Enantiomerenreinheit (e.r.%) abweichen kann.

Abbildung 80 : Abweichung der gemessenen optischen Reinheit von der tatsächlichen Eanantiomerenreinheit

Rechts ist gezeigt wie z.B. Carbonsäuren in Lösung dimerisieren können. Die sich bildenden Komplexe haben oft abweichende Drehwerte.

Formel 3 : Dimerisierung von Carbonsäuren

Heute werden kaum noch optische Methoden zur Bestimmung von e.r. und e.e.–Werten eingesetzt. Mit Hilfe der NMR oder von chromatographischen Methoden gelingt heute eine recht genaue, direkte Bestimmung dieser Werte.

Im folgenden sollen einige der heute üblichen Methoden zur direkten Bestimmung des Enantiomerenverhältnisses e.r. erläutert werden.

Bestimmung von Enantiomerenreinheiten durch NMR MethodenEs gibt im wesentlichen 3 Möglichkeiten wie per NMR der e.r.-Wert direkt bestimmt werden kann:

a) Mit Hilfe chiraler Derivatisierungsreagenziën

b) Mit chiralen Shiftreagenziën

c) Durch Verwendung chiraler Lösungsmittel

Chirale Derivatisierungsreagenziën

Die Derivatisierung eines Enantiomerengemischs (R,S) mit einem chiralen Derivatisierungsreagenz (R) ergibt zwei Diastereomere R-R und S-R, die sich in ihren physikalischen Eigenschaften, wie z.B. den NMR-Verschiebungen unterscheiden.

Raban und Mislow wandelten 1965 in ersten Arbeiten chirale Alkohole und chirale Amine in die entsprechenden Ester und Amide um. Sie verwendeten als chirales Derivatisierungsreagenz (CDA, Chiral derivatizing agent) das Säurechlorid der (R)-(-)-O-Methylmandelsäure. Die diastereoisomeren Ester und Amide ergaben sowohl im 1H als auch im 19F NMR unterschiedliche chemische Verschiebungen. Durch Integration der Signale konnten die jeweiligen Mengen an der (R)- und (S)-Substanz ermittelt werden. Weitere heute sehr gebräuchliche CDA sind nachfolgend notiert.

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Stereochemie organischer Verbindungen

Formel 4 : CDA-Reagenzien 1

Da die zu analysierenden Substanzen oft komplexe 1H und 13C NMR-Spektren aufweisen, sind die Änderungen der chemischen Verschiebung im 1H und 13C NMR oft schwer zu ermitteln. Hier hilft es, wenn das Derivatisierungsreagenz einen ungewöhnlichen NMR aktiven Kern besitzt, der sich gut beobachten lässt, (19F oder 31P).

Das Mosher‘s Reagenz ist deshalb als Derivatisierungsreagenz so beliebt, weil es ermöglicht die Signalverschiebungen im 19F-NMR zu integrieren. Darüber hinaus besitzt es kein α C-H-Atom mehr, so dass eine mögliche Razemisierung des Reagenzes unter verschiedenen Reaktionsbedingungen erschwert wird. Bei dem gezeigten Anderson-Shapiro Reagenz erfolgt die Analyse im 31P-Spektrum.

Bei diesem Reagenz ist es übrigens nicht von Bedeutung, ob die Derivatisierung unter Inversion oder Retention am P abläuft, da man immer nur ein Diastereomer erhält. Der Phosphor ist durch die zwei gleichen Reste nicht chiral! Der Grund dafür ist die C2-Symmetrieachse der Glykoleinheit, wodurch das Phosphoratom dann nicht stereogen ist. Neben den oben dargestellten Reagenzien gibt es weiter sehr ähnliche CDA-Reagenzien:

Formel 5 : CDA-Reagenzien 2

Wie bereits angedeutet gibt es heute eine ganze Palette von Derivatisierungsreagenziën für die NMR Spektroskopie.

● Wichtig ist die Überprüfung der Reinheit des Reagenz vor dessen Einsatz. Dies geschieht durch Umsatz mit einer Verbindung die enantiomerenrein ist.

● Des weiteren muss die Umsetzung quantitativ sein, da sonst keine Angaben über die Enantiomerenverhältnisse gemacht werden können. Es darf während der Derivatisierung keine kinetische Razematspaltung erfolgen und vor allem keine Razemisierung.

● Der e.e. Wert ist mit dieser Methode nur bis zu 95 % gut erfassbar.

Ebenfalls wichtig ist eine möglichst gute Auflösung im NMR. Für eine möglichst gute Integration braucht man ein großes Δδ. Das erreicht man mit einem höheren Feld oder durch Reduktion der Temperatur. Auch eine Änderung des Lösungsmittels oder die Zugabe weiterer Hilfsstoffe, wie nicht-chirale (achirale) Shiftreagenziën beeinflusst das Δδ. Als achirales Shiftreagenz verwendet man zum Beispiel Eu(dpm)3:

Formel 6 : Achirales Shiftreagenz

Die spektralen Unterschiede der NMR-Signale nach der Derivatisierung (spektrale Anisochronie) ergibt sich durch Kombination aus sterischen und nicht bindenden elektronischen Faktoren, die bei den Diastereomeren eben anders sind.

→ Die Diastereomere haben vor allem eine andere Konformation in Lösung. Dieses wird durch das Lösungsmittel oder durch achirale Shiftreagenziën noch verstärkt.

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Stereochemie organischer Verbindungen

Auch die Umsetzung mit einem achiralen, aber doppelt derivatisierbaren Reagenz ermöglicht die Bestimmung von e.r.-Werten.

So ergibt sich aus dem Gemisch (RS) mit z.B. PCl3 ein Gemisch aus vier Substanzen (R)-X-(R), (S)-X-(S), (R)-X-(S) und (S)-X-(R). Im NMR beobachtet man 3 Signale. Eines für die Verbindungen (R)-X-(R) und (S)-X-(S) welche ein Enantiomerenpaar darstellen. Je ein Signal liefern die Diastereoisomere (R)-X-(S) und (S)-X-(R). Durch Integration der Signale erhält man auch den e.r.-Wert.

Fazit: Alkohole, Thiole und Diole derivatisiert man erfolgsversprechend mit dem Mosher’s Reagenz oder mit der O-Mandelsäure. Das Mosher‘s Reagenz hat kein α-H Atom und kann daher nicht so schnell racemisieren.

Auch für Amine, Aminoalkohole und Aminosäuren empfiehlt sich das Mosher‘s Reagenz. Camphanoyl-chlorid ist auch empfehlenswert.

Chirale Aldehyde können mit (R,R)-Butan-2,3-diol oder dem Thiol-Analog als Acetale bzw. Thioacetale analysiert werden.

Carbonsäuren werden am besten vor der e.r.-Analyse zu den Alkoholen reduziert und dann mit dem Mosher’s Reagenz analysiert. Evtl. funktioniert α-Phenylethylamin oder α-Naphtylethylamin.

NMR in chiralen Solventiën und in Kombination mit chiralen Shiftreagenziën

Pirkle zeigte wohl als erster, dass zwei Enantiomere in einem chiralen Lösungsmittel unterschiedliche Signale im NMR-Spektrum liefern. Nichtrazemische chirale Solventiën rufen also Anisotropieeffekte in der NMR-Spektroskopie hervor. Hierbei bilden sich Solvenskomplexe mit der fraglichen Substanz. Das System ist auf der NMR-Zeitskala in einem schnellen Austausch, so dass gemittelte Signale erhalten werden. Alternativ kann man auch Komplexbildner zugeben, die enantiomerenrein sind (chirale Solvatisierungsreagenziën). Untenstehend sind einige Beispiele zu erkennen. Diese bilden wieder schnell-austauschende diastereomere Solvatations-Komplexe.

Formel 7 : Chirale Solvatisierungsreagenziën

In chiralen Lösungsmitteln (R)-L oder in Abwesenheit der oben gezeigten Komplexbildner werden die beiden Enantiomere unterschiedlich solvatisiert, so dass die Gleichgewichtslagen im Fall von (R)-A und (S)-A anders sind.

Gleichung 14 : Unterschiedliche Solvatisierung der Enantiomere

Die gemessenen gemittelten NMR-Signale (Populationsgewichtete Mittelwerte der chemischen Verschiebung der chiralen und nicht-chiralen Solvate) sind daher unterschiedlich. Die beobachtbaren Shift-Differenzen sind jedoch in der Regel relativ klein, nämlich zwischen 0 – 1 Hz. Ein NMR-Spektrum mit chiralen Solvationsbildnern wird daher häufig entweder bei einer sehr hohen Spektrometerfrequenz oder bei tiefer Temperatur gemessen.

Durch die Zugabe von chiralen Lanthanid Shiftreagenziën ergeben sich unterschiedliche schwache Additionskomplexe mit Komplexierungskonstanten, die sich im Fall der diastereotopen Komplexe erneut unterscheiden. Unten ist das NMR-Spektrum einer chiralen Aminosäure in Abwesenheit und in Gegenwart eines Shiftreagenzes gezeigt.

Abbildung 81 : NMR-Spektrum einer chiralen Aminosäure in Abwesenheit und in Gegenwart eines Shiftreagenzes

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Stereochemie organischer Verbindungen

Die Lanthanid Shiftreagenziën haben die folgenden Eigenschaften. Sie sind:

● Schwache Lewis-Säuren

● Paramagnetisch

● binden Lewis-Basen

Chemische Shiftveränderungen erfolgen durch die Komplexierung der Substanzen. Die sich bildenden Komplexe sind abhängig von der Komplexstabilität und dem Abstand zwischen dem Metall und dem chiralen Zentrum.

Es ergeben sich in der Regel chemische Shiftveränderungen von 0,1 – 0,5 manchmal bis zu 4 ppm.

Formel 8 : Komplexierung mit Lanthanid Shiftreagenziën

Die Nachteile liegen hierbei in der geringen Peakauflösung, der Signal Verbreiterung und der möglichen chemischen Zersetzung des Reagenzes. Grundsätzlich müssen hohe Feldstärken vermieden werden, da die Signalverbreiterung mit der Feldstärke zunimmt. Als Metalle kommen in der Regel Eu, Pr und Yb zum Einsatz.

Bestimmung von Enantiomerenreinheiten durch chromatographische Verfahren

Am gebräuchlichsten ist heute die totale Separation und anschließende Quantifizierung der Enantiomeren getrennt voneinander. Hierbei hat man prinzipiell zwei Optionen:

A) Erneut Derivatisierung mit einem chiralen Reagenz, dann Trennung mittels GC oder HPLC an einer achiralen Phase.

B) Direkte Trennung der Enantiomeren an einer chiralen Phase.

Zunächst soll die Methode A besprochen werden. Hierbei ist entscheidend, dass das Derivatisierungsreagenz sauber ist.

Beispiel:

Ein Enantiomer (+)A (99,5 %) ist mit dem Antipoden (-)A (0,5 %) verunreinigt (99 % e.e.).

Erfolgt die Derivatisierung nun mit einem unsauberen Reagenz 99 % (+)-CDA, 1 % (-)-CDA, so können 4 verschiedene Derivatisierungsprodukte entstehen. Man erhält somit folgende Verteilung:

1. (+)-A-(+)CDA = 98,5 %

2. (+)-A-(-)CDA = 1,0 %

3. (-)-A-(+)CDA = 0,5 %

4. (-)-A-(-)CDA ≈ 0,0 %

Im Anschluss wird die Substanz auf der achiralen Phase getrennt. Da 1. und 4. Enantiomere und 2. und 3. Enantiomere sind, die Mischung aus zwei Diastereomeren. Man beobachtet 2 Peaks, die eine Verteilung von 98,5% zu 1,5% besitzen. Dadurch errechnet sich ein falscher Enantiomerenüberschuss von nur 97 % e.e.. Die Reagenziën zur Komplexierung müssen also wirklich enantiomerenrein sein.

Es gibt eine sehr große Zahl von chiralen Derivatisierungsreagenziën.

Formel 9 : Derivatisierungsreagenziën für die GC

Zur Trennung der Diastereomeren ist die Verwendung der Gaschromatographie (GC) generell limitiert durch die Verdampfbarkeit der Substanzen. Die HPLC hat hier Vorteile, da sich Laufmittel und stationäre Phasen leicht variieren lassen. Auch für die HPLC gibt es eine Reihe von Derivatisierungsreagenziën:

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Stereochemie organischer Verbindungen

Formel 10 : Derivatisierungsreagenziën für die HPLC

Besonders einfach ist es chirale Substanzen direkt an chiralen Phasen zu Trennen (CSP). Auch hier gibt es eine riesige Auswahl für GC, HPLC und DC.

In der GC und der HPLC sind zum Beispiel die Cyclodextrinphasen beliebt. Diese halten im Fall der GC auch hohe Betriebstemperaturen aus. Die nachfolgenden Abbildungen zeigen den Aufbau der Cyclodextrinphasen.

Formel 11 : Aufbau der Cyclodextrinphasen

Die Cyclodextrine werden kovalent an Trägerpolymere oder Kieselgel angebunden. Die Anbindung erfolgt über Spacer. Bei der Trennung erfolgt eine Bildung von Einschlusskomplexen der Analyten im Cyclodextrin durch Wechselwirkungen mit den polaren Seitengruppen des Cyclodextrins und dem hydrophoben Inneren. Die Enantiomeren werden in diesen Containermolekülen mit unterschiedlicher Affinität gebunden. Das beeinflusst das Retentionsverhalten. Die unterschiedlichen Cyclodextrinphasen weisen unterschiedlich große Hohlräume auf und können deshalb unterschiedlich große Gäste einschließen.

Unten gezeigt ist die Separation von Linalool aus Lavendelöl mittels GC an einer Cyclodextrinphase.

Abbildung 82 : Seperation von Linalool aus Lavendelöl

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Stereochemie organischer Verbindungen

Falls die zu trennenden Substanzen an sich nicht flüchtig genug sind, können sie derivatisiert werden. Im unteren Beispiel werden die Methylester von Aminosäuren mittels „chiraler GC“ aufgetrennt. Die Abbildung zeigt als Beispiel die Trennung von Aminosäuren mit einer GC-Säule, die mit Octakis-(2,6-di-O-pentyl-3-O-butyryl)-γ-cyclodextrin modifiziert ist.

Abbildung 83 : Trennung von Aminosäuren mit einer GC-Säule

Die Methode der HPLC erlaubt die Trennung nicht flüchtiger Verbindungen. Hier verwendet man erneut modifizierte Kieselgele. Bekannt sind die Pirkle Säulen, die die folgenden chiralen Gruppen enthalten.

Formel 12 : Chirale Gruppen für modifizierte HPLC-Kieselgele

Erneut kommen auch Cyclodextrin modifizierte Kieselgele zum Einsatz. Die Cyclodextrine sind über spacer-Moleküle kovalent an das Kieselgel angeknüpft. Das Innere der Cyclodextrine ist lipophil. Hier werden unpolare Gruppen des Analyten gebunden. Besonders fest gebunden wird ein Phenyl- oder Naphtylrest. Man verwendet entweder die natürlichen Cyclodextrine welche hydrophile Seitengruppen besitzen oder permethylierte Derivate die dann sehr unpolar sind. Das Beispiel unten zeigt die Trennung von D,L-Östron auf zwei unterschiedlichen Phasen.

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Stereochemie organischer Verbindungen

Abbildung 84 : Trennung von D,L-Östron auf zwei unterschiedlichen Phasen

a) Säule mit einem permethylierten β-Cyclodextrinb) Säule mit einem permethylierten γ-Cyclodextrin

Neben den Cyclodextrin-Säulen ist eine ganze Palette weiterer Produkte auf dem Markt erhältlich. Für Aminosäuren eignet sich z.B. auch die Ligandenaustauschchromatographie an Kieselgel-Säulen an die L-Hydroxyprolin-Cu 2+ Komplexe kovalent angebunden sind. Die enantiomeren Aminosäuren bilden unterschiedlich starke tertiäre Komplexe. Es lassen sich auch DC-Platten kaufen, die mit diesem Material beschichtet sind. Das Beispiel unten zeigt die Trennung der beiden Antipoden einer farbigen Aminosäure auf einer derartigen DC-Platte.

Abbildung 85 : Trennung der Antipoden einer farbigen Aminosäure auf einer DC-Platte

Cyclodextrine sind cyclische Oligosaccharide aus sechs (α-Cyclodextrin), sieben (β-Cyclodextrin) oder acht (γ-Cyclodextrin) α-1,4- verknüpften Glucoseeinheiten. Z.T. werden die Cyclodextrine wie oben erwähnt alkyliert, was die Trennleistung stark beeinflusst. Der Trennmechanismus ist nicht genau bekannt, so dass keine Vorhersage wie sich die Trennung ändert möglich ist.

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Stereochemie organischer Verbindungen

Prochiralität und Topizität

Prochirale Gruppen und Achsen

Das Prochiralitätszentrum

Eine chirale Verbindung wird durch chemische Reaktion einer prochiralen Verbindung erhalten. Eine prochirale Verbindung besitzt eine Symmetrieebene, die während der Reaktion aufgehoben wird. So entsteht aus einer achiralen Verbindung (prochirale Substanz) eine chirale Verbindung. Als Beispiel kann Ethanol dienen:

Formel 13 : Achirales und “chirales” Ethanol

Ethanol ist nicht chiral. Tauscht man aber eines der Methylen-H-Atome aus, so wird die Substanz chiral. Die H-Atome sind also pro-chiral.

Man bezeichnet das Wasserstoffatom, dass durch einen Austausch durch ein Deuteriumatom (ein Atom höherer Priorität) ein Produkt mit der (R)-Konfiguration hervorbringt als pro-(R)-Ligand (HR), während man das andere Wasserstoffatom als pro-(S)-Liganden (HS) bezeichnet, weil man nach dessen Austausch durch ein Deuterium ein Produkt mit der (S)-Konfiguration erhält.

Zitronensäure soll als weiteres Beispiel dienen. Hier werden ganze Molekülteile zu prochiralen Gruppen. Werden die Gruppen durch ein Atom höherer Priorität ausgetauscht so entstehen Verbindungen mit (R)- oder (S)-Konfiguration.

Formel 14 : Ganze Molekülteile als prochirale Gruppen

Weitere Beispiele zur Prochiralität:

Methylmalonsäure wird durch eine chemische Transformation an einer der beiden Carbonsäuren (z.B. Veresterung oder Reduktion) ein chirales Molekül. Die Carbonsäuregruppen sind also prochiral.

Formel 15 : Prochiralität von Carbonsäuregruppen

Prochiralitätszentren können auch in chiralen Molekülen vorkommen. Nicht das Molekül ist dann prochiral sondern nur die Atomgruppierung.

Ein weiteres Beispiel für Prochiralität ist 2,2-Dichlorbutan, welches durch Substitution eines der Chloratome chiral wird.

Formel 16 : Prochiralität durch Substitution

Prochirale Gruppen sind in einer achiralen Umgebung nicht zu unterscheiden. In einer chiralen Umgebung hingegen, wie z. B. in einer Enzymtasche können die Atome oder Atomgruppen differenziert werden.

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Stereochemie organischer Verbindungen

Es gilt zu beachten, dass es neben den Prochiralitätszentren auch Prochiralitäts-Achsen und –Ebenen gibt. Sind solche Symmetrieelemente enthalten, liegt ebenfalls eine prochirale Verbindung vor. Das Beispiel Chlorallen unten verdeutlicht den Zusammenhang.

Formel 17 : Prochiralitäts-Achsen und –Ebenen

Bei der Betrachtung von prochiralen Gruppen werden die Symmetriebeziehungen von Atomgruppierungen in einem Molekül studiert. Wir wenden hierbei die Topizitätsprinzipie an.

Zur Wiederholung

Mit Isomerie beschreiben wir die Symmetriebeziehungen zwischen Molekülen. Moleküle können nach Berzelius zueinander:

● Konstitutionsisomer sein. Dann unterscheiden sie sich in den Atom-Konektivitäten.

● Konfigurationsisomer sein. Dann sind sie entweder Diastereomere, oder sie verhalten sich wie Bild und Spiegelbild man sagt sie sind enantiomer.

Moleküle sind identisch, wenn man sie durch einfache Drehung ineinander überführen kann.

Topizität

Allgemeines

Wir betrachten nun die Beziehungen von Atomgruppierungen in einem Molekül zueinander. Die Atomgruppen können zueinander entweder homotop oder heterotop sein. Heterotope Gruppen sind zueinander entweder enantiotop oder diastereotop. Homotope Atome oder Gruppen sind in einer identischen Umgebung sie können nicht voneinander unterschieden werden. Heterotope Atome oder Gruppen haben unterschiedliche Umgebungen. Zur Bestimmung der Topizitätsbeziehungen kann man entweder den Substitutionstest oder den Symmetrietest heranziehen. Das soll im folgenden an Beispielen näher erläutert werden.

Homotope Gruppen und Seiten in Molekülen

Zunächst soll das Substitutionskriterium verwendet werden. Durch Ersetzen der einen bzw. der anderen fraglichen Gruppe im Molekül durch einen Platzhalter D erhält man zwei fiktive Moleküle. Sind diese Moleküle identisch, so sind die betrachteten Gruppen homotop. Sind die Moleküle unterschiedlich, so sind die Gruppen heterotop zueinander.

Beispiele für homotope Gruppen: In der Malonsäure werden die beiden Methylenprotonen, H1 und H2 genannt, durch den Platzhalter D ersetzt. Man erhält zwei fiktive Moleküle, die aber identisch sind, da sie durch einfache Drehung ineinander überführt werden können.

