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Ausgabe 46 / II. Quartal 2012
Spektrum der Mediation
www.bmev.deDie Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation e. V.
Berichte zum Thema
Coaching-assistierte MediationGlaubenssätze und ihre VeränderungKlärung durch Aufstellung
Qualitätssicherung & Weiterentwicklung
Supervision in der Ausbildung
Interkulturelle Mediation
Neue Wege bei Kindesentführungen
Berichte aus dem BM
Zwölf Jahre Webmaster –
Christian Bähner
Mediation und Coaching
Das Portrait4 BrückenbauerzwischendenKulturenRobertErkanimPorträt
Berichte zum Thema5 Spielenwirambesten,wennderGegnernichtdaist?G.Barth&C.Söfftge
8 Coaching-assistierteMediationJ.Fenner
13 GlaubenssätzeundihreVeränderunginderMediationT.Kemper
18 MediationundCoachingD.Klappenbach
24 KlärungdurchAufstellenJ.Pahnke
27 CoachingstattMediationT.Robrecht
32 MediationsorientiertesCoaching(med.or.c©)H.Neubert-Klaus
34 UnterscheidenmitSinn,LustundRespektK.Kreuser
Qualitätssicherung & Weiterentwicklung36 KlärungshilfeundinnerbetrieblicheMediation,TeilIIT.Metzger
44 WoSupervisiondraufsteht,sollteauchSupervisiondrinsein
C.vanKaldenkerken
Interkulturelle Mediation 48 EuropäischeFamilienmediatorInnen:NeueWegebeiKindesentführungen
A.Loebel,C.Mattl&C.S.Thomsen
Berichte aus dem BM 52 WirwerdenimmerPionierebrauchenKGOE–Koordinierungsgruppe
Organisationsentwicklung
54 VonderHomepagezurumfangreichenWebsiteChristianBähner
verabschiedetsichalsWebmaster
Bücher und mehr 56 EineeigeneHomepage?A.Dufeu&C.Oschmann
57 EinfachmalNichtstun!M.Weisbord&S.Janoff
58 SCHAM–dietabuisierteEmotionS.Marks
59 InsideMediation,Lehr-DVDLisRipke
60 GiraffeaufsHandy–EmpathieaufKnopfdruck?A.Weckert
62 GelassenheitdurchAuflösunginnererKonflikteA.C.Wagner
63 »DerKonfliktweißallesbesser!«R.Bauer-Mehren&A.Köstler
Hinweise64 Ankündigung:Mediation–Konfliktkulturgemeinsamgestalten
66 Impressum
InhaltMediation und Coaching
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
wennesdenneinevorrangigeAufgabe
gibt,dieBerufsverbändefürCoachesund
MediatorInnen(sowieauchTherapeuten,
Supervisoren,Trainer,…)leisten,sosinddies
DefinitionundSicherungvonQualität,Ethik
undProfessionalität.DiesmussjederBerufs-
verbandperSatzungundperAusbildungs-
richtlinieninseinemBereichgewährleisten.
DieexakteBeschreibungdesBerufsfeldes
sowiedieklareDefinitionvonGrenzendes
Handelnsgehörenunverzichtbardazu.
Möglicherweiseschwierigwirdesdort,wo
definierteTätigkeitsfeldereinanderüber-
schneiden–soinnichtgeringemUmfang
dieSchnittmengevonCoachingundMe-
diation.EineKlarheitinderDefinitionder
UnterschiedlichkeitenundderGrenzlinien
zwischendiesenbeidenDisziplinenistdefini-
tivnichtdurchKampfundKonkurrenzzuer-
reichen,sondernnurdurcheinenintensiven,
kollegialgeführtenDialogderDisziplinen.
DerBundesverbandMediation(BM)undder
DeutscheCoachingVerband(DCV)wollen
diesenDialogimSinnhöchsterProfessiona-
litätführen–gemeinsamzurWahrungihrer
Aufgaben.EinLeitsatzdesDCVlautet»Ko-
operationstattKonkurrenz«.Beiimmerun-
übersichtlicherwerdendenAnbieter-und
KlientenmärktenwirdeskeinleichtesUnter-
fangensein,sichmiteinerquasikollektiven
GelassenheitderBetrachtungvonUnter-
schiedenundGemeinsamkeitenzustellen.
WelcheDisziplinfängtwoan,welcheDiszi-
plinhörtwoauf?MediationundCoaching
müsseninHinsichtaufGemeinsamkeiten,
UnterschiedeundChancenfürSynergien
überprüftwerden.ProfessionalitätimUm-
gangmitKlienten,Werteorientierungund
Haltung,EthikundSouveränität–allesun-
abdingbareGrundlagenfüreineTätigkeitals
MediatorInoderalsCoach.
DiegleichenWerteundQualitätenwerden
DCVundBMdieBasisfürdieindividuelle
undgemeinsameDiskussionderZukunft
bieten–nichtzuletztsollauchdasSpektrum
derMediationhierfüralsPlattformdienen!
Lutz Salamon
Vorstandssprecher des DCV
Das Portrait
haben.BeideneinBeispielgeben,empo-
wernundIntegrationvorleben,dasist
ErkansZiel.Soistauchderinternationa-
leKulturvereinausgerichtet,denRobert
ErkanAnfang2012mitanderenzusam-
mengegründethat.DerKulturverein
»C2C-CulturetoCulture«plantundor-
ganisiertzurzeitdasersteinternationa-
leKinofilmfestivalinHanau.
ÜberdenFilmfindetsichhierderBrü-
ckenschlagauchzurFotografiewieder.
Mit14JahrendrückteihmderVatersei-
neSpiegelreflexkameraindieHand.
SchnellerkannteErkan,dassermitBil-
dernseinenEmotioneneineGestaltge-
benkonnte.InderSchulewarer»derFo-
tograf«,entwickelteganzklassischim
schwarz-weiß-LabordieBilderundstell-
tesiefürdieAbizeitungzusammen.
»MitderGeburtmeinerbeidenKinder
hatsichdieLeidenschaftfürFotografie
wiebeiallenElternnocheinmalgestei-
gert.«ErkanentdeckteseineVorliebefür
SonnenblumenundMakroaufnahmen,
dieeraufLeinwand,AlubondsundinFo-
tobücherninSzenesetzte.
Biszu3000FotosentstehenjedesJahr
inzwischenvorallemaufFernreisen.
»HierfindeichdasUrsprüngliche,die
Landschafterdetmich.DurchFotos
kannichauchKleinigkeitenfesthalten«,
soErkan.
LetztesJahristdergelernteBankkauf-
mannnach25JahrenVertriebstätig-
keit,u.a.alsMitgesellschafter,Unter-
nehmerundVorstandineinemeigenen
UnternehmenderVersicherungsbran-
cheausdembisherigenBerufsleben
ausgestiegen.DerKommunikationstrai-
nerunddieeinjährigeMediationsaus-
bildungmitSchwerpunktWirtschaft
warfürihnderEinstiegineinenneu-
enLebensabschnittunddenAufbausei-
nerneuenUnternehmung.Schnellfand
erzumBMundzuseinemAufgabenge-
biet–denRechtschutzversicherern.Das
bereitsvonErwinRuhnauundWalter
LetzelbeackerteFeldbestelltRobertEr-
kanalsSprecherderProjektgruppeMe-
diation&Rechtsschutznungemeinsam
mitweiterenProjektmitgliedernwei-
ter.GesprächemitdenVerantwortlichen
zeigendemMarketingexpertenErkan,
wiesichderBMnachaußendarstellen
sollte,damitdieAnsprüchederVersi-
chereranMediatorInnenerfülltwerden.
ErsprichtdieSprachederUnterneh-
menundversteht,wennesum»ser-
vicelevels«und»Handlungsleitfäden«
geht.Erlässtnichtlockerimbürokra-
tischenDschungelundprofitiertdabei
vonseinerfrüherenTätigkeitalsSchnitt-
stellezwischenConsultantsundVer-
sicherern.»IchmöchtedenBMvoran-
bringenundfürdiewertvolleArbeitder
MediatorInnenwerben«,beschreibter
seineMotivationundkönntedamitein
BrückenbauerfürdieverschiedenenKul-
turenimVerbandwerden.
Nachdem in Ausgabe 44 ein Media-
tor und Fotograf seine Bilder hono-
rarfrei zur Verfügung gestellt hat,
können wir in dieser Ausgabe Auf-
nahmen von Robert Erkan zeigen.
Für weitere Fotokünstler und ande-
re Bildschaffende besteht ebenfalls
diese Möglichkeit, sich hier zu prä-
sentieren.
»Ich kann Brücken bauen. Das habe ich
schon in meiner Kindheit gelernt.«Ro-
bertErkanbezeichnetsichalsDolmet-
scher,derzwischendenKulturenseiner
Elternvermittelthat.EristimSpan-
nungsverhältniseinerkatholischen
MutterausKroatienundeinemmusli-
mischemVaterausderTürkeigroßge-
worden.1966inFrankfurtamMainge-
boren,erlebteerseineKindheit,geprägt
vonderFragenachDeutschsein,Identi-
tätundseinenWurzeln.»Ichhabemei-
nenMilitärdienstinderTürkeiohneein
Worttürkischzukönnen,absolviert«,
erzählter.InDeutschlandgabesimmer
nureinemöglicheIdentität,dieihm
zugedachtwurde–Deutschland,Jugos-
lawienoderTürkei.MitdieserPrägung
engagiertsichRobertErkanheuteauch
aufderpolitischenBühne.Dievonihmin
HanaugegründeteWählergruppierung
»ForumGemeinsamesHanau«mitihrem
Motto»andersunddeutsch«undalsge-
wähltesMitgliedimAusländerbeiratder
StadtHanau,wurdensiefürdendeut-
schenEngagementpreis2012nominiert.
InZeitenderIntegrations-undMigra-
tionsdebatteundbeieinemAnteilvon
40%derMenschenmitMigrationshin-
tergrundkannerIntegrationsunwillige
erreichen,»ohnegleichineineRassis-
teneckegestelltzuwerden«,soErkan.
EsgibtaberauchvieleMenschen,diein
Deutschlandgeborenoderaufgewach-
sensind,wieerselbst,ihreelterlichen
Wurzelnjedochnegierenoderverloren
Brückenbauer zwischen den KulturenRobert Erkan im Porträt
*RobertErkanMediatorundsystemischerCoachmitSchwerpunktWirtschaftundVersicherungen
*E-Mail:robert@erkan-communication.dewww.erkan-communication.de
Kontakt
Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation4
Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation 5
Spielen wir am besten, wenn der Gegner nicht da ist?
Gernot Barth & Cordula Söfftge
wirddavonausgegangen,dassdie
KlientIndieeigenenRessourcenzur
Problemlösunggrundsätzlichbe-
sitzt,dieseaberaktuellnichtzugäng-
lichsind.DieKlientInbleibtwährend
dergesamtenIntervention»ExpertIn«
fürdaseigeneLeben.ZentraleAufgabe
einesCoachesodereinerMediatorInist
esdabei,denProzesszusteuern.
CoachingundMediationbasierenauf
dengleichenzentralenPrinzipien:der
Ergebnisoffenheit,derAnnahmeder
EigenverantwortungderKlientInnen,
demGrundsatzderFreiwilligkeitder
Teilnahme,derVertraulichkeitderIn-
»Im Fußball verkompliziert sich alles durch das Vorhandensein der gegnerischen Mannschaft« (Jean Paul Sartre).
In diesem Artikel gehen wir der Frage nach, wie sich die Steuerung von Konfliktlösungsprozessen durch
die Anwesenheit der gegnerischen Partei(en) verändert. Hierbei nutzen wir unsere Berufserfahrung
als Coach und MediatorIn. Betrachtungsgegenstand ist die Lösung einer Konfliktsituation am Beispiel
eines Einzel-Coachings im Vergleich zum Setting der Mediation.
Gemeinsame »Spielregeln« GrundsätzlichhabenCoachesund
MeditorInneninvielerleiHinsichtein
gleiches(theoretisches)Grundver-
ständnis,wieMenschenLösungen
entwickelnkönnen.Beideunterstüt-
zenKlientInnenzeitlichbegrenzt–
imSinneeinerKurzzeitintervention
–beiderLösungsfindunginschwie-
rigenoderkomplexenSituationen.
CoachesundMediatorInnenverste-
hensichdabeialseineArt»Katalysa-
tor«fürdenProblemlösungsprozess–
Zielistes,dieHandlungskompetenz
derKlientInnenundderenSelbstre-
flexionsfähigkeitzuerweitern.Hierbei
haltesowieeinemressourcenorien-
tierten(vs.problemzentrierten)Vor-
gehen.Wesentlichistauchdieinnere
HaltungderMediatorInbzw.desCoa-
cheshinsichtlichdereigenenNeutra-
lität,VerschwiegenheitundTranspa-
renz(z.B.keine»undercover-Aufträge«
durchdenAuftraggeber).
