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Szenarien der Bevölkerungsentwicklung – Nexthamburg Dossier zum Themenraum Stadtwachstum
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Durch Zuwanderung aus Deutschland, der EU und den Krisengebieten der Welt wächst Hamburg aktuell so stark wie lange nicht mehr. Endlich, sagen die einen. Das wird sich wieder legen, sagen andere. Sicher ist: die Prognosen von gestern, die von einem moderaten Bevölkerungswachstum von etwa 5000 Einwohnern pro Jahr ausgingen , 1
sind zumindest für die nächsten Jahre überholt.
Allein im Jahr 2015 könnte die Zuwanderung bis zu 50.000 Personen betragen . Ist das ak2 -
tuelle „Hoch“ ein einmaliges Phänomen, oder stehen wir vor einem Stadtwachstum wie in
„Gründerzeit“? Damals, vor 120 Jahren, in der Zeit der Industrialisierung, wuchsen Deutsch-
lands Städte in bis dahin nicht gekannter Weise.Wohin die Reise geht, ist mit Sicherheit nicht zu beantworten. Zu unwägbar sind die politis-
chen Entwicklungen, denen die Wanderungsströme folgen. Um so nötiger ist eine Debatte
darüber, wie die Stadt auf unterschiedliche Wachstumsszenarien reagieren kann.
siehe: http://www.statistik-nord.de/fileadmin/Dokumente/Presseinformationen/SI15_139_Korrektur.pdf1
Nach dem Königsteiner Schlüssel muss Hamburg etwa 2,5 Prozent der in Deutschland registrierten Asylbewerber aufnehmen. Bei 2
800.000 Asylbewerbern in Deutschland bedeutet das 20.000 Zuwanderer, bei 1,5 Mio. Asylbewerbern 37.500 Zuwanderer. Zuzüglich der Zuwanderung aus Süd- und Südosteuropas und anderen Bundesländern sind 50.000 Zuwanderer durchaus ein denkbares Szenario.
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NEXTHAMBURG THEMA
HAMBURG WÄCHST.ABER WIE?
DOSSIER NO.1:SZENARIEN DER BEVÖLKERUNGSENTWICKLUNG
OKTOBER 2015
WARUM SZENARIEN?KEINER WEIß, WIE VIELE WOHNUNGEN
WIRKLICH GEBRAUCHT WERDEN.
Mit dem vorliegenden Themenschwerpunkt will Nexthamburg Szenarien und Modelle des Stadtwachstums ausloten – gemeinsam mit den Bürgern der Stadt, als Anstoß für eine Stadtentwicklung, die Zukunft in Varianten denkt.
Anhaltende Krisen in Nahost, die EU-Finanzkrise, schwache globale Konjunkturaussichten
und zunehmende politische Instabilität auch in Europa: Vieles spricht dafür, dass Hamburg
in den nächsten zehn Jahren eine deutlich stärkere Zuwanderung als in den vergangenen
zehn Jahren erleben wird. Viele Akteure der Stadt bereiten sich auf ein deutlich steigendes
Bevölkerungswachstum vor. Die Stadt plant, die Zielzahlen für den Wohnungsbau
kurzfristig auf bis zu 12.000 Wohnungen pro Jahr zu erhöhen. Aber genügt das?
Wie viele Wohnungen werden tatsächlich gebraucht? Reichen die aktuell zur Verfügung
stehenden Entwicklungsgebiete der Stadt aus? Oder muss es eine Renaissance der
Stadterweiterung „auf der grünen Wiese“ geben, von der man sich vor zwanzig Jahren aus
guten Gründen verabschiedet hatte? Wie kann man schnell neue Stadtteile und Nach-
barschaften bauen, ohne die Fehler der fünfziger, sechziger und siebziger Jahre zu
wiederholen? Nach dem Krieg wurden im großen Stil Siedlungen gebaut, die heute als
sozial und baulich problematisch gelten – monofunktional, oft eintönig, zu wenig flexibel,
zu weitab gelegen. Kann man das heute anders machen? Solchen Fragen will der The-
menschwerpunkt nachgehen.
Wie viel und welche neue Stadt gebraucht wird, möchte Nexthamburg in Szenarien ausloten. Deshalb startet der Themenraum zum Stadtwachstum mit einer Analyse des historischen Bevölkerungswachstums und einem Versuch, aktuelle Szenarien für die künftige Bevölkerungsentwicklung zu entwickeln – als Grundlage für die weitere Arbeit an Entwicklungswegen.
