IWRZ 2017 02 1. - Lorenz & Partners · 2. Möglichkeiten der Beendigung von...

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LÄNDERBERICHTE

Dr. Constantin Frank-Fahle / Till MorstadtThailand | Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen

Unabhängig von der politisch vola-tilen Lage ist Thailand nach wievor einer der bedeutendsten In-

vestitionsstandorte in Südostasien. Inves-toren stellt sich im Rahmen der Beschäf-tigung von Personal vor dem Hinter-grund der hohen Abfindungsansprüche,die auf Grundlage des Labour ProtectionAct B. E. 2541 (1998) (LPA) entstehenkönnen, regelmäßig die Frage, wie Ar-beitsverhältnisse möglichst kostenscho-nend beendet werden können.

1. EinführungArbeitgeber haben im Rahmen der An-stellung von Personal zu beachten, dassim Falle der arbeitgeberseitigen Kündi-gung von Arbeitsverhältnissen gem.Sec. 118(1) LPA grundsätzlich Abfindun-gen (Severance Pay) gestaffelt nach Be-triebszugehörigkeitsdauer zu zahlensind:

Betriebszugehö-rigkeit

Abfindungszah-lung

120 Tage – 1 Jahr Gehalt der letzten30 Tage

1-3 Jahre Gehalt der letzten90 Tage

3-6 Jahre Gehalt der letzten180 Tage

6-10 Jahre Gehalt der letzten240 Tage

über 10 Jahre Gehalt der letzten300 Tage

Übersicht 1:Abfindungsansprüche des Arbeitneh-mers bei arbeitgeberseitiger Kündigung

Im Einzelfall kann der Arbeitnehmer imRahmen der arbeitgeberseitigen Kündi-gung auch Schadensersatz wegen unlau-terer Kündigung (Unfair Termination)geltend machen. Die Höhe des Scha-densersatzes steht im freien Ermessender Gerichte (Sec. 49(2) Act on the Estab-

lishment of and Procedure for LabourCourt, B. E. 2522 (1979)). Auch wenn sichPauschalregeln auf Grund der Einzelfall-bezogenheit grundsätzlich verbieten, istzu beobachten, dass Gerichte im Fall ei-ner unlauteren Kündigung Arbeitneh-mern oftmals pro Betriebsjahr ein Mo-natsgehalt zusprechen.Dies zu Grunde gelegt, können Arbeit-geber im Rahmen einer Arbeitgeberkün-digung bereits nach nur einem Jahr Be-triebszugehörigkeit des Arbeitnehmerserheblichen Ansprüchen ausgesetzt sein(Gehalt der letzten 90 Tage sowie ggf.Schadensersatz wegen unlauterer Kündi-gung (ca. ein Monatsgehalt), was ca. ei-nem Gehalt der letzten 120 Tage odereinem Drittel des Jahresgehalts ent-spricht). Vor diesem Hintergrund solltensich Arbeitgeber in Thailand mit Möglich-keiten auseinandersetzen, wie Arbeits-verhältnisse beendet werden können,ohne dass Abfindungs- bzw. Schadens-ersatzansprüche entstehen.

2. Möglichkeiten derBeendigung vonArbeitsverhältnissena) BefristungEine Möglichkeit besteht in der Befris-tung von Arbeitsverhältnissen. Gem.Sec. 118(3) LPA entstehen Abfindungs-ansprüche bei Abschluss eines befriste-ten Arbeitsverhältnisses nicht (echte Be-fristung). Ein befristetes Arbeitsverhältnis(echte Befristung) im Sinne der Normliegt gem. Sec. 118(4) LPA vor bei

• befristeten Projekten, die nicht zumregulären Geschäft des Arbeitgeberszählen,

• vorübergehender Arbeit oder• Saisonarbeit,

wenn die Befristung auf zwei Jahre be-grenzt ist. Wichtig ist in diesem Zusam-menhang, dass der Zeitraum der Befris-tung im Nachhinein nicht geändert wer-den kann, selbst wenn sich bspw. derZeitplan des zu Grunde liegenden Pro-jekts ändert. Nur bei Vorliegen dieserVoraussetzungen führt die Befristung

überhaupt zu einem Entfallen des Abfin-dungsanspruchs.In zahlreichen Entscheidungen hat derthailändische Supreme Court festgestellt,dass selbst im Falle einer sachlich korrek-ten Befristung, Klauseln, die die Naturder Befristung aushöhlen, dazu führen,dass das Arbeitsverhältnis als unbefriste-tes Arbeitsverhältnis gilt, mit der Folge,dass trotz der Befristung Abfindungs-ansprüche entstehen. Beispiele dieserRechtsprechung sind:

• Ein Arbeitsvertrag enthielt eine Klau-sel, wonach sich der Arbeitgeber dasRecht vorbehielt, das befristete Ar-beitsverhältnis zu kündigen, sollte erkeine Arbeit für den Arbeitnehmer ha-ben (Supreme Court Precedent 888/1984).