WenngleichauchPrinzipienundHal-
tunginvielerleiHinsichtkongruent
sind,sounterscheidetsichdasVerfah-
rendesEinzel-CoachingsimKonflikt
unddessenFührungwesentlichdurch
dieAnwesenheit»dergegnerischen
Mannschaft«imMediationsverfahren.
Berichte zum Thema
Berichte zum Thema
Die Gegenseite ist anwesendCoachingundMediationsindProzesse
derIdentitätsbildung.ImErgebnissol-
lendieMediandInnen/Coacheeswis-
sen,wersiesindundwassiewietun
wollen.InKonfliktsituationendefinie-
renwirunsineinemunreflektierten
Zustand,v.a.überVorwürfebzw.»Du-
Botschaften«(»derhat/derist...«)in
Abgrenzungzur»Gegen«seite.DieEin-
zelsitzungssituationimCoachingkann
beieinemgutenVertrauensverhältnis
zumCoach(»mein«Coach)einever-
gleichsweiseschnellere,emotionalere
undtiefereÖffnungbezüglichderei-
genenAnteileanderSituationermög-
lichen.InderMediationistesschwie-
riger,denTeufelskreisderVorwürfezu
durchbrechen,dadasRisikobesteht,
imSelbstbehauptungsprozess(Win-
dowI),das»Gesichtzuverlieren«(Wie
starkvertraueichz.B.derMitmedian-
dIn,dasswirklichnichtsnachaußen
getragenwird?).Manbefindetsich
permanentvordemanderenaufdem
»Präsentierteller«.Zudembestehtal-
leindurchdiePräsenzdesKonfliktgeg-
nerseinkörperlichmessbarererhöhter
Stresslevel(Kampf-oder-Flucht-Modus)
beidenBeteiligten,derdieWahrneh-
mungs-,Denk-undVerhaltensvorgän-
gebeeinflusst(z.B.selektiveWahr-
nehmung,self-fulfillingprophecy,
eingeschränkteVerhaltensalternativen
etc.)unddenKonfliktlösungsprozess
erschwert.Andererseitswerdendie
MediandInnendurchdiekonsequente
MethodikderSelbstbehauptungqua-
sidazu»gezwungen«,ihreIdentität
zunehmendüberdieeigenenBedürf-
nisseundnichtdurchdieAbgren-
zungzurGegenseitezudefinieren.
Wenndiesgelingt,kanndieInteres-
senphase–geradeweil(!)der/dieAn-
dereanwesendist–zueinerStärkung
desSelbstführenundineinbesseres
Selbstvertrauenmünden.Dieserhöht
dieProblemlösungskompetenzder
MediandInnen.AuchimFußballsport
sindgeradediejenigenMannschaften
erfolgreich,diesichihrerselbstbe-
wusstsind,ihreneigenenStilhaben
undsichnichtausschließlichoderpri-
märaufdenGegnerkonzentrieren.
WährendeineCoachingsitzungkeinen
unmittelbarenEinflussaufdenKonflikt
hat,sondernsichdasErgebnisderSit-
zungerstimVerhaltendesCoacheesim
realenUmfeldauswirkt,hateineMe-
diationimmereinendirektenEffektauf
dasKonfliktgeschehen(Deeskalation
oderggf.EskalationinderSitzung).Ei-
neCoachingsitzunggleicht–umim
Bildzubleiben–ehereiner»Trainings-
einheit«zurVorbereitungaufeinSpiel
–dieMediationssitzungISTdasSpiel.
DysbalancensinddaherinjederHin-
sichtzuvermeiden.Dieserschwerteine
ggf.notwendigeindividualisierteVor-
gehensweise.ImCoachingkönnen
dagegenpersönlicheDefizitez.B.
imKommunikationsverhaltenbzw.
vonEinstellungendesEinzelnenzielge-
richtetbearbeitetwerden,wiez.B.die
emotionaleVerarbeitungeinerTren-
nungssituation.DieMediatorInhatin
methodischerHinsichtweniger»Hand-
lungsspielraum«alseinCoach,dessen
»Werkzeugkoffer«jeweilssehrunter-
schiedlichbestücktseinkannversus
derMediationmiteinemweitgehend
standardisiertenAblauf.
DieMediatorInmusswiederCoachpar-
teilich(!)sein,InteressenvertreterInder
KlientInnen;jedocherhöhtsichdanndie
Schwierigkeit:EineMediatorInmussAll-
Parteilichsein(»unsere«MediatorIn).Ei-
neweitereerhöhteAnforderungandie
MediatorInistes,dieAufmerksamkeit
gleichmäßigaufmehrerePersonenzu
verteilen(z.B.hinsichtlichderBeobach-
tungderKörperspracheoderRedezeit),
umUngleichgewichtezuvermeiden.
Konzentriertmansichgeradeaufeine
Partei,kanndieandere»aussteigen«.
DieseAnforderungsteigtmitderAn-
zahlderMediandInnenwieinTeamkon-
flikten.Esbedarfalsokommunikativer
Techniken,umalleParteien»imBoot«
zuhalten.Besonderssensibelsollteei-
neMediatorInhinsichtlichderWort-
wahlsein.Äußerungen,dieimCoaching
(wenngleichesauchmitunteralsein
methodischerFehlerinder»reinenLeh-
re«angesehenwird)möglichsind,kön-
nenineinerMediationzum»Prozesskil-
ler«werden,wiez.B.würdigendeund
wertschätzendeSätzewie»Dahatten
Sieesjawirklichschwer.«;»DieseAuf-
gabehabenSiejawirklichgutgelöst.«;
»Esistschonetwasunverschämt,dass
HerrXSieindieandereAbteilungge-
schickthat.«;»Ichglaube,Siesindeine
ganzstarkeFrau.«;»WashaltenSieda-
von,dasProblemaufWeiseXzulösen?«
DieseAussagenkönneneinenCoachee
ggf.stärken–diedurchdiegleichenÄu-
ßerungenentstandeneDysbalanceim
Mediationsprozesskannzumunmittel-
barenEntgleitenderMediationbzw.Es-
kalationdesKonfliktsführen.DieReak-
tionderMediandInnenerfolgtimmer
alsunmittelbareResonanzaufdasGe-
Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation6
Berichte zum Thema
sagte.DieMediatorInwirdnichtmehr
alsallparteilichbzw.neutralwahrge-
nommen.UmdasBlattwiederzuwen-
den,mussschnell,flexibel,selbstre-
flektiertundempathischinterveniert
werden(z.B.AnsprechenaufderMeta-
ebene).ÄhnlichesgiltfürdenUmgang
mitRatschlägen.
WährendmancheCoachesdenAnsatz
vertreten,dassRatschlägewährenddes
Coachingssinnvollseinkönnen,gibt
esauchdieGegenposition,insbeson-
dereausdezidiertsystemischerSicht,
dasseinCoachkeineRatschlägegeben
sollte.RatschlägeimRahmeneinerMe-
diationkönnenwiederumeine»Schief-
lage«hinsichtlichderAllparteilichkeit
derMediatorInerzeugen,wassichim
Gesprächsverlaufspiegelnwird.Inhalt-
licherInputdurchdieMediatorInsollte
daher–wennüberhaupt–ausschließ-
lichaufdieOptionsphasebegrenztsein
undistineinerMediationmitnoch
mehr»Vorsichtzugenießen«alsim
SettingeinesCoachings.
DoppelpassHinsichtlicheinesmöglichenZu-
sammenwirkensvonEinzelcoaching
undMediationinKonfliktfällense-
henwireinweitesFeld,dassunse-
rerErfahrungnachnochnichtinal-
len»Spielarten«genutztwird.Prinzip
dernachfolgendenÜberlegungenist
nachwievordieTrennungderRol-
levonCoachundMediatorIn,d.h.be-
gleiteicheineKlientInalsCoach,kann
ichindiesemFallnichtalsMediatorIn
agierenundviceversa.Verfügtman
persönlichüberKompetenzeninbei-
denBereichenisteswichtig,dassden
KlientInnentransparentist,inwelcher
Rollemanagiertbzw.dassmannurei-
nederbeidenRollenjeFalleinnehmen
kann.DenkbaristdieKombinationbei-
derMethodenz.B.Coachingeinzelner
MediandInnenalsVorbereitungaufei-
neMediation.Dieserscheintbeson-
dersinFällensinnvoll,indeneneine
hoheemotionaleBetroffenheitaufei-
nerSeitegegebenist.Imeherrational
ausgerichtetenVerfahrenderMedia-
tionkanndieszum»Kreiseln«odergar
StockendesProzessesführen.
BesondersbeiFamilienmediationenim
FalleinerTrennungfindetmandiese
Situationsehrhäufig.OftisteinePar-
teigarnichtzurMediationbereitbzw.
befindetsichineinemfrüherenVer-
arbeitungsstadiumderTrennungund
istgefühlsmäßignochzustarkbe-
troffen(i.d.R.gekränkt),umsichdem
FindenvonLösungenzuwidmen.Die
emotionaleStabilisierungkönntegut
imRahmeneinesvorbereitendenoder
auchbegleitendenCoachingsbearbei-
tetwerdenunddamitdirektdieWahr-
scheinlichkeiteinererfolgreichenMe-
diationerhöhen.Zudiskutierenbleibt
indiesemZusammenhangdieMög-
lichkeit,dasimdeutschenMediations-
raumwenigangewandteCaucus
CoachingindieMediationderartzu
integrieren,dassmediativeundCoa-
ching-Technikenbzw.dasCoaching
durcheinePersonangewandtwerden.
»UnsereMediatorIn«würdebildlich
gesprochenzu»meinemCoach«wer-
denunddannwiederzurückkehren.
DasRisikoausderSichtdesMedia-
tionsverfahrenswärediedamitge-
fährdeteTransparenzdesProzesses.
DieMediatorInmüssteesgegenü-
berdenMediandInnenzurBedin-
gungmachen,dassallegewonnenen
InformationenwiederindasVerfah-
reneingebrachtwerdendürfen.An-
sonstenbestehtnebenderVerletzung
desTransparenzprinzipsauchdieGe-
fahrderVerstrickungderMediatorIn.
DamitwürdesichdieMediatorInin
unzulässigerWeiseindasKonfliktlö-
sungsverfahren»einbringen«.Umim
BilddiesesArtikelszubleiben,wärees
wiemiteinemSchiedsrichter,derin
derHalbzeitpauseüberdiefinanzielle
NotlageeinesFußballvereinsbeieiner
Niederlageinformiertwird.
Etwasprovozierendmöchtenwirda-
herdieArgumentationumCoaching
undMediationimFußballbildschlie-
ßen.Esistschwierigundanspruchs-
voll,eineMannschaftaufeineAusein-
andersetzungvorzubereiten.Allerdings
verkompliziertdieAnwesenheitdes
GegnersnichtdasSpiel,sonderndiese
machtdasFußballspielalssolches
erstmöglich.
*Dr.GernotBarth
Pädagoge,DirektorAkademiefürSozia-lesundRecht(SHB),LeiterSteinbeisBe-ratungszentrumWirtschaftsmediationLeipzig-Stuttgart,Wirtschafts-undFa-milienmediatorseitzehnJahren.
*E-Mail:gernot.barth@stw.dewww.steinbeis-leipzig.de
*CordulaSöfftge
Diplom-Psychologin,seit2008tätigalsCoach(DCVzertifiziert)mitdenSchwerpunktenFührungskräfteent-wicklung,EmotionscoachingundReiss-Profile;MediatorinfürWirt-schaftundFamilie(Steinbeis).
*E-Mail:cordula.soefftge@web.dewww.cordula-soefftge.de
AutorInneninfo
7Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation
8 Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation
Berichte zum Thema
Coaching-assistierte Mediation
JoAchim Fenner
sprungs«liegtinderAbfolge,istalso
inderStrukturdesProzesseszusehen.
SchauenwirandieserStelleaufdie
»Wertehierarchie«oder»Wertepyra-
mide«,diesooderähnlichBasiswis-
senfürMediatorInnenundCoachesist
(s.hierzuAbb.1):InPhaseIdesVer-
fahrensarbeitenwiraufdenEbenen
1und2,esgehtalsoumFähigkeiten
undVerhalten.SchaffendieParteien
es,einenklarenKontraktzuschlie-
ßenundsichIhreverbindlichenAr-
beitsvereinbarungenzugeben?InPha-
seIIgehtesumdieDarstellungund
dieWahrnehmungderPositionen.Al-
soebensoumdenUmgangmitFähig-
keitenundVerhaltensowiezusätzlich
umdieEbenederÜberzeugungen
(derEinfachheithalbersindhierdie
»Glaubenssätze«integriert).