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WACHSTUMSSCHÜBE: DREI SZENARIEN DES STADTWACHSTUMS
BIS 2035
Das Wachstum Hamburgs von der kleinen Hafensiedlung bis zur Metropole mit fast zwei
Millionen Einwohnern ist nicht kontinuierlich verlaufen. Immer wieder in der Geschichte der
Stadt hat es starke Wachstumsschübe gegeben, insbesondere in den vergangenen 150
Jahren. Das abgebildete Diagramm zeigt das Bevölkerungswachstum seit 1800, wobei für
die Phasen des Bevölkerungswachstums auch die gerundeten durchschnittlichen
jährlichen Einwohnerzuwächse dargestellt sind.
Von 1800 an lassen sich unterschiedliche Wachstumsniveaus unterscheiden: ‣ Leichtes Wachstum unter 5.000 Einwohnern pro Jahr zwischen 1812 und dem Be-
ginn der Industrialisierung Hamburgs um 1865.
‣ Mäßiges Wachstum zwischen 5.000 und 10.000 Einwohnern pro Jahr in der ersten
Phase der Industrialisierung bis etwa 1890 und seit 2000.
‣ Starkes Wachstum über 10.000 Einwohner pro Jahr während der späten Industrial-
isierung (1890 bis 1930, unterbrochen vom ersten Weltkrieg), sowie nach 1950 bis 1965.
‣ Sehr starkes Wachstum von über 50.000 Einwohnern pro Jahr in kurzen Phasen um
1890 und 1950 herum.
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Tabelle 1
950 5001050 9001200 1.5001300 5.0001430 16.0001560 20.0001600 40.0001650 60.0001750 75.0001787 100.0001800 130.0001811 106.9831814 55.0001826 122.8611834 130.3851837 135.3751840 136.9561846 148.7541852 161.3901855 166.1481858 171.6961861 178.841 30001864 175.7001867 225.0741871 240.2511875 264.6751880 289.8591885 305.6901890 323.923 60001895 625.552 600001900 705.7381901 725.9711902 739.7471903 754.2611904 776.3541905 802.7931906 830.5781907 856.2261908 881.8741909 907.5221910 931.0351911 946.2361912 1.000.9031913 1.031.480 230001916 876.833 170001917 846.0551919 985.779 700001919 1.004.4271920 1.026.9891921 1.041.0571922 1.071.9241923 1.066.9911924 1.089.0911925 1.087.0491926 1.101.1321927 1.115.5111928 1.131.5991929 1.145.0141930 1.145.124 140001931 1.135.317 150001932 1.123.5001933 1.127.9171934 1.112.1951935 1.101.1051936 1.096.7961937 1.094.7151938 1.689.1001939 1.711.8771940 1.725.500 180001944 958.2471945 1.350.2781946 1.403.3001947 1.482.6391948 1.518.9001950 1.605.6061951 1.658.038 510001952 1.687.1901953 1.722.8191956 1.751.2891961 1.832.3461961 1.840.5431962 1.847.5231963 1.854.6371964 1.857.431 270001965 1.854.361 150001966 1.847.2671967 1.832.5601968 1.822.8371969 1.817.1221970 1.793.8231970 1.793.6401971 1.781.6211972 1.766.2141973 1.751.6211974 1.733.8021975 1.717.3831976 1.698.6151977 1.680.3401978 1.664.3051979 1.653.0431980 1.645.0951981 1.637.1321982 1.623.8481983 1.609.5311984 1.592.4471985 1.579.8841986 1.571.2671987 1.594.1901988 1.603.0701989 1.626.2201990 1.652.3631991 1.668.7571992 1.688.7851993 1.702.8871994 1.705.8721995 1.707.9011996 1.707.986 140001997 1.704.7311998 1.700.0891999 1.704.7352000 1.715.3922001 1.726.3632002 1.728.8062003 1.734.0832004 1.734.8302005 1.743.6272006 1.754.1822007 1.770.6292008 1.772.1002009 1.774.2242010 1.786.448 70002011 1.718.1872012 1.734.272 60002013 1.746.342 3000
500.000
1.000.000
1.500.000
2.000.000
2.500.000
1800 1825 1850 1875 1900 1925 1950 1975 2000 2025 2050
600060000
7000023000
14000
18000510
0015000
14000
70003000
27000 600017000
150001
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Einwohnerzuwachs pro Jahr in einzelnen Phasen der StadtgeschichteEinwohner
Jahr
2015Korr
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DAS STÄRKSTE WACHSTUMFAND IN DER NACHKRIEGSZEIT STATT
Die einzelnen „Wachstumsschübe“ lassen sich zu drei groben Phasen zusammenfassen: ‣ Das Stadtwachstum in der Zeit der Industrialisierung, ‣ das Nachkriegs-Stadtwachstum ‣ und das Stadtwachstum in der Zeit nach der Wiedervereinigung.