Formel 18 : Beispiel für homotope Gruppen 1

Weitere Moleküle mit homotopen Gruppen sind unten gezeigt. Im Dichlormethan sind die H- und die Cl-Atome homotop. In den beiden anderen Beispielen sind die H-Atome der Methylgruppen homotop, da sie durch die schnelle Drehung um die C-C Einfachbindung alle ineinander überführt werden.

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Stereochemie organischer Verbindungen

Formel 19 : Beispiel für homotope Gruppen 2

Man kann Homotopie von Gruppen auch basierend auf Symmetriebetrachtungen feststellen. Zwei Gruppen, die durch eine zwei- oder n-zählige Symmetrieachse ineinander überführt werden können sind homotop:

Formel 20 : Homotopie, basierend auf Symmetriebtrachtungen

Schnelle Rotation ermöglicht Homotopie. Bei tiefer Temperatur können Methylengruppen aber auch heterotop werden. Durch die schnelle Drehung um die C-C Einfachbindung werden die Methyl-H-Atome gleich.

Was für Gruppen im Molekül gilt, gilt auch für Molekülseiten. Seiten von Molekülen können auch heterotop oder homotop sein. Zwei Seiten von Molekülen sind dann homotop, wenn sie durch Drehung um eine Achse zur Deckung gebracht werden können. In den Molekülen 1 – 4 unten sind die beiden Molekülseiten homotop. Sie sind jeweils durch Drehung um eine 2-zählige Achse ineinander überführbar. Besonders interessant ist das Cyclohexan (1). Dieses weist bei RT2 eine schnelle Umwandlung der beiden Sesselkonformationen ineinander auf. Dadurch wird das Molekül im zeitlichen Mittel D6-symmetrisch. In diesem Fall sind auch die axialen und äquatorialen H-Atome homotop. Bei tiefer Temperatur kann dieses Umklappen des Ringes nicht mehrt stattfinden. Das Molekül reduziert seine Symmetrie zu D3. Nun sind die beiden Seiten immer noch homotop. Die H-Atome bilden aber nun zwei Gruppen, die axial- und die äquatorial stehenden. Die axialen und die äquatorial stehenden H-Atome sind nun untereinander homotop. Axiale zu äquatoriale H-Atome sind aber zueinander heterotop.

Formel 21 : Homotrope Gruppen und Seiten

Homotope Gruppen und Seiten können in dissymmetrischen und symmetrischen Molekülen, nicht aber in asymmetrischen Molekülen auftreten.

Man kann auch Seiten durch ein Additionskriterium als homotop oder diastereotop einstufen. Hierzu addiert man einen „Dummy“-Liganden an jede Seite und untersucht die beiden entstehenden fiktiven Verbindungen, ob sie identisch sind. Wenn dies der Fall ist, so sind die beiden Seiten homotop. Wenn die Moleküle nicht identisch sind, sind die Seiten heterotop.

Im obigen Bespiel entstehen identische Moleküle, die durch Drehung um eine 2-zählige Achse, die durch die C-C-Epoxid Einfachbindung verläuft, ineinander überführt werden können.

2 Raumtemperatur

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Homotope Gruppen und Seiten sind spektroskopisch und bezüglich ihrer Reaktivitäten identisch. Sie reagieren gleich schnell.

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Stereochemie organischer Verbindungen

Enantiotope Gruppen und Seiten in Molekülen

Enantiotope Gruppen und Seiten kann man erneut durch die Methode der Substitution kennen, oder man wendet Symmetriekriterien an. Enantiotope Seiten lassen sich durch Symmetriebetrachtungen oder das Additionskriterium zuordnen.

Substitutionskriterium für enantiotope Gruppen: Zwei Gruppen sind zueinander enantiotop, wenn durch Substitution der einen oder der anderen Gruppe Enantiomere entstehen. Enantiotope Gruppe und Atome sind demnach pro-chiral. Ein Beispiel ist das Pentan-3-on.

Formel 22 : Substitutionskriterium für enantiotope Gruppen

Die beiden Ethylgruppen an der Carbonylgruppen sind homotop. Die drei Wasserstoffe jeder Methylgruppe sind ebenfalls homotop. Die Wasserstoffe der beiden Methylengruppen sind jeweils enantiotop. Ersatz eines der H-Atome durch ein D-Atom führt jeweils zu einer Verbindung mir (R)- oder (S)-Konfiguration. Diese Wasserstoffe nennt man deshalb pro-R- oder pro-S-Wasserstoffatome (oben abgekürzt mit HS und HR). Zu jedem H-Atom der einen Methylengruppe existiert je ein homotopes und ein enantiotopes an der anderen Methylengruppe. So ist das HR in (a) zu Hs in (b) enantiotop vice versa, während die HR und HS in (a) oder (b) zu den entsprechenden HR und HS in (b) und (a) homotop sind.

Etwas komplizierter sind die Verhältnisse in der Citronensäure. Es gibt zunächst konstitutope Carbonsäuren. Die mittlere Carboxylgruppe ist konstitutop zu den endständigen. Die beiden endständigen Carboxylgruppe sind zueinander enantiotop. Auch die beiden Methylengruppen sind zueinander enantiotop. Die Wasserstoffe einer Methylengruppe sind diastereotop. Ersetzt man eines der H-Atome durch ein D, so wird nicht nur das direkt betroffene C-Atom chiral sondern auch das Nachbar C-Atom. Das pro-R H-Atom der Gruppe (a) ist hingegen zum pro-S H-Atom in (b) enantiotop. D.h. zu jedem H einer Methylengruppe gibt es eines an der anderen Methylengruppe das dazu enantiotop ist.

Formel 23 : Konstitutope Carbonsäure

Enantiotope Seiten erkennt man erneut durch Anwendung des Additionskriteriums. Setzt man an beide Seiten einen „Dummy“-Liganden und sind dann die beiden Produkte Enantiomere, so sind die beiden Seiten enantiotop. Beispiel für Enantiotope Seiten sind unten gezeigt. Enantiotope Seiten sind also pro-chiral.

Formel 24 : Anwendung des Additionskriteriums

Symmetriekriterium: Enantiotope Gruppe lassen sich durch eine Drehspiegeloperation (Sn) ineinander überführen. Die einfachste Drehspiegeloperation ist hierbei die S1-Operation also die Spiegelung. Durch Spiegelung werden enantiotope Gruppen ineinander überführt.

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Stereochemie organischer Verbindungen

Formel 25 : Drehspiegeloperation

Alle gleichartigen Gruppen oder Seiten die weder homotop noch enantiotop sind, sind diastereotop!

Diastereotope Seiten und Gruppen

Diastereotope Seiten und Gruppen sind spektroskopisch verschieden, diese lassen sich mit einfachen achiralen Reagenzien differenzieren. Im NMR Spektrum liefern diastereotope Gruppen immer Signale bei unterschiedlichen chemischen Verschiebungen. Die Signale können nur zufällig isochron sein.

Enantiotope Seiten und Gruppen lassen sich in einem achiralen Medium oder mit achiralen Reagenzien nicht unterschieden. Sie ergeben im NMR in einer achiralen Umgebung immer isochrone Signale. In einer chiralen Umgebung oder durch ein chirales Reagenz werden enantiotope Gruppen und Seiten aber differenziert. NMR in chiralen Medien ergibt daher eine Signalaufspaltung.

NMR-spektroskopische Symmetrieanalyse● Homotope Gruppen sind durch eine Cn-Achse ineinander überführbar.

● Enantiotope Gruppen sind deckungsgleich mittels einer Drehspiegelung.

● Diastereotope Gruppen sind durch keine Symmetrieoperationen zur Deckung zu bringen.

Im NMR erscheinen die Gruppen wie folgt:

● Homotope Gruppen sind immer isochron.

● Enantiotope Gruppen sind in achiraler Umgebung isochron, in chiraler Umgebung höchstens zufällig isochron.

● Diastereotope Gruppen sind höchstens zufällig isochron.

Dimethylsulfit ergibt in einem achiralen Medium ein Signal für die beiden Methylgruppen. In Gegenwart des chiralen Shiftreagenzes spaltet das Signal auf und man erhält für jede der enantiotopen Methylgruppen je ein Signal.

Abbildung 86 : Aufspaltung im NMR in Gegenwart eines chiralen Shiftreagenzes

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Stereochemie organischer Verbindungen

Nomenklatur enantiotoper SeitenDie einfachen Begriffe oben und unten reichen zur Benennung der Seiten eines Moleküls nicht aus, da sie nicht

eindeutig ist. Zur Benennung von enantiotopen Seiten legt man das Molekül in eine Ebene und bezeichnet die Substituënten nach der Sequenzregel (CIP-Nomenklatur). Das ist unten rechts am Beispiel des Acetophenons gezeigt. Man dreht nun den Substituënten höchster Priorität a über den zweithöchster Priorität b nach c. Muss man rechts herum drehen so ist die Seite mit Re zu benennen. Muss man links herum drehen so ist die Seitenbezeichnung Si.

Abbildung 87 : Nomenklatur enantiotoper Seiten 1

Das Beispiel links ist komplizierter. Höchste Priorität hat der O-Ligand. Das Zentrum 1 ist R-konfiguriert. Das Zentrum 2 ist S-konfiguriert. Da R vor S in der Sequenzregel definiert ist ergibt sich für Zentrum 1 die Priorität b. Zentrum 2 erhält die niedrigste Priorität. Damit ist die Oberseite mit si und die Unterseite mit re zu benennen. In diesem Fall wird der Descriptor kleingeschrieben, da zwei der drei Reste am Zentrum zueinander enantiomorph sind. Die heterotopen Seiten eines trigonal planaren Prochiralitätszentrums bezeichnet man also mit den Deskriptoren Re und Si. Die Seiten an trigonalen Zentren, die durch 2 enantiomorphe Reste gekennzeichnet sind werden mit re und si gekennzeichnet. Unten ist noch ein Beispiel gezeigt.

Abbildung 88 : Nomenklatur enantiotoper Seiten 2

Unten findet sich ein Beispiel an dem die Seitenbenennung und die Prochiralität verdeutlicht werden soll. Das Molekül verfügt über ein Prochiralitätszentrum. Zur Bestimmung der Prochiralität geht man so vor, dass man die fragliche Gruppe durch einen „Dummy“-Liganden ersetzt, der der anderen Gruppe in der Priorität vorangeht!

Gleichzeitig sind im Molekül Carbonylgruppen, die jeweils Re und Si Seiten haben, wenn man von oben auf die Carbonylgruppe schaut.

Abbildung 89 : Nomenklatur enantiotoper Seiten 3

Enantioselektive Reaktionen an prochiralen Seiten und Gruppen

AllgemeinesChirale Verbindungen werden prinzipiell aus prochiralen Strukturen gebildet. So kann man z.B. ein chirales Zentrum

durch einen selektiven Angriff auf eine prochiralen Carbonylgruppe erzeugen. Grundsätzlich gilt, dass bei allen Reaktionen die energetische Lage der jeweiligen Übergangszustände (ÜZ) die entscheidende Rolle spielt. Reaktionen laufen immer bevorzugt über den energieärmsten ÜZ ab. Hohe Stereoselektivität bedeutet also, dass die gewünschte Reaktion über den energieärmsten ÜZ ablaufen muss. Man unterscheidet:

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Stereochemie organischer Verbindungen

Diastereotope Seiten sind immer unterscheidbar bezüglich ihrer Reaktionsgeschwindigkeit. Ein Reagenz, auch ein achirales greift immer mit unterschiedlicher Geschwindigkeit die beiden Seiten bei einer Reaktion an.

Enantiotope Seiten können von einem achiralen Reagenz nicht unterschieden werden. Der Angriff erfolgt von beiden Seiten über energetisch gleiche ÜZ und damit mit gleicher Geschwindigkeit. Von einem chiralen Reagenz hingegen, werden die Seiten unterschieden. Nun ist die energetische Lage der ÜZ nicht mehr gleich. Der Angriff erfolgt mit unterschiedlicher Geschwindigkeit.

Homotope Seiten werden immer mit gleicher Geschwindigkeit angegriffen. Eine Unterscheidung ist nicht möglich und nicht sinnvoll, da nach dem Angriff von der jeweiligen Seite ja identische Moleküle entstehen.

Man spricht also nur von enantiomorphen und von diastereomorphen ÜZ.

Eine gelungene Synthese sollte einen Unterschied von ΔG > 2,5 kcal/mol für den Angriff des Reagenz aus einem der beiden Halbräumen aufweisen. Nur dann wird die chirale Information möglichst vollständig übertragen.

Reaktionen, die nur ein Produkt ergeben, sind selektiv:

- chemoselektiv (Es findet nur eine Transformation statt, z.B. die Reduktion einer Carbonylgruppe)

- regioselektiv (Die Reaktion führt nur zu einem Konstitutionsisomer. Es wird z.B. nur eine von drei OH-Gruppen methyliert)

- stereoselektiv (Es bildet sich nur ein Stereoisomer; diastereoselektiv = cis-trans, enantioselektiv = R zu S)

Ziel der stereoselektiven Synthese ist es eine hohe Dia- oder Enantioselektivität zu erreichen.

Eine Reaktion ist stereospezifisch, wenn aus einem Edukt mit einer chiralen Information ein definiertes Produkt gebildet wird. Edukt (E) liefert Produkt (P) und ein Diastereoisomer von E liefert ein Diastereoisomer von P.

Formel 26 : Stereoselektive Synthese

Eine Reaktion ist stereokonvergent wenn sowohl das Edukt als auch ein Diastereomer des Eduktes jeweils das gleiche Produkt ergeben.

Formel 27 : Stereokonvergente Reaktion

Das Curtin-Hammett PrinzipBei stereogenen Reaktionen, bei denen ein Substrat in zwei Diastereomere, oder mit Hilfe eines chiralen Reagenzes in

zwei Enantiomere umgewandelt wird, läuft die bevorzugte Reaktion über den energieärmsten ÜZ ab. Substratkonformationen spielen nur eine untergeordnete Rolle!

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Stereochemie organischer Verbindungen

Abbildung 90 : Das Curtin-Hammett Prinzip

Das obige Energieschema zeigt die zwei Übergangszustände einer stereogenen Addition eines H-Nucleophils an eine α-chirale Carbonylverbindung. Diese Reaktion ergibt prinzipiell zwei diastereoisomere Produkte. Es entsteht bevorzugt das rechte Produkt, auch Cram-Produkt genannte, weil dessen Entstehung über den energieärmeren ÜZ und damit wesentlich schneller erfolgt. Ein ganz ähnliches Bild erhält man wenn eine prochirale Carbonylgruppe mit einem chiralen Hydriddonor umgesetzt wird. Das chirale Reagenz unterscheidet die enantiotopen Seiten. Der Angriff aus einem der beiden Halbräume ist immer günstiger, das entsprechende Enantiomer wird bevorzugt, weil schneller, gebildet.

Enantioselektive Additionen an prochirale Carbonylgruppen

Enantioselektive C-C Bindungsknüpfungen

Eine prochirale Carbonylgruppe hat zwei unterschiedliche Reste. Die Reaktion aus einem der beiden Halbräume ergeben jeweils ein Enantiomer. Ziel einer enantioselektiven Synthese ist es mit einem chiralen Reagenz den Angriff aus einem der beiden Halbräume sehr viel günstiger zu gestalten.

Formel 28 : Prochirale Carbonylgruppe

Mit einem chiralen Reagenz laufen die Reaktionen aus den beiden Halbräumen prinzipiell mit unterschiedlicher Geschwindigkeit ab. Die Halbräume sind im Übergangszustand, wenn das chirale Reagenz eine Bindungsbildung mit der Carbonylgruppe eingeht diastereomorph. Das ΔG# bestimmt die Höhe der Enantioselektivität.

Formel 29 : Metallorganische Addition an eine Carbonylgruppe

Polare Additionen an eine Carbonylgruppe mit einer Organometallverbindung können enantioselektiv gestaltet werden, wenn die Liganden am Metallzentrum chiral sind. Ein solcher chiraler Ligand ist z.B. das TADDOL. Alternativ kann auch eine Organometallverbindung eingesetzt werden, die die chirale Information in der Alkylgruppe selber beinhaltet. Im ersteren Fall spricht man von Additiv-Kontrolle. Im zweiten Fall von Substratkontrolle.

Formel 30 : TADDOL

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In jedem Fall muss das chirale Reagenz die Reste R1 und R2, also die beiden Halbräume, effizient unterscheiden können. Es muss die Prochiralität lesen können. Verwendet man einen chiralen Hilfsstoff, z.B. einen chiralen Liganden so ist wichtig, dass das chiral komplexierte Reagenz wesentlich schneller reagieren als das unkomplexierte Reagenz. Wir brauchen also möglichst auch eine Ligandenbeschleunigung der Reaktion.

Ein gutes, aber praktisch irrelevantes Beispiel für eine enantioselektive Addition einer Organolithiumverbindung an eine Carbonylgruppe, ist die Addition von Butyl-Lithium in Anwesenheit der chiralen Bisamine 1 und 2.

Formel 31 : Addition von Butyl-Lithium in Anwesenheit der chiralen Bisamine 1 und 2

Mit Hilfe dieser Methode konnten auch Lithium-Acetylenide enantioselektiv an prochirale Carbonylgruppe addiert werden.

Formel 32 : Addition von Lithium-Acetyliden an prochirale Carbonylgrupe

R Ethyl i-Butyl Pentyl Octyl

% ee 68 65 76 80

Auch Grignard Reagenziën können enantioselektiv an prochirale Carbonylgruppe addiert werden.

Formel 33 : Enantioselektive Addition eines Grignard Reagenz an Prochirale Carbonylgruppe

Mit R1 = Ph, R2 = Me, R3 = Et, Pr, Bu, Allyl, ee > 98 %

Grosse Aufmerksamkeit erhielt auch die Addition von Organo-Zink Verbindungen an prochirale Carbonylgruppen. Testreaktion ist häufig die Addition von Et2Zn und Benzaldehyd.

Formel 34 : Addition von Organo-Zink Verbindungen an prochirale Carbonylgruppen

R1 Methyl i-Propyl Cyclohexyl Phenyl

R2 Hexyl Methyl Butyl Methyl

% ee 70 90 90 94

Populär geworden ist die Verwendung von N,N-Dialkylnorephedrin Derivaten als chirale Hilfsstoffe. So gelang Soai die Addition von Diethylzink an Carbonylgruppen mit bemerkenswerten Enantiomerenüberschüssen.

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Formel 35 : Addition von Diethylzink an Carbonylgruppen

R1 i-Butyl Hexyl Cyclohexyl Phenyl

R2 Ethyl Methyl Ethyl Ethyl

% ee 87 90 93 90

Weitere chirale Hilfsstoffe, die die Addition von Diethylzink an prochirale Carbonylgruppen enantioselektiv gestalten können sind Prolin-Derivate, Campher-Derivate und Ferrocen-Liganden:

Formel 36 : Chirale Hilfsstoffe zur Addition von Diethylzink an prochirale Carbonylgruppen

Chirale Verstärkung

Definition:

Wenn das Produkt einen höheren ee-Wert besitzt als der eingesetzte chirale Hilfsstoff, spricht man von chiraler Verstärkung.

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Formel 37 : Chirale Verstärkung

Es bildet sich zunächst ein zweikerniger dimerer Komplex. Von den drei möglichen Komplexen (Diastereomeren) ist der Komplex C am stabilsten, d.h. er wird bevorzugt gebildet. Hierdurch werden beide Enantiomere von A zu gleichen Teilen aufgebraucht. Zum Schluss ist dann nur noch enantiomerenreiner Hilfsstoff (-)-A übrig. Dieser bildet den weniger stabilen Komplex B, der teilweise zum Monomer D dissoziiert. D stellt den wirksamen Katalysator der Additionsreaktion dar.

Zn koordiniert als Lewis-Säure an den Carbonylsauerstoff. Ein zweites ZnEt2 bindet an das O des Hilfsstoffes und erhöht damit die Elektrophilie des ersten Zn Atoms, dadurch steigt auch die Elektrophilie des Benzaldehyds und die Ethylgruppe kann leichter übertragen werden.

Die beschriebenen Methoden erlauben es organische Verbindungen enantioselektiv herzustellen, wie das untere Beispiel zeigt.

Formel 38 : Herstellung enantioselektiver organischer Verbindungen

Die enantioselektive Addition von Acetyliden an prochirale Carbonylgruppe wird derzeit intensiv untersucht. Man addiert die entsprechenden Zn-Acetylenide an Carbonylgruppe und erzielt mit einem chiralen Hilfsstoff sehr gute Erfolge. Synthetisch zugänglich werden chirale Propargylalkohole, die wertvoll Synthesebausteine in Naturstoffsynthesen sind. Die Bedingungen sind mild und sowohl das Metall als auch der chirale Hilfsstoff werden nur in katalytischen Mengen benötigt.

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Formel 39 : Enantioselektive Addition von Acetyliden an prochirale Carbonylgruppen

Tabelle 6 : Enantioselektive Addition von Acetyliden an prochirale Carbonylgruppen

Interessant ist auch die Addition von CN- an eine Carbonylgruppe. Hier hilft uns eine metallorganische Verbindung nicht weiter. Das Nukleophil muss trotzdem chiral modifiziert werden. Das gelingt erneut mit TADDOL als Liganden und TiCl2(OiPr)2. Es bildet sich ein gemischtes Titanat-Reagenz, welches wohl das CN- als übertragbaren, d.h. locker gebundenen Liganden enthält.

Formel 40 : Addition von CN- an eine Carbonylgruppe

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Auch inhärent chirale Nukleophile addieren enantioselektiv an prochirale Carbonylgruppen. Dann entstehen allerdings zunächst Diastereoisomere. Wird das im Nukleophil befindliche chirale Zentrum nachfolgend aufgelöst so erhält man über alles eine enantioselektive Reaktion. Ein Beispiel hierfür ist die diastereoselektive Addition chiraler Sulfoxide an Carbonylgruppen.