PhaseIII–dasHerausarbeitender
eigenenInteressen–wirktals»Kern
desVerfahrens«,wenntatsächlicheine
BeschäftigungderKonfliktparteienmit
denjeweiligenWertenunddereigenen
Identitätstattfindet.
PhaseIV–dieErarbeitungvonLösungs-
optionen–kannvonder»einfachen«
Vertragsverhandlung(Stufen1und2)
bishinzursinnstiftendenLösungeines
Konflikts(Stufe6)reichen(z.B.beiRe-
gelungenzurUnternehmensnachfolge.
WirfokussierenhieraufWirtschafts-
MediationundWirtschafts-Coaching).
Eine der in dieser Kürze markantesten Definitionen des Mediations-Verfahrens lautet: »Mediation
ist ein strukturiertes Verfahren zur kooperativen Bearbeitung von Konflikten, bei dem die Beteiligten
unter Anleitung eines allparteilichen Dritten eigene Lösungen erarbeiten.« So weit, so gut! Was je-
doch soll geschehen, wenn die »Struktur« allein nicht wirkt? Wenn die Konfliktparteien (noch) nicht
über die Fähigkeit verfügen, die Chancen zur Veränderung zu erkennen?
DasMediationsverfahrenge-winntseinebesondereWirk-samkeitausseinemstruktu-rellenAblauf:Positionenformulieren,
Themen(felder)beschreiben,Interes-
senerkennen.Dasbedeutet,vom»ich
will«,überdieFrage»worübermüssen
wirhierreden«,hinzum»dasistmir
besonderswichtig,dasleitetmich«zu
gelangen.EinKonflikt,deraufderEbe-
nevonForderungenausgetragenwird,
hatstetsseineWurzelnindergegen-
seitigundfürsichselbstnichtbeach-
tetenBedürfnis-bzw.Interessenlage
derBeteiligten.DiebesondereBeto-
nung(undauchdietatsächlicheWirk-
samkeit)desobenformulierten»Drei-
Abb.1:Wertehierarchie
Wertehierarchie
ImklassischenMediationsverfah-
renistdasInstrumentvonEinzelge-
sprächen(auch:Shuttle-Mediation,
Caucus-Mediation)wohlbekanntund
wirdgeradeauchinschwierigenPha-
seneinesMediationsverfahrensprak-
tiziert.AndieseFormlehntsich–zu-
mindestinTeilaspekten–diehier
vorgestellteIntegrationdesCoaching-
Ansatzesan.AllerdingsmitdemAn-
spruch,diebesonderenSicht-und
Wirkungsweisendessystemischen
Coachingserfolgreichundeffektivein-
zusetzen.CoachingindiesemSinnist
ebensowiedieMediationein»ziel-,
lösungs-undressourcenorientiert(es)«
Verfahren(vgl.»Ethikrichtlinien«des
DCVe.V.).Coachingzielt–ebensowie
dieMediation–aufdiebewussteVer-
antwortungsübernahme,dieEigen-
verantwortlichkeitderBeteiligten
(MediandInnenundCoachees)ab.
Aus der Praxis: Das »Vorab-Coaching« (Phase I)NichtseltenscheiternMediationsver-
fahrenbereitsimVorfeld.Mediation–
wieauchCoaching–istüberraschend
oftmitÄngstenbelegt.DieUnsicher-
heit»wasdaaufmichzukommt«äu-
ßertsichrechthäufiginBlockaden,in
AbwertungengegenüberdemVerfah-
renoderauchineinem»Als-Ob-Einver-
ständnis«(»…ichtuemalso,alsobich
einverstandenwäre…«).Eshatsichals
sehrwirkungsvollerwiesen,insolchen
Fällen,indenenEingangsblockadenvon
erheblicherBedeutungsind,einbisdrei
Coaching-Sitzungenvoranzustellen.
Konkretbedeutetdies,dasMediations-
verfahrenineinerEingangssitzung(ge-
meinsammitdemAuftraggeber)zu
vereinbaren,dannjedochindividuell
mitjederKonfliktparteimiteinem
(Mini-)Coaching-Prozesszustarten.
DieParteienwerdenvorabinunterstüt-
zendwirkendenEinzel-Coachingsindie
Lageversetzt,denAnforderungendes
Verfahrensgerechtwerdenzukönnen.
AufkeinenFalldürfendieprozessver-
antwortlichenMediatorInnendenHin-
weisunterlassen,dassessichhierum
deutlichzuunterscheidendeSettings
handelt.Coaching-undMediations-
prozessdürfennichtmiteinanderver-
mengtwerden.Wennicheinenkurzen
Coaching-Prozessvordemeigentlichen
Mediationsverfahreninstalliere,dann
mussdeutlichwerden,dasseshier-
bei(noch)nichtumdieKonfliktbear-
beitunggeht,sondernalleinumdieFä-
higkeitdesjeweiligenCoachees,sich
selbst(bewusst)vertretenunddasGe-
genüberwertschätzendundrespektvoll
behandelnzukönnen.DieUnterschei-
dungderbeidenSettingssollteauch
durchorganisatorischeMaßnahmen
deutlichmarkiertwerden:
Esbietetsichan,einenabweichenden
Stundensatzzuberechnen(der»Stun-
densatzMediation«liegtaufgrunddes
Aufwandesz.B.50,00۟berdemCoa-
ching-Satz).DieEinzel-Coachingsfin-
denineinemanderenRaumalsdasei-
gentlicheMediationsverfahrenstatt.
AngebotundVertragmitdemAuf-
traggeberstellendieseUnterschei-
dungdeutlichdar.DenMediandInnen
wirdimEingangsgesprächdeutlicher-
läutert,weshalbausMediatorInnen-
sichtdieCoachingsnotwendigsind.Da-
beiwirdnichtzwischendenParteien
gewichtet,wernunmehrdesCoachings
bedarf.NachMöglichkeitsolltemitbei-
denParteienimgleichenUmfanggear-
beitetwerden,inderPraxishatessich
jedochalseindurchausgangbarerWeg
erwiesen,der»bedürftigerenPartei«ein
oderzweiCoaching-Sitzungenmehrzu-
zugestehen.DasimAnschlussandie
Coachings»offiziell«startendeMedia-
tionsverfahrenwirddeutlichalseinei-
genes,neuesVerfahrendeklariert.Von
großerBedeutungistes,dieVerschwie-
genheitausdenCoachingsabsolutzu
wahren–hieristfürMediatorIn/Coach
allerhöchsteProfessionalitätgefordert.
DieKlammer,diebeideVerfahrensan-
sätzeumgibtundmiteinanderinBe-
ziehungsetzt,bestehtauszweiEle-
menten:DieArbeitsvereinbarung,die
indiesemSettingdesVorab-Coachings
bereitsimVorgesprächmitbeiden
MediandInnengeschlossenwerden
sollte,istfürdasgesamteVerfahren
gültig.Hierwerdendefinitivnicht
durchdenMediator»vorgefertigte«
EckpunkteandieWandgehängt!Ge-
radedieErarbeitung,vonz.B.einan-
derausredenlassen,Vertraulichkeit
wahren,wertschätzenderUmgang
undvielesmehr,istjabereitseineer-
ste,mediationsrelevanteVerhandlung.
DiePhasederErstellungder»Arbeits-
vereinbarungen«dientderMediatorIn
Berichte zum Thema
9Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation
Fähigkeiten,Fertigkeiten,Kenntnisse
Verhalten
Überzeugungen,Glaubenssätze*
Werte
Identität
Sinn
* »Überzeugungen« und »Glaubenssätze« (Beliefs) sind hier in einer Ebene zusammengefasst.
Ebene1:
Ebene2:
Ebene3:
Ebene6:
Ebene5:
Ebene4:
10 Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation
alsbestesDiagnose-Instrumentund
sichertfürdasVerfahrendieEinhal-
tungvonGrenzen.InderPhaseeines
möglichen»Vorab-Coachings«stellt
dieerarbeiteteVereinbarungdenWer-
tekanondar,andemsichdielösungs-
undressourcenfokussierteCoaching-
Arbeitorientiert.
ZweitesElementderverbindenden
KlammerdesVerfahrensistdieWerte-
hierarchie(s.Abb.1).
SieistGrundlagejeglichendiagnos-
tischenVerstehensundjeglicherInter-
vention.EsmusssowohldemCoachals
auchdenMediatorInnenbewusstsein,
welcheDynamikdiejeweilsangespro-
cheneEbenederWertehierarchieaus-
lösenkann–imGuten(»Heilenden«)
wieauchimSchädlichen(überbor-
dendeEskalation).Geradehierseida-
raufhingewiesen,dasseinequalifi-
zierte,verbandszertifizierteAusbildung
eineMindestvoraussetzungfürdieAus-
übungdieserbeidenBerufsfeldersein
sollte.Hinzukommenselbstverständ-
lichdaslebenslangeSammelnvonEr-
fahrungenunddieständigeBereit-
schaftzurReflektion(Supervision).
»DasVorab-Coaching«könnenwirder
PhaseIdesMediationsverfahrenszu-
ordnen,dajabereitseineersteSitzung
(gegebenenfallsmitdemAuftragge-
ber)zurErklärungdesVerfahrensstatt-
gefundenhat.HieristdieKlarheitder
TrennungbeiderVerfahrennochrela-
tiv»einfach«,daüblicherweisenoch
keineEskalationenimProzessverlauf
stattgefundenhaben.Solltediesinden
folgendenPhasenIIbisIVgeschehen,
wirdesmöglicherweiseschwieriger,
ausdemVerfahrenherausdasSetting
zuändern–sozusageninderjewei-
ligenPhasedenProzesszuunterbre-
chenundeine»Coaching-Schleife«ein-
zufügen(sieheAbb.2).Alssehrwichtig
seiandieserStellevermerkt,dasses
immernureinenVertraggebenkann,
entwederCoachingoderMediation.
HiermussdieabsoluteRollenklarheit
sichergestelltsein!Kommenwirnunzu
densichunterscheidendenCoaching-
Interventionenindenunterschied-
lichenPhasenderMediation.
»Coaching-Schleife« in Phase IIInPhaseIIdesMediationsverfahrens
gehtesumdieFähigkeit,deneigenen
Standpunktdarzustellen,umdieFä-
higkeitdeskonsequentenZuhörens
undumdasVerhalten,demGegenüber
nichtinsWortzufallen.HierwirdEbe-
ne3(UmgangmitÜberzeugungenund
Glaubenssätzen/Beliefs)derWertehie-
rarchieeinewichtigeRollespielen.Die
Fähigkeit,deneigenenTunnelblickzu
öffnenunddasvehementeBeharren
aufeinerForderunghinzueinem»Blick
aufdasGanze«zuverändern,istdas
ZieldieserPhase.DasBetrachtenund
dasentsprechendeFormuliereneines
Themenfeldes(»…worübermüssen
wirhiersprechen,umzueinerKlärung
zugelangen?«)istfürdieKonfliktpar-
teiendieerstegroßeHerausforderung
imVerfahren.Oftgelingtdiesdurch
dieVermittlungvonsystemischen
Sichtweisen,durchBemühenderMeta-
Ebene,durchdenSchrittvomassoziier-
tenineinendissoziiertenZustand.
IndiesemZusammenhangbedeutet
DissoziationetwasgänzlichAnderes
alsderinderPsychologiebenutzteBe-
griffder»dissoziativenStörung«oder
einPhänomeneinerneuropsycholo-
gischenSchädigung.Hierbedeutetes,
unterstütztdurchz.B.Raumanker,aus
demVerharrenimeigenen»Gefühls-
Gefängnis«(Wut,Zorn,Trauerusw.)he-
rauszutretenundauseinerAußensicht
(konsequentesanalogesAnkern)dieSi-
tuationzubeschreiben.AusPositionen
werdenThemen,ausThemenwerden
Themenfelder.Manchmalgelingtdies
auchnicht.ZumindestnichtimMedia-
tions-Setting.BevornundasVerfahren
zuscheiterndrohtoderunwirksamals
Pseudo-EinsichtohneNachhaltigkeit
endet,kanndasMediationsverfahren
vorübergehendgestopptundineine
Coaching-Schleifeüberführtwerden.