• Ein Arbeitsvertrag enthielt eine Klau-sel, die es beiden Vertragsparteien er-laubte, den Vertrag vor Ablauf der Be-fristung zu kündigen (Supreme CourtPrecedent 5180/1999).

• Eine Befristung ging über die gesetz-lich vorgesehene Dauer von zwei Jah-ren hinaus (Supreme Court Precedent2403-2430/2000).

• Ein Arbeitsvertrag enthielt eine Klau-sel, wonach der Arbeitgeber sich le-diglich nach Bestehen einer dreimo-natigen Probezeit dazu verpflichtete,den Arbeitnehmer befristet anzustel-len (Supreme Court Precedent 8800/2004).

Vor dem Hintergrund der Rechtspre-chung des Supreme Court sollten Befris-tungen nur dann eingesetzt werden,wenn neben der zeitlichen Komponenteauch die sachlichen Voraussetzungenvorliegen. Die Erfahrung zeigt, dass Ar-beitgeber allzu schnell eine (unechte)Befristung vereinbaren, ohne im Auge zubehalten, dass sie dadurch nicht von derPflicht zur Zahlung von Abfindungen be-freit werden.

b) ArbeitnehmerkündigungAbfindungsansprüche können dadurchvermieden werden, dass der Arbeitneh-mer dazu gebracht wird, das Arbeitsver-hältnis selbst zu kündigen, da Sec. 118(1)LPA tatbestandlich eine Arbeitgeberkün-digung voraussetzt. Die Arbeitnehmer-kündigung liegt allerdings ausschließlichin der Sphäre des Arbeitnehmers, sodasssie nur ausnahmsweise eine echte Alter-native zur Vermeidung von Abfindungs-

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ansprüchen gegen den Arbeitgeber dar-stellt. Im Regelfall handelt es sich eherum eine Möglichkeit, die im Rahmen ei-ner einvernehmlichen Auflösung, in derder Arbeitnehmer eine Gegenleistungverlangen wird, genutzt werden sollte.

c) Arbeitgeberkündigung aus wichtigemGrundDessen ungeachtet bietet die Arbeit-geberkündigung aus wichtigem Grundeine Möglichkeit, ein Arbeitsverhältnis zubeenden, ohne dass ein Abfindungs-anspruch entsteht. Gem. Sec. 119(1) LPAkönnen die folgenden Kündigungsgrün-de herangezogen werden:

• unredliches Verhalten oder vorsätzli-che Begehung einer Straftat gegenden Arbeitgeber (Nr. 1),

• vorsätzliche Schädigung des Arbeit-gebers (Nr. 2),

• fahrlässige Schädigung des Arbeit-gebers (Nr. 3),

• Verletzung einer Arbeitsanweisungbzw. interner Regeln des Arbeitgebersnach schriftlicher Mahnung des Ar-beitgebers, wobei im Falle einerschwerwiegenden Verletzung keineMahnung erforderlich ist (Nr. 4),

• Abwesenheit vom Arbeitsplatz ohneberechtigten Grund für einen Zeit-raum von drei aufeinanderfolgendenArbeitstagen (Nr. 5),

• rechtskräftige (!) Verurteilung zu einerFreiheitsstrafe (Nr. 6).

In der Praxis kommt der Kündigung we-gen bereits zuvor abgemahnten Verhal-tens gem. Sec. 119(1) Nr. 4 LPA die größteBedeutung zu. Für die Wirksamkeit einerKündigung aus diesem Grunde wird zu-nächst vorausgesetzt, dass das abge-mahnte Verhalten, d. h. das Fehlverhal-ten, das Anlass der Abmahnung ist, unterNennung der konkreten Verletzung einerArbeitsanweisung bzw. der Regelungenaus dem Arbeitsvertrag oder aus dendem Arbeitnehmer bekannt gemachtenCompany Working Rules, schriftlich ab-gemahnt worden ist. Ferner ist der Ar-beitnehmer auf die Konsequenzen einerwiederholten Verletzung des angemahn-ten Verhaltens hinzuweisen, insbesonde-re auf den möglichen Verlust des Abfin-dungsanspruchs. Bei Einhaltung dieserFormalien sind schriftliche Abmahnun-gen für ein Jahr wirksam, d. h. innerhalbdieses Zeitraums kann das Arbeitsver-hältnis wegen eines erneuten (vergleich-