Formel 41 : Beispiel 1 für diastereoselektive Addition chiraler Sulfoxide an Carbonylgruppen

R Methyl Ethyl Butyl i-Butyl

% ee 100 100 100 52

Formel 42 : Beispiel 2 für diastereoselektive Addition chiraler Sulfoxide an Carbonylgruppen

R1 H H Methyl CF3

R2 Phenyl Heptyl Phenyl Phenyl

% ee 91 86 68 20

Eine Variante dieser Reaktion, nämlich die asymmetrische konjugierte Addition wurde zur Synthese von (-)-Podorhizon verwendet.

Formel 43 : Synthese von (-)-Podorhizon

Präparativ interessant werden auch Methoden zur Erzeugung von chiralen Epoxiden aus Carbonylverbindungen. Sulfoniumylide reagieren mit Carbonylverbindungen zu Epoxiden.

Formel 44 : Erzeugung von chiralen Epoxiden

Diese Reaktion kann durch Verwendung chiraler Sulfoniumylide enantioselektiv gestaltet werden.

Formel 45 : Enantioselektive Erzeugung von chiralen Epoxiden unter Verwendung chiraler Sulfoniumylide

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Tabelle 7 : Enantioselektive Erzeugung von chiralen Epoxiden unter Verwendung chiraler Sulfoniumylide

Die Reaktionsprodukte sind die durch thermodynamische Kontrolle gebildeten trans-Epoxide. Hieraus und aus der Tatsache, dass die äquatoriale Methylgruppe den Angriff von der Si-Seite her blockiert, bestimmt die Enantioselektivität. Heute ist es möglich die Reaktion katalytisch zu fahren. Der Aldehyd wird zusammen mit 0,2 eq des chiralen Reagenzes, 0,05 eq Cu-Acetat und 1,2 eq Phenyldiazomethan umgesetzt.

Ebenso können auch chirale Allen-Bor-Verbindungen an prochirale Carbonylgruppen addiert werden.

Formel 46 : Addition chhiraler Allen-Bor-Verbindungen an prochirale Carbonylgruppen 1

Weitere Syntheseanwendungen:

Formel 47 : Addition chhiraler Allen-Bor-Verbindungen an prochirale Carbonylgruppen 2

Enantioselektive Reduktionen von prochiralen Carbonylgruppen

Das Reagenz BINAL-H

Diesem Reagenz liegt die Idee zugrunde Lithium-Aluminiumhydrid chiral zu gestalten. Hierbei wurde viel ausprobiert. Als besonders selektiv hat sich heute das Reagenz BINAL-H (entdeckt von Noyori) fest in der Syntheseplanung etabliert. Der chirale Teil des Reagenzes ist das BINOL. Ein weiter Ligand ist Methoxy- oder Ethoxy-. In der Regel werden hohe Selektivitäten nur bei geringen Temperaturen erreicht. Hohe Selektivitäten erzielt man mit Aryl-Alkyl-Ketonen, Alkinyl-Alkyl-Ketonen und Vinyl-Alkyl-Ketonen. Einfache Dialkylketone geben sehr schlechte Selektivitäten

Formel 48 : Enantioselektive Reduktionen von prochiralen Carbonylgruppen

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Stereochemie organischer Verbindungen

Formel 49 : Al-BINOL-Komplex

Warum nur Ketone mit einem ungesättigten Rest hochselektiv reduziert werden kann nicht erklärt werden.

2,5-Dimethylborolan

Dieses in situ herstellbare Reagenz ist gut geeignet für die enantioselektive Reduktion von Dialkylketonen.

Formel 50 : Enantioselektive Reduktion von Dialkylketonen

Enantioselektive Carbonylreduktionen durch β-Hydridtransfer von einem Kohlenstoff

Die beiden oben diskutierten Reagenzien übertragen jeweils ein am Heteroatom gebundenes Hydrid auf das Substrat. Auch C-Atome können ein Hydrid übertragen, wenn sie durch ein Metallatom, das sich zwei Bindungen entfernt befindet, aktiviert werden. Das Prinzip wird bei der Meerwein-Pondorf-Verley Reduktion ausgenutzt.

Formel 51 : Meerwein-Pondorf-Verley Reduktion

Ganz ähnlich funktioniert auch das Reagenz Alpine Boran®. Es handelt sich um ein Reagenz dem die Funktionseinheit H-Cβ-CαMLn zugrunde liegt. Mechanistisch ähnelt das Reagenz dem Chloroboran von Brown.

- Lewis-Säure Eigenschaften führen zur Koordination an die C=O-Gruppe und damit zu deren Aktivierung

- Übertragung des β–H`s

- Die bevorzugte Anordnung ergibt sich aus einer möglichst geringen 1,3-diaxialen Wechselwirkung

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Formel 52 : Enantioselektive Carbonylreduktionen durch β-Hydridtransfer von einem Kohlenstoff

Alpine Boran oder (-)-IPC-BBN bzw. (+)-IPC-BBN (IPC = Diisopinocampheyl) wird aus Cyclooctadiën und α-Pinen mit Boran hergestellt. Das von Midland eingeführte Reagenz reduziert unter milden Bedingungen Carbonylverbindungen zu den entsprechenden Alkoholen. Es reduziert aliphatische, allylische und aromatische Aldehyde und α,β-acetylenische Ketone. Andere Ketone reagieren zu langsam. Das Reagenz zersetzt sich dann während der Reaktion. Das reine Reagenz (ohne Lösungsmittel) ist stabiler. Es kann z.B. eingesetzt werden zur Reduktion einiger Ketone (siehe Tabelle).

Tabelle 8 : Reduktion von Carbonalverbindungen mit (+)-B-(3a-Pinanyl)-9-borabi-cyclo[3.3.1]boran bei RT in THF oder unverdünnt

Setzt man [(-)-IPC]2BH mit HCl-Gas um, so erhält man ein weiteres Reduktionsreagenz das Brown Chlorboran [(-)-IPC]2BCl. Dieses Reagenz gibt gute Enantioselektivitäten außer mit sterisch wenig gehinderten Dialkylketonen. Die Tab.8 gibt erneut einen Überblick über die Reduktionen und die Enantioselektivitäten die erreicht werden können. Durch das am Bor koordinierte Chloratom, wird die Lewis-Acididät des Bor stark erhöht. Das Reagenz wird dadurch reaktiver. Chloroboran ist also die stärkere Lewis-Säure. Die B-O-Bindung ist hier fester und dadurch kürzer, dadurch sind die 1,3-diaxialen Wechselwirkungen ebenfalls stärker und das Reagenz in Konsequenz etwas stärker diskriminierend und dadurch selektiver.

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Stereochemie organischer Verbindungen

Formel 53 : Reduktion mit Chlorboran [(-)-IPC]2BCl

Tabelle 9 : Reduktion von Ketonen mit (-)-Diisopinocamphyl-chlorboran in THF bei -25 °C

Beide Reagenzien leben vom α-Pinen, welches die stereochemische Information in die Reaktion hineinbringt. Zum Vergleich unten α- und β-Pinen.

Formel 54 : Struktur der Pinene

Die enantioselektive CBS Reduktion von Carbonylgruppen

Die Abkürzung CBS steht für die Entdecker dieser sehr wichtigen Methode, die heute vielfach in der Naturstoffchemie eingesetzt wird. CBS steht für eine Corey-Bakchi-Shibata. Das besondere ist, das ein achirales, billiges, Reduktionsmittel (BH3) eingesetzt wird. Die chirale Information wird durch ein in wenigen Mol-% zugesetzten teuren chiralen Katalysators in die Reaktion eingebracht. Dieser Katalysator beschleunigt die Reaktion. Das freie BH3 tritt daher bei der Reaktion nicht in Konkurrenz zu dem Komplex.

Formel 55 : Die enantioselektive CBS Reduktion von Carbonylgruppen

Im Komplex wird das C=O und auch das Reduktionsmittel BH3 aktiviert

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Stereochemie organischer Verbindungen

Es war Itsuno der erstmalig beobachtete das BH3 in Gegenwart chiraler Aminoalkohole eine enantioselektive Reduktion von Carbonylgruppen ermöglichte.

Formel 56 : Enantioselektive Reduktion von Carbonylgruppen durch BH3

Aus dieser Beobachtung heraus wurde der heute gebräuchliche CBS-Katalysator entwickelt. Die untenstehende Tabelle gibt einen kleinen Einblick in die Art der Carbonylverbindung die reduziert werden können und zeigt die erreichten ee-Werte.

Über den Mechanismus dieser Reaktion gibt es recht detaillierte Vorstellungen, die unten zusammengefasst sind. Zunächst bindet das Boran an den chiralen Hilfsstoff, wodurch das im Ring befindliche Bor-Atom wesentlich stärker elektrophil wird. Im nächsten Schritt bindet die Carbonylverbindung an das lewissaure Bor-Zentrum. In der chiralen Umgebung ist die unten gezeigte Orientierung der Reste an der Carbonylgruppe im Komplex stark bevorzugt. Über einen 6-gliederigen Übergangszustand erfolgt die Übertragung des Hydrids. Anschließend zerfällt der Komplex und eines weiteres Substratmolekül kann gebunden werden. Am Ende werden die Bor-Komplexe hydrolysiert.

Formel 57 : Mechanismus der CBS Reduktion

Reduktionen von Carbonylgruppen mit Siliziumreagenziën

Carbonylgruppen können enantioselektiv auch mit Diarylsilanen reduziert werden. Die Methode funktioniert sehr gut bei Aryl-Alkyl-Ketonen und ist wie immer schlechter bei Dialkylketonen.

Formel 58 : Reduktionen von Carbonylgruppen mit Siliziumreagenziën

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Transferhydrierungen

Eine milde Methode zur Reduktion von Carbonylgruppe ist die Meerwein-Ponndorf-Verley Reduktion. Man führt die Reduktion von Carbonylverbindungen mit Aluminiumalkoholaten durch. Diese Reaktion ist eine Gleichgewichtsreaktion. Die Umkehrung der Reaktion nennt man Oppenauer Oxidation. Der Mechanismus der Reduktion ist unten gezeigt. Entscheidend ist, dass das Aluminiumalkoholat im Überschuss eingesetzt wird und die Carbonylverbindung die gebildet wird abdestilliert wird. Man verwendet deshalb gerne Aluminium-Isopropionylat, welches zu Aceton reagiert, dass dann abdestilliert werden kann.

Formel 59 : Meerwein-Ponndorf-Verley Reduktion

Der Vorteil in der Verwendung von Aluminiumalkoholaten besteht in der Löslichkeit in organischen Lösungsmitteln. Des weiteren kommt es aufgrund der geringen Basizität der Aluminiumderivate nicht zu einer Enolatbildung.

Diese Reduktion mit Kryptobasen kann auch asymmetrisch gestaltet werden, wenn ein chiraler Katalysator verwendet wird. Ein guter asymmetrischer Katalysator ist unten gezeigt:

Formel 60 : Asymmetrischer, chiraler Katalysator

Mit diesem Katalysator und entweder Isopropanol oder Ameisensäure als Hydriddonor gelingt eine enantioselektive Reduktion von prochiralen Carbonylgruppen. Diese Reaktion nennt man eine enantioselektive Transferhydrierung.

Formel 61 : Enantioselektive Reduktion von prochiralen Carbonylgruppen

Ganz allgemein gilt für die Reduktion von Carbonylgruppen und Iminen:

Formel 62 : Reduktion von Carbonylgruppen und Iminen

Transferhydrierungen können, wie oben gezeigt eben auch auf Imine angewendet werden. In diesem Fall werden chirale Amine zugänglich.

Formel 63 : Synthese chiraler Amine

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Diese Reaktion kann auch zur kinetischen Razematspaltung verwendet werden. Hierbei wir ein Razemat in einem enantioselektiven Prozess z.B. mit einem chiralen Katalysator umgesetzt. Eines der Enantiomeren reagiert bevorzugt, d.h. mit größerer Reaktionsgeschwindigkeit ab. Im unteren Beispiel wird die Oppenauer Oxidation zur Razematspaltung eingesetzt.

Formel 64 : Oppenauer Oxidation zur Razematspaltung

Neuere Entwicklungen

Die direkte Hydrierung von Carbonylgruppen mit Wasserstoff und einem heterogenen Katalysator wie Pt/Al2O3 kann enantioselektiv gestaltet werden, wenn die Oberfläche des Katalysators mit chiralen Modifizierungsreagenziën belegt wird. Die hier erreichbaren ee-Werte sind allerdings derzeit noch sehr variabel.

Formel 65 : Direkte Hydrierung von Carbonylgruppen mit Wasserstoff

Hefe ist ein Organismus der sich hervorragend einsetzen lässt zur Reduktion von β-Ketoestern. Die erzielbaren ee-Werte als auch die Konfiguration der chiralen Alkohole hängen allerdings stark von den Resten ab.

Formel 66 : Reduktion von β-Ketoestern mittels Hefe 1

Ein weiteres Beispiel:

Formel 67 : Reduktion von β-Ketoestern mittels Hefe 2

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Stereochemie organischer Verbindungen

Weitere Beispiele für die Anwendung von Mikroorganismen zur enantioselektiven Reduktion von prochiralen Carbonylgruppen:

Formel 68 : Anwendung von Mikroorganismen zur enantioselektiven Reduktion von prochiralen Carbonylgruppen

Ein Beispiel für eine Synthese in der eine biochemische Reduktion eingesetzt wurde:

Formel 69 : Beispiel für eine biochemische Reduktion

Derzeit wird auch versucht phasentransferkatalysierte Reaktionen mit chiralen Phasentransferkatalysatoren enantioselektiv zu gestalten. K. Manioka konnte zeigen, dass geschützte Glycin-Derivate sowohl enantioselektiv alkyliert werden können, was zu α-Aminosäuren führt, als auch in einer Aldolreaktion eingesetzt werden können. Diese Reaktion liefert mäßige Diastereoselektivitäten aber wieder beachtliche Enantioselektivitäten.

Formel 70 : Phasentransferkatalysierte Reaktionen mit chiralen Phasentransferkatalysatoren

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Stereochemie organischer Verbindungen

Enantioselektive Allylierungen und Crotonylierungen

Eine in der Naturstoffchemie wichtige enantioselektive Reaktion ist die Allylierung von Carbonylgruppen. Hierbei werden chirale Allylbor- oder Allysilan-Verbindungen mit prochiralen Carbonylgruppen umgesetzt. Die Reaktion verläuft nach dem unten gezeigten Schema. Die erste asymmetrische Allylborierung wurde von R. W. Hoffmann in Marburg beschrieben. Hierzu wurde das untenstehende Campherboronsäurereagenz eingesetzt.

Formel 71 : Allylierung von Carbonylgruppen

Als chirale Allylborverbindung wird z.B. das B-Allyldiisopinocampheylboran (Ipc)2BAll eingesetzt. Es entstehen chirale homo-Allylalkohole. Ein Beispiel:

Formel 72 : Synthese chiraler homo-Allylalkohole 1

Ein weiteres Beispiel:

Formel 73 : Synthese chiraler homo-Allylalkohole 2

Asymmetrische Allylierungen können auch an Dialdehyden durchgeführt werden:

Formel 74 : Asymmetrische Allylierung

Interessant sind enantioselektive Allenylierungen. Sie ermögliche die asymmetrische Synthese von vicinalen anti-Diolen:

Formel 75 : Prinzip der asymmetrischen Synthese von vicinalen anti-Diolen

Anwendung dieser Reaktion

Formel 76 : Anwendung der Allyborierung in aktuellen Naturstoffsynthesen

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Stereochemie organischer Verbindungen

Formel 77 : Synthese eines Fragmentes von Nystatin A1

Formel 78 : Syntheses eines Fragmentes von Epothilion A

Formel 79 : Synthese von Argentilacton mit > 99% ee

Von R. W. Hoffmann stammen auch mit die ersten Crotonylierungen. Hierzu müssen zunächst selektiv die E oder Z Crotylboronate hergestellt werden. Die Synthese reiner E oder Z Crotylkaliumverbindungen gelingt nach Schlosser und Fujita sowie Brown und Bhat.

Formel 80 : Synthese reiner E oder Z Crotylkaliumverbindungen (nach Schlosser, Fujita, Brown, Bhat )

Die stereochemische Information der Doppelbindungskonfiguration wird während der Reaktion mit einem Aldehyd übertragen, wenn die Reaktionstemperatur niedrig genug gehalten wird (< -45°C) Bei höherer Temperatur gibt es E/Z-Gemische des Reagenzes (Scrambling). Interessant ist, das auch chirale Aldehyde in die Reaktion eingesetzt werden können. Die Reagenzkontrolle ist stärker als die Substratkontrolle. Die chirale Information im Aldehyd wird überschrieben!

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Stereochemie organischer Verbindungen

Formel 81 : Crotylboration von α-substituierten chiralen Aldehyden

Anwendung der Crotylborierung ermöglichte die Totalsynthese von Tetronasin:

Formel 82 : Totalsynthese von Tetronasin

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Enantioselektive Reaktionen an prochiralen Doppelbindungen

Enantioselektive HydroborierungenEine der leistungsfähigsten Methoden zur Erzeugung chiraler sekundärer Alkohole ist heute die enantioselektive

Hydroborierung mit nachfolgender Oxidation. Die Hydroborierung läuft in der Regel als reine syn-Addition an die Doppelbindung mit hoher Regiospezifität für das sterisch weniger gehinderte C-Atom. Die Regioselektivitäten sind hierbei bis zu 80-100%, die syn:anti-Selektivitäten etwa 87:13 bis 97:3.

Eines der gebräuchlichsten Reagenziën ist das Diisopinocampheylboran (Ipc)2BH. Es reagiert sehr gut mit ungehinderten Z-Olefinen. Die E-Olefine reagieren langsamer und geben schlechtere Selektivitäten. Trisubstituierte Olefine reagieren auch mit schlechten Selektivitäten.

Formel 83 : Enantioselektive Hydroborierungen

Das Monoisopinocampheylboran ist wesentlich reaktiver und natürlich daher auch schlechter zu handhaben. Es zeigt auch moderate Selektivitäten bei E-Olefinen. Mit tribubstituierten Olefinen ergeben sich aus den E-Olefinen die syn-Produkte und aus den Z-Olefinen die anti-Produkte.

Abbildung 91 : Ausbeuten mit Monoisopinocampheylboran

In dem vorliegenden Beispiel ist das Edukt erneut eine prochirale Substanz, die zwei enantiotope Halbräume besitzt. Damit existieren, wenn ein chirales Reagenz angreift zwei diastereomorphe ÜZ. Die Reaktion über den energetisch niedrigsten ÜZ ist wieder die schnellere.

Ein gutes Hydroborierungsreagenz ist das S,S-2,5-Dimethylborolan.

Formel 84 : Hydroborierung mit S,S-2,5-Dimethylborolan

Hier liegt im Fall der Hydroborierung erneut eine starke Reagenzkontrolle der Stereoselektivität vor.

Diese Hydroborierungen können auch katalytisch gestaltet werden. Als Hydroborierungsreagenz setzt man dann meistens Catecholboran ein. Katalysiert wird mit Rh-Diphosphin Komplexen, wie z.B. mit BINAP. Die erreichten ee-Werte liegen bei um die 95% ee.

Formel 85 : Hydroborierung mit DINAP

Enantioselektive HydrosilylierungenHydrosilylierungen können wie Hydroborierungen zur Synthese chiraler Alkohole verwendet werden. Die Methode ist

jedoch längst nicht so gut ausgearbeitet. Als Katalysatoren für Hydrosilylierungen fungieren Rh-, Pt- und Pd-Katalysatoren. Grundsätzlich verlaufen Hydrosilylierungen wie in den unteren Beispielen, in denen diastereoselektiv hydrosilyliert wird.

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Stereochemie organischer Verbindungen

Formel 86 : Prinzip der Hydrosylisierung

Für eine enantioselektive Reaktionsführung müssen erneut chirale Katalysatoren eingesetzt werden.

Formel 87 : Enantioselektive Reaktionsführung durch chirale Katalysatoren

Interessant die kürzlich ausgearbeiteten intramolekularen Möglichkeiten dieser Reaktion:

Formel 88 : Intramolekulare Möglichkeiten der Hydrosylisierung

Die Regioselektivität bei der Addition von Trichlorsilan an eine Doppelbindung ist (verzweigt  : linear) zwischen 80:20 und 93:7. Bei 1-Aryl-1-alkenen kann die Regioselektivität auch 99:1 betragen. Die Enantioselektivitäten beragen etwa 71-85 % ee.

Formel 89 : Prinzip der Regioselektivität bei der Addition von Trichlorsilan an eine Doppelbindung

Eine interessante Anwendung der Reaktion:

Formel 90 : Anwendung der Reaktion nach Formel 89

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Enantioselektive HydrierungenDer 1966 von Wilkinson entwickelte Hydrierkatalysator [RhCl(PPh3)3] ermöglicht die homogene Hydrierung

aktivierter Doppelbindungen. Werden die PPh3-Gruppen durch chirale Gruppen ersetzt, so gelingt die enantioselektive homogene Hydrierung. Heute gibt es eine Vielzahl von chiralen Hydrierkatalysatoren mit denen aktivierte Doppelbindungen, Carbonylgruppen und auch Imin enantioselektiv hydriert werden können.