HiernochmalsderHinweis:Derneue
Abb.2:Coaching-assistierteMediation
Phase 0: »Vorphase«
Phase I: »Rahmen,Kontraktklärung«
Phase II: »DarstellungdesKonflikts«
Phase III: »Interessen«
Phase IV: »Lösungs-optionen«
Phase V: »Vereinbarung«
Phasen der Mediation:
Coaching-ArbeitaufEbenenderWertehierarchie
1/2 1/2/3 4/5/(6) 1-5/6
Coaching-assistierte Mediation
Berichte zum Thema
Berichte zum Thema
11
Kontrakt(Einzel-Coaching)mussallen
Beteiligtenklarsein!IndieserCoa-
ching-SchleifewirdüberdieStufen1
und2derWertehierarchiehinausvor
allemmitEbene3gearbeitet:Umgang
mitÜberzeugungenundGlaubenssät-
zen(»IchhabeRecht«,»DieWeltist
so,wieichsiesehe«).AlsGlaubenssät-
zeverstehenwirLebensregeln,dieder
Menschfürwahrhält.Essindverall-
gemeinerteErfahrungen,dieihmbei
derBewältigungdesAlltagsSicherheit
geben.Daranzuarbeiten,diesenicht
zutilgen,sondernetwasNeues(eine
Wahlmöglichkeit)demaltenBelief
zurSeitezustellen,gelingteherim
CoachingdennimkollektivenProzess
derMediation.HierliegenAnsatzund
BegründungfürdieCoaching-Schleife
inPhaseII.ZurückgekehrtinsMedia-
tionsverfahrenhabensich–soferndie
Arbeitgelungenist–SummeundViel-
faltderSichtweisenundAnnahmen
deutlichvergrößert.
»Coaching-Schleife« in Phase IIIVondenThemenfeldernzumInteresse
–oder:»WasistIhnenwirklichwich-
tig?«DiesistdieentscheidendeFrage,
dennwennimResultatdaraufabge-
zieltwird,dassMenscheneigenver-
antwortlichundselbstbewussteine
Lösunganstrebenundvereinbaren,
dannhatdiesunbedingtinKongru-
enzmitdeneigenenWertenzuge-
schehen.Sonstfunktioniertesnicht
undistauchethischnichtvertretbar.
Wasabertun,wenndieKonfliktpar-
teiensichIhrerInteressen,Wünsche
undBedürfnissenichtbewusstsind?
Hieristderzusätzliche»geschützte
Raum«desEinzel-CoachingsvonVor-
teil.EsistmithindieschwersteAufga-
befürdieMediandInnen,sichbezüg-
licheigenerBedürfnisseundWertezu
äußernunddieBedürfnissedesande-
renwahrzunehmen.Eskanndemdia-
logischenProzessinPhaseIIIdesMe-
diationsverfahrensdienlichsein,diese
ArbeitaufderWerte-Ebene(Ebene4)
One-To-Oneineinemeingeschobenen
Coaching-ProzessvoneinbisdreiSit-
zungengesondertdurchzuführen.
AuchhiergiltwiederumderGrund-
satz:BefristeterAusstiegausdemMe-
diationsverfahrennurdann,wennder
Prozessdeutlichgestörtodergefähr-
detist.Greiftmanzuvoreiligzudieser
Verfahrensvariante,sowirddasWerk-
zeugstumpf.DieWiedereinsetzung
derMediationmussdeutlichmar-
kiertwerden(s.o.).Wichtigistauch,
dassdasimEinzel-CoachingErarbeite-
teaufkeinenFallvomCoach/Mediator
imMediationsverfahrenveröffentlicht
wird.SolltedieseCoaching-Interven-
tioninPhaseIIIeinekonstruktiveWir-
kunggehabthaben,sowirddieErar-
beitungvonLösungsoptioneninPhase
IVderMediationumeinVielfaches
einfacherund–wasdieErgebnisse
betrifft–sicherersein.
»Coaching-Schleife« in Phase IVRelativhäufigwirdeineMediatorIn
beimBrain-StormingoderbeiderRea-
litäts-undMachbarkeitsprüfungfest-
stellen,dassnichtwirklichaufeinem
»höherenQualitätsniveau«überLö-
sungenverhandeltwird.AltePosi-
tionenwerdengebetsmühlenartig
wiederholtundsichgegenseitig»um
dieOhrengeschlagen«.DerGraben-
kriegistwiedereröffnet.Wirwissen,
wasdiesbedeutet:ZurückinPhase
IIeinschließlichderNotwendigkeit,
auchPhaseIIInochmalsdurchlaufen
zumüssen!
Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation 11
12 Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation
*Dr.JoAchimFennerWirtschafts-MediatorundLehr-Mediator(DGMW),Senior-CoachundLehr-Coach(DCV);Lehr-Supervisor(EAS);freiberuflicherTrainerundBerater,Aus-bildervonProzesstrainern;AusbilderundMediatorinCAM(CoachingAssi-stedMediation/CoachingAssistierteMediation)
*E-Mail:fenner@dr-joachim-fenner.de
AutorInneninfo
DiebisherigeErfahrunghateshier
besondersdeutlichgezeigt,dassin
dieserSituationeinjeweiligesEinzel-
Coaching(imgeringenUmfang,meist
genügtjeParteieinezweistündige
Sitzung)äußerstzeit-undressourcen-
sparendseinkann.IndieserEinzelsit-
zungwirdmitderjeweiligenPartei
nochmalsaufdieerarbeitetenzusätz-
lichenFähigkeiten,ErfolgebeiVer-
änderungendeseigenenVerhaltens,
zusätzlicheSichtweisenundÜberzeu-
gungensowieaufdieerfahreneNähe
zudeneigenenWerteneingegangen.
WährenddiesesCoachingsistessehr
wichtig,imSinnvonErgebnissiche-
rungundNachhaltigkeitimmerwie-
derdenAdvocatusdiabolizuspielen.
Alsozufragen:»Angenommen,dasEr-
gebniskönntenochbesseraussehen,
wasmüsstezusätzlichnochgewähr-
leistetsein?«Diesstellteineprovoka-
tiveInterventiondar,diedieCoachees
bzw.MediandInnenanstoßensoll,sich
dereigenenVerantwortungundden
FolgendeseigenenHandelnsbewusst
zuwerden.Sichauszuruhenaufver-
meintlichangenehmenLösungsansät-
zen(»WaschmirdenPelz,abermach
michnichtnass!«)wirdsomitweniger
wahrscheinlich.
GelingtdieseCoaching-Intervention
undbeideParteiensindinderLage,ei-
genverantwortlicheLösungsoptionen
zuerarbeiten,sobestehtindieserPha-
seIVdesMediationsverfahrensdie
Chance,dieEbenederIdentitätzuer-
leben.Wieeingangserwähnt,bietet
dieMediationalstransformativerAn-
satz(alsoüberdiereineSachklärung
hinaus)dieChance,imSinnedesin-
dividuellenWachstumswieder(oder
erstmals)zusichselbstzufinden.
WelcheBeziehungenzuanderenFa-
milienmitgliedernhabenwelchenEin-
flussaufmichselbst?Wasbedeutet
es,WertschätzungfürdaseigeneLe-
benswerkerfahrenzukönnen?Was
bedeutetes,wirklichesVertrauenvon
derVorgänger-Generationzuerfah-
ren?DiessindnurwenigeBeispiele,
dieimRahmenvonMediationenzur
RegelungvonUnternehmensnachfol-
genrelevantseinkönnen.
Berufsrolle Coach, Berufsrolle MediatorInHierinPhaseIV–wieindenmöglichen
Coaching-SchleifenderPhasenIbisIII
–dientderCoachmitseinergenauge-
kennzeichnetenunddifferenzierten
Rolledazu,diebeteiligtenParteienda-
beizuunterstützen,ihreeigeneAuto-
nomiebesserwahrnehmenundleben
zukönnen.DiesistderSchlüsselfürei-
ne»erfolgreiche«Konfliktlösung.
DieDiskussion,inwieweitCoachund
MediatorIneinunddieselbePerson
sindbzw.seinkönnen,wirdinderPra-
xisentschieden.UnterderVoraus-
setzung,dasseinCoach,dasseine
MediatorIndasHandwerkbeherrscht
undprofessionellfürdieeigeneRol-
lenklarheitund-abgrenzungsorgen
kann,wirddieÜbernahmedieser
»Doppelfunktion«möglichsein.Ganz
sichermussindesdieForderungBe-
standhaben,diequalifiziertenAusbil-
dungenderjeweilsrelevantenVerbän-
de(z.B.DGMW,BM,DCV)durchlaufen
undsichkontinuierlicheigenerReflek-
tiongestelltzuhaben.
Berichte zum Thema
An
zeig
e
Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation 13
Glaubenssätze und ihre Veränderung in der Mediation Ansätze des NLP-Coachings in der Mediation
Till Kemper
tung.HabendieMediandInnengegen-
überderMediationalsVerfahrenund
denMediatorInnenalsPersonpositive,
alsoförderlicheGlaubenssätze,wird
dasVerfahrenflüssiglaufen.Sindaber
zuvielinBezugaufdieMediationoder
dieMediatorInhinderlicheGlaubens-
sätzebeidenMediandInnenvorhan-
den,istdieMediationproblematisch
oderbishinzumScheiternverurteilt.
BestehenamEndehinsichtlichderab-
schließendenMediationsvereinbarung
undgegenüberderanderenPartei
nichtausreichendförderliche,positive
Glaubenssätze,wirddieVereinbarung
nichtnachhaltigsein.Denneinenach-
haltigeMediationsvereinbarungsetzt
voraus,dassdieMediandInnendie-
sefreiwilligschließenundsichandie-
sehaltenwollen.Wirhandelnnurdann
freiwillig,wennunserHandelninEin-
klangmitunserenGlaubenssätzen
steht.FolglichistesfürMediatorInnen
hilfreichsichmitdenWesenderGlau-
benssätzeauseinanderzusetzenund
WegefürihreVeränderungzukennen.
Hierzuwirdzunächstdefiniert,was
Glaubenssätzesindundwosieunsin
Mit diesem Artikel soll ein Brückenschlag vom NLP-Coaching hin zur Mediation versucht werden,
indem es die Coachingansätze zur Veränderung von Glaubenssätzen, wie sie im Neurolinguistischen
Programmieren (NLP) betrieben werden, auf den Kontext der Mediation überträgt und somit eine
neue Perspektive auf das Thema eröffnet.
Einleitung DieserArtikelbeschäftigtsichmitder
ProblematikderGlaubenssätzeinder
Mediation.GlaubenssätzesindÜber-
zeugungen.Jederhatsie,verändertsie
undbildetsichneue.Siesindsehrwirk-
kräftig,dasieunserHandelnundunse-
reWeltsichtprägen;siewirkenalsself-
fullfillingprophecies.Esgibtsowohlfür
diePersonförderlichealsauchhinder-
licheGlaubenssätze.
DasieunserHandelnprägen,sindsie
fürMediatorInnenvongroßerBedeu-
Berichte zum Thema
derMediationbegegnen(I.).Sodann
werdenMethodenzurNutzugbzw.Än-
derungvonGlaubenssätzenbeschrie-
ben(II.),wiealsoGlaubenssätzeab-
geschwächtoderverstärktwerden
können.ZumEndewirdinderSchluss-
betrachtung(III.)eineZusammenfas-
sungundeinFazitgegeben.
I. Warum sind Glaubenssätze für MediatorInnen wichtig?
1) Definition
Glaubenssätze(engl.beliefs)sindÜber-
zeugungen,Dogmen,diejederüber
sichselbstunddieUmweltbildet.In
summakönnensieauchalsunsereEin-
stellungzuunsererUmweltdefiniert
werden.Glaubenssätzesindsehrwirk-
mächtig,dasiewieFilteraufunse-
reWahrnehmungwirken:wirsehen
undhörennurdas,wasinunserMo-
dellderWeltpasst,daswiederumauf
unserenGlaubenssätzenberuht.Wenn
wirbeispielsweise–wieeinPessimist
–fürabsolutrichtighielten,dassdie
WeltunddieMenschenvonGrundauf
schlechtseien,dannwürdenwirauch
alles,wasunsgeschiehtalsBeweisda-
für,alsoalsUnglückundschlechtwahr-
nehmen;inderPsychologiebenennt
mandiesesPhänomenauchalsself-
fulfillingprophecy(Mohl,S.693).Doch
Glaubenssätzewerdennichtnurüber
dieUmweltgebildet,sondernauch
überdieeigenePerson,wieetwa»Ich
bineinguterAutofahrer.«Undindem
GlaubenssätzedieWahrnehmungun-
seresSelbstundderWeltprägen,be-
einflussensieauchunserHandelnund
dieReaktionenaufunserHandeln.
