Der Magnus-Effekt

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150 | Phys. Unserer Zeit | 3/2010 (41) www.phiuz.de © 2010 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

M AG A Z I N |

gelagerte Windfahnen standen (Ab-bildung 2). Wurde der Zylinder inRotation versetzt und angeströmt, sobewegte sich die eine Fahne auf ihnzu, während sich die andere von ihmentfernte. Magnus interpretierte diesals Druckunterschied, aus dem dieAuslenkung des Zylinders im erstenVersuch resultierte.

Auch wenn der Magnus-Effektund die von ihm demonstriertenDruckunterschiede weiterhin alsBegründung für die seitliche Abwei-chung rotierender Kugeln verwendetwerden, war dies doch nicht dievollständige Erklärung. Lord Rayleigh(1842–1919) und insbesondere derAerodynamikforscher Ludwig Prandtl(1875–1953) zeigten, dass es auchReibungseffekte zwischen der Zylin-derwand und dem umgebendenMedium gibt. Hieraus resultieren sichablösende Wirbelschleppen, dieebenfalls eine Kraft auf den Zylinderausüben. Dies wird beispielsweise beiGolfbällen ausgenutzt, deren dellen-förmige Oberflächenstruktur bewusstso gestaltet ist, dass dieser Effekt zumTragen kommt.

Technisch spielt der Magnus-Effekt praktisch keine Rolle, auchwenn es zu Beginn des 20. und des21. Jahrhunderts Versuche gab, mitFlettner-Rotoren, die auf dem Mag-nus-Effekt basieren, Schiffe anzutrei-ben (Physik in unserer Zeit 2009, 40(5), 256). Diese Versuche entspran-gen jeweils Situationen, in denen ausökonomischen Gründen Alternativenzu herkömmlichen Schiffsantriebengesucht wurden. Letztlich konntesich diese Technologie aber bishernicht durchsetzen.

LiteraturM. Ecke, F. Rieß, Der Magnus-Effekt, in: GustavMagnus und sein Haus, D. Hoffmann (Hrsg.),GNT, Stuttgart 1995, S. 65.G. Magnus, Poggendorffs Annalen 1853, 88, 1.

Internetwww.dpg-physik.de/dpg/magnus/ge-schichte.htmlwww.sammlungen.hu-berlin.de/dokumente/219/

Peter Heering, Uni Flensburg;Falk Rieß, Uni Oldenburg

PH YS I K G E S T E R N U N D H EU T E |Der Magnus-EffektEiner der klassischen Effekte, die in der Alltagsphysik eine Rolle spielen,ist der Magnus-Effekt. Schon Newton hat ihn beschrieben, doch einekonsistente Erklärung lieferte erst der Berliner ExperimentalphysikerGustav Magnus (1802–1870).

Gustav Magnus ist physik-historisch insbesondere

deshalb bedeutsam, weil er das erste physikalischeAusbildungslaboratorium in Deutschland etablierteund mit dem von ihmveranstalteten Kolloquiumeine Einrichtung schuf, ausder zumindest mittelbar dieDeutsche Physikalische

Gesellschaft hervorging. Der nachihm benannte Effekt erklärt zumBeispiel das seitliche Abweichenrotierender Bälle von ihrer gerad-linigen Flugbahn, wie es etwa beiBananenflanken im Fußball oder beigeschnittenen Bällen beim Tennisauftritt (Physik in unserer Zeit 2006,37 (3), 122).

Magnus war in der zweiten Hälftedes 19. Jahrhunderts einer der füh-renden Experimentalphysiker undpublizierte 1851 eine Arbeit unterdem Titel „Über die Abweichung derGeschosse.“ Wie der Titel andeutet,stammte diese Fragestellung ur-sprünglich aus der Ballistik: Seit

langem war es eine ungeklärte Frage,warum Kanonenkugeln nicht gerade-aus flogen, sondern seitlich abwi-chen. Allerdings war dies zum Zeit-punkt von Magnus’ Untersuchungenkein aktuelles Thema mehr, da mitt-lerweile Spitzprojektile verwendetwurden, bei denen der Effekt so nichtmehr auftrat.

In seiner Publikation beschriebMagnus zwei Demonstrationsaufbau-ten, mit denen er die physikalischenHintergründe dieses Effekts illustrier-te. In beiden Fällen verwendete ereinen rotierenden Messingzylindersowie ein Zentrifugalgebläse, daseinen laminaren Luftstrom erzeugte.Im ersten Aufbau war der Zylinder aneinem horizontalen, im Schwerpunktdrehbar aufgehängten Stab befestigt.Der Zylinder wurde in Rotationversetzt und angeblasen. Dies führtezu einer seitlichen Ausweichbewe-gung, je nach Drehrichtung desZylinders.

Im zweiten Versuch war derZylinder fest angebracht, währendrechts und links von ihm drehbar

Abb. 1 Nachbau des Magnusschen Demonstrationsapparats an der Universität Oldenburg mit Gebläse(rechts) und Rotationszylinder (links). Kleine Papierfähnchen zeigen die von der Drehrichtung des Zylin-ders abhängende Strömungsgeschwindigkeit an. (Fotos: F. Rieß, Universität Oldenburg).

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