Bemerkenswert ist, dass bei dieser gröberen Betrachtung nicht etwa die Industrial-
isierungsphase die höchsten jährlichen Zuwächse brachte (etwa 15.000 Einwohner), son-
dern die Nachkriegszeit mit im Schnitt 27.000 Einwohnern pro Jahr. Dabei wurde die steile
„Erholung“ der Bevölkerungszahl in den ersten zwei Jahren nach dem Kriegsende 1945
nicht eingerechnet. Selbst wenn man anerkennt, dass das Bevölkerungswachstum in den
zwei Jahrzehnten nach dem zweiten Weltkrieg insgesamt eher eine „Erholung“ der
Bevölkerungszahl darstellte und maßgeblich durch Heimkehrer und Aussiedler bewirkt
wurde, so steht dahinter doch eine Wohnungsbau- und Integrationsleistung der Stadt, die
in der Geschichte Hamburgs bisher unübertroffen ist.
Der Blick in die Geschichte zeigt: Hamburg hat immer wieder starkes Wachstum be-wältigt. Das für dieses Jahr erwartete Bevölkerungswachstum von über 20.000 Ein-wohnern (bis zu vielleicht 50.000 Einwohnern) treibt die Stadt aber durchaus an die Grenze ihrer historischen Erfahrungen und reiht sich in die absoluten Spitzenphasen des Stadtwachstums ein.
Wenn man bedenkt, dass das ähnlich hohe Stadtwachstum von einst mit enormen „Wach-
stumsschmerzen“ einher ging (soziale Zustände in den frisch erbauten Grün-
derzeitquartieren sowie mangelnde bauliche und funktionale Qualitäten im Nachkriegs-
Wohnungsbau), wird deutlich, vor welcher Herausforderung Hamburg in den nächsten
Jahren steht. Die Stadt steht möglicherweise vor einer neuen Gründerzeit, muss diese aber mit den Mitteln und Ansprüchen heutiger Stadtentwicklung bewältigen.
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AN WELCHE HISTORISCHE WACHSTUMSERFAHRUNG KNÜPFT DAS AKTUELLE STADTWACHSTUM AN?
Wie geht die Bevölkerungsentwicklung weiter? Die bisherigen Prognosen von Bertels-
mann-Stiftung, Statistikamt Nord oder dem Bundesamt für Bauwesen, Stadt- und Raum-
forschung (BBSR) sind angesichts der aktuellen Zuwanderungswelle überholt. Neuere
Prognosen zu machen, erscheint angesichts der Dynamik der politischen Situation wenig
sinnvoll. Dennoch soll an dieser Stelle versucht werden, vor dem Hintergrund der aktuellen
Zuwanderung zumindest grobe Szenarien der Bevölkerungsentwicklung aufzuspannen,
die die neue Zuwanderungsdynamik für Hamburg berücksichtigen.Dabei geht es weniger um im Detail exakte Zahlen, als um Größenordnungen des jährlichen Bevölkerungswachstums, die an die historischen Größenordnungen des Stadtwachstums anknüpfen. Anders gesagt: An welche Epoche des Stadtwachstums knüpft das zu erwartende Wachstum der nächsten Jahre an?
Im Diagramm werden drei Szenarien angeboten, die allesamt nicht auf der Grundlage statistischer Methoden entwickelt wurden, sondern durch Übertrag einer historischen Wachstumserfahrung Hamburgs auf die kommenden Jahre.
‣ Szenario 1 (anhaltender Zustrom) geht von weiter starkem Zuzug aus. Vorausset-
zung für dieses Szenario ist, dass die geopolitischen und ökonomischen Krisenherde
nicht befriedet werden und die Wanderungsströme nach Europa anhalten – und Ham-
burg bzw. Deutschland sich nicht gegen den Zustrom abschotten. In Szenario 1 wird
bis 2025 im Mittel ein Zuzug von jährlich 25.000 Einwohnern angenommen, was an-
gesichts der aktuellen Spitzenwerte eher konservativ geschätzt ist. Es wird allerdings
davon ausgegangen, dass eine Einigung auf einen inneneuropäischen
Verteilungsmodus den Zuwanderungsdruck in Deutschland etwas mindert. Nach 2025
flacht sich in diesem Szenario das Wachstum auf etwa 15.000 Einwohner pro Jahr ab,
bleibt aber anhaltend hoch. 2025 würde Hamburg nach dieser Rechnung die zwei-Millionen-Marke erreichen, 2035 hätte Hamburg etwa 2,15 Millionen Einwohner.
