Die Messung des Kilogramms

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© 2004 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Nr. 6 | 35. Jahrgang 2004 | Phys. Unserer Zeit | 291

| M AG A Z I N

Ein anderer Ansatz besteht darin,Goldionen zu sammeln und über diedabei geflossene Ladung die Anzahlder akkumulierten Ionen zu bestim-men. Bei einer ausreichenden Anzahlist es dann möglich, die akkumulierteMasse zu bestimmen und somit auchdie atomare Masse festzulegen.

Ebenfalls über elektrische Maß-einheiten könnte die so genannteWatt-Waage eine Bestimmung des Kilogramms ermöglichen. Dabei wirdin einem ersten Schritt die Anzie-hungskraft zwischen zwei von einemkonstanten Strom durchflossenenSpulen durch eine Masse kompen-siert. In einem zweiten Schritt wirddann die eine Spule mit konstanterGeschwindigkeit gegenüber der an-deren, weiterhin vom konstantenStrom durchflossenen Spule bewegtund die induzierte Spannung be-stimmt. Mit diesem Experiment lägedann eine Möglichkeit vor, den Prototyp zu kontrollieren und dessenKonstanz zu überprüfen.

Derzeit ist keines der Verfahrenso ausgereift, dass es zu einer Neude-finition des Kilogramms verwendetwerden kann. Teilweise erreichendie Messungen noch nicht die erfor-derliche Standardabweichung. Außer-dem weichen die von verschiedenenInstituten ausgeführten Messungenmit ein und derselben Methode nochzu weit voneinander ab. Gleichzeitigliegen die Messwerte von verschiede-nen Methoden teilweise weiter aus-einander, als dies nach den Standard-abweichungen der jeweiligen Mes-sungen zu erwarten gewesen wäre.Die Messung des Kilogramms stelltsomit noch eines der ungelösten Pro-bleme der Metrologie dar.

Literatur[1] E. O. Göbel, Physik in unserer Zeit, 22000011,

32 (6), 254.[2] M. Gläser, PTB Mitteilungen 22000022, 112,

306.

Internetwww.ptb.de/de/org/1/12/124/_index.htm nvl.nist.gov/pub/nistpubs/jres/106/4/j64schw.pdf

Peter Heering, München

PH YS I K G E S T E R N U N D H EU T E |Die Messung des KilogrammsWährend der französischen Revolution wurden der Meter und das Kilo-gramm als Basiseinheiten neu definiert. Bis heute muss die Basiseinheitder Masse als einzige noch über einen Prototyp realisiert werden.

Wägungen – und damit die Bestim-mung von Massen – haben die Men-schen schon vor mehreren tausendJahren vorgenommen. Problematischwar seit jeher die Vielzahl verschie-dener Einheiten, die zudem nurschlecht überprüfbar waren, da einStandard fehlte. Ebenso wie bei derFestlegung der Längeneinheit wurdeauch das Kilogramm als Basiseinheitwährend der französischen Revolu-tion geschaffen und internationaldurch die Meterkonvention von 1875zu einer Standardeinheit erhoben.

Definiert wurde das Kilogrammüber die Gewichtskraft: Ein Kilo-gramm entsprach der Masse einesWürfels Wasser mit einer Kantenlän-ge von einem Dezimeter bei derTemperatur von 4 °C. Ebenso wie fürden Meter schuf man ein Etalon inForm eines Zylinders aus einer Platin-Iridium Legierung. Nach diesem Ur-kilogramm, das heute noch in Parisaufbewahrt wird, schuf man weiterePrototypen für die nationalen Metro-logieinstitute. In Deutschland ist diesdie Physikalisch-Technische Bundes-anstalt in Braunschweig.

Diese Prototypen werden heutenoch regelmäßig mit dem Urkilo-gramm verglichen. Dabei offenbartsich schon seit längerem ein grund-sätzliches Problem: Die Massen derPrototypen weichen zunehmend untereinander und auch von der desUrkilogramms ab. Unklar ist, welchesMassestück sich verändert hat. Zu-dem kann nicht ausgeschlossen wer-den, dass sich alle Stücke außerdemnoch gleichartig im Laufe der Zeitverändern.

Aus diesem Grund ist es wesent-lich, Basiseinheiten über Naturkon-stanten oder atomare Prozesse zu de-finieren. Mit Ausnahme der Masse istdies auch mittlerweile gelungen. Fürdiese werden derzeit verschiedene

Verfahren erprobt. Zwar laufen eini-ge von ihnen erneut auf die Schaf-fung eines Prototyps hinaus. Dieserhätte dann aber den Vorteil, dass eseine eindeutig reproduzierbare Vor-schrift für dessen Herstellung gibt.Somit ließe sich bei Unstimmigkeitenein neuer Prototyp herstellen.

Einer dieser Wege besteht in derBestimmung der Avogadro-Konstantemittels einer Kugel aus einem Sili-zium-Einkristall. Hierfür muss sowohldie Form als auch der Durchmesserder Kugel auf wenige Nanometer genau bestimmt werden. Zur Bestim-mung der Masse ist es nötig, überRöntgen-Interferometrie sowie Spek-troskopie die Gitterparameter undFremdatom-Konzentrationen zu be-stimmen. Aus diesen Daten lässt sichdie Anzahl der in der Kugel enthalte-nen Siliziumatome bestimmen, dasKilogramm wäre dann die Masse ei-ner bestimmten Anzahl von Silizium-atomen. Das zentrale Problem liegtderzeit in der Bestimmung der mola-ren Masse des natürlichen Siliziums.Daher soll eine Kugel aus einem bestimmten Siliziumisotop (28Si) her-gestellt werden.

Abb.1 Der Proto-typ des Kilo-gramms in Paris.(Foto: BIPM).

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