GrundsätzlichgibtesförderlicheGlau-
benssätzeundhinderliche.Förderliche
sindsolche,dieunsereFähigkeitenund
unserSelbstvertrauenstärkenunduns
soinunseremHandelnunterstützen,
wieetwa:»Ichschaffealles,wennich
esnurwill!«;»Allesistmöglich!«;Ich
binvomGlückbegünstigt!«»Ichbinein
guterAutofahrer/Vater/etc.!«oderaber
auch»IchbineineguteMediatorIn!«
und»Mediationisteinerfolgreiches
undeffektivesKonfliktlösungssystem!«
HinderlicheGlaubenssätzesindsolche,
dieunserHandelndurchnegativeAffir-
mationenerschweren:»Ichbinschlecht
inEnglisch!«;»Immerbinichschuld!«;
»IchhabenieGlück!«oderabereben
»MediationistdochbloßeinWarmdu-
scher-Geschwätz!«oder»Mediationist
Geld-undZeitverschwendung;ichgehe
lieberzumAnwalt!«
GutanGlaubenssätzenist,dasssie
veränderbarsind.D.h.mankanndie
förderlichenbeliefsverstärkenunddie
hinderlichenabschwächen.Dafürist
eswichtigzuwissen,wieGlaubenssät-
zeentstehen.
SiewerdenausReferenzerfahrungen
gebildet.DaskönnenKommentare
undAussagenvonAutoritätspersonen
oderFreundensein,ebensoauchdas
konkreteErlebniseinerSituationmit
hoheremotionalerBeteiligung.Ei-
nesolchekönnteetwaeingelungener
VortragvoreinemPlenumgewesen
seinodereineerfolgreichePrüfung,
diedenGlauben»Ichschaffealles!«
geprägthat.SehrvieleGlaubenssätze
rührennochausderKindheit,sind
alsogewissermaßenanerzogenwie
»Diesoderjenesgehörtsichnicht!«
oder»DubisteincleveresKind!«.
SieweisenstetseineengeKorrelati-
onzuunserenWertenauf.Wennal-
soeineAussagegegeneinendereige-
nenWerteverstößt,wirddieAussage
nichtalsGlaubenssatzangenommen.
Jestärkerbzw.jemehrWertesiein
sichaufnimmt,umsostärkeristdie
Überzeugung.
2) Wie erkennt man Glaubenssätze?
ObwohlGlaubenssätzeauchdasVerhal-
tenderjeweiligenPersonprägen,wäre
esvermessenzusagen,mankönnedie-
sezuverlässigalleinausdemHandeln
derPersonansichableiten;derInterpre-
tationsspielraumistzugroß.
DasichGlaubenssätzemeistinAus-
sagesätzenäußern,istesmöglich–
mitTrainingundrelativerSicherheit
–GlaubenssätzeausderSpracheder
Personzuelizitieren;Sprachemeint
hier,wiesichdiePersonausdrückt.
SomanifestierensichbeliefsinFest-
stellungenundGeneralisierungen,
diediePersontrifft.Wennbeispiels-
weiseeineMediandInimVorgespräch
oderPhase1derMediationdenEin-
wandbringt,»Mediationbringtdoch
nichts!«oderdieeineParteiüber
dieanderesagt:»Siesagtehniedie
Wahrheit!«oder»Immergibtermir
dieSchuld!«,sogewährtdiePartei
EinblickeinihreÜberzeugungen.
DersichersteWegist,zufragen,was
diejeweiligePersonüberdaseineoder
andereThema,dieeineoderande-
rePersondenkt,welchePrinzipiensie
hat,wiedieWeltfürsieaussieht.
3) Relevanzrahmen in der Mediation
a) Für die MediatorIn:
Entscheidendist,welcheGlaubens-
sätze,welcheEinstellungdieMedia-
torIngegenüberderMediationselbst
undgegenüberderQualitätalsMe-
diatorInhat.Sowäreesideal,wenn
siedavonüberzeugtwäre,dassdas
PhasenmodellderMediationeine
starkeWirkkrafthat,alsKonflikt-
lösungsmodelleffektivistundman
mitdessenHilfenahezujedenKon-
fliktindenGriffbekommenkann.
Berichte zum Thema
Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation14
Berichte zum Thema
AuchsolltedieÜberzeugungbeste-
hen,alsMediatorIndienotwendigen
Toolszubeherrschensowiedasnot-
wendigeProblembewusstseinzube-
sitzen.DennsowerdenMediatorIn-
nenSouveränitätundKompetenz
ausstrahlenundsichermediieren.
VongleicherWichtigkeitistauch,was
fürGlaubenssätzebzgl.Menschenund
ihrerHandlungenvorliegen.Sowäre
etwaderGlaubenssatzförderlich,dass
jederMenschausseinemWeltmodell
herausstetsnurdasBeste(fürsich)
will,alsostetsauseinerpositivenAb-
sichtheraushandeltundvorallem,
dassjederMenschseineigenesModell
derWelthat.DennsoeineEinstellung
hilftderMediatorInallparteilichund
offengegenüberdenMediandInnen
undihrenWeltsichtenzusein.Hinder-
lichdagegenwäreeinsehrpessimis-
tischesMenschenbildoderetwadie
Überzeugung,dassMediatorInnener-
fahrungsgemäßerkannthaben,dass
jederKonfliktsichnuraufdieVerlet-
zungderBedürfnissenachAnerken-
nung,RespektundFairnessgründet
unddeshalbstetsderselbeLösungs-
weganzuwendensei.
b) Für die MediandInnen:
DieGlaubenssätzederMediandIn-
nenkönneninvielerleiHinsichtmaß-
geblichfüreineerfolgreicheMedia-
tionsein.Soistessinnvoll,sichals
MediatorInzufragen:
› WelcheEinstellunghabendieMediandInnengegenüberderMedia-
tionundgegenüberderMediatorIn?
› WelcheÜberzeugungenhatsichdieMediandInüberdenanderen
gebildet?
› Welchebeliefshater/siezudemKonfliktentwickelt?
› WelcheGlaubenssätzehatdieMediandIn,diedaseigeneHandeln
alsrichtigerscheinenlassen?Undim
SinneeinesPerspektivenwechsels:
WelcheGlaubenssätzewäreessinn-
vollzuverändern(zubestärken/abzu-
schwächen),damiteinekonsensuale
Lösungmöglichist?
WennalsolediglicheineMediandIn
denbeliefhat,dassMediationalsVer-
fahrennichtsbringt,dasser/sieallein
dieWahrheitunddenrechtenWeg
kennt,dassderANDEREkeineEin-
sichtsfähigkeithatundnuraufeine
Chancewartet,»umdenDolchinden
Rückenzustoßen«,dassderKonflikt
ausweglosverfahrenundjederKon-
sensunmöglichist,dannwirddieMe-
diationmithöchsterWahrscheinlich-
keitscheitern,wennMediatorInnen
esnichtschaffen,dieseGlaubenssätze
abzuschwächen.
DasichGlaubenssätzeauchkollektiv
bildenkönnen,istesauchinteressiert
zuhinterfragen:
› WelcheGlaubenssätzehabendieMediandInnengemeinsamundalle
BeteiligtenzurMediationund
ihrerChanceindiesemFall?
› WelcheÜberzeugungenwerdenbeiderMehrparteienmediationin
undunterdenGruppenderTeilneh-
mendengebildet?
IIMethodenDieFrageistnun,wiekönnenfürdie
MediationförderlicheGlaubenssät-
zeerzeugtundverstärktsowiehinder-
licheabgeschwächtwerden.
1) Implementierung und Verstärken
von förderlichen Glaubenssätzen
DieImplementierungbzw.Verstär-
kungvonpositivenGlaubenssät-
zenkanninsbesonderewichtigsein,
umdasVertrauenindasVerfah-
renderMediation,dieFähigkeiten
derMediatorIn,aberauchindieVer-
lässlichkeitderanderenParteiund
dieTragfähigkeitderLösungzustär-
ken.Auchistesmöglich,beiderEnt-
wicklungderLösungsoptionenmehr
KreativitätoderLösungsoffenheitzu
schaffen,wennmanbeispielsweiseei-
neoptimistischeEinstellungzurZu-
kunftsfähigkeitderBeziehungderPar-
teienverstärkt.
a) Ständiges, überzeugendes
Wiederholen
Dieeinfachste,abergewissermaßen
auchunsichersteOption,einengün-
stigenGlaubenssatzzuetablieren,ist
dieständigeüberzeugendeundüber-
zeugteWiederholung.Dennwenndie
MediatorIneinenGlaubenssatzwie
etwa»WirwerdendasDingschon
schaukelnunddasSchiffsicherinden
Hafenbringen!«,»Sieschaffendas!«
oder»SiehabenalleRessourcen,um
denKonflikteinvernehmlichzulösen!«
vonAnfanganinüberzeugenderWei-
sedenMediandInnenindenKonflikt
mitgibtundauchselbstdavonüber-
zeugtist,dannwirdsichmithöchster
WahrscheinlichkeitmitderZeitdie
IdeeindenKöpfenfestsetzen;diemei-
stenMediatorInnenbenutzendiese
Methodeunbewusst.DieWahrschein-
lichkeitderRezeptiondesGlaubens-
satzessteigt,jemehrZuversichtund
Sicherheitdabeiausgestrahltwird.Et-
wasunsicheristdieMethodedeshalb,
weilderZeitpunktschwerzubestim-
menist,abwanndieserImplementie-
rungsversuchFrüchteträgt.
b) Argumente nennen
DiezweiteMöglichkeitist,Argumente
füreinebestimmteFeststellungan-
zubringen.Erscheinendiesefürdie
MediandInnenlogischundstehensie
15Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation
Berichte zum Thema
imEinklangmitderenWeltbildund
Werten,sowirddieFeststellungim-
merattraktiverundkannzumeigenen
Glaubenssatzsammelsuriumhinzuge-
fügtwerden.
WennalsoMediatorInnenbeispiels-
weiseimVorgesprächdieMediation
alseffektivesKonfliktlösungssystem
vorstellenundArgumentebringen,
warumeseffektivist,wieetwadie
besserenGestaltungsmöglichkeiten
gegenübereinemGerichtsverfahren,
wenigerWartezeit,mehrNachhaltig-
keitundGanzheitlichkeitaufgrundder
BedürfnisorientiertenLösungenetc.,
werden(potenzielle)MediandInnen
dieseAussagealsüberzeugendemp-
finden,wenndieArgumentezumbe-
stehendenWeltbildpassen.
c) Referenzen nennen
EinigeMenschenhabeneinegewisse
Präferenz,nichtsosehrauflogische
Argumentezuachten,sonderneher
aufReferenzen,AutoritätenundTra-
ditionen.Wennmanalsowieoben
denGlaubenssatzvermittelnwill,
dassMediationeffektivist,istesfür
mancheMenschenwichtigzuhö-
ren,inwelchenoderwievielenFäl-
lensichdieMediationalseffektiver-
wiesenhat;wievielErfahrungdie
MediatorInnenmitbringenundwas
sagtdieWissenschaftdazu.Eskönnte
heißen:»DieErfahrunghatgezeigt,
dasssichMediationindieserArtvon
KonfliktenalseffektiveralseinGe-
richtsverfahrenerwiesenhat.«»Inei-
nerVielzahlvonFällen/Aufgrundder
langjährigenErfahrunghatsichhe-
rausgestellt…«oder»Wissenschaft-
liche/psychologischeStudienhaben
nachgewiesen,dassderVorteilder
Mediationdarinbesteht,dassmehr
aufdieEmotionen,InteressenundBe-
dürfnisseeingegangenwerdenkann,
diefüreinetragfähigeunddauerhafte
Konfliktlösungsowichtigsind.«
d) Referenzerfahrungen bieten oder
»auffrischen«
Einbereitsbestehenderpositiver
Glaubenssatzkanndadurchverstärkt
werden,dassmandieReferenzerfah-
rung»auffrischt«.»Waswardasfür
eineSituation,füreinGefühl,wo-
raussichderGlaubenssatzgründet?«
DurchNachfragensetzensichdie
MediandInnenwiederindieSituation
hinein.SokönnendiepositiveErfah-
rungunddamitderGlaubenssatzauf-
gefrischtundverstärktwerden.
SolleinneuerGlaubenssatzimple-
mentiertwerden(wiez.B.»WennSie
gutzusammenarbeiten,istderKon-
flikteineChance,einefürSieopti-
maleLösungzuerarbeiten.«)besteht
aberfürdiesenGlaubenssatznochkei-
neReferenzerfahrung,sogibteszwei
Möglichkeiten:
Entwederwirentwerfeneinklares
Bild,wieeinesolcheSituationaussähe
undlassendieMediandInnendieer-
folgreicheSituationgedanklichdurch-
lebenundsichhineinfühlen;eswird
quasieinsogenanntesfuturepacein-
itiiert.EskanneinegänzlichneueRe-
ferenzerfahrunggeschaffenundein
Glaubenssatzimplementiertwerden.