Eine schnelle Hydrierung gelingt vor allem von α-(Acylaminoacrylsäuren). Diese Verbindungen besitzen eine Acyl-geschützte Enamin-Substruktur, die für das Gelingen der Hydrierung von entscheidender Bedeutung ist. Die enantioselektive Hydrierung dieser Substanzen ermöglich die Synthese enantiomerenreiner α-Aminosäuren, was heute zu einer Standardmethode geworden ist. Auf dieser Methode beruht z.B. die erste industrielle asymmetrische Synthese von (S)-DOPA.

Formel 91 : Synthese enantiomerenreiner α-Aminosäuren

Die enantioselektive Hydrierung von derartigen Doppelbindungen gelingt unter Verwendung von Katalysatoren mit Bisphosphin-Liganden und Rh, Ru als Metall. Die chirale Information befindet sich hierbei nicht am Phosphor Atom. Beispiel: Der DIOP-Ligand.

Formel 92 : DIOP-Ligand

Allerdings ist mit dem obigen Katalysator das Substratspektrum der umsetzbaren Substanzen sehr eng. So sind lediglich die erwähnten Substanzen und Zimtsäure-Derivate problemlos umsetzbar. Das untenstehende Beispiel verdeutlicht die Regioselektivitäten.

Formel 93 : Regioselektivität mit DIOP-Ligand

Das untenstehende Beispiel erläutert die erreichbaren Selektivitäten mit den Rh-Katalysatoren.

R1 Phenyl CD3 Ethyl Methyl

R2 Methyl Methyl Methyl Ethyl

% ee 92 98 97 > 94

Formel 94 : Erreichbare Selektivitäten mit Rh-Katalysatoren

Für eine brauchbare Synthese braucht man einem Enantiomerenüberschuss von mindestens 80 % ee und eine anschließende Kristallisation um eine Steigerung auf > 98% ee zu erreichen. Das ist mit der Hydrierung in der Regel zu erfüllen. Die Katalysatoren selber sind sehr effizient. Man ereicht Substrat / Katalysator Verhältnisse von etwa 50.000.

Die Reaktionen lassen sich auch in überkritischem CO2 und in ionischen Flüssigkeiten durchführen. Die Katalysatoren lassen sich auch an festen Trägern, wie z.B. Polystyrolen, immobilisieren um eine Rückgewinnung zu ermöglichen.

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Stereochemie organischer Verbindungen

Die untenstehende Abbildung zeigt einige typische heute industriell angewendeten Katalysatoren.

Abbildung 92 : Industriell angewendete Katalysatoren zur enantioselektiven Hydrierung

Der immer noch erfolgreichste Katalysatortyp fußt auf dem BINAP-Liganden, der von Noyori entwickelt wurde. Die untenstehende Abbildung zeigt drei typische BINAP-basierende Katalysatoren und die Substrate, die mit Ihnen und Wasserstoff zu den entsprechenden chiralen Produkten umgesetzt wurden. Das im ursprünglichen Wilkinson Katalysator verwendetet Rh wurde durch Ru ersetzt. Diese Ru-Katalysatoren zählen heute zu den erfolgreichsten Katalysator-Systemen.

Abbildung 93 : Mäglichkeiten der Noyori-Katalysatoren

1995 wurde entdeckt, dass Ru-BINAP-Diamin Komplexe bevorzugt die Carbonylgruppe in α,β-ungesättigten Carbonylgruppen reduzieren, was eine Plethora neuer chiraler Bausteine für die Synthese zugänglich machte.

Verwendet man unterschiedliche Metalle, so kann es passieren, dass man die Konfiguration des Liganden ändern muss um zu dem einen, gewollten Enantiomeren zu gelangen. Die Acylaminogruppe ist hierbei für die Koordination an das Metallzentrum entscheidend.

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Stereochemie organischer Verbindungen

Formel 95 : Änderung der Ligandenkonfiguration bei unterschiedlichen Metallen im Katalysator

Die BINAP-Katalysatoren können allerdings Doppelbindungsisomerisierungen einleiten, wie das untenstehende Beispiel zeigt. So reagieren die Z-Substrate schnell und mit hoher Enantioselektivität. Die E-Olefine reagieren hingegen langsam und geben signifikante E/Z-Isomerisierung während der Reaktion.

Formel 96 : Einleitung von Doppelbindungsisomerisierungen durch BINAP-Katalysatoren

Ein Katalysator, der sowohl E als auch die Z-Enamide zuverlässig ohne Isomerisierung reduziert ist DuPhos (auch in alkoholischen Lösungsmittel). Hiermit reagieren auch die β,β-disubstituierten Substrate glatt zu den β-verzweigten α-Aminosäuren. Wie man oben sieht, lässt sich die Stereochemie am β-Zentrum durch die Konfiguration der Doppelbindung im Substrat kontrollieren.

Formel 97 : DuPhos-Ligand

Heute werden sehr viele Ruthenium-Katalysatoren verwendet. Vor allem werden diese Katalysatoren für die enantioselektive Keton Reduktion eingesetzt. Neue Katalysatoren verwenden auch Iridium!

Weniger aktivierte Doppelbindungen benötigen sehr viel drastischere Hydrierbedingungen.

Formel 98 : Drastische Hydrierbedingungen bei wenig aktivierten Doppelbindungen

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Stereochemie organischer Verbindungen

Einfache β,γ- oder α,β-ungesättigte Carbonsäuren sind ebenso wie Allylalkohole, homo-Allylalkohole oder nicht-aktivierte Doppelbindungen sehr schwierig zu reduzieren. Hier fehlen die für die Koordination an das Metall nötigen funktionelle Gruppen. Dieses kann erneut für regioselektive Hydrierungen ausgenutzt werden.

Formel 99 : Regioselektive Hydrierung bei nicht aktivierten Doppelbindungen

Noyori synthetisierte später Katalysatoren mit Ruthenium, welche für Reaktionen mit Carbonylgruppen sehr geeignet sind, z.B. Ru-BINAP Biscarboxylatkomplex:

Formel 100 : Ru-BINAP Biscarboxylatkomplex

Formel 101 : Reaktionen mit Carbonalgruppen

Auch Imine lassen sich enantioselektiv hydrieren. Man erhält chirale Amine.

R1 Phenyl CO3-Ethyl CO3-Ethyl C-Hexyll

R2 Methyl Methyl Phenyl Methyl

% ee 92 89 91 72

Formel 102 : Enantioselektive Hydrierung von Iminen

Allgemein haben die auf BINAP basierenden chiralen Katalysator bei der enantioselektiven Hydrierung von Doppelbindungen den Vorteil relativ großer Substratbreite. Dieser Katalysator kann zur Hydrierung von Allylalkoholen, α-(Acylamin)-Acrylsäuren oder der Carbonylgruppe eines β-Ketoesters verwendet werden.

Formel 103 : Ru-Binap-Ligand

Neuerdings werden auch Iridiumkatalysatoren für die enantioselektive Hydrierung vor allem von nicht-aktivierten Doppelbindungen entwickelt:

Formel 104 : Enantioselektive Hydrierung von nicht-aktivierten Doppelbindungen mit Iridiumkatalysatoren

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Stereochemie organischer Verbindungen

Weitere interessante Reaktionen an aktivierten Doppelbindungen

Michael Addition

Die Michael Reaktion ist von unschätzbarem Wert in der organischen Synthese. Besonders weil das zunächst entstehende Addukt ein Enolat ist, welches weiterreagieren kann. Ist der erste Schritt enantioselektiv kann auch der zweite diastereoselektiv verlaufen. So werden gleich zwei neue Chiralitätszentren kreiert. Heute wird die selektive 1,4-Addition so erklärt, dass Lithium oder Magnesium an den Sauerstoff des Michael-Akzeptors koordinieren. Cu aber bildete als sehr weiches Metall zunächst einen d,π*-Komplex mit dem π-System aus und überträgt dann das „Carbanion“ auf die 4-Position. Während Organokupfereagenziën in der Regel effizient eine Michael-Addition eingehen, sind Organozinkverbindungen hierzu auf Grund der geringeren Reaktivität nicht in der Lage. In Gegenwart kleiner Mengen an Cu oder Ni, sowie HMPA oder TMSCl findet aber eine Reaktion statt. Angenehm ist, dass diese Zn-Verbindungen entweder aus Alkenen nach Hydroborierung und Bor-Zn-Austausch oder aus den Grignard-Verbindungen leicht zugänglich gemacht werden können.

Ein gut funktionierender Katalysator, der exzellente enantioselektive Michael-Reaktionen ermöglicht ist das von Feringa entwickelte Phosphoramidit. Es konnte gezeigt werden, dass der matched-Fall Eintritt wenn (R,R)-Bis(1-phenylethyl)amin und (S)-2,2’-Binaphthol kombiniert werden. Mit diesem Katalysator und Cyclohexenonen lassen sich ee-Werte von 93-98 % realisieren. Addiert werden enantioselektiv Dialkylzink-Verbindungen in Gegenwart kleiner Mengen an Cu(OTf)2.

Formel 105 : Synthese des Phosphoramidite-Katalysators

Das intermediär gebildete Zn-Enolat kann durch Aldehyde abgefangen werden, wodurch dann ein zweites Stereozentrum entsteht.

Formel 106 : Entstehung eines zweiten Stereozentrums

Die direkte Michael Addition von stabilisierten Kohlenstoffnukleophilen wie Malonate oder Nitroalkane ist möglich, wenn der Katalysator zwei Eigenschaften besitzt. Zum Einen muss er eine hohe Brönsted Basizität besitzen, damit das Enolat gebildet werden kann. Gleichzeitig muss der Katalysator Lewissauer sein damit er die Carbonylkomponente aktivieren kann und damit sich eine fester Komplex bilden kann aus dem heraus das Kohlenstoffnukleophil enantioselektiv übertragen werden kann.

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Katalysatoren, die diese Anforderungen erfüllen sind die von Shibasaki eingeführten bimetallischen Substanzen (bifunctional catalysis). Die untenstehende Tabelle gibt einen Einblick in Reaktionsdauern und erzielte ee-Werte.

Tabelle 10 : Reaktionsdauer und ee-Werte mit bimetallischen Katalysatoren

Der vorgeschlagene Katalysezyklus ist unten dargestellt.

Formel 107 : Vorgeschlagener Katalysezyklus zu Tabelle 10

Die zwei unten aufgeführten Beispiele sollen die Einsatzmöglichkeiten dieser Katalysatoren verdeutlichen

Formel 108 : Einsatzmöglichkeiten dieser Katalysatoren

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Stereochemie organischer Verbindungen

Hydroformylierung

Formel 109 : Hydroformylierung

Der Mechanismus der Hydroformylierung:

Formel 110 : Mechanismus der Hydroformylierung

Die katalytische enantioselektive Cyclopropanierung

Elektronenreiche Alkene und Diene wie z.B. Vinylether lassen sich gut enantioselektiv cyclopropanieren. Nicht sehr effizient verläuft die Reaktion mit elektronenarmen Alkenen wie z. B. α,β-ungesättigten Nitrilen oder Ketonen etc. Die Cyclopropanierung leitet sich im Prinzip von der Simmons-Smith Reaktion her, bei der Alkene mit Methyliodid und Zn / Cu umgesetzt werden. Hier werden eben sehr elektrophile Carbenspeziës eingesetzt und der Übergangszustand ist früh.

Formel 111 : enantioselektive Cyclopropanierung

In der enantioselektiven Variante fungieren Cu-Bisoxazoline als Katalysatoren und Verbindungen wie N2=CHCOOMe (Methyldiazoacetat) als Carbenquelle (allgemein: Diazocarbonylverbindungen wie Diazoketone oder Diazoester). Intermediär scheinen sich Metallcarbenkomplexe zu bilden, die als metallstabilisierte Carbokationen verstanden werden können.

Formel 112 : Scheinbare intermediäre Metallkomplexe

Als Katalysatoren fungieren z.B. C2-symmerische Cu-Bisoxazolin-Komplexe.

Formel 113 : C2-symmerischer Cu-Bisoxazolin-Komplex

Betont werden muss, dass in dieser Reaktion die Diastereoselektivität nicht wirklich gut kontrolliert werden kann. In der Regel liegen die trans : cis Verhältnisse der Produkte zwischen 60 : 40 und 85 : 15. Die Wahl der Substituënten R hat auf dieses Verhältnis nur einen kleinen Einfluss. Oft erhält man das trans-Produkt mit höherem Enantiomerenüberschuss.

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Formel 114 : Schlecht kontrollierbare Diastereoselektivität obiger Reaktion

Formel 115 : Industrielle Anwendung der Cyclopropanierung

Jacobsen-Katsuki Epoxidierung

Asymmetrische Epoxidierungen können prinzipiell mit chiralen Persäuren durchgeführt werden. Allerdings sind die erzielten Enantiomerenüberschüsse in der Regel < 20 % ee. Die chirale Information ist scheinbar zu weit entfernt um in den diastereomorphen Übergangszustand signifikante Energieunterschiede erzeugen zu können. Bessere Ergebnisse erzielt man mit chiralen Dioxiranen und Oxaziridinen. Hiermit sind ee-Werte von bis zu 73 % ee realisiert worden.

Formel 116 : Asymmetrische Epoxidierung

Chirale Oxaziridinium-Salze und chirale Dioxirane lassen sich auch vorteilhaft in situ herstellen.

Formel 117 : Herstellung chiraler Oxaziridinium-Salze und chiraler Dioxirane

Sehr interessante Enantioselektivitäten erhält man mit dem aus der Fructose zugänglichen Reagenz das unten gezeigt ist. Hier konkurriert allerdings die Epoxidierung der Doppelbindung mit der Bayer-Villiger Oxidation des Reagenzes. Man muss deshalb basisch arbeiten, um diese konkurrierende Reaktion zu unterdrücken.

Formel 118 : Aus Fructose zugängliches Reagenz

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In der Natur werden derartige Epoxidierungen enantioselektiv von Enzymen, sogenannten Monooxidasen ausgeführt. Hier sind vor allem die Cyctochrom P450 Enzyme zu nennen, die innerhalb eines porphyrinartigen Liganden ein Eisenatom komplexieren. Aus diesem Eisen wird durch Sauerstoff eine Oxometall-Spezies erzeugt, die hervorragend Doppelbindungen epoxidiert. Abgeleitet von den Enzymen wurden daher chirale Porphyrinliganden entworfen und für Epoxidierungen genutzt. Als Metall wurde sowohl mit Fe eines als auch mit Mn und einer externen Sauerstoffquelle, bei der es sich oft um das Iodosylbenzol oder -mesitylen handelt gearbeitet. So lassen sich in der Tat enantioselektive Epoxidierungen mit moderaten ee-Werten von 10 – 60 % erzielen.

Formel 119 : Nutzung von chiralen Porphyrinliganden

Sehr effiziente Katalysatoren sind die von Jacobsen und Katsuki entwickelten Salen-Komplexe die vor allem als Mn(III)-Komplex effiziente Katalysatoren sind.

Formel 120 : Salen-Mn(III)-Komplex als effizienter Katalysator

Ein sehr guter Katalysator zusammen mit der katalysierten Reaktion ist unten dargestellt.

Formel 121 : Sehr guter Katalysator zusammen mit der katalysierten Reaktion

Dieser Katalysator ist vor allem für die Epoxidierung von cis-di und trisubstituierte Olefine zu empfehlen. Für tetrasubstituierte Olefine muss der Katalysator auf die vorhandenen Reste abgestimmt werden. Katalysator A mit A = Methyl, B = Isobutyl, und R = Phenyl ist hier empfehlenswert.

Mechanistisch verläuft die Epoxidierung im Fall konjugiert stabilisierter Olefine möglicherweise radikalisch, was es dem Intermediat erlauben würde, durch eine Bindungsrotation zu isomerisieren. Tatsächlich beobachtet man das. So entstehen aus den Z-Olefinen oft Gemische. Bei niedriger Temperatur lässt sich die Rotation unterdrücken. In Gegenwart von Ammoniumsalzen hingegen wird die Rotation beschleunigt und es entstehen ausschließlich die aus den E-Olefinen erwarteten Produkten. Diese Methode erlaubt daher den selektiven Zugang zu enantiomerenreinen trans-Stilbenoxiden!

Formel 122 : Selektive Synthese enantiomerenreiner trans-Stilbenoxide

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Beispiele für enantioselektive Epoxidierungen mit diesen Katalysatoren finden sich in der untenstehenden Tabelle.

Tabelle 11 : Beispiele für enantioselektive Epoxidierungen

Wohin geht die Reise bei der Epoxidierung?

Neben dem Erreichen höherer ee-Werte und dem Finden allgemein anwendbarer Katalysatoren werden Verfahren entwickelt, in denen umweltfreundliche Oxidationsreagenziën wie O2 oder H2O2 eingesetzt werden können. Jacobsen und Que haben Katalysatoren entwickelt, die nun sogar mit harmlosem Eisen operieren, das ja auch von der Natur verwendet wird. Diese Komplexe sind wahre P450 Modelle. Als Oxidationsmittel konnte H2O2 eingesetzt werden. Beide Systeme sind aber noch in der Entwicklung. So sind die ee’s im Fall des Que Katalysators gut, aber die Ausbeuten noch schlecht (35 %). Der gezeigte Jacobsen Katalysator ist noch achiral.

Formel 123 : Epoxidierungen mit Jacobsen- und Que-Katalysator

Enantioselektive cis-HydroxylierungDie enantioselektive cis-Dihydroxylierung gehört heute zu den leistungsfähigsten Methoden zur Funktionalisierung von

nicht-aktivierten Doppelbindungen. Zwei Reaktionen, die Sharpless-cis-Dihydroxylierung und die cis-Aminhydroxylierung erlauben es mit Hilfe chiraler Hilfsstoffe, Doppelbindungen enantioselektiv zu funktionalisieren. Grundsätzlich handelt es sich um die schon aus dem Grundstudium bekannte cis-Dihydroxylierung mit Osmiumtetroxid. Schon Criegee beobachtete, dass die Reaktion in Gegenwart von Aminen sehr stark beschleunigt wird. Diese Beobachtung nutzt das Sharpless-Verfahren aus. Die cis-Dihydroxylierung wir in Gegenwart chiraler Amine durchgeführt. Die Reaktion wird mit dem schon in groben Zügen von Criegee vorgeschlagenen Mechanismus erklärt:

Formel 124 : Von Criegee vorgeschlagener Mechanismus

Frenking und Mitarbeiter konnten durch quantenmechanische Berechnungen zeigen, dass ein konzertierter [3 + 2]-Mechanismus, statt des ebenfalls möglichen [2 + 2]-Mechanismus wahrscheinlich ist

Im Liganden NR3 wird die chirale Information untergebracht. Da OsO4 sehr teuer und auch giftig ist wird die Reaktion heute vorteilhaft katalytisch durchgeführt. Der Katalysator OsO4 wird durch entweder durch Zugabe von NMO (N-Methyl-morpholin-N-oxid) oder von Kaliumferricyanid regeneriert.

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Die NR3-Ligandenoptimierung ist eine sehr wichtige Arbeit, die auch im Fall der cis-Dihydroxylierung eine Reihe von Liganden ergeben hat, die je nach Olefin Anwendung finden. Alle chiralen Amine lassen sich jedoch im Fall dieser Reaktion auf die pseudoenantiomeren Dihydrochinidin (DHQD) und Dihydrochinin (DHQ) zurückführen. Die Liganden unterscheiden sich durch die Art des Substituënten an der sekundären OH-Gruppe. Die heute gebräuchlichsten Liganden sind die Dimeren [(DHQD)2-PHAL] und [(DHQ)2-PHAL], oder seit neuestem auch die Anthrachinon (AQN)-verbrückten Liganden. Die AQN-Dimere eignen sich insbesondere für terminale Olefine und einige verzweigte aliphatische Olefine.

Formel 125 : PHAL-Liganden und AQN-Liganden

Insgesamt wurden mehr als 250 Derivate der Alkaloide getestet.

Die Reaktion ist sehr leicht durchzuführen. Sie ist nicht sauerstoffempfindlich und man benötigt sogar etwas Wasser um die sonst ratenbestimmende Hydrolyse des Os(VI)monoglycolatesters zu beschleunigen. Tatsächlich scheint bei 1,2-disubstituierten Olefinen und bei trisubstituierten Olefinen -nicht jedoch bei ungehinderten endständigen Olefinen- die Hydrolyse des OsO4-Adduktes ratenbestimmend zu werden. In diesen Fällen kann man 1 Eq. Methansulfonamid zur Reaktion zusetzen, was die Reaktion beschleunigt und die ee’s verbessert.

Bei Verwendung der oben aufgeführten Katalysatoren müssen die zum Beispiel die folgenden Reaktionsbedingungen eingehalten werden:

1 mM Olefin in Aceton / H2O oder in t-Butanol / H2O lösen. 3 mM Kaliumferricyanid (Hiermit ist auch eine Elektrokatalyse möglich) oder 2 mM NMO, sowie 3 mM K2CO3 zugeben. 0,01 mM Katalysator (DHQD)2-PHAL oder (DHQ)2-PHAL und Osmiumtetraoxid als H4K2OsO6 (0,002 mM) bei 0°C zugeben.

Formel 126 : Kaliumosmat-(VI)-dihydrat

Heute sind fertige Reagenzmischung käuflich erhältlich. Sie werden unter dem Namen AD-Mix- bzw. AD-Mix-α verkauft.

Abbildung 94 : Käufliche Reagenzmischungen

Das Originalrezept für diese Mischungen (1 kg) lautet:

699,96 g K3Fe(CN)6, 294 g K2CO3, 5,22 g (DHQD)2-PHAL oder (DHQ)2-PHAL, 0,52 g K2OsO2(OH)4. Will man etwas reaktivere Mischungen, so kann die Menge an K2OsO2(OH)4 auf 2,6 g um den Faktor 5 hochgesetzt werden.