baren) Fehlverhaltens ohne Zahlung ei-ner Abfindung gekündigt werden.Die Erfahrung zeigt allerdings, dass Ar-beitgeber dazu neigen, schriftliche Ab-mahnungen entweder durch mündlicheVerwarnungen zu ersetzen bzw. ausScheu vor Einhaltung der vorgenanntenFormalien bzw. nicht vorhandener Doku-mentation ganz auf eine Abmahnung zuverzichten. Mündliche Ermahnungenkönnen keine schriftlichen Abmahnun-gen im Sinne des Sec. 119(1) Nr. 4 LPAersetzen. Eine hierauf basierende Kündi-gung führt daher im Regelfall bereits for-mal zur Unwirksamkeit der Kündigungund damit zu Abfindungsansprüchen.

d) AuflösungsvereinbarungSchließlich besteht die Möglichkeit einereinvernehmlichen Auflösung des Arbeits-verhältnisses. Hierbei schließen Arbeit-geber und Arbeitnehmer einen Auf-lösungsvertrag ab, in dem sie (je nachVerhandlungsposition) regeln können,dass der Arbeitnehmer einen (reduzier-ten) Abfindungsanspruch erhält. Idealer-weise wird die Auflösungsvereinbarungmit einer vorherigen arbeitnehmerseiti-gen Kündigung verknüpft.

3. FazitDie arbeitnehmerfreundliche Ausgestal-tung der Abfindungsregelungen nachthailändischem Recht ist im Wesentli-chen dem Umstand geschuldet, dass dasthailändische Sozialversicherungssystemnur eine sehr begrenzte Arbeitslosenver-sicherung bietet. Die Abfindungszahlungsoll der Arbeitnehmer ausweislich desGesetzeswortlauts zwar als Belohnungfür seine Arbeitsleistung erhalten; in derPraxis dient die Abfindung allerdings ei-nerseits als Kündigungsschutzinstru-ment, andererseits im Fall der (unbe-rechtigten) Arbeitgeberkündigung vor-nehmlich als (zusätzliche) soziale Absi-cherung.Arbeitgeber sind in Thailand gut beraten,sich im Rahmen der Beendigung vonArbeitsverhältnissen auf die Kündigungaus wichtigem Grund gem. Sec. 119(1)Nr. 4 LPA oder sich auf die einvernehm-liche Auflösung des Arbeitsverhältnisseszu konzentrieren. Die Kündigung gem.Sec. 119(1) Nr. 4 LPA setzt insbesondereeine ordnungsgemäße Dokumentationdes Fehlverhaltens des Mitarbeiters so-wie möglichst eine vorherige formal kor-rekte Abmahnung des Arbeitnehmers

wegen eines vergleichbaren Fehlverhal-tens voraus.Bei Beachtung der vorgenannten Grund-sätze lassen sich regelmäßig erheblicheAnsprüche des Arbeitnehmers vermei-den.

Dr. Constantin Frank-Fahle, LL.M.ist Rechtsanwalt (Senior Associate) bei Lorenz& Partners in Bangkok, Thailand.

Till Morstadtist Rechtsanwalt (Managing Partner) bei Lo-renz & Partners in Bangkok, Thailand.

The Bar CouncilThe Brexit Papers – 12 De-cember 2016 – Extract(p. 5-15)

T he ability to enforce judgments ofthe courts from one state in anot-her is of vital importance for the

functioning of society and for retainingthe position of England and Wales as theleading dispute resolution centre in theworld, with the important economic be-nefits that follow from this.Commercial parties require continuityand certainty. The Recast Brussels Regu-lation ((EU) No 1215/2012) confers impor-tant advantages both in terms of recogni-tion and enforcement, which would belost unless equivalent arrangements areentered into.We urge the Government to enter intoan agreement based on the Denmark-EU Jurisdiction Agreement and also tosign and ratify the Lugano II Conventionand the 2005 Hague Convention on theChoice of Court Agreements.We also urge Government to replace Ser-vice Regulations with an agreement ba-sed on the EU- Denmark Service Agree-ment. For choice of law, the Rome I andII Regulations can be adopted into do-mestic law by Act of Parliament.

PAPER 1Jurisdiction and enforcement ofjudgments1. The effective enforcement ofjudgments is fundamental to the functio-ning of society. Without it, the rule of lawdoes not exist. If a contract cannot ulti-mately be enforced by a judgment, itbecomes a meaningless piece of paper. Ifa person who has been injured by the

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