‣ Szenario 2 (mittleres Wachstum) geht von einem Rückgang des Flüchtlingszus-troms nach 2017 aus und von einer Rückkehr zum Bevölkerungswachstum der ver-gangenen Jahre. Dieses Szenario tritt ein, wenn Europa den Zustrom der Flüchtlinge
eindämmt oder sich die globalen Krisenherde beruhigen. Angenommen wird ein
durchschnittliches Wachstum von 10.000 Einwohnern pro Jahr bis 2025 und ein
Abflachen des Wachstums unter das durchschnittliche Wachstumsniveau nach dem
Jahr 2000 (5.000 Einwohner). Dabei wird von einer anhaltenden wirtschaftlichen
Anziehungskraft Hamburgs ausgegangen. Hamburg hätte in diesem Szenario 2025 knapp 1,9 Millionen Einwohner und 2035 etwa 1,95 Millionen Einwohner.
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‣ Szenario 3 (geringes Wachstum) geht von einer überraschend schnellen Erholung der politischen und ökonomischen Konfliktherde aus – bzw. alternativ von einer radikalen Eindämmung des Zuzugs. In diesem Szenario geht das aktuell starke
Bevölkerungswachstum in den nächsten Jahren auf Werte deutlich unter 10.000 Ein-
wohner zurück und pendelt sich im Schnitt bei dem Wert der vergangenen 15 Jahre
ein. Hamburg wächst so bis 2025 auf 1,85 Millionen Einwohner. Nach 2025 schlägt
der demografische Wandel stärker durch, der in den anderen Szenarien durch Ein-
wanderung überlagert wird. Die Stadt wächst in den zehn Jahren bis 2035 nur um
etwa 3.000 Einwohner pro Jahr, was eine Bevölkerung von etwa 1,88 Millionen Ein-wohnern im Jahr 2035 zur Folge hat.
Extremere Wachstumsszenarien wurden im Rahmen dieses Dossiers nicht berücksichtigt.
Es wurde angenommen, dass noch extremeres Wachstum nur aufgrund katastrophaler
Zuspitzung internationaler Krisen stattfinden würde, und dass in diesem Fall nicht mehr
von einem Modus gesteuerter Stadtentwicklung ausgegangen werden kann. Die
skizzierten Szenarien bewegen sich demnach in einem Korridor der nicht-katastrophalen
Entwicklung, der gesteuertes planerisches Handeln weiter ermöglicht. Zudem wurde auf
die Integration eines Schrumpfungsszenarios verzichtet, da dies für Hamburg in den näch-
sten zwanzig Jahren als extrem unwahrscheinlich eingeschätzt wird. Auch für das plöt-
zliche Abbrechen des demografischen Wachstumspfades wären als Voraussetzungen eher
katastrophale oder extrem disruptive Entwicklungen anzunehmen, die in dieser Betrach-
tung ausgeklammert bleiben müssen.
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HAMBURG KÖNNTE IN DEN NÄCHSTEN JAHREN SO STARK WACHSEN, WIE NUR IN WENIGEN PHASEN SEINER STADTGESCHICHTE ZUVOR. ABER SELBST DAS STÄRKSTE WACHSTUMSSZENARIO BEWEGT SICH
IM RAHMEN GELERNTER „WACHSTUMSERFAHRUNGEN“.
VEREINFACHT GESAGT: HAMBURG KANN DAS. DIE OFFENE FRAGE IST BLOß: WIE KANN ES DIE STADT BESSER
MACHEN ALS IN DEN ANDEREN HISTORISCHEN EPOCHEN?
DAS WILL NEXTHAMBURG AUSLOTEN. GEMEINSAM MIT DIR.
KONTAKT UND RÜCKFRAGEN:JULIAN PETRIN (V.I.S:D:P:) ODER MARKUS EWALD
NEXTHAMBURG E.V.MAIL@NEXTHAMBURG.DE
+49 40 74 392 632
©NEXTHAMBURG E.V. 2015
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