Wennz.B.beiderEntwicklungderLö-
sungsoptionhinzueinerVereinbarung
einMediandoderauchbeidegrund-
sätzlichvoneinemLösungsansatzan-
getansind,abernochnichtvollvon
seinerWirksamkeitüberzeugtsind,
könnteesheißen:»WennSiedieAu-
genschließenundSieerlebendieSi-
tuationXamTagY,SiesehendieUm-
gebungunddasGegenüber,Siehören,
wasgesprochenwirdundSienehmen
dasGrundgefühlwahr,wiesichdieSi-
tuationXanfühlt…glaubenSie,dass
derLösungsansatzfunktioniert?!«
Wichtigist,dassdieMediatorInkeine
eigeneWertungeinfließenlässt.Viel-
mehrmussdieÜberzeugung,dassder
Lösungsansatzfunktioniertundman
demGegenübervertrauenkann,von
derMediandInselbstgebildetundan-
genommenwerden
DiezweiteMöglichkeitist,mitHil-
fevonAnalogienoderMetapherndie
ErfahrungenausÄHNLICHENRefe-
renzerfahrungenzugänglichzuma-
chenundeinenaltenGlaubenssatz
aufeineandere,ähnlicheSituationzu
übertragenundsoeinenneuenGlau-
benssatzaufzubauen.
WennsichdieMediandInnenkeinBild
voneinerSituation,einemLösungsan-
satzodereinerAussagemachenkön-
nen,dannkanndieMediatorIndie
Interventioneinleitenmit:»Schau-
enSie...Dasist,alsobSie…tun/sa-
gen/erleben.UnddieWirkungistwie
bei.«DerVorteilderUtilisierungvon
AnalogienundMetaphernist,dass
Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation16
Berichte zum Thema
Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation 17
denMediandInnenimmereinInter-
pretationsspielraumverbleibt.Wich-
tig,damitdieAnalogienundMeta-
phernfunktionieren,ist,dasssiein
dasWeltbildderMediandInnenpas-
sen.Werwenigbisgarnichtsportlich
ambitioniertist,wirdbeiMetaphern
ausdemBereichSportkeinenZugang
haben.EineMetapherimhistorischen
oderkulturellenKontextwäreviel-
leichteffektiver.AberkeineSorge,Sie
merken,wenneineMetaphernicht
angenommenwirdundprobierenes
miteinerneuen.
DochdenMediandInnenverbleibtnicht
nureinInterpretationsspielraum,son-
dernzugleicherlaubenMetaphernund
Analogienihnen,vonderProblemstel-
lungzuabstrahieren,somitweniger
gefühlsbetontzureagierenundneue
Einsichtsmöglichkeitenzueröffnen.
2) Veränderung von hinderlichen
Glaubenssätzen
a) Grundlage des Glaubenssatzes
erfragen
DereinfachsteWegeinenhinderlichen
Glaubenssatzabzuschwächenist,ihn
zuhinterfragen.WennetwadieÜber-
zeugunggeäußertwird,dassMedia-
tionineffektivseioderähnliches,so
kanngefragtwerden,aufwelcheEr-
fahrungoderQuelledieMediandIn
dieseFeststellunggründet.Derposi-
tiveNebeneffektist,dasshierschon
eingewisserPerspektivwechseldurch
Musterunterbrechungherbeige-
führtwerdenkann,dahäufigerwar-
tetwird,dassaufeinesolcheFeststel-
lungehereinRechtfertigungsversuch
derMediatorInnenfolgt;durchdieGe-
genfrageaberwird»derSpießumge-
dreht«undwirbeschäftigenunsnicht
mitderPosition,sonderngehenauf
dieSuchenachdenArgumentender
MediandInnenundwiderlegendiese.
GibteskeineArgumenteoderkonnten
dieArgumenteentkräftetwerden,ist
derWegfreifüreinenneuenpositiven
Glaubenssatz.
b) Gegenbeispiele suchen
EineweitereMethode,dieaufdieFa-
milientherapeutinVirginiaSatirzurück-
geht,istdasErschütternhinderlicher
GlaubenssätzedurchGegenbeispiele.
LinguistischgesehensindGlaubenssät-
zesogenannteGeneralisierungen,Ver-
allgemeinerungen.Dennauseineroder
wenigenReferenzerfahrungenwirdein
beliefgebildet,derfortanfüralleähn-
lichenSituationenoderPersonengel-
tensoll.AnstattalsowiezuvordieUr-
sache,dieReferenzerfahrungdes
Glaubenssatzeszuerfragen,kannsich
dieMediatorInauchaufdieSuchenach
Gegenbeispielenbegeben,diederVer-
allgemeinerungwiderspricht.
DamitdieseGegenbeispielevonden
MediandInnenangenommenwerden,
istesoptimal,sieselbstnacherlebten
Gegenbeispielenzufragen.Wennal-
soetwaeinMediandwiederholtäu-
ßert:»IchkannXnicht!«Dannkann
dieMediatorInnachSituationenim
LebendesMediandenfragen,indem
erähnlicheSituationenschonerfolg-
reichbewältigthat;insgesamtsollten
mindestensdreipositiveGegenbei-
spielegefundenwerden,diedemhin-
derlichenGlaubenssatzwiderspre-
chen.DochVorsicht:MediatorInnen
solltenhiernichtihreRolleverlieren
undsichaufkeineDiskussioneinlas-
sen.DieDiskussionbirgtdieGefahr,
dasssienichtmehralsGesprächsfüh-
rerwahrgenommenwerden,sondern
alsgleichwertigeDisputanten–sie
würdenselbstzurPartei.
EineeleganteMethodeistauchzufra-
gen,unterwelchenVoraussetzungendie
MediandInnensichvorstellenkönnten,
dassdieVerallgemeinerungnichtmehr
gilt.DieFrageistalso,wasgeschehen
müsste,damitsichetwasändert.Solche
FrageneignensicherstabPhase3,der
Interessen-undBedürfnissuche.
EsgibtnochvieleandereMethoden
zurVeränderungvonGlaubenssätzen;
diesewürdenjedochm.E.denRah-
mensprengen.
3) Schlussbetrachtungen
Glaubenssätzesindeinsehrwirk-
mächtigesPhänomen.Undwennwir
alsMediatorInnenlernen,siezuerken-
nenundmitihnenzuarbeiten,dann
könnenwirderPflichtgegenüberden
MediandInnenbessernachkommen,
dasVerfahrenderMediationsoeffek-
tivwiemöglichzugestalten.Klarist
aberauch,dassdieKenntnisumdie
GlaubenssätzeundihreVeränderbar-
keitinderHandderMediatorInnen
einscharfesSchwertsindundsie
sichnachdenethischenGrundsät-
zenentscheiden,obundwiesiever-
antwortungsvollbenutztwerden.Ziel
kannesnichtsein,beliebigGlaubens-
sätzezuverändernodergarzuver-
ursachenodersietherapeutischzu
nutzen.VielmehristesPflichtvon
MediatorInnennachbestemWissen
undGewissenzuentscheiden,welche
Interventionenmöglichundnotwen-
digsind,umdasMediationsverfahren
ethischkorrektzuführen.
*Dipl.jur.TillKemperM.A.MasterundLehrtrainerdesNLPundalsAusbilder,Coach,TrainersowieMediatortätig;erhältWorkshopsundSeminareinBerlinundMünchen.STRAKON–Dr.K.KemperGmbH,STRategischeKONfliktinterventionenwww.strakon.org
*E-Mail:kemper@strakon.org
AutorInneninfo
Literatur
*Dilts,RobertB.;Hallbom,T.;Smith,S.:Identität,GlaubenssystemeundGe-sundheit,Paderborn2006.
*Mohl,Alexa:DerGroßeZauberlehrling.Teil2,Paderborn2006.
*O´Conner,Joseph;Seymour,John:NeurolinguistischesProgrammieren:GelungeneKommunikationundper-sönlicheEntfaltung,Freiburg2005.
*Montada,Leo;Kals,Elisabeth:Mediation.EinLehrbuchaufpsycho-logischerGrundlage,Basel2007.
18 Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation
Mediation und Coaching Besonderheiten und Voraussetzungen der Synergie Ein Statement aus Praxis, Ausbildungsarbeit und Zertifizierung
Doris Klappenbach
Der Ausbildungsmarkt zeigt, dass es unterschiedliche Modelle gibt, Mediations- und Coachingkom-
petenzen miteinander zu verknüpfen. Die allgemeinen Grundlagen professioneller Kommunikation,
wie sie auch in anderen Formaten (Therapie, Beratung, Supervision, Training) Standard sind, halten
in ihrer Gesamtheit sehr viele gut geeignete Basiskompetenzen bereit. Wenn Mediation als Vermitt-
lungsverfahren im Konflikt1 und Coaching als Begleitung im Zielerreichungsprozess2 verstanden
wird, lassen sich Mediation und Mediative Kommunikation als überaus geeignete Basiskompetenz
für Coaching heranziehen. Insbesondere, wenn es um Paar- und Teamcoaching geht und der Zieler-
reichungsprozess Themen auf Ebene der Konfliktklärung und/oder Entscheidungsfindung einbezieht.
Das Mediationsverfahren lässt sich v. a. in Vorgesprächen, Einzelgesprächen und Nachgesprächen,
aber auch durch eine mediativ umgesetzte Zielorientierung im Phasenverlauf sinnvoll durch Coa-
chingkompetenzen anreichern oder erweitern. Die Verbindung beider Formate erscheint vor allem
mit dem Grundsatz der Ressourcen- und Bedarfsorientierung lohnend, wenn es darum geht, den
KlientInnen und ihren Anliegen umfassend gerecht zu werden.
Berichte zum Thema
1 »Mediation ist eine hochwertige Dienstleistung von Mediatorinnen und Mediatoren aus verschiedenen Berufs- und Tätigkeitsfeldern. […] Sie befä-higt Konfliktparteien zu einem gemeinsamen Umgang mit Konflikten, führt zu Klärung von Beziehungen und entwickelt die Konfliktkompetenz der Medianden. […] Mediation ist gekennzeichnet durch Ergebnisoffenheit, Vertraulichkeit und Freiwilligkeit. […] Mediatorinnen und Mediatoren handeln allparteilich, sind frei von Kontextverantwortung und verfügen über ein professionelles Konfliktverständnis.« (bmev.de)
2 «Professionelles Coaching setzt ganz auf die Entwicklung individueller Lösungskompetenz beim Klienten. Der Klient bestimmt das Ziel des Coachings. Der Coach verantwortet den Prozess, bei dem der Klient neue Erkenntnisse gewinnt und Handlungsalternativen entwickelt. Dabei wird dem Klienten die Wechselwirkung seines Handelns in und mit seinem Umfeld deutlich. Coaching ist als strukturierter Dialog zeitlich begrenzt und auf die Ziele und Bedürfnisse des Klienten zugeschnitten. Der Erfolg von Coaching ist messbar und überprüfbar, da zu Beginn des Prozesses gemein-sam die Kriterien der Zielerreichung festgelegt werden.« (dvct.de)
Berichte zum Thema
Ein FallbeispielIchsitzeinmeinemBüro.Ichdrehe
denKopfnachrechts:zweihängende
Mundwinkel.IchdrehedenKopfnach
links:zweihängendeMundwinkel.Ich
folgere:HierwirdeinsichererRahmen
gebraucht,umdiezudiesenMund-
winkelngehörendenMünderinBe-
wegungzusetzen.
DersichereRahmenistbesprochen:
Vereinbarthabendiebeidenmitein-
ander:Vertraulichkeit,sichgegensei-
tigausredenzulassenundzuzuhören.
MeineAnregung,Wertschätzungund
SelbstverantwortlichkeitalsKriterien
füreinensicherenGesprächsrahmen
aufzunehmen,fandensiesogut,dass
siesichauchdiesfürdaskommende
Gesprächgegenseitigzugesichert
haben.
…WirkommennunzumWesentlichen:
zumZielunseresGesprächs.Beide
möchtengern,dassihrZusammenle-
benbesserfunktioniert.Ichgreifedas
aufundregediebeidendazuan,nach-
einanderzuschildern,wiesiedieSitu-
ationjeweilsempfinden.
Jana,sieistStudentin,beginntzuer-
zählen,undesscheintihrsichtlichgut
zutun,inRuheredenzukönnenund
durchmeinaktivesZuhörenzuer-
fahren,dasssiegehörtundverstan-
denwird.Siekonzentriertsichauf
mich,wenigeraufJens.IhreMundwin-
kelpendelnsichirgendwoinderMit-
tezwischenKinnundNaseein.Auch
Jens’Mundwinkelwerdendabeibe-
weglicher.ErrunzeltdieStirn,wennJa-
naredetundentspanntsiemanchmal,
wennerdievonmirallparteilichum-
formulierteVariantedesGesagtenda-
zuhört.Ichfassezusammen,wasich
vonJanaaufdenPunktgebrachtver-
standenhabe:»Siehabeneinenneuen
Job.Siefühlensichdortsehrgefordert
undbrauchenimMomentbesonders
Jens‘Unterstützung?«Sienickt.Ichfra-
ge,obsiefürserstenochetwasergän-
zenmöchte.SieschütteltdenKopf.