Entscheidend bei der cis-Dihydroxylierung ist erneut die enorme Ligandenbeschleunigung, die das Amin verursacht. Die Beschleunigung ist so groß, dass die nicht-enantioselektive Reaktion des Olefins mit nicht-komplexiertem K2OsO2(OH)4 vernachlässigt werden kann. Unter den Originalreaktionsbedingungen werden von 10.000 Molekülen trans-Stilben mit Hilfe von 20 Molekülen OsO4 bei 96 % ee etwa 9.600 vom Aminkomplex cis-dihydroxyliert. Nur 400 werden direkt vom OsO4 angegriffen.

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Mit dem unten stehenden Mnemonik ist es meist möglich, die Seite von der das Reagenz das Olefin angreift vorherzusagen. Bei der cis-Dihydroxylierung gilt jedoch, dass das je nach Substitutionsmuster und nach der aktuellen Raumerfüllung der Reste durchaus auch abweichende Selektivitäten beobachtet werden. An der exakten Bestimmung der Produktkonfiguration geht also kein Weg vorbei. Das Olefin wird wie unten angegeben in dem Schema platziert.

Formel 127 : cis-Dihydroxylierung

Die Enantioselektivitäten sind rein empirisch abgeleitet, daher müssen Vorhersagen mit Vorsicht genossen werden. Hier nur suggestiv.

cis-Dihydroxylierung von Olefinklassen:

● Monosubstituierte Olefine reagieren gut mit guten ~70 – 90 % Enantiomerenüberschüssen.

Formel 128 : cis-Dihydroxylierung von monosubstituierten Olefinen

● trans-disubstituierte Olefine, sind die besten Substrate. Es werden sehr gute Enantiomerenüberschüsse erzielt und die Reaktionen verlaufen schnell.

Formel 129 : cis-Dihydroxylierung von trans-disubstituierten Olefinen

● 1,1‘-Disubstituierte Olefine sind bislang eher sporadisch als Substrate verwendet worden. Die erreichten Enantiomerenüberschüsse sind ordentlich, wenn sich die Substituënten räumlich stark voneinander unterscheiden.

● Trisubstituierte Olefine werden ebenfalls zum Teil mit sehr guten Enantiomerenüberschüssen dihydroxyliert.

● cis-disubstituierte Olefine sind mit die am schwierigsten einsetzbaren Substrate. Die erreichten Enantiomerenüberschüsse sind oftmals nur mäßig (60 – 80 % ee)

● Tetrasubstituierte Olefine, z.B. Silylenolether geben sehr gute Enantiomerenüberschüsse von bis zu 97 % ee. Die Reaktionsgeschwindigkeiten können niedrig sein, was die Verwendung von Rezepten mit bis zu 1  % K2OsO2(OH)4, 5 Mol-% Ligand und bis zu 3 Equivalente Methansulfonamid verlangt.

Formel 130 : cis-Dihydroxylierung von tetrasubstituierten Olefinen

Interessant sind heute auch die polymergebundenen Liganden, die sich leicht durch Filtration abtrennen lassen.

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Stereochemie organischer Verbindungen

Formel 131 : Polymergebundene Liganden

Doppelte Diastereoselektivität

Setzt man die enantioselektive cis-Dihydroxylierung bereits ein chirales Olefin ein, so wird aus der enantioselektiven Reaktion eine diastereoselektive Reaktion. Man erhält nun je nachdem welchen chiralen Liganden man für die Reaktion wählt entweder den matched Fall, in dem der dirigierende Einfluss des Substrates und der des chiralen Additivs gemeinsam in die gleiche Richtung wirken und den mismatched Fall in dem entgegensteuernde Effekte auftreten. Oft, aber nicht immer wird der dirigierende Einfluss des Substrates durch den chiralen Liganden überschrieben (Reagenz- oder hier Ligandenkontrolle). Allerdings wird im mismatched Fall die Ligandenkontrolle abgeschwächt, was zu schlechteren Selektivitäten führt.

Um die Substratkontrolle abschätzen zu können setzt man das Substrat am besten zunächst ohne die Zugabe des chiralen Amins um.

Formel 132 : Doppelte Diastereoselektivität

In allen solchen Fällen erhält man im matched Fall sehr viel höhere Diasteroselektivitäten.

Folgereaktionen

Interessant sind die nach der cis-Dihydroxylierung möglichen Folgereaktionen. So lassen sich die Diole sehr effizient in cyclische Sulfite umwandeln. Diese können -nach anfänglichen Schwierigkeiten- heute effizient mit RuO4, oder RuO4 / NaIO3 (Periodat) zu den cyclischen Sulfaten aufoxidiert werden. Die cyclischen Sulfate verhalten sich wie Epoxide, d.h. die können leicht durch viele Nukleophile unter Inversion der Konfiguration am betroffenen C-Atom geöffnet werden.

Formel 133 : Folgereaktionen der cis-Dihydroxylierung

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Stereochemie organischer Verbindungen

Interessant ist die folgende Variante:

Bei Umsetzung eines cyclischen Sulfates mit Benzamidin entsteht zunächst unter Inversion der Konfiguration an beiden C-Atomen ein Imidazolin, welches zum Diamin hydrolysiert werden kann.

Formel 134 : Umsetzung eines cyclischen Sulfates mit Benzamidin

Die Synthese chiraler Epoxide aus den Diolen lässt ist auf zwei Wegen möglich. 2,3-Dihydroxyester lassen sich selektiv an der 2-Position monosulfonylieren. In Gegenwart von Base wird dann das Oxiran gebildet.

Formel 135 : Synthese chiraler Epoxide aus den Diolen 1

Alternativ können die 1,2-Diole auch mit Trimethylorthoacetat in 1,3-Dioxolan-2-yliumkationen überführt werden, aus denen durch einen nukleophilen Angriff mit Chlorid Acetoxychloride gewonnen werden können. Diese reagieren in Anwesenheit von Base zu den Epoxiden. Der nukleophile Angriff erfolgt im Fall von Arylolefinen an der benzylischen Position. Im Fall aliphatischer Diole wird das Halogenatom an der sterisch weniger gehinderten Seite eingeführt.

Formel 136 : Synthese chiraler Epoxide aus den Diolen 2

Sharpless Aminhydroxylierung

Die Aminhydroxylierung ist längst nicht so gut ausgearbeitet wir die cis-Dihydroxylierung. Neben der Enantioselektivität gilt es nun auch noch die Regioselektivität in den Griff zu bekommen. Grundsätzlich gilt: Das Amin wird an der β-Position eingeführt an der eine negative Ladung am besten stabilisiert ist. β wird zum elektronenziehendsten Substituënten. Unten ist eine Aminhydroxylierung gezeigt.

Formel 137 : Aminhydroxylierung und Mechanismus

Die Hydrolyse des Intermediates 1 ist erneut ratenbestimmend, weshalb die Reaktion in wässrigem Medium durchgeführt wird. Die Selektivitäten werden durch denselben Sachzusammenhang wie bei der cis-Dihydroxylierung beschrieben. Es kann das gleiche mnemotechnische Hilfsmittel verwendet werden. Problematisch ist auch die Tatsache, das Intermediat 1 mit einem Alken zu einem Bisaddukt reagieren kann. Intermediat 1 verfügt aber nicht mehr über den chiralen Amin-Liganden, weshalb die Weiterreaktion dann ohne bemerkenswerte Induktion ablaufen würde. Die Hydrolyse von 1 in 50 %-Wasser ist aber so weit beschleunigt, dass dieser Nebenweg nicht beschritten wird. Die Aminhydroxylierung konkurriert auch mit der cis-Dihydroxylierung. Die Aminquelle wird deshalb in großem Überschuss eingesetzt.

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Stereochemie organischer Verbindungen

Als Quelle für den Stickstoff fungiert meistens ein Nitren aus einem Sulfonamid, Carbamat oder Amid. Besonders beliebt ist das Chloramin-T oder Chloramin-M.

Formel 138 : Beliebte Stickstoffquellen

Eine Anwendung: Die Synthese von cis und trans α,β-Diaminocarbonsäuren

Formel 139 : Synthese von cis und trans α,β-Diaminocarbonsäuren 1

Ein weiteres Beispiel:

Formel 140 : Synthese von cis und trans α,β-Diaminocarbonsäuren 2

Die Sharpless EpoxidierungDie Sharpless Epoxidierung von Allyl- und homo-Allylalkoholen ist eine der verlässlichsten asymmetrischen

Synthesen. Benötigt wird ein Allyl- oder homo-Allylalkohol (die letzteren geben schlechtere Ergebnisse), ein Ti(IV)-alkoxid, einer chiraler Weinsäureester (Diethyltartrat DET oder Diisopropyltartrat DIPT) und als Sauerstoffquelle ein Alkylhydroperoxid (meist tert-Butylhydroperoxid, selten Cumylhydroperoxid oder Tritylhydroperoxid). Setzt man ein Molekularsieb zu, so kann die Reaktion katalytisch bezüglich des Ti-Weinsäurekomplexes gefahren werden, was die direkte Weiterfunktionalisierung der Produkte sehr erleichtert.

In der Reaktion werden ausschließlich die Allylalkohol-Funktionen epoxidiert. Alle anderen im Substrat vorhandenen Doppelbindungen incl. Allylether werden in der Reaktion nicht umgesetzt.

Formel 141 : Sharpless Epoxidierung

Die Selektivitäten in der Reaktion folgen meistens dem unten stehenden Schema. Ausnahmen bilden Allylalkohole mit chiralen Substituënten an C-1, C-2 und / oder C-3. In diesen Fällen können unter Umständen andere Seitenpräferenzen auftreten. Wir der Allylalkohol wie im unteren Schema in die Papierebene gelegt, so erfolgt die Sauerstoffübertragung mit D-(-)-DET von oben mit L-(+)-DET von unten.

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Stereochemie organischer Verbindungen

Formel 142 : Selektivitäten in der Reaktion (Sharpless Epoxidierung)

Die chirale Information, die sich möglicherweise im Substrat befindet, wird in der Sharpless Epoxidierung durch das DET in der Regel überschrieben. Es gilt eine strenge Additivkontrolle der Stereoselektivität. Verwendet man Substrate mit einem weiteren Substituënten an C-1, so erfolgt die Sauerstoffübertragung wie oben beschrieben. Allerdings befindet sich in einem Fall (mismatched) der Substituënt in Richtung O-Übertragung, was die Geschwindigkeit der Reaktion stark beeinträchtigt. Im matched Fall ist der Substituënt auf der anderen Seite. In diesem Fall wird mit der normalen Rate der Sauerstoff übertragen. Statt einer geänderten Stereoselektivität beobachtet man also sehr stark unterschiedliche Raten.

Formel 143 : Überschreibung der chiralen Information durch DET

Dieser Ratenunterschied kann so stark werden, dass das mismatched Substrat quasi gar nicht umgesetzt werden kann. Dieses ermöglicht hervorragende kinetische Razematspaltungen wie im unteren Beispiel verdeutlicht wird.

Formel 144 : Kinetische Razematspaltung

Eine erfolgreiche kinetische Razematspaltung hängt demnach in erster Linien von den Ratenunterschieden ab mit denen die enantiomeren Allylalkohole reagieren. Diese Ratenunterschiede werden durch die Art des Weinsäureesters maßgeblich mitbestimmt. So steigen die Ratenunterschiede in der Regel stark an, wenn man vom Dimethyltartrat über das Diethyltartrat zum Diisopropyltartrat geht, wie die tabellierten Beispiele zeigen. Das Verhältnis der Raten kfast / kslow mit denen die beiden Enantiomeren reagieren nennt man auch die relative Rate krel. Diese relative Rate hängt vom Umsatz und von der Enantiomerenreinheit des verbliebenen Allylalkohols ab. Diese drei Parameter

a) krel

b) Umsatz

c) %ee des verbliebenen Allylalkohols

hängen mathematisch voneinander ab. Eine grafische Darstellung des Zusammenhanges gibt das untenstehende Diagramm. Deutlich zu sehen ist, das relative Raten ab etwa 25 für eine gute kinetische Razematspaltung (50 % Umsatz) ausreichend sind.

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Stereochemie organischer Verbindungen

Gleichung 15 : Zusammenhang (Krel)

Relative Raten bei 0 °C Relative Raten bei –20 °CDMT DET DIPT % ee

60 83 83

15 28 74 > 96 104

38 60 96 > 96

13 82 16

Tabelle 12 : Zusammenhang (Krel)

Abbildung 95 : Zusammenhang (Krel)

Die Sharpless Epoxidierung ist kompatibel mit einer großen Zahl funktioneller Gruppen, was ihren Wert als Methode in komplexen Naturstoffsynthesen enorm steigert. Sie kann durchgeführt werden in Gegenwart von: Acetalen, Ketalen, Acetylenen, entfernt liegenden Alkoholen und Phenole, Aldehyden, Amiden, Aziden, Estern und Carbonsäuren, Epoxiden, Ethern, Mercaptanen und Thioether, Hydraziden, Ketonen, Nitrilen, Nitrogruppen, Olefinen, Silylethern, Sulfonen, Sulfoxiden, Tetrazolen, Harnstoffen, Urethanen, Aminen, Phosphinen.

Allylalkohole selber sind gut zugängliche Ausgangsmaterialien. Sie lassen sich durch z.B. Carbonylolefinierungen oder auch aus Propargylalkoholen gut aufbauen.

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Stereochemie organischer Verbindungen

Formel 145 : Synthese von Allylalkoholen

Anwendung der Sharpless Epoxidierung

Hier soll exemplarisch nur auf die Synthese von Zuckern mit ihren vielen stereogenen Zentren aufmerksam gemacht werden. In der Tat wurden mit dem dargestellten Synthesecyclus alle 8 möglichen L-Hexosen synthetisiert. Die Synthese beginnt mit Benzyloxyacetaldehyd 1, welcher durch eine Wittig Reaktion und nachfolgende Reduktion mit DIBAL-H in den Allylalkohol 2 überführt wird. Es folgt eine katalytische Sharpless Epoxidierung. Durch eine basenkatalysierte Payne-Umlagerung wird ein Gleichgewicht zwischen den Epoxiden 3 und 4 eingestellt. Das primäre Epoxid wird nun selektiv mit Phenylthiolat aus dem Gleichgewicht zu 5 entfernt. Das Thiophenolat reagiert hierbei regioselektiv nur mit dem primären C-Atom des primären Epoxids. Das Diol 5 wird nun nachfolgend als Acetonit zu 6 geschützt. Es folgt die Oxidation des Sulfids zum Sulfoxid und eine Pummerer Umlagerung zum Acetoxythioacetal 7. Reduktive Hydrolyse zum Aldehyd 8 ermöglicht die Wiederholung des ganzen Synthesecyclus bis zu den Hexosen.

Formel 146 : Synthesecyclus zur Bildung von Hexosen

DesymmetrisierungenAlle oben genannten Reaktionen und Katalysatoren können auch verwendet werden um symmetrische Verbindungen so

zu desymmetrisieren, dass am Ende eine chirale Verbindung gebildet wird. Hierbei geht man oft von meso-Verbindungen aus (haben eine Spiegelebene im Molekül), die dann in das eine oder andere Enantiomere überführt werden.

So kann eine symmetrische Verbindung mit einer chiralen Substanz umgesetzt werden, wobei zum Teil erhebliche Diastereoselektivitäten beobachtet werden.

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Stereochemie organischer Verbindungen

Formel 147 : Desymmetrisierungen

Auch der Einsatz der oben beschriebenen Katalysatoren kann zum Erfolg führen. Unten sind zwei Beispiele gezeigt, wie symmetrische Epoxide zu asymmetrischen Verbindungen geöffnet werden können.

Formel 148 : Umsetzung von symmetrischen Epoxide zu asymmetrischen Verbindungen

Eine Anwendung dieser Reaktion:

Formel 149 : Anwendung zu Formel 148

Weitere Möglichkeiten bieten die Epoxidierung und die cis-Dihydroxylierung von Sharpless.

Formel 150 : Epoxidierung und die cis-Dihydroxylierung von Sharpless

Zur Desymmetrisierung haben sich vor allem enzymatische Reaktionen wie z.B. Veresterungen oder Esterspaltungen sehr bewährt.

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Stereochemie organischer Verbindungen

Formel 151 : Desymmetrisierung durch enzymatische Reaktionen

Eine Anwendung der enzymatischen Desymmetrisierung

Formel 152 : Anwendung zu Formel 151

Die besten Enzyme, sind billig, einsetzbar ohne besonderes biochemisches Equipment und zeigen eine hohe Substratbreite bei gleichbleibend hohem ee-Wert der Produkte. Heute werden die Eigenschaften von Enzymen u.a. durch evolutive Methoden bezüglich der Substratspezifität und dem erzielbaren ee-Wert optimiert.

Enzyme werden heute als zellfreie Pulver feilgeboten und so auch eingesetzt. Einige Enzyme können hingegen nur in der Zelle funktionieren. Dann setzt man der Reaktion ganze Zellen zu. Nun muss das Substrat durch die Zellmembran diffundieren können. Viele Enzyme benötigen zusätzliche Cofaktoren für die chemische Transformation. Setzt man der Reaktion ganze Zellen zu, so sind die Cofaktoren in der Regel vorhanden. Bei Verwendung zellfreier Enzyme müssen die Cofaktoren oft zugesetzt werden. In diesem Fall bereitet die Cofaktoregenerierung manchmal Schwierigkeiten. Durch gekoppelte Enzymreaktionen lässt sich der Cofaktoreinsatz dann vorteilhaft katalytisch gestalten.

Problematisch ist oft auch die mangelnde Löslichkeit der Substrate in Wasser. Hieraus erklärt sich, warum in der Chemie hauptsächlich Lipasen zum Einsatz kommen. Diese arbeiten auch im Organismus an der Öl/Wasser Grenzschicht und sind daher in Gegenwart organischer Lösungsmittel recht stabil.

Müssen andere Enzyme eingesetzt werden, so können diese an festen Trägern immobilisiert werden.

Enantioselektive Hydrolysen lassen sich auch mit organischen Katalysatoren durchführen, wie sie z.B. von G. Fu entwickelt werden.

Formel 153 : Enantioselektive Hydrolyse mit organischem Katalysator

Enantioselektive Protonierungen und DeprotonierungenMit Hilfe von chiralen Lithiumbasen lassen sich auch prochirale acide H-Atome stereoselektiv entfernen. So können

mit Hilfe chiraler Basen symmetrische Epoxide in Allylalkohole umgewandelt werden. Das Prinzip ist das Gleiche wie bei der Unterscheidung von enantiotopen Seiten in einem Molekül. Durch Assoziation mit einem chiralen Reagenz z.B. einer chiralen Base werden die enantiotopen Gruppen im Übergangszustand zu diastereotopen Atomen und Gruppen.

Formel 154 : Stereoselektive Entfernung acider H-Atome

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Stereochemie organischer Verbindungen

In tetradeuteriertem Cyclopentanon lassen sich selektiv die pro-S D-Atome durch H-Atome austauschen

Formel 155 : Selektiver Ersatz von pro-S D gegen H

Auch n-BuLi kann durch Zugabe der chiralen Base Sparteïn zu einer chiralen Base werden.

Formel 156 : Umwandlung von n-BuLi zur chiralen Base

Mit Hilfe dieser chiralen Basen lässt sich selektiv der pro-R oder pro-S Wasserstoff an einer Methylengruppe abstrahieren.

Formel 157 : Selektive Abstraktion der pro-R und pro-S H durch chirale Basen

Auch die beiden prochiralen H-Atome von cis-2,6-Dimethylcyclohexanon lassen sich mit einer chiralen Base differenzieren. Die beiden H-Atome werden also mit unterschiedlicher Geschwindigkeit abstrahiert. Allerdings kann das Enolat von beiden Seiten durch das Allylbromid angegriffen werden. Das führt zur Razemisierung.

Formel 158 : Razemisierung von cis-2,6-Dimethylcyclohexanon

Man kann das Enolat auch mit Trimethylsilylchorid abfangen. Dann erhält man bessere ee-Werte.

Formel 159 : Bessere ee-Werte der Formel 158 durch Trimethylsilylchlorid

Noch einmal zur Verdeutlichung: Enantiotope und Diastereotope Protonen.

Abbildung 96 : Enantiotope und Diastereotope Protonen

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Stereochemie organischer Verbindungen

Razemisierungen

Eine Razemisierung ist eine Gleichgewichtseinstellung bei der zwei enantiomere Verbindungen über eine prochirale Zwischenstufe ineinander überführt werden. Eine Razemisierung ist immer ein thermodynamisch günstiger Prozess, da er mit einem Gewinn an Entropie einhergeht (H = 0). So wird aus einem Enantiomeren ein Razemat bestehende aus Beiden. Mit ΔG°= RTln1/2 ergibt sich ΔG°= –RTln2 was etwa –0,41 kcal/mol bei 25 °C ausmacht.

Die Razemisierungslebensdauer t ist definiert als die Zeit, wenn der ee-Wert von 100 % auf 50 % reduziert ist. τ = ln2(k1+k2). Für Razemisierungen gilt k1 = k2, so dass die Razemisierungslebensdauer sich zu τ = ln2 / 2k vereinfacht.

Man unterscheidet von der normalen Razemisierung die Epimerisierung, bei der in einer Verbindung mit mehreren chiralen Zentren nur eines razemisiert, und die Anomerisierung, bei der das chirale Zentrum in Zuckern die Konfigurationseinheitlichkeit verliert.

