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24. Januar 2019Dr. Markus Röver Seite 1
Neue Anwendungsbestimmungenzum Gesundheitsschutz vonAnwendern, Arbeitern und
unbeteiligten Dritten
Fachseminar „Pflanzenschutz im Ackerbau“, 24. Januar 2019
24. Januar 2019Dr. Markus Röver Seite 2
• BVL – Struktur und Aufgaben (PSM)
• Hintergrund und Anlass
• Grundlagen des Risikomanagements
• Kriterien und Umsetzung
• Zusammenfassung
Gliederung
Foto: Sebastian Dittmar, SVLFG (Kassel)
24. Januar 2019Dr. Markus Röver Seite 3Seite 3
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)
Dienstsitz: Braunschweig
Dienststellen: Berlin und Braunschweig
Personal: ca. 650 Mitarbeitende,
Aufgaben:
Risiko- und Krisenmanagement von Lebensmitteln
Zulassung von Tierarzneimitteln, Pflanzenschutz-
mitteln und gentechnisch veränderten Organismen
Standardisierung, Koordination
Politikberatung
Kontakte:
Bundes- und Landesbehörden,
EU- und Drittlandbehörden,
Wirtschaftsverbände, Verbraucherorganisationen,
Einzelfirmen, Wissenschaft, Medien, Politik
24. Januar 2019Dr. Markus Röver Seite 4Seite 4
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)
Leitungsbereich Präsident
Z
Zentrale
Dienste
& RG IT
1
Lebens-
mittel-
sicherheit
2
Pflanzen-
schutzmittel
3
Tierarznei-
mittel
4
Gentechnik
5
Analysen *)
Stabsstellen
Beauftragte
*) Methodenstandardisierung,
Referenzlaboratorien, Antibiotikaresistenz
24. Januar 2019Dr. Markus Röver Seite 5Seite 5
Abteilung 2 - Pflanzenschutzmittel
Aufgaben
• Zulassungsstelle für Pflanzenschutzmittel
• Benannte Behörde in der EU-Wirkstoffprüfung
• Koordinierung der Festsetzung von Rückstandshöchstgehalten
• Genehmigungen für parallel gehandelte Pflanzenschutzmittel
• Erteilung von Versuchsgenehmigungen
• Listung von Pflanzenstärkungsmitteln und Zusatzstoffen
24. Januar 2019Dr. Markus Röver Seite 6Seite 6
Abteilung 2 - Pflanzenschutzmittel
Aufgaben
• Geschäftsführung im Pflanzenschutz-Kontrollprogramm
(Verkehrs- und Anwendungskontrolle)
• Benannte Behörde für Pflanzenschutzmittel im Rahmen des
Rotterdamer Übereinkommens (PIC)
• Informationen über Pflanzenschutzmittel, Informationsaustausch
in der EU
• Politikberatung
24. Januar 2019Dr. Markus Röver Seite 7
Abteilung Pflanzenschutzmittel
Abteilung 2
Pflanzenschutzmittel
Referat 201Grundsatzangelegenheiten
Referat 202Verfahrenssteuerung Mittel
Referat 203Verfahrenssteuerung Wirkstoffe
Referat 204Naturhaushalt
Referat 205Pflanzenschutzmittelanwendungen
Referat 206Produktchemie und Analytik
Referat 207Gesundheit
24. Januar 2019Dr. Markus Röver Seite 8
Julius Kühn-Institute
(JKI)
• Bewertung: Wirksamkeit und Anwendung
Bundesinstitut für
Risikobewertung (BfR)
• Bewertung: Gesundheit
Umweltbundesamt
(UBA)
• Bewertung: Naturhaushalt
Risikomanagement Risikobewertung
PSM Zulassung – beteiligte Behörden
Bundesamt für
Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit (BVL)
• Zuständige Behörde
• Risikomanagement
• Bewertung: Produktchemie und
Analytik
24. Januar 2019Dr. Markus Röver Seite 9
Historisch bedingte Regelung
• Auflagen im Naturhaushalt
(z. B. Abstände, Abdriftminderung)
Anwendungsbestimmungen üblich
(Kriterium: erforderliche Risikominderung)
• Auflagen im Gesundheitsschutz
(z. B. persönliche Schutzausrüstung)
(früher) geregelt als Kennzeichnungsauflagen
Durchsetzung weniger strikt gehandhabt
Ausgangslage
24. Januar 2019Dr. Markus Röver Seite 10
Rechtsgrundlage Pflanzenschutzgesetz
§ 36 Ergänzende Bestimmungen für den Inhalt der Zulassung
(1) In der Zulassung kann das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit […] Anwendungsbestimmungen zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier und zum Schutz vor sonstigen schädlichen Auswirkungen, insbesondere auf den Naturhaushalt, […] festlegen.