Jenserzählt.Auchihmscheintes
sichtlichgutzutun,inRuheredenzu
könnenunddurchmeinaktivesZu-
hörenzuerfahren,dassergehört
undverstandenwird.Erkonzentriert
sichaufmich,wenigeraufJana.Sei-
neMundwinkelsindrechtbeweglich.
Mehrundmehrentspanntsichauch
seineStirn.GanzimGegenteilzuder
vonJana,diesichnunimmerwieder
einmalinFaltenlegt.Ichfassezusam-
men,wasichvonJensaufdenPunkt
gebrachtverstandenhabe:»Siefreu-
ensich,beiIhrenElternausgezogen
zuseinundnuninBerlinmitJanazu-
sammenzuwohnen(?).Esbedeutet
vielfürSie,wieSiesagten‚endlichfrei
zusein’(?).AlsJanaIhnenvordreiTa-
gendenPutzplanzeigte,densiean-
gefertigthat(ichguckezuJana,die-
senickt),hattenSieAngst,IhrGefühl
vonFreiheitzuverlieren?«Jensbestä-
tigtdies.Ichfrage,oberandieserStel-
lenochetwasergänzenmöchte,und
ersagt:»Spätervielleicht.«
Ichfassezusammen,wasichbishier-
hervonbeidengehörthabe:
»IchhabedenEindruck,Siefreuensich
beidedarüber,nunzusammengezogen
zusein.VonIhnen,Jens,habeichge-
hört,Siegenießenesbesonders,dass
Sie–anders,alsSieesvonIhremLe-
benbeiIhrenElternerzählthaben–
wieSiesagen›jetztselbstentscheiden
können,wannundwieSiewastun‹.
EsgehtIhnendabeiumdasfürSie
sehrwichtigeGefühlvonFreiheit.Von
Ihnen,Jana,habeichgehört,dassSie
esinihreraktuellenberuflichenSitu-
ationsehrgenießen,nachHausezu
kommenunddortJensvorzufinden,
demsiedannvonihremTagerzählen
können.Siesagten,Siebrauchenim
MomentvorallemUnterstützungund
19Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation
20 Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation
habenz.B.einenPutzplangemacht,
weilSiedenken,dassesIhnenimge-
meinsamenZusammenlebendabei
hilft,dieWohnungsoweitinOrdnung
zuhalten,dassSiesichdarinwohl
fühlen.Sie,Jens,wollensich,wieSie
sagten,auchgernmitJanazusammen
inIhrergemeinsamenWohnungwohl
fühlen.AnlässlichdesPutzplansbe-
fürchtenSie,einenTeilIhresFreiheits-
gefühlseinzubüßen.«
Janasagt:»Ichbinauchgernfrei–
aberichfindeesübertrieben,sichwe-
geneinesPutzplansgleicheinge-
schränktzufühlen.«Jenssagt:»Und
ichfindeesübertrieben,zubehaupten,
ichwürdeDichnichtunterstützen.«Ich
frage:»Heißtdas,dassIhrAnliegenein
funktionierendesZusammenlebenist,
indemSiesichgegenseitigunterstüt-
zenunddochfreifühlen?«Sienicken.
…WirredennocheineWeileüberdas
genaueZielderbeiden.Ichhaltedaraus
schoneinmaldievonJanaundJensfor-
mulierteÜberschrift»EntspanntesZu-
sammenleben«amFlipchartfest.
WirbesprecheneinigekonkreteSi-
tuationen.Janabeschreibt,wassie
braucht,umsichinderWohnungwohl
zufühlen.IchfassedasvonihrGe-
hörteimmerwiederzusammenund
wirfilternzusammenheraus:Janabe-
mühtsich,geradeunterdemmomen-
tanenDruckgutfürsichselbstzusor-
gen.SiekannJens‘Bedürfnisnach
Freiheitgutverstehen.Auchwennsie
manchmalwiesieberichtet›neidisch‹
istaufJens‘entspanntesVollzeitstu-
dententum.Esistihrauchwichtig,
dassJenssichfreifühlt:Weilsieihn
liebt.WeilihrseineentspannteAus-
strahlungguttut,wennsiegestresst
vonderArbeitkommt.Weilsieesihm
gönnt,nachdemsielangemiterlebt
hat,wieerunterseinemVerhältnis
zuseinergroßenSchwesterzuhause
gelittenhat.
JensergreiftaufmeineNachfragehin
(»Siesagtenjavorhin,Sieunterstüt-
zenJana…«)schließlichdieGelegen-
heit,Janazuerzählen,waserimAlltag
tut,umsiebewusstzuunterstützen.
WennichmirdiebeidenindieserPha-
sedesGesprächesbetrachte,dann
siehtesfastsoaus,alsobihreOhren
wachsenwürden:beiJanadaslinke,
beiJensdasrechte.
MeineAufgabeist,denVerständnis-
prozesszwischenbeidenzuunterstüt-
zen.Eshilftjetzt,dasBewusstseinda-
fürzuschärfen,dassVerständnisnicht
gleichEinverständnisheißt.Inmeinen
Umformulierungentrenneich,was
indemGesagtenansachlichemIn-
halt,GefühlundBewertungsteckt.Ich
filtereInteressenundBedürfnissehin-
tervondenbeideneingenommenen
Positionenheraus.
AlsJensnunwütendsagt,Janawür-
deihmüberhauptnichtzutrauen,dass
ersiewirklichunterstützenwill,bitte
ichihn,diesanhandeinesBeispielszu
konkretisieren.Dasfälltihmandieser
Stelleleicht:
JanahabesichvorzweiTagen»wieder
einmalüberihnaufgeregt«.Erschaut
Janaan,diediesauchgleichbestätigt.
SieergreiftdieGelegenheit,ummirzu
erzählen,dasssiefürdieArbeitbeson-
dersfrühaufstehenmusste:Siehat-
tekaumgeschlafenundinderKüche
genervteinestehengelasseneKaffee-
tassevorgefunden.Wirfilternheraus,
dassJanadiesenachdemimStreit
überdenPutzplanalsZeichendafür
gedeutethatte,dassJenssiedemons-
trativnichtunterstützenwolle.»Deu-
tung!«fälltmirJensungeduldigins
letzteWort.Janaziehtunweigerlich
dieAugenbrauehoch.Jensverschränkt
dieArmevorderBrust.Ichbitteihn,
seinBeispielweiterzuerzählen.Ichse-
he,dassesihmvorÄrgernichtganz
leichtfällt:SeineMundwinkelkämp-
fensichtlich.TrotzdemerzähltJens
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Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation 21
nun(begleitetdurchnochvonseinem
ÄrgerberichtendeGesten),wieeran
besagtemMorgennochetwasfrüher
alsJanaaufwachte.AufdemRückweg
vonderToilettedachteermitschlech-
temGewissenandasGesprächüber
denPutzplanundgingstattzurückins
BettindieKüche.WährendJenswei-
tererzählt,beobachteichimAugen-
winkelJanaslinkesOhrundbinganz
sicher,eswachsenzusehen:Erfüllt
vonderEinsicht,erhätteamAbend
zuvorvölligüberreagiert,warJensder
Gedankegekommen,dass»Janaeinen
frischenKaffeesichergutgebrauchen
kann,wennsiegleichaufstehenund
zurArbeiteilenmuss«.Alsomachteer
ihreinenKaffeeundstellteihnsohin,
dasssieihnnichtübersehenkonnte…
DieAufklärungdieserfürbeidenoch
sehrpräsentenSituationbringtJana
undJensdazu,sichintensivermitih-
renjeweiligenBedürfnissenausein-
anderzusetzen.Ichlehnemichauf
meinemStuhlunauffälligzurück.Ich
denke:DienunerreichteGrößeder
OhrennimmtmirbestimmteinenTeil
derUmformulierungsarbeitabundbe-
halterecht:BeidescheinennunihrGe-
genübergenauerhörenzukönnen.Ich
stelleverständnissichernde,konkreti-
sierendeNachfragenundfassekurz,
ergebnissicherndzusammen.
UnterdemamFlipchartbereitsno-
tierten(Grob)Ziel»EntspanntesZusam-
menleben«notiereichschließlichdie
herausgefiltertenBedürfnisse–ange-
fangenmitUnterstützungundFreiheit.
…IneinemBrainstormingsammelnJa-
naundJensIdeen,wiesichmöglichst
vielederamFlipchartzusammenge-
tragenenBedürfnisseimAlltagerfül-
lenkönnen.Kreativitätgehtdabeivor
Realität.Ichnotierewertungsfreialle
Ideen.Erstalsdenbeidennichtsmehr
einfällt,machenwirunsdaran,inRuhe
zubesprechen,wassichausderIdeen-
sammlungfürdenAlltaganLösungen
undAlternativenentwickelnlässt.
…WirhaltendieausderKombination
voneinzelnenIdeenundeinerentspre-
chendenRealitätsprüfunggewonnenen
MaßnahmenfürdenAlltagfest.Jens
undJanagegenüberbenutzeichdabei
nichtdenBegriff»Maßnahmen«.Ichsa-
ge»Memo«unddassessichbewährt
hat,dieausgeklügeltenIdeenschriftlich
festzuhalten,damitmansiesichnicht
merkenmuss.WährenddesAufschrei-
bensregeichJensundJanaimmerwie-
deran,zuüberprüfen,obimAlltagauch
allesgegebenist,umdiejeweiligeIdee
umsetzenzukönnen.
BeidenehmendasMemomitnach
Hause.SiehängenesinderKücheauf.
BeimnächstenTreffenberichtensie,
wieesmitderUmsetzungimAlltagge-
laufenist.(vgl.Klappenbach2010)
Mediation oder Coaching?Mediationskompetenz im Coaching und
Coachingkompetenz in der Mediation
WennichdieTeilnehmendeninun-
serenStudiengängenfrage,obdies
eineMediationodereinCoachingdar-
stellt,bekommeichrechtunterschied-
licheAntworten.Diejenigen,diesich
inihremStudiumaufMediationund
MediativeKommunikationkonzentrie-
renundteilnehmen,weilsieMedia-
tionskompetenzeninihremberuflichen
undprivatenAlltagnutzenwollen,ant-
wortenhäufig,esseieineMediation.
DieJuristInnensetzenentgegen,dass
alleinderAnlassnichtaufeineMedia-
tionhinweiseundderbeschriebene
ProzessnunwirklichkeineAlternati-
vezueinemGerichtsverfahren(Pers-
pektiveMediationalsADR)darstellt.
DieCoachessagendaraufhinoft,essei
einCoachingmitangewandterMedia-
tionskompetenz.Manchesagen,essei
wedernoch.Wennichdannfrage,was
esdanngewesensei,kommtalsAnt-
wortetwaswieeineGesprächsführung
aufBasismediativerKommunikation.
Traditionellherangezogenwirdhier
zurKlärungdesäußerenRahmensals
Kriterium,obesumeinVermittlungs-
verfahrenzwischenzweiodermehr
Beteiligten,eineKonfliktlösungdurch
MediationalsAlternativezuGerichts-
odergerichtsnahenVerfahrengeht,
oderumdasErreicheneinesZiels,
welchesdurchdieBegleitungbzw.
»Beratung«einesressourcen-undziel-
orientiertarbeitendenCoachesunter-
stütztwerdensoll.Fachlichgesehen
kannmanzumArbeitsbündnisfürdie
inhaltlicheGestaltungdesGesprächs
dieBedarfederBeteiligtenermitteln
und–soferndieswiesoofthilfreich
erscheint–imFalleeines(insbeson-
derePaar-undTeam-)CoachingsMe-
diationskompetenzen,imFalleeiner
MediationCoachingkompetenzenhe-
ranziehen,umdasVerfahrenzube-
günstigen.ImFallbeispielwirdein
großerAnteilmediativenAgierens
deutlich.AuchdieHaltungderhin-
zugezogenenPersonistdeutlichmehr
einPacingalseinLeading,wieesfür
einCoaching(aufbauendaufdasPa-
cing)charakteristischist.3
PacingbeschreibtsichaufdasGegen-
übereinzustellen.DiesesGrundprinzip
dersog.›HilfezurSelbsthilfe‹beinhal-
tet,ihn/sieimGesprächdortabzuho-
len,woer/siesteht,SchrittfürSchritt
inihren/seinenSchuhenzugehen(vgl.