Grundsätzlich ist die Razemisierung ein nicht gewünschter Prozess, das Stereoinformation verloren geht. Es gibt jedoch Fälle in denen eine Razemisierung von Vorteil ist:

1. Bei der selektiven Kristallisation. Eine Verbindungen befindet sich im Gleichgewicht mit seinen zwei Enantiomeren. Eines kristallisiert in Gegenwart z.B. eines chiralen Hilfsstoffes selektiv aus.

2. Dynamische kinetische Razematspaltung. Eine Verbindung wird mit seinem Antipoden ins Gleichgewicht gesetzt. Das eine Enantiomere reagiert nun bevorzugt aus dem Gleichgewicht ab.

3. Reisomerisierung. Bei einer Reaktion fallen beide Enantiomeren ab. Eines kann selektiv abgetrennt werden. Das andere wird razemisiert und das gewünschte Enantiomer erneut abgetrennt.

Ein Beispiel für eine gleichgewichtsasymmetrische Transformation ist die Trennung von Binaphthylen. Die Verbindung razemisiert rasch bei 150 °C in der Schmelze. Man erhitzt also zunächst auf 150 °C kühlt dann auf 145 °C ab und gibt einen Impfkristall zu. Man trennt das gewünschte Enantiomer ab und wiederholt den Vorgang.

Formel 160 : Gleichgewichtsasymmetrische Transformation

Razemisierungen können prinzipiell auf unterschiedliche Art und Weise herbeigeführt werden:

1) thermisch

2) via stabiler achiraler Intermediate

3) durch Säure

4) durch Base

Thermisch induzierte RazemisierungenEin klassisches Beispiel sind die Biaryle, zu denen auch das Binapthyl zählt. Drehung um die Chiralitätsachse führt zur

Razemisierung dieser Verbindungen. Durch Messung der Razemisierungsraten für das verbrückte Biaryl mit R = CH3 im Vergleich zu R = CD3 konnte von Mislow mit kD < kH der sterisch kinetische Isotopeneffekt festgestellt werden.

Formel 161 : Sterisch kinetischer Isotopeneffekt

Neben der thermisch ermöglichten Drehung eines Moleküls um Chiralitätsachsen können Moleküle auch durch Retroreaktionen über planare, prochirale Zwischenstufen razemisieren, wie das (-)Vincadifformin, dass in der Wärme eine retro-Diels-Alder Reaktion eingeht.

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Stereochemie organischer Verbindungen

Formel 162 :retro-Diels-Alder Reaktion

Einige Verbindungen mit stereogenen Heteroatomen razemisieren durch eine pyramidale Inversion am Heteroatom. Zwei Verbindungen sind unten dargestellt.

Formel 163 : Razemisierung durch pyramidale Inversion am Heteroatom

Das Phenyl-p-tolylsulfoxid razemisiert am Schwefel mit ∆G# = 38,6 kcal/mol bei etwa 200 °C. Das 2,2-Diphenyl-N-chloroaziridin razemisiert mit ∆G# = 24,4 kcal/mol. Im Fall der Razemisierung an N-Atomen ist interessant, dass die Barriere der Umwandlung sehr stark von den Substituënten abhängt. Je stärker der Stickstoff planarisiert ist, umso leichter fällt die Razemisierung. Elektronenziehende Reste (wie das Cl-Atom im obigen Beispiel) hingegen senken das n-sp3 Orbital ab, was die Umhybridisierung von sp3 nach sp2 erschwert.

Abbildung 97 : Abhängigkeit der Razemisierungsbarriere vom Substituënten

Razemisierungen über IntermediateHier sind wohl die prominentesten Vertreter die Säurechloride mit einem stereogenen α-H-Atom zur Carboxylgruppe.

Es muss mindestens ein α-H-Atom vorhanden sein. Dann tritt wohl eine Eliminierung und Re-Addition von HCl an einem Keten auf.

Formel 164 : Razemisierung über Intermediat

Säurekatalysierte RazemisierungenSäuren vermögen in einigen chiralen Verbindungen Eliminierungen einzuleiten, die dann zu Carbokationen führen.

Carbokationen sind planar oder nur leicht pyramidalisiert mit einer sehr kleinen Inversionsbarriere. Sie sind also konfigurativ nicht stabil, was zur raschen Razemisierung führt. Hierbei reichen oft schon Spuren von Säuren oder Lewissäuren aus, wie sie sich z.B. an den Glasgefäßwänden befinden können. So razemisiert α-Methylbenzylchlorid während des Chromatografierens an Kieselgel. Hier scheinen Säurespuren die Bildung des intermediären Benzylkations zu katalysieren.

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Stereochemie organischer Verbindungen

Formel 165 : Säurekatalysierte Razemisierung

Basekatalysierte RazemisierungenSie verlaufen meistens nach H-Abstraktion über Carbanionen. Zwar sind Carbanionen konfigurationstabiler als die

Carbokationen, doch lässt sich unter normalen Umständen die Razemisierung der Carbanion z.B. bei Raumtemperatur nicht aufhalten. So razemisieren α-chirale Ketone mit mindestens einem α-H-Atom in Gegenwart von Base sehr rasch. Das untenstehende Keton razemisiert mit τ = 18,6 min in Ethanol in Gegenwart von EtONa bei 25 °C.

Formel 166 : 1-Methyl-2-Phenylethyl-Phenylmethyl-keton

Razemisierungen von AminosäurenZu dieser Thematik gibt es eine Menge Literatur. Einmal weil die Razemisierung während einer Peptidsynthese

unbedingt vermieden werden muss, andererseits will man Aminosäuren razemisieren, um nach einer nicht enantioselektiven Synthese nicht 50 % des Materials verwerfen zu müssen. Die Razemisierung von Aminosäuren kann auch an die Kristallisation derselben oder zumindest von Derivaten als Konglomerate (Die Enantiomere kristallisieren getrennt und geben enantiomorphe Kristalle) gekoppelt werden. Man impft dann mit dem einen Enantiomeren, oder dessen Derivat an, so dass dieses bevorzugt auskristallisiert.

In wässrigem Medium lassen sich Aminosäuren nur schwer razemisieren. Die Razemisierung wird jedoch durch starke Säuren und Basen ermöglicht. Die Razemisierung läuft mechanistisch ab wie unten dargestellt ist.

Formel 167 : Razemisierung von Aminosäuren

Die Razemisierung ist beschleunigt je elektronegativer der Rest R ist, je stärker die negative Partialladung der Carboxylgruppe kompensiert ist (Aktivierung der Carbonsäure durch ziehende Reste) und vor allem wenn sich elektronenziehende Gruppen (Schutzgruppen an der Aminofunktion) befinden. N-Acylverbindungen, Ester und Peptide razemisieren deshalb leichter als die reinen Aminosäuren.

Während der Peptidsynthese werden deshalb sehr schwache Säuren wie das 1-Hydroxybenzotriazol (HOBT) zugesetzt. HOBT verhindert die Abstraktion des -H Atoms und hat auch andere Vorteile.

Aminosäuren können sehr leicht durch erhitzen in Essigsäure (1 h, 80 – 100 °C) in Gegenwart von Aldehyden wie Salicylaldehyd razemisiert werden.

Formel 168 : Razemisierung von Aminosäuren in Gegenwart von Aldehyden

Dynamische kinetische Razematspaltung:Degussas biokatalytische Synthese von L- und D-Aminosäuren

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Stereochemie organischer Verbindungen

Ausgangspunkt sind die schnell razemisierenden Hydantoine.

Formel 169 : Degussas biokatalytische Synthese von L- und D-Aminosäuren

Die Razemisierung wird durch Zugabe eines Razemase-Enzyms stark beschleunigt. Eine D-Hydantoinase spaltet hochselektiv das (R)-Hydantoin zur carbamoylgeschützten D-Aminosäure. Diese wird durch eine Carbamolyase anschließend geschützt. Man erhält die unnatürlichen D-Aminosäuren in hoher Enantiomerenreinheit. Problematisch war die Anwendung des Verfahrens zur Synthese von L-Aminosäuren. Hierfür wurde eine L-Hydantoinase benötigt. Diese wurde aus der D-Hydantoinase durch dirigierende Evolution erzeugt.

Formel 170 : Ganz-Zellen Biokatalyse von Aminosäuren

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Stereochemie organischer Verbindungen

Diastereoselektive Reaktionen

Additionen an α-chirale Aldehydgruppen (Felkin-Anh-Modell)

Cram-Selektivität

Bei Reaktionen, in deren Verlauf mehr als ein Stereozentrum entsteht oder einem bereits vorhandenen Zentrum ein weiteres hinzugefügt wird, kann Diastereoselektivität auftreten. Die Erklärung der stereochemischen Kontrolle in acyclischen Systemen wird dadurch erschwert, dass die Reaktionen aus vielen verschiedenen Konformationen heraus erfolgen können. Konformationelle Umwandlungen sind jedoch in der Regel so schnell, dass sie keine Rolle bei der Diskussion der Endprodukte spielen. Vielmehr muss die Energie der verschiedenen Übergangszustände betrachtete werden. Je geringer die Energie umso mehr läuft die Reaktion über den jeweiligen Übergangszustand.

Daher muss die Anzahl der Reaktivkomponenten eingeschränkt werden. Dies lässt sich gut am Beispiel der Addition eines Nukleophils an eine α-chirale Carbonylgruppe veranschaulichen:

Formel 171 : Addition eines Nukleophils an eine α-chirale Carbonylgruppe

Das Felkin-Anh-Modell besagt, dass die unterschiedlich großen Reste L (large), M (medium) und S (small) bzgl. der C=O-Bindung die gestaffelte Konformation einnehmen. Der Angriff des Nukleophils erfolgt entlang der Bürgi-Dunitz-Trajektorie von der dem Substituënten L abgewandten Seite. Es tritt bevorzugt der Fall a auf, da das Nukleophil hier an S vorbei angreifen kann, während es in b am größeren Rest M vorbeikommen muss. Man bezeichnet das in Fall a entstehende Produkt als Cram-Produkt, in Fall b entsteht das anti-Cram-Produkt; die so induzierte Diastereoselektivität bezeichnet man als Cram-Selektivität. Die Reaktion verläuft über (a), weil in diesem Fall der Übergangszustand eine geringere Energie besitzt.

Formel 172 : Beispiele für Cram-Selektivität

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Stereochemie organischer Verbindungen

Felkin-Anh-Selektivität

Ist einer der Substituënten am chiralen α-C-Atom eine elektronenziehende Gruppe (z. B. NR2, OR, Hal), so tritt eine andere Selektivität auf wie im rein auf sterischen WW beruhenden Cram-Modell. Das σ*-Orbital der C-Heteroatom-Bindung ist in einem solchen Fall in der Lage, mit dem π*-Orbital der C=O-Bindung zu überlappen. Da beim Angriff des Nukleophils Elektronendichte ins π*-Orbital verschoben wird, bewirkt die Überlappung eine Absenkung des ÜZ und damit eine Beschleunigung der Reaktion:

Formel 173 : Felkin-Anh-Selektivität

Aus Gründen der Orbitalsymmetrie ist die Überlappung und damit der Energiegewinn am besten, wenn das Nukleophil Nu und die elektronenziehende Gruppe EWG anti zueinander angeordnet sind, wie das umseitige Schema verdeutlichen soll. Dabei ist es für das Nukleophil sterisch günstiger, am kleinen Rest S vorbei einzufliegen:

Formel 174 : Orbitalüberlappung und Energiegewinn

Die höchste Diastereoselektivität erhält man, wenn der große Substituënt L auch gleichzeitig die EWG ist. Reetz entwickelte für diese Zwecke den Substituënten –N(Bn)2. Dieser ist sehr raumerfüllend und hat gleichzeitig ein Atom (N) höherer Elektronegativität. Ist dagegen ein Rest L und eine EWG vorhanden, erhält man eine geringere Diastereoselektivität, da sich hier der sterische und der elektronische Effekt kompensieren können und somit die Felkin-Anh-Selektivität mit der Cram-Selektivität konkurriert.

Formel 175 : Beispiel für Felkin-Anh-Selektivität

Cram-Chelat-Kontrolle

Bei der Cram-Chelat-Kontrolle wird die Carbonylgruppe fest in ein Fünfring-Chelat eingebunden:

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Stereochemie organischer Verbindungen

Formel 176 : Cram-Chelat-Kontrolle

Chelatisierung steigert die Reaktivität der Carbonylgruppe, daher findet in diesem Fall die Reaktion bevorzugt aus dem chelatisierten Zustand heraus statt. Entscheidenden Einfluss auf die Chelatisierung hat allerdings die Größe des Substituënten, wie folgendes Experiment zeigt:

Substituënt k

Methyl 99 1 ≈ 1.000

Trimethylsilyl 99 1 100

t-Butyl- Trimethylsilyl

88 12 2,5

Tri-i-propylsilyl 42 58 0,45

Abbildung 98 : Größeneinfluss des Substituënten auf die Chelatisierung

Je größer der Substituënt, desto langsamer die Reaktion und desto schlechter die Diastereoselektivität (Reaktion auch aus unchelatisiertem Zustand).

Auch die Art des chelatisierenden Kations ist von Bedeutung. Reetz konnte zeigen, dass für α-Alkoxycarbonylverbindungen insbesondere TiCl4 und SnCl4 starke Chelate ausbilden, wohingegen Mg-Verbindungen oft schlechtere Selektivitäten liefern.

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Stereochemie organischer Verbindungen

Formel 177 : Beispiele für Cram-Chelat-Kontrolle

Bei den gezeigten Beispielen liegt 1,2-Induktion vor. In manchen Fällen ist die schwierigere 1,3-Induktion möglich, d. h. es kommt hier zur Ausbildung eines Sechsringchelates. Zwei Beispiele für diesen Fall sind unten dargestellt:

Formel 178 : Ausbildung eines Sechsringchelates

Unten sind die Besonderheiten der Cram-, Felkin-Anh- und Cram-Chelat-Selektivität noch einmal vergleichend gegenübergestellt.

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Stereochemie organischer Verbindungen

Formel 179 : Besonderheiten der Cram-, Felkin-Anh- und Cram-Chelat-Selektivität

Enolat- und Allyladditionen (Zimmermann-Traxler-Modell)Neben der Addition von Nukleophilen an Carbonylgruppen stellen auch die Aldol- und Allyladditionen wichtige

Beispiele für diastereoselektive Reaktionen dar. Wie sich zeigte, lassen sich die auftretenden Selektivitäten gut erklären, wenn man annimmt, dass die Reaktionen über einen sechsgliedrigen cyclischen Übergangszustand verlaufen. Dieses Modell bezeichnet man als Zimmermann-Traxler-Modell. Betrachten wir hierzu die Reaktion eines Enolats mit einem Aldehyd:

Formel 180 : Reaktion eines Enolats mit einem Aldehyd

Die Reaktion verläuft über die nachfolgend angenommenen Übergangszustände:

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Stereochemie organischer Verbindungen

Formel 181 : Angenommene Übergangszustände zu 180

Übergangszustand (1) führt zum racemischen Anti-Produkt, Übergangszustand (2) zum racemischen syn-Produkt. ÜZ (1) ist energetisch günstiger, da der Rest R hier die pseudoäquatoriale Position einnehmen kann, wodurch sterische Hinderung mit b und L minimiert wird. Daher würde hier bevorzugt das Anti-Produkt entstehen.

Als Metall können vorkommen: Li / Na / Zn / B / Al / Mg / Zr / Ti / Sn / Si.

Die Wahl des Metalls ist sehr wichtig, denn es gilt: je kürzer die M-O-Bindung ist, desto stärker ist die Differenzierung zwischen den beiden Sessel-ÜZ und desto stärker ist die erzielbare Diastereoselektivität. Die wichtigsten Bindungslängen und zwei Beispiele für das hier genannte sind nachfolgend dargestellt:

Formel 182 : Die wichtigsten Bindungslängen und zwei Beispiele

Die schlechtere Diastereoselektivität beruht darauf, dass die Reaktion bei längeren O-Metall-Bindungen (Zn, Sn, Zr) auch über einen wannenförmigen ÜZ ablaufen kann, welcher von diesem Modell nicht erfasst wird.

Im einführenden Beispiel lieferte ein E-konfiguriertes Enolat das trans-konfigurierte Produkt. Tatsächlich ist es so, dass die relative Konfiguration des Produkts von der Konfiguration der Enolatdoppelbindung abhängt, dabei wird davon ausgegangen, dass der Rest R der Carbonylverbindung in die pseudoäquatoriale Position geht. Es ergibt sich das folgende Schema:

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Stereochemie organischer Verbindungen

Formel 183 : Abhängigkeit des Produkts von der Konfiguration der Enolatdoppelbindung

Für eine hohe Diastereoselektivität ist es daher erforderlich, möglichst reine E- oder Z-Enolate in der Reaktion einzusetzen. Wie man diese erzeugen kann, soll im folgenden näher erläutert werden, wobei hauptsächlich auf die wichtigen Li- und Borenolate eingegangen werden soll. Bei unsymmetrischen Ketonen muss Regio- und Stereokontrolle beachtet werden. Betrachten wir hierzu die Erzeugung eines Li-Enolats durch Deprotonierung eines Ketons mit LDA:

Formel 184 : Erzeugung eines Li-Enolats durch Deprotonierung eines Ketons mit LDA

Bei den angegebenen Bedingungen wird mit LDA vollständig deprotoniert, die Reaktion läuft über den dargestellten energieärmsten cyclischen ÜZ ab; es entsteht daher das kinetische Enolat. Setzt man LDA im Unterschuss ein und arbeitet bei höheren Temperaturen, so kann das gebildete Diisopropylamin als schwache Säure fungieren. Es bildet sich ein Gleichgewicht und man gelangt zum thermodynamischen, höher substituierten Enolat:

Formel 185 : Thermodynamisches, daher höher substituiertes Enolat

Für die Stereokontrolle ist die Größe der Substituënten sowohl der Base als auch der zu deprotonierenden Carbonylverbindung von entscheidender Bedeutung. Für die Deprotonierung eines Ketons mit LDA erhält man die folgenden Ergebnisse:

A: Deprotoniert man mit einer sterisch anspruchsvollen Base (LDA!) in THF, so verläuft die Deprotonierung über einen geschlossenen ÜZ. Für ungehinderte aliphatische Ketone (R ist klein) gelangt man so selektiv zu den E-Enolaten.

B: Ist der Rest R sehr groß, wird die sterische Hinderung so stark, dass nun selektiv die Z-Enolate gebildet werden. Ein Beispiel für diesen Fall ist nachfolgend dargestellt:

Formel 186 : Deprotonierung eines Ketons mit LDA (Fall A)

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Stereochemie organischer Verbindungen

Formel 187 : Deprotonierung eines Ketons mit LDA (Fall B)

Zusatz von HMPT bricht den geschlossenen Übergangszustand auf, in diesem Fall kehrt sich die Selektivität um.

Bei den Borenolaten ergibt sich das folgende Schema:

Formel 188 : Deprotonierung eines Ketons mit Borenolaten

Wie dargestellt lassen sich auch Borenolate selektiv erzeugen, wobei die Größe der Substituënten am Bor und die Größe der Base die entscheidende Rolle spielen.

Fasst man diese Erkenntnisse zusammen, so ergeben sich vereinfacht betrachtet die folgenden Zusammenhänge:

Lithium-EnolateSperrige Base, ungehinderte Carbonylverbindung E-Enolat

Kleine Base, sterisch gehinderte Carbonylverbindung Z-Enolat

Bor-EnolateKleine Reste am Bor, sperrige Base Z-Enolat

Große Reste am Bor, kleine Base E-Enolat

Tabelle 13 : Zusammenhang: Metall, Sunstituëntengröße und Selektivität

Ester liefern mit LDA im allgemeinen E-Enolate, Amide, besonders N,N-Dialkylamide liefern wegen der großen sterischen Abstoßung Z-Enolate. Im folgenden Beispiel soll die selektive Enolaterzeugung mit nachgeschalteter diastereoselektiver Aldoladdition noch einmal dargestellt werden. Hier werden Borenolate verwendet, mit denen sehr gute Diastereoselektivitäten zu erreichen sind.

Formel 189 : Selektive Enolaterzeugung mit nachgeschalteter diastereoselektiver Aldoladdition

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Page 101: Stereochemie organischer Verbindungen

Stereochemie organischer Verbindungen

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass sich die einfache Diastereoselektivität von Aldolreaktionen gut mit dem Zimmermann-Traxler-Modell erklären lässt, welches für die Reaktion einen sesselförmigen, geschlossenen Sechsring-ÜZ postuliert. Die erreichbare Selektivität hängt in großem Maße vom Metall ab, je kürzer die Metall-O-Bindung, desto besser die Selektivität. Im Zimmermann-Traxler-Modell liefern E-Enolate Anti-Produkte und Z-Enolate syn-Produkte; wie man diese Enolate selektiv erzeugen kann, wurde am Beispiel der Li- und Borenolate erläutert. Andere Enolate lassen sich durch Transmetallierung aus diesen darstellen. Einschränkend muss gesagt werden, dass die auftretenden Diastereoselektivitäten sowohl bei der Deprotonierung wie auch bei der Aldoladdition auf einem komplizierten Wechselspiel von sterischen Hinderungen im ÜZ basieren. Die hier gemachten Aussagen müssen daher als qualitativ verstanden werden, jede Reaktion muss dennoch als Einzelfall gesondert betrachtet werden.