(3) Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittel-sicherheit verbindet die Zulassung mit den Nebenbestimmungen, insbesondere Auflagen, die
1. für die bestimmungsgemäße und sachgerechte Anwendung sowie
2. zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier […] erforderlich sind, soweit Regelungen nach Absatz 1 nicht getroffen werden.
Hintergrund - §§§
24. Januar 2019Dr. Markus Röver Seite 11
Anwendungsbestimmungen (AWB) und Kennzeichnungsauflagen
• müssen in die Gebrauchsanweisung übernommen werden
• müssen befolgt werden
speziell AWB
• §12 PflSchG - PSM dürfen nur angewandt werden entsprechend den in der Zulassung festgesetzten, jeweils gültigen AWB
• Überwachungsbehörden konzentrieren sich bei Kontrollen auf AWB
• Anwendungsbestimmung können bei Verstoß direkt mit Bußgeld geahndet werden
• cross-compliance Relevanz? (optionale Kürzung von Direktzahlungen)
AWB Kennzeichnungsauflage
Foto: Dr. Markus Röver, BVL
24. Januar 2019Dr. Markus Röver Seite 12
Mindestabstandsregelungen (BAnz 2016)
„Sollten im Einzelfall als Ergebnis der Risikobewertung größere Abstände als zwei oder fünf Meter notwendig werden, würden diese als
Anwendungsbestimmung mit dem Zulassungsbescheid für das betreffende Pflanzenschutzmittel festgelegt werden. “
Regelung Gesundheitsschutz = Vergabepraxis im Naturhaushalt
Es ist logisch und folgerichtig, diese Vergabesystematik auch für andere geeignete Auflagen zum Gesundheitsschutz zu befolgen.
Anlass
24. Januar 2019Dr. Markus Röver Seite 13
Blickwinkel Gesundheitsschutz
Schutzziel: der Mensch
Grundannahme:
Die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln birgt prinzipiell ein Risiko, die Gesundheit des Menschen zu schädigen.
Grundprinzip:Die sachgerechte und bestimmungsgemäße Anwendung von
Pflanzenschutzmitteln darf die Gesundheit des Menschen nicht
schädigen.
Grundlagen des Risikomanagements
24. Januar 2019Dr. Markus Röver Seite 14
Definition:
Grundlagen des Risikomanagements
Gefahr ExpositionRisiko
24. Januar 2019Dr. Markus Röver Seite 15
Fragen:
• Worin besteht das Gefährdungspotenzial?
• Wie kommt es zur Exposition?
• Wer ist betroffen?
Risikomanagement – Optionen zur Risikominderung
Grundlagen des Risikomanagements
24. Januar 2019Dr. Markus Röver Seite 16
Gefährdungspotenzial eines PSM:
• typische Inhaltsstoffe von PSM
Wirkstoff
Beistoffe (-substanzen)
Verunreinigungen
• Jeder Bestandteil kann aufgrund seiner intrinsischen
Eigenschaften zum Gefährdungspotenzial beitragen(giftig, sensibilisierend, ätzend, …)
Einstufung und Kennzeichnung der Bestandteile
Einstufung und Kennzeichnung des Gemisches (= PSM)
Ableitung von Grenzwerten (LD50, NOAEL ADI, ARfD, AOEL*)*) AOEL = acceptable operator expusure level
Grundlagen des Risikomanagements
24. Januar 2019Dr. Markus Röver Seite 17
Wie kommt es zur Exposition?
Exposition findet real statt.
Grundlagen des Risikomanagements
PSM in der Umwelt (Acker, Abdrift, Verdunstung, run off…)
PSM in landwirtschaftlichen Erzeugnissen
(Lebensmittel und Tierfutter)
Produktion Produktion VertriebVertrieb AnwendungAnwendung
24. Januar 2019Dr. Markus Röver Seite 18
Wen schützen?
Anwender
Arbeiter (re-entry)
BystanderAnwohner
Verbraucher
Wer ist betroffen?
direkte Exposition
indirekte Exposition
Grundlagen des Risikomanagements
24. Januar 2019Dr. Markus Röver Seite 19
Zusammenfassung und Fazit
• Kontakt mit PSM stellt prinzipiell eine Gefährdung dar.