Rogers/Schmid1991),sichihr/ihmauf
natürlicheWeiseanzugleichen.Pacing
desVerhaltensumfasstdieHaltung,
Gestik,Mimik,denBewegungsrhyth-
mus,daspersönlicheTempound/oder
auchdasAtemtempodesGegenübers
zuübernehmen.BeigelungenerKom-
munikation(z.B.indurchVertrautheit
geprägtenBeziehungen)gestaltensich
derartigeAngleichungsprozessespon-
tan.Dieslässtsichinderalltäglichen
Kommunikationvielfachbeobachten.
InprofessionellerBeratungundBeglei-
tungdientdasPacingdemKontaktauf-
bau,derEtablierungundWahrungdes
sicherenRahmensimGesprächspro-
zess.EsentsprichtinhaltlichdemKon-
zeptdeseinfühlendenVerstehens(Em-
pathie)nachCarlR.Rogers.
LeadingbezeichnetdieaktiveFührung
imRahmenvonverbalerundnonver-
balerKommunikationundKooperation.
3 Bzgl. Ursprung, Gemeinsamkeiten und Un-terschieden in der Verwendung der Begriffe Pa-cing und Leading ist hier zu verweisen auf den Ansatz des NLP (vgl. Bandler, Richard; Grinder, John: The Structure of Magic. 1989).
22 Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation
Berichte zum Thema
InderInteraktionaufBasiseinesge-
lungenenRapportsentstehtLeading
durcheingegenseitigesPacing(Folgen)
derBeteiligten.LeadingistalsoeinAn-
gebot,dassichdurchdieReaktiondes
Gegenübersdefiniert–nurwenndas
Gegenübertatsächlichfolgt,findetLea-
dingstatt.UmfassendesPacingerhöht
dieWahrscheinlichkeiteinesausrei-
chendenRapportsalsGrundlagefürdie
UmsetzungvonLeading(vgl.Klappen-
bach2006,S.181f).
InderSeminardiskussionergänzeich
(nebeneinigenBemerkungenzuSym-
bolcharakterundRelevanzdiesesFall-
beispielsfürdenArbeitsalltaginWirt-
schafts-,sozialen,juristischenund
weiterenBerufsfeldern),dassdieur-
sprünglicheAnfrageinetwalautete:
»Wirhabenetwaszuklären–wann
habenSieeinenTerminfüruns?«und
führeinunsereLeitfädenfürMediation
undCoachingein.Ichkombiniereletzt-
lichbeidemitdemGrundsatz:Einkon-
kretesArbeitsbündnisistderSchlüssel
zumErfolginderMediationundim
Coaching–vorallemdann,wennsich
dasArbeitsbündnisnichtaufdasSet-
tingunddenäußerenRahmenunddie
Entscheidung»MachenwirjetztMe-
diationoderCoaching?«beschränkt,
sondernesebensopersonenzentriert
undbedarfsorientiertwieressourcen-
orientiert,ergebnisoffenundimSinne
derethischenStandards4gestaltet
wird.DieErweiterungdesMediations-
leitfadensumPhasenelementeaus
demCoachingprozessfördertdieKlar-
heitbezüglichderZiele,Erwartungen
undHoffnungen,diemitdemAnlie-
genderKonfliktlösungverbundensind
sowiedenressourcenorientiertenUm-
gangmitihnen.DiefürCoachingcha-
rakteristischeZielorientierungimMe-
diationsverfahrenergebnisoffenund
allparteilichumzusetzen,begünstigt
denLösungsfindungsprozess.DieInte-
grationdesPhasenmodellsderMedia-
tioninandereFormateprofessioneller
Kommunikationistvielseitig.Obdabei
mediiertwirdodernicht,hängtvom
EinsatzmediativerKompetenz(v.a.
HaltungundMethoden)inderDurch-
führungderPhasenab–imCoaching-
rahmenbietetsichMediationzur
BearbeitungvonKonfliktenundEnt-
scheidungssituationen(wieinderAb-
bildungdargestellt)an.
I Formales Arbeitsbündnis: Coachingrahmeneinrichten,InformationüberArbeitsweise,Kosten,OrtundweiteresFormalesklären,
Terminvereinbarung,formalesArbeitsbündnis
II Zielstellung und Themenklärung: WelcheZielewollenSiemitdemCoachingerreichen?WasistIhrZielfürdasCoachingheute/dienächsten…
Minuten?
III Bearbeitungsphase: Veränderungsprozesseanregen,Perspektivenerweitern,RessourcenzurZielerreichungmobilisierenaufden
Ebenen…
IIIa) Ziel (Zielfindung,
Zielerreichung)
IIIb) Konflikt(bzw.
Entscheidungssituation)
IIIc) Leben(Leben,Lebensgestaltung,Lebensgeschichte)
IIId) System
Welche Bedürfnisse und Interessen erfüllen sich, indem Sie das Ziel erreichen? DasDenkenvomProblem zur
Lösbarkeit lenken.Welche Ressourcen lassen sich zur Zielerreichung mobilisieren?
… • Sicheren Rahmen
schaffen
• Konfliktdarstellung
• Herausfiltern von Bedürf-
nissen und Interessen
hinter den Positionen
• Lösungsfindung
… …
IV Zielumsetzung, Öko-Check und Praxistransfer: WielässtsichdasZielkonkreterreichenundimAlltagumsetzen?Praxistransferunterstützen
Abb.MediationskompetenzimCoaching5
4 Vgl. European Code of Conduct for Mediators: http://www.mediate.de/verhaltenskodex.htm und Kodex »ETHIK für Coaches« des Deutschen Verbandes für Coaching und Training e. V. dvct
Berichte zum Thema
Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation 23
*Dr.DorisKlappenbachDirektorindesInstitutsfürMediativeKommunikationundDiversity-Kom-petenz(IMK)anderInternationa-lenAkademiefürinnovativePädago-gik,PsychologieundÖkonomie(INA)derFreienUniversitätBerlin.Ausbilderin/MediatorinBM/SDM-FSM–MitgliedderAnerkennungskommissionBM.Coach/Trainerin/Gutachterindvct–MitgliedderZertifizierungskommissiondvct.www.diversity-kompetenz.com
*E-Mail:Klappenbach@mediative.info
AutorInneninfo
Literatur
*Klappenbach,Doris:PerspektivenmediativerKompetenzentwicklung.2012
*Klappenbach,Doris:BasismodulMedia-tionundMediativeKommunikation.Studienheft1.InstitutfürMediativeKom-munikationundDiversity-Kompetenz.InternationaleAkademie(INA)derFreienUniversitätBerlin2010.
*Böhmer,Annegret;Klappenbach,Doris:MitHumorundEleganz.SupervisionundCoachinginOrganisationenundInstitu-tionen.2007
*Rogers,CarlR.;Schmid,PeterF.:Person-zentriert.1991
*Klappenbach,Doris:MediativeKommu-nikation.2006(unv.Neuauflage:2011).
*www.bmev.de.BundesverbandMedia-tion(BM)e.V.28.05.2012
*www.dvct.de.DeutscherVerbandfürCoachingundTraining(dvct)e.V.28.05.2012
*www.mediate.de.CentralefürMedia-tion.VerlagDr.OttoSchmidt.28.05.2012
SolangeCoachingalsBegleitungdefi-
niertwird,impliziertdieseinengroß-
enPacing-AnteilimVerfahren,dersich
durchmediativesAgierenundden
EinsatzvonMediationskompetenz
imCoachinghervorragendumset-
zenlässt.6EsgibtMediationsverfah-
ren,diesokomplexsind,dasssieinkl.
derdiversgeführtenEinzel-/Gruppen-,
Team-undPaargesprächeauchals
Coachingprozessbeschriebenwerden
können.WenndabeiLeadingbasie-
rendaufeinemumfangreichenPacing7
undbezogenaufdieGestaltungdes
Prozesses(EinsatzvonFragetechniken,
Phasengestaltung,situationsgerechtes
Methodenangebot)umgesetztwird,
istdieseineVariantedesEinsatzesvon
Coachingkompetenz,diedasMedia-
tionsverfahrenebensoergebnisoffen
wiezielorientiertbereichernkann.
ZusammenfassungDiePraxiszeigt,dassesoftweniger
aufdieBezeichnungeinesAngebotes
alsaufdasHerausfilternderindividu-
ellenBedarfslage(n)derKlientInnen
undeinentsprechendgeklärtesAr-
beitsbündnisankommt.Wesentlich
beiderKombinationvonMediation
undCoachingist,dassdieSynergie
desVerfahrensandieKompetenzder
professionellAgierendengeknüpft
istundhierzueinefundierteAusbil-
dunginbeidenBereichenüberausför-
derlichist(vgl.Klappenbach2012).
Vorallem,umeinedenethischen
StandardsentsprechendeArbeitshal-
tungzubegünstigenundweilesohne
dieBerücksichtigungvonStandards
undQualitätssicherungskriterienim
DschungelausunterschiedlichenDe-
finitionen(WasistMediation?Wasist
Coaching?)leichtzuIrritationenkom-
menkann.8
AlsAusbilderinfürMediation,Coa-
chingundTrainingunddurchmeine
ArbeitinderAnerkennungskommis-
siondesBMsowiedemBeiratundder
Zertifizierungskommissiondesdvct
kommendasBewusstseinfürdieRe-
levanzderAbgrenzungdereinzelnen
FormateprofessionellerKommunika-
tionundderUmgangmitdenStan-
dardsalsVermittlungsaufgabezudie-
serPraxisperspektivehinzu.ImSinne
derQualitätssicherungisteswichtig,
Ziele,KennzeichenundHerangehens-
weisenzudifferenzieren,diefürMe-
diationundCoachingcharakteristisch
sind(vgl.weitereBeiträgeindiesem
Heft).AuchTraditionundTrendsind
SchlüsselwörterindiesemBereich.
AufdereinenSeitezubetrachten
sindVerfahrenundMethoden.Auf
deranderenSeiteHintergrundund
professionelleHaltungdesAnsatzes
undnichtzuletztderPerson,derKli-
entinnenundKlienten.
5 Im Grundlagenbuch zur Coachingausbil-dung »Mit Humor und Eleganz« (Böhmer/Klappenbach 2007) werden Methoden und psychologische Modelle anhand der vier Coa-chingthemen bzw. -anlässe Ziel, Konflikt, Le-ben und System beschrieben. Diese sind in dem abgebildeten Leitfaden als Ebenen auf-genommen.
6 Pacing im Gespräch wird (auf der Ebene der Kommunikation) gezielt durch »Aktives Zuhö-ren«, beim Paraphrasieren umgesetzt. Pacing auf Ebene von Gefühlen und inneren Verar-beitungsprozessen bezieht dabei ein, welche Wahrnehmungskanäle das Gegenüber bevor-zugt. Auf Ebene der Werte und Glaubenssätze werden Ziele und Erwartungshaltungen des Gegenübers fokussiert. Auf Ebene der Iden-tität ist es wichtig, im Pacing das Selbstbild des Gegenübers bedingungslos wertzuschät-zen, wie es im Sinne der Personenzentrierung nach Carl Rogers (vgl. Klappenbach 2006) als grundlegend für eine stabile Gesprächsba-sis ist.
7 Durch Pacing lässt sich ein fundierter Rap-port (ein positiver unmittelbarer Kontakt) aufbauen. Auf dieser Grundlage ist ein nach-haltiges Leading möglich, welches sich an den ethischen Grundsätzen von professionellen Angeboten der »Hilfe zur Selbsthilfe« orien-tieren sollte.
8 So erklärte mir ein an unseren Zertifikats-studiengängen interessierter Jurist, er wür-de auch ohne Ausbildung seit Jahren Media-tion machen. Er wisse überhaupt nicht, was im Coaching, was ja eine nun auch noch zu allem Übel von der Führungskraft geforderte Beratungsleistung zur Optimierung von Ar-beitsleistungen seiner Mitarbeiter sei, die Be-antwortung juristischer Fragen und eine Ent-scheidung von außen, wer nun Schuld an dem Streit hat, zu suchen habe. Nach dem Luftho-len setzte er hinzu, dass er sich zwar grund-sätzlich über Aufträge freue, er sich aber ehr-lich gesagt so langsam frage, »worüber in Herrgott’s Namen sich die Leute ständig strei-ten müssen und ob die in ihrem Leben nichts anderes zu tun haben, als ihn um seine Mei-nung zu fragen. Sie würden ja sowieso hinter-her nicht wirklich machen, was er ihnen rät.«
24 Spektrum der Mediation 46/2012 Fachzeitschrift des Bundesverbandes Mediation
Jörg Pahnke
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