Chirale Auxiliare (syn Evans, syn nicht Evans)In den vorangegangenen Abschnitten wurde gezeigt, dass Additionen an Carbonylgruppen und Aldoladditionen

diastereoselektiv ablaufen können. Doch auch wenn man beispielsweise 100 % eines syn-Produkts erhält, so liegt dieses dennoch als racemisches Gemisch zweier Enantiomere vor. Für viele synthetische Anwendungen ist jedoch nur eines dieser Enantiomere nützlich. Daher soll in diesem Kapitel gezeigt werden, wie man die dargestellten Reaktionen durch Einsatz chiraler Auxiliare asymmetrisch durchführen kann und so hochselektiv zum gewünschten Enantiomer kommt.

Betrachten wir hierzu schematisch die Addition eines chiralen Enolats an einen Aldehyd:

Formel 190 : Addition eines chiralen Enolats an einen Aldehyd

Um vollständige Kontrolle über die enantiotope Seite zu erlangen, von der aus der Aldehyd angreift, benötigt man ein chirales Enolat. Beispiele für gebräuchliche chirale Enolate und deren Darstellung sollen im Anschluss gegeben werden.

Heathcock führte 1979 die chiralen α-Silyloxy-Ketone ein. Die Darstellung geht folgendermaßen vonstatten:

Formel 191 : Synthese chiraler α-Silyloxy-Ketone

Dieser Ansatz wurde 1981 von Masamune weiterentwickelt, der ausgehend von Mandelsäure den sterisch anspruchsvollen Cyclohexylrest in die α-Position einbrachte:

Formel 192 : Sterisch anspruchsvolle Synthese

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Stereochemie organischer Verbindungen

Der sterisch anspruchsvolle Silyloxyrest bewirkt bei Deprotonierung mit einer sterisch anspruchsvollen Base die selektive Bildung der Z-Enolate , welche dann diastereoselektiv zum syn-Produkt reagieren. Durch die großen Reste am chiralen α-C-Atom werden die enantiotopen Seiten so unterschiedlich, dass nur ein syn-Enantiomer gebildet wird.

Ein Beispiel für eine enantioselektive Aldoladdition mit einem Masamune-Enolat ist nachfolgend abgebildet:

Formel 193 : Enantioselektive Aldoladdition mit einem Masamune-Enolat

Im folgenden Beispiel wird die Methode von Heathcock angewendet. Interessanterweise zeigt das Li-Enolat gerade umgekehrte faciale Präferenz zum Borenolat:

Formel 194 : Li-Enolat zeigt umgekehrte faciale Präferenz zum Borenolat

Der Unterschied in der facialen Präferenz begründet sich mit der zusätzlichen Koordinationsmöglichkeit des Lithiums im Zimmermann-Traxler-Übergangszustand, wie folgend dargestellt:

Formel 195 : Zusätzliche Koordinationsmöglichkeit des Lithiums

Sehr große Enantioselektivitäten lassen sich mit den von Evans eingeführten chiralen Auxiliaren erzielen. Auxiliar bedeutet hierbei, dass die chirale Hilfsgruppe nach der Reaktion abgespalten wird und für eine neue Reaktion wiedergewonnen werden kann. Nachfolgend ist die Darstellung eines Evans-Reagenzes ausgehend von Phenylalanin kurz skizziert:

Formel 196 : Darstellung eines Evans-Reagenzes ausgehend von Phenylalanin

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Page 103: Stereochemie organischer Verbindungen

Stereochemie organischer Verbindungen

In nachfolgender Abbildung ist die Aldoladdition eines solchen Oxazolidinons an iPrCHO dargestellt:

Formel 197 : Aldoladdition eines Oxazolidinons

Das unter diesen Mukaiyama-Bedingungen gebildete Produkt bezeichnet man als syn-Evans-Produkt. Es entsteht zunächst hochselektiv das Z-Enolat, welches dann über den folgenden diastereotopen ÜZ abreagiert:

Formel 198 : syn-Evans-Produkt

Zum entgegengesetzt konfigurierten syn-Produkt, dem sogenannten syn-nicht-Evans-Produkt gelangt man, wenn man zunächst das entsprechende Titan-Enolat erzeugt:

Formel 199 : syn-nicht-Evans-Produkt über Titan-Enolat

Auch hier wird zunächst hochselektiv das Z-Enolat gebildet, aufgrund der zusätzlichen Koordinationsmöglichkeit des Titans läuft die Reaktion dann aber über den entgegengesetzten ÜZ weiter:

Formel 200 : Weitere Reaktion zu Formel 199 (zusätzliche Koordinationsmöglichkeit des Titans

Durch geeignete Wahl der Reaktionsbedingungen sind also beide syn-Produkte selektiv zugänglich, da zunächst hochselektiv das Z-Enolat erzeugt wird. Die Bevorzugung des Z-Enolats rührt daher, dass die Bildung des E-Enolats durch die hierbei auftretende Allyl-1,3-Spannung energetisch sehr ungünstig ist:

Formel 201 : Allyl-1,3-Spannung Energetisch ungünstig

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Stereochemie organischer Verbindungen

Die mit der Evans-Methode erreichbaren Enantioselektivitäten sind sehr hoch. Dabei wird im Molekül eventuell schon vorhandene chirale Information durch die große faciale Präferenz des Auxiliars einfach „überschieben“. Je nachdem, ob die Konfiguration des Auxiliars und des sonstigen Stereozentrums gleich oder verschieden sind, unterscheidet man hier den matched- oder mismatched-Fall.

Der matched- und mismatched-Fall soll nun für syn-Evans dargestellt werden. Hierzu wird ein α-chiraler Aldehyd einmal mit einem vom Valin abgeleiteten Evans-Enolat (mismatched) und einmal mit einem vom Norephedrin abgeleiteten Oxazolidinon (matched) zur Reaktion gebracht. Dabei kommt es zu folgendem Ergebnis:

Formel 202 : Der matched- und mismatched-Fall für syn-Evans

Wie man sieht, ist die erreichbare Enantioselektivität in beiden Fällen ähnlich hoch. Im mismatched-Fall wird die chirale Information des Aldehyds durch die sehr hohe faciale Präferenz des Reagenzes voll überschrieben.

Da bei der Deprotonierung der Evansreagentiën nach den oben genannten Methoden immer die Z-Enolate entstehen, sind über diese Verfahren nur die syn-Produkte enantioselektiv zugänglich. Mit manchen Kunstgriffen ist es allerdings auch möglich, trans-Evans in hoher Selektivität zu erreichen. Die hierzu nötigen Methoden werden nun kurz vorgestellt.

Formel 203 : Vorkomplexierung des Aldehyds mit Diethylaluminiumchlorid

Diese Reaktion ist mechanistisch noch nicht restlos aufgeklärt, läuft aber vermutlich über einen offenen Übergangszustand ab.

Formel 204 : Reaktion über Z-konfigurierte Campher-Borenolate (nicht Zimmermann-Traxler)

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Stereochemie organischer Verbindungen

Mit dieser Methode lassen sich sehr selektiv trans-Evans-Produkte gewinnen. Die Anti-Selektivität wird vom Campher-Auxiliar verursacht. Der Mechanismus ist noch nicht aufgeklärt, doch man vermutet, dass auch hier kein Zimmermann-Traxler-ÜZ durchlaufen wird. Vielmehr stellt man sich folgenden Ablauf der Reaktion vor:

Formel 205 : Möglicher Ablauf der Reaktion (kein Zimmermann-Traxler-ÜZ)

Durch sterische Abstoßung zwischen dem Campher-Auxiliar und dem Rest R am Aldehyd wird der zu den syn-Produkten führende ÜZ stark destabilisiert, weswegen es zur bevorzugten Bildung des trans-Evans-Produktes kommt.

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Stereochemie organischer Verbindungen

Der Ursprung der Chiralität

In den vorangegangenen Kapiteln wurde sehr ausführlich das Konzept der Chiralität vorgestellt. Dabei wurde z. B. auf die Möglichkeiten zur Bestimmung der absoluten Konfiguration eingegangen, außerdem wurden viele Wege vorgestellt, chemische Reaktionen so zu steuern, dass sie enantioselektiv ablaufen, also nur ein gewünschtes Produkt entsteht. Auch in der Natur ist chirale Information essentiell; so werden z. B gewöhnlich nur L-Aminosäuren in Peptide eingebaut, sehr viele andere Biomoleküle sind nur in einer Konfiguration aktiv, in der anderen völlig wirkungslos oder sogar gefährlich. Traurige Berühmtheit erlangte hier das Thalidomid, welches in den 60er Jahren als Schlafmittel auf dem Markt war. Der Wirkstoff wurde als Razemat eingesetzt, ein Enantiomer wirkte tatsächlich als Schlafmittel, das andere führte bei Neugeborenen zu schwersten Missbildungen.

Um chirale Information in ein achirales Molekül einzubringen, ist immer ein chirales Reagens, ein chirales Auxiliar oder ein chiraler Katalysator nötig. Geht man in der Entwicklung des Universums aber weiter zurück, so gelangt man an einem Punkt, an dem die ganze Welt racemisch ist. Wie konnte sich in einer solchen achiralen Welt chirale Information bilden oder anders ausgedrückt, wie konnte sich dieses razemische Gemisch selbst derazemisieren, so dass es zum Beispiel zur Verwendung reiner L-Aminosäuren für Peptide kam?

Zu einer möglichen Antwort auf diese Frage gelangte man durch Ligationsexperimente mit Oligonukleotiden. Betrachten wir hierzu zwei Tetramere:

Abbildung 99 : Zwei Tetramere

Insgesamt sind mit den vier Basen 44 solcher Tetramere möglich. Bauen wir nun durch Ligation 100mere aus den Tetrameren auf so ergeben sich für diese 4100, das sind ungefähr 1.060 verschiedene mögliche Sequenzen! Setzte man je ein Mol des Tetramers ein, käme man zu 1,3 * 103 kg Material! Daraus wird deutlich, dass es wesentlich mehr mögliche Sequenzen gibt, als sich bei Ligation je wirklich bilden können. Wenn wir also mit D oder L arbeiten, ist eine Derazemisierung daher schon aus Wahrscheinlichkeitsgründen nicht zu vermeiden, da Art und Anzahl der aus L-Tetrameren gebildeten 100mere kaum mit der der D-Tetramere übereinstimmen werden.

Nicht alle Tetramere sind gleichwertig, Unterschiede existieren zum Beispiel bei der Selbstreplikation, wie das folgende Beispiel verdeutlichen soll:

Formel 206 : Geschlossene Selbstreplikation

Formel 207 : Direkte Replikation

Führt man das Experiment mit der Tetrameren nun statt mit D oder L mit D und L durch, erhält man ein interessantes Ergebnis: je mehr Zyklen man durchläuft, desto weniger gemischte und umso mehr homochirale Produkte treten auf. Die homochiralen Stränge sind aus denselben Gründen wir oben bereits angesprochen derazemisiert.

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Stereochemie organischer Verbindungen

Formel 208 : Selbstreplikativ

Der Grund, warum sich die homochiralen Produkte bevorzugt bilden, liegt in ihrer autokatalytischen Aktivität, welche zu beschleunigter Selbstreplikation im Vergleich zu den gemischten Produkten führt.

Mit diesen Ansätzen lassen sich also die Existenz unserer chiralen Welt und die Präferenz der Natur für homochirale Produkte erklären. Warum sie für ihre Proteine aber nur L- und nicht nur D-Aminosäuren verwendet, kann damit nicht aufgeklärt werden. Vermutlich handelt es sich wie so oft um einen reinen Zufall in der evolutionären Entwicklung, der sich im nachhinein als gut geeignet herausgestellt hat.

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Stereochemie organischer Verbindungen

Anhang

AbbildungsverzeichnisAbbildung 1 : Symmetrieachsen Cn.......................................................................................................................................................5

Abbildung 2 : Symmetrieebene σ..........................................................................................................................................................5

Abbildung 3 : Symmetrieebenen σV und σh...........................................................................................................................................6

Abbildung 4 : Symmetriezentrum i........................................................................................................................................................6

Abbildung 5 : Drehspiegelachsen Sn.....................................................................................................................................................6

Abbildung 6 : Punktgruppen..................................................................................................................................................................7

Abbildung 7 : Punktgruppe C1...............................................................................................................................................................7

Abbildung 8 : Punktgruppen Cn.............................................................................................................................................................7

Abbildung 9 : Punktgruppe Dn (Dihedral)..............................................................................................................................................8

Abbildung 10 : Platonische Körper........................................................................................................................................................8

Abbildung 11 : Punktgruppe Cs (auch C1h)............................................................................................................................................8

Abbildung 12 : Punktgruppe Sn.............................................................................................................................................................8

Abbildung 13 : Punktgruppe Cnv............................................................................................................................................................9

Abbildung 14 : C∞v-Symmetrieachse.....................................................................................................................................................9

Abbildung 15 : Punktgruppe Cnh............................................................................................................................................................9

Abbildung 16 : Chinonüberbrücktes Porphyrindimer.............................................................................................................................9

Abbildung 17 : Syntheseweg (unterer Teil des Porphyrins)................................................................................................................10

Abbildung 18 : Punktgruppe Dnd..........................................................................................................................................................10

Abbildung 19 : Punktgruppe Dnh..........................................................................................................................................................10

Abbildung 20 : Chiralität......................................................................................................................................................................11

Abbildung 21 : Enantiomere................................................................................................................................................................11

Abbildung 22 : Chirale Konformere.....................................................................................................................................................11

Abbildung 23 : Achirales Konformer...................................................................................................................................................12

Abbildung 24 : Diastereomere............................................................................................................................................................12

Abbildung 25 : Verbindungen mit zentraler Chiralität..........................................................................................................................12

Abbildung 26 : Zentrale Chiralität am Stickstoff..................................................................................................................................13

Abbildung 27 : Erhöhung der Inversionsbarriere.................................................................................................................................13

Abbildung 28 : Chiralität im Allen........................................................................................................................................................13

Abbildung 29 : Inhärent chirales Molekülgerüst..................................................................................................................................13

Abbildung 30 : Fischer-Projektion.......................................................................................................................................................15

Abbildung 31 : Konfiguration von Aminosäuren..................................................................................................................................15

Abbildung 32 : Konfiguration von Zuckern..........................................................................................................................................15

Abbildung 33 : CIP-Nomenklatur........................................................................................................................................................16

Abbildung 34 : Verteilung der Prioritäten 1.........................................................................................................................................16

Abbildung 35 : Verteilung der Prioritäten 2.........................................................................................................................................16

Abbildung 36 : Auflösung bei Doppel- und Dreifachbindungen...........................................................................................................17

Abbildung 37 : Auflösung von Ringstrukturen 1..................................................................................................................................17

Abbildung 38 : Auflösung von Ringstrukturen 2..................................................................................................................................17

Abbildung 39 : Auflösung von Ringstrukturen 3..................................................................................................................................17

Abbildung 40 : Zuordnung von Prioritäten zu Doppelbindungen 1......................................................................................................17

Abbildung 41 : Zuordnung von Prioritäten zu Doppelbindungen 2......................................................................................................18

Abbildung 42 : R/S Konvention bei der Fischer Projektion..................................................................................................................18

Abbildung 43 : CIP-Nomenklatur für L-α-Aminosäuren.......................................................................................................................18

Abbildung 44 : Konfiguration bei schwefelenthaltenden Aminosäuren................................................................................................18

Abbildung 45 : Aminosäuren mit zwei stereogenen Zentren...............................................................................................................18

Abbildung 46 : Chiralität bei Allenen 1................................................................................................................................................19

Abbildung 47 : Chiralität bei Allenen 2................................................................................................................................................19

Abbildung 48 : Chiralität bei Allenen 3................................................................................................................................................19

Abbildung 49 : Atropisomer mit chiraler Achse...................................................................................................................................20

Abbildung 50 : Planare Chiralität........................................................................................................................................................20

Abbildung 51 : Chirale Ebenen...........................................................................................................................................................20

Abbildung 52 : Morphologie von gehemmt und ungehemmt wacgsenden Kristallen..........................................................................21

Abbildung 53 : Farbexperiment zum selektiven Einbau von Additiven................................................................................................22

Abbildung 54 : Gezielte Beeinflussung der Kristallmorphologie..........................................................................................................22

Abbildung 55 : HPLC-Nachweis des eingeschlossenen Additivs........................................................................................................22

Abbildung 56 : Razemisch, zentrosymmetrischer, Kristall..................................................................................................................23

Abbildung 57 : Kristallmorphologie von Serin in Gegenwart von Threonin.........................................................................................23

Abbildung 58 : Prinzip der Röntgenstrukturanalyse............................................................................................................................23

Abbildung 59 : Konfiguration der Weinsäure.......................................................................................................................................24

Abbildung 60 : Konfiguration des D-(-)-Isoleucin Hydrobromids.........................................................................................................24

Abbildung 61 : Rechts circular polarisiertes Licht................................................................................................................................25

Abbildung 62 : Polarimeter (Prinzip)...................................................................................................................................................26

Abbildung 63 : ORD-Spektrum...........................................................................................................................................................27

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Page 109: Stereochemie organischer Verbindungen

Stereochemie organischer Verbindungen

Abbildung 64 : Cotton-Effekt...............................................................................................................................................................27

Abbildung 65 : Chirale Verbindung ohne Drehwert.............................................................................................................................27

Abbildung 66 : Circularer Dichroismus................................................................................................................................................28

Abbildung 67 : Optischer circularer Dichroismus................................................................................................................................28

Abbildung 68 : Absorptionsspektrum und die gemessene molare Elliptizität von (+)-Campher..........................................................29

Abbildung 69 : Beziehung zwischen Absorption, CD-Effekt und ORD-Spektrum................................................................................29

Abbildung 70 : Generalisierung des Vorzeichens des CE-Signals......................................................................................................30

Abbildung 71 : Die 8 Sektoren nach der Oktandenregel.....................................................................................................................30

Abbildung 72 : Anwendung der Oktandenregel auf Cyclohexanon.....................................................................................................31

Abbildung 73 : Anwendung der Oktandenregel auf die Stereoïde......................................................................................................31

Abbildung 74 : CE-Werte zu Abbildung 72..........................................................................................................................................31

Abbildung 75 : Exzitonen Kopplung – Davydov-Splitting....................................................................................................................32

Abbildung 76 : Konfiguration von primären Alkoholen und Aminen....................................................................................................32

Abbildung 77 : Absolute Konfiguration und Ableitung.........................................................................................................................33

Abbildung 78 : Ergebnis der Röntgenstruckturanalyse.......................................................................................................................33

Abbildung 79 : Ableitung durch chemische Korrelation.......................................................................................................................34

Abbildung 80 : Abweichung der gemessenen optischen Reinheit von der tatsächlichen Eanantiomerenreinheit...............................36

Abbildung 81 : NMR-Spektrum einer chiralen Aminosäure in Abwesenheit und in Gegenwart eines Shiftreagenzes.........................38

Abbildung 82 : Seperation von Linalool aus Lavendelöl......................................................................................................................40

Abbildung 83 : Trennung von Aminosäuren mit einer GC-Säule.........................................................................................................41

Abbildung 84 : Trennung von D,L-Östron auf zwei unterschiedlichen Phasen....................................................................................42

Abbildung 85 : Trennung der Antipoden einer farbigen Aminosäure auf einer DC-Platte...................................................................42

Abbildung 86 : Aufspaltung im NMR in Gegenwart eines chiralen Shiftreagenzes.............................................................................47

Abbildung 87 : Nomenklatur enantiotoper Seiten 1.............................................................................................................................47

Abbildung 88 : Nomenklatur enantiotoper Seiten 2.............................................................................................................................48

Abbildung 89 : Nomenklatur enantiotoper Seiten 3.............................................................................................................................48

Abbildung 90 : Das Curtin-Hammett Prinzip.......................................................................................................................................49

Abbildung 91 : Ausbeuten mit Monoisopinocampheylboran...............................................................................................................67

Abbildung 92 : Industriell angewendete Katalysatoren zur enantioselektiven Hydrierung...................................................................70

Abbildung 93 : Mäglichkeiten der Noyori-Katalysatoren......................................................................................................................70

Abbildung 94 : Käufliche Reagenzmischungen...................................................................................................................................79

Abbildung 95 : Zusammenhang (Krel)..................................................................................................................................................85

Abbildung 96 : Enantiotope und Diastereotope Protonen...................................................................................................................89

Abbildung 97 : Abhängigkeit der Razemisierungsbarriere vom Substituënten....................................................................................92

Abbildung 98 : Größeneinfluss des Substituënten auf die Chelatisierung...........................................................................................97

Abbildung 99 : Zwei Tetramere.........................................................................................................................................................107

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Page 110: Stereochemie organischer Verbindungen

Stereochemie organischer Verbindungen

FormelverzeichnisFormel 1 : Umsetzung eines Alkohols/Amins mit Säure.....................................................................................................................32

Formel 2 : Derivatisierung für Röntgenbeugung.................................................................................................................................33

Formel 3 : Dimerisierung von Carbonsäuren......................................................................................................................................36

Formel 4 : CDA-Reagenzien 1............................................................................................................................................................37

Formel 5 : CDA-Reagenzien 2............................................................................................................................................................37

Formel 6 : Achirales Shiftreagenz.......................................................................................................................................................37

Formel 7 : Chirale Solvatisierungsreagenziën....................................................................................................................................38

Formel 8 : Komplexierung mit Lanthanid Shiftreagenziën...................................................................................................................39

Formel 9 : Derivatisierungsreagenziën für die GC..............................................................................................................................39

Formel 10 : Derivatisierungsreagenziën für die HPLC........................................................................................................................40

Formel 11 : Aufbau der Cyclodextrinphasen.......................................................................................................................................40

Formel 12 : Chirale Gruppen für modifizierte HPLC-Kieselgele..........................................................................................................41

Formel 13 : Achirales und “chirales” Ethanol......................................................................................................................................43