• Das Gefährdungspotenzial hängt ab von den intrinsischen Eigenschaften des Gemisches (PSM als Summe seiner Bestandteile).
• Bei einem gegebenen PSM ist das Risiko ausschließlich von der potentiellen Exposition bestimmt.
Begrenzung der Exposition Risikominderung
Expositionsmanagement = Risikomanagement
Anwendungsbestimmungen (früher Auflagen)
Grundlagen des Risikomanagements
24. Januar 2019Dr. Markus Röver Seite 20
Vergabekriterien - allgemeines Prinzip
• Anwendungsbestimmungen sind durch das Ergebnis der
Risikobewertung begründet.
• Risikominderungsmaßnahmen, die erforderlich sind,
um das ermittelte Risiko auf ein akzeptables Maß zu senken.
• Anwendungsbestimmungen müssen grundsätzlich verhältnismäßig
(geeignet, erforderlich und angemessen), durchsetzungsfähig,
überwachbar und praktikabel sein.
Planung und Umsetzung
24. Januar 2019Dr. Markus Röver Seite 21
Risikominderung in der Praxis
Ebene I
• AWB aufgrund der E&K als Ergebnis der PSM-Bewertung
(Lichtenberg et al. 2015)
„Hazard and risk based allocation of safety instructions to
operators handling pesticides.“
Ebene II
• Quantitative Risikobewertung - Expositionsmodelle
berechnete Exposition
Abgleich mit toxikologischem Grenzwert (AOEL)
AWB zur Absenkung der Exposition bzw. des Risikos
Vergabekriterien für AWB
24. Januar 2019Dr. Markus Röver Seite 22
• AWB aufgrund der E&K als Ergebnis der PSM-Bewertung
Eigenschaften des PSM Einstufung und Kennzeichnung
Berücksichtigung besonderer Schwere des Schadens (z. B. irreversible Augenschädigung)
lokale oder spezielle Gesundheitsrisiken nicht durch AOEL berücksichtigt (z. B. ätzend, reizend, sensibilisierend)
Minimierungsgebot
Ebene I
Gefahren- und risikobasierte Vergabe von Anwendungsbestimmungen für Anwender beim Umgang mit Pflanzenschutzmitteln
24. Januar 2019Dr. Markus Röver Seite 23Seite 23
Schwere des Schadens:
H318 – Verursacht schwere Augenschäden.
fehlender Grenzwert:
H317 – Kann allergische Hautreaktionen verursachen.
24. Januar 2019Dr. Markus Röver Seite 24
• Quantitative Risikobewertung mittels Expositionsmodell
(z. B. EFSA Leitlinie)
Ebene II
Expositions-berechnung
AOEL überschritten?
PPE verringert Exposition
AOEL nicht ausgeschöpft
24. Januar 2019Dr. Markus Röver Seite 25
EFSA Expositionsmodell
24. Januar 2019Dr. Markus Röver Seite 26
EFSA Expositionsmodell
Eingangsparameter (Auswahl):
• Anwendung mit höchster AWM – critical use
• Kultur und Anwendungstechnik (RK, FK)
• dermale/inhalative Absorptionsrate
• abstreifbare Rückstände (Arbeiterexposition)
• Abstände (Nebenstehende und Anwohner)
• PSA (optional für Anwender und Arbeiter)
errechnete Exposition
Vergleich mit Grenzwert (AOEL)
24. Januar 2019Dr. Markus Röver Seite 27
Quantitative Risikobewertung mittels Expositionsmodell
(z. B. EFSA-Leitlinie)
Vergabekriterien Ebene II
Expositions-berechnung
AOEL überschritten?
PSA verringert Exposition
AOEL nicht ausgeschöpft
24. Januar 2019Dr. Markus Röver Seite 28
Persönliche Schutzausrüstung
• Handschuhe
• Schutzanzug
• Augen- und Kopfschutz
• Atemschutz
• Gummischürze
“BVL Richtlinie für die Anforderungen an die persönlicheSchutzausrüstung im Pflanzenschutz.”
Foto: Sebastian Dittmar, SVLFG (Kassel)
24. Januar 2019Dr. Markus Röver Seite 29
Beispiel - expositionsbasierte Auflage
Festgesetzte Anwendungsbestimmungen
Es werden folgende Anwendungsbestimmungen gemäß § 36 Abs. 1 S. 1 Pflanzenschutzgesetz festgesetzt (Rechtsverweis gekürzt):
(SS120-1)
Beim Umgang mit dem unverdünnten Mittel sind Schutzhandschuhe (Pflanzenschutz) zu tragen.
Begründung:
Im Ergebnis der Expositionsbewertung für den Anwender ist die Anwendungsbestimmung erforderlich, um den Referenzwert bei bestimmungsgemäßer Anwendung nicht zu überschreiten. Nur in Verbindung mit dieser Expositionsminderungsmaßnahme wird das Risiko als vertretbar beurteilt.
Planung und Umsetzung
24. Januar 2019Dr. Markus Röver Seite 30
Beispiel - E&K-basierte Auflage
Festgesetzte Anwendungsbestimmungen
Es werden folgende Anwendungsbestimmungen gemäß § 36 Abs. 1 S. 1 Pflanzenschutzgesetz festgesetzt (Rechtsverweis gekürzt):
(SS610)
Gummischürze tragen beim Umgang mit dem unverdünnten Mittel.
Begründung:
Aufgrund der Einstufung und Kennzeichnung des Mittels (vgl. Bundesanzeiger: "Bekanntmachung über die Ableitung von gefahrenbasierten Kennzeichnungsauflagen zur Anwendungssicherheit im Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel nach Inkrafttreten der CLP-Verordnung für Gemische (BVL 15/02/13) vom 23. September 2015" (BAnz AT 19.10.2015 B2)).
(z. B. H317 – Hautsensibilisierung)
Planung und Umsetzung
24. Januar 2019Dr. Markus Röver Seite 31
Einführung Anwendungsbestimmungen:
https://www.bvl.bund.de/DE/04_Pflanzenschutzmittel/06_Fachmeldungen/2018/2018_03_15_Fa_neue_AWB_Gesundheitsschutz.html?nn=1400938
Anwendungsbestimmung für Arbeiter (Nachfolgetätigkeiten):
https://www.bvl.bund.de/DE/04_Pflanzenschutzmittel/06_Fachmeldungen/2018/2018_03_15_Fa_AWB_Arbeiter_Nachfolgearbeiten.html
BVL-Richtlinie – persönliche Schutzausrüstung:
https://www.bvl.bund.de/SharedDocs/Downloads/04_Pflanzenschutzmittel/RiLi_Schutzausruestung.html?nn=1400938
FAQ – Mindestabstände:
https://www.bvl.bund.de/DE/04_Pflanzenschutzmittel/04_Anwender/01_SachgerechteAnwendung/psm_faq_mindestabstaende.html
www.bvl.bund.de
https://www.bvl.bund.de/DE/04_Pflanzenschutzmittel/06_Fachmeldungen/2018/2018_03_15_Fa_neue_AWB_Gesundheitsschutz.html?nn=1400938https://www.bvl.bund.de/DE/04_Pflanzenschutzmittel/06_Fachmeldungen/2018/2018_03_15_Fa_AWB_Arbeiter_Nachfolgearbeiten.htmlhttps://www.bvl.bund.de/SharedDocs/Downloads/04_Pflanzenschutzmittel/RiLi_Schutzausruestung.html?nn=1400938https://www.bvl.bund.de/DE/04_Pflanzenschutzmittel/04_Anwender/01_SachgerechteAnwendung/psm_faq_mindestabstaende.html
24. Januar 2019Dr. Markus Röver Seite 32
• risikobasiert vergebene Auflagen zur Expositionsminderung
werden als Anwendungsbestimmungen erteilt
• gilt für neue Zulassungen / Genehmigungen
und bei maßgeblichen Anpassungen der Einstufung und
Kennzeichnung bestehender Zulassungen
• seit dem 1. Mai 2018 ist die neue Regelung in Kraft
Zusammenfassung I
24. Januar 2019Dr. Markus Röver Seite 33
• einheitliches Vorgehen im Risikomanagement
• mehr Transparenz durch Begründungen im Einzelfall
• Aufwertung Gesundheitsschutz
höhere Verbindlichkeit
(nach § 12: PSM dürfen nur angewandt werden entsprechend
den in der Zulassung festgesetzten, jeweils gültigen AWB)
Steigerung der Akzeptanz bei Anwendern und Verantwortlichen
• Stärkung der Position der Überwachung
Verstöße als Ordnungswidrigkeit direkt bußgeldbewährt
(Tätigwerden obliegt nach OWiG dem pflichtgemäßen Ermessen der
Überwachungsbehörden)
Zusammenfassung II
•
Kontakt:
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Dr. Markus RöverBVL BraunschweigReferat 207 – Gesundheitmarkus.roever@bvl.bund.de+49 (0) 531-299-3550
mailto:markus.roever@bvl.bund.deRecommended