Formel 14 : Ganze Molekülteile als prochirale Gruppen.....................................................................................................................43

Formel 15 : Prochiralität von Carbonsäuregruppen............................................................................................................................43

Formel 16 : Prochiralität durch Substitution........................................................................................................................................43

Formel 17 : Prochiralitäts-Achsen und –Ebenen.................................................................................................................................44

Formel 18 : Beispiel für homotope Gruppen 1....................................................................................................................................44

Formel 19 : Beispiel für homotope Gruppen 2....................................................................................................................................44

Formel 20 : Homotopie, basierend auf Symmetriebtrachtungen.........................................................................................................45

Formel 21 : Homotrope Gruppen und Seiten......................................................................................................................................45

Formel 22 : Substitutionskriterium für enantiotope Gruppen...............................................................................................................46

Formel 23 : Konstitutope Carbonsäure...............................................................................................................................................46

Formel 24 : Anwendung des Additionskriteriums................................................................................................................................46

Formel 25 : Drehspiegeloperation.......................................................................................................................................................46

Formel 26 : Stereoselektive Synthese................................................................................................................................................49

Formel 27 : Stereokonvergente Reaktion...........................................................................................................................................49

Formel 28 : Prochirale Carbonylgruppe..............................................................................................................................................50

Formel 29 : Metallorganische Addition an eine Carbonylgruppe.........................................................................................................50

Formel 30 : TADDOL..........................................................................................................................................................................50

Formel 31 : Addition von Butyl-Lithium in Anwesenheit der chiralen Bisamine 1 und 2......................................................................50

Formel 32 : Addition von Lithium-Acetyliden an prochirale Carbonylgrupe.........................................................................................50

Formel 33 : Enantioselektive Addition eines Grignard Reagenz an Prochirale Carbonylgruppe.........................................................51

Formel 34 : Addition von Organo-Zink Verbindungen an prochirale Carbonylgruppen.......................................................................51

Formel 35 : Addition von Diethylzink an Carbonylgruppen.................................................................................................................51

Formel 36 : Chirale Hilfsstoffe zur Addition von Diethylzink an prochirale Carbonylgruppen..............................................................51

Formel 37 : Chirale Verstärkung.........................................................................................................................................................52

Formel 38 : Herstellung enantioselektiver organischer Verbindungen................................................................................................52

Formel 39 : Enantioselektive Addition von Acetyliden an prochirale Carbonylgruppen.......................................................................53

Formel 40 : Addition von CN- an eine Carbonylgruppe.......................................................................................................................53

Formel 41 : Beispiel 1 für diastereoselektive Addition chiraler Sulfoxide an Carbonylgruppen...........................................................54

Formel 42 : Beispiel 2 für diastereoselektive Addition chiraler Sulfoxide an Carbonylgruppen...........................................................54

Formel 43 : Synthese von (-)-Podorhizon...........................................................................................................................................54

Formel 44 : Erzeugung von chiralen Epoxiden...................................................................................................................................54

Formel 45 : Enantioselektive Erzeugung von chiralen Epoxiden unter Verwendung chiraler Sulfoniumylide......................................54

Formel 46 : Addition chhiraler Allen-Bor-Verbindungen an prochirale Carbonylgruppen 1.................................................................55

Formel 47 : Addition chhiraler Allen-Bor-Verbindungen an prochirale Carbonylgruppen 2.................................................................55

Formel 48 : Enantioselektive Reduktionen von prochiralen Carbonylgruppen....................................................................................55

Formel 49 : Al-BINOL-Komplex..........................................................................................................................................................56

Formel 50 : Enantioselektive Reduktion von Dialkylketonen...............................................................................................................56

Formel 51 : Meerwein-Pondorf-Verley Reduktion...............................................................................................................................56

Formel 52 : Enantioselektive Carbonylreduktionen durch β-Hydridtransfer von einem Kohlenstoff....................................................57

Formel 53 : Reduktion mit Chlorboran [(-)-IPC]2BCl...........................................................................................................................58

Formel 54 : Struktur der Pinene..........................................................................................................................................................58

Formel 55 : Die enantioselektive CBS Reduktion von Carbonylgruppen............................................................................................58

Formel 56 : Enantioselektive Reduktion von Carbonylgruppen durch BH3..........................................................................................59

Formel 57 : Mechanismus der CBS Reduktion...................................................................................................................................59

Formel 58 : Reduktionen von Carbonylgruppen mit Siliziumreagenziën.............................................................................................59

Formel 59 : Meerwein-Ponndorf-Verley Reduktion.............................................................................................................................60

Formel 60 : Asymmetrischer, chiraler Katalysator...............................................................................................................................60

Formel 61 : Enantioselektive Reduktion von prochiralen Carbonylgruppen........................................................................................60

Formel 62 : Reduktion von Carbonylgruppen und Iminen...................................................................................................................60

Formel 63 : Synthese chiraler Amine..................................................................................................................................................60

Formel 64 : Oppenauer Oxidation zur Razematspaltung....................................................................................................................61

Formel 65 : Direkte Hydrierung von Carbonylgruppen mit Wasserstoff..............................................................................................61

Formel 66 : Reduktion von β-Ketoestern mittels Hefe 1......................................................................................................................61

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Page 111: Stereochemie organischer Verbindungen

Stereochemie organischer Verbindungen

Formel 67 : Reduktion von β-Ketoestern mittels Hefe 2......................................................................................................................61

Formel 68 : Anwendung von Mikroorganismen zur enantioselektiven Reduktion von prochiralen Carbonylgruppen..........................62

Formel 69 : Beispiel für eine biochemische Reduktion.......................................................................................................................62

Formel 70 : Phasentransferkatalysierte Reaktionen mit chiralen Phasentransferkatalysatoren..........................................................62

Formel 71 : Allylierung von Carbonylgruppen.....................................................................................................................................63

Formel 72 : Synthese chiraler homo-Allylalkohole 1...........................................................................................................................63

Formel 73 : Synthese chiraler homo-Allylalkohole 2...........................................................................................................................63

Formel 74 : Asymmetrische Allylierung...............................................................................................................................................63

Formel 75 : Prinzip der asymmetrischen Synthese von vicinalen anti-Diolen.....................................................................................63

Formel 76 : Anwendung der Allyborierung in aktuellen Naturstoffsynthesen......................................................................................63

Formel 77 : Synthese eines Fragmentes von Nystatin A1..................................................................................................................64

Formel 78 : Syntheses eines Fragmentes von Epothilion A................................................................................................................64

Formel 79 : Synthese von Argentilacton mit > 99% ee.......................................................................................................................64

Formel 80 : Synthese reiner E oder Z Crotylkaliumverbindungen (nach Schlosser, Fujita, Brown, Bhat )..........................................64

Formel 81 : Crotylboration von α-substituierten chiralen Aldehyden...................................................................................................65

Formel 82 : Totalsynthese von Tetronasin..........................................................................................................................................65

Formel 83 : Enantioselektive Hydroborierungen.................................................................................................................................67

Formel 84 : Hydroborierung mit S,S-2,5-Dimethylborolan..................................................................................................................67

Formel 85 : Hydroborierung mit DINAP..............................................................................................................................................67

Formel 86 : Prinzip der Hydrosylisierung............................................................................................................................................68

Formel 87 : Enantioselektive Reaktionsführung durch chirale Katalysatoren......................................................................................68

Formel 88 : Intramolekulare Möglichkeiten der Hydrosylisierung........................................................................................................68

Formel 89 : Prinzip der Regioselektivität bei der Addition von Trichlorsilan an eine Doppelbindung..................................................68

Formel 90 : Anwendung der Reaktion nach Formel 89.......................................................................................................................68

Formel 91 : Synthese enantiomerenreiner α-Aminosäuren.................................................................................................................69

Formel 92 : DIOP-Ligand....................................................................................................................................................................69

Formel 93 : Regioselektivität mit DIOP-Ligand...................................................................................................................................69

Formel 94 : Erreichbare Selektivitäten mit Rh-Katalysatoren..............................................................................................................69

Formel 95 : Änderung der Ligandenkonfiguration bei unterschiedlichen Metallen im Katalysator.......................................................71

Formel 96 : Einleitung von Doppelbindungsisomerisierungen durch BINAP-Katalysatoren................................................................71

Formel 97 : DuPhos-Ligand................................................................................................................................................................71

Formel 98 : Drastische Hydrierbedingungen bei wenig aktivierten Doppelbindungen.........................................................................71

Formel 99 : Regioselektive Hydrierung bei nicht aktivierten Doppelbindungen...................................................................................72

Formel 100 : Ru-BINAP Biscarboxylatkomplex...................................................................................................................................72

Formel 101 : Reaktionen mit Carbonalgruppen..................................................................................................................................72

Formel 102 : Enantioselektive Hydrierung von Iminen........................................................................................................................72

Formel 103 : Ru-Binap-Ligand............................................................................................................................................................72

Formel 104 : Enantioselektive Hydrierung von nicht-aktivierten Doppelbindungen mit Iridiumkatalysatoren......................................72

Formel 105 : Synthese des Phosphoramidite-Katalysators................................................................................................................73

Formel 106 : Entstehung eines zweiten Stereozentrums....................................................................................................................73

Formel 107 : Vorgeschlagener Katalysezyklus zu Tabelle 10.............................................................................................................74

Formel 108 : Einsatzmöglichkeiten dieser Katalysatoren....................................................................................................................74

Formel 109 : Hydroformylierung.........................................................................................................................................................75

Formel 110 : Mechanismus der Hydroformylierung............................................................................................................................75

Formel 111 : enantioselektive Cyclopropanierung..............................................................................................................................75

Formel 112 : Scheinbare intermediäre Metallkomplexe......................................................................................................................75

Formel 113 : C2-symmerischer Cu-Bisoxazolin-Komplex....................................................................................................................75

Formel 114 : Schlecht kontrollierbare Diastereoselektivität obiger Reaktion.......................................................................................76

Formel 115 : Industrielle Anwendung der Cyclopropanierung.............................................................................................................76

Formel 116 : Asymmetrische Epoxidierung........................................................................................................................................76

Formel 117 : Herstellung chiraler Oxaziridinium-Salze und chiraler Dioxirane....................................................................................76

Formel 118 : Aus Fructose zugängliches Reagenz.............................................................................................................................76

Formel 119 : Nutzung von chiralen Porphyrinliganden.......................................................................................................................77

Formel 120 : Salen-Mn(III)-Komplex als effizienter Katalysator..........................................................................................................77

Formel 121 : Sehr guter Katalysator zusammen mit der katalysierten Reaktion.................................................................................77

Formel 122 : Selektive Synthese enantiomerenreiner trans-Stilbenoxide...........................................................................................77

Formel 123 : Epoxidierungen mit Jacobsen- und Que-Katalysator.....................................................................................................78

Formel 124 : Von Criegee vorgeschlagener Mechanismus................................................................................................................78

Formel 125 : PHAL-Liganden und AQN-Liganden..............................................................................................................................79

Formel 126 : Kaliumosmat-(VI)-dihydrat.............................................................................................................................................79

Formel 127 : cis-Dihydroxylierung......................................................................................................................................................80

Formel 128 : cis-Dihydroxylierung von monosubstituierten Olefinen..................................................................................................80

Formel 129 : cis-Dihydroxylierung von trans-disubstituierten Olefinen................................................................................................80

Formel 130 : cis-Dihydroxylierung von tetrasubstituierten Olefinen....................................................................................................80

Formel 131 : Polymergebundene Liganden........................................................................................................................................81

Formel 132 : Doppelte Diastereoselektivität.......................................................................................................................................81

Formel 133 : Folgereaktionen der cis-Dihydroxylierung......................................................................................................................81

Formel 134 : Umsetzung eines cyclischen Sulfates mit Benzamidin..................................................................................................82

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Page 112: Stereochemie organischer Verbindungen

Stereochemie organischer Verbindungen

Formel 135 : Synthese chiraler Epoxide aus den Diolen 1.................................................................................................................82

Formel 136 : Synthese chiraler Epoxide aus den Diolen 2.................................................................................................................82

Formel 137 : Aminhydroxylierung und Mechanismus.........................................................................................................................82

Formel 138 : Beliebte Stickstoffquellen...............................................................................................................................................83

Formel 139 : Synthese von cis und trans α,β-Diaminocarbonsäuren 1...............................................................................................83

Formel 140 : Synthese von cis und trans α,β-Diaminocarbonsäuren 2...............................................................................................83

Formel 141 : Sharpless Epoxidierung.................................................................................................................................................83

Formel 142 : Selektivitäten in der Reaktion (Sharpless Epoxidierung)...............................................................................................84

Formel 143 : Überschreibung der chiralen Information durch DET.....................................................................................................84

Formel 144 : Kinetische Razematspaltung.........................................................................................................................................84

Formel 145 : Synthese von Allylalkoholen..........................................................................................................................................85

Formel 146 : Synthesecyclus zur Bildung von Hexosen.....................................................................................................................86

Formel 147 : Desymmetrisierungen....................................................................................................................................................86

Formel 148 : Umsetzung von symmetrischen Epoxide zu asymmetrischen Verbindungen................................................................86

Formel 149 : Anwendung zu Formel 148............................................................................................................................................87

Formel 150 : Epoxidierung und die cis-Dihydroxylierung von Sharpless.............................................................................................87

Formel 151 : Desymmetrisierung durch enzymatische Reaktionen....................................................................................................87

Formel 152 : Anwendung zu Formel 151............................................................................................................................................87

Formel 153 : Enantioselektive Hydrolyse mit organischem Katalysator..............................................................................................88

Formel 154 : Stereoselektive Entfernung acider H-Atome..................................................................................................................88

Formel 155 : Selektiver Ersatz von pro-S D gegen H.........................................................................................................................88

Formel 156 : Umwandlung von n-BuLi zur chiralen Base...................................................................................................................88

Formel 157 : Selektive Abstraktion der pro-R und pro-S H durch chirale Basen.................................................................................88

Formel 158 : Razemisierung von cis-2,6-Dimethylcyclohexanon........................................................................................................88

Formel 159 : Bessere ee-Werte der Formel 158 durch Trimethylsilylchlorid.......................................................................................89

Formel 160 : Gleichgewichtsasymmetrische Transformation..............................................................................................................91

Formel 161 : Sterisch kinetischer Isotopeneffekt................................................................................................................................91

Formel 162 :retro-Diels-Alder Reaktion...............................................................................................................................................91

Formel 163 : Razemisierung durch pyramidale Inversion am Heteroatom..........................................................................................92

Formel 164 : Razemisierung über Intermediat....................................................................................................................................92

Formel 165 : Säurekatalysierte Razemisierung..................................................................................................................................92

Formel 166 : 1-Methyl-2-Phenylethyl-Phenylmethyl-keton..................................................................................................................93

Formel 167 : Razemisierung von Aminosäuren..................................................................................................................................93

Formel 168 : Razemisierung von Aminosäuren in Gegenwart von Aldehyden...................................................................................93

Formel 169 : Degussas biokatalytische Synthese von L- und D-Aminosäuren...................................................................................93

Formel 170 : Ganz-Zellen Biokatalyse von Aminosäuren...................................................................................................................94

Formel 171 : Addition eines Nukleophils an eine α-chirale Carbonylgruppe.......................................................................................95

Formel 172 : Beispiele für Cram-Selektivität.......................................................................................................................................95

Formel 173 : Felkin-Anh-Selektivität...................................................................................................................................................96

Formel 174 : Orbitalüberlappung und Energiegewinn.........................................................................................................................96

Formel 175 : Beispiel für Felkin-Anh-Selektivität.................................................................................................................................96

Formel 176 : Cram-Chelat-Kontrolle...................................................................................................................................................96

Formel 177 : Beispiele für Cram-Chelat-Kontrolle...............................................................................................................................97

Formel 178 : Ausbildung eines Sechsringchelates.............................................................................................................................98

Formel 179 : Besonderheiten der Cram-, Felkin-Anh- und Cram-Chelat-Selektivität..........................................................................98

Formel 180 : Reaktion eines Enolats mit einem Aldehyd....................................................................................................................99

Formel 181 : Angenommene Übergangszustände zu 180..................................................................................................................99

Formel 182 : Die wichtigsten Bindungslängen und zwei Beispiele......................................................................................................99

Formel 183 : Abhängigkeit des Produkts von der Konfiguration der Enolatdoppelbindung...............................................................100

Formel 184 : Erzeugung eines Li-Enolats durch Deprotonierung eines Ketons mit LDA..................................................................100

Formel 185 : Thermodynamisches, daher höher substituiertes Enolat.............................................................................................100

Formel 186 : Deprotonierung eines Ketons mit LDA (Fall A)............................................................................................................100

Formel 187 : Deprotonierung eines Ketons mit LDA (Fall B)............................................................................................................101

Formel 188 : Deprotonierung eines Ketons mit Borenolaten.............................................................................................................101

Formel 189 : Selektive Enolaterzeugung mit nachgeschalteter diastereoselektiver Aldoladdition....................................................101

Formel 190 : Addition eines chiralen Enolats an einen Aldehyd.......................................................................................................102

Formel 191 : Synthese chiraler α-Silyloxy-Ketone............................................................................................................................102

Formel 192 : Sterisch anspruchsvolle Synthese...............................................................................................................................102

Formel 193 : Enantioselektive Aldoladdition mit einem Masamune-Enolat.......................................................................................103

Formel 194 : Li-Enolat zeigt umgekehrte faciale Präferenz zum Borenolat.......................................................................................103

Formel 195 : Zusätzliche Koordinationsmöglichkeit des Lithiums.....................................................................................................103

Formel 196 : Darstellung eines Evans-Reagenzes ausgehend von Phenylalanin............................................................................103

Formel 197 : Aldoladdition eines Oxazolidinons...............................................................................................................................104

Formel 198 : syn-Evans-Produkt......................................................................................................................................................104

Formel 199 : syn-nicht-Evans-Produkt über Titan-Enolat.................................................................................................................104

Formel 200 : Weitere Reaktion zu Formel 199 (zusätzliche Koordinationsmöglichkeit des Titans....................................................104

Formel 201 : Allyl-1,3-Spannung Energetisch ungünstig..................................................................................................................104

Formel 202 : Der matched- und mismatched-Fall für syn-Evans......................................................................................................105

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Page 113: Stereochemie organischer Verbindungen

Stereochemie organischer Verbindungen

Formel 203 : Vorkomplexierung des Aldehyds mit Diethylaluminiumchlorid.....................................................................................105

Formel 204 : Reaktion über Z-konfigurierte Campher-Borenolate (nicht Zimmermann-Traxler).......................................................105

Formel 205 : Möglicher Ablauf der Reaktion (kein Zimmermann-Traxler-ÜZ)...................................................................................106

Formel 206 : Geschlossene Selbstreplikation...................................................................................................................................107

Formel 207 : Direkte Replikation.......................................................................................................................................................107

Formel 208 : Selbstreplikativ.............................................................................................................................................................108

GleichungsverzeichnisGleichung 1 : Definition des Brechungsindex.....................................................................................................................................25

Gleichung 2 : Unterschiedliche Lichtabsorption..................................................................................................................................25

Gleichung 3 : Optische Drehung.........................................................................................................................................................26

Gleichung 4 : Drehwertdifferenz.........................................................................................................................................................26

Gleichung 5 : Spezifischer Drehwert...................................................................................................................................................26

Gleichung 6 : Molare Drehung............................................................................................................................................................26

Gleichung 7 : Spezifische und molare Elliptizität................................................................................................................................28

Gleichung 8 : Drehung und Elliptizität des polarisierten Lichts bei chiralen Medien............................................................................29

Gleichung 9 : Standardkriterium zur Charakterisierung von Enantiomeren.........................................................................................33

Gleichung 10 : Optische Reinheit.......................................................................................................................................................35

Gleichung 11 : Berechnung des Enantiomerenüberschuss................................................................................................................35

Gleichung 12 : Enantiomerenverhäktnis.............................................................................................................................................35

Gleichung 13 : Enantiomerenüberschuss...........................................................................................................................................35

Gleichung 14 : Unterschiedliche Solvatisierung der Enantiomere.......................................................................................................38

Gleichung 15 : Zusammenhang (Krel)..................................................................................................................................................85

TabellenverzeichnisTabelle 1 : Symmetrieformen................................................................................................................................................................5

Tabelle 2 : Symmetrieelemente............................................................................................................................................................5

Tabelle 3 : Bekannte Trennungen mit chiralen Additiven in Einklang mit der „Chiralitätsumkehr-Regel“............................................21

Tabelle 4 : Arten von Licht..................................................................................................................................................................25

Tabelle 5 : ε-Werte und CD-Effekte typischer Chromophore..............................................................................................................30

Tabelle 6 : Enantioselektive Addition von Acetyliden an prochirale Carbonylgruppen........................................................................53

Tabelle 7 : Enantioselektive Erzeugung von chiralen Epoxiden unter Verwendung chiraler Sulfoniumylide.......................................55

Tabelle 8 : Reduktion von Carbonalverbindungen mit (+)-B-(3a-Pinanyl)-9-borabi-cyclo[3.3.1]boran bei RT in THF oder unverdünnt57

Tabelle 9 : Reduktion von Ketonen mit (-)-Diisopinocamphyl-chlorboran in THF bei -25 °C...............................................................58

Tabelle 10 : Reaktionsdauer und ee-Werte mit bimetallischen Katalysatoren....................................................................................74

Tabelle 11 : Beispiele für enantioselektive Epoxidierungen................................................................................................................78

Tabelle 12 : Zusammenhang (Krel)......................................................................................................................................................85

Tabelle 13 : Zusammenhang: Metall, Sunstituëntengröße und Selektivität.......................................................................................101

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